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Psychic Academy

Im Schatten des Königs
von

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Psychic Academy

Im Schatten des Königs by Feary
 

Diese Geschichte hab ich für meine Freundin Lissy zu ihren 16. Geburtstag geschrieben. Enjoy ...
 

Disclaimer: Alle Personenrechte liegen beim Autor ...
 

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~ * ~ Epilog ~ * ~
 

Das ausgerechnet mein "sagenumwobener", ach so toller Bruder Zero, wie er sich jetzt selbst nannte, Lehrer an meiner neuen Schule, der Psychic Academy, werden musste, besiegelte mein ohnehin schon jämmerliches Studentenleben. Nicht nur, dass ich, Ai Shiomi, überhaupt keine Aura besitze, die es rechtfertigt, mich auf diese Akademie zu schicken und ich nur durch ein Versehen hier landete, und mich außerdem ein fetter, sprechender Hase, der angeblich in einer Nacht an die hundert Mit-Hasen um die Ecke brachte, zu seinem Meisterschüler ernannte, da mich angeblich die ultimative Macht umgibt; das schlimmste überhaupt ist die Tatsache, dass jetzt alle wissen, dass er, der den Fürsten der Angst gestoppt hat, mein Bruder ist. Der große Sagenumwobene und sein kleiner milchgesichtiger hasenzähmender Bruder. Großartig. Mein Schicksal ist besiegelt. Im Schatten des Königs.

Doch noch war der Tag nicht vorbei. Ein schlimmer gab es immer ...
 

(Ende des Epilogs)
 

***
 

"Waas? Die beiden sind Brüder?" - "Ich hab es doch gewusst." - "Deshalb konnte er den Hasen zähmen." Plötzlich war die Klasse in Aufruhr. Keiner saß mehr still, sogar Orina, oder Saara, wie sie jetzt hieß, war aufgesprungen. Ihr blasser Teint war einem Feuerrot gewichen. Auch wenn sie es abstritt, Ai wusste, dass sie in seinen Bruder verliebt war. Wer war das nicht? Er war immerhin ein Held.

Ai wurde immer kleiner auf seinem Stuhl. Überall hörte man Stimmen, zeigte man auf ihn, alle Blicke waren auf ihn und seinen Bruder gerichtet, wie er ihn umarmte und begrüßte, nach langer Zeit. Doch Ai freute sich nicht, ihn wiederzusehen. 'Geliebter Bruder', hatte er gesagt. 'Ich hab dich vermisst!' Wem sollte er das glauben? Sein Bruder hatte ihn doch zeit seines Lebens nur geärgert, jedes Mal vor ihm geprahlt, wie ihn alle lobten und wie stolz doch ihre Eltern auf ihn waren. Er wusste stets, wie er Ai ein Gefühl der Überflüssigkeit vermitteln konnte und nutzte auch jede sich bietende Chance, um es zu tun. Nein, Ai hatte ihn nicht vermisst.

Er wollte nichts mehr hören, den Fingern und Blicken entschwinden, wollte unsichtbar werden. An einem ganz anderen Ort sein. Doch seine Wünsche wurden nicht erhört.

Genervt versuchte er sich aus Zeros Umarmung zu lösen, die ihn fast erdrückte. Nach Luft ringend drehte er seinen Kopf nach rechts. Da saß Mya, ganz unberührt vom Chaos, still verharrt, in Schweigen gehüllt. Den Kopf lässig auf die Hand gestützt, schweiften ihre Augen abwesend aus dem Fenster. Als sie Ais Blick spürte, sah sie kurz auf. Desinteressiert musterte sie auch seinen Bruder, der noch immer an Ai hing und die bewundernden Blicke genoss. Dann wandte sie sich wieder einem Punkt außerhalb des Klassenzimmers zu. Ai war verwirrt. Wusste sie nicht, wer der große Sagenumwobene war oder war es ihr einfach egal? Ein Lächeln stahl sich auf seine schmalen Lippen. Endlich jemand, der nicht geblendet vom Glanz seines Bruders war.

"Na Ai, genießt du deinen kurzen Ruhm?" Die spöttische Stimme seines Bruders riss ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. Wut packte ihn. Verbittert schloss er die Augen, damit er Zero und die vielen gierigen Blicke nicht mehr sehen musste, in der Hoffnung, dass, wenn er sie wieder öffnen würde, alle verschwunden waren. Noch immer hörte er Stimmen um seine Ohren schwirren. Dann wurde es still. Vorsichtig hob er seine Augenlider, auf alles gefasst. Er saß noch immer im Mittelpunkt des Chaos, unbedeutend und klein. Doch irgendetwas war anders. Niemand rührte sich mehr. Selbst das schmierige Grinsen auf dem Gesicht seines Bruders war erstarrt. Ai riss erstaunt die Augen auf. "Was ist denn jetzt kaputt?" fragte er verwundert, nicht darauf gefasst von irgendwem eine Antwort zu bekommen. Trotzdem bekam er sie.

"Du hast die Zeit angehalten." Erschrocken drehte sich Ai nach rechts. Es war Mya, die noch immer gelangweilt auf ihrer Bank hing und ihn spöttisch musterte. "Und warum bist du nicht auch erstarrt?" Sie zuckte mit den Schultern und erhob sich. "Weil du mich nicht stoppen wolltest." Dann ging sie und Ai musste sich beeilen, um sie einzuholen. "Warte mal, Mya." Sie blieb stehen und drehte sich langsam zu ihm um. In ihrem Blick lag eine Kälte, die Ai erschaudern ließ. Er schüttelte die bedrückenden Gedanken ab und holte zu ihr auf. "Ich ... ich möchte dich etwas fragen." Sie wandte ihren Blick wieder nach vorn und lief weiter, dass Ai nichts anderes übrig blieb, als zu folgen. "Also, was ich fragen wollte ... es ist nämlich so ... ähm ..." Er brach ab und holte tief Luft, um sich zu sammeln. "Warum haben wir eine Aura?" Sie blieb erneut stehen, sah ihn aber nicht an. "Das liegt in unseren Genen. Wir kamen mit der Gabe der Aura auf die Welt. Wir sind die wenigen Auserwählten, die damit gesegnet wurden." - "Aber wieso gerade wir? Was ist an uns denn so besonders?" Mya sah ihn schweigend an. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. "Irgendwen muss es doch treffen." Mit diesen Worten ließ sie ihn allein mit seinen verwirrten Gedanken zurück.

An den weiteren Verlauf des Tages konnte sich Ai später kaum noch erinnern, da er wie Nebel an ihm vorbeizog. Nicht einmal das Chaos, dass nach seinem und Myas "plötzlichem" Verschwinden ausgebrochen war, hatte ihn aus seinen Überlegungen reißen können. Und auch am Abend war er viel zu verwirrt, um sich über die Freudentränen seiner Eltern, bei dem Anblick seines Bruders, zu ärgern. Er hatte die kleine Feier, die im heimischen Hofe zu Ehren des großen Helden gefeiert wurde, schnell verlassen und sich einsam in sein Zimmer verkrochen. Er musste für sich sein, wenn er das Durcheinander in seinem Kopf unter Kontrolle bekommen wollte. Zu viel war passiert. Zum einen hatte er etwas einsehen müssen, wogegen er sich stets gewehrt hatte, nämlich die Existenz seiner Aura. Außerdem war eine ganze Schulklasse von einer Sekunde auf die andere erstarrt. Doch das schlimmste an allem war wohl, dass zu guter Letzt auch noch sein geliebt-verhasster Bruder zurück in sein Leben getreten war. Ai würde wieder zu Luft werden ...
 

Das schwierigste am nächsten Morgen war wohl das Aufstehen. Mühsam stemmte sich Ai in die Senkrechte. Warum eigentlich aus dem Bett kämpfen, wenn die Aussichten auf den bevorstehenden Tag nicht besonders gut standen? Seufzend rieb er sich den Schlaf aus den Augen und schlurfte ins Bad. Die Fliesen unter seinen nackten Füssen waren eiskalt und ließen ihn frösteln. Zitternd drehte er den Wasserhahn auf und streckte seine Hände unter den warmen Strom. Anschließend schüttete er sich das Nass ins Gesicht, um die verschwommenen Müdigkeitsschleier vor seinen Augen zu vertreiben. Vergeblich. Müde stützte er sich mit seinen Armen über das Waschbecken und warf einen Blick in den Spiegel, auf alles gefasst. Aber auf das, was er sah, dann wohl doch nicht. Ein lauter Schrei drang aus seiner zugeschnürten Kehle. Verstört stolperte er einige Schritte zurück bis er an den Rand der Badewanne prallte und sich prompt hineinsetzte. Zu seinem Leidwesen hatte sein sagenumwobener großer Bruder, dessen Eitelkeit grenzenlos schien, zuvor ein Bad genommen, weshalb Ai auch mit lautem Platsch in der inzwischen kalt gewordenen Suppe landete. Das Wasser prasselte klatschend auf die Fliesen und wurde sofort gierig von den Badvorlegern aufgesaugt. Seine Mutter würde einen mittleren Wutanfall bekommen, der sich im Laufe des Tages wegen geringer Kleinigkeiten zu einem Orkan weiter entwickeln würde und dann am Abend auf alle haltlos nieder regnen würde, die sich ihr bis auf fünf Meter näherten. Doch das beunruhigte Ai im Moment kaum, denn seine Gedanken kreisten vielmehr um die blutroten krakeligen Buchstaben auf dem heimischen Spiegel. Noch immer waren seine schreckensgeweiteten Augen auf die verschmierte Botschaft gerichtet, deren Inhalt eine eindeutige Drohung war.
 

Meine Rache wird gnadenlos!
 

Die Tür wurde aufgerissen und knallte unter lautem Krachen gegen den Badschrank. In der Tür stand seine Mutter, aufgescheucht durch den Lärm, den ihr kleiner Sohn in ihrem geheiligten Bad verursachte.

"Was ist denn hier los?" Ihre Augen verzogen sich zu engen Schlitzen, als sie ihre überfluteten Badvorleger bemerkte, die bei jedem Tritt ein schmatzendes Geräusch von sich gaben. Als sie jedoch Ai vollkommen bekleidet in einer randvoll gefüllten Wanne sitzen sah, blieb ihr die Schimpfsalve, die auf ihn niederprasseln sollte, im Halse stecken. Hervor kam nur ein leises "Was zum ...?" Hinter seiner überraschten Mutter tauchte der Kopf seines Bruders auf. Ein breites Grinsen zog sich von einem Ohr bis zum anderen. Spöttisch streckte er seine Zunge raus und verschwand haltlos lachend in sein Zimmer. Ai begriff seinen Irrtum. Niemand wollte ihm drohen. Das war alles mal wieder ein verdammt witziger Scherz seines Bruders gewesen, der es liebte, Ai lächerlich zu machen. Zornig kämpfte er sich aus der Wanne, schmiss sich ein Handtuch über die Schulter und lief puterrot an seiner verdutzten Mutter vorbei in sein Zimmer, um sich trockene Klamotten anzuziehen, wobei er eine dunkle feuchte Spur auf dem Teppich hinterließ. Etwas gutes hatte es aber. Nun war er wenigstens wach.

Trotzig knallte er seine Tür ins Schloss und warf den nassen Schlafanzug in die Ecke. Eilig trocknete er sich die feuchten Haare und Haut, zog sich frische Sachen an und schnappte sich seine Schultasche. Er würde heute auf das Frühstück verzichten, um das Haus vor seinem Bruder zu verlassen. Er wollte auf keinem Fall gemeinsam mit ihm gehen. Zero würde sich doch sowieso nur den ganzen Weg über ihn lustig machen. Leise verließ er seine Zimmer, sprang die schmalen Stufen in die untere Etage hinab und krallte sich seine Jacke. Leise Stimmen drangen aus der Wohnstube. Sie klangen aufgeregt und wirr. Jeder schien durcheinander zu reden. Er glaubte auch, seinen Namen zu hören. Er überlegte einen Moment, ob er lauschen sollte, worum es ging, entschied sich dann jedoch anders, um seinen Vorsprung zu vergrößern. Lautlos öffnete er die Haustür und schlüpfte hinaus. Erleichtert atmete er aus. Er war schon lange her, dass ihm sein Heim wie ein Gefängnis vorgekommen war. Aber nun, da Zero wieder da war, drang die Freiheit nicht mehr zu ihm durch. Er fühlte sich eingeengt und zurückgewiesen. Doch an der frischen Luft schien es, als fielen die schweren Ketten von ihm. Munter schwang er seine Schultasche über die Schulter und lief los. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten auch noch die letzte Müdigkeit aus ihm heraus und verscheuchten seine schlechte Laune. Er konnte nicht anders, aber irgendwie freute er sich sogar ein wenig auf die Schule. Zum einen würde er endlich wieder mit Orina-san zusammen sein können und zum anderen war da noch die mysteriöse Mya, zu der er sich auf irgend eine Weise hingezogen fühlte. Ihr kühler, desinteressierter Blick konnte ihn nicht abschrecken. Er spürte, dass sich hinter ihrer harten Fassade mehr verbarg.

Er warf einen raschen Blick zurück. Von Zero war keine Spur. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Jetzt litt er schon unter Verfolgungswahn. Wieder verfiel er in Gedanken. Warum war sein Verhältnis zu seinem Bruder eigentlich so schlecht? Weil er ihn früher oft aufgezogen hatte oder weil er durch Zeros Heldentat nur noch die zweite Geige in der Familie spielte? War er vielleicht nur eifersüchtig auf seinen großen Bruder?

Hinter ihm wurden hastige Schritte laut. Ai fuhr erschrocken herum. Es war Zero. Er hatte ihn doch noch eingeholt. Verärgert wollte Ai sich umdrehen und einfach weiterlaufen, doch dann fiel sein Blick auf Zeros Gesicht. Es war leichenblass. Verwirrt blieb er stehen.

"Gott sei Dank", brachte Zero schwer atmend hervor. Ai starrte ihn irritiert an. Der besorgte Gesichtsausdruck seines Bruders gefiel ihm nicht. Er machte sich doch sonst nichts aus ihm.

"Was willst du?" fragte er grober, als eigentlich geplant. Zero sah traurig auf Ai herab. "Es tut mir leid, das mit heute früh." Ai vergas glatt seinen Mund zu schließen. Hatte sich sein Bruder gerade entschuldigt? Oder war das wieder nur ein Witz?

Doch schon bald zerstreuten sich Ais Zweifel und wichen der totalen Fassungslosigkeit. Denn plötzlich legte Zero seine Hände auf Ais Schultern und sah ihm tief in die Augen. Er war ernster, als Ai ihn je zuvor erlebt hatte.

"Geh das nächste Mal bitte nicht ohne mich aus dem Haus!" Ai riss erstaunt die Augen auf. "Was?" Er verstand gar nichts mehr. Was sollte das denn jetzt? Zero schien seine Verwirrung zu spüren. "Es ist nur - ich will nicht, dass dir etwas passiert."

Ais Miene verdüsterte sich. "Was soll das? Willst du mich für dumm verkaufen? Lass mich in Ruhe. Ich bin nicht mehr der dumme kleine Junge von damals. Ich fall nicht mehr auf deine dämlichen Tricks herein." Wütend stapfte er davon, doch Zero hielt ihn zurück. In seinen Augen lag ein seltsam trauriger Ausdruck, der Ai glatt seine Schimpfwörter vergessen ließ, die er gerade über Zero ausschütten wollte.

"Bitte Ai!" versuchte es Zero noch einmal. "Versprich es mir!" Ai riss seine linke Hand los, die sein Bruder gepackt hatte, um ihn aufzuhalten. Nachdenklich sah er zu Zero auf. Wieso war der auf einmal so nett?

"Von mir aus", meinte er schließlich gleichgültig. "Wenn es sein muss." Mit einem letzten musternden Blick auf seinen veränderten Bruder, wandte er sich wieder um.

"Los, wir kommen sonst zu spät."
 

Wie nicht anders zu erwarten, hatte sich die Nachricht von Zeros Lehrertätigkeit rasch herumgesprochen. Als die beiden ungleichen Brüder das Schulgelände erreichten, wurden sie von einer Masse von neugierigen Schülern schon sehnsüchtig erwartet. Das heißt: Zero wurde erwartet, Ai war nur Beilage. Er warf Zero einen flüchtigen Blick zu. "Also, bis dann. Ich geh schon mal vor. Das wird bei dir ja noch etwas dauern." Der begehrte Bruder wollte etwas erwidern, doch das junge Geschwisterchen hatte sich schon durch die ersten Reihen gedrängt und war aus seinem Blickfeld verschwunden. Seufzend kämpfte er sich hinterher.
 

Hastig überquerte Ai den Hof. Der Lärm der morgendlichen Attraktion fiel langsam hinter ihm zurück. Zero würde noch so einige Zeit brauchen, um sich durch die Menschenmenge zu wühlen. Ai beschleunigte seine Schritte. Er wollte noch etwas erledigen, bevor der Unterricht anfing.

Die Hasenställe tauchten vor ihm auf. "Morgen, Boo", begrüßte er den einzigen Hasen, der mit einer Weste bekleidet war und der ihn nebenbei zu seinem Meisterschüler ernannt hatte.

"Du sollst mich Meister nennen!" schnauzte das unförmige Pelzknäuel. "Diese Jugend hat keinen Respekt mehr." Muffelig sprang der große Boo Velka auf des Schülers Schulter und begann es sich dort gemütlich zu machen. Und wieder einmal stellte sich Ai die Frage, wie dieser Gnom aus dem Käfig gekommen war.

"Wen nennst du hier Gnom", schimpfte der Meisterhase. Ai erschrak. "Kannst du Gedanken lesen?"

"Natürlich! Ich bin schließlich kein normaler Hase. Ich bin außergewöhnlich und einmalig."

Ja, besonders im dick auftragen, dachte Ai und ignorierte Boos Krallen, die sich dabei tief in seine Haut hakten. "Das hab ich gehört", maulte Boo. "War ja auch so gedacht", knurrte Ai zurück.

"Hör auf in meinen Gedanken zu lesen, als seien sie ein offenes Buch. Schon mal was von Privat-sphäre gehört?" Boo wackelte gleichgültig mit seinem Stummelschwanz. "Wer hält sich da denn noch dran? Heutzutage schnüffelt doch jeder in den Köpfen anderer herum. Auch dein Bruder ist da keine Ausnahme." Ai erstarrte. "Du meinst, er kann das auch?" Boo nickte wortlos. "Verdammt!" Ai stampfte wütend auf, sodass der gesamte Hasenstall erzitterte und die verschreckten Tiere quiekend durcheinander fielen. "Pass doch auf", schimpfte Boo. "Du erschreckst meine Kameraden. Wenn sie Angst haben schmecken sie nicht mehr!" Ai fuhr erschrocken herum, wobei Boo Velka unsanft auf der Erde landete. "Du isst deine eigenen Leute? Das ist ja Kannibalismus?" Herr Hase rappelte sich murrend auf. "War doch nur ein Witz", lachte er. Ai entspannte sich. "Dass ich hundert Hasen in einer Nacht ausgelöscht habe, ist auch nur eine Lüge. Ich habe in dieser Nacht an vorderster Front gekämpft. Meine Mannen forderten Freiheit. Sie wollten nicht länger die Versuchskaninchen dieser unfähigen Aura-Schüler sein. Außerdem spürte ich die nahende Gefahr. Also führte ich meine Kameraden in ihre wahre Heimat, die gnadenlose Wildnis. Ich bin ein Befreiungskämpfer. Kein Mörder! Merk er sich das!" Ai grinste. "Und warum bist du nicht mitgegangen?" Der Hase schnaubte verächtlich. "Der große Boo Velka Rashepuhda Alapa flieht vor niemanden. Egal wie groß die Gefahr auch scheint."

"Oh ja, du bist ein wahrer Held", pflichtete Ai ihm spöttisch bei. Als der Hase beleidigt das rundliche Gesicht verzog, kraulte er ihn versöhnend hinter den kurzen Ohren. "Was meinst du denn überhaupt mit nahender Gefahr?"

"Die Angst", erklärte Boo knapp. "Sie hat sich aus ihrem Gefängnis befreit." Er sah ernst zu Ai herauf. "Ich blieb, um dich und deinen Bruder zu finden. Nur ihr könnt mir helfen, die Angst aufzuhalten." Ai nickte spöttisch. "Oh, na klar. Dann hoff mal lieber auf die Hilfe meines Bruders. Er ist der große Held der Familie." Boo schüttelte seufzend seinen runden, flauschigen Kopf.

"Warum bist du so verbittert? Ihr seid doch Brüder. Ihr müsst eine Einheit bilden. Gemeinsam sind eure Auren gewaltig." Ai runzelte verärgert die Stirn. "Warum hör ich überhaupt auf das Geschwätz eines paranoiden Hasen?" Boo seufzte erneut. "Die größte Schwäche eines Kriegers sind Selbstzweifel. Wann überwindest du sie endlich?" Diesmal war es Ai, der seufzte. "Ich muss jetzt in den Unterricht." Hastig sah er auf seine Uhr. Stimmt. Beinahe hätte er die Zeit vergessen. "Ich wollte dir eigentlich nur Guten Tag sagen. Also dann ..."

"Immer diese Menschen!", schimpfte Boo. "Haben stets Vorurteile. Nur weil ich ein Hase bin und zufällig sprechen und Gedanken lesen kann, bin ich noch lange nicht durchgeknallt." Er hüpfte zum zweiten Mal auf Ais Schulter und krallte sich in seine dünne Jacke. "Ich komme mit!"

Ai stöhnte gequält. "Und überhaupt ist dein Bruder ein ganz Lieber! Er macht sich doch nur Sorgen um dich." Ai verdrehte die Augen. Wer's glaubt ...
 

"Verzeihung. Ich wurde aufgehalten." Zero stürmte völlig außer Atem in die Klasse und schmiss seine Tasche auf den Tisch. "So!" Er sah sich um und nickte erleichtert, als er Ai sah. "Sind alle da?" Ein Mädchen mit Brille und einer eigenartigen Kristallkugel sprang auf und verbeugte sich ehrfürchtig. "Ich bin die Klassensprecherin, Kyaaru. Ich verwalte die Anwesenheitslisten. Heute sind alle vollständig erschienen." Zero nickte. "Danke." Die Klassensprecherin errötete und setzte sich schnell wieder. Einige Mädchen links und rechts von Ai begannen aufgeregt zu tuscheln und zu kichern. Ai verdrehte genervt die Augen. Weiber!

"Ich habe leider eine schlechte Nachricht", begann Zero. "Es tut mir leid, dass ich euch schon an meinem zweiten Schultag diese erschreckende Botschaft mitteilen muss. Doch es ist etwas sehr Unvorhergesehenes geschehen ..." Boo Velka tippelte unruhig auf Ais Rücken umher. "Was hab ich dir gesagt. Dein Bruder hat es auch gespürt." - "Ach sei ruhig", maulte Ai. "Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz. Damit hat er mich heute früh schon reinlegen wollen."

"Der Fürst der Angst ist zurück", beendete Zero seinen Satz. Damit war es aus, mit friedlicher Stille. Sofort brach wieder das Chaos aus, welches schon gestern getobt hatte, jedoch aus einem weniger erschreckenden Anlass. Aufgeregte Gespräche entflammten. In allen Gesichtern spiegelte sich das Entsetzen wieder. "Aber, das ist doch unmöglich", hörte Ai es von allen Seiten tönen.

"Wie konnte das nur passieren?" Ai wandte seinen Blick nach rechts. Orina saß zitternd in ihrer Bank und war den Tränen nahe. Und selbst die sonst so ungerührte Mya war leichenblass geworden. Zornig sprang er auf. "Es reicht jetzt, Zero. Das geht zu weit." Viele Blicke richteten sich auf ihn. Zero senkte betreten den Kopf. "Ai, das ist diesmal kein dummer Streich von mir. Das ist grausame Realität. Deshalb wollte ich auch nicht, dass du alleine gehst! Er hat ein Auge auf unsere Familie geworfen." - "Er hat was?" fragte Ai verunsichert. "Er will sich rächen", erklärte Zero leise. "An mir und allen die mir nahe stehen." Ai schluckte und ließ sich wieder auf seinen Sitz sinken. Bedrückende Stille trat ein. Schließlich ergriff Zero wieder das Wort.

"Aber ich sag euch; das ist kein Grund den Kopf hängen zu lassen. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um ihn zu vernichten und viele werden mir dabei zur Seite stehen. Es ist schon einmal gelungen ihn zu bannen. Nun werden wir nicht mehr den Fehler begehen, ihn am Leben zu lassen." Leichter Jubel kam auf, doch jeder spürte, dass die drückende Last noch lange nicht von ihnen genommen war. Zuviel Angst war mit dem Namen des Fürsten verbunden. Zu viele hatten in dem Zeitalter seiner Herrschaft leiden müssen ...



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