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Footprints

von

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~Prologue~

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter 1

Die Tütensuppen.. wo waren die noch mal..?

Nachdenklich ging der Große durch die Regalreihen auf der Suche nach seinem Abendessen. Dass hinter ihm jemand ging, mit einem Einkaufskorb bestückt, fiel Miyavi natürlich nicht auf. Auch dass dieser Jemand geradewegs in ihn hineinlief, als er stehen blieb, konnte er nicht vorhersehen. Dafür spürte er es umso deutlicher.

"Autsch!"

Wütend drehte sich Miyavi um, wollte wissen, wer es sich erlaubte, so dreist in ihn reinzurennen. Er blickte in ein rot angelaufenes Gesicht, direkt zwei Köpfe unter ihm.

"Gomen nasai, gomen nasai...", sprach der Kleine verlegen und stieg nervös von einem Bein aufs andere. Er hatte verstrubeltes, braunes Haar, als wäre er gerade aus dem Bett aufgestanden und irgendwie Schmolllippen.

"Ist schon ok..", murmelte Miyavi, bei dem unschuldigen Anblick seines Gegenübers schon sehr besänftigt.

"Es tut mir wirklich leid.. wie kann ich das wieder gut machen..?", nuschelte der Kleine schuldbewusst.

Mittlerweile tat er Miyavi fast schon leid.

"Ist gut.. Hab mir ja nichts getan", erwiderte er deshalb mit einem aufmunternden Lächeln. Mein Gott, war der Kleine devot..

Miyavi inspizierte den jungen Mann aus dem Augenwinkel. Im Gegensatz zu ihm, schien sich dieser tatsächlich etwas getan zu haben.

"Hey.. du blutest ja.. am Finger.."

Der Kleine erschrak und ließ dadurch den Korb fallen. Es schepperte laut. Schnell zog er seine Hand an sich und untersuchte sie sorgfältig.

"Kann ich vielleicht etwas für dich tun?", richtete Miyavi nun das Wort an ihn, erfüllt von dem Wunsch, dem verletzlich wirkenden Wesen vor sich zu helfen.

Dass der Kleine bei der Antwort zögerte, hätte ihm schon zu denken geben sollen, aber dass dieser dann rot anlief, machte sogar Miyavi misstrauisch.

"Was ist denn..?", fragte er deshalb vorsichtig.

"Nein nein, das kann ich nicht sagen.. Außerdem stehe ich in deiner Schuld und nicht du in meiner"

Hastig gestikulierend hatte er diese Worte hervorgestottert, nicht minder rot als vorher.

"Ist schon ok.. Sag ruhig. So schlimm wird's schon nicht sein"

Ganz wohl bei den Worten war ihm ja nicht, aber er lächelte dem Braunhaarigen Geschöpf trotzdem aufmunternd zu.

Der junge Mann druckste weiter äußerst verlegen herum, bis er schließlich sagte: "Schlafe mit mir.. N-nur einmal.. I-ich.. ich weiß, das kann man nicht einfach von einem Wildfremden verlangen, a-aber ich habe dich mal mit einem Mann verschwinden sehen und.. und ich.."

Er verstummte und schaute mehr weinerlich aus, als erleichtert zu sein.

"Ich bin schwul..?", führte Miyavi seinen Satz mit sanfter Stimme zu Ende.

Damit schien er ihm zumindest eine kleine Last abgenommen zu haben. Jedoch schwieg der Kleine nun und nickte nur mit leicht hängendem Kopf.

"Und du willst, dass ich dich ficke?", half ihm der Stricher deshalb auf die Sprünge.

Das "Ja" seines Gegenübers ging fast in dessen Zittern unter.

"Und du weißt, dass das nicht gratis ist?"

Wieder nickte er.

"Na gut.. Dann zu dir?"

Ein erneutes Nicken.

"Na dann los.."
 

Während sie zu dem jungen Mann nach Hause gingen, hatte Miyavi Zeit, ihn zu betrachten. Zugegeben, er war mehr als nur süß, schon richtig niedlich in seiner Kleinheit. Und alles an seinem Körper strahlte eine gewisse Regung aus. Aber am schönsten waren wohl seine Augen. So mandelförmig und irgendwie glänzend.
 

"Wir sind da", murmelte dieser nun. Nachdem die Tür aufgeschlossen war, betrat Miyavi die kleine Wohnung. Der junge Mann begleitete ihn ins Schlafzimmer.

"D-du kannst dich hier a-a-usziehen.."

Langsam streifte sich der Stricher seine enge Hose ab und zog sein Shirt aus. Der Kleine hatte danebengestanden und den Blick z u Boden gesenkt.

"Willst du dich nicht ausziehen?"

"D-doch..", antwortete er, machte jedoch keine Anstalten seine Worte in die Tat umzusetzen.

Miyavi legte kurz seinen Kopf schief.

"Komm.. ich mach das.."

Schon war er zu dem nervösen Etwas getreten und machte sich nun daran, ihm sein T-Shirt abzustreifen. Während er ihm geduldig die Knöpfe seiner Hose aufknöpfte, richtete der Stricher das Wort an ihn: "Wie heißt du eigentlich?"

Es dauerte etwas, bis der Kleinere antwortete.

"Yomi"
 

~+~

Chapter 2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter 3

Er gähnte. Rieb sich die Augen. Wie spät war es? Mit einer Hand angelte er nach dem Wecker auf dem Nachtkästchen links von ihm. Dass die Uhr runterfiel, war wohl vorprogrammiert. Miyavi ächzte. Nicht schon wieder.. Wie schaffte er es eigentlich, dieses dumme Teil jeden verdammten Morgen runterzuwerfen?

Widerwillig kroch er aus dem Bett und tappte, nur mit einem String bekleidet, in die Küche, um nach etwas Essbarem zu suchen. Den Kühlschrank geöffnet, blickte Miyavi etwas gefrustet aus der Wäsche. Das war doch nicht zu fassen! Nicht einmal etwas zu Essen war da.. Was hatte er eigentlich getrieben? Getrieben war gut.. Miyavi lachte innerlich spöttisch.

Sein Magen knurrte. Na toll.. Mürrisch ging er wieder zurück ins Zimmer und kleidete sich an. Ein Einkauf ließ sich wohl nicht vermeiden..
 

Als Miyavi 15 Minuten später den Convini betrat, war seine Laune keinen Deut besser. Da er jedoch die Angewohnheit hatte, seinen schlechten Gemütszustand relativ gut verbergen zu können, wirkte er nicht im Ansatz so miesepetrig, wie er war. Dass er ein Wolf im Schafspelz war, musste auch die kleine Gestalt, die zur falschen Zeit am falschen Ort war, übrigens nicht zum ersten Mal, am eigenen Leib erfahren. Eigentlich konnte der junge Mann nichts dafür, dass Miyavi ihn übersah, genau genommen war ja auch Miyavi Schuld, aber trotzdem bekam der Kleine die volle Ladung ab.

"Sag mal, kannst du deinen kleinen Arsch nicht wo anders hinbewegen?", fuhr er ihn an und stockte dann mitten im neu angefangenen Satz.

"Yomi..?"

Ein ungläubiger Blick von der Seite des Strichers. Zufälle gab's..

Yomi wurde knallrot und haspelte an einer Tour Gomen nasais. Mittlerweile war eine Woche vergangen seit ihrem letzten Treffen.

"Ist schon ok.. Halt die.."

Er hielt inne.

"Lass gut sein.."

Yomi nickte schnell und verstummte.

"Und lass das", zischte Miyavi weiter. Das handelte ihm einen äußerst verwunderten Blick von dem Kleinen ein.

"Tu nicht immer das, was man dir sagt!"

Yomi senkte den Blick und murmelte ein weiteres Gomen nasai.

"Argh und hör auf, dich dauernd zu entschuldigen, verdammt noch mal! Ich war Schuld!"

Der junge Mann zuckte zusammen und nickte zögerlich. Nun war er vollkommen eingeschüchtert. Wie ein Häufchen Elend stand er da und wusste nicht im Mindesten, was tun.

Miyavi erbarmte sich bei diesem Anblick, seine eben noch so schlechte Laune war wie weggeblasen. Er seufzte laut und murrte dann: "Komm ich lad' dich auf einen Kaffee ein.."

Damit schritt er voran aus dem Convini, Yomi ihm mit heftig bebenden Herzen folgend. Verschob er das Frühstück eben auf das Café.
 

Der Langbeinige zog einen Stuhl heran und setzte sich. Yomi platzierte sich ihm gegenüber, nicht wirklich wissend, wohin er seine Hände tun sollte.

"Ok.. such dir was aus, es geht auf meine Rechnung"

Sie bestellten. Nach ein paar Minuten, in denen der Kleine schweigend seinen Kaffee schlürfte und Miyavi ei Croissant verdrückte, richtete der Stricher neuerlich das Wort an Yomi.

"Und? Wie geht's dir so?"

"G-gut", stotterte dieser und verschluckte sich an seinem Kaffee. Er hustet und entlockte Miyavi damit ein Grinsen. Seine Laune war wieder um einige Punkte gestiegen.

"Wie geht es mit deinen Kumpels?"

Yomi schwieg, seine Lippen wurden zu einem Strich. Dann quälte er sich zu einem Lächeln.

"Alles klar. Ich habe Zeit, sie finden es nicht schlimm"

Dass der junge Mann seine Worte seltsam betonte, blieb Miyavi nicht verborgen.

"Lass mich raten.. Sie haben dich ausgelacht?"

Er biss vom zweiten Croissant ab.

Erneutes Schweigen. Diesmal dauerte etwas länger, bis Yomi antwortete.

"Ja"

Miyavi seufzte. Dass der Kleine darunter litt, war nicht zu übersehen. Schnell pattete der junge Mann Haare über seine Stirn. Er nahm einen verunsicherten Ausdruck an. Miyavi erkannte, dass irgendetwas sehr faul an der Sache war und schob ohne Vorwarnung Yomis Haar zur Seite. Eine blauangelaufenen Beule kam zum Vorschein.

"...Sie..?"

Der Kleine nickte.

"Du lebst mit ihnen zusammen?"

Wieder ein Nicken

"Gut. Dann wohnst du ab heute bei mir

Chapter 4

Yomi trat durch die Haustüre. Er blieb unschlüssig in der Diele stehen und blickte sich erst einmal schüchtern um.

"Komm mit, du kannst deine Sachen im Schlafzimmer abstellen"

Der Kleine folgte Miyavi in den anderen Raum und lud seine Sporttasche ab, in die er schnell die wichtigsten Sachen gestopft hatte.

Auf einem Stuhl vor einem Schreibtisch lag Kleidung unordentlich zusammengeworfen, das Bett war nicht gemacht und auf dem Boden lagen Bücher verstreut, sich abwechselnd mit CDs und Zeitschriften. Mit einem Wort: Es herrschte eine ziemliche Unordnung in Miyavis Zimmer.

"Ich hol dir nachher noch die Matratze raus.. Eine Decke müsste auch noch da sein. Hast du eigentlich Hunger?"

Yomi schüttelte den Kopf.

"Aber ich", antwortete der Stricher darauf leicht grinsend. Passend dazu knurrte auch sein Magen. Er lachte.

"Wegen dir bin ich noch nicht wirklich zum Essen gekommen"

Dass Yomi schuldbewusst "Gomen nasai" murmelte, war vorprogrammiert. Jedoch lachte Miyavi weiter und schüttelte nur den Kopf, während er sprach: " Halb so schlimm. Mach dir keinen Kopf. Ich werd' kurz einkaufen gehen, bin gleich wieder zurück. Fühl dich derweil wie zuhause"

Und schon war er aufgestanden und verschwunden.

Nun saß der Kleine also alleine in der Wohnung. Nach einer Weile stummen Dasitzens und Wartens, siegte die Neugier. Er stand auf und sah sich um. Die Wohnung war nicht riesengroß, aber eigentlich auch nicht klein. Sie hatte sogar einen kleinen Balkon, von dem man aus Tokyô betrachten konnte. Yomi inspizierte das Wohnzimmer, in dessen Mitte sich ein niederer Tisch befand. Es lang nur ein Sitzkissen da, eine Zeitschrift war ausgebreitet. Neugierig setze er sich hin und blätterte das Blatt durch. Bands, CDs, Bilder.. Auf welche von den Bands Miyavi wohl stand?

Nachdem schon fast zwei Stunden vergangen waren, Yomi die Aussicht auf dem Balkon vier Mal betrachtet hatte, die Zeitung drei Mal durchgeblättert hatte und Miyavi immer noch nicht aufgetaucht war, merkte er, wie er müde wurde. Den Kopf auf seine Hände gelegt, am Tisch sitzend wurde es langsam schwarz um ihn herum. Der junge Mann trat ins Reich des Schlafes über.
 

Als Miyavi nach Hause kam, war es schon spät. Draußen war es bereits dunkel. Er legte seine Jacke in der Diele ab und schlüpfte hastig aus den Schuhen. Hoffentlich war Yomi nicht allzu langweilig gewesen. Was war er doch für ein lausiger Gastgeber.

"Huh?"

Ungläubig blickte der Stricher ins Wohnzimmer.

"Er schläft..?"

Dabei trat er an Yomi heran. Tatsächlich. Er schlief. Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Dann tat er etwas, was er noch nie gemacht hatte: Er hob den kleinen Körper hoch und trug ihn behutsam ins Schlafzimmer. Dort angekommen legte Miyavi ihn in sein Bett. Er betrachtete ihn einen kurzen Augenblick und stellte schlussendlich fest, dass man mit einer solchen Hose bekleidet nur schlecht schlafen konnte. So zog ihm der Große das Kleidungsstück einfach aus. Danach deckte er Yomi zu.

"Schlaf schön.."
 

~~+~~

~Chapter 5~

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

~Chapter 6~

Miyavi stand schon auf dem Gehsteig, während Yomi noch in seiner Tasche herumnestelte.

Die Hände lässig in seine Hosensäcke gesteckt rief er hoch: "Kommst du..?"

Yomi, hastig nach seinem Handy suchend, wühlte weiter in der Sporttasche herum.

Ah. Da war es ja!

"Gefunden"

Das Telefon in den Sack steckend, schlüpfte er aus der Tür und lief eiligst die Treppe hinunter, wo er aus dem Schatten des Wohnblockes in die Sonne des Fußgängerweges trat. Er blickte Miyavi entschuldigend an, worauf dieser ihm mit einem Grinsen durchs Haar wuschelte.

Der Große ging voran und Yomi beeilte sich, mit ihm Schritt halten zu können. Miyavi hatte ganz schön lange Beine!

Wo wollte er eigentlich hin? Der Stricher hatte mit keinem Wort den Zielort angegeben. Yomi tappte im Dunkeln.

"W-Wo wollen wir eigentlich hin..?"

Miyavi drehte ihm weiter den Rücken zu.

"Lass dich überraschen"

Damit machte er den Kleinen nur noch neugieriger, als er eh schon war. Die Frage hatte also nicht im Mindesten Erlösung geschafft.
 

Nachdem die Zwei bei der nächsten U-Bahn Station eingestiegen waren und außerhalb der Stadt sie wieder verlassen hatten, gingen sie jetzt auf den Eingang eines Vergnügungsparks zu.

Yomis Gesicht verzog sich zu einem Fragezeichen.

"Du willst Achterbahn fahren gehen?", kam es perplex von ihm.

"Erfasst"

Miyavi lachte und schlenderte weiter auf den Park zu.

Wie war er bloß auf diese Idee gekommen?
 

Miyavi zog Yomi hinter sich her und reihte sich in die am Morgen noch kleine Schlange von Menschen vor der Achterbahn ein. Unwohlsein breitete sich in dem Kleineren der beiden aus.

Er mochte Achterbahnfahren nicht. Bei seiner Höhenangst wurde ihm immer schon schlecht, wenn er nur in dem Wägelchen saß. Ganz zu schweigen davon, dass er nicht nach unten sehen konnte, ohne panische Angst zu bekommen. Allerdings getraute er sich nichts zu sagen, der Stricher sah viel zu glücklich aus, als dass er das hätte zerstören wollen.

Innerlich versuchte er, sich schon mental darauf vorzubereiten, was danach kam.

Es gelang ihm nicht wirklich; als Yomi in der Gondel saß, begann er zu schwitzen und seine Hände schienen dadurch einfach keinen Halt an dem Rückhaltehebel zu finden. Das machte ihn nur noch nervöser. Sein Herz klopfte laut.

Als es schlussendlich losging und sie zum höchsten Punkt hochfuhren, um dann in die Tiefe zu rasen, litt er schon Höllenqualen.

Es war soweit.

Die Bahn kippte vornüber und fuhr mit atemberaubender Geschwindigkeit in die Tiefe. Neben ihm kreischte Miyavi fröhlich.

Yomi hatte das Gefühl, als würde er tausend Tode sterben. Jede einzelne Sekunde fühlte sich wie Stunden voller Qual an. Verzweifelt kämpfte er gegen den Brechreiz an, hielt die Augen fest zusammengekniffen.

Wann hörte dieser Höllenritt bloß auf?

Mit einem Ruck stoppe das Gefährt ganz plötzlich, es war vorbei.

Yomi schlug die Augen auf, presste sich die Hand vor den Mund und sprang panisch aus dem Wagon. Er rannte, was das Zeug hielt. Ihm wurde klar, dass er es nicht bis zur nächsten Toilette aushalten würde. Ein Busch musste her. Ein paar Meter zu seiner Linken befand sich eine Art Nische zwischen zwei Buden, wo Zuckerwatte und Süßes verkauft wurde. Mit letzter Kraft hechtete er hinein und übergab sich.

Gott.. ihm war so schlecht..

Würgend und spuckend dachte er mit Schaudern an das eben Geschehne. Nein, er würde nie wieder eine Achterbahn betreten. Und wenn die Altersbeschränkung für 5-jährige war.
 

Miyavi legte seine Hand auf die Schulter des Kleineren. Er hatte Yomi wegrennen sehen, war ihm gefolgt und machte sich jetzt ernsthafte Sorgen. Warum stand er hier, zwischen den Buden, im letzten Eck? Und warum würgte er so?

"Hey, alles in Ordnung, Yomi?"

Der Kleinere nickte nicht gerade überzeugt.

"Was ist denn los? Du bist ja gerannt wie ein Wilder!"

Yomi nuschelte.

"Mir ist schlecht geworden.."

Der Stricher zog die Augenbraue hoch und antwortete dann besorgt: "Soll ich dir was zu trinken besorgen? Oder sollen wir nach Hause gehen?"

Mittlerweile hatte er seine Hände stützend an Yomis Seiten gelegt.

"G-Geht schon wieder..", stammelte der Kleinere, versuchte dabei an Blumen, Himmel und Sonnenschein zu denken, damit ihm nicht neuerlich schlecht wurde.

Das half aber nichts. Erneut überkam ihn der Brechreiz.

"Warte kurz, ich hol' dir ein Taschentuch.."

Mit den Worten war Miyavi zur Bude nach vor gerannt und kehrte nach ein paar Sekunden mit einem Tuch und einem Glas Wasser zurück.

"Hier"

Yomi trank ein paar kleine Schlucke und fühlte, wie es dadurch etwas besser wurde. Zumindest hatte er jetzt nicht mehr den üblen Geruch im Mund.

"Gehen wir nach Hause", sprach Miyavi, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte.

Der Kleinere nickte genickt.

Der Stricher nahm ihn ohne zu zögern an der Hand und führte ihn so, unter ständigen Seitenblicken, zurück in seine Wohnung. Dort angekommen richtete er dem Braunhaarigen sein Bett her.

"Komm.. Leg' dich etwas hin.. Ich mach dir einen Tee.."

Er überließ Yomi sich selbst und ging in die Küche. Damit hatte er nicht gerechnet, dass der Kleine so auf eine Achterbahn ansprechen würde. In dem Falle war wohl nur noch Geisterbahn angesagt, dachte er sich leicht schmunzelnd und stellte Wasser auf den Herd. Während der Stricher sich durch sein silbern gefärbtes Haar strich, spürte er plötzlich eine Berührung an seiner Taille. Er zuckte zusammen, drehte sich um, um zu schauen, was ihn da berührt hatte.

Yomi.

"Was.."

"Es tut mir leid.." Der Kleine musterte den schwarz-weiß karierten Fußboden scheinbar interessiert, sprach dann: "I-Ich hätte es dir sagen sollen und ich.. mach dir keine Umstände, mir geht es gut.. wirklich.." Dass er dabei ein ziemlich blasses Gesicht hatte und auch sonst mehr schlecht als recht aussah, schien er wohl nicht bemerkt bzw. praktischerweise übersehen zu haben.

Miyavi amüsierte das.

"Ist schon okay, Kleiner" Mit einem besänftigenden Lächeln wuschelte er Yomi durchs Haar, grinste innerlich.

"Ruh' dich jetzt aus, Tee ist gleich fertig."

Yomi hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen, resigniert ging er zurück ins Schlafzimmer und stieg ins Bett.

Miyavi kam ein paar Minuten später nach.

"Na..? Wie geht's dem Patienten?"

Er grinste.

Dass der Braunhaarige rot wurde, war nur wieder einmal Zeuge seines unterwürfigen Charakters.

"Wie ich sehe, kommt doch etwas Farbe in dein Gesicht"

Seine Aussage wurde mit einem Lachen begleitet, dass allerdings augenblicklich verschwand, als er Yomis glänzende Augen und das gerötete Gesicht sah. Mit ernstem Blick setzte Miyavi sich auf die Bettkante und legte dem Kleineren die Hand auf die Stirn.

..

"Du hast Fieber.."

Nach kurzer Pause fügte er nachdenklich hinzu: "Dass das so schnell kommt.. Vielleicht warst du schon vorher angeschlagen? Und der Park hat nur noch alles schlimmer gemacht?"

Yomi verfolgte die Hand des Strichers mit seinen Augen. Sein Blick wurde flackernd und unruhig.

"Ich kann nicht krank sein..", murmelte er heiser.

Ein ungläubiger Gesichtsausdruck Miyavis folgte.

"Wieso nicht?"

"Weil ich heute noch Probe hab", kam es nuschelnd von Yomi zurück.

"Probe? Was denn für eine.. Shit"

Der im Bett Liegende blinzelte und starrte dann schuldbewusst auf die Bettdecke.

"Gomen nasai.."

Scheinbar manifestierte sich in Miyavis Kopf etwas; etwas, dass sehr nach Plan aussah.

"Hast du ein Handy?"

Kopfschütteln.

"Und die Nummer von ihnen?"

Wieder Kopfschütteln. Diesmal beschämtes.

"Okay.. dann sag mir die Adresse, ich fahre hin"

Das Kopfschütteln, dass auf Miyavis Aussage folgte, war nun entsetzt.

"Nein, das kannst du nicht machen!! I-Ich geh hin!"

"Ach ja..? Und auf halber Strecke kriechst du einfach, wenn du umkippst?"

Der spöttische Unterton war nicht zu überhören.

Es verschlug Yomi die Antwort.

"Gut. Dann ist das ja geklärt."
 

Zwei Stunden später stand Miyavi vor einem kleinen Restaurant irgendwo in der Pampa. Für eine Stunde Bahn fahren und zehn Minuten laufen, war es relativ schäbig. Den Weg eigentlich nicht lohnenswert, aber da er schon mal hier war, konnte er ja auch gut Yomi bei seinen Freunden abmelden. Vielleicht ging sich danach noch ein kurzes Stelldichein aus. Diesen Monat brauchte er mehr Geld als gewöhnlich. Und wenn er Yomi mitrechnete noch mehr.
 

Nicht mit dem geringsten Interesse betrat er das heruntergekommene Haus und fand sich in einem Gang wieder. Die Luft roch nach Moder.

Ob man hier überhaupt proben konnte, ohne nicht Moos in der Lunge anzusetzen, dachte Miyavi sarkastisch.

Dem dunklen Flur folgend steuerte geradewegs auf eine Tür zu, die er mit einem leisen ,Klick' öffnete.

Nichts war dahinter. Beziehungsweise fast nichts, außer einem Haufen Staub. Massenhaft Staub, der den Boden zentimeterdick bedeckte und ein Klavier, das mit einer Plane abgedeckt war.

Den Raum hatte seit Jahren niemand mehr betreten. Und ganz bestimmt hatten hier auch kein Schlagzeug und dergleichen gestanden.

Die anfängliche Gleichgültigkeit, mit der Miyavi zuerst noch besetzt gewesen war, wechselte nun von Argwohn zu Angepisstheit.

Yomi hatte ihn verarscht.

Und zwar hochgradig.

Diese Tatsache machte den Stricher innerlich rasend, während er äußerlich beherrscht das ehemalige Restaurant verließ.

Was dachte Yomi sich dabei? Wollte er ihn ausrauben, während ER hier in der Pampa rumrannte und imaginäre Bandkollegen suchte? Wenn ja - Miyavi lachte sarkastisch - hatte er sich den Falschen ausgesucht. Außer ein paar Kondomen konnte man bei ihm nichts holen. Und wenn Yomi das beabsichtigte und die Schublade aufmachte, dann würde er spätestens bei dem Anblick eines Kondoms in Ohnmacht fallen. Miyavi grinste bei dem Gedanken und schob seine Hände in die Hosensäcke, kickte einen Stein weg.
 

Als er Zuhause ankam, war seine Laune merklich besser. Der lange Weg zeigte seine Wirkung. Leise schob er die Haustüre auf, wollte Yomi erschrecken. Mit leisen Schritten tappte der Stricher ins Schlafzimmer. Wenigstens würde der Kleine den Schock seines Lebens bekommen, das schwor er sich.

Nach einem kurzen Blick ins Zimmer, erkannte er aber, dass sich Yomi nicht darin befand.

Merkwürdig.

So drehte er um und schlich in die Küche.

Nichts.

Im Bad auch nichts.

Im Wohnzimmer wieder nichts.

Irritiert blieb Miyavi stehen. Wo war der Kleine hinverschwunden? Er konnte sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben..
 

Nachdem er die Wohnung drei Mal abgesucht hatte, laut Yomis Namen gerufen und sogar in den Kästen nachgeschaut hatte, erkannte Miyavi, dass dieser weg war.

Einfach weg.

Ohne ein Wort zu sagen.

Oder genau deshalb, um kein Wort zu sagen.
 

Mit einem Schlag wurde Miyavi klar, dass Yomi diese Ausrede nur benutzt hatte, um sich aus dem Staub zu machen. Vollkommen fassungslos stand er im Wohnzimmer.

Alleine.
 

Nach ein paar Sekunden ließ er die Hände sinken und starrte wortlos auf den Balkon.

Heute musste er wohl nicht noch mal auf die Straße, das Geld reichte für eine Person.
 

~~+~~

~Chapter 7~

Keuchen an seinem Ohr.

Miyavi drehte den Kopf zur Seite und schob seine Beine noch ein Stück höher. Der Mann umschloss sie mit den Händen und stieß tiefer in Miyavi hinein.

Sich auf die Lippe beißend ließ er den Freier gewähren.

Sollte dieser doch seinen Spaß haben. Innerlich hatte er sowieso die Tür zugemacht. So wie jedes Mal, wenn er seinen Körper wieder benutzte, um sich selbst zu finanzieren.

Wie paradox.
 

Er zog sich seine Hose über die nackte Haut. Mittlerweile war es ihm zur Gewohnheit geworden, ohne Unterwäsche zu arbeiten. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, nahm er das Geld vom Nachttisch und verließ das Hotel.
 

Miyavi zog die frische Abendluft genüsslich ein. Die Luft hier heraußen war zehn Mal besser als in dem kleinen Raum mit Bett von vorhin. Ein erlösendes Gefühl nahm von ihm Besitz; die unsichtbare Schutzhülle, die er bei seinen Aktivitäten pflegte, um sich zu legen, fiel von ihm ab und verschaffte etwas Erleichterung.
 

Wie lange war Yomi jetzt schon weg?

Zwei Wochen. Zwei Wochen und ein Tag, wenn man es genau nahm.

Verdammt, warum wusste er eigentlich so genau, wann der kleine Pisser Leine gezogen hatte?

Wütend kickte Miyavi einen Stein weg.

Er war nur wie ein Freier; eine Nacht da, im nächsten Moment weg, um nie wieder einen Platz in seinem Leben zu haben.

Kein Grund ihn länger im Kopf zu haben, als für den Augenblick.
 

Miyavi schloss die Haustür auf, zog seine Schuhe aus und betrat die Schwelle. Hinter sich ließ er das Holz ins Schloss fallen und ging ins Wohnzimmer.

Nachdem er in den Kühlschrank geschaut und nichts gefunden hatte, dass er essen wollte, schnappte er sich einen Apfel und verließ die Wohnung wieder, er würde heute noch etwas lesen wollen. Den Apfel während dem Gehen essend hielt er Ausschau nach dem alten Buchladen, der sich hier irgendwo befinden musste.
 

Eine halbe Stunde später hatte Miyavi ihn gefunden. Ganz unscheinbar befand er sich in einem etwas älteren Haus, von der Straße nicht direkt zu sehen. Warum war er ihm eigentlich aufgefallen?

Und vor allem wann?

Miyavi konnte sich nicht daran erinnern.
 

"Hallo.."

Stille.

Miyavi probierte es noch einmal.

"Hallo..?"

Wieder Stille.

Auch gut. Dann war eben niemand da. Er zuckte mit den Schultern und machte sich daran, ein Buch zu suchen. Durch die Reihen gehend durchstöberte er die kleinen Regale, die vollgepackt mit Büchern waren.

"Hm.."

Die Decke war niedrig und Miyavi, der eher groß war, hatte dauernd das Gefühl, sich ducken zu müssen. Dazu kam, dass die Beleuchtung nur spärlich war; schon nach ein paar Sekunden fühlte sich der Stricher von dem kleinen Buchladen förmlich erschlagen.

Wahllos nach einem gebunden Papier fassend, ging er schnell zur Kasse und legte es auf die Theke.

Es war immer noch niemand anwesend und langsam aber sicher fühlte er sich unbehaglich.

"Hallo! Ich würde gerne bezahlen..", rief er deshalb noch einmal laut in die Stille.

Was dann kam, ließ ihn den Atem anhalten.

Eine kleine, leicht gebückte Gestalt schlurfte aus einer Tür im hintersten Eck an. Sie hatte ein blaues Auge, dass so geschwollen war, dass sich das ganze entzündet hatte und sie nicht daraus sehen konnte. Der Mensch trug eine Jacke, obwohl es draußen bestimmt mindestens 20 Grad hatte und hier herinnen sogar noch mehr. Aber das absurdeste am ganzen Anblick war die Tatsache, dass es Yomi war.
 

Als Yomi erkannte, dass er Miyavi vor sich hatte, blieb er ruckartig stehen und blickte ihn entsetzt an. Sofern man das noch richtig deuten konnte, ab dem zerschlagenen Gesicht.

"Yomi?", war alles, was Miyavi tonlos herausbekam

"I-Ich kann dir das erklären!!", stotterte dieser hastig zurück.

"Verdammt, wie siehst du denn aus..", hauchte Miyavi geschockt weiter.

Zur Antwort trat Yomi rasch hinter dem Theken hervor, nahm den Stricher an der Hand und zog ihn schnell zu der kleinen Tür im hinteren, noch spärlicher beleuchteten Teil. Er schlüpfte hindurch und trat in einen engen Gang. Miyavi konnte nichts sehen. Das musste er auch nicht, denn nach zwei Schritten betraten sie ein anderes Zimmer. Auch hier war kaum Licht. Miyavi wunderte sich immer mehr, von Sekunde zu Sekunde wuchs sein teils skeptisches Erstaunen. Nachdem Yomi die Tür geschlossen hatte, wandte er das Wort an ihn: "Was geht hier ab? Und warum hast du mich an den Arsch der Welt geschickt, nur um dann ohne ein Wort zu sagen, abzuhauen?"

Schuldbewusst zuckte der Kleinere zusammen. Miyavis Worte waren ziemlich hart.

"Ich kann dir doch alles erklären.. Es ist nicht so, wie es aussieht"

Die berühmten Worte also. Miyavi konnte sich ein verächtliches Schnauben nicht verkneifen; dass er immer wütender wurde, obwohl ihn sonst nichts berührte, bemerkte er im Moment nicht.

"I-ich.."

Yomi machte eine lange Pause, suchte nach Worten.

"Mein Vater hat mich so.. so.."

"Zugerichtete?" Der Stricher half ihm auf die Sprünge.

Ein sichtlich unwohles Nicken von dem Kleinen folgte darauf.

"Als du mich damals von dem Haus meiner Freunde geholt hast, war das nicht das Haus meiner Freunde. Ich bin von Zuhause abgehauen, dort habe ich nur meine Tasche abgestellt.."

"Nicht deine Freunde.."

Miyavis Gehirn arbeitete auf Hochtouren.

"Warum wolltest du dann unbedingt von mir gefickt werden? Warum das ganze Theater?", brach es dann perplex aus ihm hervor.

Hier zögerte Yomi noch mehr, als zuvor.

"Es gibt niemanden, der mich liebt. Ich wusste, dass man sich auch körperlich lieben kann. Da kam mir der Gedanke, dass das vielleicht Ähnlichkeit haben würde.."

Miyavis Augen fielen ihm fast aus den Augenhöhlen.

"Das ist aber nicht wahr, oder?"

Konnte jemand so dumm sein?

Yomis Gesicht wechselte in ein dunkles Rot, dass man, sofern man nicht vom blauen Auge abgelenkt war, sogar in dieser Schummrigkeit gut erkennen konnte.

"I-Ich wollte doch auch geliebt werden!"

"Und warum suchst du dir da unbedingt mich aus?", murrte der Größere zurück und hob dabei seine Stimme an.

"... hübsch"

Durch die Nuschlerei Yomis konnte der Stricher überhaupt nichts verstehen, also fragte er nach.

"Was?.."

Eine hochrote, erbärmliche Gestalt wandte peinlich berührt den Kopf ab, während sie leise "Ich fand dich hübsch" murmelte.

Miyavi ignorierte die Antwort.

"Warum hast du mich an diesen Ort geschickt?"

Schweigen.

"Ich wusste, dass mein Vater auf dem Weg in deine Wohnung war.. Ich..

.. ich habe ihn gesehen..

Er findet mich immer.."

"Früher oder später", fügte er leise hinzu.

Überrascht zog Miyavi die Augenbraue hoch.

"Was geht hier vor sich..? Warum schlägt dich dein Vater? Und was soll das alles?"

Er hatte das Gefühl, als hätte ihm soeben jemand mit dem Vorschlaghammer eins übergezogen.

Das Yomi vor ihm begann mittlerweile heftig zu zittern.

"Du zitterst ja! Hat dich dein Vater nicht zu einem Arzt gebracht?"

Yomi schüttelte den Kopf, machte immer mehr den Eindruck, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen.

Entschlossen nahm ihn Miyavi an der Hand.

"Wir gehen jetzt zum Doktor. Und danach gehen wir zu mir nach Hause. Wenn dich dein Dad kidnappen kann, kann ich das schon lange"
 

Als die Zwei bei der Sprechstundenhilfe standen, war der Kleine schon so aufgelöst, dass Miyavi ihm stützend seine Hand unterschieben musste. Dass Yomi sich Schutz suchend an ihn klammerte, unterstütze nur Miyavis Zerwürfnis über das Schicksal seines erst kürzlich wieder Gefundenen. Die Sprechstundenhilfe bat ihn, zu warten und so nahm er auf einem der Stühle Platz. Nach ein paar Sekunden hob er Yomi, der in seinem Stuhl zusammen gefallen war, auf seinen Schoß und legte die Arme um dessen Taille. Dieser klammerte sich sogleich wieder an den Stricher.

"Der Arzt ist gleich da..", murmelte er ihm beruhigend zu, doch der Kleinere hörte ihn scheinbar schon gar nicht mehr.
 

"Bitte kommen Sie herein"

Miyavi erhob sich und ging, beziehungsweise trug Yomi mit sich in den Behandlungsraum.

"Wenn Sie sich bitte entkleiden würden.."

Der Kleine machte keine Anstalten dem zu folgen. Also musste der Größere ran - er streifte ihm vorsichtig seine Jacke ab und erstarrte dann mitten in der Bewegung.

Der Arzt, der ihnen den Rücken zugewandt hatte und währenddessen etwas auf einen Zettel schrieb, fragte von hinten: "Wollen Sie nicht weiter machen?"

"D-Die Arme.."

"Was ist denn mit ihnen?"

Immer noch notierte der Mediziner.

"Sie sind voller Blutergüsse..", sprach Miyavi. Tonlos.

"Wie?"

Der Arzt drehte sich in einem Zug um, starrte auch sichtlich erschrocken auf die vollkommen geschwollenen und blau angelaufene Arme von Yomi.

"Wie ist das passiert?"

Yomi antwortete nicht. Offensichtlich befand er sich in einem schockähnlichen Zustand. Statt seiner gab Miyavi dem Arzt Auskunft.

"Sein Vater hat ihn geschlagen"

Ein nun wirklich bestürzter Ausdruck erschien auf dem Gesicht des Doktors. Er trat nahe an Yomi heran.

"Hören Sie mich?"

Keine Reaktion.

Ruhig legte der Arzt seine Hände tastend an Yomis Körper. Dieser zeigte immer noch nicht die Spur von etwas. Langsam aber sicher fühlte Miyavi sich immer mieser. Warum war er vorhin bloß so grob zu Yomi gewesen? Warum hatte er denn nichts gesagt? Was sollten sie jetzt bloß tun?

"Ein temporärer Schockzustand. Ich gebe ihnen dieses Mittel hier mit. Die Blessuren am Körper werden nach genügend Ruhe wieder verheilen. Aber sie sollten ihn ins Bett bringen, er benötigt viel Ruhe und Schlaf. Aber zuerst sollte sie den Täter anzeigen. Haben sie ein Auto?"

Miyavi schüttelte den Kopf.

"Dann wird sie meine Sprechstundenhilfe hinbringen. Folgen Sie mir"

Der Stricher legte dem Kleinen die Jacke wieder an und hob ihn hoch.
 

Nachdem sie eine Aussage gemacht und Yomis Vater angezeigt hatten (Yomi hatte kein einziges Wort gesprochen), waren sie von der netten Sprechstundenhilfe nach Hause gebracht worden. Miyavi hatte den Verletzten in sein Bett getragen, ihm die Medizin gegeben und deckte ihn nun zu.

"Schlaf jetzt. Du brauchst viel Ruhe, hat der Arzt gesagt. Morgen denken wir über alles Weitere nach"

Er strich dem Kleinen leicht über die nicht geschwollene Wange.

"Geh nicht weg"

Es war die ersten Worte seit Stunden.

"..."

Mit einer langsamen Bewegung erhob sich Miyavi vom Bett, zögerte. Dann sank er zurück auf die weiche Liege und legte sich neben Yomi.

"Dreh dich etwas zur Seite"

Yomi tat gehorsam, was er verlangte.

Leise legte Miyavi seine Arme um den Kleineren und zog ihn etwas an sich. Das Geschöpf vor ihm kuschelte sich merklich in seine Arme und er streichelte ihm beruhigend über den Bauch. Sowas half bei seinen Freiern zumindest immer.

Vielleicht konnte er wenigstens hiermit wieder gut machen, was er verbockt hatte..

Nach ein paar Sekunden konnte Miyavi die immer ruhiger werdenden Atemzüge Yomis hören, scheinbar war er eingeschlafen.

~~+~~

~Chapter 8~

Als Miyavi an diesem Morgen aufwachte, hatte er ein Bündel von etwas im Arm. Yomi hatte sich im Schlaf umgedreht, seine Nase berührte jetzt des Strichers Hals. Miyavi überlegte nicht, seine Reaktion auf die Nähe Yomis kam ganz spontan; langsam beugte er sich hinunter und küsste flüchtig dessen Lippen. Abrupt schnellte er zurück, fasste sich selbst an die eigene Lippe.

Was tat er das eigentlich? Brannten ihm nun ganz die Sicherungen durch? Wahrscheinlich war der Anblick einer völlig wehrlosen Person einfach zu verlockend gewesen. Jetzt überfiel er schon Menschen im Schlaf. Eine Beziehung war wohl wirklich dringend nötig.

Miyavi seufzte schwer und löste sich aus Yomis Umarmung, um aufstehen zu können. Den Kopf schüttelnd, während er sich durchs Haar strich, tappte er barfuß in die Küche. Darauf brauchte er etwas Kühles zu trinken, das ihm den Kopf wieder klar machen würde. Mit einem Zug hatte er den Kühlschrank geöffnet und die Milchtüte angesetzt. Nach ein paar kräftigen Schlucken fühlte Miyavi sich besser. Dass Yomi mittlerweile im Türbogen stand, hatte er nicht bemerkt. Als er sich umdrehte, sah er die kleine Gestalt. Yomi machte keine Anstalten, etwas sagen zu wollen, sein Gesicht war allerdings in einem merklich besseren Zustand, als am Vortag.

"Gut geschlafen?"

Der Kleine nickte schwach, während er Miyavi weiterhin anblickte.
 

"Existiert eine Band?" Oder war es auch eine Lüge?" stellte der Stricher plötzlich in den Raum.

Zuerst nickte Yomi, dann schüttelte er den Kopf, um schließlich doch das Wort an Miyavi zu richten.

"Sie haben mich aus der Band geworfen. Ich.."

Sein Blick fokussierte sich auf den Boden.

"Ich war ihnen zu zerschlagen. M-Mein Gesicht.."

Er sprach nicht weiter.

"Es war nicht das erste Mal, oder?"

Yomi schüttelte langsam seinen Kopf.

Eine ganze Weile, ohne dass einer der beiden sprach, verstrich.
 

"Aber es wird das letzte Mal sein", sprach Miyavi und trat an den Kleineren heran, legte ihm die Hand auf die Schulter. Dieser hob seinen Kopf wieder an, blickte Miyavi direkt in die Augen. Unbehagen breitete sich ganz plötzlich in dem Stricher aus; was hatte Yomi vor?

"Warum hast du mich geküsst?"

Von einem noch deutlicheren Unwohlsein befallen, wich der Stricher zwei Schritte von Yomi zurück Die Augen.. Er fühlte sich, als könnte er nicht lügen..

Verzweifelt kämpfte Miyavi innerlich dagegen an, antworten zu müssen, drehte seinen Körper um 180 Grad.

"Machst du es noch einmal..?"

Zutiefst überrascht wandte er sich wieder Yomi zu, blickte einen Moment ungläubig in dessen Gesicht, blinzelte dann, als ob er dadurch die Worte, die ihm unwirklich erschienen, richtig stellen könnte.

Einige Sekunden des Schweigens, in denen Miyavi zu einer Antwort ansetzen wollte und es schlussendlich doch resigniert bleiben ließ, vergingen.

Er verlor den inneren Kampf gegen Yomi.

Gegen den Job.

Oder gegen sich selbst.

Mit zwei Schritten war er bei Yomi und legte seine Hand unter dessen Kinn, um es anzuheben. Der Blick des Kleineren flackerte unruhig und nervös. Ohne ein Geräusch zu verursachen, näherte er sich ihm und legte langsam seine Lippen auf die seines Gegenübers.

Der Kuss dauerte nur einen flüchtigen Augenblick, aber trotzdem spürte Miyavi, wie sein Herz schneller klopfte, als eben zuvor und ihm merkwürdig warm war.

Verwundert berührte er, wie beim Kuss zuvor, mit seiner Fingerspitze seine Lippen, schaute zu Yomi. Der hatte seine Augen noch immer geschlossen.

Sollte er..?

Ohne noch einen weiteren Gedanken zu verschwenden, drückte der Stricher erneut seinen Mund auf Yomis, schlang auch zögerlich seine Arme um den schmalen Körper seines Gegenübers.

Yomi wehrte sich nicht, er öffnete nur zitternd seinen Mund, als Miyavis Zunge um Einlass bat.

Alles begann seltsam weich zu werden, die Form zu verändern, irgendwo herumzuschweben. Miyavis Knie schienen plötzlich jede Konsistenz zu verlieren, von einem Moment auf den anderen hatte er das Gefühl, als würden sie ihm jeden Augenblick wegknicken. Von dem Drang befallen, Yomi möglichst viel Geborgenheit zu geben, legte er alles in den Kuss, was er geben konnte. Sanft strich er über dessen Zunge.

Ohne Vorwarnung hefteten sich Yomis Hände an ihn, zogen ihren eigenen Körper an Miyavis, um Halt an ihm zu finden.

Der Griff Miyavis verstärkte sich. Er umschloss Yomi etwas fester, konnte dessen warmen Atem an seiner Wange spüren. Unwillkürlich überkam den Größeren ein Schauer, der über seinen Rücken lief.

Dann war es vorbei.

Die gewohnte Schwärze war zurück.

Wie es schien Yomis Schüchternheit ebenso.

Mit fuchtelnden Bewegungen entschuldigte er sich dafür, was er gerade eben getan hatte, wich dabei - ohne es zu bemerken - von Miyavi zurück.

"Schon okay", der Stricher winkte ab, "Vergessen wir es einfach"

Dass er diesmal mehr Anstrengung aufbringen musste, um seine Mundwinkel hochzuziehen, schob er schön sorgfältig in einen anderen Teil seines Bewusstseins ab.

Yomi nickte erleichtert.
 

"Hey, du solltest etwas essen.. Sonst kommst du gar nicht mehr zu Kräften" Miyavi schlenkerte mit Yomis Arm. "Dein Arm ist auch schon ganz dünn. Wenn du noch dünner wirst, tauf' ich dich in Hänsel um"

Ein kleines Lachen zeichnete sich im Gesicht des Liegenden ab.

Yomi hütete wieder das Bett.

"Ich hab' gekocht. Für dich sogar extra warm. Setz' dich auf"

Der Kleinere tat, wie ihm geheißen und blickte erwartungsvoll, was wohl auf ihn zukommen würde.

Er platzierte das Tablett über Yomis Beine.

"So viel..?"

Miyavi konnte das ungläubige Gesicht Yomis sehen. Er lachte.

"Ich wusste nicht, auf was du stehst, und da du krank bist, hast du 'nen Sonderbonus. Also hab ich einfach alles gemacht, was mir einfiel"

"D-Das.. ist so nett von dir"

Wie schnell man den Kleinen fast zum Weinen brachte, dachte sich Miyavi schmunzelnd.

Ein Moment verstrich, aber die schmächtige Person unter dem Tablett rührte das Essen nicht an.

"Ist etwas nicht in Ordnung?", beeilte sich der Stricher zu sagen. "Warte. Du magst gar nichts von dem, oder?"

Yomi schüttelte den Kopf.

"W-Warum machst du das für mich? D-Du holst mich v-von zuhau- von da ab, du gehst mit mir zum Arzt und jetzt pflegst du mich gesund.. Und ich darf in deinem Bett schlafen und ich esse dein Essen weg u-und ich nehme deine Zeit in Anspruch und du k-kannst gar nicht..

arbeiten.."

Offensichtlich erschrak er selbst über diese Tatsache in dem Moment, als er sie aussprach, denn er schlug sich auf den Mund und sprach dann mit bebender Stimme: "Du kannst gar nicht arbeiten! D-Du verdienst kein Geld und du.. du.."

Seine Augen wurden glasig, der Ausdruck darin schien von einer Kraft in die Ferne gezwungen zu werden, Yomi sank halb weggetreten in die Kissen.

"Ich hab' dir doch gesagt, du sollst dich ausruhen", tadelte Miyavi den Bettlägrigen.

"Ich bin nur teilzeitbeschäftigt, also habe ich genügend Zeit für dich. Und mein Konto lässt sich bei Bedarf auch noch plündern"

Die heikle Sachlage, dass sich darauf nur sehr wenig Geld befand, genau genommen nur in etwa der Verdienst, den ihm ein Kunde verschaffte, verschwieg er lieber.

"Und jetzt Mund auf"

Mit einem Löffel schöpfte er etwas von der Suppe und führte sie zu Yomis Lippen hin.

Brav öffnete dieser, für den Moment schien er wenigstens vom Nachdenken und Protestieren abgekommen zu sein.
 

An diesem Abend schluckte Miyavi schwer. Als er das Geld durchzählte, wurde ihm bewusst, wie wenig er noch hatte. Wenn ihn nicht über Nacht die Geldfee besuchen kam, musste er spätestens morgen wieder arbeiten. Aber in diesem Zustand konnte er Yomi unmöglich alleine lassen..

Und wenn er einfach diese Nacht schon ging..?
 

"Yomi-chan?"

"Ja?", erwiderte der Kleine und schaute in die Richtung, wo die Stimme herkam.

"Du solltest jetzt schlafen. Dann verheilen die Wunden besser", antworte Miyavi, während er den Kopf durch den Spalt der Schiebetüre schob und in den Raum lugte.

Yomi nickte.
 

Er schaute auf die Uhr, linste dann noch einmal ins Schlafzimmer.

Alles klar, der Kleine schlief. Konnte er also für ein, zwei Stündchen verschwinden.. Hoffentlich wachte Yomi in dieser Zeit bloß nicht auf.

Schnell ging er in die Diele, zog sich seine Jacke über und prüfte noch einmal sein Aussehen im Spiegel. Dann schob er die Hotpants etwas hoch, schlüpfte in die enganliegenden Stiefel und verließ leise die Wohnung.
 

"Knie nieder"

Er beugte seinen Kopf und ging wie befohlen in die Knie.

Die Zehen des Mannes waren zu sehen; sie zeichneten sich blass gegen den schmutzigen Boden ab.

Sie waren hässlich, mit langen Nägeln versehen, die aussahen, wie die Krallen eines Tieres und schon längst geschnitten werden hätten sollen.

Als Miyavi hochsah, blickte er einem ebenso ungewaschenem Geschlechtsteil ins Gesicht.

"Saugen"

Miyavi überwand den Ekel mit einem Wimpernzucken und machte sich daran, den Schwanz seines Gespielen in den Mund zu nehmen. Den Breichreiz wie immer unterdrückend begann er dem Mann die Lust zu verschaffen, auf die dieser nur gewartet hatte.

Es dauerte nicht lange, bis er zu stöhnen begann, sich mit seinen Wurstfingern in des Strichers Haar krallte.

Miyavi duldete es. Umso weniger er sich beschwerte, desto besser zahlten die Kunden.

"Schneller"

Dem Verlangen des Mannes nachkommend, merkte er, wie dieser sich dem Höhepunkt näherte.

Wurde ja auch langsam Zeit.

Auf die leicht zitternden Beine seines Freiers starrend, hatte Miyavi ein ganz anderes Bild vor Augen. Das hier war ein Klacks. Wenn er bald wieder sein lachendes Gesicht sehen würde, dann war diese Arbeit um einiges leichter zu ertragen. Immerhin war es nur ein Job. NUR ein Job..

~~+~~

~Chapter 9~

Miyavis Unterkörper zitterte merklich, als er sich auf den Nachhauseweg machte, durch die immer noch beleuchteten Straßen Tôkyôs schritt und sich dabei nach einer Dusche sehnte. Wenn man erst mal die ganze Nacht die Beine breit gemacht hatte, konnte es zu gewissen Zeiten richtig schwierig werden, sich auf den hochhackigen Stiefeln zu halten.

Hoffentlich war Yomi nicht aufgewacht. Wenn er sich jetzt alleine in der Wohung wiederfand, konnte er wieder alles Mögliche anstellen.

Miyavi grinste. Der Kleine war wie ein Kind; wenn man nicht aufpasste, rannte er woanders hin und es dauerte Ewigkeiten, bis man ihn fand. Das war fast schon süß.
 

Miyavi wäre nicht im Mindesten darauf gekommen, dass der Mensch, der am Ende der Straße stand, nicht ein Fußgänger, der zwar vielleicht zu etwas ungewöhnlichen Zeiten spazierte, war, sondern ein Mensch mit ernsteren Absichten, als so schnell wie möglich ins Bett zu kommen. Der Stricher hatte auch nicht weiter an Yomis Vater gedacht nach dem Zwischenfall.

Dieser jedoch an ihn.

"Hey, kleine Nutte, kommst du von deiner 'Arbeit' zurück?"

Der gar nicht so schmächtige Mann trat an den Stricher heran, der nun aus seiner Gedankenwelt geweckt wurde. Miyavi blinzelte; was wollte dieser Mensch von ihm?

Der Tonfall und vor allem die Worte seines Gegenübers schockierten ihn nicht, er war es gewohnt, derbere Bezeichnungen an den Kopf geworfen zu bekommen.

"Was wollen Sie von mir?", erwiderte Miyavi deshalb, ohne sonderlich viel Reaktion zu zeigen.

"Was ich will, fragst du noch, du kleiner Hurensohn? Ich will meinen Sohn zurück! Du hast ihn mir weggenommen! Wie kannst du dir meinen Besitz aneignen? Denkst wohl, du bist 'was Besseres! Aber das bist du nicht, nur ein kleiner Bastard!", fauchte ihn der Mann mit schneidender Stimme an.

Nun wurde Miyavi wirklich sauer. Vor ihm stand genau der Mensch, der für all das verantwortlich war, was in Yomis Leben schief gelaufen war. Und dieser Dreckskerl wagte es, ihn anzumachen? Ansprüche auf Yomi haben zu wollen?

"Halt die Klappe, Arschloch", zischte der Stricher zurück. "Yomi wird nie zu dir zurückkehren und du solltest ihn besser in Ruhe lassen"

Das war offensichtlich zu viel für den Älteren; aus dem Nichts holte er aus und wollte Miyavi damit treffen. Wollte.

Er verfehlte nur knapp Miyavis Gesicht und schlug ihm dafür in die Schulter. Dieser torkelte etwas zurück, keuchte unter der Brutalität. Jedoch ließ er das nicht lange auf sich sitzen und holte zum Rückschlag aus, traf seinen Gegenüber um einiges besser; an der Wange. Der Mann stolperte rückwärts, schien zu fallen und erlangte doch wieder das Gleichgewicht.

"Das wirst du mir büßen!", schrie er vollkommen außer sich und stürtzte sich erneut auf den Größeren, der ihn nicht abwehren konnte und nun wirklich zu Boden ging. Kein Wunder bei den Stiefeln.

Es dauerte eine Weile bis Miyavi sich wieder erholt hatte und aufstehen konnte; er wusste, dass ihm hier niemand helfen würde. Nicht, wenn jemand wie er sich mit jemandem anlegte, der einen viel seriöseren Eindruck machte. Musste er sich wohl selbst aus dem Schlamassel befreien.

"Können wir das anders auch regeln? Willst du Geld?", versuchte er es deshalb, sein Tonfall ruhig und distanziert.

Der Mann hielt in seinem neuerlichen Tun inne.

"Geld..?"

Seine Stimme klang wie die einer Schlange, doppelzüngig und schmierig.

"Wie viel willst du?"

Hoffentlich ließ sich durch Geld zumindest dieser Frieden erkaufen. Miyavis innerliches Flehen wurde erhört; der Vater hatte scheinbar den Braten gerochen und setzte jetzt zu neuen Worten an.

"Gib mir alles, was du hast"

Der Stricher verkniff sich ein Schlucken; wenn er ihm alles aushändigte, war die komplette Schufterei heute völlig sinnlos gewesen..

Jedoch nickte er, ohne sich seine Zweifel anmerken zu lassen, und stellte eine weitere Frage.

"Wenn du uns dann in Ruhe lässt"

Das Gesicht des Fremden verzog sich zu einem Grinsen.

"Gib mir erst das Geld, dann werden wir sehen.."

Miyavi hatte kein gutes Gefühl dabei - dieses Geschäft war wirklich auf wackeligen Beinen gebaut - aber was blieb ihm denn anderes übrig? Er konnte sich eine Schlägerei wirklich nicht leisten.

Innerlich dem Drang, den Mann anspucken zu wollen, widerstehend, reichte er diesem seine Yen-Scheine, die er sich vorhin mit viel Mühe verdient hatte.

"Für heute ist das genug..", gab Yomis Vater von sich, als er das Geld erst mal in der Hand hatte, nicht ohne schleimig und zweideutig zu grinsen.

Miyavi wusste, dass es damit noch nicht zu Ende war.

Dass er sich auf härtere Zeiten einstellen musste.

Aber zumindest war es für heute vorbei. Was in der Zukunft lag, war erst relevant, wenn er unmittelbar davor stand. Und da würde er schon vorbereitet sein.

Ganz bestimmt.
 

Es war stockdunkel, als Miyavi die Tür zur Wohnung öffnete und leise seine Stiefel abstreifte, sich ebenso leise aus seiner Pelzjacke wand und sie in den Schrank legte.

Es war auch noch dunkel, als Miyavi von der Dusche kam und sich auf seinem Fuiton zusammen rollte, die Augen schloss und hoffte, bald zu schlafen.
 


 

"Du warst in der Nacht weg, oder?"

Yomis Worte kamen plötzlich in die Stille, sie saßen gerade im Wohnzimmer und aßen Toast. Übrigens den letzten, den sie noch hatten.

"Nein, ich war da", gab Miyavi zurück und sah nicht von der Zeitung auf.

Dass Yomi schwieg und auch sonst keine Anstalten machte, nachzuhaken, wunderte ihn jedoch, und so hob er seinen Kopf nach ein paar Sekunden. Yomis Gesichtsausdruck war irgendwo zwischen Schmerz und Schuld angesiedelt.

Natürlich, der Kleine dachte immer noch, er wäre ihm eine Last.

"Du weißt, was ich von Beruf bin, oder?"

Yomi nickte langsam.

"Gut. Dann weißt du auch, dass ich ab und zu arbeiten muss"

Schneller hätten sich Yomis Wangen wirklich nicht rot färben können. Peinlich berührt murmelte er: "Es tut mir leid.. Ich frage nie wieder nach.. I-ich will dich nicht einschränken.. Ich bin nur aufgewacht und.. und.. und"

Den letzten Teil des Satzes sprach er nicht aus, musterte stattdessen seine Finger, die er jetzt in seinem Schoß knetete.

"Und was..?", fragte Miyavi mit sanfter Stimme nach; wenn er zu harsch sprach, verschreckte er ihn nur wieder.

Yomi sah nicht auf, als er sagte:"Ich hatte Angst um dich"
 

Angst? Warum hatte er Angst um ihn? Es war sein Job, er machte ihn sieben Tage die Woche und das seit er 15 war. Niemand hatte sich jeh Sorgen darüber gemacht, ob er auch am Morgen wieder in seinem Bett lag, ob ihn die Kunden auch halbwegs human behandelten.
 

"Du musst dir keine Sorgen um mich machen, gewöhn' dich einfach dran, dass ich um drei, vier Uhr zuhause bin"

Damit lächelte der Stricher.

"Und was ist, wenn ich mich nicht daran gewöhnen will.."

Die Stimme, die den Satz aussprach, war zu einem Flüstern geworden und die Person selbst machte den Anschein, als würde sie am liebsten unter den Tisch kriechen.

Miyavis Augen weiteten sich; hatte er eben richtig gehört oder spielten ihm seine Ohren schon Streiche am hellichten Tag?

"Du.. warum tust du das..?", erwiderte er mit Unfassbarkeit in der Stimme.

Es dauerte etwas, bis die Antwort kam. Wie es schien, musste sich Yomi erst Mut antanken, um das zu sagen, was ihm auf der Zunge lag.

"Weil ich dich mag. Du bist mein Retter.."

Miyavi schloss seine Kinnlade, die ihm vorhin heruntergeklappt war.

Natürlich. Er war "der Retter".

Den musste man ja mögen.

Auch wenn es in diesem Fall kein schöner Prinz mit weißem Ross war, sondern nur eine Hure auf zwei Beinen.

~~+~~

~Chapter 10~

"Hey, du siehst heute schon viel besser aus"

Ein viel zu durchschaubarer Versuch, vom Thema abzulenken.

Aber bei Yomi wirkte es.

"Findest du?", richtete der Kleine das Wort an Miyavi und machte dabei einen derart diffusen Eindruck, dass der Stricher wusste, dass er noch nicht in den Spiegel geschaut hatte.

"Warte kurz.."

Miyavi richtete sich auf und kroch zum Schrank, der an der Wand stand. Erst einmal eine der Laden geöffnet, kramte er darin herum und fand schließlich auch was er gesucht hatte; einen Spiegel.

"Hier. Schau' rein"

Yomi tat, wie ihm geheißen.

"Miyavi.. ich sehe immer noch gleich aus.. Gleich.. hässlich..", murmelte er dann, sein Gesicht zu einem leidvollen Ausdruck verzogen.

Es dauerte eine Weile, bis der Stricher sich dazu durchrang, auf die ernüchterten Worte Yomis zu antworten.

"Du bist schöner, als du denkst"

Damit begutachtete er seinen Toast, bevor er schließlich herzhaft hineinbiss und genussvoll kaute.

"Lecker, dieser Toast"

Yomi richtete seinen Blick verlegen auf die Tischplatte, fixierte die restlichen Brotscheiben mit seinen Augen.

Miyavi wusste auch ohne den Kleineren zu sehen, dass dieser so reagiert hatte.

Nicht umsonst hatte er das Gesprächsthema aufs Essen gelenkt.

"Du solltest wirklich noch etwas essen, dann bist du bald wieder topfit"

Yomi nickte und langte mit weiterhin gesenktem Kopf nach dem Brot, welches er dann aß, als würde er auf Papier kauen.

Der Stricher hielt es nicht länger aus.

"OK. Es war weder als Kompliment gedacht, noch wollte ich dich anmachen. Ich habe einzig und allein die Wahrheit gesagt. Du solltest dich selbst wirklich nicht so runter machen, du siehst.."

Miyavi musterte kurz die Decke, wandte sich dann wieder seinem Gegenüber zu.

"..nicht so übel aus"

Dass ihm ganz andere Worte auf der Zunge gelegen hatten, verschwieg er.

Es war lächerlich, darüber zu sprechen.

Der Toast in Yomis Hand fiel auf den Teller. Es war ein viel zu lautes Geräusch in der Stille.

"Danke..", murmelte er leise.

"Das ist nett von dir"

"Warum habe ich bloß das Gefühl, dass du mir nicht glauben willst?", fragte Miyavi und legte langam seine Handflächen auf den Tisch, wendete sich ganz Yomi zu.

"Ich kann es nicht", kam es kaum hörbar zurück.

Alles, an dem Körper des Kleineren deutete darauf hin, dass er nicht darüber sprechen wollte.

Miyavi wusste, dass es ihm schon schwer fallen musste, wenn er das Thema nur erwähnte, also beschloss er, nicht weiter nachzuhaken und die Dinge ruhen zu lassen.

"Ich muss nachher arbeiten. Du kannst Fernseh schauen, die Fernbedienung müsste hier irgendwo rumliegen.. Aber kannst dich ja auch als Koch versuchen"

Sein kurzes Zwinkern entlockte Yomi ein Lächeln.

"Wie du willst. Möchtest du etwas Bestimmtes?"

"Naja.. Wenn du das schon so ernst nimmst.. Wie wärst mit gebratenen Nudeln? Es müssten noch Nudeln im Schrank sein und Gemüse ist auch irgendwo.. Zumindest Karotten, soweit ich weiß..", erwiderte Miyavi etwas überrascht, während er gleichzeitig versuchte, sich daran zu erinnern, wo nochmal das verdammte Grünzeug war.

Er gab es schließlich auf; Yomi musste wohl heute auf Schnitzeljagd gehen.

"Na dann bis später, Kleiner. Ich bin in etwa vier Stunden zurück", fügte er noch hinzu und erhob sich, wischte sich dabei die letzten Krümel von seinen Lippen.

Yomi nickte, murmelte dann "Pass auf dich auf", ehe er, rot wie er schon wieder war, einen Punkt hinter dem Stricher anvisierte.

Miyavi unterdrückte ein Grinsen und drehte sich um, verließ die Wohung.
 

Die Straße war belebt wie eh und jeh; Tôkyô war nicht gerade das idyllischste, ruhigste Pflaster der Erde. Es war nicht schwer, in den Menschenmassen unterzutauchen, eins zu werden mit ihnen und so nicht aufzufallen, obwohl Miyavis Kleidung durchaus gewagt war. Nicht jedermann schlenderte am hellichten Tage - und das unter der Woche - mit Strapsen um die Beine gespannt durch die Straße.

Nahtlos verschmolz er trotzdem mit dem Rest der Bevölkerung, trat hinter eine Maske der Anonymität. Genau das war es, was Miyavi an Tôkyô so liebte; niemanden interessierte es, wer er war.

Nicht einmal seine Freier.

Vielleicht die am wenigsten von allen.
 

Als Miyavi in eine etwas ruhigere Seitenstraße trat, war es nicht wie ein sanftes Wegbleiben der Geräusche sondern eher wie eine beängstigende Stille von einem Augenblick auf den anderen. Es irritierte ihn nicht.

Ganz im Gegenteil. Wenn die Gegend unbewohnt und nicht stark frequentiert war, hieß das nur, dass er eher Kunden bekam. War klar - wer würde schon einen Strichjungen auf offener Straße angraben?! Wohl keiner.
 

Der schwarze Wagen mit den verdunkelten Fenstern, der jetzt mit quälend langsamer Geschwindigkeit heranfuhr, war Miyavi durchaus bekannt. Noch bevor er zum Stehen kam, hatte der Stricher ein "Du.." in das von dem jetzt heruntergekurbelten Fenster geöffneten Inneren gesprochen.

"Wie ich sehe, munter wie immer"

Miyavi grinste in das Gesicht, welches ihn aus der Dunkelheit des Autos heraus betrachtete.

"Hast mich wohl vermisst, was?"

Die Gestalt im Innern lachte kurz. Es war ein tiefes, warmes Lachen.

"Steig ein"

Ohne weiter herumzutrödeln stieg der Junge in den Wagen.
 

"Na.. wie läuft dein Leben..?"

Seine Hand strich sanft über Miyavis Oberkörper, verweilte kurz auf dessen Brustwarzen, um ihnen eine Sonderbehandlung zuteil kommen zu lassen. Er hatte sehr weiße Haut, fast schon porzellanartig, die sich, obgleich ihrem kalten Aussehen, warm an des Strichers Körper schmiegte.

"Ich kann mich nicht beklagen.. Ein wenig Geldknappheit hier und ein Schlägertyp da.. Aber ansonsten alles wie gewohnt"

Miyavi schloss kurz die Augen, als er eine Berührung zwischen seinen Beinen spürte. Sein Gegenüber hatte sein bestes Stück in der Hand und war nun drauf und dran, es zu verwöhnen, hielt jedoch inne, als er die Worte vernahm.

"Ein Schlägertyp..?"

"Nicht der Rede wert.. Der Vater einer meiner Kunden wahrscheinlich.. Hat wohl gecheckt, was sein Sohnemann in seiner Freizeit so treibt.."

Miyavis leises, nicht sehr ehrliches Lachen erfüllte den dunklen Raum, in dem sich, außer dem Bett, nur wenige andere Einrichtungsgegenstände befanden.

"Meine Männer leisten gute Arbeit", gab der junge Mann mit der warmen Stimme zurück und widmete sich weiter dem Bearbeiten von Miyavis Geschlechtsteil. Dieser schloss entgültig die Augen und drückte seinen Unterleib etwas der Person mit den zarten Fingern entgegen.

"Mach' dir keine Sorgen. Ich werd' schon allein damit fertig.."

"Wie du willst"

Damit zog er seine Hand zurück und schob stattdessen sich zwischen Miyavis Beine. Nach einem kurzen, liebevollen Blick, den er dem Menschen unter sich schenkte, hob er die Schenkel des Strichers an und drang in ihn ein.
 

"Liebst du mich?"

Der Mann strich sich eine Strähne seines silbernen Haares, die sich ihren unheilvollen Weg in seine Stirn gebahnt hatte, aus dem Gesicht und begutachtete Miyavis Rücken, welcher sich jetzt zurück in sein bauchfreies T-Shirt bewegte.

Es dauerte etwas, bis Miyavi sich umdrehte, lächelte.

"Ich liebe dich doch immer, Bruder"
 

~+~



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Kommentare zu dieser Fanfic (49)
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Von:  Rabbid
2007-03-11T19:40:15+00:00 11.03.2007 20:40
*unglücklich warten tut*
;o;


XDDD ach man, ich liebe die ff~ >__<
Von:  Rabbid
2006-05-14T20:27:09+00:00 14.05.2006 22:27
wann geht's denn weita ;____________________;
Von: abgemeldet
2006-03-17T02:17:36+00:00 17.03.2006 03:17
ich weiß gar nich was ich schreiben soll.

ich finde deine ff super fesselnd und bin grade etwas sauer auf dich, dass das so auffhört -g-
hoffe, dass du bald ein neues chap hochladen kannst.
eine ens wäre nett, falls du welche verschickst, dass ein neues da ist ^^
Von:  tayo
2006-03-11T10:37:17+00:00 11.03.2006 11:37
hammer geschichte!
fortsetzung erwünscht^^
Von: abgemeldet
2006-03-09T00:02:12+00:00 09.03.2006 01:02
Mh ~ myv's bruder *__*
das könnte sehr sehr interessant werden xD ~~
freue mich schon aufs nächste Kapitel^__^
Von: abgemeldet
2006-03-08T23:56:02+00:00 09.03.2006 00:56
x.x .. *den Vater kill* ..
myv tut mir so leid ;_____; der arme wie er leidet ..
Von: abgemeldet
2006-03-08T23:50:51+00:00 09.03.2006 00:50
*___* die kusszene war so toll ~~~~~
*last paragraph mal schnell überlesen hat x.x*
armer myv..
Von: abgemeldet
2006-03-08T23:44:37+00:00 09.03.2006 00:44
;___; ich bin gerührt .... die fanfic ist so toll ;__; .....
*schnell weiterles*
Von: abgemeldet
2006-03-08T23:37:34+00:00 09.03.2006 00:37
voll süüß, wie sich myv um yomi kümmert *__*~
aber dass dieser dann einfach abhaut ~ .__.~
*gespannt aufs next chapter is*
Von: abgemeldet
2006-03-08T23:26:39+00:00 09.03.2006 00:26
*___* *absolut fasziniert* ~
kann es kaum erwarten die anderen Kapitel zu lesen *__*


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