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A Dog named Seto

Seto + Joey
von

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Ein Tag im Park

Pairing: Seto Kaiba + Joey Wheeler (irgendwann, irgendwo, irgendwie)
 

Warnungen: potentielle OOCness, Kitsch - ich meine, Kitsch!! ein bisschen Humor (hoffe ich mal) und am Ende ein wenig Drama und eine Prise Angst - kurz, von allem ein bisschen. ^_~ Vermutlich werden es vier oder fünf Kapitel.
 

Anmerkung: Ich hatte diese Idee schon eine ganze Weile und ich habe mir immer vorgenommen sie mal umzusetzen, wenn ich endlich ein wenig Zeit habe. Im Moment habe ich zwar rein gar keine Zeit - aber ... ach, was solls. *g*

Den Plot habe ich zwar schon relativ genau im Kopf, aber ich weiß nicht, wie viel Zeit ich in den nächsten Tagen (Wochen) zum schreiben haben werde. Ich werde es aber definitiv versuchen.
 


 

***
 

Ich hob den Kopf.

Meine Hände, die eben noch effizient und gleichmäßig über die Tastatur geflogen waren und unermüdliche komplizierte Codes eingegeben hatten, hielten mitten in ihrer Bewegung inne. Irgendetwas - irgendjemand - hatte es gewagt, meine perfekte Konzentration zu stören.
 

Unwillig runzelte ich die Stirn und lauschte. Aufdringliche Vögel zwitscherten über mir. Mein Blick wanderte kurz und präzise über meine Umgebung, streifte den Spaziergängerweg einige Meter entfernt, die Bäume um mich herum und schließlich das Fußballfeld, von welchem in schöner Regelmäßigkeit "Tor, Tooor!" gebrüllt wurde und welches sich zum Glück in sicherer Entfernung von mir befand. Aber da waren nur harmlos aussehende Passanten, spielende Kinder und herumfliegende Bälle. Sonnenschein und viel zu gut gelaunte Menschen. Nichts Außergewöhnliches in einem öffentlichen Park.

Vielleicht hatte ich mir den kurzen Laut eben auch nur eingebildet.
 

Verärgert über mich selbst senkte ich erneut den Kopf und versank in einer selbstkritischen Betrachtung meiner bisherigen Arbeit. Der Punkt hier oben war noch nicht ganz stimmig ... das musste ich umschreiben, sonst würde das Programm später an dieser Stelle haken. Ich machte mir im Geist eine Notiz dazu, das später zu ändern.
 

"Seto?"
 

Mein Kopf schoss nach oben.

Lauernd blickte ich mich erneut um. Diesmal war es definitiv keine Einbildung gewesen. Die Stimme war lauter und der Wortlaut eindeutiger als zuvor.

Irgendjemand hatte tatsächlich die Frechheit besessen, mich dermaßen respektlos anzureden - und soweit ich es überblicken konnte, war es nicht Mokuba. Niemand außer ihm nannte mich je so ... auf eine dermaßen persönliche, vertraute Weise ... mit meinem Vornamen.

Finster und bedrohlich zogen sich meine Augenbrauen zusammen. Je länger ich darüber nachdachte, desto eher kam mir die Stimme allerdings erschreckend bekannt vor ...
 

Es raschelte im Gebüsch neben mir. Abwartend und mit schmalen, kalten Augen richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das Geräusch. Wer auch immer es gewagt hatte, würde es bitter ...
 

"SETO?! Wo zum Teufel versteckst du dich?"
 

Ein letztes, lautes Rascheln und dann stolperte ein sehr desolat aussehender, sehr blonder und vor allem sehr bekannter Junge aus dem Gebüsch. Rechts und links segelten kleine Blättchen zu Boden und seine widerspenstigen Haare flogen hin und her, als er den Kopf drehte und suchend um sich blickte.

Joseph. Jay. Wheeler.

Ich ertappte mich dabei wie ich in Gedanken jeden Bestandteil seines Namens wie einen bösen Fluch hervorstieß.

Auch bekannt unter dem Spitznamen Joey. Oder Köter.

Auch bekannt, als ,die Pest'.

Der nervigste, der lautstärkste, der aufdringlichste, der hundigste unter sämtlichen von Yugis Freunden.
 

Er sah sogar noch chaotischer und noch unorganisierter aus, als das sonst der Fall war, auch wenn ich nie geglaubt hatte, dass das möglich wäre.

Sein Atem ging schnell, so als hätte er einen stundenlangen Marathon quer durch das Unterholz gemacht und sich zwischendurch von einem Traktor über mehrere Felder schleifen lassen. Seine ohnehin schon unbändigen Haare standen chaotisch in alle Richtungen ab, seine Kleidung war staubig und durcheinander, und zwei breite Schmutzstreifen zierten seine linke Wange und seine Stirn. Vereinzelte Blättchen und kleine Zweige hingen in seinem Pony, aber er schien es nicht einmal zu bemerken. Stattdessen war sein Blick suchend auf das Unterholz auf der anderen Seite des Weges gerichtet.
 

Ich räusperte mich dezent und verzog angesäuert das Gesicht. Dass er sich die Freiheit herausnahm, mich so zu nennen, war unverschämt genug - dass er es jetzt auch noch wagte mich frech zu ignorieren, war absolut inakzeptabel.

"Erstens verstecke ich mich nicht", stellte ich kühl fest. "Ich versuche nur in Ruhe zu arbeiten. Nicht, dass dich das etwas angehen würde. Zweitens - und wesentlich wichtiger - in welchem Augenblick völliger geistiger Umnachtung habe ich dir gestattet mich beim Vornamen zu nennen?"
 

Der Blondschopf fuhr herum. Ein einzelnes, grünes Blättchen löste sich aus seinen fransigen Ponysträhnen und segelte langsam vor mir zu Boden. Sekundenlang stumm und verblüfft blinzelte Wheeler mich an, so als wäre ich der letzte Mensch, mit dem er hier gerechnet hätte.
 

"Was hast du angestellt? Dich durch die Kanalisation gegraben?"
 

"K-Kaiba!" Endlich schien er seine Sprache wieder gefunden zu haben. Inklusive eines vorher noch nicht vorhanden gewesenen Sprachfehlers. Seine Augen waren auf schon beinah komische Art und Weise geweitet und sein Blick nahezu entsetzt. "Was machst du denn hier ...?"
 

Zugegeben - eventuell war es tatsächlich ungewöhnlich, mich ausnahmsweise hier im Park anzutreffen und nicht in meiner Firma, wie die restlichen 364 Tage im Jahr. Aber was zum Teufel ging ihn das eigentlich an? Ich hob eine Augenbraue und warf ihm einen finsteren Blick zu.

"Nach was sieht es denn aus?"

Nicht, dass der Versager das Wort ,Arbeiten' erkennen würde, selbst wenn es ihn in seinen kleinen Hunde-Hintern beißen würde.
 

"Oh ... ähm ... ja ..." Sein verpeilter Blick wandert kurz über den Laptop in meinem Schoß und die Aktentasche, die neben mir im Gras lag, und scheinbar zog er ausnahmsweise die richtigen Schlüsse. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. "Ich suche eigentlich nur ... jemanden ..."
 

"Jemanden, der rein zufällig so heißt, wie ich?" Meine Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus - auch wenn das in diesem Fall leider vollkommen verschenkte Mühe war. Wheeler war viel zu dämlich für jede Art von Subtilität.

Andererseits war er normalerweise nicht so dämlich, dass ihm nicht eine bessere Ausrede einfiel um mich zu belästigen. Allein deswegen hätten bei mir in diesem Augenblick schon alle Alarmsirenen losgehen müssen. Joey Wheeler um eine dumme Ausrede verlegen? Ich konnte mich des dumpfen Gefühls nicht erwehren, dass hier ganz sprichwörtlich etwas im Busch war ...
 

"Das kann man so nicht ... also nicht ganz ...", druckste er herum. Je unschuldiger er versuchte auszusehen, desto misstrauischer wurde ich.
 

"Wheeler, komm zum Punkt - ich habe nicht den ganzen Tag Zeit! Was willst du?"

Ungeduldig angelte ich nach dem Becher Kaffee neben mir und fragte mich, ob der Köter jetzt endgültig den kümmerlichen Rest seines Verstandes verloren hatte. Wenn er etwas von mir wollte, sollte er das gefälligst sagen. Ich war es inzwischen immerhin beinah gewohnt, dass er jeden Tag mit irgendetwas ankam und mich belästigte ... mich vom Arbeiten abhielt ... meine wertvolle Zeit verschwendete.

Aber irgendwie ... hatte ich bis heute nicht die Gelegenheit gefunden, das zu unterbinden. Dies würde ich demnächst tun. Genau.
 

"Nun bilde dir nicht gleich was drauf ein, Kaiba!" knurrte er und seine Wangen erröteten sich hitzig. "Mein Leben dreht sich nicht immer nur um dich."
 

Ich verzog einen Mundwinkel zu einem herablassenden Lächeln und trank in aller Seelenruhe einen Schluck Kaffee. "Bell so laut du willst, Köter. Aber gib doch zu, dass du immer wieder winselnd zu deinem Herrchen gelaufen kommst."

Ob er es zugeben wollte oder nicht - er hatte meinen Namen gesagt! Auf diese unangenehme, persönliche, vertrauensselige Art und Weise ...
 

"Hrrrrghs!" Er gab ein aufgebrachtes, hundeähnliches Grollen von sich, was mich tatsächlich erheiterte. Er war so schrecklich leicht auf die Palme zu bringen. "Das ist nicht wahr! Ich habe dich nicht gesucht! Was kann ich dafür, dass du ausgerechnet heute in den Park kommst?! Du bist doch sonst nie hier ..."
 

Er fuhr sich durch die Haare und grummelte vor sich hin. Als er die Hand wieder sinken ließ, sah er aus, als hätte er sich wieder ein wenig abgeregt.
 

"Musst du sogar hier arbeiten?" fragte er und es klang beinah vorwurfsvoll. "Es sind 25 ° Grad, strahlend blauer Himmel, rechts und links sind Eisstände ..." er deutete ausschweifend in alle Richtungen. "Wir haben heute nicht einmal Hausaufgaben auf. Kommst du nicht wenigstens einmal hierher zum ..."
 

"Spielen?" Ich klang verächtlich.
 

"Entspannen! Spaß haben! Das ist doch kein Leben mehr ..."
 

Meine Augen wurden schmal und ich spürte zu meinem Ärger, wie ich defensiv die Arme verschränkte. Was ging ihn schon mein Leben an und ob es eins war oder nicht!

"Wheeler - mal abgesehen davon, dass es dich absolut nicht zu interessieren hat, was ich tue und lasse - ich bin nun mal kein Hund, der nichts Besseres zu tun hat, als sich mit dir im Gras zu wälzen und Stöckchen zu holen." Was für eine ... Vorstellung. Das war schon mehr beängstigend, als absurd.
 

Er seufzte Schicksalsergeben.

Langsam und vorsichtig kam er näher, so lange bis er schließlich direkt vor mir stand. Seine Turnschuhe waren fast lautlos in dem weichen, frisch geschnittenen Gras. Zu meinem Ärger musste ich meinen Kopf in den Nacken legen und aus dieser Position zu ihm aufsehen.

Er legte ein wenig schuldbewusst den Kopf schief und zupfte ein paar Zweige aus seinem Haar. "Na gut ... mach was du willst. Tut mir leid, wenn ich gestört habe ..." es klang beinah bitter. "Aber du warst wirklich nicht gemeint ... Ich ... ich suche eigentlich ..."
 

Es raschelte erneut. Diesmal in dem Gebüsch direkt gegenüber. Ich hob den Kaffeebecher wieder an die Lippen und unsere Köpfe wandten sich beinah gleichzeitig in dieselbe Richtung. Ein erleichtertes Grinsen breitete sich auf Wheelers Gesicht aus. Allein das hätte mich beunruhigen müssen ...

Das Rascheln war leiser und ein wenig dezenter, was auf ein kleineres Subjekt hindeutete, welches sich seinen Weg durch das Geäst bahnte ... aber die Katastrophe, als die Äste sich endlich teilten, war ungleich größer.
 

Es war ein Hund.

Ein kleiner ... schwarzer ... Hund.
 

Er sprang wie von einer Sprungfeder geschleudert aus dem Gebüsch und kugelte über den Rasen. Hastig rappelte er sich wieder auf und rannte zielsicher auf Wheeler zu. Er bellte. Seine Ohren flogen, als er über den Rasen stolperte und sein kurzes, schwarzes Fell glänzte in der Sonne. Er hechelte und wedelte wie wild mit seinem Schwanz.

Oh Gott.

Das war kein Hund. Es war schlimmer.

Es war ... ein Hundebaby. Ein Welpe.

Ein hechelndes, sabberndes, kläffendes, wedelndes ...Hundebaby.
 

Und ich wusste es. Ich wusste es schon eine Sekunde, bevor Wheeler es aussprechen konnte.
 

"Seto!" Er strahlte über das ganze Gesicht und ließ sich auf die Knie in das weiche Gras fallen. Das kleine, wedelnde Fellbündel sprang ihm mit Anlauf entgegen und warf sich voller Begeisterung in seine Arme. Es fiepte und bellte, und schleckte ihm begeistert über das Gesicht. " Seto, da bist du ja!"
 

Der Kaffeebecher glitt aus meinen Händen, und ich spürte noch wie heiße, bittere Flüssigkeit meine Kehle hinunterlief und ich mich ganz furchtbar daran verschluckte.
 


 

Fortsetzung?

Des einen Lust, des anderen Frust

Anmerkung: Irgendwie bin ich mit dem Kapitel nicht so zufrieden, wie mit dem ersten. ;_; Aber ich habe grade zu wenig Zeit um das zu überarbeiten.
 

Warnungen: Viel "Hund" in diesem Kapitel, OOCness (besonders auf Kaibas Seite), sehr viel überflüssiges Gelaber (ihr kennt mich doch ... ^^*) und ein Mangel an Handlung. (Aber es kommt noch mehr Handlung! Ehrlich! Ich habe einen Plan! ^^)
 

Vielen Dank an alle Kommentarschreiber! Ihr seid so wunderbar! ^___^
 


 

***
 

Der Himmel war blau. Die Vögel zwitscherten.

Mein geheiligter, wunderschöner Laptop war unzeremoniell von meinem Schoß gerutscht und mit einem dumpfen Geräusch in dem weichen Gras gelandet. Der restliche Kaffee aus dem so eben fallen gelassenen Becher - kolumbianische Bohnen, die dreifach geröstete Sonderedition - versickerte langsam neben mir im Boden. Hoffentlich wusste irgendjemand zu würdigen, wie teuer die gottverdammte Erde grade gedüngt wurde.

Mein Hals brannte. Meine Augen tränten. Und ich war vollkommen unorganisiert, dabei mir die Lunge aus dem Leib zu husten.
 

Das ...durfte ... nicht ... wahr ... sein ...!

Vielleicht war es eine Halluzination. Zu viel Stress. Ich war überarbeitet. Ich hatte auch nicht viel geschlafen in letzter Zeit. War da vielleicht etwas in meinem Kaffee gewesen? Halluzinogene? LSD?

Aber so heftig ich auch blinzelte - es ging nicht weg! Er verwandelte sich nicht in Rauch. Er blieb genauso lebendig, laut und wirklich, wie Wheeler neben mir.

Der Köter - ich meinte den Schwarzen - hüpfte vor meinen Augen hin und her, wie ein kleiner Gummiball, und veranstaltete einen riesigen Zirkus. Er bellte, winselte und fiepte und verhielt sich auch sonst vollkommen überflüssig und unproduktiv.

Leichter Schwindel hatte sich in mir breitgemacht. Und es lag definitiv nicht nur an meinem akuten Luftmangel.
 

Oh Gott... das konnte nicht sein Ernst sein ...!

Das gehörte definitiv in die Spalte großer, kosmischer Scherz!

Ich dachte an all die Jahre, die ich Joey auf irgendeine Weise als ,Hund' bezeichnet hatte ... nicht nur als irgendeinen Hund ...sondern als MEINEN Hund ...
 

"So ist es richtig - knie nieder, vor deinem Herrn und Meister, Hündchen!"

"Wheeler, für einen Hund, bist du erstaunlich dämlich ..."

"Hat dir noch niemand Manieren beigebracht, du Straßenköter?"

"Sitz!"

"Geh, hol das Stöcken und lass mich zufrieden."

"Kaiba! Zum letzten Mal - ich bin kein Hund!"

"Ach ja? Komisch, das sagst du die ganze Zeit, dabei kläffst du doch wie einer ..."

Köter ... Kläffer ... Streuner ... Hündchen ...
 

Es war ein Alptraum.
 

"Hey ...Kaiba?" Irgendjemand kniete neben mir und klopfte vorsichtig mit der Hand auf meinem Rücken herum. "Geldsack? Arroganter Pinkel? Irgendjemand zu Hause? Kaiba! Komm schon ... nicht abkratzen, ja? Einfach weiteratmen."
 

"Wheeler ...!" keuchte ich drohend und versuchte krampfhaft einen neuerlichen Hustenreiz zu unterdrücken. Mein Blick war starr auf das herumspringende, kleine Fellknäuel vor mir gerichtet.
 

"Alles in Ordnung?" Große, bernsteinfarbene Augen schoben sich in mein Gesichtsfeld - und wenn es nicht ausgerechnet die von Joey Wheeler gewesen wäre, hätte ich schwören können, dass sie irgendwie besorgt aussahen. "Okay, ich habe eben kurz gelacht und dein Gesichtsausdruck war grade einfach nur herrlich - aber ich will wirklich nicht, dass du jetzt den Löffel abgibst! Es tut mir leid! Ich wollte dich nicht umbringen! Geht es wieder? Brauchst du Hilfe? Ein Arzt? Mund zu Mund zu Beatmung?"
 

"WAS ... IST ... DAS?!" presste ich atemlos hervor. In meiner Kehle brannte es heiß und bitter. Sich an Kaffee zu verschlucken war nicht unbedingt meine Lieblings-Todesvision.
 

"Mund zu Mund Beatmung? Na ja, das hatten wir doch mal im Sportunterricht ..."
 

"Herrgott!" zischte ich und schnappte nach seinem T-Shirt. Ruckartig zerrte ich ihn zu mir heran - sein Gesicht war so dicht, dass ich die kleinen Goldpünktchen in den erschrocken geweiteten, braunen Ovalen sehen konnte. Mit zusammengebissenen Zähnen funkelte ich ihn an und versuchte, dem unbändigen Drang zu widerstehen, ihn einfach kurz und schmerzlos von seinem Elend zu erlösen. "Spuck es aus! Was in Gottes Namen - SOLL DAS SEIN?!"

Ich deutete aufgebracht auf das aufgedreht um uns herumspringende Vieh. Er folgte meinem Blick.
 

"Das ist ein Hund", antwortete er brav. "Also, eigentlich ist es mein Hund." Er klang, als wäre er sogar noch stolz auf diese Tatsache.
 

"Wheeler ..." Meine Stimme war ein einziges, wütendes, tiefes Grollen. "Ich warne dich! Strapazier meine Geduld nicht! Ich weiß, dass das ein Hund ist. Glaub mir - ich erkenne einen Hund, wenn ich ihn sehe! Aber wieso in Gottes Namen hat dieses Subjekt ..."
 

Offenbar gefiel es dem kleinen Monster nicht sonderlich, was ich da mit dem Blonden veranstaltete, denn sein Winseln steigerte sich zu einem wütenden, fiependen Gekläffe. Er sprang angriffslustig an mir hoch und schnappte nach meiner Hand, die immer noch in Wheelers T-Shirt gekrallt war. Scheinbar versuchte es ihn zu verteidigen. Wie ... süß.

Leider hatte das dumme Vieh vergessen, dass es nur ein Baby war, und seine Zähne dementsprechend stumpf und mickrig.

Was konnte man bei einem Herrchen wie Joey Wheeler auch anderes erwarten ... der nahm den Mund auch immer viel zu voll.
 

Ich ließ das hellblaue T-Shirt los und schnappte dafür nach dem lächerlichen, kleinen Minilöwen. Er zappelte erschrocken. Ich hob ich ihn hoch und hielt ihn direkt vor Joeys Gesicht. Er war tatsächlich noch so klein, dass ich nur eine Hand dazu brauchte. Seine Pfoten baumelten hilflos nach unten und er fiepte leise - und machte alles in allem einen absolut erbärmlichen Eindruck.
 

"Nicht! Lass ihn sofort wieder runter!" befahl Joey. "Er mag das nicht!" Er machte Anstalten sich auf mich zu stürzen und versuchte, nach dem kleinen Kläffer zu greifen, aber ich hob meine Hand außer Reichweite. Finster sah ich ihn an.
 

"So, Wheeler - jetzt hör zu! Ich will Antworten und zwar gleich. Keine Tricks, keine Spielereien, keine faulen Witze, ich warne dich - ich habe eine Geisel!"

Es wurde Zeit, dass wir Ernst machten.
 

"Nein, lass ihn los!" bettelte er. "Seto ist noch so klein! Und du machst ihm Angst ...!"
 

Ich unterbrach ihn abrupt. "Aha! Gut, dass du es ansprichst! Erste und wichtigste Frage: Wieso trägt dieses Fellknäuel meinen - ausgerechnet MEINEN Namen?!"
 

Besagtes Fellknäuel tapste grade mit seinen schwarzen, viel zu großen Pfoten nach mir und winselte. Ich warf ihm einen schiefen Seitenblick zu. Treudoofe, runde Knopfaugen blickten ohne Plan und völlig verpeilt zurück. Großer Gott ...

Und so was hörte auf meinen Namen. Abgründe taten sich hier auf.
 

Wheeler saß vor mir und warf mir und dem Baby abwechselnd besorgte Blicke zu.
 

"Ich sage kein Wort, bevor du ihn nicht runterlässt!" forderte er schließlich. Seine hastig suchenden Augen fielen spontan auf das Objekt, welches am nächsten bei ihm lag. Meine Augen weiteten sich entsetzt, als ich sah was es war. "Nein!"

Bevor ich es verhindern konnte, krallte er sich meinen kostbaren Laptop, der immer noch verschmäht im Gras lag, und presste ihn triumphierend an seine Brust.
 

"Leg ihn sofort zurück!" befahl ich scharf. "Oder du wirst es bitter bereuen!"
 

"Nicht bevor du Seto loslässt!"
 

"Argh! NICHT diesen Namen ...!"
 

Er warf eine störrische Wolke blonder Haare aus der Stirn und lächelte mich lieblich an. "Was denn ... gefällt es dir etwa nicht, dass du plötzlich mein Hund bist, Kaiba?"
 

Aha. Darum ging es ihm also.

Hatte ich es doch geahnt! Es war so klar gewesen, dass es kein Zufall sein konnte, dass er seinen Hund ausgerechnet nach mir benannt hatte. Hier ging es um Dominanz und Vorherrschaft, und darum die Oberhand zu behalten. Aber das konnte er vergessen - zu diesem Spiel gehörten immer noch zwei!

Ich hatte schon immer gewusst, dass es ihn wurmte und ärgerte, wenn ich ihn als Hund bezeichnete - was ja auch der einzige Grund war, wieso ich das tat - aber wer hätte gedacht, dass er SO weit gehen würde? Meine Zähne knirschten schon, so fest hatte ich sie zusammengepresst.

"Nein, es gefällt mir ganz und gar nicht! Wieso überhaupt mein Vorname - kannst du mir das mal verraten?"

Das klang so lächerlich intim und vertraulich ...
 

"Ich wollte ihn ja Kaiba nennen." Ein leichter Rotschimmer machte sich auf seinen Wangen breit. "Aber Tea meinte, dass das ein Markenname ist und du mich deswegen verklagen könntest."
 

"Oh glaub mir, das hätte ich ...!"
 

Finster entschlossen und wie die erbittertsten Todfeinde funkelten wir uns an, er mit meinem Laptop und ich mit dem fiependen Bündel in den Händen. Keiner von uns beiden schien bereit, auch nur einen Millimeter nachzugeben.

Ein Ball kullerte wenige Meter von uns entfernt über den Rasen, aber der einzige, den es interessierte, war der Welpe. Seine Schnauze zuckte neugierig in die Richtung, während Wheeler und ich fortfuhren, uns gegenseitig böse anzustarren.
 

"Das ist doch kindisch", sagte ich schließlich und runzelte verärgert über mich selbst die Stirn.
 

"Dann rück ihn wieder raus, wenn du so erwachsen bist." Er streckte mir vollkommen pubertär die Zunge heraus.

Toll, das war ganz toll. Sollten wir jetzt die nächsten Tage so verbringen? Das dumme Hündchen machte sich auch grade ganz schön schwer in meiner Hand ...

Aber nachgeben? Aufgeben? Das kam gar nicht in Frage!

Scheinbar wurde es auch Wheeler grade zu langweilig, einfach nur meinem Blick standzuhalten, denn er legt den Kopf schief und ein herausforderndes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ich ahnte das Schlimmste.
 

"Wenn ich so darüber nachdenke, ist das grade eine einmalige Gelegenheit", stellte er fest und senkte andächtig den Kopf. "Sehen wir doch mal nach, was der allmächtige Seto Kaiba für wichtige, geheime Dateien auf seinem Laptop hat ..."
 

Zu meinem maßlosen Entsetzen wagte er es tatsächlich ihn aufzuklappen. "Was machst du da?! Pfoten weg!" fauchte ich.
 

"Hmmm ... was haben wir denn da ... Vielleicht streng vertrauliche Daten? Möglicherweise Nummern zu geheimen Bankkonten in der Schweiz? Du wirst doch kein Steuerhinterzieher sein ...? Nyahahaha!"
 

"Wheeler!"

Er tippte unbeeindruckt von meinem Tonfall auf der Tastatur herum.

"Leg ihn sofort wieder weg! Ich warne dich ..." zischte ich wütend. Das Fellknäuel bellte ihm ermutigend zu und ich warf ihm einen giftigen Blick zu.
 

"Vielleicht finden wir ja auch die üblichen pornographischen Sachen hier?" rätselte Joey munter weiter. "Bilder? Verbotene Filme? Hentai? Vielleicht sogar Disney? Ein geheimes Tagebuch ...?" Er gluckste. "Immerhin bist du auch nur ein Mensch. Denke ich mal... Oha!" flötete er "Was haben wir denn da ...?"
 

"Joseph Jay, zum letzten Mal ...!"

Innerlich brach mir kalter Schweiß aus, bei dem Gedanken was er alles gefunden haben konnte. In Lichtgeschwindigkeit versuchte ich die auf meinem Laptop befindlichen Dateien zu visualisieren. Was konnte darauf sein, was Wheeler interessieren würde? Beziehungsweise - was konnte darauf sein, was mich in Teufels Küche bringen würde, wenn er es entdeckte? Alle meine geheimen Firmendateien waren versteckt und gesichert. Steuern hatte ich noch nie hinterzogen, und die wenigen Pornos, die ich je in meinem Leben gesehen hatte, hatte ich nicht aufgehoben ...
 

In diesem Moment stieß das Fellknäuel ein kleines, klägliches Winseln aus und mir wurde klar, dass ich ein wenig zu fest zugedrückt haben musste. Ich ließ die Hand sinken und löste meinen Griff etwas. Joeys Kopf schoss hoch und er warf dem Köter einen ängstlichen Blick zu. Sekundenlang schien er sämtliche Geheimnisse meines Laptops und unsere ganze Auseinandersetzung vollkommen vergessen zu haben.
 

"Nicht! Kaiba ... bitte", sagte er und ich hörte, wie schwer es ihm fiel. "Lass ihn los ..."
 

Das Hündchen zappelte ein wenig, aber es sah mich hauptsächliches planlos an, während es wie ein nasses Handtuch über meiner Hand baumelte. Absolut ...unfähig.

Ich seufzte.
 

Man kann über mich viele schlimme Dinge sagen, und das mit Recht, aber ein Tierquäler bin ich nie gewesen. Und was konnte das kleine, dumme Vieh schon dafür, dass Joey Wheeler es grade in unseren persönlichen Kleinkrieg verwickelt hatte ...
 

Vorsichtig setzte ich es ab. Es tapste überrascht mit den Pfoten im Gras herum und drehte sich schließlich fragend zu mir um. Ich erwiderte den Knopfaugenblick missgelaunt. Eine kleine, rosa Zunge schleckte kurz und dankbar über meine Finger und dann schoss er auf und davon, um sich hinter Wheelers Rücken zu verstecken.

Ich kam mir vor wie ein Verlierer. Das durfte nicht wahr sein. Treudoofe Hundeaugen hatten mich weich werden lassen. Oh Gott, was würde mein Ruf leiden, wenn das erst mal bekannt wurde! Nicht auszudenken, wenn Wheeler ebenfalls so eine Wirkung auf mich hätte ...
 

Angewidert betrachtete ich meine Hand. "Es hat mich angesabbert", stellte ich fest.
 

"Seto ...!" Überrascht sah ich auf, angesichts seines emotionalen Tonfalls - und registrierte mit einiger Verspätung, dass ich erneut nicht gemeint war. Zu meinem Ärger wurde ich rot.

Ich konnte es selbst nicht genau erklären, wieso es so eine Wirkung auf mich hatte, wenn er meinen Namen sagte. Vielleicht lag es nur daran, dass mich abgesehen von Mokuba niemals jemand so nannte. Seto ...

Es war so ... privat. Intim. Persönlich. Es brachte mich in Verlegenheit. Vielleicht lag es auch nur daran, wie unangemessen liebevoll es aus Wheelers Mund klang ...

Als ob er so jemals mit mir reden würde.
 

Mit leuchtenden Augen hob Wheeler das pelzige Tierchen hoch und drückte es an sich, nur um es dann auf gefühlsduseligste und albernste Art und Weise durchzuknuddeln. Man könnte meinen, er hing irgendwie an dem Ding.

Das Fellknäuel bewies seine Dankbarkeit, indem es vor lauter Wedeln beinah das Gleichgewicht verlor und ihm großzügig über das Gesicht leckte. Ich rettete meinen, von Wheelers Schoß gleitenden Laptop grade noch rechtzeitig, bevor er erneute Bekanntschaft mit dem Boden machen konnte. Mein Baby hatte für heute genug gelitten.
 

Sorgfältig wischte ich einige Grashalme von der Tastatur und drehte ihn so, dass ich auf den Bildschirm sehen konnte. Ich musste wissen, welche geheimen Dateien Wheeler durchstöbert hatte, und wie ich den Schaden grade noch begrenzen ...
 

Aber alles, was ich sah, war der Code, an dem ich eben gearbeitet hatte.

Nur den Code.

Kein einziger weiterer Ordner war unerlaubterweise geöffnet worden. Keine Datei. Kein Dokument. Nichts. Überrascht hob ich den Kopf und starrte ihn an.
 

"Nun guck nicht so schockiert." Joey pustete ein paar widerspenstige Haarsträhnen aus seinen Augen. Sie leuchteten in der Sonne. "Das war doch nur Spaß. Denkst du wirklich, ich schnüffle in deinen privaten Ordnern herum?"
 

Mir fehlten die Worte.
 

Angesichts meines fassungslosen Gesichtsausdrucks zog er eine beleidigte Schnute. "Das darf ja nicht wahr sein - immer denkst du gleich das Schlimmste von mir ... Sogar ich habe ein klitzekleines bisschen Achtung vor deiner Privatsphäre."
 

"Dass ich nur das Schlimmste von dir denke, ist doch wohl verständlich", verteidigte ich mich beinah gegen meinen Willen. "Du hast einen Hund nach mir benannt!" Nicht, dass wir hier noch vom Thema abkamen ...
 

"Das stimmt", bestätigte er und streichelte sanft über das schwarze Köpfchen.
 

Ich fasste das einfach nicht. ER war mein Hund, verdammt noch mal! ICH war hier das Herrchen! Er hatte gefälligst mir zu gehorchen und auf Kommando ,Sitz' und ,Platz' zu machen - und nicht umgekehrt! Wo kamen wir denn da hin?!
 

"Braver Seto", säuselte Joey und spielte angetan mit den zu groß geratenen Pfötchen. "Lieber Seto. Willst du nachher einen schönen Baby-Kauknochen?"
 

HUAAAAARGH!!
 

Ich konnte so nicht arbeiten! Ich konnte so nicht leben! Das war alles ein einziger Alptraum!

In einer einzigen, sekundenlangen Horrorvision konnte ich es genau vor mir sehen ... wie es die ganzen nächsten Jahre weitergehen würde ... unerbittlich ... erbarmungslos ... ohne jede Gnade ...

,Willst du einen Kauknochen, Seto?' 'Seto - Platz! Sei ein braver Hund!' ,Hol das Stöckchen!' ,Seto ... komm zu deinem Herrchen!'

Und ich würde absolut nicht das Geringste dagegen tun können! Ich war ausgeliefert ... hatte keinerlei Kontrolle darüber, ob Seto ihm die Hand abschlecken oder vor ihm Männchen machen würde! Wieso ich ...?
 

"Oh nein ... nicht doch ...!"
 

Durch den entsetzten Aufschrei aus meiner Erstarrung gerissen, schreckte ich hoch und blinzelte. Wheelers Gesicht hatte einen absolut fassungslosen Ausdruck angenommen.
 

"Was?" presste ich hervor, förmlich erschlagen von den Horrorvisionen. Ich würde einem verzweifelten Suizid ins Auge fassen müssen. Vielleicht vom Dach meiner Firma ... Natürlich musste ich mich vorher um die Verwaltung der Kaiba Corporation kümmern und darum, dass jemand auf Mokuba aufpasste und ...
 

Joey hob das kleine Monster hoch und hielt es widerstrebend ein wenig von sich weg. Es tropfte. "Seto hat mich ... angepinkelt!"
 

Andererseits ... vielleicht hatte mein Leben doch noch einen Sinn.
 

"Wie bitte ...?" Ich hob eine Augenbraue und spürte wie sich beinah gegen meinen Willen meine Mundwinkel zu einem spöttischen Grinsen verzogen.
 

"Lach nicht so dreckig!" grummelte er. "Er ist eben noch nicht stubenrein!"
 

Na gut ... eventuell ... ganz vielleicht ... unter gewissen Umständen ... möglicherweise ... würde der kleine Miniaturkläffer meinem Namen doch noch gerecht werden.
 


 

Fortsetzung? ^_~

Das Fehlen jeglicher Idylle in der Stille

Warnungen für diesen Teil: Eigentlich nur anhaltende OOCness auf allen Seiten. ^^* *schäm*
 

Anmerkung: Ich hab mich sehr beeilt, dass ich trotz Praktikum und Diplomarbeit nebenbei noch zum schreiben komme. ^^ Irgendwie wird diese FF länger, als jemals beabsichtigt. *drop* Nun ja ... so lange Interesse besteht sie zu lesen, beschwer ich mich ja nicht. XD
 

Danke an Maddle fürs Betalesen! Alle trotzdem vorhandenen Rechtschreibfehler sind meinen nachträglichen Korrekturen zu verdanken. ^^*
 

Und vielen tausend Dank an die vielen, lieben Kommentare! *__* Ich weiß gar nicht was ich sagen soll ... ;__; Ihr seid so eine tolle Motivation. ^-^
 


 

***
 

"Hey, Kaiba!"
 

Die Hand, mit der ich eben noch Bücher in meinen Spind verstaut hatte, hielt mitten in der Bewegung inne. Ich konnte spüren, wie meine Nackenhaare sich aufstellten.

Diese aufdringliche, nervige, hundige Stimme konnte nur eins bedeuten - blonder Köter im Angriffsmodus. Sekundenlang überlegte ich, ob ich ihn nicht einfach ignorieren sollte, wie ein nerviges Hirngespinst, und abwarten, bis er von selbst verschwand. Aber das hatte bei Joey Wheeler ja noch nie funktioniert.
 

"Was?" Meine Stimme hatte selten unfreundlicher geklungen. Ich musste mich daran erinnern, diesen Tonfall bei den kommenden Firmenkonferenzen einzusetzen.
 

Leider schien ihn das nicht zu entmutigen. Seine Turnschuhe scharrten auf dem Boden, weil er unruhig die Füße hin und her schob, und seine Hände spielten mit den Trägern seines Rucksacks, aber er tat trotzdem so, als wäre das eben meine Erlaubnis gewesen mich zuzutexten.
 

"Ähm ... ja ... wie geht's denn so?"
 

" ..."
 

"Schönes Wetter heute, nicht wahr?"
 

" ..."
 

Wenn er darauf ernsthaft eine Antwort erwartete, dann war Wheelers kleines Hundehirn offenbar noch viel geschädigter, als ich es bisher vermutet hatte ...

Das war ja nicht das erste Mal, dass er aus unerfindlichen Gründen bei mir ankam und mich belästigte - aber DAS war mit Abstand der dämlichste, dürftigste, billigste und am leichtesten durchschaubarste Versuch ein Gespräch anzufangen, den ich je erlebt hatte. Sogar für seine Verhältnisse war das mies.
 

"Also, ich war grade in der Gegend und ..."
 

" ..."
 

"Doch, wirklich! Meine Spindnummer ist nur 173 Nummern von deiner entfernt ..."
 

"Wheeler ..."
 

"Ja?"
 

"Ich hasse Small Talk."
 

"Ehrlich? Schade, ich wollte grade anmerken, wie schön es ist, dass wir wieder Wochenende haben." Ein verplantes, verlegenes Grinsen glitt über sein Gesicht.
 

"Ich betrachte das Gespräch hiermit als beendet."
 

Ordentlich stapelte ich das Chemiebuch zurück auf den Ordner und angelte nach dem Mathebuch. Kurz wog ich es in den Händen, unentschieden, ob ich es einpacken sollte oder nicht. Es war zu überlegen, ob ich wenigstens einen kurzen Blick hineinwarf übers Wochenende, allein wegen der Klausur, die wir nächsten Mittwoch schreiben würden. Andererseits ... reine Zeitverschwendung. Der Stoff, den wir zurzeit durchnahmen, war wirklich mehr als primitiv.
 

"... du gehst mir aus dem Weg, oder?"
 

Die Frage war so leise, dass ich im ersten Moment nicht sicher war, ob ich sie richtig verstanden hatte.

"Wie war das?"
 

"Na ja ... du redest nicht mehr mit mir." Seine Hände spielten unsicher mit den Schnallen an seinem Rucksack. Er klang beinah vorwurfsvoll.
 

Zu sagen, dass ich sprachlos war, war das Understatement des Jahrhunderts. Was sollte das denn heißen? Er tat ja beinah so, als ob wir mal miteinander geredet hätten. Als wären wir so etwas Absurdes, wie ... Freunde. Allein der Gedanke!
 

"Wheeler - bekommt dir die Hitze nicht? Hast du einen Sonnenstich?"
 

"Tu nicht so, Alter - du weißt genau, wovon ich rede!"
 

"Ehrlich gesagt, will ich es gar nicht wissen. Mein Gehirn könnte Schaden nehmen, wenn ich versuche deinen Gedankengängen zu folgen", erwiderte ich sarkastisch.
 

Er seufzte und fuhr sich durch den widerspenstigen, blonden Pony. "Du beleidigst mich gar nicht mehr. Dabei bist du früher jeden Tag dreimal angekommen, um mir irgendetwas an den Kopf zu werfen. Aber schon die ganze Woche tust du so, als wäre ich Luft. Das ist echt nicht nett von dir, Kaiba!"
 

Er machte ja niemals Sinn. Aber seine aktuellen Worte machten noch weniger Sinn, als der gesamte Rest an Schwachsinn, den er jemals in seinem Leben verzapft hatte. Er konnte doch nicht ernsthaft deswegen verstimmt sein, weil ich ihn ausnahmsweise in Ruhe gelassen hatte.
 

"Hat dieses Gespräch irgendeine Pointe, die mir bisher entgangen ist?"
 

"Du warst nicht mehr im Park seit letzter Woche", antwortete er, als würde das alles erklären. "Also, seit wir uns da getroffen haben."
 

"Ich gehe nie in den Park", stellte ich klar.
 

"Solltest du aber. Es bekommt dir nicht, die ganze Zeit in deinem miefigen Büro zu sitzen und zu arbeiten. Du siehst schon ganz blass aus."
 

"Danke, für die vollkommen überflüssige Sorge um meinen Gesundheitszustand - und jetzt verschwinde und lass mich zufrieden." Ich machte die Schranktür mit so viel Nachdruck zu, wie ich aufbringen konnte, ohne sie zu knallen und drehte mich um. Was ging ihn schon an, wie viel ich arbeitete ...
 

Er warf einen Träger seines Rucksacks über die Schulter und sprintete mir nach. Die Gummisohlen seiner Turnschuhe quietschten auf dem Linoleumboden. "Es liegt an Seto, nicht wahr? Sag es doch einfach!"
 

Gegen meinen Willen konnte ich spüren, wie ich zusammenfuhr. "Nicht diesen Namen!" zischte ich und beschleunigte meinen Schritt.
 

"Aha! Ich wusste es!"
 

"Tz. Ich wäre schon überrascht, wenn du wüsstest, wie man sich die Schuhe bindet ..."
 

Auch wenn ich es nur ungern zugab, vielleicht hatte er Recht ... ich war ihm aus dem Weg gegangen. Denn wann immer ich in seiner Nähe war, wann immer ich ihn nur von weitem hörte ... war es ein einziges Wort, was all seine Gespräche zu beherrschen schien. Das war alles, wovon er seinen dämlichen Freunden und jedem, der es hören wollte, oder auch nicht, den ganzen lieben, langen Tag erzählte.

SETO.
 

Seto konnte schon beinah Männchen machen. Seto war ja so ein kluger Hund. Seto war schon wieder ein Stück gewachsen. Seto hatte dem bösen Nachbarn ans Bein gepinkelt. Seto war beinah stubenrein. Und Joey hatte Seto ja so lieb!

Man beachte bitte den Sarkasmus in meiner Stimme.

Aber es ging wirklich die ganze Woche so!
 

Seto.

Der Name hatte einst für Sarkastisch, Eloquent, Talentiert und Offensiv gestanden. Ihn zu benutzen, war ein Privileg, welches nur wenigen Menschen gestattet war - genauer gesagt nur einem einzigen - und dessen Missbrauch bei allen anderen zu schwersten Sanktionierungen führte.
 

Jetzt stand er für Sabbernd, Entsetzlich, Treudoof (und bestimmt tollwütig!) und ... Ohne Worte.
 

Es war wie eine andauernde Vergewaltigung meines Namens. Eine Misshandlung und Verstümmelung. Ob ich damit durchkommen würde, ihn gemäß StGB § 224 wegen gefährlicher Körperverletzung zu verklagen? Denn so fühlte es sich an.

Außerdem hatte er mir damit die beste und persönlich liebste Methode genommen, ihn fertig zu machen. Ich war schlichtweg nicht mehr in der Lage, Wheeler als Köter zu bezeichnen. Ich war nicht dumm, ich konnte mir seine Reaktion darauf genau ausrechnen ...

,Na Kaiba - wer ist jetzt wessen Hund ...?'
 

Ich wusste natürlich, dass es genau das war, was er mit dieser jämmerlichen Aktion erreichen wollte - nämlich das, was er immer wollte. Und zwar schon seit dem Tag, als er als kleines, plärrendes Baby zur Welt gekommen war.

Mich in den Wahnsinn zu treiben. Mich zu demütigen und erniedrigen und in die Knie zu zwingen. Wer hätte gedacht, dass er so weit gehen würde, sogar einen kleinen, dummen Hund dafür zu missbrauchen?

So oder so hatte ich langsam das Gefühl meine eiserne Kontrolle zu verlieren und zu einem Amokläufer zu werden, wenn ich noch einmal hören musste, was für ein lieber, süßer Hund ,Seto' war.
 

"Was ist dein Problem, Kaiba? Sag bloß, dir gefällt der Gedanke nicht, dass jemand, der deinen Namen trägt Männchen macht, wenn ich es sage?" Seine Stimme klang atemlos, so sehr musste er sich beeilen um mit meinen längeren Beinen Schritt zu halten. "Oder ist es vielleicht der Gedanke, dass Seto nachts in meinem Bett schlafen darf ...?"
 

Ich blieb stehen und fuhr zu ihm herum, so kurz davor ihn zu packen und zu erwürgen. Meine Finger zuckten schon sehnsüchtig in Richtung seiner Kehle. "TMI, Wheeler!" knurrte ich.
 

"TMI?"
 

"Too much information! Was in deinem Bett vorgeht, wollte niemand wissen!"
 

Langsam pustete er eine goldene Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich komme mir vor, als ob wir dich vertrieben hätten ..."
 

Fassungslos schüttelte ich den Kopf und wandte mich ab. Er war sofort wieder an meiner Seite, lief mir nach, wie das kleine, anhängliche Hündchen, welches er war - ob er das nun wahrhaben wollte, oder nicht. Wie hartnäckig konnte man eigentlich noch sein?
 

"Ich meine, zugegeben es hat Spaß gemacht, dich zu schocken ..." redet er ungehindert weiter.
 

Ich schnaubte wortlos. DAS glaubte ich ihm aufs Wort. Ich beschleunigte meine Schritte.

Zum Glück hatten wir bereits den Schulhof erreicht und ich konnte den silberfarbenen Lack meiner Limousine in der Sonne glitzern sehen.
 

"Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach wäre, dich klein zu kriegen! Ich meine, ein kleiner Hund - und du gibst auf? Kaiba, das ist voll enttäuschend ..."
 

"Wheeler - du scheinst der irrigen Annahme zu unterliegen, dass mich tatsächlich interessieren würde, was du da sagst ..."
 

"Bist du denn überhaupt nicht neugierig auf ihn? Er trägt immerhin deinen Namen!"
 

"Ich kann nicht einmal in Worte fassen, wie gleichgültig mir das ist."

Das war eine Lüge. Allein der Gedanke an diese Töle machte mich wahnsinnig. Aber Wheeler war so ziemlich der letzte Mensch, dem ich zeigen würde, wie sehr mich das beschäftigte.
 

"Aber ..."
 

"Wheeler - verpiss dich!"
 

Mein Chauffeur war schon dabei auszusteigen und um den Wagen herumzulaufen, um mir die Tür aufzuhalten. Gleich hatte ich es geschafft.
 

"Wusstest du, dass Seto schon Männchen machen kann? Okay, er kann noch nicht bei Fuß gehen, weil er das mit dem geradeaus laufen noch nicht so drauf hat, aber ..."
 

"ES REICHT!" grollte ich und blieb ruckartig stehen. "Wheeler, ich will weder dich noch diesen räudigen, verlausten Köter jemals in meinem Leben wieder sehen, verstanden?! Du bist mir gleichgültig und er ist mir gleichgültig! Nenn ihn von mir aus, wie du willst und mach mit ihm, was du willst - aber hör auf, mich damit zu belästigen!"
 

Er blieb so abrupt stehen, als sei er gegen eine Wand gelaufen. Seine Augen wirkten riesig und er sah aus, wie ein kleiner, getretener Hund, mit den zerzausten, straßenköterblonden Haaren, die ihm ins Gesicht fielen ...

Unwillkürlich musste ich plötzlich an den Blick des kleinen Fellknäuels denken, diesen großen, treuherzigen, erstaunten und beinah vorwurfsvollen Blick, als ich ihn zu fest gehalten hatte ... und ihm damit wehgetan ...
 

~*~
 

Die Sonne schien und der Himmel war geradezu geschmacklos blau. Familien gingen spazieren, Kinder spielten, Bälle rollten herum, der Geruch nach Eis und Kaffee lag in der Luft, Hunde bellten ...
 

Hunde. Ach ja. Hunde.
 

Was hatte mich nur geritten?
 

Aber es stand fest, dass ich mich nicht in meinem Büro befand, wo ich um diese Zeit hätte sein müssen.
 

Obwohl es so ekelhaft warm und blau war, schaffte ich es nebenbei den Wirtschaftsbericht für diese Woche abzutippen, ein paar Aktien abzustoßen und ein paar spielende Kinder mit einem Blick zum Weinen zu bringen. Fast. Sie zogen es auf jeden Fall vor ihr Versteckspiel einige Meter weiter entfernt zu spielen.

Alles war friedlich. Außer den Kindern kam niemand mehr vorbei, denn der Baum unter dem ich saß, war diesmal weiter abgeschottet, ein ganzes Stück entfernt von den meisten Spazierwegen und Spielwiesen. Und trotzdem ... ich konnte mich einfach nicht konzentrieren.

Es war, als ob ich auf etwas wartete. Mit einem Ohr war ich immer am Lauschen ... nach einem ganz bestimmten Bellen ... einer Stimme ... einem ganz bestimmten Lachen ... großspurig, laut und aufdringlich ... alles Synonyme für Joey Wheeler.
 

In einem einzigen Punkt hatte die kleine Nervensäge Recht gehabt. Und das war genau ein Punkt mehr, als ich tolerieren konnte.

Es war nicht meine Art so schnell zu kapitulieren. Es musste ja so aussehen, als ob ich den Park wegen ihm und dem flohverseuchten Köter gemieden hätte. Als ob ich freiwillig das Feld geräumt und damit eine Niederlage eingesteckt hatte.

Niemals.

Wenn ich das Verlangen verspürte in den verdammten Park zu gehen, würde ich das auch tun. Und wenn er und der kleine Kläffer mich auf Dauer wahnsinnig machten, blieb mir wohl nichts anderes übrig, als einfach alles aufzukaufen, einzuzäunen und ein "Hunde verboten!" Schild vorne dranzuhängen. Sollte Wheeler ruhig sehen, was er davon hatte, wenn er mich so provozieren musste.
 

Nachdrücklich gab ich ein paar Zahlen ein und überlegte sekundenlang, ob ich den Mantel, den ich für das letzte Geschäftsessen gekauft hatte von der Steuer absetzen konnte ...
 

> "... was haben wir denn da ... Vielleicht streng vertrauliche Daten? Möglicherweise Nummern zu geheimen Bankkonten in der Schweiz? Du wirst doch kein Steuerhinterzieher sein ...?" <
 

Ich hielt inne und ließ meine Finger sekundenlang still auf den Tasten ruhen.

Geheime Bankkonten ... auf so einen Einfall konnte ja auch nur jemand kommen, der dermaßen blond war, wie Wheeler. Ein kurzes, amüsiertes Lächeln glitt beinah gegen meinen Willen über meine Lippen
 

Es bellte.
 

Ha! Als hätte ich darauf gewartet, schoss mein Kopf hoch. Ich wusste es! Ich wusste es! Natürlich würde der Penner heute hier sein.

Es war ja nicht so, als ob ich so scharf drauf war, dass er hier auftauchte ...aber so konnte er wenigstens sehen, dass es absolut lachhaft war mir zu unterstellen, dass ich ihm aus dem Weg gehen würde. Seto Kaiba hatte es nicht nötig irgendjemandem aus dem Weg zu gehen.
 

Wie aus dem Nichts sprang es plötzlich hervor und stürzte auf mich zu. Klein und schwarz und pelzig. Es hechelte, es sabberte, es wedelte. Ich hob eine Augenbraue. Wenn es auf meinen Designermantel haarte, konnte es was erleben.
 

"Sitz", befahl ich streng, während es auf mich zu rannte.
 

"Wuff, wuff!"
 

Wagte es grade mir Widerworte zu geben?

Der Miniköter sprang um mich herum, wedelte, fiepte und bellte, als wäre ich sein seit Jahrzehnten verschollen geglaubtes Herrchen. Für wen hielt er sich, bitte? Für Lassie?

Dabei hatte er mich erst einmal gesehen. Aber offenbar hatte ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Hastig klappte ich meinen Laptop zusammen und brachte ihn aus der Gefahrenzone. Das wurde sofort ausgenutzt um die kleinen, runden Pfoten auf meine Beine zu setzen und in meinen Schoß zu springen.

Man könnte meinen, dass dumme Vieh freute sich mich zu sehen. Am liebsten hätte ich es am Kragen gepackt und durchgeschüttelt. Hatte es etwa schon wieder vergessen, dass ich ihm neulich noch wehgetan und es als Geisel genommen hatte? Mit der angeblichen Intelligenz von Hunden war es also nicht weit her, wie man hier wieder eindrucksvoll demonstriert bekam.

Diese dämliche Vertrauensseligkeit konnte ja nur von Wheeler stammen ... der kam auch jedes Mal wieder an, egal wie oft man ihn verletzte und erniedrigte ...
 

Apropos, Wheeler ...

Während ich versuchte das lästige Fellknäuel aus meinem Schoß zu entfernen, blickte ich unwillkürlich suchend um mich. Wartete auf einen blonden, chaotischen Schopf, der von irgendwo aus den Büschen auftauchte und sich einen ablachte, wenn er mich so sah.
 

Aber es kam niemand. Kein Rascheln und kein schallendes Gelächter kündigte seine Ankunft an. Alles blieb still und nirgendwo war ein Stück leuchtendes Blond zu sehen. Irritiert runzelte ich die Stirn.
 

"Wo hast du die Nervensäge gelassen?" fragte ich schließlich und packte nach dem Halsband. "Sag nicht, der Schwachkopf schafft es sogar sich in einem öffentlichen Park zu verlaufen?"
 

"Wuff!" Und wieder wurde hektisch gewedelt.
 

Er sprang von meinem Schoss hinunter, zurück ins Gras. Winselnd sah er mich an und bellte. Dann lief er ein paar Schritte weit, nur um stehen zu bleiben und sich zu erneut mir umzudrehen. Er hüpfte auffordernd und lief wieder zurück zu mir. Dann wiederholte sich das Spielchen.

Ich betrachtete das ganze Theater misstrauisch. Also entweder musste er ganz dringend zum nächsten Baum - oder er versuchte tatsächlich grade mir etwas mitzuteilen.
 

"Sag nicht, Timmy ist den alten Brunnen gefallen", meinte ich sarkastisch. Er bellte nachdrücklich. Also doch Lassie.
 

Ich seufzte und fuhr mit der Hand übers Gesicht. Allmählich fragte ich mich auch, wo Wheeler steckte ...

Es war zumindest merkwürdig, dass man ihn nicht einmal in der Ferne hören konnte, wie er nach dem kleinen Hundevieh rief ... er veranstaltete doch sonst immer so einen Krach bei allem was er tat ... und es war doch anzunehmen, dass er wie ein Irrer und natürlich völlig planlos durch den Park lief und ihn suchte. Aber so sehr ich auch lauschte - alles war und blieb still und idyllisch.
 

Ich öffnete die Augen und sah den kleinen Kläffer an. Er fiepte zum Steinerweichen und hatte seine kleinen Zähnchen in meinen Ärmel verbissen.
 

Was erwartete das blöde Hundevieh jetzt von mir? Dass ich einen Suchtrupp losschickte, auf der vergeblichen Suche nach einem Jungen, der so blond wie blöd war, und der es nicht geschafft hatte seinen Hund im Auge zu behalten?

Ich hatte keine Zeit dafür! Ich war hier gekommen um zu arbeiten. Höchstens noch um nebenbei etwas zu beweisen und mein leicht geknicktes Ego aufzubügeln. Und es gab hier ja nicht einmal einen Brunnen, in den Timmy ... ich meine, Joey gefallen sein konnte. Weiß der Geier wo der sich wieder herumtrieb ...
 

"Vergiss es", sagte ich.

Demonstrativ klappte ich meinen Laptop erneut auseinander und begann wieder daran zu arbeiten. Zumindest begann ich auf den Tasten herumzuhämmern.

Wheeler würde hier sowieso jede Minute auftauchen.

Blond, verschwitzt, verplant, verlaufen. Man sollte doch meinen, dass er allmählich alt genug war, um auf sich selbst aufzupassen. Es war vollkommen absurd jetzt eine überflüssige Suchaktion zu starten ...

Nur ... weil es so still war.
 


 


 

Fortzsetzung?

Äußerst wahrscheinlich. =)
 

Nachtrag: Die Auskunft über § 224 habe ich von Maddle - genauso wie den Spruch "TMI - too much information". *den einfach mal von ihr geklaut hat, weil es so gut passte* Danke, Süße! ^__^

Knall auf Fall

Warnungen für diesen Teil: Komplette und totale OOCness auf Kaibas Seite ... ;__; *wimmer* vermutlich Kitsch und meine albernen Ideen. *drop*
 

Vielen Dank an alle Kommentarschreiber (ihr seid soo lieb! ^__^ Danke!) und an Maddle, meine geniale Betaleserin! *-*
 


 

***
 

Nach zehn Minuten hatte das kleine Hundevieh sich praktisch heiser gebellt, meine Geduld war am Ende, meine Laune auf dem Tiefpunkt, meine Arbeitsergebnisse absolut mangelhaft - und von Wheeler war weit und breit keine Spur zu sehen oder zu hören.

Es war und blieb irritierend still.
 

Bei näherer Betrachtung gehörte er vielleicht doch nicht zu den Menschen, die besonders gut auf sich aufpassen konnten. Denn das hätte ja ein Mindestmaß an Verstand und Vernunft erfordert.
 

> "Schönes Wetter heute, nicht wahr?" <
 

> "Also, ich war grade in der Gegend und ..." <
 

> "Doch, wirklich! Meine Spindnummer ist nur 173 Nummern von deiner entfernt ..." <
 

Ich meine ... ganz ernsthaft. Was konnte man von so jemandem schon großartig erwarten? Er hatte es vielleicht doch geschafft, sich in den einzig verfügbaren Brunnen ringsum zu stürzen, nur um mich zu ärgern. Ich sah den Hund an. Ich sah nach rechts und nach links. Und wieder zurück zu der kleinen, kläffenden Töle.
 

"Er tut das, um mich zu ärgern, nicht wahr?"
 

Die Antwort bestand in einem leisen Fiepen.
 

"Sag was du willst - ich weiß, das es so ist. Er tut das, weil er eine Nervensäge ist und weil es scheinbar sein einziger Lebensinhalt ist, mir auf den Keks zugehen! Du kennst ihn nur nicht so gut wie ich, sonst wüsstest du das."
 

Genau. Weil dieser Penner mich ärgern wollte. Vielleicht war das alles eine Art perfider, heimtückischer Racheplan, um mir das dämliche Fellknäuel aufzudrängen, nachdem ich mich geweigert hatte, es zu sehen. Und jetzt saß er in irgendeinem Gebüsch und beobachtete meine Qual und lachte sich halbtot, dieser miese, kleine ...

Aber so sehr ich es auch drehte und wendete - ausgeklügelte, raffinierte Rachepläne waren einfach nicht ... Joey Wheeler.
 

"Ach verdammt ..." Langsam und widerwillig erhob ich mich. "Ist ja gut, hör auf zu bellen."

Als hätte er mich verstanden, lief er sofort wedelnd zu mir und war tatsächlich still. "Ich mache das nur, weil ich dich anders nicht wieder loswerde, klar?" sagte ich unwillig und war gleichzeitig überrascht über seine Gehorsamkeit. "Und jetzt los. Such dein Herrchen! Such diesen drittklassigen Versager!"

Und wehe, er war nicht mindestens unter einer Lawine begraben oder steckte in sonstiger akuter Lebensgefahr ...
 

Nach weniger als fünf Minuten wurde klar, dass ich das kleine Vieh maßlos überschätzt hatte.

Von wegen Lassie! Erst probte er einen oscarreifen Aufstand - und dann? Ich hatte erwartet, dass er mich zielsicher zu Wheeler führen würde, aber stattdessen stolperte er plan- und ziellos durch den Park, schnupperte an Kindern und Bäumen, rannte bellend den Schmetterlingen nach und hob sein Beinchen an jeder zweiten Parkbank. Ab und zu blieb er stehen und schnüffelte suchend am Boden, aber dann guckte er nur verwirrt und sah mich ratlos an, als er erwartete er von mir, dass ich ihm helfen würde.

Es war so typisch! Wirklich nur Wheeler konnte einen dermaßen dämlichen Hund besitzen. Ich hätte lachen können - wenn es nicht so verdammt peinlich gewesen wäre, mich mit ihm sehen zu lassen.
 

Entnervt blieb ich schließlich mitten auf einem Spazierweg stehen. Irgendetwas lief hier schief. Wieso konnte er ihn nicht finden?

Ich war beinah geneigt mir vorzustellen, dass ihm die Verantwortung, einen Hund zu besitzen, einfach zu viel geworden war, er das Fellknäuel kurzerhand ausgesetzt hatte und sich jetzt irgendwo weit weg einen faulen Tag machte.

Aber auch wenn ich ihm einiges zutraute, der Gedanke passte einfach nicht. Joey hing mit einer wahren Affenliebe an dem kleinen Vieh, das hatte sogar ich inzwischen mitbekommen. Er hätte es niemals alleine hier herumlaufen lassen, ohne den gesamten Park verrückt zu machen und nach ihm zu suchen.

Irgendetwas stimmte einfach nicht ...
 

> "Wheeler, ich will weder dich noch diesen räudigen, verlausten Köter jemals in meinem Leben wieder sehen, verstanden?!" <
 

Ungebeten echoten meine eigenen Worte in meinem Kopf wieder.

Er hatte doch noch nie auf das gehört, was ich gesagt hatte ... musste er ausgerechnet heute damit anfangen und sich praktisch in Luft auflösen? Nimm das doch nicht gleich so persönlich, du Versager ...
 

Ich versuchte rational zu bleiben. Wenn ihm wirklich etwas passiert war, hätte ich das doch längst mitbekommen müssen. Schaulustige. Oder ein Krankenwagen. Vielleicht die Feuerwehr? Menschenmengen? Explosionen? Sirenen? Rauchwolken? Ich hatte immerhin jahrelangen gemeinsamen Chemieunterricht hinter mir und wusste, wozu er fähig war. Aber es gab weit und breit keine Spur von ihm. Alles war so friedlich ... die Sonne schien ... den Himmel hätte ich selbst kaum blauer programmieren können ... Kinder spielten ... alles war wie immer ... nur kein lauter, aufdringlicher Versager, wohin ich auch sah.
 

Und trotz allem war da ein seltsames Gefühl in meiner Magengegend, welches ich nicht identifizieren konnte. Vielleicht wusste ich nur bis zu diesem Moment nicht, was für eine lebhafte Phantasie ich hatte.

Da war ein Stapel an dummen Bildern in meinem Kopf, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, wie ein schlechter Film. Ich konnte es praktisch vor mir sehen ... Joeys lachendes Gesicht mit Zahnlücke und brav glatt gekämmten Haaren ... auf einer Milchtüte abgedruckt. Schwarz umrandet und darunter in dicken Lettern: "Vermisst! Wer hat diesen Jungen gesehen?"
 

"Hey - Köter! Komm her!" befahl ich scharf. Zu meiner Überraschung gehorchte er besser als Wheeler das jemals in seinem Leben getan hatte und tapste brav zu mir. Sekundenlang war ich sprachlos, aber dann ging ich vor ihm in die Knie und dachte scharf nach. Treudoofe Hundeaugen blickten aufmerksam zurück. So wurde das nichts. Wir mussten das Problem ganz methodisch und wissenschaftlich angehen.

Das war ein Park. Irgendwo in diesem Park war Wheeler. Rein mathematisch ergab das eine eindeutige Gleichung. Aber vielleicht waren hier zu viele andere verwirrende Gerüche für einen kleinen, dämlichen Hund ...

Wenn ich nur irgendetwas hätte, dass nach ihm riechen würde ... Vielleicht würde ihm das auf die Sprünge helfen.

Mo~ment!
 

Es war zwar albern, aber vielleicht war es einen Versuch wert. Hastig griff ich nach meiner Tasche und zog den Laptop hervor. Sekundenlang wog ich ihn in den Händen ab und betrachtete ihn nachdenklich. Vielleicht war es eine dämliche Idee. Vielleicht machte ich mich grade einfach nur lächerlich - während Wheeler sich damit verlustierte, in einem Pool zu paddeln und eisgekühlte Margaritas zu trinken. Zuzutrauen war es diesem Penner ja.

Aber Tatsache war, er HATTE ihn neulich in der Hand gehabt und damit herumgespielt. Sogar eine ganze Weile ...
 

"Mami, Mami, was macht denn der Mann da?"
 

"Komm sofort her, Yumi! Geh da nicht zu nah ran."
 

Ich spürte, wie die Leute rechts und links um mich herum begannen zu tuscheln und mir merkwürdige Blicke zuwarfen. Tz. Die sollten sich nicht so haben. Nur weil es nicht jeden Tag vorkam, dass ein junger Geschäftsmann, in einem teuren und nicht steuerlich absetzbaren Mantel, vor einem kleinen Hund kniete und ihm einen Laptop hinhielt ...
 

"Los", zischte ich, als seine kleine, schwarze Schnauze aufmerksam über die Tastatur schnüffelte. "Los, du kleines hässliches Fellknäuel, mit dem Gehirn in Erdnuss-Größe - such Joey!"
 

Er bellte und begann enthusiastisch herumzuhüpfen. Na also. Und wehe, das wurde diesmal nichts. Mit dem letzten Rest an Würde packte ich den Laptop wieder ein und erhob mich. Ich hüstelte dezent und warf einen scharfen Blick nach links und einen nach rechts, worauf schlagartig alle tuschelnden Stimmen erstarben. Besser für sie.
 

"Mami, ich hab Angst - buhuuu!"
 

Und wieder ein Kind zum Weinen gebracht. Ich fragte mich langsam, wie die Tagesbilanz bei anderen Leuten aussah.

Das war alles Wheelers Schuld! Sobald ich mich vergewissert hatte, dass er nicht tot oder wenigstens halbtot war, würde ich ihn eigenhändig umbringen!

Der kleine Kläffer rannte jetzt zielstrebig voran, schlug ein paar Haken in alle Richtungen, wich ein paar Kinderwagen und einem Eisstand aus, aber wirkte beinah so, als ob er jetzt wenigstens ungefähr wusste, was Sache war. Aus reinem Mangel an besseren Alternativen beschloss ich ihm erneut zu folgen.
 

Alles kein Problem. Ich würde diesen Verlierer finden, ihm seinen dämlichen Köter wieder aufhalsen und dann konnte ich mich endlich wieder meiner wichtigen Arbeit widmen. Genau. Es war gar nicht zu fassen, was ich mir hier für einen Ärger machte ... wie viele überflüssige Gedanken ich schon an ihn verschwendet hatte ...
 

Das bekannte, quietschende Kläffen ließ mich aufsehen.

Wir waren in einem etwas abseits liegenden Teil des Parks gelandet, dort wo die Gärtner offenbar langsam die Lust an ihrer Arbeit verloren hatten - zumindest wenn man den Zustand der Überwucherung betrachtete. Das Fellknäuel hatte wenige Meter von mir entfernt etwas gefunden, tapste mit den Pfoten und spielte damit herum. Es war rot und schwarz, und die Form und Farbe kamen mir erschreckend vertraut vor ...

Seto fing an zu bellen.

Meine Schritte beschleunigten sich kaum merklich, wurden immer schneller, so lange bis ich direkt neben ihm stand und endlich erkannte, was es war.

Es war Joeys kleiner, vollgekritzelter Rucksack.

Es war der, den er immer in die Schule mitnahm und daraus zerknitterte Hefte hervorzog und nach nicht vorhandenen Hausaufgaben suchte. Der Rucksack, auf dem er herumkritzelte, wenn ihn der Unterricht langweilte, was praktisch Dauerzustand war. Den er heute Morgen dabei gehabt hatte, als er mich an meinem Spind abgefangen und zugetextet hatte ...

Er lag einsam und verlassen unter dem Baum ... achtlos auf den Boden geworfen und dort liegen gelassen.

Und keine Spur von Joey weit und breit. Es war, als ob er sich einfach in Luft aufgelöst hatte.
 

Mir wurde flau.

Es ging ganz schnell und ich hatte keine Kontrolle darüber. Es war ein seltsames, ekelhaftes Gefühl in meinem Magen, dass innerhalb von einer Sekunde durch meinen ganzen Körper schoss und sich ausbreitete. Flau. Und kalt. Mit voller Wucht wurde die Milchtüte in meinem Kopf grausame Wirklichkeit.
 

Seto bellte immer lauter und lauter. Er hatte begonnen, an dem Baumstamm hoch zu springen, aber ich fühlte mich zu betäubt um ihn davon abzuhalten. Ein einzelnes, grünes Blatt segelte vor meinem Gesicht vorbei zu Boden.
 

"Seto!"
 

Meine Augen wurden weit und mein Kopf flog nach oben.
 

"Seto, da bist du ja! Lauf nicht wieder weg - ich hab mir Sorgen gemacht! Und du hast Hilfe mitgebracht, kluger Hund! Braver Hund! Oh ... nein, du hast Kaiba mitgebracht ..."

Nur allzu vertrautes Blond schimmerte durch die Zweige, aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre - diese Stimme ... das sinnlose Gelaber ... war einfach unverkennbar.
 

"Wheeler!" stieß ich hervor, während ich spürte wie mein Brustkorb begann sich wieder zu entkrampfen und meine Lungenflügel sich langsam wieder mit Luft füllten. "Was zum Teufel, machst du da?!"
 

Diese Frage war in der Tat angebracht. Und ich wollte Antworten - und zwar schnell.
 

"Hey Kaiba ... Du - hier?" Er klang verlegen. "N-nett dich zu sehen. Was führt dich denn in den Park?"
 

Man sollte es nicht für möglich halten. Er hing in abartiger Höhe zwischen den Zweigen, sämtliche Gliedmaßen gnadenlos verzettelt, und klammerte sich mit den Händen grade noch an einem Ast fest. Und er wagte es tatsächlich trotz allem mir mit belanglosem Small Talk anzukommen.

Eines Tages, so viel war sicher, würde ich ihn noch umbringen!
 

"Hat dir noch niemand gesagt, dass Hunde nicht klettern können? Was soll das werden, du Verlierer?"
 

"Öhm ... nichts ... ich häng hier einfach nur rum ... ha ha ..."
 

Ich verschränkte die Arme und spürte wie meine Augen schmal wurden. Dieser undankbare Bengel! "Ich warne dich - solltest du mir blöde kommen, wird mir ganz spontan einfallen, dass ich noch einen dringenden Geschäftstermin habe und du kannst sehen, wo du bleibst!"
 

"Was?! NEIN! Geh nicht!" Hastig schüttelte er den Kopf. Ich hörte wie die Zweige raschelten, angesichts seiner heftigen Bewegung.
 

Langsam kam ich mir gedemütigt vor. Milchtüte ... das durfte ich wirklich niemandem erzählen. Am wenigsten Wheeler, der sich garantiert die nächsten Jahre darüber totlachen würde.
 

"Dein Hund hat mich grade in den Wahnsinn getrieben ... und ich hoffe wirklich für dich, dass du eine gute Entschuldigung dafür hast."
 

"Ich habe ihm gesagt, er soll Hilfe auftreiben. Vorzugsweise jemanden mit einer Leiter - oder Bergsteigerausrüstung ... kann ich wissen, dass er da ausgerechnet auf dich verfällt?"
 

"Wheeler ..."
 

"Schon gut, schon gut!" Er nickte krampfhaft und bemühte sich angestrengt, nicht nach unten zu sehen, während er sich ein wenig mehr an dem Ast nach oben zog. "Also, da war dieses kleine Mädchen ... und sie hat geweint, weil ihr Luftballon in den Baum geflogen ist. Und oh man ... ich kann kleine Mädchen einfach nicht weinen sehen. Dann muss ich immer an meine Schwester denken und ... das halte ich nicht aus ..."
 

"Wie rührend."
 

"Hey ...! Nur, weil du so ein gefühlloser Bastard bist, muss das nicht auch auf andere zutreffen!"
 

"Komm zum Punkt", befahl ich schärfer als beabsichtigt.
 

"Tu ich doch grade! Ich habe ihr gesagt, ich hole ihn für sie runter. Immerhin bin ich ein Gentleman! Und es war auch gar kein Problem hier hinaufzukommen ... aber dann ist er weggeflogen und die Äste haben unter mir nachgegeben. Und dann hing ich irgendwie fest und es ging nicht mehr weiter und dann ist Seto weggelaufen und das Mädchen auch und ..."
 

"Kleine Mädchen sind ja so undankbar"
 

"Machst du dich grade über mich lustig?!"
 

"..."
 

"Ach vergiss, dass ich gefragt habe!"
 

"Lass mich das präzisieren." Ich räusperte mich. "Dein Hund probt einen stundenlangen Zwergenaufstand, hält mich vom Arbeiten ab, gibt mich öffentlicher Scham und Demütigung preis, hetzt mich durch den gesamten Park ... und das alles nur, weil du in einem Baum festhängst?"
 

"... ja?"
 

Mir fehlten die Worte.
 

"Ähm ... ach ... ha ha ... kann doch jedem mal passieren ..."
 

"Ich denke, ich gehe wieder."
 

"Nein! Kaiba, warte!"
 

Es gibt dumme Menschen. Es gibt sehr dumme Menschen. Und es gibt Joey Wheeler. Und nur letztere Spezies ist imstand, wie eine Katze auf einen Baum zu klettern und es nachher nicht mehr hinzubekommen auch wieder den Weg nach unten zu finden.
 

"Ist dir der Gedanke gekommen, dass wenn du hochgeklettert bist, du auf demselben Weg auch wieder runterkommen kannst?"
 

Er schüttelte heftig den Kopf und machte die Augen zu. Einige Blätter rieselten um mich herum zu Boden. "Ich kann nicht! Wirklich nicht. Mein T-Shirt hängt irgendwo fest ... und ich glaube, dass der Ast gleich nachgibt ... und wenn ich nach unten sehe, wird mir schlecht und ..."

Sogar aus der Entfernung war mir schon aufgefallen, dass er ziemlich blass um die Nase wurde, wann immer er es wagte zu mir hinabzublicken. Scheinbar war seine Klappe doch nicht so groß, wie er eben noch getan hatte.
 

"Bitte, Kaiba ..." Zum ersten Mal klang er leise und beinah kleinlaut. "Tu was ...!"
 

"Was soll ich deiner Meinung nach tun? Die Feuerwehr rufen? Soweit ich informiert bin, holen die nur Katzen aus Bäumen."
 

"Weiß ich nicht - irgendwas! Meine Arme geben gleich nach!"
 

"Sieh es mal so, dann bist du wenigstens unten. Ist das nicht das, was du willst?" erwiderte ich spöttisch.
 

Er stöhnte leise. "Deine Witze waren auch schon mal besser."
 

Ich rollte mit den Augen und seufzte. "Ich kenne wirklich niemanden außer dir, dem so etwas passieren könnte."
 

"Ja los, gib´s mir! Immer schön zutreten, wenn der Andere schon am Boden liegt ...", maulte er und warf mir von oben einen giftigen Blick zu. "Meine Fresse ..."
 

Ich war kurz davor, etwas gleichermaßen Bissiges zu erwidern, als es plötzlich knackte. Das war die einzige Warnung, die wir erhielten.

Der Ast brach.
 

"Vorsicht!" Scharf holte ich Luft und verfluchte mich dabei, dass wir so viel Zeit mit reden verschwendet hatten.

Seto bellte wie verrückt und sprang wie wild um den Baum herum. Blätter und kleine Zweige rauschten um mich herab und ich hörte, wie Joey aufquietschte, als er fiel. Die Äste zerbarsten mit einem schmerzhaften Geräusch, als er durch das Geäst sauste. In letzter Sekunde, und schon auf halbem Weg nach unten, schaffte er es, sich an einem anderen Ast festuzklammern.
 

"Waaaah ...!!! Au, au, au, au ...!" Keuchend und nach Luft ringend hing er über mir, seine langen, schlanken Beine baumelten in der Luft. Verzweifelt tasteten seine Füße in den ausgetretenen Turnschuhen nach Halt, aber es gab keinen.
 

"Also, falls du irgendeinen genialen Plan hast", hörte ich ihn japsen, "dann wäre JETZT der geeignete Zeitpunkt, um damit herauszurücken! Irgendwas ... ich nehme alles!"
 

"Lass dich fallen."
 

"WAS?!"
 

"Lass los", befahl ich. "Mach schon."
 

"Das ist dein Plan?! Na danke ...! Ich hätte ein wenig mehr Genialität vom großen Seto Kaiba erwartet!"
 

"Wheeler! Tu gefälligst, was ich sage!" Ich konnte die Schrammen und Kratzer auf seinen bloßen Armen sehen, die durch die unsanfte Begegnung mit den Ästen entstanden waren. Es war klar, dass es wesentlich mehr Schaden anrichten würde, wenn er noch einmal so durch das Geäst rasselte. "Du wirst so oder so gleich hier unten landen."
 

Er schüttelte heftig den Kopf und schloss erneut die Augen. "Oh nein ... oh nein ... ich werde draufgehen ... ich weiß es ... Adieu, du schöne Welt! Bitte, versprich mir, dass du auf Seto aufpassen wirst, wenn ich-... Uwaaaaaaaaah!!"
 

Seine Hände rutschten weg, und im selben Moment machte ich einen Schritt nach vorn. Blätter segelten auf mich hinab, während er hinunterrasselte, kleine Zweige zerbrachen, und er fiel ...

Natürlich direkt auf mich. Ich hatte irgendwie nicht einmal damit gerechnet, dass ich ihn auffangen würde. Aber ich tat es. Wann war ich nur so schrecklich sozial geworden? Immer macht er nur Ärger ...

Sein Schwung riss mich mit, so dass ich ins Taumeln geriet und zurückstolperte. Joey quietschte und klammerte sich an mir fest. Wir waren ein einziges Gewirr aus Armen und Beinen, als wir schließlich auf dem Boden landeten, seine Arme in meinem Nacken. Der Aufprall raubte mir sekundenlang den Atem.
 

Wir lagen im Gras. Der blaue Himmel drehte sich über uns und ich spürte sein warmes, lebendiges Gewicht auf meiner Brust. Sein Herz hämmerte. Sämtliche Luft war aus meiner Lunge gewichen und sekundenlang war ich damit beschäftigt hastig einzuatmen.

Ich dachte an die ganze Arbeit, die ich seinetwegen nicht geschafft hatte ... und an die viele Zeit und Nerven, die er mich gekostet hatte ... und in wie viele Peinlichkeiten ich mich seinetwegen gestürzt hatte ... und dass jetzt mit Sicherheit Hundesabber an meiner Tastatur klebte ... und an die Milchtüte mit seinem Photo darauf ...
 

Ein Leben ohne Joey Wheeler wäre ohne Zweifel sehr, sehr ... ruhig.
 

"Whoa ...", hauchte er atemlos. Er lag direkt auf mir, so dass ich spüren konnte, wie heftig sein Brustkorb sich hob und senkte. Widerspenstige Haarsträhnen streiften mein Gesicht, als er langsam den Kopf hob. "... Kaiba ..."
 

Er war dermaßen unorganisiert. Laut. Aufdringlich. Nervig. Überflüssig. Chaotisch. Planlos. Er besaß einen Hund, der meinen Namen trug.
 

"Ich lebe noch!!" Sein Gesicht war direkt über meinem und seine Augen in beinah komischer Art und Weise aufgerissen.
 

"Das würde ich annehmen", erwiderte ich, ohne den Kopf zu heben. "Da es deiner großen Klappe offenbar nicht geschadet hat."
 

"Oh Gott, was ist mit dir? Bist du verletzt?" Ein kurzer, flüchtiger Ausdruck von nahezu Panik machte sich auf seinem Gesicht breit, vielleicht weil ich so reglos unter ihm lag. "Tut mir leid, das wollte ich wirklich ni- ...!"
 

"Pfoten weg!"
 

Seine Hände, welche bereits auf bestem Wege gewesen waren, meinen Körper auf Verletzungen zu untersuchen, hielten mitten in der Bewegung inne. Ich funkelte ihn an und er sah zurück. Leider war mir irgendwie entfallen, dass mein Blick bei Wheeler in den meisten Fällen nicht die geringste Wirkung zeigte.
 

"Hey, Kaiba ...", sagte er leise.
 

"Fass mich an und du stirbst."
 

Er grinste. "Also, weißt du ... das wird mit jeder leeren Drohung unglaubwürdiger ..."

Bevor ich ihn davon abhalten konnte, verlagerte er sein Gewicht auf mir und schob sich ein wenig nach oben. Er streckte eine Hand aus. Ich konnte seine Finger spüren, die durch meine Haare fuhren und zuckte gegen meinen Willen zusammen. Behutsam entfernte er ein kleines Ästchen, welches sich in meinem Pony verfangen hatte. "Es ist echt nett, dass du gekommen bist, Alter ...", sagte er leise und wie beiläufig. "Ich meine, ich hatte schon Angst, dass ich da oben übernachten müsste."
 

"Wuff wuff!" Ohne Gnade schob sich eine schwarze, haarige Schnauze zwischen uns und es wurde kurz und liebevoll über Joeys Gesicht geschleckt. Wer jemals eine Hundeschnauze aus nächster Nähe und von unten gesehen hat, wird mir sicher zustimmen, dass es kein schöner Anblick ist.
 

"Ist Seto nicht ein toller Hund?" Seine Augen leuchteten und er begann über das schwarze Fell zu streicheln. "Ich fasse es nicht, dass er mich ganz alleine wieder gefunden hat, obwohl er noch so klein ist! Er ist ja so klug - er ist ein Genie!"
 

Ich beschloss, dass jetzt nicht der geeignete Augenblick war, um die Geschichte mit dem Laptop zu erwähnen. Vielleicht später. Oder ... nie.
 

Ich räusperte mich. "Ich will eure Wiedersehensfreude ja nicht stören, aber ..."
 

"Ja?"
 

"Du liegst auf mir."
 

"Oh ..."
 

"..."
 

"..."
 

"Das ist der geeignete Zeitpunkt um von mir herunterzugehen. Ich meine ... jetzt!"
 

"Oh ... ach ja ...!" Hastig erhob er sich und rutschte zur Seite, während ich mich vorsichtig aufrichtete. Das schwarze Fellknäuel sprang wie auf Kommando auf seinen Schoß und machte Männchen, wobei es die Pfoten auf seine Brust stützte. Er wedelte so sehr, dass Joey ihn mit beiden Händen festhalten musste, damit er nicht hinunterfiel.
 

"Ich hab dich auch vermisst, Seto ...", murmelte er rührselig.

Ich betrachtete mit Missfallen die zahlreichen Grasflecken auf meinem Mantel und versuchte nicht dabei zuzusehen, wie Joey seinen Köter abknutschte. Es gab Dinge, wo nicht einmal ich hinsehen konnte.
 

"Ich fass es nicht - wir leben beide noch!" hörte ich ihn murmeln. Innerlich konnte ich ihm nur zustimmen.
 

"Kaiba?" Gegen meinen Willen sah ich auf. Schmutzstreifen zierten sein Gesicht, seine Kleidung war mehr als mitgenommen und seine Arme waren übersäht mit Kratzer und Schrammen. Seinen Zustand als chaotisch zu beschreiben wäre eine Untertreibung gewesen. Trotzdem breitete sich langsam aber sicher ein gigantisches Strahlen in seinem Gesicht aus und seine Augen leuchteten. "Danke ...", fügte er etwas leiser hinzu.
 

"Denk bloß nicht, dass ich dich freiwillig aufgefangen hätte. Ich stand nur zufällig im Weg", sagte ich irritiert.
 

"Nein, ich meine ... danke." Er hatte den Kopf leicht gesenkt und blickte durch zerzauste Haarsträhnen zu mir hoch.
 

"Wovon redest du?"
 

"Na ja ..." er lächelte. "Du bist hier, nicht wahr?"
 

Ich hatte vergessen, dass ich ihn nie wieder sehen wollte.

Verdammter Park. Verdammter Wheeler. Und vor allem anderen - verdammter Köter!
 


 

Fortsetzung?

Lasst es mich wissen. ^-^

Das Subjekt ist suspekt

Challenge: Teilchenbewegung

Vorwort: Oh wow ... diese FF lebt ja auch noch. *hust* Wurde massiv inspiriert für YGO und musste das hier sofort runterschreiben. ;) Kein Beta und nichts.
 

„… und dann hat Seto nach ihm gebissen! Also, eigentlich nur geschnappt, ich glaube nicht, dass er so etwas Ekelhaftes wie diesen Kerle wirklich beißen wollte … ich meine, ich hätte ihn nicht beißen wollen. Ist er nicht furchtbar mutig? Er hatte überhaupt keine Angst! Vergesst nicht Leute, der Typ war mindestens 1,90 m oder zwei Meter … der war größer als Kaiba! Und er hatte Haare auf den Armen, wie ein Gorilla! Er war ja so was von sauer auf mich. Also ohne Seto dürftet ihr mich jetzt im Krankenhaus besuchen kommen, ganz ehrlich …“
 

Joey gehörte zu den Menschen, die absolut nicht stillstehen konnten, wenn sie etwas erzählen. Er wedelte mit den Armen und seine weizenblonden Haare flogen, als er den Kopf zurückwarf. Seine Augen vergrößerten sich an den dramatischen Stellen und sein lachender, plappernder Mund war praktisch ununterbrochen in Bewegung.

Ihm zuzusehen, war wie eine One-Man-Show zu erleben, während er abwechselnd sich selbst, den lächerlichen Köter und den ‚Kerl mit den Gorillaarmen’ darstellte – wobei er ohne Zweifel gnadenlos übertrieb. Unbewusst zog er dabei die Aufmerksamkeit aller Anderen auf sich. Ich sah, wie viele Schüler auf dem Schulhof stehen blieben, ihm ganz offen einen kurzen, unwillkürlichen Blick zuwarfen und begannen breit zu grinsen. Man konnte ihn einfach nicht übersehen, und noch weniger überhören.
 

Sogar ich sah ihm zu.

Hätte ich es nicht besser gewusst, wäre ich mir vorgekommen, wie ein Stalker. Aber in diesem Fall sah mich eher als einen Wissenschaftler, der einen neuen und äußerst seltsamen Organismus unter dem Elektronenmikroskop betrachtete. Zugegeben, der Schulhof war nicht grade ein Elektronenmikroskop, das hier war mehr … ‚ein Joey in seinem natürlichen Lebensraum’.

Oder so.
 

Mein Interesse an der Spezies Joey Wheeler war selbstverständlich rein wissenschaftlicher Natur. Es galt Fragen zu erklären – und zwar einige. Ich hatte das gesamte Wochenende Zeit gehabt um darüber nachzudenken, und mir war klar geworden, dass ganz entschieden etwas im Busch war, was ich nicht länger ignorieren konnte.
 

Spätestens als ich diesen Samstag drei vollkommen überflüssige Stunden lang im Park verbracht hatte und der Verlierer einfach nicht aufgetaucht war, wurde mir klar, dass sein seltsames Verhalten langsam begann meinen Verstand zu beeinträchtigen. Ich war noch nie freiwillig im Park gewesen …

Ich konnte das nicht länger hinnehmen!

Deswegen wurde es jetzt Zeit herauszufinden, was für einen hinterhältigen, heimtückischen Plan dieser billige Abklatsch eines drittklassigen Duellanten verfolgte und dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben.
 

„… sorry Leute, heute kann ich nicht mitkommen.“ Joey hob die Schultern in einer bedauernden Bewegung und sein Blick war auf den Zwerg Muto gesenkt. „Ich muss echt dringend für Mathe lernen und außerdem diesen dämlichen Aufsatz schreiben, den wir morgen abgeben müssen …“
 

„Sag bloß den hast du immer noch nicht geschrieben?“ Tea sah ihn strafend an. „Wieso hast du das nicht am Wochenende gemacht? Wo hast du überhaupt die ganze Zeit gesteckt - ich habe pausenlos versucht dich anzurufen.“
 

Verlegen fuhr Wheeler sich mit einer Hand über den Hinterkopf. Seine Haare dankten es ihm, indem sie nachher um wenigstens 40% Prozent chaotischer aussahen, als vorher. „Ich musste doch das ganze Wochenende arbeiten. Ich hatte echt für gar nichts Zeit. Ich bin sogar nachts mit Seto Gassi gegangen …“
 

Mit Seto … Gassi gegangen …

Das war einer dieser Sätze, bei denen ich unwillkürlich zusammenzuckte und sich mir sämtliche Nackenhaare aufstellten. Das war einfach so durch und durch falsch!

ER war hier der Hund, nicht ich! Ein Hund, der einen anderen Hund Gassi führt. Wie ungemein passend. Langsam fragte ich mich, ob diesem Spatzenhirn überhaupt diese Art von heimtückischen, perfiden Plan zuzutrauen war, die ich ihm grade unterstellte. Auch wenn einiges dafür sprach …
 

Die Fakten?

Erstens: Joey (im folgenden ‚das Subjekt‘) hatte mir letzte Woche an meinem Spind aufgelauert. Bedenklich war neben der Tatsache, dass das Subjekt überhaupt wusste, wo mein Spind sich befand, viel eher, dass die letzte Stunde dieses Versagers meinen Informationen entsprechend ausgefallen war.

Das Subjekt hatte also eine geschlagene Stunde länger in der Schule zugebracht als notwendig, nur um auf mich zu warten. Dieses Verhalten fiel nicht einmal mehr unter ‚ungewöhnlich’ – das fiel unter ‚äußerst suspekt’!

Zweitens: Das Subjekt hatte offensichtlich einen hinterhältigen Plan, welcher beinhaltete, dass ich mich im Park aufhielt. Anders war es nicht zu erklären, dass der Idiot sich ständig diese Mühe machte mich dorthin zu bekommen.

Drittens: Das Subjekt hatte in letzter Zeit verstärkt versucht verbalen Kontakt zu mir aufzunehmen, und auch wenn seine Kommunikationsfähigkeit sich hauptsächlich auf Knurren und Jaulen beschränkte, wurde er langsam so aufdringlich, dass es beinah unmöglich war ihn zu ignorieren.

Vierter und wichtigster Fakt: Das Subjekt besaß einen Hund, der auf meinen Namen hörte!

(Okay, ob das Vieh auf irgendwas hörte, war mir nicht bekannt. Aber Whee- das Subjekt nannte ihn ‚Seto‘. In der Öffentlichkeit.)
 

Mir war klar, dass mir das alles zusammengenommen irgendetwas sagen sollte … ich wusste nur nicht was. Es war wie eine mathematische Gleichung, zu deren Lösung mir nur noch eine einzige Zahl fehlte. Und ich hasste unaufgelöste Gleichungen.
 

„Wir sehen uns heute Abend, Leute!“ Joey hatte eine Hand in die Hosentasche geschoben, seinen Rucksack hing lässig über einer Schulter und winkte dem Kindergartenverein mit einigem Bedauern hinterher. Dann drehte er sich um.
 

Abwartend betrachtete ich ihn. Wheeler – mein neustes Forschungsprojekt. Die Gleichung, die keinen Sinn ergab. Das eine Teilchen, das die gesamte Bewegung durcheinander brachte.

Zu meiner Überraschung hob er den Kopf, blickte genau in meine Richtung und setzte sich in Bewegung. Das Teilchen diffundierte weg von seiner Gruppe, dachte ich spöttisch.

Direkt darauf zuckte ich überrascht zurück. Joey lief so zielsicher auf mich zu, als hätte er die ganze Zeit gewusst, dass ich da war und mich über ihn ärgerte.
 

„Hey Kaiba!“ Er blieb direkt vor mir stehen.
 

Ich hob verärgert eine Augenbraue. Wie konnte er eigentlich wagen so vertraulich mit mir zu reden, als seien wir Freunde, oder etwas ähnlich Lächerliches. Knie nieder, du Wicht!
 

„Wartest du auch auf jemanden?“ fragte er gut gelaunt.
 

„Sieht so aus.“ Misstrauisch sah ich ihn an. Mich konnte er mit diesem billigen Smalltalk nicht hinters Licht führen. Das war alles Teil seines hinterhältigen Plans, um … um … keine Ahnung wozu, aber es war definitiv irgendein perfider, heimtückischer Plan, um mich fertig zu machen und aus dem Konzept zu bringen.

Das kannst du vergessen, Joey!
 

„Auf deine Limousine?“
 

„Was geht es dich an?“
 

„Hm - Interesse am Leben meiner Mitmenschen?“ Er legte den Kopf schief.
 

Ich schnaubte. „Wheeler - bezeichne uns nicht als Mitmenschen. Das könnte die Illusion aufkommen lassen, wir befänden uns auf derselben Entwicklungsstufe oder hätten sonst irgendetwas gemeinsam.“
 

Aus unerfindlichen Gründen, fühlte ich mich ertappt.

Interesse am Leben meiner Mitmenschen – hah!

Dabei war es ja nicht, als ob ich mit einem Fernglas hinter der nächsten Ecke auf ihn gelauert hätte. Was wusste Joey schon von wissenschaftlicher Forschung? Genauso viel wie eine Zelle unter dem Mikroskop. Nämlich nichts.
 

Ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass ich offensichtlich nicht bereit war mit ihm zu sprechen, pustete er eine Wolke blonder Haare aus dem Gesicht und blickte mich interessiert an.

„Willst du gar nicht wissen, auf wen ich warte?“ fragte er schließlich.
 

„Lass mich nachdenken – nein?“
 

„Aber ich könnte ein Date mir einer superscharfen Braut haben“, gab er zu bedenken.
 

Unwillkürlich schossen meine Augenbrauen nach oben und ich ließ einen langen, spöttischen Blick an ihm hinab wandern. Das war ja nun wirklich höchst unwahrscheinlich. „Du klingst erstaunlicherweise so, als müsste mich das interessieren, Wheeler.“
 

„Na ja, ich habe ja keins. Natürlich könnte ich eins haben!“
 

„Ja sicher.“
 

„Ich warte auf meine Schwester. Und auf Seto“, erklärte er ungefragt.

Ich zuckte zusammen und spürte wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Meine Zähne knirschten unerfreut übereinander.

Dieser Name. Ich würde mich nie daran gewöhnen, dass ausgerechnet Joey Wheeler meinen Namen dermaßen leichtfertig und persönlich in den Mund nahm. Grrr.

Und dann dieser verdammte Köter.
 

Ungeduldig blickte ich auf meine Uhr. Wo zum Teufel blieb Roland? Ich musste hier weg, bevor dieses sabbernde, tollpatschige Fellknäuel hier auftauchte, das meinen Namen trug. Damit ich nicht noch einmal eins dieser Übelkeit induzierenden Wiedersehen miterleben musste, in denen Joey das dumme Vieh knuddelte und wuddelte, an seine Brust drückte und inflationär mit lächerlichen, infantilen Kosenamen überschüttete.

Allein der Gedanke ließ mich schaudern.
 

„Serenity hat auf ihn aufgepasst“, fuhr Joey fort, als ob mich das interessieren würde. „Und er auf sie. Ich versuche ihn nämlich zu einem Wachhund zu erziehen, wie ein Ninjahund. Das wäre so cool! Dann kann er auf sie aufpassen, wenn sie allein durch die Stadt läuft. Da sind so viele miese Ecken und ich …“
 

„Danke für die überflüssige Information“, unterbrach ich ihn. Hrgh. Wer auch immer Wheeler beigebracht hatte Buchstaben aneinanderreihen und so viele unwichtige Wörter in einer Reihe zu produzieren, hatte der Welt keinen Dienst erwiesen.
 

Natürlich ignorierte Joey weiterhin eiskalt, dass ich nicht mit ihm reden wollte, während er auf penetrante, unerfreuliche heitere Art und Weise auf den Fußballen auf und ab wippte. „Hey, die anderen und ich gehen heute Abend in den Park! Hast du nicht auch Lust?“
 

Da! Punkt zwei!

Das Subjekt verfolgte offensichtlich das Ziel, dass ich mich im Park aufhielt.

Finster starrte ich ihn an.

Was hatte Wheeler vor? Was war sein perfider Plan? Dachte er, ich durchschaue ihn nicht?

Pah.
 

„Vergiss es“, erwiderte ich kühl und wandte mich ab. Wo war Roland? Wo war meine Limousine? Was war das für ein Service? Wozu bezahlte ich eigentlich meine horrenden Gehälter?
 

„Aber Sonne würde dir gut tun! Das würde deine miese Laune erheblich verbessern.“
 

„Wenn du aufhören würdest, mich zu verfolgen, würde das meine Laune auch erheblich verbessern“, zischte ich. „Lauf mir nicht nach.“
 

„Ich lauf dir nicht nach“, flötete er. „Wir haben nur zufällig dieselbe Richtung.“
 

Ruckartig blieb ich stehen und fuhr zu ihm herum. Unwirsch packte ich am Kragen seiner Jacke, zerrte ihn zu mir und blickte bedrohlich auf ihn hinab. „Dann geh in eine andere Richtung!“
 

Unbeeindruckt blinzelte er zu mir hoch. Irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass er mich nicht mehr so einschüchternd fand wie früher. Ich hatte nur leider keine Ahnung wie und wann das passiert war. Vielleicht hatte es etwas mit diesem räudigen Köter zu tun.
 

„Aber … du wartest. Ich warte. Wir können doch zusammen warten!“, sprudelte er hervor.
 

„Ich würde nicht mal mit dir zusammen …“ Mir fiel überhaupt nichts ein, was stark genug war, um meine Ablehnung auszudrücken. „Wieso?“ fauchte ich schließlich und schüttelte ihn.
 

„Wieso was?“
 

Wieso bist du so penetrant und schrecklich?

Wieso liegt dir was daran, dass ich sinnlos im Park herumsitze, wenn ich so viel zu tun habe?

Wieso hast du so viele Haare und wieso schaffst du es nie, sie ordentlich zu kämmen?

Wieso nennst du deine schreckliche, sabbernde Töle nach mir?

Wieso …
 

„Wieso bist du noch aufdringlicher und nerviger als sonst, wenn es warm ist?“ fauchte ich schließlich. „Liegt es an der Sonne? Schadet die Hitze deinen wenigen Gehirnzellen?“
 

„Huh?“ Sekundenlang sah er überrascht aus. Dann schien er ernsthaft nachzudenken.

„Keine Ahnung“, erwiderte er schließlich ehrlich. „Vielleicht ist es so wie wir in Chemie gelernt haben?“
 

Unwillig ließ ich ihn los und starrte ihn an. „Wovon zum Teufel redest du?“
 

Joey zuckte mit den Schultern und schulterte erneut seinen Schulrucksack, der während unserer Konfrontation nach unten gerutscht war. „Sorry, ich muss weg“, stellte er fest und drehte sich um. Er klang beinah entschuldigend. „Da hinten ist Serenity.“ Er winkte heftig. „Und Seto!“

Von irgendwo wurde gebellt.
 

Oh Gott. Ich stöhnte innerlich.

Der Köter. Das Hundebaby. Die räudige Ansammlung aus Pfoten, Sabber und Knopfaugen.

Ich konnte gar nicht hinsehen. Alles nur das nicht.

Das Vieh machte mich fertig.
 

„Chemie?“ rief ich ihm mit zusammengebissenen Zähnen nach, obwohl ich es gar nicht wirklich wissen wollte.
 

„Sehen wir uns nachher im Park?“ fragte er ohne sich umzudrehen.
 

„Nie im Leben!“, fauchte ich. „Was ist mit Chemie?“
 

Joey blieb noch einmal stehen und drehte sich zu mir um. „Also, ich hab das nicht so kapiert“, gab er zu und kratzte sich verplant am Hinterkopf. „Aber die Teilchen bewegen sich doch auch immer mehr, je wärmer es ist, oder?“

Er grinste breit, bevor er winkte und mich stehen ließ.
 

Ich starrte ihm ungläubig nach.
 

Teil 6 folgt ... morgen oder so. Bald.

Eis und trotzdem heiß

Charaktere: Kaiba, Joey, Mokuba, Tea und der Rest Gang

Challenge: "Hunde, die bellen, beißen nicht"

Warnungen: Dialoglastig (wie immer bei mir ...)
 

Vorwort: Ich habe grade wieder irrsinnig viel Spaß an den beiden. ^___^ Weitere Updates also nicht auszuschließen in näherer Zukunft. Vielen lieben Dank an alle Kommentarschreiber! Ich liebe euch! (Wer über neue Kapitel benachrichtigt werden möchte, darf es mich gerne wissen lassen. =) ) Ansonsten: Viel Spaß!
 


 

Es war früher Abend und ich saß auf einer Bank im Park.

Und das hatte absolut nicht das Geringste mit dem verplanten Teilchen Joey Wheeler zu tun.
 

Ganz im Gegenteil. Das war alles ein Teil meines ausgeklügelten, perfiden Gegenschlages.

Den ich mir noch nicht ausgedacht hatte.

Aber mein Plan war definitiv besser als der von Wheeler. So viel stand fest. Mein Plan würde Wheelers lächerlichen Plan am Boden zermalmen.
 

„Wir sind im Park!“ stellte Mokuba fest.

Er stand vor mir mitten und trug eine lächerliche Sonnenbrille, die ihm viel zu groß war, aber bewirkte, dass er sich fühlte wie der Pate.

Roland hielt sich dezent im Hintergrund und hatte ein Auge auf ihn. Er sah in seinem steifen, grauen Anzug ein bisschen deplatziert aus unter den spielenden Kindern, aber auch sehr kompetent und bedrohlich. Sehr gut. So musste das sein.
 

Ich nickte steif, nicht begeistert darüber, dass er mich daran erinnern musste. Darauf dass es so weit gekommen war, war ich nicht grade stolz.
 

„Das ist toll!“ Mokuba strahlte mich erfreut an, bevor er fragend den Kopf schieflegte. „Warum sind wir im Park? Du bist nie im Park!“
 

„Strategische Gründe.“
 

Mokuba hob zweifelnd die Augenbrauen.
 

„Das verstehst du, wenn du älter bist“, erwiderte ich. Auch wenn ich es bezweifelte.
 

Es gab nichts zu verstehen. Ich bin sicher, nicht einmal Atomphysiker, Philosophen und Psychologen wären je zu keiner befriedigenden Erklärung über Wheeler und mich gekommen.

Vielleicht war das der Grund, wieso ich so angespannt hier saß, als ob ich jeden Augenblick mit einem Angriff rechnete. In gewisser Weise tat ich das. Wheelers Verhalten entbehrte ja immer jeglicher Logik, Sinnhaftigkeit oder Vorhersagbarkeit. Was ihn umso lästiger machte.
 

Mokuba kam nicht mehr zum Antworten (was möglicherweise ein Glück war, mein Bruder hatte die Angewohnheit, in den unpassendsten Augenblicken unangenehme Wahrheiten auszusprechen, die man nicht hören wollte), denn genau in diesem Augenblick kullerte ein Ball vor seine Füße. Alles in mir spannte sich an.

Da war sie ja. Die gesammelte Versagertruppe. Mit Wheeler als ihrem ungekrönten König.
 

„Entschuldigung, es war keine Absicht!“, flötete eine schuldbewusste und viel zu gut gelaunte Stimme. „Der Ball ist mir entw-… oh hallo, Kaiba! Mokuba!“
 

„Yugi!“ rief Mokuba erfreut.
 

„Mutou“, nahm ich zur Kenntnis und warf einen beiläufigen Blick an dem kleinen Spielezwerg vorbei.

Hinter ihm versammelten sich keuchend Taylor, Gardner und die Töle. Nein, nicht Wheeler. Die kleine schwarze Töle, die unverschämterweise meinen Namen trug.

Von Wheeler war weit und breit nichts zu sehen.

Unerfreut runzelte ich die Stirn.
 

Das durfte doch nicht wahr sein. Was erdreistete der sich hier nicht aufzutauchen? Schon wieder! Ich spürte wie meine Augen schmal wurden.
 

Sein lebenslanger Job mich zu Tode nerven, wurde allerdings sofort nahtlos von jemand anderem übernommen. Der kleine, schwarze Flohzirkus tapste zielsicher auf mich zu und bellte. Nicht einmal das bekam er richtig hin. Er klang quietschig wie eine kleine Gummiente. Ich starrte es finster an. Die Ausmaße an Unfähigkeit, die das kleine Vieh zeigte, waren einfach nur schockierend.
 

„Der ist ja süß! Wem gehört der Kleine?“ fragte Mokuba angetan und kniete sich vor ihm ins Gras.
 

Ich stöhnte innerlich und biss die Zähne zusammen, weil ich schon ahnte, was gleich kommen würde.

„Was denn? Hat dein Bruder dir das nicht erzählt?“ Gardner klang belustigt. Das Weibsstück hatte vielleicht Nerven. „Das ist Joeys Hund. Er heißt …“
 

„Das tut nichts zur Sache“, unterbrach ich sie eisig.
 

„Es interessiert mich aber“, erwiderte Mokuba unangemessen neugierig.
 

„Nein, das interessiert dich nicht“, befahl ich. „Setz dich hin. Mach … was man im Park macht. Nur leise. Und geh weg von dem Kläffer, der hat vermutlich Tollwut. Und Flöhe.“
 

„Aber Seto …“ Mokuba schob schmollend die Unterlippe vor.
 

Das kleine Vieh fiepte beleidigt und legte die Ohren an. Danach stolperte es bei dem Versuch sich umzudrehen über einen Grashalm. Großer Gott. Wie dumm konnte man eigentlich noch sein?

Ich presste zwei Fingerspitzen an meine Nasenwurzel und atmete tief aus. Das konnte ja heiter werden. Meine Laune sank grade proportional mit den steigenden Temperaturen.
 

„Ey Leute, da seid ihr ja! Wieso verschwindet ihr denn einfach so? Nimmt mir mal jemand was ab? Nicht das, Tea. Das ist mit Nüssen. Hier Yugi, dein … Hey, Kaiba!“ Wheeler klang unangemessen begeistert. „Du bist ja doch gekommen!“
 

„Strategische Gründe“, antwortete Mokuba an meiner Stelle. Er lächelte süffisant hinter seiner riesigen Sonnenbrille.
 

„Ach, echt?“ Wheeler blinzelte überrascht. Er hatte die Ärmel seines schreiend bunten T-Shirts nach oben gerollt und eine Sonnenbrille baumelte an seinem Kragen.
 

Ich biss die Zähne zusammen. „Davon verstehst du nichts, Wheeler. Du würdest eine anständige Strategie nicht mal verstehen, wenn man ihr Fähnchen in die Hand drückt und sie dir was vortanzt.“
 

„Das ist aber jetzt echt doof“, faselte Joey und kratzte sich am Hinterkopf. „Jetzt hab ich gar kein Eis für euch dabei.“
 

„Ich werde mich sofort von einer Brücke stürzen müssen“, gab ich kühl zurück.

Eis? Was interessierte mich Eis? Ich hatte andere Probleme. Zum Beispiel Wheelers perfiden Plan am Boden zermalmen. Nachdem ich seinen perfiden Plan durchschaut hatte. Ich verschränkte die Arme und betrachtete ihn herablassend.
 

Joey grinste und leckte einmal großzügig quer über ein riesiges Schokoladeneis. Seine weißen Zähne blitzten auf. „Deinen Sarkasmus kannst du stecken lassen, Kaiba! Der geht mir total am Arsch vorbei.“
 

„Ach ja?“ Ich hob eine Augenbraue. „Bist du neuerdings unter die Buddhisten gegangen? Muss man dafür keinen minimalen Intelligenzquotienten erfüllen? Den von Amöben zum Beispiel?“
 

„Ehrlich, ich bin total entspannt. Du kannst zu mir sagen, was du willst.“
 

„Das implizierst, dass ich dir etwas zu sagen hätte, Wheeler. Keine Ahnung, wie du dieser tragischen Fehleinschätzung verfallen bist.“
 

„Ja, gib‘s mir. Immer draufhauen. Das juckt mich überhaupt nicht. La la la …“
 

„Ist es möglich, dass die viele Sonne dein ohnehin schon zu klein geratenes Hundehirn eingeschmolzen hat? Du wirkst heute noch debiler als sonst.“
 

„Hey! Du musst es auch nicht übertreiben! I’m walking on sunshine …!
 

„Weißt du Wheeler, wenn du noch eine Entwicklungsstufe zurückfällst, wirst du bald anfangen zu sabbern.“
 

„Grrr,Kaiba! Und wenn du noch gemeiner wirst, dann … dann …“ Er fuchtelte wild mit den Armen und verteilte dabei das halbe Eis auf dem Rasen. Ein einzelner Tropfen lief langsam über seine Hand.
 

Ich verzog einen Mundwinkel zu einem herablassenden Grinsen. „Gehen dir etwa die intelligenten Antworten aus? Wie wenig überraschend.“
 

„Boah! Und da wundert es dich noch, dass dir kein Mensch Eis mitbringt? Weil du so einen miesen Charakter hast, deswegen! Nicht mal Mutter Theresa würde DIR …“
 

Ich bekam nicht mehr mit was Mutter Theresa mir nicht würde (vermutlich ein Eis spendieren), denn die außergewöhnliche Stille um uns herum lenkte mich kurzfristig ab.

Überrascht wandte ich den Kopf.
 

Mokubas Blick flog so gespannt zwischen Wheeler und mir hin und her als verfolge er Tennisspiel.

Auch der Rest der Kindergartentruppe leckte schweigend und andächtig an ihrem Eis und starrte uns an, als wären wir das faszinierendste was sie je gesehen hatten. Ungezogene Primaten. Ich warf ihnen einen allen einen kühlen Blick zu.

Was gab es denn hier zu gucken?
 

„Du kannst mich mal kreuzweise“, knurrte Wheeler und zeigte mit seinem sicher ungewaschenen Finger auf mich. „Und vorwärts und rückwärts und mit Sahne.“
 

„Danke, aber ich verzichte“, erwiderte ich spöttisch. „Trotz der Sahne.“
 

Das kleine Miniaturwollknäuel zu seinen Füßen kläffte anklagend in meine Richtung, als hätte ich es persönlich angegriffen. Dabei war seine gesamte Existenz eine einzige Beleidigung. An mich.
 

„Ich weiß“, antwortete Wheeler und nickte. „Er ist ein gemeiner, fieser Bastard. Wir haben ihn nicht nötig.“ Und dann sagte er das unverzeihliche: „Lass uns einfach gehen, Seto.“

Völlig entspannt leckte er den Tropfen Eis von seiner Hand und streckte dem Fellknäuel seine Waffel entgegen, damit der ihm nachlief.

Ich war kurz davor, ihn zu erschlagen.
 

Seto?!“, japste Mokuba.

Gardner kicherte. Mutou und Taylor sahen so aus als hätten sie noch etwas Spannenderes gesehen als die Gänseblümchen zu ihren Füßen.
 

Meine Augenbrauen zuckten und ich spürte, wie die kleine Ader an meiner linken Schläfe begann heftig zu pochen.
 

„Er heißt … heißt er wirklich…?“ Mokuba lacht. Er klang fragend, neugierig und hochgradig amüsiert, alles zusammen, und ich wollte seinen Gedankengang gar nicht zu Ende hören.
 

„Roland“, befahl ich scharf und schnippte mit dem Finger. „Kaufen sie Mokuba ein Eis. Ein großes. Sofort!“
 

„Natürlich, Mr. Kaiba.“ Er nickte höflich. Wenigstens auf Roland konnte man sich noch verlassen. „Master Mokuba, wenn ich bitten darf …“
 

„Aber …! Hast du das eben nicht gehört, Roland?“
 

„Ich habe rein gar nichts gehört, Master Mokuba.“
 

Zum Wohl meiner geistigen Gesundheit entfernten sie sich zügig und verhältnismäßig leise.
 

Ich warf Mutou und Taylor einen eiskalten Blick zu.

„Ich schlage vor, dass ihr euren primitiven Vergnügungen wo anders nachgeht. Und zwar so weit weg wie möglich. Jede Sekunde, in denen ich euch zusehen muss, kann ich spüren wie mein IQ sinkt.“
 

„Aber Kaiba, wir wollten nur …“ Mutou hob beschwichtigend die Hände, während Taylor grummelnd die Fäuste ballte. Klugerweise hielt er den Mund.
 

„Schon gut, Jungs. Regt euch nicht auf. Die nächste Runde Eis geht auf mich“, sagte Gardner in dem Moment und zwinkerte in Mutous Richtung. Der Spielezwerg wurde rot wie eine Leuchtreklame und hauchte: „Okay, Tea.“

Mir wurde gleich schlecht.
 

„Geht ruhig schon mal vor. Ich komme gleich nach“, flötete sie und ließ sich unverschämterweise direkt neben mir auf der Bank nieder.

Ich ignorierte sie.
 

Leider konnte ich die kleine Gardner nicht von Roland verprügeln lassen. Das wäre schlechte Publicity gewesen.
 

„Weißt du, Kaiba …“, sagte sie plötzlich. Ihre Stimme klang ein wenig gedämpft, weil sie grade den letzten Rest ihrer Waffel zerkaute. „Es gibt Leute, die behaupten, du seist irgendwie intelligent.“
 

Hätte mich ihre Meinung interessiert, wäre ich beinah beleidigt gewesen.

Ich war nicht irgendwie intelligent. Ich war brillant.

Und ich musste das nicht erst von irgendwelchen unterentwickelten Menschenaffen bestätigt bekommen, um das zu wissen.
 

„Worauf willst du hinaus?“ fragte ich kühl.
 

Wie automatisch wanderte ihr Blick nach drüben, wo Joey in einigen Metern Entfernung mit der kleinen Töle herumtollte. Er wälzte sich im Gras, lachte ununterbrochen wie ein Verrückter und der kleine Miniaturkläffer hüpfte wie wild um ihn herum und schleckte ihm über das Gesicht … und beide sahen aus, als hätten sie einen Sockenschuss. Oder zu lange in der Sonne gesessen.

Tragisch, zu sehen wie ein Mensch sich so hemmungslos lächerlich machte.
 

„Das macht dich fertig, oder?“ fragte Gardner versonnen und ohne meine Frage zu beantworten.
 

Ich biss die Zähne zusammen und schwieg. Was hätte ich auch dazu sagen sollen?
 

„Das versteh ich nicht ganz“, fuhr sie fort und stützte das Kinn verträumt in eine Handfläche, während sie weiter ihrem dämlichen Freund dabei zusah wie er sich in der Öffentlichkeit lächerlich machte. „Ich weiß, du hältst die ganze Angelegenheit für Joeys persönliche Rache für alles, was du ihm je angetan hast. Dabei weißt du doch wie man sagt. ‚Hunde die bellen beißen nicht‘“, zitierte sie.
 

„Überraschend, aber du machst noch weniger Sinn als dein halluzinierender, kleiner Freund mit der Palme auf dem Kopf“, gab ich bissig zurück. Wieso zum Teufel saß sie hier und warf mit hirnrissigen Floskeln um sich, die nicht einmal stimmten – weder wortwörtlich, noch im übertragenen Sinne?
 

Sie wandte den Kopf zu mir und lächelte süß. „Was ich meinte war … Joey bellt zwar eine Menge, aber er würde dich niemals beißen. Außer natürlich du bittest ihn darum.“
 

Beißen. Joey. Mich.

Allein diese drei Worte in einem Satz zu haben, in Verbindung mit Gardners zuckersüßem, debilen Grinsen verursachte bei mir aus unerfindlichen Gründen einen kurzfristigen Kurzschluss.
 

„Gardner.“
 

„Ja?“
 

„Bevor du mit diesen unangemessenen, unpassenden und unappetitlichen Andeutungen fortfährst, solltest du wissen, dass ich meine Rechtsabteilung ganz wild auf sexuelle Belästigung ist und dich liebend gerne in Grund und Boden verklagen wird. Jederzeit.“
 

Sie lachte. Es klang völlig unbeeindruckt, als traute sie mir das nicht zu.

Wann hatten der Idiotenverein eigentlich aufgehört Angst vor mir zu haben?
 

„Ach Kaiba …“ Seufzend schüttelte sie den Kopf. „Du verstehst einfach nicht worum es geht.“

Sie legte den Kopf schief und blickte erneut hinüber zu Joey und der Töle. Wheeler schien grade zu versuchen, dem dummen Tier beizubringen Walzer zu tanzen oder Pfötchen zu geben oder irgendetwas ähnlich Hirnloses. Das Vieh bellte und wedelte wie wild mit dem Schwanz, während es kreuz und quer über den Rasen purzelte, und Joey lachte und überschüttete ihn inflationär mit infantilen Kosenamen.

„… so ein lieber Hund …“

„… sehr gut, Seto …“

„Weiter so, du hast es gleich geschafft!“

„Na, wer ist mein Lieblingshund?“

„Gib Pfötchen …“

„Nein, das kannst du nicht essen!“

„… lieber Seto …“

„… braver Seto …“

Es war kaum zu ertragen.
 

„Mir ist durchaus klar, worum es hier geht“, stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor.

Natürlich war mir das klar.

Das war mir von der ersten Sekunde an klar gewesen, in der dieses dumme Tier quer durch den Bildschirm gelaufen war und mein Leben ruiniert hatte.
 

Es ging um Rache. Dominanz. Vorherrschaft. Demütigung. Noch mehr Rache.

Wheeler hatte einen perfiden, subtilen, hinterhältigen Plan entwickelt, um mich fertig zu machen. Vielleicht hatte ich bisher seine geistigen Kapazitäten unterschätzt, aber so sah es aus. Und ich brauchte nicht erst das dumme Gelaber von Gardner, um das zu durchschauen.
 

„Wenn du wirklich so intelligent bist, wie man dir gemein hin unterstellt, dann beantworte mir doch mal eine Frage.“ Tea wandte den Kopf und blickte mich direkt an. Etwas irritiert von ihrem bohrenden Blick, wich ich ein Stück zurück. „Wenn Joey nur versuchen würde, dich damit zu ärgern …“, sagte sie ruhig, „... wieso sollte er etwas nach dir benennen, was er so sehr liebt?
 

Ich war sicher, dass wir normalerweise dieselbe Sprache sprachen. Ich war auch sicher, dass sie Wörter benutzte, die ich eigentlich kannte … und doch machten sie in diesem Augenblick absolut nicht den geringsten Sinn.
 

„Ich geh mir jetzt noch ein Eis holen“, stellte sie ungerührt fest und stand auf. Mit ein paar ordentlichen Handbewegungen strich sie sich die Krümel vom Rock. „Und vielleicht denkst du nochmal darüber nach, was ich gesagt habe. Tschüss, Kaiba. Wir sehen uns.“
 

Wenn es nach mir ging, garantiert nicht.

Gesagt? Was hatte sie schon gesagt, außer mit stupiden Floskeln um sich geworfen?
 

Unwillkürlich wandte ich den Kopf und blickte hinüber zu Wheeler.

Er lag mitten auf dem Rasen, hatte Se-… den albernen Babyhund an seine Brust gedrückt, blinzelte mitten in die Sonne und sah insgesamt schrecklich glücklich und zufrieden aus.

Das Vieh bellte und Joey murmelte liebevoll seinen Namen.

„Seto …“
 

Mir wurde heiß.

Aus unerfindlichen Gründen fand ich die viele frische Luft plötzlich beklemmend, als ob sie mir den Brustkorb zuschnürte. Die Hitze machte mich schwindelig.
 

Wenn Joey nur versuchen würde, dich damit zu ärgern … wieso sollte er etwas nach dir benennen, was er so sehr liebt?
 

Und vielleicht lag es nur an Gardners vielen blöden Hundesprichwörter, dass ich plötzlich an einen ganz andere Metapher denken musste.

Schlafende Hunde soll man nicht wecken …
 

„…-to? Seto? Alles in Ordnung?“
 

Ruckartig stand ich auf. Mein kleiner Bruder stand vor und blinzelte verwirrt zu mir hoch. In seiner Hand hielt er das größte Eis, was ich je gesehen hatte. Es neigte sich zur Seite wie der schiefe Turm von Pisa.

„Wir gehen, Mokuba“, befahl ich gepresst und wandte mich ab. „Komm schon.“
 

Plötzlich konnte ich den Park mit all den lachenden Menschen und der vielen Hitze nicht mehr ertragen.
 

Fortsetzung folgt sobald Kaiba sich von dem Schock erholt hat ...



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Von:  Lexischlumpf183
2019-07-12T07:11:17+00:00 12.07.2019 09:11
Also ich denke Seto hat sich von seinem Schock erholt und du kannst weiterschreiben 😱😁😁😄
Von: abgemeldet
2016-09-13T16:25:52+00:00 13.09.2016 18:25
Ich find es echt schade das du nicht weiter gemacht hast. Dabei hast du so viele Fans, die immernoch an sich glauben zb mich!
Von:  vividsoul88
2014-05-11T11:11:26+00:00 11.05.2014 13:11
SCHREIB.WEITER.
...Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass es doch noch weiter geht... :(

vividsoul88
Von:  lilac
2013-08-14T20:52:45+00:00 14.08.2013 22:52
Nun ja ... solange diese ff nicht mit "abgebrochen" gekenzeichnet ist ....hoffe ich noch stark das es noch weiter geht.
War wieder sehr amüsant ...und kaibas gedankengänge lassen sich wirklich gut nachvollziehen. Und es ist so schön zu sehen das er joey schon längst verfallen ist und irgendwie macht worum er ihn bittet ....aber es selbst nicht merkt.
Von:  lilac
2013-08-14T20:05:55+00:00 14.08.2013 22:05
Hab bei diesem Kapitelmsehr gelacht ....
Soooooooo witzig.
Von:  bebi
2013-01-12T13:57:04+00:00 12.01.2013 14:57
Ich war lange, lange nicht mehr hier auf Mexx und starte gerade ein kleines Flashback-Fest bei meines Liebelingspairings. Da ich aber anscheindend schon viel zu alt bin für Animexx kenne ich die 'angesagten' Serien nicht mehr und alle meine alten lieblingspairings sind irgendwie 'eingeschlafen'. XD Un das erste was ich eigentlich immer wieder lese, wenn ich hier bin, ist Kaibas Herz und Taichis bester Freund. Ich hab mittlerweile Germanistik studiert und es wird einfach nicht schlechter, auch wenn man aus dem FF Alter eigentlich raus ist. ;) Zucker bleibt einfach Zucker. :)

Umso erfreuter war ich allerdings, dass ich die letzten beiden Kapitel hier noch nicht kannte. Sind jetzt wieder über 2 Jahre alt, aber die letzte Lücke war noch größer und wenn ich fünf Jahren wieder hier rein schaue, gehts vielleicht doch weiter. ;)

Die beiden Kapitel waren absolut klasse. Ich hab Yugioh nur vor langer Zeit und sehr Lückenhaft gesehen und ich glaube das war gut, denn Puppyshipping ist nochmal was ganz eigenes und in diesem Rahmen könnten die beiden authentischer nicht sein. Der Hund ist total süß, wobei ich nicht mag wie Hunde riechen, aber da das eine ff ist, kann ich mir vorstellen, dass der Hund da nicht riecht.:)
Kaiba ist süß. Einfach süß. Ich weiß gar nicht, ob ich deine Geschichten aus Kaibas Sicht oder Joeys Sicht besser finde. Es hat beides seinen Reiz. Hier Kaiba so vernagelt, aber trotzdem so ungewollt weich zu lesen, ist einfach nur toll und ich werd wieder reinschauen und hoffe, dass du auch nochmal einen Puppyshipping Flashback bekommt. ;)

Liebe Grüße
Sarah
Von:  masa
2012-09-25T23:46:42+00:00 26.09.2012 01:46
geil wie dumm kaiba sich anstellt. wann geht die ff weiter.^^
Von:  Lunata79
2012-07-13T16:25:43+00:00 13.07.2012 18:25
Deine FF ist echt genial. Konnte mich nicht mehr einkriegen vor Lachen.

Aber ... wann hat sich Seto denn nun endlich von seinem Schock erholt???
Wo bleibt die Fortsetzung???

Lg
Lunata79
Von:  ManaYGO
2012-06-26T14:21:12+00:00 26.06.2012 16:21
Oh bitte, bitte, weiter schreiben. Ich wissen ob er es checkt.
Von:  Konfusion
2012-01-28T06:33:55+00:00 28.01.2012 07:33
Ich kann mich da meinen Vorgängern nur anschließen:

diese FF ist von vorne bis hinten einfach nur gelungen ♥

ich hab sie leider leider erst jetzt entdeckt, aber genau wegen deiner Story hab ich letztens als ich in der Bücherei war wieder zu den Yu-Gi-Oh! Mangas gegriffen X3

nachdem ich sie von der lieben SaRiku habe empfohlen bekommen musste ich sie mir gleich ausdrucken und habe sie mir als Nachtlecktüre an mein Bett gelegt, damit ich mich jeden Tag auf den Abend freuen konnte XD
(und ich habe sie nicht nur einmal gelesen ♥)

auch ich würde mich natürlich sehr freuen, falls du noch Lust hast sie weiterzuschreiben. ^___~

derweil werde ich mich mal ein bisschen in deinen anderen FF's umschauen, da mir dein Erzählstil sehr gefallen hat!

Viele liebe Grüße
Konfusion ^____^//


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