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Magenta I

Willkommen in der World of Warcraft
von

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Oger! Oger!

Es soll Leute geben, die bei dem Wort „Oger“ an einen etwas hässlichen Kerl denken, der von Kopf bis Fuß hellgrün ist, seltsame Ohren und eine Affinität zu Zwiebeln hat und irgendwann einmal eine Prinzessin finden wird, die ihn heiratet und mit ihm glücklich bis an sein Lebensende ist. Meist gehen diese Leute auch noch davon aus, dass er mit einem sprechenden Esel und einem süßen Kätzchen in hohen Lederstiefeln befreundet ist. Diese Leute haben noch nie vor einem richtigen Oger gestanden.
 

Das Einzige, was an dem Ding, das da etwa zehn Meter von Magenta entfernt vor sich hin schnarchte, grün war, waren seine riesigen Füße. Wobei es sich dabei auch weniger um das erfreuliche Grün frischer Limetten, sondern viel mehr um ein schlammiges, schmuddeliges Olive-Ocker handelte, das davon herrührte, dass der Koloss barfuss herumzulaufen pflegte. Die gnomgroßen Füße, gingen, ohne sich damit aufzuhalten, sich zuerst noch zu Fesseln zu verjüngen, in muskelbepackte Beine über, deren obere Enden hinter einem stramm sitzenden, blauen Lendenschurz verschwanden. Dieser war zwar unter dem feisten Bauch fast überhaupt nicht mehr zu erkennen, fand jedoch farblich passende Gegenstücke in zwei Stoffstreifen, die um gewaltige Unterarme gewunden waren. Deren Breite, die Magenta verdächtig an ihre Beine erinnerte, wurde nur noch von den aufgeblähten Oberarmen übertroffen, die mit ihrer Masse den breiten Nacken zu stützen schienen. Das war deswegen nötig, weil der hässliche Kopf des Ogers schräg nach hinten gekippt war und bei jedem erneuten Schnarchen einen Blick auf ein monströses Maul mit gelben, wackersteingroßen Zähnen enthüllte. Der gewaltige Kopf wurde schließlich von einem stumpfen Horn gekrönt, das wie die missgestalteste Karikatur eines Einhorns wirkte, die Magenta je gesehen hatte. Die korrekte Zusammenfassung eines Ogers lautete somit: hässlicher Fleischberg mit Mundgeruch und schlechtem Schneider.
 

„Seht ihr das?“, flüsterte Emmanuelle aufgeregt. „Der sitzt mit seinem dicken Popo auf einer Kiste. Ob das die ist, die wir wiederbeschaffen sollen?“

„Bei unserem Glück ja.“, brummte Magenta. Ihr war dieser Ogerhort nicht geheuer. Das kleine, steinige Tal, das unweit des Hauptweges lag, war voller Geröll und Unrat. Die wenigen Bäume waren teilweise zersplittert und kahl, fast so, als hätte eine ganz Meute von Bären sie als Kratzbaum missbraucht. Dies konnte unmöglich das Werk eines einzigen Ogers sein, und Magenta hatte keine Lust, auch die nahe Verwandtschaft des schnarchenden Fettkloßes kennen zu lernen.

Wie von selbst glitten ihre Finger zu Jhazdoks Armschienen, die ihr Schakal heute Morgen wiedergebracht hatte. Vielleicht wäre es klüger gewesen, diesen jetzt zu beschwören, doch sie traute Risingsun nicht über den Weg. Die Paladina hielt zwar augenscheinlich den Waffenfrieden, zu dem sie sich von Abumoaham hatte überreden lassen, doch wenn der große, blaue Leerwandler ständig vor ihrer Nase herumtanzte, hielt dieser Zustand vielleicht nicht sehr lange an.

„Irgendwelche konstruktiven Vorschläge?“, wollte Risingsun wissen und musterte den Oger abschätzend.

„Ich können einfrieren.“, bot Abumoaham an. „Dann wir nehmen Kiste und sein weg schnell.“

„Ja genau.“, spottete Schakal. „Und wer nimmt sich dann einen Eispickel und hämmert die Kiste von dem Ogerhintern? Ich bestimmt nicht!“

„Wie wäre es mit Feuer?“, schlug Emmanuelle vor. „Ich heize ihm ordentlich ein und…“

„Abgelehnt.“, sagte Risingsun entschieden. „So ein Oger hält eine ganze Menge aus und sei mir nicht böse, aber wenn er auf dich drauftritt, müssten wir wahrscheinlich den Verlust unserer Lieblingsgnomin beklagen. Das könnte ich nicht zulassen.“

Im Stillen fragte Magenta sich, warum sich diese Rede eigentlich nur in ihren Ohren nach einer Beleidigung anhörte, während alle anderen Anwesenden offensichtlich von Risingsuns Fürsorglichkeit beeindruckt waren.

„Das Einzige, womit einem Oger beizukommen ist, ist rohe Gewalt.“, bestimmte Risingsun weiter. „Für einen guten Kämpfer ist das wirklich schnell gemacht. Blade, könntest du mal eben?“

Bladewarrior schreckte aus seinen Gedanken hoch und Magenta war sich sicher, dass eine gewisse Blondine darin eine große Rolle gespielt hatte.

„Wer? Ich? Was?“, stammelte er.

„Der Oger.“, flötete Risingsun. „Sei doch so gut, und nimm ihm eben die Kiste ab, ja?“

Bladewarriors Nase färbte sich verdächtig rosa. „Aber sicher.“, nuschelte er, packte seine Äxte fester und stiefelte in Richtung des schlafenden Kolosses davon.

„Er hoffentlich wissen, Oger nicht so plump seien wie aussehen.“, murmelte Abumoaham. „Und Oger stark…“

„Ach, er schafft das schon.“, winkte Risingsun ab. Der Ausdruck, den sie dabei in den Augen hatte, gefiel Magenta gar nicht. Er erinnerte sie an eine Katze, die eine Maus entdeckt hatte und sich in Gedanken bereits ein Lätzchen umband. Nicht, dass Magenta diese Einstellung gestört hätte; es fiel ihr nur auf, dass die Katze die Maus nicht selber fing, sondern den Hund schickte, um sie für sich zu holen. Aber was war der Grund dafür?

Als Bladewarrior sich dem Oger näherte, kam in Magenta langsam das Gefühl auf, dass die Erledigung dieses Riesen vielleicht doch nicht „mal eben schnell“ gemacht war. Blade, der nun wirklich kein schmalbrüstiger Hänfling war, wirkte neben dem Oger wie ein Kind von vielleicht zehn Jahren. Einzig die Tatsache, dass der Oger auf der fraglichen Kiste schlief, hätte es ihm ermöglicht, dem Monster den Schädel zu spalten, ohne sich eine Leiter zu holen…und ohne dass der Oger aufwachte.

In diesem Moment ahnte Magenta, dass Risingsun wahrscheinlich genau das geplant hatte. Der Oger war eine harte Nuss; ihn zu töten, während er noch schlief, war daher eine plausible Lösung des Problems. Allerdings hätte das Licht der Paladina lange nicht so hell gestrahlt, wenn sie dies selber tat. Schickte sie jedoch einen Krieger voraus, von dem man ohnehin annahm, dass es seine Aufgabe war, Monstern ein blutiges Ende zu bereiten, rückte man den an sich ruchlosen Mord in eine ganz andere Perspektive. Zu dumm war nur, dass Risingsun Bladewarrior nicht so gut kannte, wie sie annahm.
 

Als der junge Krieger bei dem schlafenden Oger ankam, blieb er zunächst unsicher stehen. Magenta sah seinem Hinterkopf förmlich an, wie sich die Zahnräder darin bewegten. Einige Augenblicke betrachtete er das schlafende Monster schweigend…und dann tat er, was er nicht tun sollte: Seine Hand griff vor und wollte dem schlafenden Riesen an die Schulter tippen.

„Nein, nicht!“, zischte Magenta. „Du musst einfach draufhauen.“ Sie unterstützte ihre Worte mit eindeutigen Gesten. Zu ihrer Erleichterung hatte Bladewarrior sie gehört; seine Hand stockte wenige Zentimeter vor dem Oger. Mit fragendem Gesichtsausdruck drehte er sich zu ihr herum.

„Was hast du gesagt?“, rief er quer über den Platz. „Du musst lauter sprechen, sonst verstehe ich dich nicht.“

Danach war es nicht vollkommen ruhig; das verdächtige Rascheln und bedrohliche Wispern der Bäume um sie herum war nicht leiser geworden und das Heulen des Windes, der um die steinigen Felswände strich, war nicht schlagartig verstummt. Trotzdem erschien es Magenta, als wären alle Geräusche mit einem Mal auf einen Bruchteil ihrer vorherigen Lautstärke reduziert. Nun ja, vielleicht nicht alle Geräusche, zumindest aber das Schnarchen des Ogers. Um so lauter erklang dafür sein Schrei.
 

„RAAAARRRRRR! Ich zerquetschen, Mensch!“, brüllte er und ließ zur Bestätigung dieser Drohung eine zwei Meter lange, mit einem Metalldorn besetzte Keule durch die Luft sausen.
 

Bladewarrior wirbelte herum und riss noch gerade rechtzeitig seine Äxte nach oben. Die stachelbesetzte Keule des Ogers schlug mit einem ohrenbetäubenden Krachen dagegen und für einen Moment sah es so aus, als würde die pure Wuchte des Schlages ausreichen, um den Krieger unangespitzt in den Boden zu rammen. Dann jedoch wich er einen Schritt zurück und ließ den Oger durch seinen eigenen Schwung getragen an sich vorbeitaumeln. Erstaunlich schnell fing sich der Koloss wieder und setzte erneut zu einem Schlag mit der Keule an. Wieder wich Bladewarrior zurück, so dass der Hieb des Ogers diesmal ins Leere traf. Der Krieger tänzelte um den Oger herum und versuchte immer wieder, seinerseits einen Hieb anzubringen, doch das Einzige, was er traf, war die riesige Keule. Schließlich blieb eine seiner Äxte in der hölzernen Waffe stecken und ehe er sich versah, hatte ein Ruck sie seinen Händen entrissen.

Der Oger lachte laut auf. „Deine Waffe jetzt gehören mir.“, grinste er und versuchte Bladewarrior auch noch die zweite Axt wegzunehmen. Geistesgegenwärtig ließ der Krieger die Waffe herum wirbeln und ein fetter Ogerfinger flog getrennt von seinen Kameraden durch die Luft.

Missmutig starrte der Oger den blutigen Stumpf an. „Du nicht nett.“, grunzte er. „Ich dich hauen in Gesicht!“

„Versuch´s nur.“, knurrte Bladewarrior, ließ seine Axt fallen und stürzte sich auf den Oger. Statt jedoch mit den Fäusten auf ihn einzuprügeln, griff er nach der Keule des Ogers und zog daran. Der Riese war davon so überrascht, dass es Bladewarrior fast gelungen wäre, die Waffe an sich zu bringen. Gerade noch rechtzeitig reagierte der Oger.

„Du nicht bekommen Kloppe-Kloppe.“, kreischte er und zog an seinem Ende der Keule, so dass Bladewarrior zwei Schritte nach vorne machte. Im letzten Moment stemmte der Krieger sich mit aller Kraft in den Boden.

„Du hast meine Axt.“, keuchte er. „Dann will ich deine Keule.“

„Nein.“

„Doch.“

„Nein!“

„Doch!“

„NEIN!“

„DOCH!“
 

„Wie lange willst du dieser äußerst eloquenten Unterhaltung denn noch zuhören, bevor du mal auf die Idee kommst, dir die Truhe zu schnappen?“, wollte eine Stimme zu Magentas Füßen wissen. Bevor sie Pizkol jedoch darauf antworten konnte, drängte sich bereits Risingsun an ihre vorbei.

„Das Ding hat Recht.“, sagte sie. „Holen wir die Kiste, bevor der Oger Blade zermalmt.“

„Wie wäre es, wenn wir ihm helfen?“, schnappte Magenta wütend.

„Später.“, wiegelte Risingsun ab und lief geradewegs auf die inzwischen verwaiste Kiste zu.
 

Unschlüssig beobachteten die restlichen Mitglieder der Abenteurergruppe das ungleiche Tauziehen um die Keule des Ogers. Bladewarrior schaffte es immer, den Oger bis zu einem kleinen Baum zu ziehen, doch kurz bevor der Krieger sich daran festhalten konnte, zerrte der Oger ihn wieder in die entgegensetzte Richtung bis zu einem Felsen, an dem Blade dann jedes Mal energisch die Füße in den Boden stemmte und die Reise wieder andersherum losging. So verging etwa eine Viertelstunde, wie Schakal nach einem liebevollen Blick auf eine kleine, goldene Taschenuhr verkündete.

„Ob Blade das schafft?“, überlegte Emmanuelle schließlich laut. „Ich könnte sonst ja mal einen kleinen Feuerball…“

„Nein, ich bessere Idee.“, warf Abumoaham ein. „Aber dazu ich brauchen Taschenuhr.“

Auffordernd hielt er Schakal seine Hand hin. Der Zwerg blinzelte überrascht.

„Aber die ist aus Gold.“, schimpfte er dann.

„Oh, das sein gut geeignet.“, lächelte Abumoaham.

„Aber…ich meine…aus GOLD.“, zeterte der Zwerg und hielt beide Arme über der Brust verschränkt.

„Du bekommen wieder.“, versicherte der Magier.

Vier Augenpaare nagelten Schakal förmlich am steinigen Boden fest. (Pizkol war damit beschäftigt, um die mit der Kiste beladene Risingsun herum zu hüpfen in der Hoffnung, dass sie stolpern und sich den Hals brechen würde, was diese mit einigen unsanften Fußtritten quittierte.) Widerwillig grummelnd rückte Schakal die Uhr heraus.

„Aber sei vorsichtig damit, das ist ein Erbstück.“, jammerte er und fügte etwas leiser hinzu: „Nehme ich zumindest an. Ich hab den Besitzer nicht gefragt.“
 

Fröhlich pfeifend machte sich Abumoaham auf den Weg zu den beiden inzwischen schon etwas erschöpften Raufbolden. Anstatt sich anzuschreien waren sie inzwischen dazu übergegangen, sich böse anzustarren und ansonsten zwischen den Zieh- und Zerraktionen nach Luft zu schnappen. Stumm folgten ihre Blicke dem bunten Magier, als er sich zwischen sie gesellte.

„Ich bitten um Aufmerksamkeit.“, verkündete er mit lauter Stimme und hielt Schakals Uhr in die Höhe. „Hier Sie sehen, was Sie noch nie gesehen. Sehen Sie genau hin.“

Damit begann er, die Uhr vor den Augen des Ogers hin und her zu schwenken. Wäre der Unhold nicht bereits so entkräftet gewesen, hätte der Zauberer sicherlich keine besonders guten Karten gehabt. So jedoch folgten die tellergroßen Augäpfel wie von einer Schnur gezogen dem wedelnden Goldding.

„Sie seien ganz entspannt.“, flüsterte Abumoahams Stimme ihm ins Ohr. „Sie sich fühlen gut. Sie seien seeehr friedlich.“

„F-friedlich.“, schnaufte der Oger.

„Sie sich fühlen ganz klein und wollig und haben vier Beine.“

Der Oger ließ seine Keule fallen und sank auf die Knie.

„Ihr größter Wunsch es seien, zu fressen Gras und zu liegen in Stall.“, intonierte Abumoaham weiter. “Und von jetzt an Sie seien ein Schaf.“

„Määäh.“, machten der Oger und Bladewarrior gleichzeitig.

Irritiert sah der Magier zu dem jungen Krieger hinunter, der höchst interessiert an einer einsamen Butterblume schnüffelte. Wie aus dem Boden gewachsen stand Risingsun neben ihm.

„Was soll denn der Blödsinn?“, fauchte sie und ließ die Kiste aus ihren Armen auf den Boden fallen. „Blade, steht auf und trag das da.“

Bladewarrior musterte sie höchst gleichgültig und kaute auf seinem vegetarischen Fundstück herum. Wütend stampfte die Paladina mit dem Fuß auf. Dann packte sie den Krieger bei den Schultern, zog ihn in die Höhe und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Benommen schüttelte Bladewarrior den Kopf.

„Was ist los?“, murmelte er verwirrt. „Und was ist mit dem Oger?“

Der Oger war inzwischen dazu übergegangen, laut blökend durch die Gegend zu laufen. Anscheinend hatte der Zauber nicht seinen Appetit beeinträchtigt und da auf dem kahlen Steinboden nichts Grünes mehr zu finden war, trottete das Oger-Schaf in Richtung Ausgang und hatte seine Widersacher so vollkommen vergessen, wie es nur ein Schaf tun konnte.

„Das wir erklären später.“, drängte Abumoaham. „Wir besser nehmen Kiste. Ich nicht wissen, wie lange Zauber halten.“

„Also los!“, kommandierte Risingsun und eilig verließen die Abenteurer das ungastliche Tal. Bladewarrior allerdings konnte es sich nicht nehmen lassen, die große Keule mitzunehmen, die der Oger zurückgelassen hatte. Diese trug er dann auf dem Rückweg mit einem so seligen Gesichtsausdruck durch die Gegend, dass Magenta nicht umhin konnte zu bemerken, dass der Unterschied zwischen einem bezauberten und einem nicht bezauberten Bladewarrior nicht besonders groß war.
 

Calvinius erwartete sie schon sehnsüchtig. „Ah, meine Truhe. Endlich.“, rief er aus und einem aufmerksamen Beobachter wäre sicherlich das Glitzern aufgefallen, das er dabei in seinen Augen hatte. Der Einsiedler zog einen kleinen Sack Münzen hervor und warf sie Risingsun zu.

„Hier, für Euch und Eure Freunde.“, sagte er mit einer kleinen Verbeugung. „Nun werde ich mein Werk vollenden können.“

„Wir haben gern geholfen.“, antwortete Risingsun. „Können wir sonst noch etwas für Euch tun?“

Calvinius überlegte einen Augenblick, dann bemächtigte sich ein bösartiges Lächeln seines Gesichts. „In der Tat, das könnt Ihr.“

Er ging zu einem kleinen Schrank und nahm eine Pergamentrolle und eine Feder heraus. Mit einem Kichern schrieb er einige Sätze auf das Pergament, rollte es zusammen und versiegelte den Brief.

„Hier.“, sagte er und gab Risingsun das Schriftstück. „Bringt die zu Ello Ebonlocke, dem Bürgermeister von Darkshire. Wir sind alte Freunde und wenn er dies liest und herausfindet, was Ihr für mich getan habt, wird er sich sicherlich genauso freuen wie ich.“
 


 


 

Die Oberfläche des Mystralsees glitzerte im frühen Morgenlicht, Vögel sangen ihre ersten Lieder in den Bäumen und ein Reh trat aus einer Baumgruppe an den Rand des Wassers um zu trinken. Es neigte den schlanken, mit seidigem Fell bedeckten Hals und streckte die schwarze Nase vorsichtig nach den kristallklaren Fluten aus. Etwas schien allerdings nicht in Ordnung zu sein, denn seine Ohren zuckten nervös hin und her und es schnüffelte misstrauisch an dem kühlen Nass. Dann jedoch, als es keine Gefahr erkennen konnte, berührten seine Lippen die Wasseroberfläche.

Der eben noch so ruhigen See schäumten plötzlich auf, ein gewaltiger Arm, ganz aus Wasser, umschlang das ahnungslose Reh und zog es zu sich heran. Ein letztes, verzweifeltes Blöken, dann verschluckte die Oberfläche das hilflose Tier und ließ ein leeres Ufer zurück.

„Sehr Ihr, daher habe ich Euch vorhin gerufen, als Ihr in den See springen wolltet.“, erklärte die oberste Schildwache der Silberwindzuflucht, die sich den drei Nachtelfen als Selene Starstrike vorgestellt hatte.

Ceredrian nickte und starrte immer noch fassungslos in die jetzt wieder völlig harmlos wirkenden Fluten unterhalb der weitläufigen Terrasse, die, wie er jetzt bemerkte, unangenehm weit über den See hinausragte.

„Was hat diese Wasserelementare so werden lassen?“, fragte Easygoing. „Normalerweise beschützen sie doch die Quellen nur vor schädlichen Einflüssen, nicht aber vor harmlosen Waldtieren.“

„Wir wissen es nicht.“, gestand Selene Starstrike ein. „Sie töten jeden, der sich dem Wasser zu weit nähert, daher habe ich Wachen aufstellen lassen, um zu verhindern, dass jemand in ihre Fänge gerät.“

„Ihr habt wirklich keine Idee?“, vergewisserte sich Abbefaria.

„Nun ja…“, zögerte Selene mit einer Antwort. „Wir haben bei unseren Forschungen eine Schriftrolle mit einer seltsamen Nachricht gefunden. Sie stammt aus einem der Elementare, die wir überwältigt haben.“

Abbefaria sah sie neugierig an. „Wie lautet die Nachricht?“, wollte er wissen.

Selene zog ein Stück verwaschenes Pergament aus ihrer Tasche hervor, räusperte sich und begann zu lesen: „Ein böser Magier hat dies erschaffen, um vom Glutnebelgipfel auf dich zu gaffen. Er dich und deinen Freund verlacht, Ihr müsst zerbrechen seine Macht, allein der Tod…“

“Was für ein Blödsinn.“, unterbrach Easygoing sie. „Das ist das sinnlose Geschwätz eines Kindes.“

„Wir glauben das nicht.“, antwortete Selene. „Es gibt Gerüchte, dass ein untoter Magier sich tatsächlich im Brachland auf der Spitze des Glutnebelberges niedergelassen hat. Ihm wäre ein solcher Wahnsinn durchaus zuzutrauen.“

„Dann solltet Ihr schnellstmöglich jemand dorthin entsenden, um ihn aufzuhalten.“, warf Ceredrian ein.

„Wir suchen noch nach den geeigneten Frauen…oder Männern.“, antwortete Selene mit einem charmanten Lächeln.

„Wie wäre es…“, begann Ceredrian, doch Easygoing verhinderte, dass er weiter sprach, indem er ihn kurzerhand zur Tür hinaus schob.

„Wie wäre es, wenn ihr Verstärkung aus Astranaar dafür anfordert.“, rief der große Druide über die Schulter zurück. „Dort wird sich sicherlich jemand finden, der dieser Aufgabe gewachsen ist. Ande'thoras'ethil!“

Mit einem verlegenen Grinsen folgte Abbefaria seinen beiden Freunden. Draußen jedoch verschwand der Ausdruck so schnell aus seinem Gesicht, wie er gekommen war.

„Sag mal, spinnst du?“, fauchte er Easygoing an. „Diese Elfe…“

„War drauf und dran, unsere lieben Ceredrian dazu zu verpflichten, dass er ihr hilft.“, ergänzte Easygoing. „Aber für so etwas haben wir jetzt keine Zeit. Wir haben uns schon diese Sache mit den Furbolgs aufgeladen. Nachdem Shael´dryn uns gestern Abend wieder nach Astranaar geschickt hat, hat Maestra Wolfrunner uns doch eindringlich erklärt, wie wichtig es sei, eine schnelle Lösung herbeizuführen. Auf ihr Geheiß sind wir doch überhaupt nur hier. Um herauszufinden, was ihr Freund mit der Rute hier am Mystralsee gewollt hat. Meinst du nicht, wir sollten erst einmal eine Aufgabe beenden, bevor wir eine neue anfangen? Kannst du nicht einmal etwas zu Ende führen?“

Abbefaria wollte noch etwas erwidern, doch der Vorwurf hatte ihn tief getroffen; vor alle weil er wusste, dass etwas Wahres daran war. Er war immer schnell für etwas zu begeistern, aber wenn er es sich Recht überlegte, hatte er noch nie etwas Wichtiges in seinem Leben zu Ende geführt.

„Trotzdem gibt dir das kein Recht, meine Unterhaltung mit der Dame so rüde zu unterbrechen.“, maulte Ceredrian. „Sie hätte mir schon bald aus der Hand gefressen.“

„Oder du ihr.“, brummte Easygoing.

„Das ist nicht wahr, das weißt du genau, Cousin.“, wehrte sich Ceredrian nun ernsthaft aufgebracht. „Nur weil ich weiß, wie man Anstand und Höflichkeit schreibt, gibt dir das nicht das Recht, mich wie einen Idioten zu behandeln.“
 

Während er sprach, wedelte er unaufhörlich mit der magischen Rute vor Easygoings Nase herum. Plötzlich lösten sich kleine Lichtfunken daraus und die Spitze des Stabes begann zu glühen. Erschrocken hielt Ceredrian in seinem Tun inne, doch es war bereits zu spät. Es knallte und blitzte und eine weiße Rauchwolke hüllte Easygoing ein. Ängstlich betrachteten die beiden anderen Nachtelfen dieses Spektakel. Elfenmagie war nie mit so viel Lärm und Krawall verbunden, seit diese den arkanen Künsten abgeschworen und sich ausschließlich auf die der Natur innewohnende Magie zurückbesonnen hatten.

Als der Rauch sich verzog, ließ er eine seltsame Gestalt zurück. Sie war wesentlich kleiner als Easygoing, hatte ein dichtes, braunes Fell und trug einen Lendenschurz.

„Gruk-uff.“, machte die Gestalt. Erschrocken hielt sie sich das Maul zu. Dann begann sie, mit den klauenbesetzten Händen daran herumzutasten. Die Hände wanderten weiter über die Ohren, die Brust und schließlich blickte der Furbolg seine Vorderpfoten mit dem ungläubigsten Gesichtsausdruck, den Ashenvale je bei einem Vertreter seiner Art gesehen hatte.

„Mitiki uk grass chaka. Wraaaah!”, bellte die Gestalt und ging auf Ceredrian los.

Der Priester stolperte einen Schritt rückwärts, bevor er geistesgegenwärtig einen Schild aus Licht beschwor, um sich gegen die wildgewordene Bestie zu schützen.

„Abbe!“, rief er panisch.

So schnell er konnte, beschwor Abbefaria Wurzeln aus dem Boden hervor, die den keifenden und tobenden Furbolg an den Waldboden banden. Mit einem Satz überwand der Druide die Distanz zwischen sich und dem Bärenmenschen, holte aus und versetzte ihm einen gezielten Schlag in den Nacken. Der gefesselte Furbolg grunzte schmerzerfüllt und brach in die Knie. In diesem Moment erhob sich erneut eine Rauchwolke und als sie sich wieder verzog, saß in den Ranken Easygoing, der sich mit vorwurfsvollem Blick den Nacken massierte.

„Du hättest ja nicht ganz so fest zuschlagen brauchen.“, knurrte er und ließ mit einer Geste die Wurzeln wieder im Erdreich verschwinden. Ich hätte unserem kleinen Angsthasen schon nichts getan.“

Ceredrian verzog das Gesicht zu einer beleidigten Grimasse, doch dann fing er plötzlich an zu lachen.

„Wisst ihr was?“, prustete er. „Ich glaube, wir haben so eben herausgefunden, was diese tolle Rute kann.“

„Und was?“, grollte Easygoing, der immer noch nicht glauben konnte, wie fest Abbefaria zugeschlagen hatte.

„Na ist das nicht klar?“, gab Ceredrian augenrollend zurück. „Diese Rute ist in der Lage, uns in Furbolgs zu verwandeln. Wahrscheinlich können wir so mit ihnen kommunizieren.“

„Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?“, warf Abbefaria nachdenklich ein. „Würden sie drei fremde Furbolgs in ihrer Raserei nicht einfach in Stücke reißen, ebenso wie sie es mit Nachtelfen tun würde.“

„Vielleicht ja, vielleicht nein.“, antwortete Ceredrian nachdenklich. „Wahrscheinlich hast du Recht. Aber dann müssen wir eben einfach einen Furbolg finden, der noch nicht vom Wahnsinn besessen ist und der uns zuhört.“

„Na das kann ja heiter werden.“, brummte Easygoing. „Ceredrian, der Bärenflüsterer.“
 


 


 

Der Weg nach Darkshire war lang und dunkel, doch Magenta hatte keinen Blick mehr für die Schrecken, die sie rechts und links der Straße erwarten mochten. Sie beschäftigte sich vielmehr mit der Frage, wie Risingsun es schaffte, nach all ihren Erlebnissen noch auszusehen, als wäre sie gerade eben dem Bade entstiegen. Kein Schlamm, kein Schmutz, kein Staubkörnchen traute sich offensichtlich, die schimmernde Aura der Paladina zu durchbrechen. Magenta überlegte ernsthaft, ob das eventuell ein spezieller Schutzzauber war und ob man den als Hexenmeister wohl auch irgendwie erlernen konnte. So grübelnd merkte sie nicht, dass sich vor ihnen eine kleine Stadt aus dem Nebel schälte.

Die Häuser von Darkshire wirkten baufällig, obwohl sie es nicht waren. Flechten und Moose krochen selbst an den neueren von ihnen hinauf und das düstere Zwielicht, das hier wie überall in diesem Landstrich herrschte, ließ sie alt und unbewohnt erscheinen, trotzdem in den meisten Fenster ein Licht zu sehen war. Das allerdings erweckte den Eindruck, als hätten die Einwohner auch am Tag etwas aus ihren Häusern fernzuhalten, das beim Erlöschen der Kerzen und Feuer unweigerlich mit Eisfingern an ihre Türen gepocht hätte. Einzig ein paar magere Hühner, die neben dem Weg auf einem Feld nach Körnern pickten, schienen sich nicht an der ständigen Dunkelheit zu stören.

Ein unheimliches Schnaufen und Pfeifen war zu hören, als sie sich der Stadt weiter näherten. Es klang, als habe ein asthmatischer Drache so eben entschlossen, sein Mittagschläfchen auf dem Dorfplatz zu halten. Die dazwischen erklingenden, hellen Töne eines Hammers, der auf einem Amboss traf, machten allerdings schnell klar, dass es sich dabei lediglich um den Blasebalg einer Schmiede handelte. Ein glatzköpfiger Schmied tauchte gerade ein neu geschmiedetes Schwert in einen Eimer mit kaltem Wasser, als die sechs Abenteurer an die Umzäunung seines Grundstücks traten. Eine Dampfwolke hüllte ihn ein und steigerte die Luftfeuchtigkeit noch weiter als angenehm war.

„He da“, rief Risingsun ihm zu. „Wir sind auf der Suche nach Bürgermeister Ebonlocke.“

Der Schmied wischte sich den Schweiß von der kahlen Stirn und musterte die Truppe feindselig. „Und was geht mich das an?“, fragte er misstrauisch.

„Wir haben eine wichtige Botschaft für ihn von einem Freund.“, antwortete Risingsun mit einem Lächeln. „Und wir wären Euch sehr verbunden, wenn Ihr uns verraten könntet, wo er sich aufhält.“

Der Schmied verzog das Gesicht und wies dann mit seinem Hammer den Weg hinab. „Wenn Ihr was wissen wollt, fragt die von der Nachtwache.“ Damit drehte er sich um und ließ die verdatterte Paladina einfach stehen.

„Ungehobelter Klotz.“, schimpfte diese und winkte ihren Begleitern, ihr zu folgen.

Beim nächsten Bewohner von Darkshire hatten sie ein wenig mehr Glück, was dessen Auskunftsfreudigkeit betraf. Der Mann, der offensichtlich zu der angewiesenen Nachtwache gehörte, trug eine rötlich schimmernde Kettenrüstung, ein Breitschwert und eine Fackel in den Händen, die er zunächst einmal jedem der Ankömmlinge ins Gesicht hielt, bevor er weiter mit ihnen sprach.

„Man kann nicht vorsichtig genug sein.“, erklärte er. „Erst letzte Woche ließen wir einen Fremden bis ins Gasthaus. Doch erst als er sich einen hinter die Binde kippen wollte, kam heraus, dass sein Unterkiefer fehlte. Elendes, untotes Pack.“

„Wie recht Ihr habt.“, pflichtete Risingsun ihm bei. „Aber sagt uns bitte jetzt, wie wir zu Bürgermeister Ebonlocke kommen.“

Der Mann strich sich über den Bart. „Nun ja, für gewöhnlich hält er sich um diese Zeit im Rathaus auf. Das ist das Gebäude dort drüben. Am besten fragt ihr am Eingang nach seiner Tochter, Kommandantin Althea Ebonlocke. Sagt ihr, Behüter Frazier hätte Euch geschickt. Sie wird Euch sicher weiterhelfen können.“
 

Wie sich herausstellte, stand die besagte Kommandantin der Nachtwache jedoch nicht vor dem Rathaus Wache und so beschlossen die Abenteurer, ihr Glück im Inneren des Gebäudes zu versuchen. Im Ratssaal waren mehrere Ratsmitglieder, darunter zwei ältere Herren, ein jüngerer Mann in einer blauen Robe, sowie ein blasierter Jüngling in einem feinen Anzug in eine heftige Diskussion verstrickt und redeten wild durcheinander, während ein Mann mit einem schwarzen Bart und ebensolchen Haaren, am Kopf der Runde Platz genommen hatte und die Anwesenden mit ernstem Gesicht durch ein Monokel betrachtete.

„Und ich sage, wir müssen mehr Unterstützung aus Stormwind anfordern.“, wetterte einer der Älteren gerade. „Dort schert man sich nicht darum, ob unsere Häuser und Ländereien in die Hände der Untoten fallen. Warum, verehrter Hogan Ference, lasst ihr nicht einmal Eure Beziehungen zum Hofe spielen und besorgt uns eine angemessene Unterstützung?“

Der junge Mann in der Robe, an den sich diese Aufforderung gerichtet hatte, stand auf. „Mein lieber Millstipe, auch Euch sollte bekannt sein, dass ich täglich zwei wenn nicht mehr Bittgesuche nach Stormwind schicke. Ich kann Euch nicht sagen, warum die Armee dort keine Verstärkung schickt.“

„Die Verstärkung wäre nicht notwendig, wenn die Nachtwache effizienter arbeiten würde.“, ließ sich der blasierte Anzugträger vernehmen.

Als hätte sie nur darauf gewartete, sprang eine junge Frau mit langen, schwarzen Haaren auf, die bis dahin neben dem Kopf der Runde gesessen hatte. Die Ähnlichkeit der beiden war unverkennbar.

„Spart euch Euren Atem, Dreuger.“, schnappte sie. „Ihr mögt Vizebürgermeister sein, aber den Befehl über die Nachtwache habe immer noch ich. Und ich dulde nicht, dass Ihr weiterhin die Arbeit meiner Männer behindert, indem Ihr ihnen unablässig neue, unsinnige Aufgaben stellt.“

„Was ist an der Festnahme von Morbent Fel unsinnig?“, schnaubte der Mann. „Er ist ein Hexenmeister und ruft ständig neue dieser untoten Monster aus den Gräbern hervor. Das Volk erwartet mehr vom Rat von Darkshire, als dass er sich hier verkriecht.“

„Morbent Fel zu stellen ist nicht Aufgabe der Nachtwache.“, gab die Kommandantin ärgerlich zurück. „Unser Ziel ist es, die Einwohner von Darkshire vor den Worgs und Ghulen zu schützen, die nachts um die Häuser streifen. Wenn Ihr uns von Morbent Fel befreien wollt, geht hin und erschlagt ihn. Vielleicht gelingt es Euch die Zauber zu brechen, mit denen er sich schützt. Aber passt auf, dass Ihr Euch nicht Euer Schwert ins Knie rammt, so geschickt wie Ihr damit seid.“

„Das ist eine Unverschämtheit!“, ereiferte sich der Anzug.

„Schweigt, alle beide.“, rief der Bürgermeister und hieb mit der Faust auf den Tisch. „Seht Ihr denn nicht, dass wir Gäste haben.“
 

Die Aufmerksamkeit des Rates wandte schlagartig sich der Gruppe zu, die am Eingang des Ratssaales stand. Bladewarrior bemühte sich daraufhin vergeblich, die große Keule hinter seinem Rücken zu verbergen, Emmanuelle versuchte durch Winken auf sich aufmerksam zu machen und Abumoaham grüßt mit einer angedeuteten Verbeugung in die Runde. Magenta und Schakal zogen es aus verschiedenen Gründen vor, sich in der Nähe der Tür aufzuhalten; Risingsun hingegen zauberte mit Leichtigkeit ein strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht.

„Bürgermeister Ebonlocke, nehme ich an.“, sagte sie und trat mit schnellen Schritten auf den Mann mit dem Monokel zu.

„Da nehmt Ihr richtig an, verehrte Dame.“, antwortete der Bürgermeister und strafte die Schultern. „Was führt Euch und Eure Gefährten hierher?“

„Wir haben einen Brief für Euch von einem alten Freund.“, antwortete Risingsun und übergab dem Bürgermeister das Pergament. Der nahm das Papier an sich, brach das Siegel und begann zu lesen; zumindest erschien es so. Nach ein paar Augenblicken ließ er das Schriftstück jedoch mit einem Stirnrunzeln sinken.

„Wer immer das hier auch geschrieben hat, hat sich offensichtlich einen Scherz mit mir oder mit Euch erlaubt.“, brummte er. „Ich kann kein Wort davon entziffern.“

„Vielleicht kann ich helfen.“, mischte sich ein Mann ein, dessen dunklere Haut- und Haarfarbe Magenta schon aufgefallen war. „Ihr wisst, doch, Ello, Sprachen sind meine große Leidenschaft.“

„Sicherlich.“, nickte der Bürgermeister. „Wenn Sirra Von´Indhi das hier nicht entziffern kann, das schafft es niemand.“

Der fremdartige Mann betrachtete das Geschriebene eine Weile, kritzelte mit einer Feder daran herum und riss dann die Augen auf. Mit einem Flüstern gab er das Pergament wieder an den Bürgermeister zurück. Der nahm es, las, was der Übersetzer geschrieben hatte und sah Risingsun mit einem derart beunruhigten Gesichtsaudruck an, dass diese tatsächlich etwas aus der Fassung geriet.

„Was ist los, Bürgermeister?“, wollte sie wissen und fing geistesabwesend an, eine Haarsträhne um den Finger zu rollen. „Was schreibt Calivinius Euch?“

„Calvinius?“, lachte die Kommandantin der Nachtwache auf. „Dieser irre Alchimist, den mein Vater aus der Stadt verbannt hat, nachdem er sich sein Herz mittels schwarzer Magie herausschnitt, um damit seiner toten Gattin Eliza wieder Leben einzuhauchen? Ich hoffe, Ihr habt einen großen Bogen um ihn gemacht.“

„Äh nein.“, murmelte Risingsun.

„Schlimmer noch.“, seufzte der Bürgermeister und ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken. „Ich fürchte fast, er hat sich noch etwas einfallen lassen, um sich an uns zu rächen.“

„Was könnte schlimmer sein als die untote Eliza, die versucht ihren Hunger nach Menschenfleisch an unseren Kindern zu stillen.“, warf Hogan Ference ein und strich nervös seine Robe glatt.

Noch bevor jedoch jemand eine Vermutung äußern konnte, flog die Tür auf und ein Mitglied der Stadtwache stolperte völlig außer Atem herein.

„Behüter Cutford.“, rief Althea Ebonlocke aus. „Was ist mit Euch? Sprecht?“

„Kommandantin! Bürgermeister!“, keuchte der Mann. „Unsere Späher berichten von seltsamen Bewegungen im Westen. Wölfe sind hierher unterwegs und es sieht so aus…als würden sie vor etwas fliehen.“

Erschüttert sah der Bürgermeister von dem atemlosen Behüter zu Risingsun. „Was habt Ihr nur getan?“
 

Vor dem Rathaus kamen bereits die Leute zusammen, obwohl der Stadtrufer alle dazu aufforderte, in ihre Häuser zu gehen, weil ein großes Unheil auf die Stadt zurolle. Alle riefen und liefen durcheinander, dazwischen weinten Kinder und gackerten die nun doch etwas beunruhigten Hühner.

„Da sieht man es mal wieder.“, bemerkte Schakal trocken. „Ein Mensch ist intelligent, aber ein Haufen Menschen ist eine Herde verängstigter, hysterischer Tiere.“

„Wie müssen dieses…dieses…“, stotterte Risingsun. „Dieses Was-immer-es-auch-ist aufhalten. Immerhin sind wir dafür verantwortlich.“

„Schön gesagt.“, meinte Abumoaham. „Wer hat Plan?“
 

Ratlos blickten die Abenteurer sich an. Wie bereitete man sich auf etwas vor, von dem man noch nicht einmal wusste, was es eigentlich war? Der Bürgermeister hatte berichtet, dass Calvinius ein Monster angekündigt hatte, das er „Kleiner“ getauft hatte…was nach dem Gesetz für alberne Wortspiele bedeutete, dass dieses Ding höchstwahrscheinlich ziemlich groß war. Noch dazu war bei Calvinius` Vorliebe für tote Dinge damit zu rechnen, dass es höchstwahrscheinlich untot war.

„Mir gefällt das nicht.“, murmelte Emmanuelle, als sie sich neben Magenta hinter eine der eilig errichteten Blockaden duckte. „Ich ziehe es vor, meinem Feind direkt in die Augen zu blicken.“

„Was sich als Gnom ziemlich schwierig gestalten dürfte.“, witzelte Schakal und fügte auf einen ärgerlichen Blick der Magierin hinzu. „Hey, ich weiß wovon ich spreche. Ich darf so was sagen.“

„Ruhe jetzt.“, zischte Risingsun. „Dieses Ding kommt näher.“

Unzählige Augenpaare richteten sich auf die Straße, die von Darkshire nach Raven Hill führte. Von irgendwo dort kam tatsächlich etwas. Es war nicht besonders schnell, aber es kam näher und es äußerte deutlich seine Bedürfnisse:
 

„DARKSHIRE…ICH HABE HUNGER!“
 


 


 

„Also das Lager war definitiv der letzte, das wir ausprobiert haben.“, grollte Easygoing. „Ich habe keine Lust mehr, mir die Nase platt prügeln zu lassen, nur weil du meinst, dass du nun endlich deine Bärenbrüder gefunden hast.“

„Ich kann auch nichts dafür, dass diese Furbolgs alle gleich aussehen.“, gab Ceredrian beleidigt zurück. „Oder soll ich vielleicht nach einem mit einem rosa Halsband suchen?“

„Wenn das hilft, soll´s mir recht sein.“, fauchte Easygoing und wirkte einen Heilzauber auf die Kratzwunden an seinen Armen. Konzentriert sah er zu, wie sich die Wunden schlossen, ohne eine Narbe zurückzulassen.

Die Furbolgs, die sich besucht hatten, waren nicht eben erfreut über ihre Anwesenheit gewesen. Im Gegenteil hatten sie sie mit Zähnen und Klauen empfangen und ihnen gezeigt, was sie davon hielten, dass sich mit einem Male drei Fremde unter sie mischten. Noch mehr hatte sich diese Einstellung erhärtet, als die drei vermeintlichen Furbolgs sich nach nur wenigen Schlägen in Nachtelfen zurückverwandelten, die ihr Heil nur noch in der Flucht suchen konnten. So saßen die drei Freunde nun an einer geschützten Stelle im Wald leckten ihre Wunden.

Abbefaria warf ab und an kleine Steinchen in Richtung des nahen Mystralsees. Er traf nicht, aber wahrscheinlich war das auch besser so. Er hatte nämlich keine Ahnung, wie man wohl ein Wesen bekämpfte, das nur aus Wasser bestand. Trotzdem reizte ihn das Risiko, die Aufmerksamkeit eines der verderbten Wasserelementare zu erregen. Immerhin wäre das keine so ermüdende Maskerade gewesen. Abbefaria gähnte.

Das Plätschern eines kleinen Wasserfalls bildete zusammen mit dem Rauschen der Blätter eine einlullende Geräuschkulisse. Die Sonne, die sich in den Wassern des Sees spiegelte, malte helle Kreise auf Abbefarias Gesicht und zwang ihn, geblendet die Augen zu schließen. Was hätte er jetzt für ein Mittagsschläfchen gegeben. Ein paar Minuten Ruhe würden ihre Mission sicherlich nicht gefährden und so ließ er sich entspannt nach hinten sinken.

Doch während er seinen Kopf auf das weiche Laub bettete und seine langen Ohren beiläufig den Streitereien seiner beiden Freunde lauschten, meldete seine Nase ihm mit einem Mal einen seltsamen Geruch. Es war ein Geruch, der nicht in den Wald gehörte, den er aber in den letzten Stunden mehrmals gerochen hatte: der Geruch eines Lagerfeuers. Er versuchte, diesen Störenfried seiner Ruhe aus seiner Wahrnehmung zu verbannen, aber das Aroma des brennenden Holzes ließ sich nicht beirren und kitzelte weiter seine Nase. Mit einem Niesen fuhr Abbefaria hoch.

„Irgendwas brennt hier.“, verkündete er und gähnte herzhaft.

„Ich kann dir ja mal den Finger ins Auge stecken, das brennt dann auch.“, blaffte Easygoing, aber der andere Druide überhörte das geflissentlich.

„Nein, wirklich.“, beharrte er. „Irgendwo ist hier ein Feuer. Ich denke, wir sollten nachsehen, wo der Geruch herkommt.“

Zweifelnd schnupperte nun auch Ceredrian. „Ich weiß nicht, ich kann nichts riechen.“

„Wahrscheinlich hat Abbe geträumt.“, spottete Easygoing. Trotzdem streckte er die Nase in die Luft und einem kurzen Stirnrunzeln folgte die Feststellung: „Du hast Recht, da brennt wirklich was.“

Abbefarias Gesichtsausdruck sprach Bände, doch anstatt etwas zu erwidern, erhob er sich und folgte den Spuren des Feuergeruchs tiefer in das Unterholz. Der Weg begann leicht anzusteigen und ganz in der Nähe floss der Bach, der weiter unten in seinem Lauf den Wasserfall des Mystralsees bildete. Der Geruch schien aus seiner Richtung zu kommen und so schlich Abbefaria leise auf den Wasserlauf zu. An seinem Ufer verharrte er und spähte vorsichtig durch die Blätter eines üppigen Busches.

Am anderen Ufer bewegte sich eine Gestalt; es war ein Furbolg, mit schwarzem Fell. Er saß vor einer kleinen Hütte an einem Lagerfeuer und hielt einen Stock in der Hand, auf dessen angespitztes Ende er ein Kaninchen gespießt hatte. Zischend tropfte das Fett auf das Holz und das Aroma des garenden Fleisches mischte sich mit dem Geruch des Feuers. Etwas hinter Abbefaria knurrte. Er fuhr herum und sah, wie sich Easygoing mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck den Bauch hielt.

„Was denn.“, wisperte er. „Ich habe seit Stunden nichts gegessen.“

Ceredrian verkniff sich ein Lachen und hielt die magische Rute in die Höhe. „Wollen wir es noch einmal probieren?“

Die zwei anderen nickten und so traten kurz darauf drei Furbolgs an den Rand des Baches.

Der schwarze Furbolg fuhr hoch. „Verschwindet!“, knurrte er. „Ich habe es Ran gesagt, dass ich eher sterbe, als ihm zu dienen.“

Ceredrian, jetzt ein Furbolg mit silberweißem Fell, trat vor. „Wir wünschen nichts dergleichen, Freund. Wir suchen nur jemanden, mit dem wir reden können über das, was unter unseren Brüder passiert.“

Der schwarze Furbolg blinzelte überrascht und ließ den Stock mit dem Kaninchen sinken, den er in Ermangelung einer Waffe auf die Eindringlinge gerichtet hatte. „Dann kommt und setzt euch zu mir. Ich freue mich über etwas Gesellschaft.“

„Ich hoffe nur, dass er seiner Gesellschaft auch etwas zu essen anbietet.“, knurrte Easygoing leise und setzte mit einem kräftigen Satz seine braunbefellten Pfoten über den Fluss. Seine Sorge war allerdings unbegründet, denn der Furbolg, der sich ihnen als Krolg vorstellte, erwies sich als äußert gastfreundlich und bot ihnen Wurzeln, Beeren und Nüsse, sowie einen Teil des gebratenen Kaninchens an.
 

„…und deshalb versuchen wir Hilfe zu finden, um diesen Wahnsinn endlich zu stoppen.“, beendete Ceredrian kurze Zeit später seine Rede, in der er dem Furbolg in blumigen Worten eine Geschichte aufgetischt hatte, die selbst seine beiden Freunde dazu gebracht hatte zu glauben, sie seien drei Furbolgs die von weit herkamen, um ein Heilmittel gegen die Verseuchung ihres Dorfes zu finden.

Krolg starrte in die Flammen des immer kleiner werdenden Lagerfeuers. Geistesabwesend langte er mit der klauenbewehrten Pfote nach hinten und legte ein weiteres Stück Holz nach. Die Flammen loderten auf, Funken stoben in die Luft, die von der Hitze des Feuers flirrte und Rauch und Asche in den Himmel trug.

„Wir haben überlegt, die Nachtelfen um Hilfe zu bitten.“, warf Ceredrian vorsichtig ein. Alarmiert spitzten seine beiden Freunde die Ohren. Womöglich machte dieser eine Satz das Vertrauen des Furbolgs wieder zunichte.

Krolg hob den Kopf und sah Ceredrian direkt ins Gesicht. „Die Nachtelfen…“, murmelte er, als habe er bereits vergessen, dass die Furbolgs nicht das einzige Volk waren, das diesen Wald bewohnte.

„Einst kämpften wir Seite an Seite mit ihnen.“, fuhr er schließlich fort. „Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Sie waren es, die in ihrer Arroganz die Verderbnis in unsere Welt beschworen. Doch was war, kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Unsere Aufgabe ist es, das Beste aus dem zu machen, was uns unsere Vorfahren hinterlassen haben.“

Abbefaria rutschte unruhig hin und her. „Gibt es denn eine Möglichkeit, die Verderbnis wieder zu entfernen?“, platzte er schließlich heraus.

Krolg musterte ihn mitleidig. „Einst war auch ich noch voller Träume, so wie du, junger Freund. Doch wie ich schon sagte, was war, kann nicht ungeschehen gemacht werden Vielleicht wird es irgendwann einmal wieder Frieden oder zumindest Annäherung zwischen unserem Volk und dem der Nachtelfen geben, doch das, was in unseren Adern kreist, sitzt zu tief, um es zu entfernen.“

Der schwarze Furbolg stand auf und wanderte mit langsamen Schritten auf den nahen Wasserfall zu. „Das Böse ist überall, junge Freunde, und auch wenn ich es wollte, so könnte ich nicht den Nachtelfen allein die Schuld dafür geben. Wir Furbolgs sind trotz der Verderbnis, die sie über uns brachten, noch fähig, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen. Schlimmer noch, gibt es einige von uns, die die Wut und Raserei ausnutzen, um ihre Macht zu stärken. Ran Blutreißer ist einer von ihnen.“

Krolg drehte sich um und betrachtete die drei jungen Furbolgs. „Wenn ihr wirklich etwas zum Frieden in der Welt beitragen wollt, dann geht, und tötet diesen Tyrannen.“, sagte er und seine Schnauze verzog sich zu einem traurigen Lächeln. „Es wird die Stämme nicht wieder von ihrem Los befreien, doch vielleicht wird es den Keil entfernen, den er zwischen sie treibt.“

Easygoing erhob sich. „Wir werden tun, was in unserer Macht steht.“, sagte er ernst. „Ran Blutreißer wird den morgigen Tag nicht mehr erleben.“

„Hoffen wir es.“, antwortete Krolg. „Ihr findet sein Lager ganz in der Nähe. Aber hütet euch vor seinen Wachen; sie haben scharfe Zähne und Ran lässt sie ihre Klauen feilen, bis sie spitz wie Dolche sind. Passt auf, dass sie euch nicht in Stücke reißen.“

„Wir werden es versuchen.“, murmelte Abbefaria.
 


 


 

Der Boden bebte unter den Schritten des Monsters, das unaufhörlich näher kam. Insgeheim fragte Magenta sich, warum sie eigentlich immer noch hier war. Wahrscheinlich wäre es das Klügste gewesen, sich am örtlichen Greifenstand ein solch gefiedertes Tier zu schnappen und sich schleunigst von hier zu entfernen. Doch sie blieb, so wie alle andern blieben, die einen Grund dafür hatten, weil Darkshire ihr Zuhause war. Oder weil sie sich Ruhm und Ehre davon erhofften. Oder weil sie ganz einfach den inneren Drang hatten, das Richtige zu tun. Magenta spürte nichts von alledem in sich, nur die dunkle Ahnung, dass dieser Kampf weitaus härter werden würde, als es zunächst den Anschein hatte. Und dann erschien „Kleiner“.
 

Das Monster war wahrlich riesig; etwa so groß wie der Oger, allerdings doppelt so breit und viel hässlicher, als Magenta sich hatte träumen lassen. Sein aufgedunsener Leib war aus Leichenteilen zusammengeflickt worden und die Nähte bedeckten überall das abgestorbene und wieder zum Leben erweckte Gewebe. Das Gesicht wirkte wie die Zeichnung eines unbegabten Kindes mit einer sehr bösartigen Phantasie. Während das eine Auge groß aufgerissen und lidlos war, hatte man das andere am Herausfallen gehindert, indem man es kurzerhand eingenäht hatte. Darunter sabberte ein mit schiefen Zähnen besetzter Mund unaufhörlich vor sich hin. Am schlimmsten war jedoch der Bauchbereich, aus dem diverse Rippen herausragten, die offensichtlich zu Arten verschiedener Gattungen gehörten. Sie bildeten den passenden Rahmen für die Masse der blutigen, faulenden Gedärme, die aus einer anscheinend durch die Bewegungen der Kreatur aufgeplatzten Öffnung hervorquollen.

„Hey, dem würde das Kleid passen, das du genäht hast.“, bemerkte Pizkol grinsend. „Zumindest hat er einen Arm an der entsprechenden Stelle.“

Magenta, die viel zu sehr damit beschäftigt gewesen war, auf die riesige Axt der Monstrosität zu starren und die Reichweite der mit einer Sichel besetzten Kette abzuschätzen, die diese in der anderen Hand trug, blickte den Wichtel verdattert an. Dann sah sich noch einmal genauer hin und entdeckte, was Pizkol gemeint hatte. Die Kreatur hatte tatsächlich an der aus dem Fleisch hervortretenden Wirbelsäule noch einen dritten Arm, in dessen Hand eine weitere sichelförmige Waffe steckte.

„Das ist unglaublich.“, wisperte Risingsun tonlos und Magenta konnte nicht umhin zu bemerken, dass sie ein wenig blass um die Nase geworden war. „Dieses Ding ist gegen alle Naturgesetze.“

„Ich glaube nicht, dass Calvinius sich viel um Gesetze schert.“, entgegnete Althea Ebonlocke „Weder um unsere noch um die der restlichen Welt. Wie konntet Ihr ihm nur helfen?“

„Er sah so harmlos aus.“, antwortete Risingsun schwach.

„Dann merkt es Euch für die Zukunft: Nicht alles, was harmlos aussieht, ist es auch.“

„Aber alles, was eine Riesenaxt in Händen hält, kann dich einen Kopf kürzer machen.“, beendete Schakal Altheas Satz. „Also was jetzt? Angriff oder wie?“

„Wir müssen uns erst eine Taktik überlegen.“, warf Magenta ein. Überrascht drehten sich die anderen zu ihr herum.

„Naja, hab ich mal gehört, dass so was gut ist.“, setzte sie verlegen hinzu.

„Sie Recht hat.“, brummte Abumoaham. „Ich denken, wir am besten…“

„ATTACKE!“, brüllte da eine Stimme hinter ihnen und bevor sie sich versahen, stürmten etliche Soldaten der Nachtwache an ihnen vorbei auf Kleiner zu. Dahinter stand Althea Ebonlocke mit gezücktem Schwert und blitzenden Augen.

„Also schön.“, seufzte Magenta. „Dann eben ohne Taktik.“
 

Was folgte war kein Kampf, wie ihn die Geschichtsbücher beschreiben. Er war hart, er war dreckig und er wurde mit Blut auf beiden Seiten besiegelt. Kleiner brüllte und tobte, die giftigen Gase, die bei jeder Verletzung aus ihm herausströmten, verätzten den Kämpfern die Lungen, seine drei Waffen trennten Arme, Beine und Köpfe von ihren angestammten Plätzen und nur die Geschicktesten waren in der Lage, noch ein paar Schläge gegen ihn auszuführen, bevor er auch ihnen ein unrühmliches Ende bereitete.

Mit Entsetzen sah Magenta, wie Emmanuelle einen riesigen Feuerball in Kleiners Richtung schoss. Die anschließende Explosion ließ die kleine Gnomin hilflos durch die Luft trudeln. Sie verschwand über das Dach des nächsten Hauses und Magenta konnte nur hoffen, dass etwas Weiches ihren Fall gebremst hatte.

Abumoahams Taktik, Kleiner mit den arkanen Geschossen zu bearbeiten, die Magenta schon bei ihrem ersten Zusammentreffen beobachtet hatte, war erfolgreicher. Wieder und wieder zuckten die violetten Blitze durch die Luft, bis der letzten von ihnen in einem kläglichen „Pffrt“ endete. Magenta hörte den Magier fluchen und sah, wie er begann, in seinen Taschen zu kramen. Als er fand, was er suchte, entkorkte er eine kleine Flasche mit den Zähnen und stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter. Danach setzte er den Kampf unbeirrt fort.

Schakal und Bladewarrior hatten nicht das Glück, Kleiner aus der Ferne bekämpfen zu können. Sie hatten sich beide auf die Rückseite des Monsters begeben, wo Blade sich redlich abmühte, mit seiner großen Keule, zumindest den dritten und schwächsten Arm davon abzuhalten, anderen den Schädel zu spalten. Was Schakal tat, konnte Magenta nicht sehen, aber sie nahm an, dass es schmerzhaft für Kleiner war.

Und Magenta selbst? Sie hatte irgendwann während des Kampfes aufgehört, darüber nachzudenken, was sie tat. Unbeirrt schickte sie ihre Magie aus, um dem Koloss zu schaden. Sie zauberte eine Seuche auf ihn, die die tote Haut mit Blasen überzog, die aufplatzten und ätzenden Eiter freisetzen, der sich tief in seine Muskeln hineinfraß. Sie warf Netze aus Feuer über ihn und beschoss ihn mit Schattenblitzen. Doch Kleiner starb nicht.

Mit einem gurgelnden Schrei fegte er schließlich alle seine Angreifer von den Füßen und wankte mit humpelnden, aber beängstigend behänden Schritten direkt auf Magenta zu. Magenta hörte Blade schreien, sah, wie Risingsun ihren gewaltigen Kriegshammer als Wurfwaffe gebrauchte und damit auf Kleiners Kopf zielte, doch nichts konnte die Monstrosität in ihrem Amoklauf aufhalten. Wie ein Fleisch gewordener Alptraum rollte sie direkt auf die junge Hexenmeisterin zu, die wie ein verschrecktes Kaninchen ihrem nahen Tod entgegensah.
 

Zehn Meter…fünf Meter…drei Meter…einen Meter…einen halben.
 

Da bekamen Magentas Hände etwas langes, dünnes zu fassen. Ohne lange zu überlegen holte sie aus und rammte Kleiner den Zauberstab mitten in das einzelne Auge. Kleiners Kopf ruckte reflexartig in die Höhe, mit dem Ergebnis, dass Magenta plötzlich ein Auge auf einem Holzstab in Händen hielt. Angeekelt ließ sie es fallen. Kleiner hingegen brüllte vor Schmerzen. Er wankte blind hin und her, eine Äxte und Sicheln rotierten unkontrolliert durch die Luft, bis endlich ein letzter, gezielter Schlag von Risingsuns Hammer sein Schicksal besiegelte. Mit einem Krachen, das noch bis nach Stormwind zu hören sein musste, fiel sein geflickter Leib zu Boden und blieb dort wie der Überrest eines makabren Schlachtfestes liegen.
 

Eine Hand legte sich auf Magentas Schulter. Panisch wirbelte sie herum und konnte gerade noch die letzten Silben ihres Zaubers verschlucken, bevor sie ihn auf Abumoaham losließ. Seine grauen Augenbrauen hoben sich fragend

„Du in Ordnung?“

„Ja, alles bestens.“, murmelte Magenta. „Ich fürchte nur, den Zauberstab kann ich wegschmeißen.“

Ein Lächeln trieb Falten in Abumoahams sonnengebräuntes Gesicht. „Das nicht schlimm. Wir dir besorgen neuen.“

„Platz da, jetzt komm ich.“, schmetterte eine Stimme über den Dorfplatz und etwas, dass wie ein Gnom auf Stelzen mit Rädern und Sturzhelm aussah, kam um die Ecke geflitzt. Gerade noch rechtzeitig konnte Emmanuelle stoppen, bevor sie in den widerlichen Fleischberg hinein fuhr.

„Oh.“, machte sie enttäuscht. „Aber der ist ja schon tot.“

„Ja, dem Licht sei Dank.“, sagte Risingsun.

„Naja, bisschen Handarbeit war auch dabei.“, warf Schakal ein und wischte seinen Dolch an seinem Umhang ab.

Unwillkürlich grinsend kam Magenta näher. „Emmanuelle, was ist das alles und wo hast du es her?“

Die Magierin blickte stolz an sich herab. „Da hinten war ein Laden für Ingenieursbedarf. Ich hab getan, was sich in der Eile der Zeit tun ließ.“

Ein Räuspern beanspruchte die Aufmerksamkeit der Abenteurer. Bürgermeister Ebonlocke stand vor dem versammelten Dorf und macht ein wichtiges Gesicht.
 

„Verehrte Herren und…äh“, er stockte einen Augenblick, als suche er nach einem passenden Ausdruck für ein paar über und über mit Leichensaft beschmierten Frauen. „…und Damen, Darkshire bedankt sich für Eure Hilfe. Leider sind die Stadtkassen leer, so dass wir euch nicht viel mehr anbieten können als freie Kost und Logis, solange es Euch beliebt in Darkshire zu bleiben.“

Risingsun machte eine abwehrende Handbewegung. „Lieber Bürgermeister, da wir es waren, die diese schreckliche Plage…“ Sie konnte ihren Satz jedoch nicht beenden, da Abumoaham sich an ihr vorbeidrängte.

„Wir Euch danken.“, sagte er laut. „Aber ich Idee, wir Ihr könnt bezahlen uns für unsere Mühen. Es auch nicht kosten viel.“

„Na da bin ich ja mal gespannt.“, meinte Schakal zweifelnd. „Ich hoffe nur, er will nicht irgendwelche Teile von dem Ding da mitnehmen.“

„Wieso?“, sagte Bladewarrior und betrachtete Kleiners Leiche. „Der Oberschenkelknochen zum Beispiel macht sich bestimmt gut als Waffe. Vielleicht will Magenta…“

„Nein.“, wehrte die entsetzt ab. „Magenta will nicht. Und nun lasst uns endlich von hier verschwinden, bevor denen wieder einfällt, wer das Ding eigentlich hierher gebracht hat.“
 

So bereitete die Gruppe schon einmal ihre Abreise vor, während Abumoaham dem Bürgermeister ein Geschäft vorschlug, in das dieser mit Freuden einwilligte.
 


 


 

Ran Blutreißers Lager zu finden, war den beiden Druiden in ihrer Katzenform nicht schwer gefallen. Viel schwerer war es, ein Muster in dem Lauf der Wachen und somit eine Möglichkeit zu finden, ohne Kampf an ihnen vorbeizukommen. Schließlich mussten die Nachtelfen einsehen, dass es keins zu geben schien.

„Diese Fellbälle rennen dort unten herum, als wüssten sie nicht, wo rechts und links ist.“. knurrte Easygoing. „Es wird ein Leichtes sein, sie zu überwältigen.“

Abbefaria, der auf einem Ast neben ihm hockte, sah nicht so zuversichtlich aus. „Ich weiß ja nicht, ob deine Augen und Ohren schlechter geworden sind, von dem vielen Essen, dass du in dich hineinstopfst hast…aber ich habe Krolgs Warnung gehört und ich sehe sehr gut, wie viele von diesen Fellbällen, wie du sie nennst, dort unten herumlaufen. Übrigens: Findest du nicht, dass du ganz schön weit oben im Baum sitzt?“

Easygoings Ohren zuckten nervös, während sich seine Krallen noch tiefer in die Rinde des Baumes bohrten. Immerhin hatte er bis gerade eben erfolgreich die Tatsache ignoriert, dass sich der sichere Boden einige Meter unter ihm befand. Warum musste dieser Idiot ihn auch noch daran erinnern?

„Eine Katze mit Höhenangst.“, schnurrte Abbefaria und es klang wie ein Lachen. „Also ehrlich. Als wüstest du nicht, dass die immer auf ihren Füßen landen.“

„Wenn wir wieder unten sind, mach ich dir einen Knoten in deinen Schwanz.“, fauchte Easygoing und ließ sich langsam und vorsichtig rückwärts am Stamm hinunter gleiten.
 

„Was habt ihr gesehen?“, wollte Ceredrian wissen, der es vorgezogen hatte, am Fuß des Baumes zu warten. „Können wir da durch schleichen.“

„Du kannst doch sowieso nicht schleichen.“, grollte Easygoing. „Ebenso wenig wie sonst irgendwas anderes, außer dein großes Maul zu benutzen.“

Ceredrian wollte etwas erwidern, doch Abbefaria schüttelte nur unauffällig den Kopf. Einem verwundeten Raubtier kam man am besten nicht zu nahe und wenn Easygoing schlechte Laune hatte, ging man ihm ebenfalls besser aus dem Weg.

„Was schlägst du also vor.“, fragte er den anderen Druiden.

„Wir gehen hin, kämpfen uns bis zu diesem Ran Blutreißer durch und bringen Krolg den Kopf, den er verlangt hat.“, sagte Easygoing. „Das ist doch logisch.“

„Mhm.“. meinte Abbefaria. „Ich würde es vorziehen, wenn wir nicht so viele der Furbolgs mit in die Sache hineinziehen würden. Immerhin sind wir auch hier, um ihnen zu helfen.“

„Wie wäre es denn, wenn wir die Rute noch einmal benutzen würden.“, schlug Ceredrian vor.

„Du weißt aber noch, dass wir uns zurückverwandeln, sobald man uns schlägt.“, warf Easygoing ein.

Der junge Priester verzog das Gesicht. „Natürlich weiß ich das noch. Ich meine nur, wir könnten versuchen, Blutreißer mit einer List aus dem Lager zu locken. Sobald er dann draußen ist, schlagen wir zu.“

„Das klingt gut.“, brummte Abbefaria. „Aber wer wird gehen und was wird er ihm erzählen.“

Ceredrian richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich gehe. Und was ich ihm erzähle, weiß ich schon.“

„Das ist gefährlich.“, zischte Easygoing. „Meinst du vielleicht, ich lasse dich alleine dort hinein stolpern. Du wärst innerhalb von Sekunden tot.“

„Das wird dann wohl meine Sorge sein.“, entgegnete Ceredrian mit schmalen Augen. „Sorg du lieber dafür, dass du vorbereitet bist, wenn ich wiederkomme.“
 

Mit diesen Worten schwenkte er die magische Rute in seine Richtung. Sein Gesicht wurde länger, de Beine kürzer und die silberweißen Haare breiteten sich über den gesamten Körper aus. Er knurrte noch einmal, dann, steckte er die Rute demonstrativ in seinen Lendenschurz, wendete sich um und marschierte schnurstracks auf Blutreißers Wachen zu.

„Dieser verdammte Narr.“, flüsterte Easygoing, während er und Abbefaria sich hinter die Büsche duckten. „Er wird dort unten sterben. Wir sollten…“

Abbefaria legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. „Wir sollten abwarten, was er mit seinem großen Maul so erreicht.“
 

Easygoing brummte etwas Unverständliches, blieb aber, wo er war. Die zwei Nachtelfen sahen, wie mehrere Wachen Ceredrian die Speere gegen den Hals drückten und ihn dann abführten. Bange Minuten verstrichen, in denen kein Zipfelchen Weiß zwischen den Furbolgs zu sehen war. Die Wachen kehrten zu ihrem Posten zurück und liefen weiter ihre Runden, doch Ceredrian kam nicht zurück.

Nach einer Weile hielt es Easygoing nicht mehr aus. „Ich geh jetzt da runter und du wirst mich nicht aufhalten.“

Noch bevor Abbefaria darauf reagieren konnte, kam jedoch Bewegung in das Lager der Furbolgs. Ein riesiger, schwarzer Furbolg marschierte zwischen seinen graubraunen Brüdern entlang. Neben ihm leuchtete Ceredrians Fell durch den Wald.

„Sie kommen.“, wisperte Abbefaria tonlos und die beiden Druiden nahmen ihre verabredete Aufstellung ein.
 

„So hier bin ich nun.“, bellte Ran Blutreißer, als sie auf der kleinen Lichtung ankamen. Er war ein kräftiger Furbolg, dessen gedrungener Körper mit unzähligen Narben übersät war. Vier weitere Furbolgs begleiteten ihn. Sie witterten und schnüffelten sichernd in alle Richtungen. Abbefaria dankte innerlich dem Wind, der seine und Easygoings Spuren in die andere Richtung wehte.

„Wo ist nun deine Herrin, die so sehr wert auf meine Gesellschaft legt, dass sie sich den ganzen, weiten Weg von Winterspring hierher wagt?“

„Sie muss ganz in der Nähe sein, Herr.“, winselte Ceredrian und wirkte dabei so unterwürfig, dass selbst Abbefaria, der seinen Freund schon oft bei seiner Schauspielerei beobachtet hatte, trotzdem über diese Leistung erstaunt war. „Aber womöglich ängstigen sie Eure Leibwachen. Vielleicht sollten wir für ein wenig mehr Intimität bei diesem Treffen sorgen.“

„Die Wache bleibt, wo sie ist.“, knurrte Ran Blutreißer. „Ich bin schließlich kein Narr. Also los, hol sie her.“

Er holte mit der Vorderpfote aus und schubste den weißen Furbolg in Richtung der umgebenden Büsche. Es gab eine Rauchwolke und die Verwandlung, die Ceredrian bis dahin geschützt hatte, verflog.

„RAV´RET!“, brüllte Blutreißer und zog ein unterarmlanges Messer aus seinem Gürtel. „XITO NI FURUFF!“

„Nicht, wenn wir noch ein Wörtchen mitzureden haben.“, rief Easygoing und sprang mitten zwischen die Furbolgs.
 

Dem ersten versetzte er einen Kinnhaken, dass dieser rückwärts taumelte. Er fiel gegen einen seiner Kameraden und gemeinsam fielen die beiden zu Boden. Sofort wendete Easygoing sich dem nächsten Gegner zu. Abbefaria hingegen konzentrierte sich und beschwor die Pflanzen des Waldes, ihm mit ihren Wurzeln zur Hilfe zu eilen. Kurz darauf war einer der Furbolgs bewegungsunfähig an den Waldboden gefesselt.

„Vorsicht!“, rief Ceredrian und Abbefaria duckte sich gerade noch rechtzeitig unter dem Lanzenhieb eines der ersten Furbolgs hinweg. Er und sein Kumpan waren offensichtlich der Meinung, ihr Chef würde schon mit einem Nachtelfen fertig werden und stürzten sich jetzt zu zweit auf Abbefaria. Der hatte daraufhin alle Hände voll zu tun, nicht von ihren messerscharfen Krallen aufgeschlitzt oder von ihren Waffen durchbohrt zu werden. Immer weiter wurde er an den Rand der Lichtung getrieben. Das Blut rauschte in seine Adern und er bekam nur oberflächlich mit, dass Easygoing sich den Trick mit den Wurzeln offensichtlich ebenfalls zu nutze gemacht hatte, um den vierten Furbolg zu fesseln. Jetzt rang er unter Aufbietung aller Kräfte mit Ran Blutreißer um dessen Messer.

Fast hätte Abbefaria diese Beobachtung sein Leben gekostet. Einer der Furlbolgs hatte seine Abgelenktheit ausgenutzt und sich auf ihn gestürzt. Seine Kiefer klappten jedoch wenige Zentimeter vor der Kehle des Nachtelfen zusammen, der sich blitzschnell hatte nach hinten fallen lassen. Sofort war der Furbolg über ihm und man musste nicht durch eine magische Rute verwandelt sein, um sein anschließendes Knurren zu verstehen.

Plötzlich jaulte einer der Furlbolgs schmerzerfüllt auf. Die beiden pelzigen Angreifer wandten sich um und Abbefaria nutzte die Gelegenheit, um den einen von ihnen, der auf seiner Brust saß, im hohen Bogen ins Gras zu werfen. Eilig sprang er auf die Füße und wollte schon wieder in Stellung gehen, als seine Bewegung in Stocken geriet. Die Furbolgs waren allesamt stehen geblieben und starrten Easygoing an.

Der Nachtelf stand hoch aufgerichtet auf der Lichtung. Seine violette Haut schimmerte feucht von dem roten Blut, das an ihm herabfloss Zu seinen Füßen lag eine leblose Gestalt mit schwarzem Fell; in ihrem Rücken steckte Ran Blutreißers Messer. Ceredrian nutzte die Gelegenheit, um sich erneut in einen Furbolg zu verwandeln. Knurrend und bellend forderte er die restlichen Furbolgs auf zu gehen. Ungläubig und widerwillig zogen die Bärenmenschen sich zurück. Einer von ihnen jedoch blieb stehen. Er deutete auf seinen ehemaligen Anführer und sagte etwas. Ceredrian bellte erneut und ging zu dem Leichnam. Er nahm die Perlenkette von seinem Hals und übergab sie dem Furbolg. Der knurrte noch etwas, dann folgte er seinen Kameraden zurück zum Lager.
 

„Es ist vorbei.“, sagte Ceredrian, als er sich zurückverwandelt hatte. „Ran Blutreißer ist tot.“

„Was wollte sein Gefolgsmann.“, fragte Abbefaria, mehr um überhaupt etwa zu sagen.

„Wie es scheint hegen die Furbolgs keinen ausgeprägten Totenkult.“, erklärte Ceredrian. „Die Ketten, die sie tragen, scheinen sowohl Stammeszeichen wie auch Träger ihrer Seele zu sein. Zumindest glauben sie das, wenn ich das Wort, das er der Kette gab, richtig verstehe. Er sagte, mit der Leiche könnten wir verfahren, wie es uns beliebt“

„Na dann nehmen wir sie mit.“, sagte Easygoing und brach damit erstmal nach dem Kampf wieder sein Schweigen. „Wenn Krolg tatsächlich seinen Kopf will, dann soll er ihn bekommen.“
 

Gemeinsam schleppten die Nachtelfen den toten Furbolg zum Ufer des Flusses. Dort verwandelten sie sich erneut und brachten ihn auf die andere Seite. Krolg drehte den toten Furbolg auf den Rücken und betrachtete ihn.

„So hat dann schließlich das Böse in dir ein Ende gefunden.“, sagte er und drehte sich zu den drei verwandelten Nachelfen herum. „Ihr habt recht gehandelt, auch wenn es nie eine gute Wahl ist, das Feuer mit Feuer zu bekämpfen. So geht denn jetzt und nehmt dies hier als eine Trophäe eures Sieges mit euch.“

Er griff in das Maul des toten Furbolgs und brach einen der großen Eckzähne ab. Mit Schaudern bemerkte Abbefaria, wie stark diese Bärenmenschen sein mussten. Easygoing streckte seine Pfote aus und nahm den Zahn an sich.

„Habt Dank für Euren Rat, Krolg.“, sagte er und wandte sich zum Gehen um.

„Nichts zu danken.“, antwortete Krolg. „Und kommt vorbei, wenn ihr wieder einmal in der Gegend seid. Ich bekomme gern Besuch von meiner Art.“
 

Sie winkten Krolg zum Abschied und machten sich dann auf den Weg nach Astranaar. Ceredrian betrachtete Easygoing nachdenklich von der Seite, bis es diesem zu bunt wurde.

„Sieh mich nicht an, als hätte ich etwas verbrochen.“, fauchte er.

„Das meinte ich gar nicht.“, murmelte der Priester. „Ich dachte nur…

„Was? Dass ich darüber reden wollte?“, grinste Easygoing. „Ach komm schon, du kennst mich. Ich bin nur froh, dass es jetzt vorbei ist und wir endlich nach diesem Anhänger suchen können. Und ich hätte Lust, ein richtig langes Bad zu nehmen.“

„Du riechst auch, als hättest du es nötig.“, frotzelte Abbefaria und schon bald hatte sich die düstere Stimmung wieder gelegt.
 

Schon am nächsten Morgen machten die drei sich auf den Weg zurück nach Auberdine. Easygoing wehrte sich zwar mit Händen und Füßen, doch diesmal waren Ceredrian und Abbefaria fest entschlossen mit einem Greifen zu reisen. So bleib dem großen Druiden nicht viel anderes übrige, als die Augen geschlossen zu halten und jammernd hinter den anderen her zufliegen.

Die Küste lag dunstig im blassen Sonnenlicht, das für diesen Landstrich so typisch war, als die drei Nachtelfen über den hölzernen Pier spazierten.

„Was meint ihr, was uns erwartet?“, meinte Abbefaria, während seine Augen sehnsüchtig den Horizont betrachteten.

„Ich habe keine Ahnung.“, antwortete Ceredrian.

„Ich auch nicht.“, pflichtete Easygoing ihm ausnahmsweise bei. „Also wird uns nichts viel anderes übrig bleiben, als es auszuprobieren.“

„Na dann los!“, lachte Abbefaria und sprang übermütig auf den Steg des Schiffs, das sie auf die andere Seite des Meeres bringen würde. „Ich kann es kaum noch erwarten.“



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