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Rebirth - Schutzengel für Weiß II

Seitennotiz die 2.: Das hätte ich vllt schon früher sagen sollen, aber ich hab mein Vorabitur geschrieben und wusste nicht mehr, wo vorne oder hinten ist...
von

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Kapitel 16: Neun Stunden

So, da hätten wir das nächste Kapitel! ^^

Na ja, ich bin mir bei einigen Situationen nicht wirklich sicher gewesen, ob es logisch nachvollziehbar ist... das werdet ihr dann ja lesen ^^;

Ich hoffe, es gefällt euch

Azrael
 

@ Xell: Farfie? Rennt irre herum und geht den jeweiligen Aufpassern auf die Nerven - Spaß beiseite. Du hast Recht, er ist bis jetzt irgendwie noch nicht so aufgetaucht. Na ja, ich habe ihn am Ende noch eingeplant... wenn ich bei meiner großartigen Schusseligkeit nicht wieder vergesse, diese Szene einzubauen... ^^
 

Kapitel 16: Neun Stunden
 

Es war kühl, beinahe kalt, eine feuchte, unangenehme Atmosphäre. Die klamme Dunkelheit, und der leicht modernde Geruch, nassem Stein und altem Holz, machten es nicht viel angenehmer. Das einzige Fenster war vergittert und kein Lichtstrahl drang hindurch. Von Zeit zu Zeit vernahm einen Luftzug, der den leicht salzigen Geruch vom Meer mit sich brachte.

Es war nicht gerade beängstigend - sah man von der Tatsache ab, dass sie sich bei ihren letzten eindeutigen Wahrnehmungen definitiv nicht am Meer befunden hatte.

Mizumi setzte sich auf.

Weit entfernt hörte sie das Rauschen der Wellen, laute Brecher, die an Klippen zerschellten. Erst sehr langsam kehrte ihr Gedächtnis zurück und ihre Gedanken wurden wieder klarer.

Geistesabwesend befühlte sie den Stoff der Decke, die über sie gebreitet war. Doch dann durchfuhr es die wie ein Blitz und alle Eindrücke der letzten Nacht waren wieder da. Andererseits, war es wirklich erst letzte Nacht gewesen?

Sie musste auf alle Fälle mehr als ein paar Stunden geschlafen haben, sonst wäre ihr nicht so schwindlig. Es war spät in der Nacht, als sie entführt worden war und ihre Umgebung erschien ihr völlig verändert.

Sie stand auf und wunderte sich nur kurz darüber, warum sie nicht gefesselt war, bis ihre mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnten Augen sich auf die massive Tür richteten, die den einzigen Ausgang aus dem Zimmer darstellten.

Sie trat an das kleine Fenster und betastete die Eisenstäbe. Dann schaute sie den Fensterrahmen an und warf schließlich einen ungläubigen Blick auf die Zimmerwände.

Es waren keine Betonwände, es waren Steinwände.

Sie stellte sich dicht an die Fensteröffnung und schaute sich um, soweit es ihr möglich war. Es war bewölkt, sodass sie nur schemenhaft einige Umrisse erkennen konnte, trotzdem zeichnete sich verschwommen, weit weg, der Horizont über dem Meer ab, wo es bereits ein wenig heller wurde.

Sie wandte sich seufzend um und verdrängt unliebsame Erinnerungen an den Moment, als hinter ihr diese Gestalt aufgetaucht war und sie betäubt hatte.

Langsam wurde es draußen heller, ungewollt kam ihr der Gedanke, dass man von diesem Fenster aus einen geradezu fantastischen Sonnenaufgang sehen musste. Müßig überlegte sie, in welchem Teil Japans sie sich wohl befand, wenn sie hier den Sonnenaufgang sehen konnte. Aber dazu waren ihre Kenntnisse nicht ausgereift genug, die beschränkten sich auf das Umland von Tokio.

Mizumi wurde allerdings das Gefühl nicht los, dass hier etwas nicht stimmte. Ihr Zeitgefühl war völlig durcheinander, natürlich verständlich, wenn plötzlich mehrere Tage einfach fehlten.

Sie warf geistesabwesend einen Blick auf ihre Armbanduhr und sah dann nicht sehr intelligent drein. Fassungslos warf sie einen Blick auf den Himmel, der immer heller wurde, dann wieder auf ihre Uhr.

Jetzt, wo es aufklarte, konnte man sogar noch ein paar verblassende Sterne sehen, aber das interessierte sie im Moment herzlich wenig.

Ihre Uhr zeigte, dass es eigentlich elf Uhr abends war. Wieso ging die Sonne auf? Das durfte doch erst in neun Stunden geschehen!

Sie hätte natürlich an einen Fehler im Gehäuse dieses kleinen, tickenden Uhrwerks vermuten können, möglicherweise war sie stehen geblieben - möglicherweise war sie aber auch einfach wesentlich weiter von Tokio weg, als sie zuerst vermutet hatte.

Sie presste die Hände an den Kopf und rieb fest über ihre Schläfen. Zu allem Übel begannen jetzt auch noch leise Kopfschmerzen in ihrer Stirn zu pochen, die wahrscheinlich eine Nebenwirkung des Schlafmittels waren. Sie stand kurz davor, zu heulen wie ein kleines Kind. Warum zum Teufel musste das immer ihr passieren? Warum nicht mal jemand anderem?

Mit einem lauten Seufzer stellte sie fest, dass es ihr nicht gut bekommen würde, ihre Wut an den Wänden oder den wenigen Möbelstücken auszulassen.

Entnervt setzte sie sich wieder auf das Bett und schlang die Arme um ihren Oberkörper, denn es war doch beachtlich kühl.

"Neun Stunden Zeitunterschied... wo zum Teufel bin ich hier bloß gelandet?"

Um etwas Ablenkung zu finden, wanderte sie im Zimmer umher und entdeckte, überrascht, dass es gar nicht so klein war. Neben dem Bett, hinter einer Ecke verborgen, ging es weiter. In der Dämmerung hatte sie das nicht ausmachen können.

Die Wand, an der das Bett stand, war nur eine Art Raumteiler.

Überrascht schaute sie auf den wesentlich angenehmer eingerichteten Teil des Raumes, ein Kaminfeuer brannte, an den Wänden standen hohe Bücherregale, die bis zur Decke reichten. In der Mitte stand ein Tisch und mehrere Sessel waren darum herum gruppiert.

Sie probierte einen von ihnen aus und ließ sich hinein sinken. Bis ihre Neugier von den unzähligen Büchern angezogen wurde.

Flüchtig streifte sie die Reihen und las einige Titel. Neben einigen Titeln in fremden Sprachen entdeckte sie mehrere auf japanisch und englisch, die sich mit Medizin, Astronomie, Physik und übernatürlichen Phänomenen beschäftigten. Auch auf dem Tisch entdeckte sie einige Buchtitel, darunter eines, dass sie die Stirn runzeln ließ. Aber sie dachte sich nichts weiter dabei.

Auf dem Kaminsims stand eine Bibel und sie rieb sich die Stirn. Daneben lag ein silbernes Kreuz an einem einfachen Band und ein hübscher Rosenkranz.

Sie nahm gelangweilt die Bibel auf und öffnete sie auf einer Seite. Aus dem Einband fiel etwas heraus und sie blickte zu Boden. Dann bückte sie sich, um es aufzuheben. Es war ein Foto.

Sie warf einen kurzen Blick darauf, die Personen sagten ihr nichts. Doch eine zog ihren Blick immer wieder an und sie schloss kurz die Augen, um sich die Einzelheiten eines anderen Bildes in Erinnerung zu rufen, dass sie erst kürzlich gesehen hatte.

"Das gibt's doch nicht!"
 

Aya warf desinteressiert einen Blick aus dem Fenster. Im Moment war er mit seinen Gedanken an völlig anderen Orten, als dass er die wunderschöne Aussicht hätte genießen können. Sie befanden sich im Landanflug auf Irland und die Sonne leuchtete in den schönsten Farben über dem weiten Meer. Einzelne Wolken tief unter ihnen färbten sich in einem tiefen, leuchtenden Gold, das in der Mitte zu einem feurigen Orange wurde.

Yukio saß hingerissen am Fenster und sah auf den prächtigen Sonnenuntergang, der den weiten Ebenen der Insel ein Aussehen wie ein einziges Feuermeer verlieh.

Der Pilot gab über Funk durch, dass sie noch eine Weile über dem Flughafen kreisen würden, weil es dort anscheinend zu Problemen gekommen war.

So hatten gerade die weiblichen Fluggäste Zeit, die unglaublichen Farben zu bewundern, die ihr Blickfeld ganz und gar ausfüllten.

Noch weit unter ihnen konnten sie die Hauptstadt erkennen, die von hier oben geradezu märchenhaft wirkte.

Im Osten schob sich jetzt die Sonne endgültig über den Rand und es war, als wäre das Meer in Flammen aufgegangen.

Aya musste plötzlich daran denken, ob es Angel wohl auch so gefallen hätte und er konnte es nicht lassen, einen Blick zu Crawford zu riskieren, dessen düsteres und verschlossenes Gesicht ihm sagten, dass er genau das Gleiche gedacht hatte.

Farfarello, der neben ihm saß, schien die Sache nüchtern zu betrachten, doch er sah ebenfalls mit einem gewissen Interesse hinaus.

Als sie tiefer flogen und zum endgültigen Landeanflug ansetzten, hatte sich die Farbpalette des Lichts bereits zu einem hellen Gold gewandelt und Aya bemerkte - ein wenig missgelaunt - dass ihn dieser Ton an etwas erinnerte.

Yukio nutzte natürlich genau diesen Moment, um stolz zu verkünden: "Schön nicht? Sieht genauso aus, wie die Haare von Angel!"

An den ihr zugewandten Gesichtern ließ sich ablesen, dass da wohl noch mehr Personen die gleichen Gedanken gehabt hatten.

"Erinnert mich an ihre nervtötende Art. Hoffentlich regnet es die nächsten Tage", brummte Schuldig und Omi kicherte. Er hatte die immer noch bewusstlose Miru im Arm und Schuldig eine Abwechslung auf ihrer Flugreise. Es wäre den meisten Gästen doch sehr merkwürdig vorgekommen, wenn sie ein dauerhaft bewusstloses Mädchen an Bord gesehen hätten. Schuldig überzeugte sie alle, dem nicht die geringste Beachtung zu schenken.

Sie befanden sich im Landeflug und eine Ansage schallte über die Lautsprecher zu ihnen.

"Wir befinden uns nun im direkten Landeanflug auf Dublin. Wir möchten sie außerdem daran erinnern, ihre Uhren aufgrund der veränderten Zeitzone umzustellen."

"Wie viel betrug der Zeitunterschied noch mal?", fragte Yohji und nahm seine Uhr ab, um sie besser umstellen zu können.

"Neun Stunden. Wenn wir hier raus sind, sollten wir übrigens sehen, dass wir als Erstes Michiru aus dem Blickfeld der ganzen Menschen auf dem Flughafen bringen. Auf die Dauer dürfte es für Schuldig recht schwierig werden, ihnen eine gewisse Gleichgültigkeit einzuhauchen."

"Oh danke, Chef, das hast du also gemerkt?", spottete der Telepath und fixierte mal wieder einen der Passagiere, der plötzlich verwundert Miru musterte.

"Sind die eigentlich alle so furchtbar neugierig? Es müsste doch reichen, wenn ich ihnen eintrichterte, das sie bestimmt nur schläft!" Der Deutsche benutzte ein paar äußerst kreative Worte, die er allerdings auf deutsch und nur sehr leise vor sich hinfluchte.

Crawford schüttelte den Kopf. "Natürlich habe ich das gemerkt, du scheinst trotz aller Verweise, die ich dir öfter erteilen muss und die fast immer wegen deines Verhaltens entstehen, zu vergessen, dass ich für meine Gruppenmitglieder sorge. Also stell dich nicht so an!", ging er noch einmal auf Schuldigs Bemerkung ein.

"Kann er nicht unglaublich väterlich sein?"

"Lieber nicht, das würde mir Angst machen..." Yohji grinste frech. "Es gibt Menschen, die sind nicht zum Vater oder auch zur Mutter bestimmt."

Crawford tippte sich mit einem sehr zynischen Grinsen gegen die Nasenspitze und Yohji hob verlegen die Schultern. "Das ich nicht für so etwas geschaffen bin, ist mir seit meiner Geburt klar", meinte er lachend.

Aya sah, dass sie bereits auf die Landebahn zusteuerten und machte sich lieber bereit für den Aufprall, der zwar nicht als solcher bezeichnet werden konnte, aber den einen oder anderen durchaus schon dazu gebracht hatte, sich äußerst schmerzhaft auf die Zunge zu beißen, oder plötzlich mit der Stirn gegen den vorderen Sitz zu stoßen. Wie es Yohji im nächsten Moment passierte, wie er doch leicht schadenfroh feststellen musste.

Omi schaute auf die langweilige, graue Fahrbahn und erinnerte sich beim Anblick der tristen Flughafengebäude an ihren lange zurückliegenden Besuch in diesem Land. Er strich leicht über Mirus Schulter, die an ihn gelehnt dasaß und immer noch schlief. "Jetzt sind wie wieder hier. Pass auf, wir werden bestimmt bald antworten hören..."

Innerlich leicht angeschlagen, fragte er sich, ob sie ihn überhaupt hören konnte, doch dann hörte er plötzlich Nerakus Stimme, die vor ihm saß. "Mach dir keine Gedanken, sie hört, was du sagst. Je mehr du mit ihr sprichst, desto schneller wird sie aufwachen. Es ist nur die Stille, die sie am Schlafen hält."

"Stille?", fragte er.

Neraku konnte er zwar nicht sehen, doch er nahm an, dass sie nickte. "Ja. Wir brauchen eine gewisse Interaktion, um uns wohl zu fühlen, deshalb war es wahrscheinlich auch einfacher, diese seltsamen Genkiller mithilfe der Telepathie zu steuern. Wenn es still ist, wirken Schlafmittel und auch diese seltsame Flüssigkeit, die uns am Leben hält, wesentlich besser."

"Das wollte ich euch schon immer fragen, was genau ist das eigentlich für eine Flüssigkeit?"

"Es ist eine Nährflüssigkeit. Sie transportiert notwendige Nährstoffe, die wir über die Haut aufnehmen. Außerdem hält sie unsere Körper in ihrem Ursprungszustand. Das heißt, sie altern zwar, aber es gibt keinen Muskelverschleiß, wenn wir auch etwas desorientiert und schwach sind, wenn wir aufwachen. Das ist jedoch nur, weil unser Körper seine Nährstoffe wieder anders bekommen muss - unter anderem den Sauerstoff, den wir ja nicht einatmen mussten. Es ist wie nach einer Geburt, wenn ein Baby seinen ersten Atemzug macht. Nur, das bei uns niemand auf den Rücken klopft oder ein bisschen Hilfestellung gibt", lächelte sie. "Angel war allerdings irgendwie resistent gegen das Zeug und hat es immer wieder geschafft, auszubrechen, bis Okino sie unterdrückt hat. Dann ging es für eine gewisse Zeit gut."

"Unterdrücken?"

"Angels Körper reagiert nicht mehr so ganz normal. Zum Beispiel ist sie gegen einige Medikamente und Betäubungsmittel nicht nur resistent, sondern teilweise auch hochgradig allergisch. Deswegen wird sie niemals in ein Krankenhaus gehen können - wenn schon nicht aus anderen Gründen. Es dürfte ihr sehr zu schaden kommen, wenn man sie röntgen würde. Aber das ist nicht das Thema. Wenn man jemanden unterdrückt, schiebt man seinen Geist beiseite, so als würde man seinen Körper übernehmen. Das ist unangenehm und schmerzhaft. Aber nicht unbedingt lebensgefährlich. Du müsstest es gesehen haben? Ganz zu Anfang?"

"Hmja... doch, ich erinnere mich... nicht gern daran", lächelte Omi leicht.

"Hab mich immer gefragt, ob Angel das kann... aber wahrscheinlich nicht. Sonst wäre die ganze Sache am Ende anders ausgegangen."

"Du hast uns nicht erzählt, warum ihr am Ende doch nicht gestorben seid", erinnerte Omi sie plötzlich.

Neraku bemerkte, dass das Flugzeug dabei war, auszurollen und den endgültigen Landeplatz anzusteuern. Sie überlegte einen Moment, bevor sie leicht belustigt sagte: "Weißt du was? Ich könnte mir sogar vorstellen, dass wir tot waren."

"BITTE?!" Omi starrte sie erschrocken an, bevor er sich umsah und die auf ihn gerichteten Blicke erkannte und die Stimme senkte. "Was soll das heißen?"

"Wer weiß? Vielleicht sind wir Klone. Wissen wir es?"

"Ich denke, die Genkiller sind Klone?"

"Nein." Neraku sah traurig aus. "Okino, also der Vater des jetzigen, hat erfolgreiche Klone angefertigt. Das haben wir gemerkt."

"Wann?"

"Davon habt ihr nichts mitbekommen. Und das solltet ihr auch nicht. Tu mir im Übrigen einen Gefallen, sprich niemals zu Miru oder Rika davon, die werden nämlich nicht gerne an das Thema erinnert."

"Und du und Angel?"

"Hm... ich bin abgebrüht. Und Angel... die trägt da noch ein paar Narben mit sich. Na, frag sie lieber nicht." Die Empathin klang überlegend und er war sich in dem Moment sicher, vielleicht auch gar nichts Genaueres wissen zu wollen. Er lehnte sich zurück und sah, dass sie endlich zum Stehen gekommen waren.
 

Sie schnallten sich los und standen einer nach dem anderen auf, teilweise etwas wacklig, denn der Flug war recht anstrengend gewesen. Außerdem waren die neun Stunden Zeitunterschied natürlich erst einmal störend und würden sich bestimmt sehr ungünstig auf ihre Konstitution auswirken.

Schuldig streckte sich und gähnte, als er endlich aus dem Flugzeug trat und die Gangway hinunterging. "Ich brauche eine Mütze voll Schlaf."

"Geschlafen wird heute Abend. Du wirst dich nicht an die Zeitumstellung gewöhnen, wenn du hier morgens schläfst."

"Super, Crawford, das ist genau das, was ich hören wollte. Warum denn auch ein freundliches: Oh, wenn wir im Hotel sind, werden wir uns schlafen legen, alles kein Problem, Schuldig!"

"Es gibt einen Grund dafür." Crawford rückte seine Brille und lächelte den Telepathen an. "Weil ich erstens nicht so kriecherisch mit dir rede und du zweitens - wie mir Aya ja neulich ins Gedächtnis rief, damals zugestimmt hast, dass ich der Anführer bin, weißt du das noch?"

"Nein, an diesen Anfall von Schwachsinn würde ich mich erinnern", murmelte der Deutsche.

Nagi kicherte und sah unschuldig zu dem Amerikaner auf, als der ihn scharf musterte.

Letztendlich hatte die Episode aber ein schnelles Ende, besonders, da sie sich um ihr Gepäck kümmern mussten, sofern vorhanden. Zwar waren sie alle noch einmal einkaufen gewesen, bevor es endgültig zur Abreise ging, aber sie hatten natürlich keine Millioneneinkäufe getätigt und nur das Allernötigste besorgt.

Schuldig nahm seine Reisetasche auf und warf sie sich über die Schulter. "Fein. Was jetzt?"

"Essen", stöhnte Yohji wehleidig.

"Vergiss es, erst müssen wir die Mietwagen abholen." Crawfords Stimme war eisig, trotzdem warf er einen Blick auf Aya, der den um Bestätigung ersuchte. Das hatte der Amerikaner nicht nötig, es war allerdings eine Anerkennung der Tatsache, dass Aya ebenfalls einen Teil der Gruppe anführte.

Der rothaarige Japaner nickte allerdings nur mit einem leichten Grinsen und bückte sich nach Yukio, die verständlicherweise sehr müde war. Er hob sie hoch und sie legte dankbar die Arme um seinen Hals, um es ihm leichter zu machen.

Schuldig war, trotz seiner Sprüche, inzwischen mehr als beschäftigt damit, die Menschen um ihn herum von ihren neugierigen Gedanken bezüglich Miru abzuhalten. Er war bereits ein wenig blass um die Nase.

Aya-chan, die sie natürlich begleitet hatte - einfach aus dem Grund, dass sie nicht wussten, ob sie in Japan nicht auch in Gefahr war - ging zu Aya hinüber und nahm ihm mit einem leichten, belustigten Kopfschütteln ihre Tasche ab. Die hatte er zusätzlich zu seiner Tochter, ihren und seinen eigenen Sachen nämlich auch noch tragen wollen.

Als er sich umdrehte, erntete er ein paar belustigte Blicke und verzog unmutig das Gesicht.

"Tja, im Gegensatz zu den meisten von uns ist Aya geradezu prädestiniert dazu, Kinder zu haben", lächelte Yohji, als sie sich auf den Weg nach draußen machten.

Ausnahmsweise sagte Schuldig nichts dazu, denn der hatte mittlerweile Schweißtropfen auf der Stirn stehen und zischte durch die zusammengepressten Zähne: "Ich halte das nicht emhr allzu lange aus! Könnte ihr euch bitte beeilen?"

Sie legten etwas an Tempo zu und Crawford sah sich draußen nur kurz nach dem Gebäude für die Mietwagen um. Es war natürlich wegen der umherstehenden Autos unschwer zu erkennen und als sie endlich hinter den diversen Fahrzeugen in Deckung gehen konnten, atmete der Telepath hörbar auf.

Sein Leader ging in das Gebäude, um die Wagen zu organisieren. Es dauerte nicht allzu lang, bis er wiederkam. Dann verteilte er die Schlüssel.

"Man könnte meinen, wir wären in einem völlig fremden Land...", stöhnte er, "der Dialekt ist mehr als schauderhaft", bemerkte er noch missbilligend, als er Aya die Schlüssel aushändigte. Das nächste Paar ging an Neraku, das letzte an Yohji.

"Was ist mit mir?", fragte Schuldig beleidigt, der sich inzwischen wieder mehr oder weniger erholt hatte. Genug jedenfalls, um auf Streit aus zu sein.

"Du? In einem Auto? Am Steuer? Mach dich nicht lächerlich", meinte Crawford kurz und ging an den grinsenden Killern vorbei zu einem der Wagen.

"Wagt es nicht, irgendetwas von euch zu geben", drohte der Telepath.

"Wie würden wir denn... also nein, was denkst du nur von uns?"

"Halt's Maul, Yohji, halt einfach nur dein Maul", brummelte Schuldig und warf dem Playboy einen seeehr giftigen Blick zu.
 

Sie hielten in der Innenstadt, um sich mit einigen nötigen Dingen zu versorgen und einzukaufen. Nach kurzer Überlegung entschieden sie dann, sich aufzuteilen, um alles zu erledigen und anschließend noch etwas essen zu gehen.

Omi war unentschlossen, auf der einen Seite benötigte er dringend ein paar Sachen und - nein - er war nicht davon überzeugt, dass es die anderen für ihn besorgen konnten, auf der anderen hätte er natürlich Miru niemals allein gelassen.

Aya-chan löste das Problem für ihn, indem sie erklärte, sie werde auf die junge Frau aufpassen und ebenso entschied auch Nuit, die nichts Anderes vorhatte.

Sie teilten sich also auf, wobei Aya und Crawford darauf achteten, dass immer zumindest einer dabei war, der sehr gut englisch sprach.

Nachdem sie sich geeinigt hatten, machten sie nur noch eine Zeit aus, zu der sie sich wieder treffen wollten und gingen ihrer Wege.

Omi und Nagi hatten sich entschlossen, für ein paar Ersatzteile zu sorgen. Zumindest ein Laptop war erforderlich, um wenigstens ansatzweise ihre weiteren Schritte zu planen. Die beiden waren geradezu meisterlich im Synchronfluchen und überboten sich beim Weggehen an Vergeltungsmaßnahmen gegenüber demjenigen, der diesen Anschlag verübt hatte. Einige Methoden waren sogar Schuldig und Farf neu.

Crawford selbst ging alleine und er verspürte kein Bedürfnis, seine Zeit mit jemand anderes zu teilen. Besonders, als er an einem der Hauptplätze die Kathedrale entdeckte, die ihn an etwas erinnerte.

Er rieb sich die Stirn und blieb stehen, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. Es kam ihm komisch vor, aber er hatte eine Art Vorahnung. Natürlich war nicht die Vorahnung, komisch, sondern das Gefühl, diese Situation schon erlebt zu haben.

Mittlerweile war es taghell, der Himmel war von einer außergewöhnlich blauen Farbe, wie sie nur im Spätherbst vorkommt.

Ein paar Tauben, von den Passanten aufgestört, flogen auf und über ihn hinweg.

Er beschattete die Augen mit der Hand, denn die Sonne stand direkt hinter der Kathedrale. Das Licht stand ungünstig und blendete ihn, als er zur Kathedrale hinüberging. Es war ihm, als hätte er jemanden hineingehen sehen.

Am Eingang blieb er stehen, nur flüchtig die gotischen Verzierungen betrachtend, dann trat er ein.

Nach der überwältigenden Helle und dem doch recht beträchtlichen Lärm war es drinnen beinahe abrupt und irreal still und dämmrig. Er hatte bunte Flecken vor den Augen und schloss sie ungeduldig.

Vor ihm, zahlreiche Bankreihen entfernt, erhob sich der prächtige Altar, mit dem Kreuz, dem er keine Beachtung schenkte. Seine Aufmerksamkeit galt dem Platz davor, wo er sicher war, eine Gestalt zu finden, die kniend davor gebetet hatte.

Die Kirche war völlig leer. Er klopfte mit einem Finger nachdenklich gegen die Schläfe. Vielleicht war es wirklich nur eine verschwommene Erinnerung, oder eine undeutliche Vorahnung, die nicht auf eine bestimmte Zeit beschränkt war. Er wusste es nicht. Doch nach einigen weiteren Augenblicken schenkte er diesem seltsamen Gefühl keine Beachtung mehr und verließ die Kathedrale wieder.

Im Seitenschiff, das durch die hoch aufstrebenden Säulen teilweise im Schatten lag, bewegte sich etwas.

Mit einem leichten Lächeln trat die von Crawford bemerkte Gestalt hervor und legte den Arm gegen die steinerne Säule, um sich auf diese Weise abzustützen.

Vor dem Altar kniete sie nieder, um dann, nach einem misstrauischen Blick auf die Haupttür, dem Amerikaner nach draußen zu folgen.

Dabei fluchte sie leise und wortgewaltig in einem irischen Dialekt vor sich hin.

Crawford hatte das alles bereits als abgetan und sich deshalb nicht umgedreht. Selbst wenn er es getan hätte - der Widerschein der Sonne hätte ihn wahrscheinlich getäuscht. Er konnte sie nicht sehen, aber sie sah ihm hinterher, als er aus dem Schatten des alten Gebäudes trat.

Angel grinste leicht, aber auch traurig und legte eine Hand an ihren Hals. Sie neigte ein wenig den Kopf darüber und war nachdenklich, nein, eher melancholisch gestimmt, als sie sich auf den Weg zurück machte.
 

Zum vereinbarten Zeitpunkt waren alle wieder da, sehr verwunderlich, wie Aya spitz anmerkte.

Neraku selbst grinste dazu - wie alle dachten. Doch sie freute sich innerlich eher auf die Gesichter, die alle bald machen würden, wenn sie einige der Dinge erfuhren, die sie selbst überrascht hatten und die Angel so unendlich peinlich waren.

Sie setzten sich in die Autos und fuhren aus der Stadt heraus. Die in den Unterlagen angegebenen Gebiete lagen weit außerhalb dieser Stadt.

Crawford, der sich - neben Aya - als Einziger eine Karte besorgt hatte, studierte diese genauestens und murmelte etwas von einer kleinen Stadt, die sich unmittelbar dort befand.

"Sonst noch etwas Interessantes?", fragte Schuldig gelangweilt.

"Eine alte Burg. Mehrere interessante Badestellen, im Herbst wahrscheinlich nicht zu empfehlen. Ein Reitstall mit gutem Ruf. Mehrere Jagdgebiete und eine Falknerei."

"Super", maulte der Telepath, "da kann man ja höchstens Burggespenster suchen gehen!"

"Oder selbst Geist spielen nicht wahr?" Crawford warf dem Deutschen im Rückspiegel einen Blick zu.

"Darauf würde ich nie kommen", protestierte der, "aber es ist eine interessante Idee..."

"Die Burg ist in Privatbesitz, genau wie der Rest des eben Genannten. Aber vielleicht bringt uns das auf eine Spur."

"Wie meinen?"

"Wem auch immer das gehört, er muss über eine recht beträchtliche Summe verfügen. Vielleicht arbeitet er ja mit Okino zusammen oder kennt ihn zumindest. Wir sollten mal in diesem Städtchen herumfragen, ob man ihn dort nicht gesehen hat. Wer weiß? Ein Japaner dürfte dort recht auffällig sein."

"Grandiose Idee. Am besten überlassen wir das dir."

"Aha?"

"Du siehst amerikanisch genug aus, um kein Japaner zu sein. Wenn Japaner nach Japanern suchen, würde das nach Ärger riechen - das ist immer so, wenn Landsleute einander suchen. Außerdem sprichst du ihre Sprache wesentlich besser als wir alle zusammen und du bist sogar noch einigermaßen diplomatisch."

"Wie kann man mit so einfachen Feststellungen eigentlich so beleidigend sein?", fragte Nagi amüsiert.

"Das frage ich mich auch", meinte Crawford kalt. "Aber ich werde es bestimmt herausfinden."

Die Fahrt dauerte mehrere Stunden und letztendlich war Crawford sogar recht froh über Schuldigs Ablösung, wenn er diesen und seinen Fahrstil auch genau im Auge behielt.

Er studierte währenddessen die Karte genauer und verglich sie mit den Unterlagen. Nach und nach wurde sein Gesicht zusehend ratloser und er blickte schließlich mit einer fragenden Miene aus dem Fenster.

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Xell
2006-01-10T17:49:19+00:00 10.01.2006 18:49
Angel ist also wieder aufgetaucht. Auf das Wiedersehen freue ich mich. ^^ Ran will ja noch ein ernstes Wörtchen mit ihr reden wegen ihren Erziehungsmethoden. ;) Ich frage mich auch was es für Geheimnisse sind die der blonden Frau so peinlich sind. *g*


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