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Broken Life - gebrochenes Dasein

Wieviel Schmerz erträgt eine Seele..?
von

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Vision oder Traum

Vision oder Traum
 

Dunkelheit. Völlige Dunkelheit umgab Kai. Er stand einsam in der leeren Finsternis und wusste nicht wo er sich befand. Orientierungslos drehte und wendete er sich um seine Achse um einen Überblick zu erhalten, was ja in dieser Rabenschwärze total paradox war. Aber das würde wohl jeder instinktiv machen.

In einiger Ferne erblickte er auf einmal einen großen Mann, der auf einen kleinen Jungen einschlug und auf russisch beschimpfte. Anscheinend machte es dem Erwachsenen Spaß, den Jungen, der versuchte sich zu wehren, so zu schändigen. Erbarmungslos hagelten Tritte und Schläge auf den Knaben ein. Kai, der wie gelähmt das Szenarium mit ansah, erkannt schnell, wer dieser kleine Junge war. Unter Schmerzen schrie und wandte sich der etwa 8 Jährige. Doch der Mann mit den lila Haaren und den markanten Gesichtszügen lies nicht von ihm ab. Langsam fand Kai seine Stimme wieder, nach einer für ihn erscheinenden Ewigkeit und begann zu rufen: "Boris hör auf! Lass ihn los!!" Kais Rufen wurde immer lauter und er erwachte nun endlich aus seiner Bewegungsstarre und lief auf die beiden zu. Plötzlich löste sich der Erwachsene auf und nur der Junge blieb zusammengesackt auf dem Boden liegen. Zunächst war Kai verdutzt, dass sich Boris einfach so im wahrsten Sinne des Wortes in Luft aufgelöst hatte, aber sofort schaute er nach seinem jüngeren Selbst. Mit Verlaub, es mag komisch klingen, aber der kleine Junge war Kai selbst um die 8 Jahre. Am Anfang war der Jugendliche überrascht gewesen über das, was er hier sah. Aber dann wurde ihm klar, dass er eine Erinnerung aus seiner Kindheit wiedergesehen hatte.

Einen kurzen Augenblick überlegte er, warum ihn dieses kurze Stück der Vergangenheit einholte. Einige Sekunden vergingen, bis es sich der grauhaarige nur damit erklären konnte, dass er sich als Kind unbewusst gewünscht hatte, dass jemand ihn beschützt - wie jetzt der große Kai den kleineren. Aber nie war es so gekommen. Niemand hatte ihn je geschützt.

Langsam ging er vor dem Jungen in die Hocke und sprach sachte: "Ist mit dir alles in Ordnung? Kann ich dir helfen.." Kai wollte den Jüngeren berühren, doch dieser wich panisch zurück und der 17jährige erkannte, dass sein Gegenüber Tränen in den Augen hatte.

Des weiteren war die Kleidung ( oder was davon übrig war) total zerrissen und an vielen Stellen blutdurchtränkt. Geschockt sah Kai ihn an - der Anblick war grauenvoll. Nur mit Mühe fand er seine Beherrschung wieder und wollte etwas darauf sagen, aber sein jüngeres Ich begann laut zuschluchzen und sagte mit erstickte panischer Stimme: "Lass mich.. nein .. tu mir nicht weh. Tu mir nicht weh .. bitte!!" Der kleine Kai wurde immer lauter, bis er wie Boris in der Dunkelheit verschwand.

Jetzt war Kai wieder allein. Wie es schon immer war. All die Jahre hatte er Erinnerungen weggesperrt, sie tief in sich vergraben. Er wollte es vergessen, doch es holte ihn wieder ein. Tausend Gedanken strömten durch den Russen, der immer noch auf dem Boden hockte. All seine Gefühle kehrten zurück, aber mit einer Wucht, die ihm den klaren Verstand raubte. Jede Empfindung, sei sie noch so winzig, fühlte er mit jeder Faser seines Körpers. Angst und Einsamkeit lähmten Kai und ließen ihn noch mehr in der Finsternis versinken. Die Dunkelheit griff geradezu nach ihm und der 17jährige konnte sich nicht dagegen wehren. Im Grunde nahm er das Geschehen um ihn nicht mehr wahr. Er war seinen Gedanken praktisch ausgeliefert. Vielleicht wollte er sich aber auch nicht gegen den laufenden Prozess auflehnen. Je mehr er seinen Erinnerungen zurückkehren lies, desto mehr verlor er die Hoffnung. Unbewusst gab er sich der Dunkelheit frei, welche ihn immer mehr in sich verschlang. Ihm war es gleichgültig.

Seit seiner Geburt wurde er misshandelt, gequält und sein anfängliches Vertrauen missbraucht. Kai wollte nicht mehr. Selbst würde er sich da nicht herausretten können, dazu war er in all den Jahren zu schwach geworden. Immer hatte er alles in sich hineingefressen, sich anderen gegenüber verbarrikadiert und eingeschlossen. Jetzt war es zu spät. Kai wollte gehen, es würde sowieso niemanden stören, wenn er nicht mehr da wäre. Sogar seinem Großvater wäre es egal, wenn er nicht mehr leben würde.

Die Kälte schnitt Kai ins Herz und veranlasste ihn dazu, dass sein Herz fast zersprang. Zersprang vor Trauer und Einsamkeit. Der graublauhaarige wollte darin versinken und nie mehr auftauchen.

Auf einmal spürte Kai eine andere Kraft - ein Strahlen. Da er die Augen geschlossen hatte, öffnete er sie zögerlich und wurde sofort von einem Licht geblendet, welches aus der Dunkelheit kam. Er kniff die Augen zusammen und plötzlich vernahm der Russe Wärme. Angenehme Wärme, die sein Herz erfüllte. Irgendwie lies ihn dieses Gefühl wieder aus seiner Trance erwachen und in ihm wuchs der kleine Wunsch, vielleicht doch noch die Oberfläche des Sees der Leiden zu durchbrechen und nicht in ihm unterzugehen. Ein winziger Funke Sehnsucht nach dieser Wärme; nach diesem schönes Gefühl.

Schlagartig öffnete er die Augen erschrocken, als er eine Hand auf seiner Wange vernahm. Eine pulsierende Welle der Wärme und (komischerweise) Geborgenheit durchfloss Kais Körper und belebte den Jugendlichen etwas. Auf einmal blickten zwei wunderschöne Augen in die von Kai und eine weibliche Stimme flüsterte durch das glänzende Licht: " Gib nicht auf .. ich werde dich finden und dir helfen .. wenn du es zulässt... ich verspreche es dir . ich werde dich finden.."

Kai konnte von der Person nichts außer die Augen erkennen . Ihre Ausstrahlung war so hell, dass alles andere in diesem Licht verschwand. Dennoch machte der graublauhaarige zwei Engelsschwingen aus, welche sich gerade in diesem Moment aus ihrem Rücken pellten und Kai umhüllten.

Schweißgebadet wachte er auf ... .

Aus längst vergangener Zeit ...

Mit schnellen Atemzügen hatte er die Augen aufgeschlagen und war nun noch mehr verwirrt. Er hatte wieder einmal keine Ahnung wo er war. Kai beruhigte sich langsam wieder und lies seinen Blick auf Wanderschaft gehen. Er selbst lag oder eher gesagt saß aufrecht in einem großen weißen Bett. Neben dem Bett stand ein kleiner Nachtschrank, an einer Wand ein großes Regal. Die Tür zum Zimmer befand sich auf der gegenüberliegenden Seite. Weiter hinten im Raum stand ein Tisch vor einem großen Fenster. Der Tisch war regelrecht überladen mit allem möglichen Zeug, was Kai von hier aus nicht erkennen konnte. Er kam zu dem Schluss, dass er in einem Schlafzimmer lag. In einem völlig fremden Schlafzimmer.

"Na? Endlich aufgewacht? Wurde auch mal Zeit. Ich hab mir schon ernsthaft Sorgen gemacht." Eine weibliche Stimme hatte die Stille unterbrochen und Kai aufschrecken lassen. Seine Augen suchten den Raum nach der Person ab, welcher die Stimme gehörte. Letztendlich blieb er an einem Mädchen hängen, welche am Ende des Zimmers aus dem Fenster schaute. Vorhin hatte er sie wohl übersehen, da ihre Kleidung, ja ihre ganze Erscheinung, mit dem dunklen Vorhang verschmolz. "Keine Panik. Du fragst dich sicher wo du hier bist .. ich sage nur: immer noch im alten Tokio... . Du hast Glück gehabt, dass das Loft von dem Freund meiner Sister so groß ist und in der Nähe lag. Sonst hätten wir dich ernsthaft ins Krankenhaus bringen müssen. Immerhin bist du einfach zusammen gebrochen. Verständlich bei einem solch hohen Fieber." Das Mädchen drehte sich endlich um und betrachtete ihn, wie er da immer noch total verwirrt im Bett saß. Perplex fixierte Kai die Unbekannte und versuchte verzweifelt sich zu erinnern, was passiert war. Je mehr er aber seiner "Retterin" in die Augen sah, desto mehr kam seine Erinnerung wieder...
 

....:::Flashback:::.....
 

Ein verregneter Tag in Tokio und kaum Leute belebten die sonst so eng gefüllten Straßen. Nichts besonderes im Grunde. Eine Tatsache wie jede auf der Welt, wie auch für Kai Hiwatari.

Der 17jährige stand im strömenden Regen an einem endlegenden Platz im Tokio City Park. Krampfhaft spannte er seine Muskeln an und seine rubinroten Augen folgten einem rasant rotierenden Gegenstand auf dem Boden. Ab und an sprühte es Funken auf dem Untergrund, aber im Großen und Ganzen war es eine perfekt ausgeführte Übung seines Blades. Mehrere Stunden stand er schon hier und trainierte sein Können, ohne nur im geringsten auf etwas anderes zu achten, wie das Wetter. Er war durchnässt bis auf die Knochen und zitterte schon ein wenig, da zusätzlich noch ein eisiger Wind aufkam. Doch das alles war unwichtig. Der Sturkopf nahm es nicht wahr; besser gesagt - er merkte es schon, aber er ignorierte es einfach. Seit einer Ewigkeit probierte er sich an einem großen Felsen aus, den er vierteln wollte. Aber irgendwie war heute nicht sein Tag - wie ihm erschien. Es klappte einfach nicht. Da hatte wohl Kai Konkurrenz gefunden in Sachen Sturheit.

>Verdammt noch mal .. was soll der Scheiß! Wie lange soll ich noch auf das Ding eindreschen ..!? es klappt einfach nicht. Ich sollte mich mehr konzentrieren.< Mit seinem ganzen Willen, zog er all seine Kraft aus sich und steckte sie in den Blade. Verbissen verfolgte er sein Ziel und merkte nicht, dass er immer schwächer wurde. Lange würde er nicht mehr auf den Beinen stehen bleiben können. Aber der graublauhaarige machte weiter, bis ihm schwummrig vor Augen wurde. Abrupt war seine Konzentration verschwunden und der Blade prallte mit enormer Wucht am Stein ab und flog um haaresbreite an Kai vorbei. Der Besitzer selber begann zu keuchen und sich an den Kopf zu fassen, der in einer Stärke wummerte. Endlich bekam der 17jährige seinen Zustand mit. Nur mit Mühe hielten ihn seine Beine aufrecht. Er zitterte am ganzen Leib und seine Atmung ging sehr unregelmäßig. Wie auch sein Herzschlag, der einmal aussetzte und dann doppelt so schnell nachholte. >Scheiße .. was ist los mit mir.. ich .. werde immer schwächer<.

Zur gleichen Zeit kam eine Spaziergängerin vorbei. Eine Weile hatte sie dem Geschehen zugeschaut und das nur, weil sie überlegte ob er es wirklich war. Jemanden, den sie seit Jahren nicht gesehen hatte. Ihren Regenschirm tief ins Gesicht gezogen, beobachtete sie den Jungen. Jede Bewegung, jede Äußerung des Verhaltens betrachtete sie und verglich. Mehr und mehr hatte es den Anschein als stände vor ihr wirklich wahrhaftig Kai Hiwatari. Der Junge, den sie seit ihrem 7. Lebensjahr kannte und nie vergessen konnte. Es war einfach zu viel damals passiert.

Da sie es kaum glauben konnte, erkannte sie auch nicht, dass es dem Jugendlichen immer schlechter ging. Kurz darauf, nahm sie all ihren Mut zusammen und ging auf den 17jährigen zu. Weniger als 2 Meter blieb sie hinter ihm stehen, hob ihren Schirm etwas an und sagte: "Kai ..?" Ruckartig drehte sich der Angesprochene um und blickte ein wenig verwundert drein, was sich bei ihm mit einer hochgezogen Augenbraue äußerte. Ansonsten setzte er seine kalte, arrogante Maske auf. Sein Leiden versteckte er gekonnt. "Kai .. bist du es wirklich ?" Das Mädchen schaute ihm in die Augen und sofort war alles klar. "Du ..du bist es. Ich kann's nicht glauben. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen." Überglücklich wollte sie sich ihm um den Hals werfen, doch Kai wich zurück. Beim besten Willen konnte er sich nicht erklären, was das Mädel da schwafelte. Obendrein hatte er keine Ahnung, wer sie war. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Verwirrung und kühle Arroganz. "Hey .. was ist los? Sag bloß, du erkennst mich nicht mehr." "Mit mir ist gar nichts los. Du störst. Hau ab. Groupies kann ich nicht ausstehen." Ein Bisschen geschockt sah die etwa 17jährige in an. "Wie kannst du nur.. ich bin kein Groupie oder Fan ..!" " Na dann, verschwinde endlich." "Wie kann man nur so saublöd sein und alles vergessen .. ." Damit fing sie sich einen eiskalten Blick seitens Kai ein. "Noch ein Wort ... . Also zieh lieber ab", meinte er zähneknirschend. "Das werde ich nicht.. vergiss es. Ich hab mir schon früher nichts von dir sagen lassen und das hat sich nicht geändert und wird's auch nicht. Fällt dir gar nichts bei meinem Gesicht ein.. irgendwas" "Nein .. und nun hau ab." Bald konnte er seine Schmerzen nicht mehr unterdrücken. Und als Schwächling wollte er ganz bestimmt nicht hier dastehen. Vor allem nicht vor einem Weib. "Gib dir Mühe, Kai .. denk nach. Vor fünf Jahren .."

> ich bekomme die wohl nur los, wenn ich ihr den Gefallen tu.. meinetwegen. Vor fünf Jahren ..< Sofort verkrampfte sich alles in ihm. Den Teil seiner Vergangenheit hatte er versiegelt. Aber auch so wusste er, was sich damals abgespielt hatte. > Skatina .. ich könnte sie köpfen .. die erinnert mich an die Zeit damals.< Seine zunehmende Kraftlosigkeit nahm von Sekunde zu Sekunde zu und benebelte die Sinne. Dennoch arbeitete sein Kopf und suchte nach einem Mädchen in den Erinnerungen. Dabei streifte sein Gehirn nur die Erinnerungen. Wenn er zu sehr darauf einging, kam alles wieder hoch. Und das wollte er vermeiden. >Eigentlich ist es schwachsinnig nachzudenken. Ich war mein ganzes Leben allein, da gibt es niemanden - sei es Bekannte, Freunde oder irgendwelche Gören. Nur einen Menschen gab es .. nur einen< ein innerliches unbewusstes kleines lächeln breitete sich in ihm aus. > Ja, nur diese Person .. Jane .. < Sofort fuhr er aus seinen Gedanken. > Nein.. nein. Das kann nicht sein. Das geht nicht.. JANE!< Seine Augen weiteten sich vor Erstaunen und betrachteten die Person im gegenüber an. " .. Das ist nicht möglich .." Nun entzog ihm die Erschöpfung den letzten Funken Standhaftigkeit. Er begann wieder zu zittern und kniff die Augen zusammen, in Hoffnung, dass das Schwindelgefühl verschwand. Leider wurde es aber immer stärker. "Kai .. alles okay.. ?" Die Atmung des Angesprochenen ging nun sehr stockend und der Russe sog die Luft äußerst flach ein. Den Kopf gen Erdboden gerichtet, stütze er sich auf seine Oberschenkel. Seine Haare klebten durchnässt an seiner Haut. " nein .. das kann.. nicht möglich sein .." Kais Stimme wurde zunehmend schwächer und abgehackter. "Kai. Was ist los?! Sag doch was !!" Ein kleiner Anflug von Panik machte sich breit. Sie wollte Kai stützen, doch dieser wich von ihr zurück. So beugte sie sich zu seiner Höhe runter und blickte in sein Gesicht. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und kleine Atemwolken entstiegen seinem leicht geöffneten Mund; die Augen fest zusammen gekniffen. " ... nein .. das.. kann ..nicht .. nicht sein... ." Das Mädchen hatte ihren Schirm schon längst fallen gelassen und die Angst war ihr regelrecht in die Gesichtszüge geschrieben. "Kai!"

Einen winzigen Spalt öffnete der 17jährige die Augen, blickte in die von seinem Gegenüber und sagte leise unter Schmerzen: " .. Jane .. ." Die Beine unter ihm gaben nach. Er brach zusammen .
 

...:::Flashback Ende:::...
 

Ich bitte um Kommis!! ^^

Verkrafte die Wirklichkeit

Verkrafte die Wirklichkeit
 

Nun war alles wieder da. Der ganze Zusammenhang. Die Lücke in seinem Gedächtnis. Immer und immer wieder wiederholte er die Bilder vor seinem inneren Augen, bis es endlich klick machte und Kai geschockt die Augen weitete. "Ah .. ich sehe schon. Die Erinnerung ist wohl wieder da.." Ein gequältes Lächeln schlich sich über ihre dunkelroten Lippen. Seufzend trabte sie auf den 17jährigen, der im Bett saß, zu und fragte: " Und wie geht's dir.. wie fühlst du dich?" Doch Kai blieb stumm wie ein Fisch und starrte gebannt in die wunderschönen grünblaugrauen Augen. Sein Kopf legte gerade einen Leerlauf ein - absolutes Nichts. Kein Gedanke oder Erinnerung streifte das Nervenzentrum. Inneres Schweigen. > Wie .. wie kann das nur sein. Ich glaube das einfach nicht, dass das Jane sein soll. Das ist jetzt .. 5 oder 6 Jahre her. Ich hatte mich damit abgefunden ... < "Kai, mir ist klar, dass das jetzt bestimmt ne Art Schock für dich ist. Immer hin ist das schon 5 Jahre her. Aber trotzdem musst du mir nicht aphatisch in die Augen sehen. Ich bin kein Geist." Kais perplexer Gesichtsausdruck wechselte prompt in ein kaltes Antlitz. Er funkelte sie einen Sekundenbruchteil an , bis er im bett zurückfallen lies und die Augen schloss. "Hey ! Was soll das jetzt bitte schön !!" Der Russe zeigte ihr nur die kalte Schulter. " okay .. kannst du mir dann wenigstens meine Frage beantworten?!" Doch wie hätte es anders sein können - keine Reaktion. > ganz ruhig Jane .. bleib ganz cool. Reg dich jetzt nicht auf ..< "Möchtest du was essen ? Ich denke doch mal, dass du Hunger hast.." Nichts. Kai machte nicht mal eine Anstalt, etwas zu sagen oder zu nicken. "ARGH!" Jane beugte sich wutentbrannt über Kai und stützte ihre Hände neben seinem Kopf auf . Der junge Hiwatari war über die Aktion nicht wenig verwundert und fand sich in einer für ihn sehr unwohlen Position wieder. Die Gesichter der beiden trennte nicht einmal ein halber Meter. Unbewusst drückte sich Kai mehr ins Kissen, um etwas Abstand zu gewinnen. "Echt! Egal, wie lange es her ist oder was passiert ist. Ich finde es einfach scheiße von dir, mir die kalte Schulter zu zeigen. Deinen Stolz kannst du woanders raushängen lassen - klar?!" Sie lies von ihm ab, stieg vom Bett und verlies das Zimmer. Erst jetzt fiel dem Jugendlichen auf, dass sein Herz ihm kräftig gegen den Brustkorb schlug. Das Blut rauschte durch seine Adern. > Da habe ich doch glatt vergessen, was sie für ein Typ war .. "Überschäumend!!" < Seine Augen blickten gen Decke und sein Kopf begann wieder zu denken. Unaufhaltsam drehten sich die Rädchen. Im Grunde hatte er keine Ahnung über was sich erst Gedanken machen sollte. Den Traum, seine Situation oder dieses Mädel da, was sich immer tierisch über ihn aufregte. "Ach Jane .. " murmelte er leise, geradezu resigniert seufzend vor sich hin. Er schloss die Augen wieder.

Nach kurzer Zeit kam das Mädchen mit einem Tablett in der Hand zurück. Auf der Platte standen eine dampfende Suppe und etwas Baguette dazu. Jane stellte es auf dem Nachtstich ab und ging wieder zum Fenster. Mit ganz leicht geöffnetem Auge sah Kai sie aus dem Augenwinkel an, [ ich hasse diesen Satz!!!! ] wie sie aus dem Fenster blickte. Ein Moment verging, bis er sich aufsetzte, sich den Teller nahm und die Suppe aß. Einmal hielt er inne, wendete sich an Jane und fragte: "Wie lange habe ich den hier durchgeschlafen?" Endlich hatte Kai was gesagt. Doch Jane drehte sich nicht um und antwortete monoton: " Du hast 3 Tage lang durchgeschlafen. Ich hab mir echt Sorgen gemacht. Vor allem ist es bei so hohem Fieber sehr gefährlich. Aber ich denke es ist wieder etwas gesunken". Sie legte eine Pause ein, bis sie fortführte. " Der Arzt hat gesagt, das du eine leichte Grippe aber ganz schönes Fieber hättest. Ich nehme mal stark an, das kommt von deinem Training draußen bei jedem Schweißwetter. Hab ich recht, Kai?!" Er zuckte mit den Achseln und murmelte nur: "Na und ..? Reine Abhärtung" "Tolle Abhärtung, bei der man zusammenbricht. Bladen ist dir wohl so wichtig, dass es ist total egal ist, ob du körperlich zu Grunde gehst." "Ich geh daran nicht zu Grunde, es ist das einzige .." Kai wurde leiser und verstummte schließlich. Daraufhin wandte sich Jane ihm zu und sah ihn an. Mit dem Rücken lehnte er gegen die Wand, den Kopf gesenkt. Sein Haar fiel ihm ins Gesicht. Der Gesamteindruck war bedrückend. Einen Moment überlegte Jane, was und wie sie es sagen sollte. Doch sie sprach leise: " Es ist das einzige .. was dich am Leben erhält, nicht wahr" Kai erwiderte nichts. Er wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Dieser Sport ist das einzige für ihn, was ihn hier hielt - im Leben. Sachte ging Jane auf Kai zu , hockte sich auf den Boden vor dem Bett und sah ihn an. "Tut mir Leid, aber es scheint mir so." Sie seufzte. " Du hast vorhin geträumt, von der Abtei nehme ich an.." Sofort blickte Kai auf und sah ihr in die Augen. "Woher ..?" "Du hast dauernd ,Boris hör auf' gerufen. Und soweit ich weiß, gehört Boris doch zur Abtei." "Du hörst mir einfach zu, was ich träume!!? Das geht dich überhaupt nichts an!!!!" keifte Kai förmlich. "Entschuldige bitte. Aber wenn man die ganze Zeit hier ist und auf dich aufpasst, bekommt man das wohl oder übel mit. Ich saß hier immer hin die ganzen 3 tage und Nächte durch und du hast das nicht nur einmal geträumt!!" sagte Jane mit gehobener Stimme. Kai verstummte daraufhin. > Sie hat die ganze Zeit bei mir gesessen? Die ganze Zeit ..< "Aber gut. Ich verstehe dich ja. Es geht mich ja nichts an. Aber tu mir den Gefallen .. leg dich wieder hin und schlaf. Du brauchst das, damit du wieder gesund wirst, okay?" "Du möchtest, das ich wieder gesund werde ? Eigentlich willst du nur nicht mehr Krankenschwester spielen .." " Im allgemeinen schon, aber für dich würde ich es tun." Mit einem warmherzigen Lächeln entschwand sie dem Zimmer.

>Dieser Dummkopf. Ich sitze hier Tag und Nacht, pflege ihn so gut ich kann, mache mir übelst Sorgen um ihn und er?! Der schnauzt mich voll, dass ich seine Gerede im Schlaf mithöre und unterstellt mir, dass ich ihm am liebsten rauskicken wolle. Der unterstellt mir, dass er mir unwichtig sei .." Sie brach ab. Jane stand in der großen Loftwohnung und lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand. Obwohl sie es unterdrücken wollte, mit aller Kraft, rann eine Träne über ihre Wange. > Durak .. dieser Elende .. < Mit einer Faust schlug sie gegen die Wand. Zwar wollte sie aus voller Wucht dagegen schlagen, aber sie war zu schwach. Ihre Sorgen, welche die ganze Zeit auf ihr lasteten und ihr gänzlich die Kehle zu schnürten, verflogen langsam. > Hör auf zu heulen, Jane! Ihm geht's gut. Er ist über den Berg. Hör auf wegen ihm zu heulen !!< ermahnte sich Jane selbst.

Während das Mädchen versuchte, ihre Tränen einzudämmen, überlegte Kai immer noch über die Worte von Jane. Gedankenversunken lies er den Blick im Zimmer wandern. Er erblickte auf einem Tisch eine ganze Reihe von Medikamenten, eine Schüssel Wasser und ein damit getränktes Tuch. Anscheinend hatte sie wirklich die ganze Zeit über für ihn gesorgt und ihn gepflegt. Schlechtes Gewissen stieg in ihm auf. Natürlich war ich bewusst, dass er eigentlich nie schlechtes gewissen hatte. Aber dieses mal, war es angebracht.

Anschließend versuchte er sich aus dem Bett zu hieven und schaffte es schließlich. Anfangs war er etwas wackelig auf den Beinen, aber Kais Wille war wie immer stärker, als es sein Körper vielleicht zu lassen konnte. Eigentlich hatte er keinen blassen Schimmer warum er aufgestanden war. Aber seine Beine gaben ihm sehr schnell eine Antwort drauf - sie waren taub vom ganzen Liegen. Langsam konnte man spüren das wieder Blut durchkam. Kai lief ein wenig im Zimmer umher, bis er zur Tür ging und sie öffnete. Jane, die im Flur stand, schreckte hoch und wischte sich hastig die Tränen aus dem Gesicht. Dann drehte sie sich um und sah das die Tür zu Kais Zimmer geöffnet wurde. Ihr war klar, wer da jetzt rauskommen würde. Doch sehr weit kam der Jugendliche nicht, denn ihm wurde augenblicklich schwindelig. Es hatte den Anschein, als hätte er sein Kräfte überschätzt. Er war wohl zu schnell aufgestanden, denn bevor er Jane im dunkeln Korridor ausmachen konnte, wurde im schwarz vor Augen und er sackte zusammen.

"Kai!" Jane war zu ihm gesprintet und konnte ihn gerade noch auffangen, bevor er mit dem Kopf aufgeschlagen wäre. Nun hockte das Mädchen, mit Kai in ihrem Armen, auf den Boden. "Kai .. Kai!! Mach keinen Scheiß!! Verdammt!!!"
 


 

Ich bitte um Kommis !!! Danke !

Ärztebesuch & kleine Streicheleinheiten

Also .. ich hab so einbissl gemerkt, dass ich zunehmend in der FF es witzig werde oder in die sarkasmusrichtung abschweife - zumindest hier. Also - verzeiht mir!! In den nächsten Chapters .. also bald .. wird es wieder etwas dunkler .. glaubt mir .. bitte *verzweifel*
 


 

Der 17jährige schlug die Augen langsam wieder auf und verstand die Welt nicht mehr. Er blickte in das Gesicht von Jane, welche sich über ihn beugte. > Was mache ich hier bitte ...< er brauchte einen kurzen Moment und die Situation zu verstehen, bis es ihm wieder einleuchtete > stimmt .. ich wollte ja raus dem Zimmer und dann ..< "Uhh .." benommen griff er sich an den wummernden Schädel. "Mach das nie wieder!! KLAR?! Sei froh, dass ich hier stand. Sonst wärst du sonst wo aufgeschlagen und ..und .." sie führte den Satz nicht weiter.
 

Kai, dessen Kopf ja auf ihre Schoß lag, schaute zu ihr auf und erkannte, das sie Tränen in den Augen hatte. Bevor die Tränen von Janes Wangen auf Kais Gesicht tropften, wischte sie die Jugendliche weg. Er sah sie verwundert an. "Jane .. du weinst doch nicht ..." weiter kam er nicht, weil Jane ihm ins Wort fiel. "Sei Still!! Na und dann weine ich halt, Durak. Du hättest tot sein können, wenn du mit dem Hinterkopf auf dem Granitboden aufgeschlagen wärst. Idiot!!" Jane sah ihm mit wütenden, aber zugleich verheulten Augen an. "Warum bist du überhaupt aufgestanden?! Du solltest doch liegen bleiben!" "Ich wollte dich fragen, ob ich noch was zu essen bekommen kann und außerdem musste ich mal aufstehen. Dauernd nur zu liegen geht in die Beine!" "Und nur deswegen stehst du auf? Wegen der Suppe hättest du auch rufen können. Das mit den Beinen ist klar, aber du bist noch zu schwach, um hier rumzuspazieren. Strengste Bettruhe - auch vom Arzt!" "ja okay .. aber eigentlich...." "Was eigentlich ?" fragte sie Kai. Dieser sah zur Seite und meinte: "Ich ..wollte mich entschuldigen.." Er blickte ihr mit ernster Mine in die Augen - ein kurzer Moment der Stille. " Ich schnauz dich nur voll, wo ich .. mich eigentlich bedanken sollte. Tut mir Leid .. ." Der Junge Russe merkte, wie es ihm schwer fiel, so was über die Lippen zu bringen. Janes Mimik wandelte sich von einem verärgerten in ein sanftes Lächeln um. "Schon gut. Hauptsache, dir ist nichts passiert." Sie schaute ihn weiter so an und grinste. "Was?" fragte Kai kühl, aber innerlich war er etwas unsicher. "Ohne diese blauen Streifen siehst du noch besser aus.." Verdutzt blickte der Junge sie an. "Ach und außerdem" ihr grinsen wurde noch breiter "Dir scheint es ja nix auszumachen, hier so auf meinem Schoß zu liegen oder sollte man sogar sagen .. dir gefällt's?!" Erst grinste sie noch keck, bis sie anfing zu lachen. Sofort erhob sich Kai, dem sogar ein klitzekleiner Rotschimmer über die Wangen schlich, aus Janes Obhut. " Wer hat mich den so aufgefangen ???!! Deine Schuld, wenn ich so liege." Er versuchte wieder ernst zu klingen und sein unnahbares Image wieder hervorzubringen. Aber da es ihm schon unangenehm war, scheiterte der Versuch. "Schon gut, Kai. Dann war es halt meine Schuld. Ich hör auf, sonst machst du noch einer Tomate in Sachen Rot Konkurrenz." Und wieder grinste sie. Kai sah nur zur Seite.
 

Seufzend stand Jane auf und bot Kai die Hand, damit er aufstehen konnte. Doch dieser sah sie nur mitgehobener Augenbraue an und erwiderte: " Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich kann das allein." "Oh .. jetzt ist unser Kai wohl eingeschnappt, weil sein Stolz verletzt wurde. Aber gut - bitteschön .. versuch's doch. Das will ich sehen." Kai sah sie finster an und erhob sich. Da er taumelte, stützte er sich an der Wand ab. "Ha .. sag ich doch .. das ist kein .." Das Schwindelgefühl traf ihn wie ein Schlag und er schwankte gefährlich. Sofort packte Jane seinen Arm und stützte ihn. "Ha! Siehst du! Garnix geht!!" Kai keuchte - ihm wurde allmählich wieder schwarz vor Augen. Jane konnte ihn noch rechtzeitig ins Bett zurück verfrachten, bevor er wieder zusammenbrach. "Man Kai .. was ist nur los mit dir?!" Sie legte ihre Hand auf seine Stirn - sie glühte und kalter Schweiß rann an seiner Stirn hinunter. " .. Kai? .." Das Mädchen war mehr als besorgt. Sie rannte aus dem Zimmer und rief den Arzt an.

"Hallo Herr Miwa. ..hier ist Jane Tatsue. Sie müssen bitte kommen. Ich mache mir Sorgen um Kai ..."
 

Der Arzt war sofort erschienen und hatte Jane ziemlich aufgelöst vorgefunden. Diese hatte Miwa erklärt, was passiert sei und der Arzt schaute sich Kai noch mal an. Jane ging aus dem Zimmer - zum einen wollte sie nicht stören, zum anderen war sie zu aufgewühlt. Während der Doktor den jungen Russe untersuchte, fragte dieser [er war wieder wach^^], wo Jane sei. "Junger Mann .. dein Zustand nimmt sie ganz schön mit. Sie ist glaube ich in der Küche und beruhigt sich ein wenig. Als ich nämlich kam, war sie ganz schön verzweifelt. Also - ich wiederhole mich ungern Mr. Hiwatari! Totale Bettruhe !!!! Sonst machen sie mir das arme Ding da draußen auch noch krank!!"

Der Gelehrte hinterlies noch ein paar Medikamente und ging mit einem aufmunterndem Lächeln. Zuvor war er jedoch zu dem Mädchen gegangen und versuchte ihr die Sorgen auszutreiben. "Kein Grund zur Sorge, Jane. Er hat eine Spritze und Medikamente bekommen; der wird schon wieder. Du machst dir wohl große Sorgen um ihn?" Jane sah ihren Leibarzt mit ein wenig geröteten Augen verdutzt an. Nein. Um diesen Idioten mache ich mir ganz bestimmt keine Sorgen!!" Der Mann lächelte und verlies sie mit den Worten: "Alles Gute."
 

Mit den Gedanken halb anwesend , überlegte die 17jährige was sie nun machen sollte. > Stören darf ich nicht - er muss immer hin schlafen. Also .. what we do next ??!!< Und sie hatte eine Idee. Die junge Dame schlich zu Kais Zimmer, öffnete leise und trat ein. Kai hatte die Augen geschlossen und schlief anscheinend. Geräuschlos tapste sie zum Nachttisch und nahm das Tablett an sich. Sie betrachtete Kai und merkte, dass ihm Schweißperlen auf der Stirn standen. Sachte ging sie rüber zum Tisch, legte das Tablett kurz ab und ergriff das nasse Tuch. In der mit wassergefüllten Schüssel tränkte sie es, wrang es anschließend aus und lief wieder zu Kai zurück. Sie beugte sich über ihn, strich mit einer Hand sanft seine Haarsträhnen beiseite und wischte mit einer Seite des Tuches seinen Schweiß ab. Danach faltete sie es und legte es behutsam Kai auf die Stirn. Geschwind drehte sie sich um, nahm das Tablett vom Tisch und entschwand leisen Schrittes.

Als die Tür verschlossen war, öffnete Kai sofort die Augen. Er hatte keineswegs geschlafen. Zwar hatte er es versucht, aber die Worte des Arztes gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Erst wollte er Jane als sie eintrat ansprechen - doch dann lies er die Augen geschlossen. Es wäre besser gewesen. Doch Kai hatte genau die Ohren gespitzt um zu erfahren, was sie tat. Als sie ihm die Haare aus dem Gesicht gestrichen und ihn abgetupft hatte, bekam er eine Gänsehaut durch ihre Berührungen - so sanft sie das getan hatte. Es hatte Kai selbst gewundert, warum er dies verspürt hatte. Irgendwie hatte er innerlich zusammengezuckt und wenn er sich nicht beherrscht hätte .. . Aber war es nicht in einer gewissen Weise angenehm gewesen. > Was denke ich da bitte für absoluten Scheiß. Entweder mischt die mir was ins Essen oder das Doktorchen hat mir sonst was gespritzt..<

Im Inneren zweifelte er immer noch daran. > Trotzdem! Das hat nichts zu bedeuten! Absolut nichts.< Nur aus Zufall schaute Kai auf den Nachttisch und erblickte einen Zettel dort liegen. Er nahm ihm zur Hand und las: "Bin in der Stadt und in ca. einer Stunde wieder da. Wehe du klappst wieder zusammen. Und schlaf jetzt!! -Jane-"

Wortlos legte er es wieder auf die Ablage, starrte zur Decke bis er einschlief.
 

"Hm ... was brauche ich noch ..?" Jane stand mit einem Einkaufszettel im großen Supermarkt und ging die Notizen durch. "Ich glaub .. Kirsch fehlen" sagte sie zu sich und schlenderte durch die Gänge. Als sie alles besorgt hatte, lief sie weiter durch die City von Tokio und blieb kurz an einer Videothek stehen. "Wieso eigentlich nicht, ich hab schon lange nix mehr gesehen." Mit diesen Worten ging sie in den Laden. Nachdem die 17jährige sich 2 Filme ausgeliehen hatte, begab sie sich wieder nach Hause. Bevor sie ankam, klingelte ihr Handy. "Ja, Jane Tatsue." "Hi Jane hier ist Ami" "Hi Schwesterherz, wie geht's?" "Das sollte man lieber dich fragen kleines!" "Nenn mich nicht so, aber mir geht's gut." "Dann bin ich ja beruhigt. In den letzten Tagen warst du deutlich neben der Spur." "Ist gar nichts wahr. Warum sagen das alle!?" "Tja, weil es so ist. Zwar bist du ja immer besorgt, wenn jemand krank ist, aber so aufopferungsvoll hast du dich noch nie um jemanden gekümmert., kleines Schwesterchen." " Ach du spinnst. Warum rufst du an?" "Nya .. erst mal fragen, wie es dir geht und dann deinem Patienten." "Tja, was soll ich sagen. Der Arzt war vorhin noch mal da, weil ja der Idiot von Kai aufgestanden ist und sich, als er umgefallen ist, fast den Schädel zerdeppert hätte. Echt! Der macht mich noch mal wahnsinnig!!" "Soll ich kommen und dich unterstützen?" "Nein. Lass gut sein. Mach du lieber deinen Job und schreib deine Arbeiten für die Uni! Ich krieg das schon hin - keine Sorge." "Na Gut. Vielleicht wollt ihr ja auch allein sein, wer weiß." "AMI!! Du dumme Kuh! Lass die scheiß Scherze!!" Ami lachte am anderen Ende. "Schon gut - also, bis dann!"

Aufgelegt! Etwas empört steckte Jane ihr Handy wieder ein und bemerkte, dass ihre Beine sie selbstständig nach Hause gebracht hatten, ohne das sie etwas davon mitbekommen hatte. Sie schloss die Tür des Lofts auf und trat leise ein. Stille empfing sie. Nur die Küchenuhr und die Spülmaschine liefen leise.

Seufzend stellte Jane ihre Einkäufe auf die Küchentheke und zog Mantel , wie auch Stiefel aus. Gedankenversunken fuhr sie sich durch das schwarz-grüne Haare, welche ihr weich in den Ausschnitt fielen. Dann schlurfte sie zu Kais Zimmer.

Auf Zehenspitzen trat sie ein und betrachtete den Schlafenden. Sein langsamer und gleichmäßiger Atem beruhigte sie irgendwie - es hatte etwas vertrautes an sich, seinen leisen Atem zu hören. Das Tuch, bemerkte die junge Russin, welches eigentlich auf Kais Stirn liegen sollte, war ein wenig herunter gerutscht. Die 17jährige wiederholte die Prozedur - auswaschen, auswringen. Als Kontrolle fühlte sie bei Kai kurz die Stirn, ob das Fiber gesunken war. Erleichtert atmete sie auf. Es war gesunken. Jane war jetzt so mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie überhaupt nicht merkte, das sie Kai über das Gesicht strich und ihn dabei verträumt ansah. "Sag mal Jane .. was machst du da?!" sagte Kai, öffnete seine Augen und schaute in ihre.
 


 

Kommis .. büdde ..!

kleine Schwächen .. ?!

Sofort wurde Jane aus ihren Gedanken gerissen und begriff, was sie da tat. "Ähm ..." sie nahm ruckartig die Hand weg und wich ein paar Schritte zurück. Kai sah sie fragend an, obwohl es doch etwas unangenehm war, denn sein Herz raste ein wenig. "Na ja .. also ich .. ich wollte einfach nach dir schauen. Und .. und da bin ich wohl ein bisschen in Gedanken versunken.." "Aha.. und deswegen, das grade oder was?!" sagte der junge Russe kühl. "Oh ja - beruhig dich. Ich war einfach froh, dass dein Fieber unten ist. Und jetzt keine Fragen mehr - schlaf besser."

Jane rauschte davon und schloss die Tür.
 

>OH GOTT!! Was mache ich da eigentlich?! Ich bin schon total von der Rolle! Jetzt denkt der sonst was! Warum habe ich das nur gemacht!!< Einen Moment verharrte sie in Schweigen, bis ihr eine Idee kam. > Irgendwie .. war ich mit meinen Gedanken .. bei meiner Mutter und habe das einfach vergessen. Ich war .. glücklich, dass es ihm besser geht..< ging es Jane durch den Kopf, während sie in die Küche lief.
 

Kai war noch verwirrt. Im Grunde, hatte ihm Jane keine Antwort gegeben. Und was sich der 17jährge am meisten fragte war, warum er überhaupt die Augen aufgeschlagen hatte. Wollte er das Mädchen lächerlich machen?! Oder wollte er nur eine Antwort erhalten!? Aber für was. Wollte er eine Antwort, warum sie in pflegte und es nicht dem Krankenhaus überlies? Warum hatte sie ihn so verträumt angeblickt.. ? Letzteres jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Diese "Streicheleinheiten" - der Russe bekam eine Gänsehaut. Leider verstand er aber nicht, wieso.

Das Denken strengte an und alsbald machte sich sein Kopf mit einem stechenden Schmerz in der Schläfe bemerkbar. Daher versuchte er der Bitte von Jane nachzugehen und segelte nach wenigen Minuten wirklich schon dem Traum entgegen.
 

Eine Stunde lang herrschte relative Ruhe in der Wohnung, welche nur manchmal durch Geklirre aus der Küche unterbrochen wurde. Die Schwarz-grünhaarige mühte sich am Bockofen ab und zauberte Kais geheimes Lieblingsgericht - Kirschkuchen. Kaum vorstellbar, dass der Eisklotz höchstpersönlich diese Süßspeise über alles liebte. Aber Jane war die einzige, die davon auf der ganzen Welt wusste. Ich Mutter hatte früher immer welchen gebacken und die kleine Jane merkte schnell, dass es Kais Schwäche war. So erlernte sie das Rezept und nun schob sie den Kuchen in die Backröhre und sank auf einem Stuhl erschöpft zusammen. "Puh .. ich hab schon ganz vergessen, wie schwer das ist. Nie wieder!!"

Träge schlurfte sie ins Bad, um sich vom lästig klebenden Mehl zu befreien. Sie zog die hochgekrempelten Ärmel ihres roten, engen Rollkragenpullovers runter und betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Sie sah gut aus - wie immer. Schwarz-grüne Haare, blau-grau-grüne Augen, helle Haut und sinnliche Lippen. > Ist schon komisch. Sonst habe ich kein Problem mit Jungs, aber jetzt .. komm ich mir vor, wie ein nervöses Huhn. Na ja .. Kai ist auch ein ungewöhnlicher Kerl. Ihn gibt's nur einmal im Universum .. unseren "lieben" Kai< . Sie grinste.
 

Schon stand sie wieder vor der Backröhre und balancierte den Kuchen auf den Tisch. Anschneiden, je ein Stück auf 2 Teller, Besteck - fertig. Ab zu Kai. > Hm .. was ist wenn er schläft?! Pech!! Er hatte genug Zeit zum schlafen, wenn er sie nicht nutz - sein Problem. Außerdem muss er was essen, sonst wird's auch nicht besser!< Bei diesen Gedanken belies sie es und machte sich auf.
 

Sachte trat sie ein und schritt sofort zum Tisch, der vor dem Fenster stand. Jane stelle alles und setzte sich. Wecken würde sie Kai Hiwatari nicht, sonst würde wieder was blödsinniges passieren und darauf hatte sie keine Lust. Er würde schon wach werden - sie kannte ihn.
 

Tatsächlich - er wachte auf. Der Kirschkuchengeruch lag in der Luft und Kai spürte sofort, wie sein Magen anfing zu grummeln. Er öffnete die Augen und setzte sich im Bett auf. Noch etwas verschlafen drein blickend, machte er die Umrisse einer Person im hinteren Teil des Zimmers aus. "Hab ich dich geweckt?" Kai rieb sich die Augen um wach zu werden. "Nein .. nein, schon gut. Sag mal .. riecht das hier nach .." " ..Kirschkuchen!? Ja, hier riecht's nicht nur danach. Hier ist auch einer. Willst du ein Stück?" Ein Nicken seitens Kai. Dieser wollte aufstehen, aber Jane erhob sich blitzschnell und erhob die Stimme: "WEHE!!! Wag es dir aufzustehen!! Ich bring es dir ans Bett!"
 

Anfangs war er verdutzt, aber dann lächelte er leicht über ihre Reaktion. Er lächelte zum ersten Mal!! Jane nahm einen Teller und gab ihm Kai. "Pass nur auf, dass du mir nix vollkrümmelst." "Keine Panik. Wird nicht vorkommen. Aber, warum ... Kirschkuchen?!" ".. dein Schwäche .." meinte sie gewollt beiläufig.
 

"Woher .." "Seit du bei uns warst damals, hast du das Zeug geliebt. So was entgeht einem nicht. Das waren so die einzigen Momente, wo du mal gelächelt hast.. . Schmeckt er? Immerhin habe ich mir viel Mühe gegeben." "Du hast den gebacken ??" "Was denkst du denn! Zu kaufen gibt's so was nicht! Also .. deine Meinung?" "Okay." "Du hast Nerven! Ich rackere mich da mehr als ne Stunde ab und du sagst nur - Okay - ? Ich hatte erst bedenken, ich ruiniere die Küche von Chris!" "Chris..? Wer ist Chris .. und .. kannst du bitte mal hier her kommen. Denn es ist echt anstrengend .. wegen meine Erkältung. Meine Stimmbänder sind scheiß Kratzig."
 

Jane seufzte, nahm ihren Teller und setzte sich im Schneidersitz vor der Bett. "Ich bleib hier unten, sonst steckst du mich an." "Meinetwegen. Ich hätte sowieso aufgepasst, dass du nicht krank wirst." "Wow.. du kannst freundlich sein." Kais Blutrote Augen warfen einen stechenden Blick. "Gut. Also, Chris ist der Freund meiner Sis, ihm gehört der Schuppen hier." "Und du darfst einfach so hier wohnen? Mich wunderst überhaupt, dass du nicht in Russland bist." "Chris ist Kunstlehrer und so freischaffender Künstler. Im Moment ist er auf Weiterbildung und da wollte Ami ihn besuchen. Da bin ich einfach mal mit." "Was macht Ami eigentlich so?" "Bibliothekarin oder schreibt irgendwelche Arbeiten für die Uni.

Aber genug von den beiden - willst du noch ein Stück Kuchen?" Jane hatte schon gesehen, dass Kai seins längst verputzt hatte, obwohl er mit Mühe daraufbedacht war, es so unauffällig wie möglichst tat. "Ich hab noch jede Menge - ich weiß ja, dass du verrückt danach bist. Reine Vorsichtsmaßnahme." Sie grinste und entwendete ihm den Teller. "Sehr witzig .. ich bin kein Fressmonster! Wie Tyson zum Beispiel!" Das Mädchen quittierte einen kühlen Blick. "Apropo .. die Jungs wissen ja nicht, dass ich hier bin .. shit .. na ja, egal." > .. die würden sich eh nie Gedanken um machen .. warum sollten sie auch .. <
 

"Die wissen bescheid - keine Panikanflüge bitte, Herr Hiwatari!" feixte Jane sarkastisch. Wenn Blicke töten könnten, wäre jetzt eine Person im Raum Tokio an einem plötzlichen ( unerklärlichen) Herzstillstand gestorben [ Gott .. wie ich meinen Sarkasmus liebe -.-" ]. Konnte man das noch total kühl oder schon polarisch nennen. Zwar war ihm bekannt, dass seine "liebe" Jane immer so war, aber er fragte sich ernsthaft, wann er sie ermeucheln würde.
 

"Ich kenne Kenny aus dem Blade-shop. Und da habe ich einfach dein Team angerufen und Bescheid gesagt." "Wie hast du den das hinbekommen, wenn du die ganze Zeit nur am rumheulen bist." "Hör auf, mir das vorzuwerfen!" "Tz .. und was hast du ihnen gesagt?" Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. "Ich habe gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen müssen. Deine persönliche Krankenschwester kümmert sich um dich!" Kais Mine verfinsterte sich zu einem undefinierbaren Mix aus Bosheit und purer Wut. "Was ..?!" zischte er ganz ruhig. "Hast du dieses Idioten verklickert, das DU MEINE PERSÖNLICHE KRANKENSCHWESTER BIST !!!???" "Na klar, was dachtest du den?" Die Augenbrauen des Jugendlichen zuckten gefährlich. Nur ein seufzen seinerseits folgte. "Toll. Jetzt denken die sonst was." "Glaubst du wohl, die denken, ich wäre ne billige Nutte, die kleine wehrlose Jungs zu sonst was animiert... . Ist dir etwas so wichtig, was dein Team über dich denkt?"

Janes Ausdrücke überhörte Kai einfach. Russen haben manchmal einen etwas .. zünftigen Ausdruck. Das wusste er selbst. "Klar. Immerhin muss man doch seinen Rang behalten. Da komme ich mir wie ein Softie vor; von der Krankenschwester gepflegt zu werden .. ." "Oder wie ein Perverser. Aber im Grunde bist du eher ein Softie - da hast du Recht." "Was?!" "Ist doch so. Klappst dauernd zusammen, hast ne Krankenschwester, man kann leicht deinen Stolz verletzten und du liebst Kirschkuchen. Fazit : Softie!" sie lachte los.

Wütend packte Kai sie, schmiss sie aufs Bett und beugte sich über sie. Ihre Handgelenke drückte er neben ihrem Kopf in die Matratze. Gesicht zu Gesicht schauten sich beide an.

Kai war mehr als wütend. Sie wusste ja gar nichts. Rein gar nichts von ihm. Er war kein Softie. Mit so einer Vergangenheit konnte man so etwas absolut nicht sein .. wo man nur gekämpft hatte. Eine Schlacht gefochten hatte um zu überleben - um überhaupt leben zu wollen. Den inneren Kampf bestritten.
 

"Oh lala! War doch der Perverse überwiegend?!" Doch bald merkte sie, dass es Kai nicht mehr witzig war.

"Könnest du mir vielleicht verraten, warum du so beschissen "nett" bist?! Ich bin's zwar noch etwas von dir gewöhnt, aber irgendwann finde ich es nicht mehr witzig .."

Wäre es kein Mädchen sondern ein Junge gewesen, hätte er zugeschlagen. Mit voller Wucht, sodass sämtliche Knochen zu Bruch gegangen wären. Er hatte es nicht anders gelernt. Zuschlagen, verletzten - so wurde er "erzogen". Aber er schlug nicht zu. Kai kannte Jane, und würde sie nicht schlagen. Es hatte Gründe .. die zu weit zurück führen würden, in einer Zeit ... die zu schwarz war, als dass man sie erinnern wollte.
 

Kurz verharrten beide so, Auge in Auge. Bald wurde es der 17jährigen relativ unwohl - sie wusste warum. "Es .. es tut mir Leid. Ich .. bin nur etwas müde, weil ... ich kaum geschlafen habe .. in den letzten Tagen. Da bin ich manchmal .. etwas .. etwas übertrieben sarkastisch. Sorry .. war scheiße von mir." Einen Augenblick verweilte Kai noch so und versank in ihren Augen, welche langsam etwas traurig dreinblickten. Er lies von ihr und gab sie frei.
 

Jane krabbelte vom Bett, während der Junge sich wieder so hinsetzte, dass er sich an die Wand lehnen konnte.

"Ich hole dir noch Kuchen .." Mit diesen Worten und Kais Teller rauschte sie aus dem Zimmer. Der Jugendliche selbst lies den Kopf hängen. > Mit ihr kommen all die Sachen wieder hoch. All die Bilder .. die Worte. Die Schmerzen. Ironie .. wie ich sie hasse. Wann wird es endlich vorbei sein ... das Erinnern ..?<
 


 

Kommis wären nett meine lieben ^^. ach und sorry, wenn ich hier etwas sehr ausgeschweift bin.. immerhin fange ich erst peinlich an, dann rutscht in die comedysparte, gelangt in den puren Sarkasmus und landet schließlich im dracfic-element ... nya .. die wirkung von bier + nirvana halt

Offenbarung

Mit dem Stück Kuchen kehrte sie nach einer Weile zurück und stellte es nur schweigend auf Kais Nachttisch ab. Daraufhin wollte sie den Raum wieder verlassen, doch ein monoton Satz unterbrach die im Moment andauernde Stille: "Warum pflegst du mich überhaupt..?".

Kais Stimme verriet nicht die winzigste Emotion - er hatte es ganz ruhig und etwas ernst gefragt.
 

Jane verharrte in ihrer Bewegung, als sie gerade die Tür öffnen wollte. Ihre Hand umklammerte den kalten Metallgriff der apricot-gestriechenen Tür [ entschuldigt die Wortwiederholung .. aber gibt's ein anderes Wort für Tür??]. Ein leises seufzen entwich ihrer Kehle. Sie hatte gewusst, dass die Frage irgendwann fallen würde. Doch jedes mal blieb sie aus, was sie mehr als erleichterte.

Das Mädchen wendete sich ihm um, schaute dennoch zur Seite und meinte: " Weißt du Kai .. ich ähm .. ich wollte einfach .. was gut machen, bei dir. Ich wollte dir wenigstens hierbei helfen.." Sie sah ihn an - direkt in die Augen, obwohl sein Blick nun mehr als stechend war. "Was wolltest du gut machen .. du standest doch nie in meiner Schuld.." "Doch, Kai. Seit ich dich gesehen habe, wollte ich dir helfen .. wegen .. der Abteisache. Aber du hast mich nicht drangelassen. Und deswegen, wollte ich dich wenigsten hier etwas unterstützen", sie lächelte milde. Dennoch konnte man erkennen, dass eine gewisse Trauer in den Augen mitschwang. Wohl auch eine Portion Müdigkeit.
 

Der Russe sah sie verwundert an. "Tut mir Leid. Ich weiß, dass du niemanden an dich ranlässt, aber ich wollte einfach meine Aufgabe erfüllen. Ich war damals immerhin die einzige, mit der du geredet hast. Ich hatte einfach das Gefühl, als müsse ich für dich da sein und dir helfen. Das hatte ich mir versprochen."
 

Vor Kais geistigen Augen tauchte plötzlich die Gestalt des Engels aus seinem Traum auf und verschmolz mit Jane. Er begriff nun, was der Traum zu bedeuten hatte. Aber Kai blieb sehr skeptisch. Er war nicht der Typ, der an ungewöhnliche Dinge glaubte oder eigenartige Gedanken. Er war purer Realist - das hatte ihm seine Vergangenheit eingebracht. Und in dieser Welt gab es keine Engel oder Götter. Man war allein. Man musste auf sich selbst Acht geben, da dieses Leben schrecklich grausam war. Das wusste er .. leider.
 

"Schon gut. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.. . Aber warum willst du mir mit der Abteisache helfen .. die Zeit ist vorbei." "Kai .. ich weiß, dass das nicht stimmt.." langsam schlich sich ein kleiner Anflug von Verzweifelung in ihr Gesicht. " Doch. Ich lebe in Tokio und bin einer der besten Blader der Welt. Die Vergangenheit ist gewesen. Aber bitte .. wie würdest du mir den helfen wollen ..?"
 

Obwohl Jane es nicht auffiel - Kai viel es von Sekunde zu Sekunde schwerer sich zu beherrschen. Er wollte darüber nicht sprechen. Immer mehr Wunden gingen auf. Bilderfluten stürzten auf ihn nieder. > Nein .. ich will das nicht sehen. Das ist vorbei. Das ist Vergangenheit .. < " Ich weiß nicht wie. Ich habe mir darüber auch nie wirklich Gedanken gemacht, weil ich mich ja nie getraut habe zu fragen. Ich dachte du würdest mich hassen .." "Warum sollte ich ?" "Vielleicht weil deine Vergangenheit deine Schwäche ist und weil du andererseits viel zu stolz bist. Und jeder, der deinen Stolz angreift, den hasst du."
 

Kai verstummte wie so oft. Sein Blick wanderte zur Seite. Jane bemerkte dies und kniete sich vor das Bett. So waren beide auf gleicher Höhe. " Ich war zu direkt - tut mir Leid." Blutrote Augen trafen wieder auf grau-grüne. "Hör endlich auf, dich für alles zu entschuldigen! Außerdem .. ich hasse das Thema nur." Ein Nicken von Jane folgte. "Okay .. ich hör auf davon zu reden .."
 

"Wie geht's dir eigentlich?" "Geht so - ich fühl mich wie durch den Fleischwolf gedreht, aber sonst in Ordnung." "Mal schaun, ob du noch Fieber hast." Unverzüglich fühlte Jane Kais Stirn - der Jugendliche musste dazu nichts mehr sagen. Es war halt so, wie es war. "Anscheinend hat die Spritze doch gewirkt."

Der 17jährige knurrte auf einmal: "Du meinst dieses dumme Ding" dabei krempelte er den Ärmel des T-Shirts höher und zeigte ihr das Pflaster in der Armbeuge. "Der Typ hat mir das einfach reingerammt. Deine Ärzte haben Methoden!?" "Tja, ich bekomme nie Spritzen. Weil ich nicht so dickköpfig bin wie du, der nicht liegen bleiben will." "Trotzdem hab eich es nicht verdient." "Glaubst du?"
 

Die Mine des Russen verfinstere sich erneut und die blutroten Augen sprühten geradezu Funken. "Hab ich was gesagt? Egal .. ich hab 2 Filme ausgeliehen. Willst du mitgucken?" "Was gibt's den für Auswahl?" "Horror oder Comedy" "Was den für Comedy.." "Ice-Age" "So einen Scheiß guckst du. So was total kindisches?!" "Hey. Der Film ist toll. Da will ich gar nicht wissen, was ihr Kerle guckt." Fraglich zog Kai die Augenbraue hoch. "Pornos Hiwatari. Pornos!"
 

Jetzt entgleisten dem sonst ruhigen Jugendlichen alle Gesichtszüge. "Sag mal?! Tickst du noch richtig !!? Du glaubst echt, dass ich Pornos gucke?! Also, ich hab schon sonst was gehört .. das ich schwul wäre und was mit Ray hätte [ einen Gruß an alle Mexxler, die Kai-Ray Storys schreiben ^^], oder sonstige Affären. Aber DAS ist .. tz .. dafür gibt's kein Wort. Krank vielleicht. Sehe ich so aus???" Amüsiert grinste Jane nur noch.

Gleich würde er losbrüllen, das wusste sie. Oder er würde sonst was mit ihr machen. Wenn sie an vorhin dachte .. wollte sie sich das gar nicht ausmalen. "War ein Witz. Krieg dich wieder ein." "tz .. ich sage nur, es ist nicht so und wenn es so wäre, würde ich es dir wohl kaum sagen."
 

Kai hatte sich anscheinend so entschieden, dass er jetzt auf ihrer Schiene kämpfte. > Mal schaun, wie weit sie kommt.. so setze ich sie K.O. < "Ah .. jetzt kommt es wohl raus. Warum würdest du es mir nicht sagen. Ist das wohl peinlich. Wir kennen uns seit ner Ewigkeit. Ich würde dir sogar meine BH -Größe verraten, wenn du fragen würdest." Verdattert sah Kai Jane an und ein kleinen Hauch Röte legte sich auf seine Wangen. "Wozu das den?" "keine Ahnung - es war nur ne Idee. Ein Beispiel. Bild dir nichts darauf ein." Ein kurzer Moment der Stille folgte. Bis: "Sag mal .. warum wirst du da rot ..? Willst du sie etwa wissen?"
 

Nun wurde aus dem kleinen Hauch, eine leichte Briese Rot. "Nein .. hör auf zu spinnen, Jane..." "Aha" sie beugte sich zu ihm "du weichst aus?!" Kai lief nun wirklich rot an, denn Jane kam ihm zusätzlich zu dieser peinlichen Frage immer näher - er rückte an die Wand, bis er mit dem Rücken daran stieß. Sein Herz raste und sein Puls donnerte in seinen Adern. " .. Jane .."
 

Diese grinste zufrieden. Schon immer wollte sie Kai mal so richtig aus der Fassung bringen. Auch wenn er ein totaler Eisblock war, der niemanden an sich ranließ, hatte er in ganz, ganz seltenen Momenten eine etwas schüchterne Seite. "Na Gut. Ich erlöse dich aus der Bedrängnis. Aber meinen Cup verrate ich dir nicht. Überleg selbst .." Sie lies von ihm ab, ging zur Tür und fragte noch: "Wie denkst du, kannst du aufstehen?"
 

Kai, dessen Herzschlag sich sehr langsam wieder stabilisierte, sah zu ihr und zuckte mit den Schulter. "Keine Ahnung. Aber ich dachte ich sollte nicht aufstehen?" "Kai - so Leid es mir tut. Um Zum Fernseher im Wohnzimmer zu kommen, muss man wohl oder übel irgendwann aufstehen. Oder denkst du, ich schlepp die Heimkinoanlage zu dir? Oder am besten trag ich dich da noch hin!?" "Schon gut!! Ich hab verstanden!" er rutschte an den Rand des Bettes und erhob sich langsam. "Ganz langsam, Kai. Wenn du zu schnell aufstehst .." "Ich weiß!!! Ich hab es ja oft genug am eigenen Leib gemerkt!" Nun stand er da leicht taumelnd.
 

"Geht's? Soll ich dir helfen?" "Nein, geht schon." Dennoch nahm Jane seine Hand und lief mit ihm sachte raus. "Was soll das?!! Ich brauche deine Hilfe nicht!!" "Ja, ja .. das haben wir auch gesehen .. bevor der Arzt gekommen ist! Reine Absicherung - sonst fällst du wieder um."

"So setz dich hin - ich hole nur etwas." Kai setzte sich auf das große Sofa, welches mit einem weißen Überwurf dekoriert war. Kurz fuhr er sich noch einmal durchs Haar - das Schwindelgefühl zerrte an seinen Nerven. Zum Glück verflog es bald, sodass Kai bald wieder auf der Höhe war.
 

Etwa fünf Minuten vergingen, als Jane etwas bepackt wiederkam. "Was bringst du denn da an?" Jane schon die DVD rein, setzte sich hin, startete den Film und sprach: "Keine Wiederrede. Kopf auf meinen Schoß" "Was?!" "Mach schon!" "Wieso??!" fragte Kai perplex. Sie sah ihn an. "Tu's einfach - okay."
 

Widerwillig folgte Kai der "Anweisung" - im inneren wurde es ihm mulmig. Jane hatte ein Kissen auf ihren Schoß gelegt, jetzt begriff er wieso. Damit konnte er besser den Film schauen. "Warum machst du das?" "So ist es bequemer für dich und dein Vertigo geht da weg, wenn du liegst. Geht's so?" "Ja .." sagte er leicht zögernd.
 


 

okay .. vllt. ein doofer schluß ich wollte da aufhören, wo kai so inder "klemme" steckt .. aber das war noch zu kurz .. egal. jetzt ist es so ^^

Kommis please. Thats my drug

Tatsachen der Dämmerung - das Unterbewusstsein

"Welchen Film schauen wir?" "Da du ja Ice Age nicht gerade toll findest, gucken wir einen Thriller. Okay?" "Genau meine Richtung.." "Hab ich mir schon gedacht .."

Der Filmvorspann lief gerade über den Bildschirm, als Jane eine merkwürdige Bitte äußerte: "Du Kai .." "Hm..?" er schaute zu ihr auf. "Mach mal die Augen zu. Ich will dich mal testen." Skeptisch blickte der Russe das Mädchen an. "Du und deine Ideen .. meinetwegen." Widerwillig schloss er die Augen und wartete ab, was geschehen würde. "Mund auf .."

Kai kam sich wirklich blödsinnig vor. > Bin ich hier ein Schoßtier oder was? Was soll der Kinderkram ..< "Kai .. bitte.." Und wieder tat der Jugendliche wie geheißen. Prompt landete ein Stück Mandarine in seinem Mund. Automatisch begann er zu kauen und der süße Saft der Frucht rann seine Kehle hinunter, bis die Flüssigkeit wohlig im Magen ankam.

Es war einfach merkwürdig. Zu merkwürdig. Kais leben war normal verlaufen, wenn man seine Vergangenheit ausblenden würde. Doch nun, mit diesem Treffen, hatte sich so vieles geändert. Am Anfang hatte er nicht einmal geglaubt, dass SIE wieder vor ihm stand. Und jetzt lies er sich von ihr "füttern". Langsam zweifelte er wirklich, ob er noch bei klarem Verstand war und nicht mal wieder etwas zu viel "Russisches Wasser" getrunken hatte.
 

Doch es war real. Hier und jetzt. Kai wollte sich gar nicht die Gesichter von Tyson & Co vorstellen. Vor allem ihre Kommentare. Das hier fühlte sich anders an. So etwas kannte der grau-blauhaarige nicht. Irgendwie konnte er auch nicht einordnen, ob es ihm gefiel oder doch abstieß.
 

"Und was ist es?" "Mandarine. Kann ich jetzt meine Augen wieder aufmachen und den Film gucken?" meinte er etwas kühl. Er war immer noch darauf bedacht, Abstand zu bewahren. "Natürlich Mr. Hiwatari." Kai schaute sie mit einem - Lass-das!- ich-hasse-meinen-Namen-Blick an. "Ich dachte du wolltest den Film angucken und nicht mich?!" Seufzend wendete sich Kai dem Fernseher zu. Kurz darauf herrschte Stille, da man sich auf den Streifen konzentrierte.
 

Im Moment lief gerade eine Wäschekammerszene mit Richard Gere ( dem Hauptdarsteller) und seiner Schauspielpartnerin, als Jane anfing zu säuseln: "Wie gerne würde ich an ihrer Stelle sein.." Überrascht drehte Kai seinen Kopf wieder zu dem Mädchen: "Du willst mit so einem Typen .." "Nein. Ich mache doch nicht mit einem alten Kerl rum. Nein - aber ich finde, er hat einfach so was tolles an sich. Die Ausstrahlung ist so .. unbeschreiblich. So was lieben Frauen .. das selbe wie mit George Clooney." "Aha .."
 

"Das verstehst du nicht. Er sieht einfach zum anbeißen aus." "Und dein Freund, sofern du keinen hast im Moment sollte genau so sein?" "Ja. In etwa. Aber ich bin zur Seite Single - und froh drüber. Aber warum fragst du?" "Hat sich so ergeben. Ich dachte ich dürfte dich so was fragen, wenn du mir schon deine BH-Größe verraten würdest." "Apropo, kennst du sie nun?" "Ich will sie nicht wissen, Jane." "Weil es dir wohl peinlich wäre?" "Warum sollte es das?" fragte er ohne jeglichen Ausdruck. Seine blutroten Augen zeigten keine Regung. "Immerhin ist es schon intim, oder?" "Können wir das Thema wechseln .. ich finde das hier echt idiotisch."
 

"Hat dir schon jemand gesagt, dass du übelst süß bist, wenn du versucht kühl zu bleiben, und man aber merkt, dass es dir peinlich ist?!" ein mildes Lächeln zeichnete sich auf die geschwungenen Lippen. Komischerweise wirkte sie gerade nicht sarkastisch. Es klang friedlich und sanft, wie eine leichte Sommerbriese.
 

Beide Augenpaare blickten den Gegenüber an. Zwar nur für ein paar Sekunden, doch ihnen kam es vor wie eine Ewigkeit. Schließlich löste sich Jane aus der "Verbindung" und widmete sich voll und ganz dem Film. Aber Kais Augen wollten nicht von ihren weichen. Kais Kopf begann zu arbeiten, zu denken - über die Worte. Er konnte nicht begreifen, was sie meinte oder nur widerwillig.
 

Alsbald hatte er keine Lust mehr, sich sein Hirn darüber zu zerdeppern und beschloss doch den Film zu gucken.

> Ach, ich mag es einfach, ihn so aus der Reserve zu locken. Immer wieder muss ich lächeln - einfach süß. Unser Eisblock Kai .. und seine kleine verstecke Seite.< dachte Jane, bis ihre Aufmerksam wieder voll Richard Gere galt.
 

Circa eine Stunde lag die Stille im Raum, die nur von dem Film umspielt wurde. Jane war total gefesselt von dem Thriller, auch wenn sie ihn schon kannte. Dabei vergas sie völlig, wer da auf ihrem Schoß lag. An das Gewicht von Kais Kopf hatte sich ihr Körper schon längst gewöhnt. Einmal wollte sie sich bequemer auf dem Sofa hinsetzten, als sie sich wieder der Sache bewusst wurde. Sie betrachtete Kai und bemerkte, dass er eingeschlafen war.
 

Erst wollte sie einen Aufstand machen, aber sie besann sich eines besseren und lies ihn schlafen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, welches ihr nur jetzt auffiel. Sie hatten sich 5 Jahre nicht gesehen und nun das hier. Kais ruhigen Atem schon fast auf ihrer Haut zu spüren war sonderbar und dennoch war es ihr so vertraut, als wäre das alles schon gewesen. Das normalste der Welt. Selbstverständlich.
 

Schlafend sah er anders aus. Im Gegensatz zum wachen Kai, der immer kühl und abweisend war, wirkte er jetzt auf eine besondere Art - verletzlich. Die 17-jährige hatte Mitleid mit ihm, wie schon früher. Deshalb begann sie wieder über sein Gesicht zu streichen. Ihr war klar, dass sie bestimmt nicht gerade freundlich zu ihm war und ihn vielleicht sogar sehr genervt hat mit ihrem Sarkasmus. Doch sie wollte ihn vergessen lassen. Er hasste es Mitleid zu bekommen, weil er ihm nicht traute. Das war Heuchlerei; dies sagte er nie, aber Jane sah es in seinen Augen.
 

So glitten ihre Finger zart über seine Haut. Der jungen Russin war egal, was er dazu sagen würde. Sie tat es einfach. Ein Gefühl sagte ihr, das ihm das gefiel. > Ach was, ich hör damit auf. Sonst stellt der wieder dumme Fragen.<

Doch was Kai nun im Halbschlaf murmelte, lies ihren Atem stocken: " .. nicht aufhören .."
 

Erschrocken sah das Mädchen den 17jährigen an. Dieser hatte die Augen immer noch geschlossen. Jane war sich mehr als unsicher, ob sie sich nicht verhört hatte. Hatte sie Kai gerade gebeten, weiter über sein Gesicht zu streichen. >Ich bin übermüdet... aber .. das kann nicht sein. Es ist grade mal kurz vor 22 Uhr?! Dann .. meint der das ernst.. oder redet der im Schlaf??!!!<
 

Zaghaft berührte sie wieder mit der Rückhand sein Gesicht und strich zärtlich darüber. Augenblicklich entspannten sich Kais Gesichtszüge und sein ruhiges Ausatmen war vernehmbar. Ein Hauch Röte schlich sich auf Janes Wangen, was sonst nie oder selten der Fall war. Aber es war einfach .. unheimlich. Der "böse" Kai jetzt ein schnurrendes Kätzchen?! Was war hier los?! Konnte das Unterbewusstein so was anrichten [ jap, kann es ^^ hab mal nachgelesen ]?
 

Fragen über Fragen und wo die Antworten liegen bleibt wohl ein ewiges Geheimnis. Trotz ihrer aufkommenden Skepsis fuhr Jane mit ihren "Nebentätigkeit" fort und verfolgte den Spielfilm weiter. Ab und zu glitt ihre Hand auch am Hals entlang, was aber unbeabsichtigt war. Die Russin war voll bei dem Thriller. Aber bald schon war der Streifen zuende und das Mädel wurde wieder mal mit der Tatsache konfrontiert. > So. Was mache ich jetzt bitteschön?! Man Kai!! So war das nicht geplant!!!<
 

Resigniert Seufzend schaltete sie den Fernseher aus und dachte über den heutigen Abend noch mal nach. Ja, wahrscheinlich hatte sein Unterbewusstsein auf die Berührungen reagiert und den Wunsch geäußert. In einem Buch hatte wie gelesen, dass Das Unterbewusstein die Gesamtheit der seelischen Inhalte und Vorgänge unterhalb der Schwelle des Bewusstseins beinhaltet. Auf deutsch - alle Gefühle, Empfindungen und geheimsten Wünsche wurden hier abgespeichert. Für andere unzugänglich, tief verborgen. Eigentlich..!
 

Ein Schmerz schnitt Jane in die Glieder. Ihre Beine waren eingeschlafen und nun machte sich das unangenehme Gefühl kleine stechender Nadeln breit. > Sorry Kai. Bei aller Liebe - tut mir Leid. Aber ich muss aufstehen.<

Vorsichtig hob sie das Kissen, auf dem Kais Kopf ruhte an, schob sich durch diesen Spalt hindurch und stand auf. Behutsam legte sie das Kissen wieder auf das Sofa. Ein Gähnen entwich ihrer Kehle .
 

Ein letztes Mal drehte sie sich ihrem "Patienten" zu und deckte ihn zu. Mit einem milden Lächeln flüsterte sie in das gedämpfte Licht: "Persönliche Krankenschwester, Jane Tatsue, hat für heute ihre Pflicht getan und meldet sich ab. Gute Besserung Herr Hiwatari und schlafen sie gut. Bis morgen.. ."
 


 

*sweet* ich mag das ende sooo ... *lach* It's cute, or?! wenn ich immer so krankenschwester schreibe, denke ich immer an das video von 50 cent und candy shop .. oh, ich bin böse ^^. nein, so stell ich mir das jane nicht vor, aber bei krankenschwester habe ich immer dieses bild vor augen ... oder auch naughty girl von titty ( oder so ... ) da ist auch eine drin ^^
 

Also: KOMMIS!!! ... büdde .. :)

Die Nacht und der Tag danach

"Wahnsinn - seit 3 Tagen penne ich mal wieder in meinen eigenen Federn! Und nicht in dem Sessel, in Kais Zimmer". Erschöpft lies sich die 17jährige auf ihr Bett plumpsen und zurückfallen. Ihr Blick blieb erst starr der Decke gewidmet, bis er im Raum umherglitt.

In der Dunkelheit hatte das Zimmer einen etwas eigensinnigen Ausdruck. Merkwürdige Schatten zeichneten sich ab und finstere Ecken entstanden.

Mit einer flinken Handbewegung schaltete Jane ihre Leselampe ein und streifte ein altes Buch, welches auf der kleinen Kommode lag. Interessiert griff sie nach dem Gegenstand und erkannte es schnell als das berühmte Fotoalbum.
 

Sie setzte sich auf und begann zu blättern. Zu jedem Bild fiel ihr etwas ein, auch wenn es schon Ewigkeiten her war. Viele Photos hatten verschlissene Ränder und machten einen etwas schäbigen Eindruck. Das störte das Mädchen nicht im geringsten. Denn das was auf den Bildern zu sehen war, trieb ihr immer noch ein Lächeln ins Gesicht.
 

Kai und sie. Auf jeden Bild. Egal wo, wann und wie. Die beiden kleinen Kinder machten die unmöglichsten Sachen. Jane lächelte auf fast jeder Abbildung und strahlte wie ein goldiges Sternchen. Bei Kai war meistens jedoch nur ein müdes Lächeln zu sehen. Auf keinem der Bilder lächelte oder lachte er gar. Sein Gesichtsausdruck und vor allem Augen waren stets betrübt, traurig, als würden sie ein Geheimnis verstecken wollen.
 

> Schade, dass er nie richtig lächeln konnte, damals. Ich habe es aber in seinen Augen manchmal gesehen, der kleine Funke von Freude. Es war einfach schön. Am Anfang war er so verschlossen und hat kein Wort gesprochen, viel schlimmer als jetzt. Nichts kam über seine Lippen... aber irgendwann, hat er etwas vertrauen gefasst. Die schönste Zeit .. wie ein schillernder Traum .. damals war sie noch da. Sie hatte noch gelebt..<
 

Die Russin blätterte zu einem Foto, was wohl mit abstand das älteste hier aufgeführte war. Eine etwas 35-40 jährige Frau war darauf abgebildet. > Ach Mum .. ich vermisse dich so. Warum musste das geschehen .. sag mir den Grunde, ich würde ihn gerne wissen..< niedergeschlagen sah sie das Abbild ihrer verstorbenen Mutter an und glitt mit ihren Fingern über den alten Fotolack. Ganz langsam kroch die Trauer über sie und Tränen rollten ihre Wange hinab. Der Damm brach. Die Tränen bahnten sich ihren Weg unermüdlich und Schluchzer erfüllten nun die Stille. Zitternd lehnte sie in den Kissen und versuchte verzweifelt sich zu beruhigen.
 

> Hör auf!! Du musst stark sein!! Du musst stark sein!!!! Kopf hoch, das ist vorbei. Du musst damit leben. Das hilft keinem was, wenn du nur heulst. Nicht den anderen und dir schon gar nicht!! Also, reiß dich zusammen.< Mit der Hand wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und blätterte weiter. Das nächste Bild was ihr absolut liebstes. Es zeigte Kai, der Katzen fütterte. Es war ein Schnappschuss. Ein Unerlaubter, nebenbei bemerkt. Sie wusste, dass Kai das viel zu peinlich wäre - deswegen hatte sie ihm davon nie erzählt.
 

Wie ein Schatz wurde es gehütet, da es Kai als waren Menschen zeigte, wie Jane fand. Ja, so war er. Ruhig, besonnen, freundlich, gütig, hilfsbereit und manchmal doch etwas stur. Nach außen ernst, auch kalt und dennoch einsam und verletzlich. Als hätte man für eine Sekunde seine Seele auf Papier gebannt. Sie lächelte wieder.
 

Müde legte sie das Fotoalbum zurück auf die Kommode. Kurz fuhr sie sich noch einmal übers Gesicht, um die letzten Reste der Tränen verschwinden zu lassen, bis sie einfach so liegen blieb und einschlief.
 

Am nächsten Morgen erwachte sie von den Sonnenstrahlen, welche auf ihrer Haut angenehm kitzelten. Jane schlug die Augen vorsichtig auf und schloss sie sofort wieder. Es war einfach zu hell. Geradezu grell. Das Zwitschern der Vögel drang ihr ans Ohr und brachte sie dazu, doch wieder die Augen zu öffnen. "Ist ja gut" knurrte sie und schwang sich aus den Federn. "Bin also echt gestern so eingeschlafen?! Nicht schlecht.." Sie gähnte und rieb sich die Augen. Torkelnd ging sie zum Kleiderschrank und zog sich um. Enges, tief ausgeschnittenes Top und eine tiefsitzende Baggyhose - das perfekte Outfit zum Lümmeln. Die Haare hochgesteckt und mit zwei schwarzen Holzstäbchen fixiert, machte sie sich schleichend in die Küche. "Mal schaun wie es unserem kranken Schmusekater geht."
 

Da die Küche in das Wohnzimmer mündete, konnte man in der Küche etwas zu Essen machen und gleichzeitig z.B. fernsehen. So war es Jane möglich, einen Blick auf Kai zu erhaschen. Dieser schlief noch seelenruhig. Seine grauen Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht, doch es schien ihn nicht zu stören. "Sehr schön. Wenigstens macht er einmal was ich sage .. ." Sie machte Frühstück.
 

Nach kurzem Hin und Her war alles soweit fertig. Sich selbst schenkte sie Kaffee ein; Kai schwarzen Tee. Ein Russe trinkt in den seltensten Fällen frühmorgens Kaffee. Und der 17jährige verabscheute dieses Gebräu, im Gegensatz zu Jane [ wie ich auch ^^ ich liebe Kaffee]. Ihren Kaffee hatte sie mit zwei Stück Zucker und etwas Milch versüßt. So, mit ihrer Tasse in der Hand, setzte sie sich in den Sessel gegenüber dem Schlafenden und wartete ab. Lange würde es nicht dauern. Das wusste sie.
 

Etwas regte sich. Kai blinzelte - er wachte auf. Der Geruch von Kaffee und schwarzem Tee lag in der Luft und seine sensiblen Sinne hatten dies so stark registriert, dass der Betreffende sogar aufwachte. Es war schon erstaunlich.
 

Anfangs konnte Kai nicht viel erkennen, da er noch halb im schlaf war. Aber bald klärte sich sein Blick und die Umrisse waren scharf zu erkennen. Ein Schwarzgrün-haariges Mädchen saß ihm entspannt gegenüber und beobachtete ihm beim Aufwachen. Er mochte so was nicht unbedingt, doch bei ihr war das was anderes. Reine Gewöhnungssache.
 

"Morgen, Kai. Echt .. jedes Mal bin ich begeistert, wenn ich so was teste." Ein Grinsen ihrerseits folgte. Sie nippte an ihrer Tasse. "Hast du etwas Kaffee gekocht..?!" "Jap. Ich trinke grad welchen." Mit einem Seufzen lies er sich wieder in die Kissen sinken und verzog das Gesicht angewidert. "Wie kannst du nur so was ekelhaftes trinken?" Er fuhr sich durchs verwuschelte Haar und fügte noch hinzu: "Hier riechst aber auch nach schwarzem Tee.. kann das sein?" "Gut gemacht Watson! Geh mal zu Wetten-das..?!" "Sehr witzig. In solchen Dingen reagiere ich halt sensibel" "Nicht nur in solchen Dingen.." "Ja okay. Das Thema hatten wir schon durch!"
 

Lächelnd stand Jane auf, ging zum Küchentisch und meinte nur leise: "Das meinte ich gar nicht, aber egal .." Kai richtete sich interessiert auf, schaute ihr nach und fragte: "Was meinst du?" "Schon gut." "Sag Jane!!" Steh erst mal auf - dein Tee wird kalt. Aber bitte vorsichtig aufstehen.." Seufzend erhob sich der Russe langsam. Ohne Probleme. Anscheinend hatte er es endlich überstanden. Er setzte sich an den Küchentisch. Jane gegenüber.
 

"So. Rede." "Du erinnerst dich nicht an gestern?" "Wieso?!" "Erzähl einfach was du noch weißt." Ein kurzes Schweigen lag im Raum. Der graublauhaarige überlegte. "Hm .. wir haben einen Film geguckt, du bist auf blöde Ideen mit Obst gekommen, na ja .. ." " Das du danach eingeschlafen bist, weißt du nicht mehr .. ." Als wäre Jane das Gespräch nicht sehr wichtig, begann sie einfach sich ein Brötchen zu schmieren und zu essen. "Ich .. ich bin eingeschlafen ..?!" "Auf meinem Schoß um genauer zu sagen." "Oh .. Sorry."
 

Allmählich tat er es Jane mit dem Essen gleich. Kai begann seinen Tee leicht zu süßen und umzurühren. "Ja, ja .. Sorry. Kannst du ruhig sagen. Meine Beine sind eingeschlafen, aber das ist nebensächlich..!" "Tja, jetzt kennst du wenigstens das Gefühl. Was ist dann nun bitte hauptsächlich?"

Er trank seinen Tee. "Mich wundert's, dass du überhaupt auf meinem Schoß eingeschlafen bist. Der Film kann ja wohl kaum so langweilig sein, du Schmusekater..!!!"
 

Kai verschluckte sich augenblicklich an seinem Tee und begann wie wild zu husten, um die heiße Flüssigkeit aus seinen Lungenflügeln zu bekommen. Als er wieder etwas atmen konnte, röchelte er: "WAS?! Wie hast du mich eben genannt!" Er rang immer noch nach Luft. Die Person ihm gegenüber lächelte und trank genüsslich ihren Kaffee. Der Russe schaute sie verwirrt an und wartete auf eine Antwort. "Lass mich es so erklären .. du warst im Schlaf ziemlich redselig." "Ich versteh nicht .. ich rede doch nicht .."

"Doch Kai. Du redest eben im Schlaf. Das haben wir ja schon mit dem Abteitraum gemerkt. Aber dein Unterbewusstsein hat was ausgeplappert." "Mein Unterbewusstein..?" "Der Ort aller Gedanken, Gefühle, Wünsche und Empfindungen." Der 17jährige bekam ein mulmiges Gefühl. "Und was habe ich bitte im Schlaf gesagt?!" Kurz herrschte Stille.
 

"Mach mal die Augen zu .." "Jane .. ich habe jetzt keinen Bock auf Mandarinen!!" "Mach einfach; es hat nix damit zu tun." Verwirrt blickte der Junge auf die Schwarzgrün-haarige. "Willst du die Antwort, oder nicht?! Dann mach einfach." Der Herzschlag hob sich bei dem Russen, denn er hatte jetzt mehr als ein schlechtes Gefühl. Dennoch schloss er widerstandslos die Augen.
 

Jane erhob sich leise, trat zu ihm und sagte: "Wie findest du das?", dabei strich sie ihm zart über die Wange. Sofort öffnete er seine Augen, sprang ruckartig vom Stuhl und schlug ihre Hand weg. Der Stuhl drohte schon fast umzufallen, aber er hielt noch irgendwie die Balance. Kai wich vom Essenstisch an die Küchentheke und sah das Mädchen mit einem undefinierbaren Blick an. Die 17jährige war von seiner Reaktion so erschrocken, dass die gleichermaßen zurückgewichen war. Sie spürte den harten Schlag von Kai gegen ihre Hand. Der Muskel pulsierte etwas, aber nicht schmerzhaft.
 

In Kais Augen lag größtenteils die Erschrockenheit, aber auch Empörung. Seine Augenbrauen zusammengezogen - Misstrauen. Lag nicht auch ein kleiner Funke Scham darin. Die Wangen zeigten dies zumindest deutlich an.
 

"Sag .. sag mir nicht.. dass ich darüber was gesagt habe ...!!"
 


 

kommis .. mehr muss man dazu nicht sagen. und sorry, wenn hier soviel dialog drin ist .. war auch anstrengend zu schreiben -.-"

Wenn die Wege sich trennen ...

Keine Angst. der Titel deutet etwas auf Ende an .. aber die beiden süßen sind nur inder Krise. keine panik ^^ Viel Spaß also.
 


 

Jane zögerte sichtlich, als sie die Herausforderung in seiner Stimme wahrnahm. Nur etwa 2

Sekunden entstand eine gespannte Stille, die Kai prompt unterbrach. Er rauschte davon - in sein Zimmer. Die Tür wurde schallend zugeschlagen. Im ersten Moment begriff Jane gar nicht was geschehen war, aber sie fühlte sich unglaublich schlecht. > Scheiße .. ich hab's versaut< dachte sie.

Allein blieb sie in der Küche stehen und machte sich Vorwürfe.
 

Nachdem der Russe wutentbrannt in sein Zimmer gestampft war, war er eigentlich zu aufgewühlt um sich zu setzten oder nur ansatzweise zu beruhigen. Aber das aufkommende Schwindelgefühl zwang ihn in die Knie. Sich den wummernden Kopf haltend, setze er sich auf das weiche Bett. Alles drehte sich vor seinen Augen in einem Strudel aus Farben und Konturen. > Lass mich endlich in Ruhe!! Es kotzt mich an!! 4 Tage im Bett zu liegen wie ein Psycho reichen mir entgültig. Du hast mir schon genug Ärger eingebracht... warum, ich Vollidiot, habe ich mich nur auf ihren Schoß gelegt und bin auch noch eingeschlafen!! Warum konnte ich nicht wach bleiben oder im Schlaf meine gottverdammte Fresse halten!! Jetzt weiß sie .. < Ja .. was wusste das Mädchen überhaupt. Hatte sie etwas gesagt?! NEIN!
 

Es klopfte sachte an der Tür. "Nein! Ich will niemanden sehen." Von der anderen Seite ertönte es: "Kai .." ein seufzen "bitte! Du musste deine Medikamente nehmen.." "Stell sie vor die Tür und hau ab." "KAI! Stell dich nicht so an. Ich weiß, dass ist unangenehm für dich. Sorry - aber bock jetzt nicht wie ein Kleinkind." Jane vernahm Schritte und die Tür wurde aufgerissen. Keuchend stand nun Kai vor ihr, abgestützt an der Tür und sah sie mit tödlich funkelnden Augen an. "ich stelle mich nicht wie ein Kind an; nur so was verstehst du nicht." Langsam bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn und der 17-jährige merkte, dass er lange nicht mehr so stehen bleiben konnte. Das Schwindelgefühl schlug förmlich, wie mit der Axt auf einen Baum, auf ihn ein. Natürlich bemerkte Jane, dass etwas nicht stimmte.
 

Sie trat auf ihn zu, nahm seinen Arm und schob ihn zum Bett. "Lass das, Jane!" sein Atem wurde schwerer " ich kann das auch allein ..". Mit einem leichten Schubs katapultierte Jane Kai ins Bett. "Wenn du dir nie von jemanden helfen lässt, wirst du für immer allein bleiben .. willst du das?"

Nun lag der Russe halb in den Kissen und wendete das Gesicht gen Boden. Er konnte sie nicht anschauen.
 

>Hör auf. Hör auf mich daran zu erinnern. Mich zu verletzten. Hör auf, alles wieder hochkommen zu lassen. <
 

Ruhe herrschte. Jeder machte sich so seine Gedanken zu dem Thema, wobei die 17-jährige traurig auf den Jugendlichen blickte. In einer Hand hielt seine Arznei, welche sie auf dem kleinen Nachtschränkchen neben dem Bett abstellte, um ein Glas Wasser zu holen. Als sie gerade gehen wollte, meinte Kai leise: "Nein .. das will ich nicht.."
 

Ohne darauf zu reagieren verlies die junge Russin das Zimmer und kam mit dem Wasser wieder. "Hier." Nur mit diesem einfach Wort reichte sie dem Jugendlichen das Medikament und dem Glas. Irgendwie hatte sie absolut keine Lust in wieder mit versöhnlichen Worten zu umgaren. Er war der sture Eisblock. Nicht sie. Kai solle gefälligst selbst mal anfangen nachzudenken, war ihre Meinung.
 

Nachdem er die Tablette eingenommen hatte, lies er sich wieder in die Federn fallen. "Darf ich ..?" In ihrer schlanken hand hielt sie das "berühmte" nasse Tuch. "Nein. Gib her .. ich mach das." "Ich dachte du hast die Frage vorhin verneint, ob du allein bleiben möchtest..? .. du hast Angst.. ." "Angst?! Wovor sollte ich Angst haben?"
 

Janes Stimme nahm einen weichen, aber dennoch klaren ton an: "Vor dir selbst." Kurz lies sie diese Worte bei ihm wirken und ehe er etwas erwidern konnte, fuhr sie fort. "Du hast was gefühlt vorhin, was du nicht anerkennen willst oder kannst. Die Gründe kenne ich nicht - ist ja auch deine Sache warum. Aber ich merke das ständig. Als hättest du Angst dein wahres Gesicht zu zeigen. Oder du hast Angst, es nicht kontrollieren zu können. Ich weiß es nicht. Aber du hast Angst. Ich sehe das."
 

Für einen Moment glitt ihr Blick durchs Zimmer, weg von seinen stechenden Augen. Manchmal kam man sich hier wie ein Therapeut vor. Aber sie war es gewöhnt, Menschen Ratschläge zu geben. Egal wem. Sie wollte ihm doch nur helfen.
 

"Aber andererseits .. willst du nicht allein sein. Verständlich. Keiner will das. Die Einsamkeit ist das schlimmste..."
 

Die traurigen Augen. Als wüssten sie, wie die Wahrheit manchmal sein konnte. Ein Zeuge? Kai wusste es nicht, aber Janes Augen brachten ihn ins Grübeln. Sie hatte Recht ..
 

"Kai .. ich weiß nicht, was du für Dinge oder Gefühle anerkennen kannst und es geht mich auch nichts an, aber versuche nicht ... aus dir einen Gefühlskalten Menschen zu machen und dich selbst zu töten. Das überlebst du nicht. Denn abstellen kannst du so was nicht - glaub mir. Akzeptiere es einfach. Du musst damit leben, wie es ist. Für nichts, vor allem nicht für Gefühle, sollte man sich hassen und verdammen... . ich weiß, ich hör mich an wie Apostel, aber es ist mir wichtig, dass du nicht anfängst, dich selbst zu verachten und zu hassen. Mich kannst du hassen .. ich hätte es verdient."
 

Überrascht blickte Kai wieder zu ihr auf, da er vorhin auch ihrem Blick ausgewichen war. Leere monotone Augen - als würde sie gar nicht anwesend sein. Hatte er vorhin überreagiert?! Er wusste es nicht. Sich noch einmal über das hochgebundene Haar fahr, verlies Jane den Raum und schloss leise die Tür.
 

In tranceartigen Zustand griff sie in der Küche nach ihrem Kaffee und schritt auf die Terrasse.

Am Geländer mit den Unterarmen abstützend und in den Händen ihre Tasse haltend, lies die Augen über die Häuser Tokios wandern. Mit den Gedanken total in sich versunken, achtete sie auf gar nichts mehr. Ihr Kopf war wie hermetisch abgeriegelt. So hatte sie es sich nicht vorgestellt - dass Kai so auf das gestrige reagieren würde. Verzweifelt lies sie den Kopf hängen. Etwa 10 min. blieb so stehen, bis sie den Entschluss fasste, den Ort hier kurzzeitig zu verlassen. Hier konnte man keinen klaren Gedanken fassen, es störte zu viel.
 

Mit Jacke bewaffnet, lief sie los. Die anderen Sachen lies sie an. Scheiß drauf - ihr war es egal. Die Tür fiel ins Schloss. Trostlose Stille. Gähnende Leere machte sich breit.
 

Eine gigantische Grünanlage erstreckte sich vor Jane. Der Tokio-City-Park. Orientierungslos streifte sie durch den großen Park. Die ganzen Gedanken hingen nur bei einer Sache.

>Bevor du dich anfängst du hassen, hasse lieber mich. Bitte - tu dir das nicht an. Ich könnte das nicht mehr ansehen.. <

Lachende Pärchen, spielende Kinder und angeregt plaudernde Damen kreuzten ihren Weg. Es schmerzte - Jane wusste nicht warum, aber ihre Seele tat weh. Das einzige was sie fühlte war Hass. Hass gegen sich selber. Egal wie sich bemühte, oder versuchte etwas gut hinzubekommen; es misslang immer.
 

Vielleicht kam sie sich toll vor, wenn sie jemanden die Wahrheit ins Gesicht schlug - ihre Sicht mitteilte, aber was der andere dachte ... war ihr das nicht egal gewesen. Sie war sich immer so sicher und hatte die Lage unterschätzt. Kai war ein anderer Typ von Mensch und nahm ihren Witz anders auf. Ganz klar.
 

Eine Träne rollte ihr die Wange hinab. Ja, sie hasste sich. Für ihre Selbstüberschätzung, ihren beschissenen Sarkasmus. Ihre ganze Person. So war sie doch gar nicht. Sie versteckte sich hinter einer Maske, ohne es zu wissen. Wie Kai.
 

Kraftlos lies sie sich auf eine Parkbank plumpsen und begann einfach nur zu heulen. Die Beine an den Körper gezogen und die Arme um die Unterschenkel geschlungen, kauerte sie da. Die Leute zogen an ihr vorbei, einige betrachteten sie aus Neugier, aber die meisten warfen kein Auge auf sie. Menschen haben die komische Angewohnheit, einen anderen Menschen der Probleme hat entweder nur anzugucken oder zu ignorieren. Zu selten wurde mal geholfen. Schon eine ¾ Stunde saß sie nun auf der Bank und langsam zogen die Wolken zusammen und es begann zu regnen. Ein wahrer Wolkenbruch vollzog sich, doch die 17-jährige rührte sich nicht von der Stelle. Bald war sie klatschnass und bis auf die Knochen durchweicht. Sie fror fürchterlich.
 

Im Park war niemand mehr zu sehen. Nun völlig verlassen, hob Jane ihr Gesicht dem Himmel entgegen und der Regen prasselte ihr auf die Haut. Die Zeit verrann, wie die Regentropfen und die Tränen. Alles suchte das Ziel.
 

Jane stand schwankend auf und trottete mit zittrigen Leib nach Hause.
 

...Alles suchte das Ziel...

... führen sie irgendwann wieder zusammen, oder?

Zur Warnung: ich hasse dieses Kappi. wie ich finde eines meiner schlechtesten. grauenvoll. leider muss ich hochstellen sonst komme ich nie vom fleck. betrachtet es einfach als lückenbüßer. ich weiß nicht was da mit los ist. aber ich habe grad eine prsönliche krise..
 


 

Nachdem Jane vor mehr als einer Dreiviertel-Stunde die Lofttür zugeschlagen hatte, hatte Kai die ganze Zeit überlegt und sich förmlich die Haare gerauft. Immer wieder stellte er sich die Frage, ob er überreagiert hatte. Manchmal kam bei dieser Frage ja raus. Mal nein. Es hing ganz vom Blickpunkt ab.
 

Während des anstrengenden Grübelns war zwar das Schwindelgefühl verschwunden, aber langsam machte sich der stechende Schmerz, welcher als Kopfschmerz bekannt war, in seiner Stirnpartie breit.

Somit stand er vom Bett auf und bewegte sich sacht durchs Zimmer auf die Tür zu. Seine dumpfen Schritte auf dem Flur hallten von den Wänden wieder. Er betrat die Küche.
 

Alles war noch wie vorher. Die Tassen, Teller und halbaufgegessenen Brötchen. Die Luft war mit kaltem Kaffe und schwarzem Tee versetzt. Ein grauenvoller Mix, wie Kai fand. Da ihm nichts anderes übrig blieb, begann der Russe das "Schlachtfeld" zu beseitigen. Obwohl er sich hier nicht auskannte, fand er sich nach kurzem Umgucken ziemlich schnell zu recht.
 

Die zeit verging und Jane kam einfach nicht zurück. Allmählich machte sich der 17-jährige Sorgen. Ein Blick durchs Küchenfenster verriet nichts gutes, da es bald zu einem Gewitter kommen würde. Und dieses würde bestimmt nicht leicht ausfallen. Zur Beruhigung kochte sich Kai einen schwarzen Tee auf.
 

Donnergrollen erfüllte den Raum und Kai sah, dass der Platzregen einsetzte. Irgendwie hatte der Jugendliche das Gefühl dass sich die Minuten wie Stunden hinzogen. Mit dem Schwarzen Tee in der Hand ging er das Loft rauf und runter. > Was ist, wenn ihr etwas passiert ist. Wenn sie mal auf 180 ist, merkt die nichts mehr .. oder .. sie ist bei einer Freundin, oder sonst wo.. ja, das könnte sein. .. und was ist wenn nicht ..?< Er drehte sich um und lief den Flur wieder hinab( zum 20-mal). > Nein. Sie kann auf sich selbst aufpassen, ihr ist schon nichts. Ihr wird schon nichts passiert sein ... <
 

Ein Seufzen entwich seiner Kehle. Okay. Da blieb nur eines übrig. "Dranzer..?!" Sofort spürte der Russe eine starke Aura, welche um seinen Körper floss. Automatisch hob er die Hand und augenblicklich erschien sein Bitbeast schemenhaft. Zärtlich tätschelte der 17-jährige den Phönix und flüsterte ihm zugewandt: "Könntest du bitte nach ihr schauen. Du musst sie nicht nach Haus ziehen. aber vergewissere dich, dass ihr nichts passiert ist...bitte."

Dranzer nickte kurz und löste sich auf. "Danke."
 

Die Arme um den klatschnassen Körper geschlungen trottete die schwarz-grünhaarige nach Hause. Ihr Blick war gen Boden gerichtet, denn nicht jeder sollte ihre verschmierte Wimperntusche und ihre roten Augen sehen. Es reichte schon, dass sie wusste, wie sie aussah. Plötzlich hatte Jane das Gefühl, von jemanden beobachtet zu werden. Zumindest spürte sie, dass etwas in der Nähe war. Sie schaute zur Seite, nach hinten. Nichts. Und dann erspähte sie endlich einen roten Vogel, welcher versteckt in einem Baumwipfel hockte.
 

Im Grunde war sie mehr als überrascht. "Dranzer ..? Was machst du den hier?!" Eigentlich ist ein BitBeast für die Menschen nicht sichtbar. Nur derjenige, welcher selbst eines besitzt, spürt schon ihre Anwesenheit. Ihr erstauntes Gesicht wich dem milden Lächeln. "Komm. Lass uns nach Hause gehen."
 


 

Jane öffnete die Tür und trat ein. Von ihren nun offenen Haaren und den Klamotten tropfte das Regenwasser auf den Boden, bis es sich zu einer kleinen Pfütze sammelte. Kai, der auf dem Sofa gesessen hatte, erhob sich sofort und war erstaunt. Mit dem Mädchen kam vergnügt sein Bitbeast hereingeflattert. "Jane, was..?" "Ich hab ihn einfach mitgenommen, als ich ihn bemerkt habe, wie er mich beobachtet hat." Der Phönix schrie kurz auf, entflammte und war verschwunden. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, lief Jane in ihr Zimmer. Kai folgte ihr natürlich. Er öffnete ihre Tür ( ohne anzuklopfen ) und bereute es ihm gleichen Moment - Jane zog sich gerade um. Mit geröteten Wangen drehte sich der Jugendliche sofort um und schloss die Tür. Zuvor hatte er aber anstandsweiße noch ein kleines "Sorry" gemurmelt.
 

Doch schon ein paar Sekunden kam das Mädchen wieder heraus, nur mit Unterwäsche bekleidet und einem Handtuch unterm Arm und stahl sich an Kai vorbei. Anscheinend war ihr es im Moment sehr egal, wie er sie gesehen hatte. Auch wenn der Russe sie jetzt in ihrer knappen Hüftpant und dem BH sehen konnte - war das nicht unwichtig. Diese kleinen Peinlichkeiten waren doch so unbedeutend.

Hinter sich schloss sie die Badezimmertür, warf das Handtuch auf den geschlossenen Wäschekorb und zog sich aus.
 

Mit einer Handbewegung wurde die Dusche eingeschaltet und das warme Wasser prasselte auf ihre Haut, rann hinunter und verschwand im Abguss. Eine geraume Zeit lies sie einfach so das Wasser über ihren Körper laufen und versuchte sich zu entspannen. Aber es fiel ihr schwer. Wenn sie einmal in einem Tief war, kam sie nur schwer wieder heraus.

Seufzend verteilte Jane nun das Duschgel mit Orangenextrakten auf jede Körperpartie und spülte sie runter. Der Duft der Zitrusfrüchte belebte sie wieder etwas aus ihrer Trance und es entstand wieder Klarheit im Kopf. Ja, jetzt war sie gesammelt - mit all ihren Gedanken. Nun war sie bereit.
 

Nur mit dem Handtuch, welches über der Brust verknotet war, verlies sie das Bad und trat auf den Flur. Kai war nicht mehr vorzufinden. Anscheinend hatte er sich irgendwohin verzogen und wartete dort auf sie. Jane hatte längst gemerkt, dass er ihr was sagen wollte. Schnurstracks lief sie in ihr Zimmer, kleidete sich wieder ein und ging in die Küche. Ein warmes Getränk würde ich jetzt gut tun.
 

Zuallererst war sie etwas verdutzt, da sie die Küche eigentlich anders in Erinnerung hatte. Die 17-jährige konnte sich entsinnen, dass sie das Loft sofort nach dem Streit verlassen hatte und gar nicht zum aufräumen gekommen war. "Ich hab alles wieder eingeräumt. Zwar könnte es sein, dass einige Sachen jetzt wo anders aufzufinden sind, aber im Großen und Ganzen habe ich alles dort hin verfrachtet, wo es hingehört.. ." Kai stand in der Ecke an die Theke gelehnt und schaute sie mit seinen rubinroten Augen an. Er machte einen angespannten Eindruck, was durch seine vor der Brust verschränkten Arme noch unterstützt wurde.
 

"Oh. Danke. Wäre gar nicht nötig gewesen, ich wollte das gerade machen. Aber Danke." Sie tapste langsam zu der Theke und bereitete sich einen Kaffe auf. Aus dem Schrank entnahm sie eine Tasse, aber im gleichen Moment, ohne dabei Kai anzusehen, stellte sie eine Frage: "Warum hast du Dranzer nach mir geschickt?"
 

Kai, der sich im Moment auf etwas völlig anderes eingestellt hatte, musste erst einmal überlegen, wie er jetzt antworten sollte. "Ich hab mir Sorgen gemacht, weil du schon ganz schön lange weg warst und außerdem, war ein Unwetter draußen. Klar macht man sich da Sorgen." "Was ungewöhnlich bei dir ist. Du hast dich doch nie um mich Sorgen gemacht.. ."
 

>Du erkennst es nicht. Du bemerkst es nicht. Schau doch hin, oder willst du es nicht sehen. Oder glaubst du es einfach nicht... das dein Traum wahr sein könnte .. <
 

"Ich bin vorhin durchgedreht, .. tut mir Leid." Kurz hielt Jane inne. Ihr Kumpel konnte dies nicht sehen, da sie vom geöffneten Schrank verborgen wurde. Lächeln. Es war okay. Es war doch nicht so schwer, die Sache beiseite zu legen. Wenn man es wollte. "Schon okay. Meine Schuld. Ich weiß, wie du reagierst. Manchmal sollte ich eben doch meinen Sarkasmus stecken lassen. Entschuldige. Ich arbeite dran."
 

Nun konnte auch Kai ihr etwas erschöpftes Lächeln erkennen, da sie hinter der Schranktür hervorlugte. Tja, so einfach konnten Einsichten sein. Wie ein Kompromiss. Nur die Mitte finden, ist gelegentlich etwas schwer. Aber dennoch erreichbar.

Plötzlich fing Jane an zu grinsen. Im ersten Moment war der Russe etwas verwirrt, was jetz bitte so komisch wäre.
 

" Sag mal, hängt dir der Magen auch so durch ..?" Kai fing an leicht zu schmunzeln. Er fand es einfach absurd, wie schnell sich alles ändern konnte. In einem Tag konnte sich die Welt verändern, in einer Stunde die Situation und in einer Sekunde das Gefühl. "Tja, unser Frühstück war ja auch nicht sehr ergiebig. Immer hin habe ich mehr als die Hälfte weggeklatscht.." "Kann man um 11 Uhr Mittag essen?!" "Was ist das für eine Frage. Griechen essen um 16 Uhr Mittag. Klar geht das.."

"Okay. Was möchtest du?"

Sieh mich an und erkenne dich selbst - Spiegelbilder

So. Ich bin eurer bitte mal nachgegangen und hab mal mehr geschrieben. viel spaß. Kizu
 

Das Klingeln an der Haustür, lies Jane von ihrem Tun aufschauen und sie schritt den Flur hinunter. Leider hatte der Umstand der beiden Jugendlichen sie gezwungen, eine Pizza zu bestellen, da der Kühlschrank etwas leer erschien. Außerdem kam in der Russin nicht sehr das Bedürfnis auf, sich an den Herd zu stellen und da Kai gar nichts mit Kochen am Hut hatte, waren sie sich einig, doch den Pizzaboten zu bemühen.
 

Mit zwei Schachteln in der Hand, betrat sie wieder die große Küche und legte die Pizzen auf die Theke. "Der war ja ganz schön flink." "Klar. Tokio halt, da gibt's alles in Rekordzeit. Du bist noch nicht sehr an das hier gewöhnt, oder?" fragte Kai Jane. "Was meinst du?" meinte sie, während die schwarz-grünhaarige das Essen auspackte. "Na ja. Mir scheint es, als würdest du dich nicht sehr an das leben in Japan gewöhnen." "Stimmt schon. Aber ich mache hier eh nur so eine Art Kurzurlaub. Bald hau ich wieder ab. Tokio ist mir zu .. chaotisch. Ich brauche da mehr meine Ruhe. Mich wundert es, dass du hier überhaupt nicht wahnsinnig wirst. Eigentlich bist du ja ruhige Typ von uns beiden."
 

"Man gewöhnt sich an alles. Im Grunde bin ich ziemlich froh, hier zu leben." Näher wollte er nicht darauf eingehen. Sie waren dem Thema wieder gefährlich nahe gekommen und das war nicht gerade in Kais Interesse. Dieses Chaos lies ihn etwas vergessen, was damals war. Die gewaltige Menge Informationen, Neuheiten und dergleichen überflutete einen dermaßen, dass man nicht zum nachdenken kam. Insbesondere an die Vergangenheit. Und bis jetzt war Kai damit gut gefahren.
 

Sie setzten sich hin, und begann ihren Pizzen zu verdrücken. " Sag mal, wann gibt's eigentlich mal wieder ein paar Turniere?" "Keine Ahnung. Dickensen hat uns noch nichts mitgeteilt, aber ich habe im Moment eh nicht sehr Interesse wieder irgendwelche beschissenen Matches zu machen." "Wie kommt's?" Schulterzucken seitens Kai folgte. "Jeden Tag frage ich mich, wohin das führen soll." Er biss von der Pizza ab. Nach einer Weile schauten er auf und blickte ihr in die Augen. "Du hast doch auch seit Ewigkeiten an keinem mehr teilgenommen." Kurzes Überlegen. "Aragoon und ich sind nicht an Wettkämpfen interessiert. Ich denke mit einem gewissen Alter, rücken andere Dinge in den Vordergrund." "Stimmt."
 

Es hatte sich eine ungewöhnliche Atmosphäre gebildet. Beide waren außerordentlich ruhig geworden, was sich auch in ihren Gesprächen äußerte. Kai sah Jane immer noch in die Augen und merkte es nicht einmal. Er versank förmlich in den Gemisch aus grau-blau-grün und tauchte damit in eine andere Welt ein. Vor ihm erschienen Erinnerung aus der Zeit, als er mit Jane umherstreunte. Es brachte ihn in eine angenehme Balance daran zu denken, wie unbeschwert es manchmal war. Wie leicht es manchmal war, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. Einmal in einen Traum zu tauchen und sich seiner selbst ablegen zu können. Einfach die Identität abzustreifen und nur ein Junge zu sein. Ein Junge aus Russland.
 

"Kai..? Hey .. was ist?!" Der eindringliche Blick von Jane lies ihn langsam wieder aus der Trance erwachen. "..Ähm .. nein. Schon okay. Bin wohl grade etwas abgedriftet." "Ach so. Sag mal, wie geht's dir eigentlich. Wie fühlst du dich?" "Ich glaube ich hab's überstanden. Zumindest geht's mir ganz gut." "Freut mich. Hat es also was gebracht .." sie lächelte. Irritiert zog er eine Augenbraue hoch. "Wegen dir habe ich mir die Nacht um die Ohren geschlagen. Es war echt schlimm. Dauernd musste ich gegen die Müdigkeit ankämpfen, weil man ja nie wusste, wann du aufwachen würdest. Ich glaube zwar, dass ich schon ein paar mal eingenickt bin, aber es freut mich, dass es dir besser geht."
 

Von draußen waren die leisen Töne von einem Windspiel zu hören. Sofort erregte das Kais Aufmerksamkeit, da ihm der Klang äußerst bekannt vorkam. Das silbrige Geräusch hatte sie beide unterbrochen, was aber nicht schlimm war. Jane war aufgestanden und räumte die Pizzaschachteln zusammen. " Ist das nicht das Windspiel aus Russland?!" "Du hast echt sehr gute Ohren." "Das nicht unbedingt - ich sehe es durchs Fenster." "Du hast Recht. Ami hatte es mitgenommen. Ihr gefiel das Ding schon immer." "Hing das nicht im Arbeitszimmer deiner Mutter?" "Ja", sagte sie knapp.
 

"Wie kommt es überhaupt, dass du in Japan bist, wo deine Eltern sich immer solche Sorgen um dich machen." "Wie gesagt - Kurzurlaub. Und außerdem bin ich 17 und Ami ist ja auch dabei." "Und sie sind damit einverstanden, dass du deine Schule kurz unterbrichst." "Woher weißt du davon?" "Es lag ein Brief bei mir im Zimmer. Du musstest eine Klasse wiederholen." " Ist das schlimm?! Na und, ich musste mal raus aus dem ganzen Kram. Was wundert dich daran so sehr?" "Soweit ich es noch in Erinnerung habe, waren deine Eltern immer sehr besorgt um dich und hätten dich ungern aus dem Haus gelassen." "Gott. Das ist Jahre her. Meinen Vater stört das nicht. Er ist eh immer unterwegs und nie zu Hause. Dauernd tourt er über den Globus. Da gewöhnt man sich daran, sein Leben selbst zu leben." "Und deine Mutter?"
 

Jane verharrte in der Bewegung. Da sie gerade mit dem Rücken zu Kai stand, fiel es nicht sehr auf. Sie biss sich auf die Unterlippe und blieb stumm. Sie wollte darauf nicht antworten. Doch das sie an die "Sache" dachte, konnte sie nicht verhindern. Bald spürte sie den berühmten Kloß im Hals. Das Atmen fiel ihr schwer, die Kehle wurde praktisch von einem unsichtbaren Seil zugeschnürt. Langsam kroch der Schmerz den sie eine Nacht zuvor mühsam runtergeschluckt hatte, wieder hoch. Es war grausam merken zu müssen, wie machtlos man gegen so was war. Wie einen das Gefühl einfach überwältigte und in der Klammergriff hielt. Sie stemmte die Hände auf die Küchenplatte und versuchte nicht durchzudrehen.
 

"Jane..?" Kai hatte gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte. Schon tropften die Tränen auf die Granitplatte und leise begann das Mädchen zu wimmern. Sie konnte es nicht mehr kontrollieren. Der Russe stand auf und ging vorsichtig auf die Jugendliche zu. Er brauchte sie nicht zu berühren um zu wissen, dass sie zitterte. Was sollte er jetzt tun?

Kai zögerte, da er sich mit solchen Dingen nicht auskannte. Der 17-jährige fasste Mut und drehte sie entschlossen um, damit sie ihn ansah. Nun stand das Mädchen vor ihm, vergrub ihr Gesicht in den Händen und schluchzte laut. Verwundert blickte er die heulende Russin an. " ... Jane .. ."
 

"Meine ... meine Mutter ist tot. Sie ist gestorben ... sie ist .. gestorben!!!" Verzweifelt stürzte sich die 17-jährige in die Arme von Kai. Dieser war total überrumpelt und wäre um Haaresbreite mitsamt dem Mädchen nach hinten gefallen. Doch in letzter Sekunde krallte er sich in die Granitplatte und bewahrte sie somit vor einem vermeidlich harten Aufprall. Schon im nächsten Moment spürte er, wie sein Shirt mit Tränen benetzt wurde und sich zwei schlanke Hände in den Stoff klammerten.
 

Eine für ihn erscheinende Ewigkeit standen sie einfach so da. Kai kam sich absolut hilflos vor. Dem großen Blader waren die Ideen ausgegangen. Aber erinnerte ihn das nicht alles an etwas. Aus seiner Vergangenheit. Tod. Verzweifelung. Die Suche nach Halt; irgendwo. Weil man allein daran zerbrach. Und auf einmal fühlte er die Verbindung zwischen ihm und Jane. Es war ein und das selbe. Das gleiche Schema nur eine andere Form. Das identische Prinzip. Je mehr er sich darüber im Klaren wurde, desto mehr schmerzte es. Die Wunden rissen wieder auf, die jahrelang mühevoll zugedrückt wurden. Was machte dieses Mädchen nur aus ihm...
 

Etwas unsicher und scheu legte er seine Arme um Jane, um sie wenigstens ein bisschen zu beruhigen. Oder ihr einfach nur zu zeigen, dass jemand da war. Jemand der sie halten würde, wenn sie fiel.

Und schon wieder dieser stechende Schmerz in seiner Brust. Was war das nur? Es tat so weh. Kai hatte das Gefühl er würde zerbersten; wie Glas in tausend Splitter.
 

>.. einst gab es einen Wunsch ... ich dachte, er wäre gestorben. Er wäre erstickt in seinem Keim. Aber ich merke .. er hat alles überdauert. Er liegt in meinem Inneren.. oh bitte, erfülle mir meinen innigsten Wunsch... <
 

Kai wusste nun, was es war. Verbittert blickte er gen Boden, Jane immer noch umarmend. Sie waren gleich. Er sah in einen Spiegel. Jane war wie sein Spiegelbild und reflektierte damit sein selbst. Der Schmerz, das unerträgliche Brennen in jeder Zelle seines Körpers. Ja. Das hätte er sich auch gewünscht. Genau das hier. Er hatte sich immer gewünscht, einmal in den Arm genommen zu werden. Einmal getröstet zuwerden. Einmal etwas anderes zu spüren, als die sengende Einsamkeit, die Angst und Verzweifelung. Einmal zu spüren wie es war, nicht allein zu sein. Einmal sich zu trauen, die Maske abzulegen. Sich trauen, kurz fallen zu lassen. Sich trauen, nur ein Mensch zu sein. Schwach zu sein. Zu wissen, dass man ihn für einen Moment nicht wegstoßen würde. Dass man ihm gewähren würde, kurz zu verweilen.

Einmal Geborgenheit zu spüren.
 

Wenigstens für ein mal. Auch wenn es nur kurz war. Er hätte dann wenigstens gewusst, wie es sich anfühlt. Dieses Gefühl, was als das schönste der Welt beschrieben wurde. Und er würde es bestimmt nie vergessen. Nie und nimmer.
 

Kais Gedanken glitten wieder zu der Person in seinen Armen. Warum waren sie sich so verflucht ähnlich. Und warum fiel ihm das erst jetzt auf. Beide hatten Probleme, die sie anscheinend mit sich rumtrugen und in sich reinfraßen. Beide waren manchmal ganz schöne Sturköpfe, manchmal sehr arrogant und nicht selten sarkastisch, dass sich die Balken bogen. Hing es nur daran, dass beide aus Russland kamen? Oder war es etwas anderes. Er wusste es nicht. War das im Moment auch nicht egal?
 

Im gleichmäßigen Rhythmus fuhr die Hand des Russen über den Rücken der 17-jährigen. Dies hatte sich automatisch eingestellt, ohne dass es sich der Jugendliche wirklich bewusste war. Allmählich verebbte das schluchzen von Jane und sie schniefte nur noch ab und an. Sie genoss jetzt mehr die Nähe von Kai, die ihr vorhin nicht so aufgefallen war. Das Mädchen war mehr damit beschäftigt gewesen, sich endlich wieder einzukriegen. Der Tod lag Jahre zurück und doch konnte sie es einfach nicht akzeptieren. Wie konnte man so eine Sache auch akzeptieren, wenn einem einer der liebsten Menschen entrissen wurde. Von einer Sekunde auf die andere.
 

Für ein, zwei Minuten lies sie sich noch von Kai umarmen, bis sie sich sacht aus dessen Schutz löste. Ihre Hände wischten rasch die letzten Tränenreste beiseite, um den Vorfall so schnell wie möglich zu vergessen. "Entschuldige.. tut mir Leid." "Schon gut", meinte er ruhig. Seine Blutroten Augen sahen sie abschätzend an. Aber ein Blick in ihre Augen blieb ihm verwehrt, da sie benommen zu Boden sah und sich danach umdrehte. Die Schwarz-grünhaarige ging zur Terrassentür und schaute nach draußen. "Eigentlich müsste ich es längst überwunden haben, es ist fast 4 Jahre her. Aber wie du siehst, .." sie schnaubte verächtlich.
 

In solchen Situationen gewann ihr Sarkasmus die Oberhand und nahm eine selbstverachtende Form an. "Es war damals ein Tag wie dieser. Regen, Wind, schlechte Sicht. Scheiß Wetter also. Seit einer Stunde sind wie damals auf der Landstraße unterwegs gewesen. Man hat nichts mehr gesehen, da der Regen einfach die Sicht blockiert hat. Die Straße war eh schon schlecht gewesen und an diesem tag auch noch rutschig. Ich weiß jetzt noch, welche Panik ich hatte, als meine Mutter die Kontrolle über den Volvo verloren hat. Immer wieder hat sie versucht das Lenkrad rumzureißen, aber es hat nichts gebracht. Die Bremsen waren defekt. Ich kann jetzt noch, das Quietschen der Reifen hören...

Irgendwann kam der Wagen zum stehen. Keine Ahnung wie oft wir uns überschlagen haben, .. aber .. ich sehe noch ihr Gesicht. Blut. Überall .. Blut. An der Frontscheibe .. auf dem Lenkrad, dem .. Sitz."
 

Die Stimme brach zusammen. Entsetzt schlug sie die Hand vor den Mund, um den aufkommenden Schrei zu dämpfen. Wieder verlor sie die Fassung und war kurz davor zusammenzubrechen. Alarmiert lief Kai auf sie zu und versuchte sie zu klarem Verstand zu bringen. "Jane!" Er packte sie an den Oberarmen, schüttelte sie und blickte ihr eindringlich in die Augen. "Jane!! Reiß dich zusammen.."
 

Zwar hörte sie auf zu schreien, aber dafür setzten die Tränen wieder ein. Mit sanfter Gewalt zog Kai sie wieder an sich und umarmte sie. Schon vorhin hatte er gemerkt, dass es sie beruhigte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als so zu verfahren. Anfänglich wehrte sich die Russin noch, bis sie es einsah, dass es nichts brachte, sich gegen den muskulösen Jugendlichen aufzulehnen. Nur noch die Tränen rannen die Wangen hinunter und verschwanden in Kais Shirt. > Ich verstehe dich, glaub mir .. ich verstehe dich besser als jeder andere. Du bist nur mutiger als ich .. .<
 


 

.. -> .. erfülle mir einen Wunsch, .. <- ..

Sliver - Gefühle, die zerstören ..

Ja. Manchmal war es ganz einfach, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. Manchmal war es ganz einfach, sich selbst etwas vorzumachen. Sich selbst einzureden, es wäre alles in Ordnung. Manchmal war es so einfach sich selbst zu belügen. Sich in Sicherheit zu wiegen und die Wirklichkeit zu verleugnen, weil einem die Lüge besser bekam als die Realität.

Weil sie besser zu verkraften war. Weil sie nicht so wehtat, wie die Wahrheit. Sie war angenehm. Passte sich den Wünschen an, lies alles wunderschön erscheinen. Kaschierte den Makel.
 

Manchmal war es so einfach, dass man es nicht glaubte. Man spann sich seine Welt, sein Dasein. Verriet dadurch sein eigenes ich. Aber es war gut so. Es war ja alles in Ordnung, nicht wahr?

Es war ja alles in Ordnung, nicht wahr Kai?..
 


 

Sie ballte das Taschentuch immer wieder in ihrer Hand, während sie auf dem Küchenstuhl saß und betrübt nach draußen sah. Der Zellstoff hatte schon die Form einer kleinen Kugel angenommen und wäre nichts geschehen, hätte ihn Jane bestimmt bis zu einem Krümelchen zusammengepresst.
 

Kai stand versetzt hinter hier und lehnte an der Theke. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt; die Augen, besorgt die Jugendliche vor ihm betrachtend. Für ihn war es nur schwer begreiflich, dass solch ein Mensch, wie Jane es war, auch Probleme hatte. Ihm war klar, dass das sehr banal klang, da jeder einmal Probleme hatte. Aber doch nicht Jane. Das Mädchen, was sich so selbstsicher gab. Was so erwachsen erschien. Meistens jedenfalls.
 

Es war eben doch nicht alles so, wie es schien. Sie hatte ihre Mutter verloren, vor 4 Jahren. Bei einem Autounfall. Autounfälle gab es tausende im Jahr und es gab dutzende Tote. Das war eine Tatsache, eine reine Feststellung. Man überhörte es meist. Es war Alltag. Aber war es nicht was anderes, wenn man mit so was zu tun hatte?
 

Was wussten schon die Nachrichtensprecher, die Moderatoren und sonstige von dem, was blieb. Der Schmerz. Keiner wusste, wie es war. Es war doch immer das selbe. Der Tod wurde "mal" angesprochen - egal wo. Aber in spätestens einer Woche war die Sache für die Welt wieder gegessen und ausgeschissen. Immer hin hatte es ja nichts mit ihnen persönlich zu tun. Man solle selbst schauen, wo man blieb. In der Grausamkeit der Welt. Wenn einer es nicht schaffte .. okay. Dann war eben einer weniger da. Es störte doch nicht. Es war doch alles in Ordnung.
 

Blitzartig schoss der Schmerz durch seinen Kopf. Er durfte sich nicht zu weit in die Gedanken hinunterziehen lassen. Er musste standhaft bleiben. Kai rieb sich die rechte Schläfe und kniff etwas die Augen zusammen. Das passierte ihm öfters. Es geschah öfters, dass sein Kopf ihn manchmal aus den Gedanken rauswarf oder darauf aufmerksam machte, dass er sich zu sehr verstrickte. Einerseits war es schmerzhaft, andererseits war er dafür dankbar nicht zu sehr abzutreiben. In seinen Erinnerungen.
 

"Geht's wieder..?" fragte er ruhig und versuchte dabei ein wenig sanft zu klingen. Das Mädchen drehte ihren Kopf in seine Richtung und sah ihn mit getrübten Augen an. Sie nickte leicht. "Ja. Es geht wieder." Sie wollte sich schon wieder abwenden, bis sie kurz verharrte und Kai wieder fixierte. "Kai .. ?" "Hm?" Er blickte sie wieder an. Einige silbrige Strähnen hingen ihm ins Auge, aber es störte ihn wenig. Wie es immer war. Er wirkte immer so .. stolz und erhaben. Und seine rebellischen Haare unterstrichen das ganze noch. Das Nonplusultra waren aber seine blutroten Augen, die alles in einer Millisekunde begutachten und analysieren konnten.
 

"Danke." Erst wusste der Russe nicht, was sie meinte. Aber kurz darauf machte es klick und ein winziges müdes Lächeln huschte über seine Lippen. "Hauptsache dir geht's wieder einigermaßen." "Warum bist du nicht immer so?" "Was meinst du?" Langsam war er doch etwas irritiert.

Einen Moment belies es Jane bei der Stille und legte sich in Gedanken die Worte zurecht.
 

"Du bist jetzt ganz anderes, als sonst. Im Allgemeinen verhältst du dich hier anders..." "Ich versteh dich nicht. Ich bin so wie immer...?!" "Kommt mir aber nicht so vor.." "Wie willst du das bitte beurteilen könne, wenn du mich erst seit einem Tag wieder gesehen hast?!" "Ich verfolge die Wettkämpfe und alles im Fernsehen. Da machst du immer diesen verbissenen und kalten Eindruck. Aber hier, .. ich weiß nicht. Du bist anders.. ." "Bei wettkämpfen ist man immer "verbissen". Das ist normal. Aber wenn du meinst .. ."
 

Er schloss kurz seine Augen und seufzte. Dann stieß er sich von der Theke ab, ging an Jane vorbei und hielt am Türrahmen. ".. ich würde gerne duschen... darf ich?" "Klar. Deine Sachen findest du in der blauen Reisetasche, neben dem Tisch im Zimmer. Kenny hat sie vorbeigebracht. Wo das Bad ist, weißt du ja. Handtücher liegen im Bad, im kleinen Schränkchen."

Kurz, knapp, präzise. Sie hatte alle Fragen beantwortet, ohne das Kai noch einmal nachhaken musste. Als hätte sie einen sechsten Sinn, der Gedankenlesen konnte. Oder es war einfach nur logisches Denken. Das war jetzt auch egal. Kai setzte sich wieder in Bewegung.
 

Janes Augen folgten Kai noch, wie er in den Flur einschlug, bis er hinter der Ecke verschwand. Ein seufzen entwich ihrer Kehle. Nun betrachtete sie das weiße "Bällchen" in ihrer Hand, welches vor etwa 20 Minuten ihre Tränen aufgesogen hatte. Ein paar mal rollte sie die Kugel noch in ihrer Handfläche, bis Jane sie in den Mülleimer warf. Treffer. Versenkt.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie heute ganz schön fiel geheult hatte. > Wie kann man nur so verweichlichen ?< ging es ihr durch den Kopf. Früher konnte sie sich immer beherrschen. Und nun?! Was war los, mit der jüngsten Tatsue? Was war geschehen?
 

Das Wasser prasselte leise auf seinen nackten Körper, glitt wie ein fließender Satinstoff an der Haut hinunter und sammelte sich in der Duschfläche, bis es gluckernd im Abfluss verschwand. Es war wohltuend. Langsam beruhigte er sich und auch seine Verspannungen im Nacken - und Schulterbereich lösten sich. Die Augen hielt er geschlossen, um dem kurzen Zauber der Balance ein wenig Ewigkeit zu verleihen. Außerdem konnte man damit besser nachdenken.
 

Seine Hände glitten über die klatschnassen Haare, welche vereinzelt noch abstanden, aber meist herunterhingen oder am Gesicht, wie auch Hals klebten. Eine Weile massierte er sich den Nacken, bis er die Arme einfach hängen und das Wasser über den Leib wandern lies.
 

Einzelne Gesprächsfetzen geisterten durch seinen Kopf und lenkten dauernd die Aufmerksamkeit auf sich. ,Warum bist du nicht immer so?', ,Du bist ganz anders, als sonst..'.

Wie war er den? Wie war Kai Hiwatari? Diese Frage stellte er sich schon die ganze Zeit, aber es folgte nie eine Antwort. Wer war überhaupt dieser 17-jährige Jugendliche, der aus dem Osten Russlands stammte und silbrige Haare hatte, welche ihm zu allen Seiten abstoben. Wer war er?
 

Wieder der Kopfschmerz. > Verdammt. Ich sollte aufpassen... <. Eine seiner Hände fasste sich an die Schläfe und massierte die Stelle, bis das Stechen verblich. ,Warum bist du nicht immer so ..?'

War er den anders gewesen, als sonst? Vielleicht versuchte er einfach, die Sache gut über die Bühne zu bringen und sich etwas Mühe zu geben. Im Grunde, zog er sich von der Gesellschaft, auch wenn diese nur aus einer Person bestand, zurück. Plötzlich beschlich ihn ein Gedanke: Er war immer noch bei Jane. Warum war er nicht gegangen, wenn er doch gern allein war. Wieso war er noch hier?
 

Inneres Schweigen. Seit der Zeit hier, fand er sich selbst oft in einer eigenen Zwickmühle wieder. Ihm blieben häufig die Antworten aus. Oder hatte er sich früher nicht solches Zeug gefragt? Er wusste es nicht. Wollte es auch gar nicht wissen. Man dachte nicht an früher - eine feste Regel in seinem Leben.
 

Kai kehrte zu der Frage zurück. Um die Sache beantworten zu können, ging er logisch vor. Fühlte er sich unwohl? Schon begann er zu überlegen. > Ich hasse es mich konsequent auf etwas festzulegen.< Im Klartext: mal ja, mal nein. Aber überwiegend nein. Hatte er das Gefühl, hier verschwinden zu wollen. Nein. Fühlte er sich bei Jane wohl?
 

Schluss. Es reichte. Sich in solche abstrusen Gedanken zu vertiefen, war schon verrückt. Aber mit sich selbst Frage und Antwortspielchen zu spielen grenzte an Wahnsinn. Das musste er sich nicht geben. Kai griff nach dem Duschgel, das er mit in die Dusche genommen hatte und verteilte einiges auf der Haut. Sein Blick fiel auf die dünnen, weißen Linien, welche seinen Körper vereinzelt "zierten". Ein paar waren nicht sehr groß, oder lang - wie man es auch nannte. Aber einige erreichten eine nicht zu verachtende Länge. Mit der Handfläche fuhr der Jugendliche über diese Insignien seiner Vergangenheit und versuchte sich nicht daran zu erinnern, wie er zu ihnen gekommen war. Größtenteils klappte es sogar, aber dafür konnte er etwas anderes spüren. Den vergangenen Schmerz, als würde er jetzt durch seine Nerven jagen. So real. Fast schon unheimlich.
 

Nachdem er das Duschgel wieder abgespült hatte, trat er aus der Kabine und nahm sich das Badetuch zur Hand. Er wickelte es sich nur um die Hüften, damit er sich nicht mehr so bloßgestellt vorkam. So schutzlos.
 

Es war ja alles in Ordnung, nicht wahr ..?
 

Obwohl das Wasser noch von seiner Haut perlte und seine Haare noch nass-strähnig am Gesicht und Hals klebten, verlies er das Badezimmer. Jane kreuzte seinen Weg. Sie wollte kurz in ihr Zimmer und warf einen unbewusst haschen Blick auf ihn. Schlagartig wurde ihr bewusst, wie gut er eigentlich aussah. Er war der Traum eines jeden Mädchens - Waschbrettbauch, Muskeln und einfach diese Ausstrahlung.
 

Aber sie bemerkte auch das andere. Die kalten Augen, die auf den zweiten Blick etwas trauriges hatten und wenn sie genau hinsah, die weißen Linien. Ihr war das schon früher aufgefallen. Sie zogen sich über den gesamten Körper, ließen kaum eine Fläche verschont. Zwar waren sie im Laufe der Jahre gut verblasst, aber Jane wusste noch ganz genau, wie es vor 5 Jahren aussah.
 

Verschließe deine Augen. Baue dir deine Welt..
 

"Ähm Kai ..?" Der Russe sah auf und betrachtet das Mädchen, was etwas eingeschüchtert, geradezu scheu wirkte. Aber nur jetzt. "Wie wäre es, wenn wir mal rausgehen. Ich glaube frische Luft würde mir gut tun; dir im Übrigen auch. Was hältst du davon?" "Ja okay. Ich geh mich nur anziehen." "Ach und .. zieh dich warm an. Ich möchte nicht, dass du wieder krank wirst. Vor allem hast du grad frisch geduscht, also .." "Schon klar", sagte er nur und verschwand in seinem Zimmer. Bedächtig schloss er die Tür hinter sich und lies die Russin im gedämpften Flur stehen.
 

Ohne es sich überhaupt bewusst zu sein, lief der Jugendliche zum Fenster und sah hinaus. Er selbst stand zur Hälfte hinter dem Vorhang und hüllte sich damit etwas in den Schatten des schweren Stoffes. Zwar waren seine Augen nach draußen gerichtet, doch sie starrten eigentlich ins Leere.

,Zieh dich warm an..'. ,warum bist du nicht immer so..?'. ,ich möchte nicht, dass du krank wirst...'.
 

Irgendwie herrschte Anarchie in seinem Kopf. Die Gedanken lagen zuhauf übereinander und ließen kein System erkennen. Kai war verwirrt. Es war zu viel. All das hier. Es fiel ihm schwer, dass zu erfassen. Für jemanden, der nur allein umherstreifte, war es zu ungewohnt, auf einmal Gesellschaft zu haben. Die Gespräche, die Situationen; das alles - es war zu viel. Zu verwirrend. Wo sollte er anfangen, nachzudenken?
 

Es machte ihn wahnsinnig, die Kontrolle verloren zu haben. Erinnerungen kehrten lebendiger als je zuvor wieder. Stetig versank Kai in einer Art Trance. Es passte einfach nicht in sein Leben. Zweisamkeit passte nicht in sein Dasein. Er war doch allein. Er war doch immer allein.
 

Schmerzhaft zog er die Luft zwischen den zusammengebissenen Zähnen ein. Der Russe hatte das Gefühl, als hätte man ihm einen Dolch in die rechte Schläfe gestoßen. Folglich war der Schmerz unerträglich und breitet sich wellenförmig in jeder Zelle des Körpers aus. > Verdammt.. . wenn ich jetzt wieder zusammenbreche ..<. Glücklicherweise erwies sich im Fortuna gnädig und das Stechen verflog; langsam, aber es verschwand immer hin.
 

Mit einer Schulter lehnte er an der kalten Wand. Sein Mund stand leicht geöffnet, damit er mehr Sauerstoff in die Lungen pumpen konnte. Diese ganzen Attacken zerrten an seinen Kräften. Im Grunde war es nichts ungewöhnliches, aber nie zuvor traten sie so häufig und stark wie jetzt auf.
 

Sachtes Klopfen an der Tür, unterbrach die Stille, welche seit geraumer Zeit im Zimmer lag. Kai raffte sich sofort auf und wendete sich um, gerade als Jane vorsichtig eintrat. "Alles okay, Kai?" "Ja. Alles in Ordnung." "Wirkl.." "Ja! Es ist alles okay. Ich bin gleich fertig." Jane nickte nur und verließ das Zimmer wieder. Was hätte es auch genützt, weiter zu fragen. Sie wusste das er log. Sie hatte gesehen, wie an der Wand etwas zusammengesackt lehnte. Kai verschwieg es ihr. Wie so vieles. Das war ihr klar.
 

Nun liefen sie nebeneinander im Tokio-City-Park her und schwiegen sich an. Eigentlich war es beiden ganz recht, da sie eh ihren Gedanken nach hangen. Doch Jane versuchte die Stimmung etwas oben zu halten. "Wie geht's dir? Wie fühlst du dich?" "Alles Bestens." "Wirklich? Mir kam es vorhin nicht so vor.." "Wirklich. Es ist alles in Ordnung. Hör auf dir 'nen Kopf zu machen." "Kai. Wenn irgendetwas ist, dann .." "Man Jane." Kai blieb stehen und blickte sie genervt an. Seine Augen wirkten äußerst kalt.

"Es ist nichts. Wie oft soll ich das noch sagen??!"
 

Total überrascht sah sie ihn an. Was war auf einmal in ihn gefahren? Warum wandelte er so seine Stimmungen? Für Jane war es unbegreiflich. Vorhin so rücksichtsvoll, geradezu besorgt. Ein Hauch Zärtlichkeit. Und jetzt? Aggressiv, kalt und unnahbar. Wieso änderte Kai sich so rasant..?!
 

"Erklär mir bitte, warum du mich jetzt so anbrüllst!? Hab ich dir was getan?! Echt. Ich versteh dich einfach nicht. Warum bist du jetzt auf einmal so .. aufgebracht?!!"

Hätte Kai sich jetzt nicht zurückgehalten, hätte er anfangen wirklich loszubrüllen. Aber der Russe hielt sich zurück und wartete ab, bis der Zorn sich etwas gelegt hatte. Somit verging wohl eine halbe Minute Schweigen, in der keiner etwas sagte oder nur andeutete. Gespannt blickte Jane Kai an. Dieser jedoch hatte ihr den Rücken zu gewandt und die Hände in die Taschen gesteckt.
 

Bis er leise und ruhig etwas sagte, was er eigentlich nicht geplant hatte. Was er eigentlich nicht vor hatte, jemals zu sagen. " Ich komme mit dem hier nicht klar .."

Ein kurzer Augenblick verging, bis Jane auf diesen Satz einging. "Was meinst du damit, du kommst mit dem hier nicht klar?" Kai seufzte in sich hinein und meinte: " Ich komme nicht damit zurecht, dass dauernd jemand um mich herum ist. Das dauernd jemand bei mir ist."
 

Wie konnte er sich nur so offenbaren? Wie konnte er einfach sagen, was ihn beschäftigte? Warum konnte er nicht die Klappe halten, oder einfach die Kontrolle über sich wiederfinden?! Am liebsten hätte sich Kai dafür geschlagen, überhaupt mit dem Gespräch angefangen zu haben. Oder überhaupt rausgegangen zu sein.
 

"Warum?! Du bist doch dauernd von deinen Teamkollegen umgeben. Immer hin lebt ihr doch in einer WG." Kai schnaubte verächtlich. "Glaubst du das wirklich?" Der Jugendliche drehte sich wieder ihr zu und blickte sie mit seinen blutroten Augen an. Jane schaute ihn ein wenig entsetzt an.
 

"Denkst du wirklich, die interessieren sich für mich. Denkst du echt, die kümmert es, wo ich bin und was ich mache?! Glaubst du echt, die interessiert es, wie es mir geht?!" Seine Stimme nahm einen abstruse Form Hass und Verachtung an. Auch wenn er die Worte so hervorkeifte, verrieten seine Augen vieles, was er sonst so nicht preisgab. Es tat ihm weh.
 

"Nein. Ich bin für sie nur ein Mittel. Nur der rettende Anker in der Not, der ihren Arsch davor bewahrt, im Aus zu landen. Am Anfang winseln sie dich voll, dass nur du es schaffen kannst. Und dann, wenn du schon fast am ende mit den Kräften bist und gewonnen hast, sagen sie kurz danke und das war's. Du hast deine Pflicht getan, schau sonst selbst, wo du bleibst. Es ist ihnen scheißegal. Ich, bin ihnen scheißegal.. ."
 

Der 17-jährige sah wieder zur Seite, da er Jane einfach nicht anschauen konnte. Im Moment hasste er sich dafür, was er getan hatte. Es war alles so aus ihm rausgeplatzt. Förmlich rausgequollen. Kai sprach nie über Gefühle oder dergleichen. Aber just war bei ihm der Knoten geplatzt. Er hatte es zu lange mit sich rumgetragen; zu lange runtergeschluckt, wie eine bittere Pille, die man einnehmen musste.

Schon viel zu lange hatte er versucht, es einfach zu akzeptieren. Es als eine gegebene Tatsache zu betrachten. Viel zu lange hatte er es ertragen. Viel zu lange, hatte er den Schmerz erduldet und ihn ignoriert.
 

Aber irgendwann war er zu groß. Irgendwann musste man aufschreien. Irgendwann konnte man einfach nicht mehr..
 


 

Es war ja alles in Ordnung, bis die eigene Welt zusammenbrach. Bis man aufwachte und sie erkennen musste - die Wahrheit...

Pass auf, wenn du gehst ..

Entsetzen. Neun Buchstaben, die geradezu perfekt den Gesichtsausdruck von Jane wiedergaben. Ihre Augen fixierten den Jungen vor sich, auch wenn er ihr nur den Rücken zuwandte. Konnte sie das glauben? Kai hatte sich vor einer Minute ihr offenbart. Es ging nicht in ihren Kopf.
 

Kai. Der Inbegriff des Verschwiegenen, hatte sein Gelübde gebrochen. Er hatte seinen Pakt mich sich selbst gebrochen. Der Russe hatte endlich die Wahrheit angenommen. Ja, er hatte endlich versucht, den Dolch aus seiner Brust zu ziehen. Widerwillig oder bewusst. Das war unklar, aber er hatte die Flucht nach vorne angetreten.
 

Was sollte sie nun tun. Der Schock war ein wenig verflogen, aber die Verzweifelung regierte sie nun. >Was willst du nun tun, Herzchen? Irgendeine Idee, wie dein Sarkasmus dich retten kann?<

Manchmal tauchten solche Stimmen einfach auf, wenn man nachdachte. Die "dunkle" Seite hatte gesprochen. Die alles schwarz sah und es nur darauf absah, sich selbst niederzumachen. Die taffe Tussi so zusagen.
 

> Halt die Klappe<, ging es Jane durch den Kopf. > Dich brauche ich jetzt wirklich nicht.<

Aber so unrecht hatte die Stimme gar nicht. Was sollte sie tun. Sollte sie ihm sein Mitleid aussprechen, welches er bestimmt mit einem missbilligenden Blick quittierte, da er Mitleid hasste? Sollte sie ihn belobigen, da er sein Schweigen gebrochen hatte? Oder sollte sie wie eine übertriebene besorgte Mutter sagen, sie würde den Bladebreakers die Ohren lang ziehen, da sie den "armen" Kai allein ließen? > Ja. Ganz bestimmt, Schätzchen. Das wird ihm bestimmt helfen. Er wird sich lächerlich machen. Und du auch.<

So blieb sie stumm; Im Chaos mit sich selbst.
 

"Vergiss was ich gesagt habe.. ." Kai setzte sich in Bewegung. Der eigene Richter hatte geurteilt. Es war ihm zu unangenehm geworden. Dieses bedrückte Schweigen, die Stille die sich ausdehnte; beinahe greifbar war. Eine dunkle Materie, welche beide auseinander drückte und gleichzeitig beide zwang, sich wahrzunehmen. Sie stellte sie an den Pranger.

Vielleicht glaubte er einfach, dass die Sache damit gegessen wäre. Der Satz würde die Situation schon wieder wett machen. Aber Glaube war Einbildung.
 

"Nein. Ich werde das nicht vergessen!" Der Jugendliche blieb wie angewurzelt stehen. Im Grunde gab es wenig, was ihn auf der Welt beeindruckte. Aber dieser feste, trotzige aber auch ruhige Klang in ihrer Stimme lies ihn einfach aufhorchen. Womöglich war es aber auch nur der Inhalt des Satzes. Er drehte sich dennoch nicht um und lauschte dem, was sie zu sagen hatte.
 

"Ich werde das nicht vergessen, dafür ist es zu wichtig. Weißt du, .. ich habe keine Ahnung wie ich auf das reagieren soll. Ob mit Mitleid, oder Fürsorge oder sonstigem. Aber ich vergesse es nicht, weil ich dir danken möchte, dass du mir es gesagt hast. Ich kann mir vorstellen, dass du nicht jemand bist, der so was einfach so dahersagt. Deswegen, danke das du dich etwas mir geöffnet hast. Und .. ich kann es vielleicht nicht so nachvollziehen wie du es tust, aber .. wenn du irgendjemanden brauchst, sei es zum reden oder wenn du Hilfe brauchst, dann stehe ich dir immer zur Verfügung. Egal was ist, ich bin immer für dich da. Und wenn ich mal scheiß Witze reiße, wie ich es oft tue, dann schrei mich voll oder knall mir eine. Egal .. aber, ich sage dir: ich bin immer für dich da."
 

Jeder Mensch hat in seinem Leben Lernphasen. Manche sind kurz, mache lang. Sie kommen zu unterschiedlichen Zeiten, sind unterschiedlich ausgeprägt und betreffen immer etwas anderes. In Meinem Leben bin ich immer wieder einem Grundsatz begegnet. Er hat mich in meinem gesamten Dasein begleitet. Es gab oft Zeiten, wo er kaum zu ertragen war, und manchmal war er mir egal. Im Laufe kann ich sagen, dass er zu einem Teil von mir geworden ist. Und das ist okay so. Man sollte gewisse Dinge einfach akzeptieren, da es nichts bringt, sich dagegen aufzulehnen. So lautet meine Regel. Meine Lernergebnis.

Denn egal wie oft man eine Sache dreht und wendet, sie umdenkt oder verändert - es kommt immer das selbe heraus. Ein Apfel zum Beispiel bleibt ein Apfel, egal wie man ihn bearbeitet. Es ist immer noch Apfel drin. Das ist ein Grundgesetzt. Nicht zu verfälschen.

So gewöhnt man sich daran, wer man ist, wo man lebt, was man denkt, was die eigenen Prinzipien sind usw. Und auch was andere von dir halten. Oft ist es dir egal, was andere über dich denken. Gerade ich bin ein Mensch, der sich um andere nicht schert. Ich akzeptiere es einfach.
 

Natürlich ist es angenehm, einfach alles hinzunehmen und sich nicht aufzulehnen. Alles auf sich zutreiben zu lassen, aber manchmal ist es nur schwer zu ertragen, zu merken, dass man machtlos ist.

Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an alles.
 

Genauso, habe ich es akzeptiert, was nun gelaufen ist. Ich kann es im Augenblick nicht werten, ob es falsch oder richtig war. Aber nun ist es vorbei. Es ist Vergangenheit und somit für mich persönlich gestorben. Ich nehme es zur Kenntnis, als kleiner Makel in meiner Maske.
 

Aber ich nehme auch das Angebot zur Kenntnis. Auch wenn ich damit jetzt nichts anfangen kann. Viele wie auch ich meinen, das wäre eine kühle Gleichgültigkeit, aber dieses Gleichgültigkeit hat mir schon vieles erspart.
 

Ihre Worte waren nichts besonderes; wahrscheinlich war das auch Jane bewusst, denn es hatte einen Hauch vom abgedroschenen Kitschroman, aber .. irgendwo war es doch wirklich. Kai fand es gut, dass sie mal bei der Wahrheit blieb und nicht ihren Sarkasmus triefen lies. Und irgendwie, fühlte es sich gut an. - ich bin immer für dich da -.Wohlige Wärme machte sich in der Magengegend breit.

Eigentlich wollte er sich dagegen sträuben, etwas so gutes zu fühlen, aber .. wie lange wartete er in seinem innersten darauf, endlich einmal einen Moment Erlösung zu finden.
 

Kai drehte sich ihr ein wenig zu, und sah ihr kurz in die Augen. Sie hatte einen festen und dennoch weichen Blick, welcher seinen blutroten Augen nicht auswich. Es war bewundernswert, dass sich dieses Mädchen von ihm kaum unterbuttern lies. Sie hatte sich kein bisschen verändert. Und das wusste er ganz genau.
 

Langsam setzte die Dämmerung ein, und bald würde die Nacht ihr schwarzes Gewand über die Stadt legen und alles Licht in sich verschlucken. Die Stunde der Partylustigen würde beginnen und bis in den Morgengrauen andauernd. Kai gehörte nicht zu den Menschen, die auf Feten gingen, sich vollaufen ließen und sonstige Drogen in den Arm jagten. Er hasste den Trubel. Im Gegensatz dazu machte es Jane nicht sehr viel aus, mal in das Extreme abzuschweifen, aber der Umgang mit Drogen war nicht ihr Gebiet. Sie gab sich eher mal die Kante, flirtete bis die Luft brannte - typisch für ihr Alter und ihre Nation.
 

"Lass uns gehen. Es wird mir etwas kalt.." sagte sie kurz angebunden, da sie mit ihren Gedanken ganz wo anders war. Daraufhin wandte sich Kai wieder ihr zu und blickte sie an. Er konnte sich vorstellen, dass das Thema doch noch nicht vom Tisch war. Man konnte förmlich sehen, wie sich die kleinen Rädchen in Janes Kopf drehten. "Mach dir keinen Kopf darüber, was ich gesagt habe. Es ist nur aus mir rausgeplatzt. Im Grunde ist mir das egal, man gewöhnt sich daran. Wenn man nichts erwartet, kann man nicht enttäuscht werden.." Janes Augen betrachteten, wie er etwa 2 m von ihr entfernt stand und versuchte, seine stolze Maske wieder aufzusetzen - wie für den zweiten Akt. Aber sie sah das Gegenteil in seinen Augen. Man konnte sein Wesen hinter einer Maske verstecken, aber nicht seine Ausstrahlung. Sie sah die Trauer in seinen Augen. Zwar war sie kaum zu erkennen, aber Jane bemerkte es einfach. Er war schon immer ein Kämpfer gewesen und in diesem Moment ficht er gegen sich selbst. Hatte er das nicht schon immer.. ? Im Grunde war es einfach nur traurig, aber auch armselig. War es nicht armselig, dass man sich etwas vormachen musste, um zu überleben? Aber .. machte das nicht jeder..?
 

"Du bist ein schlechter Lügner." Das Mädchen wandte sich von ihrem Kumpel ab, lies in stehen und ging den Weg zurück. Auch wenn Kai eigentlich ein ruhiger Mensch war, platzte ihm hier bald der Kragen. > ich bin also ein schlechter Lügner ?! was bildet die sich ein??!! Ich hätte eben doch meine Klappe halten sollen; es wäre besser für mich gewesen! Ich und Lügner .. es ist mir egal!! Es ist mir scheißegal. Wenn denen irgendwas passiert - mir egal. Wenn die mich rauswerfen - scheißegal. Sollen sie doch. Ich brauche niemanden. Absolut niemanden, nicht mal sie da!<
 

Verschließe deine Augen.. baue dir deine Welt, so wie sie dir gefällt...
 

Beide waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Realität völlig aus ihrem Bewusstsein strichen. Ein großer Fehler. Da Jane voran ging, hatte die den Park schon verlassen und steuerte auf die Straße zu, ohne es zu merken. Aus einer Seitenstraße bog ein kleiner blauer Golf in die Hauptstraße ein. Der Fahrer, ein etwa 30-jähriger Mann, drückte fleißig das Gaspedal durch, da ja eh niemand auf der Straße war. Das dachte jeder Mensch, der 0,8 Promille im Blut hatte. Es wirkte auch alles so komisch verschwommen vor seinen Augen. Aber vielleicht regnete es ja draußen. War ja auch egal.

Jedenfalls raste er mit 80 die Hauptstraße entlang, ohne auf etwas zu achten, genau wie eine Person, die gerade die Hauptstraße überquerte.
 

Kai trottete mit gesenktem Blick hinter Jane her. Seine Gedanken zogen sich in alle Richtungen; wanderten über sein Team, sein "Geständnis" von vorhin und die Jugendliche, die er seit einer Ewigkeit kannte. Er hatte nun ebenfalls den Park verlassen und stand etwa 3-4 Meter von der Hauptstraße entfernt. Und was er dort sah - das Szenario - konnte er erst nicht begreifen. Eine paar Millisekunden stand er wie angewurzelt da, starrte auf den Golf und die schwarzgrünhaarige, bis er begriff ..
 

"Jane .. JANEE!!" Doch sie tauchte zu spät aus ihren Gedanken auf. Viel zu spät. >SCHEIßE!!< Reflexartig sprintete er auf sie zu, packte sie an der Taille und riss sie mit sich zurück.

Endlich bemerkte auch der Fahrer, dass die Fahrbahn gar nicht frei gewesen war. Er packte das Lenkrad mit beiden Händen und riss es herum [ entschuldigt meine Wortwiederholung ]. Der Motor heulte auf, die Reifen drehten auf dem Asphalt durch. Panisch trat er das Bremspedal bis zum Anschlag durch. Der Wagen geriet ins schlingern und bremste letztendlich in einer 90° Drehung.
 

Für ein paar Sekunden stand der Golf nur so da und nichts bewegte sich. Deutlich waren die schwarzen Reifenspuren auf der Straße zu sehen; sie qualmten etwas. Das Autofenster wurde herunter gekurbelt und ein Schwarzhaariger Mann lehnte sich heraus. Er lallte stark: "Gönnt ihr nischt aufpassen??!! Ihr klenen Arschlöscher!!"
 

Wutentbrannt begann Kai zu brüllen: "Sag mal, hast du sie noch alle????!!! Wir hätten tot sein können!!?? SIE sind doch wohl eher das Riesen Arschloch!!!!!!!! Meinetwegen könne sie sich tot saufen, aber lassen sie Passanten aus dem Spiel, sie beschissener Wichser!!!!!!!!!!!!!!!!"

"Du 'hast mir garnischt su saschen!! Du klener Scheißer!" "Willst du Prügel ...?" Kais Augen funkelten gefährlich, als würden sie förmlich darauf warten zuzuschlagen. Sie zeigten keinen Skrupel, keine Hemmung - nur blanken Hass.

"Fickt eusch doch .. ." Der Golffahrer kurbelte das Fenster wieder hoch, wendete den Wagen und fuhr davon.
 

Eine Menschentraube hatte sich gebildet, welche die beiden Jugendlichen einschloss. Natürlich hatte das Spektakel einige Schaulustige angelockt, aber andere boten ihre Hilfe an und fragten besorgt, ob alles in Ordnung wäre und ob man einen Krankenwagen hinzuziehen sollte.

Der Russe sah wieder auf Jane herab, die halb auf ihm lag. Gerade noch in aller letzter Sekunde hatte er es geschafft, sie vor dem Aufprall zu beschützen. Ihm war klar, dass sie es nicht überlebt hätte.

Zwar trug er einige Schürfwunden davon, als er sie nach hinten zu Boden gerissen hatte, aber das war nicht der Rede wert.
 

Obwohl ein Dutzend Leute um ihn herumstanden und wie wild Fragen stellten, hörte er nichts mehr. Es herrschte Stille. Das einzige was in seinen Ohren hallte, war sein Herzschlag und das Rauschen des Blutes. Eine Weile hatte er nur die Straße hinab geschaut, wohin der Wagen verschwunden war. Kai hatte sich das Kennzeichen nicht merken können - dafür ging alles zu schnell. Er hatte nur an Jane gedacht. Seine blutroten Augen ruhten auf ihr, wie sie mit dem Oberkörper auf seinem lag.
 

Ihre Augen waren geschlossen, die schwarzen Haare hingen wirr durcheinander, ein paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Ansonsten war die Kleidung etwas mitgenommen und schmutzig. Allmählich drang der Lärm an sein Bewusstsein. Er hatte sie genauestens gemustert, aber nirgendwo eine schwere Verletzung, oder Blut erkennen können. Eine kleine Erleichterung machte sich in seiner Bauchgegend breit.
 

Trotzdem. Warum schlug sie die Augen nicht auf? War sie bewusstlos oder hatte sie eine Gehirnerschütterung? "Hallo? Kann ich ihnen helfen?!" Kai schaute auf und blickte einer Frau im mittleren Alter ins Gesicht. "Ich .. ich weiß nicht. Ich glaube sie ist bewusstlos.." "Lassen sie mal sehen; ich bin Krankenschwester." Die Frau ging in die Hocke und beugte sich über das Mädchen. Vorsichtig nahm sie Janes Handgelenk und maß mithilfe ihrer Uhr den Aderschlag. "Puls ist okay. Vielleicht etwas erhöht, aber das kommt von der Aufregung. ..Hallo? Können sie mich hören?"
 

Es war angenehm warm zu ihrer rechten Seite. Sie fühlte sich schwer, benommen, als würden Gewichte auf ihrem Körper verteilt liegen. Aber ob diese Schwere angenehm oder störend war, konnte sie nicht sagen oder entscheiden. Am meisten wog anscheinend ihr Kopf - so wie sie es empfand. Er dröhnte geradezu Und das war auf jeden Fall nervig. Außerdem wurde es laut um sie herum. Sehr laut - als würde man eine Stereoanlage auf volle Stärke drehen. Ihr Kopf würde platzen - das dachte sie im Augenblick. Schmerzvoll verzog sie das Gesicht, bis sie ihren Namen hörte, der immer wieder genannt wurde. Im ersten Moment konnte sie die Stimme nicht erkenne und niemanden zuordnen, aber nachdem ihr Name etwa 3 mal erklang, erschien vor ihr ein Bild der Person.

Jane öffnete die Augen.
 


 

Entschuldigt, aber ich habe das chapter mit nicht viel Elan geschrieben. im moment bin ich auch nicht sehr in der lage dazu, da wir problems in der familly haben. und die zerren ganz schön an meinen nerven .. deswegen tut mir leid. ich hoffe es ist trotzdem noch akzeptabel.

Eure Kizu / the 8th

Meine Sorge um dich ..

Anfangs konnte sie nur einen Strudel aus Farben erkennen, verschwommene Konturen, aber nach kurzem Blinzeln klärte sich der Blick und sie erkannte ihr Umfeld. Ein fremdes Gesicht betrachtete sie eingehend und versuchte anscheinend jede kleinste Regung ihrer Mimik zu analysieren. Wer war das? Eine unbekannte Frau, etwa Anfang 40.
 

Benommen richtete sich das Mädchen langsam auf. Janes Hand fuhr an ihren Kopf. Allmählich verklang der Schmerz und sie konnte sich mehr auf ihr Umfeld konzentrieren.

"Sind sie Okay? Haben sie irgendwo Schmerzen?" Jane sah die Frau wieder an. ".. nein. Mir .. mir geht's gut. .. Mein Kopf tut nur etwas weh." "Puh, da bin ich erleichtert. Wir dachten schon, sie sind bewusstlos. Aber sonst haben sie nirgendwo Beschwerden?" Kopfschütteln seitens Jane diente als Antwort. Der ganze Trubel war für sie nicht erklärlich; und der Lärm erst. Furchtbar. Am liebsten hätte sie lauthals -Ruhe!- gebrüllt , aber irgendwie fehlte ihr dafür die Kraft, oder auch Lust.
 

Sie atmete aus und nahm erstmals alles um sie wirklich wahr. Dutzende Menschen standen um sie herum, starrten sie oder die Frau vor ihr an. Einige blickten auf die Fahrbahn und besahen sich etwas wohl sehr interessantes. Jane blieb der Blick darauf durch die Menschen verwehrt. Nun spürte sie, dass sich etwas neben ihr regte. Irgendwie lag sie auch ziemlich weich, was ihr gerade auffiel. Sie drehte den Kopf leicht und blickte in das Gesicht eines Jugendlichen.
 

Ja. Dieses Gesicht hatte sie gesehen, als sie noch .. geschlafen hatte?! Sie wusste es nicht mehr. Was war passiert? Da ihr der Junge neben ihr keinesfalls unbekannt war, begann sie zu fragen: "Kai .. was .. was ist passiert?" Ein wenig verwundert blickte er sie an, bis er ruhig anfing den Sachverhalt zu erläutern: "Du bist vor ein Auto gelaufen, .. zumindest fast. Ich konnte dich grade noch zurückziehen. Sonst hätte dich dieses Arschloch von Golffritze überfahren." Seine Stimme hatte sich etwas gehoben, als er den Fahrer erwähnt hatte. Man merkte immer noch, wie sauer er auf diesen Japaner war.
 

"Aber zum Glück ist dir ja nichts passiert.." Er seufzte. Kai war erschöpft. Die ganze Aufregung von vorhin, dann der Unfall und jetzt dieser Rummel. Dauernd hatten ihn irgendwelche Leute gelöchert, was los sei und wer der Fahrer wäre. Irgendwelche banalen Fragen wurden gestellt, die er eh nicht hörte, aber die Tatsache, dass sich die wenigstens für die Opfer interessierten, nervte ihn. Vor allem: ihm war es ihm Moment scheißegal, wer der Typ war. Sein Grundgedanke lag bei einer Person, die neben ihm hockte und irgendwie absolut keine Ahnung hatte, was hier gespielt wurde.
 

Am liebsten hätte Kai Jane angemotzt, nächstes mal die verdammt Mascara-betuschten Äugelchen auf zu machen und zu gucken, wohin man lief. Aber, diese Wut wurde von etwas anderem erstaunlich gemildert. Förmlich nichtig gemacht: Es ging ihr gut. Sie hatte vom Vorfall keinerlei Schaden genommen und war putzmunter; wenn man das so nennen konnte. Jane war wohlauf und gesund.

DAS war wichtig, nicht der Vorsatz und die Predigt, wie die einer lieben Frau Mutter; das kam später. Nein. Die Tatsache, dass es Jane gut ging, befriedigte ihn zutiefst. Erleichertung in vollen Zügen.
 

Für eine Millisekunde starrte die schwarzgrünhaarige Kai verwundert an. Sie war vor ein Auto gelaufen? Und sofort blendete sich vor ihr ein Bild ein. Der kleine blaue Golf, sie hatte ihn noch kurz gesehen, bevor sie nach hinten gerissen wurde. Von wem, wusste sie damals nicht. Sie war in Gedanken gewesen - weit weg also von der realen Welt. Nur als sie jemand gerufen, fast schon nach ihr geschrien hatte, hatte sie aufgeblickt und den Wagen gesehen. Ihr Gehirn hatte ausgesetzt; somit war der Verstand vollends ausgestaltet gewesen. Es war ein Schockmoment. Hatte sie nicht noch geschrien; vor Panik? Sie wusste es - sie hatte einen Filmriss.
 

Jane wandte sich ab, stemmte die Hände auf den Boden und stand auf. Ihre Bewegung war so schnell erfolgt, dass Kai oder die Krankenschwester nicht einmal Zeit hatten, zu reagieren. Kai hätte damit gerechnet, dass sie noch etwas wackelig auf den Beinen wäre. Aber nichts dergleichen. Jane machte einen ruhigen Eindruck. Aber in Wahrheit zitterten ihre Knie. Es kam ihr alles so bekannt vor, es gab Parallelen, die ihr gar nicht gefielen.
 

"Vielleicht sollten sie noch einmal einen Arzt aufsuchen, der sich die Sache noch einmal besieht...!?" "Nein. Schon gut. Es geht mir gut... wirklich, glauben sie mir. Alles in Ordnung." "Hm. Wenn sie meinen." Kai erhob sich vom Boden, rückte seinen Kleidung zurecht und stand neben Jane.

"Danke für ihre Hilfe", fügte Jane noch an. Sie trat mit Kai aus der Menge und verließen den Schauplatz.
 

Zu Hause angekommen, lies sich Jane auf einen Küchenstuhl sinken. Kai, welcher hinter ihr die Lofttür schloss, legte seine Jacke ab und folgte ihr in die Küche. Er war ziemlich ruhig geworden, was ihm selbst schon aufgefallen war, als die Krankenschwester sich um Jane gekümmert hatte. Irgendwie fühlte er sich betäubt. Wie es so seine Art war, kochte er Tee auf. Neben Wodka war Tee das beliebteste Getränk der Russen. Ohne diese zwei Sachen ging im Leben gar nichts. Der Jugendliche goss sich eine Tasse schwarzen Tee ein und stellte eine andere vor Jane. Auf irgendeine Weise hatte er das Gefühl, das die 17-jährige etwas aufgewühlt war. Kai war kein Mensch der großen Worte, aber ein Mensch der kleinen Gesten.
 

Bedächtig schob er den Stuhl gegenüber Jane zurück und setzte sich. Der junge Russe nahm ein paar Schluck von dem heißen Gebräu und blickte das Mädchen an. Er setzte die Tasse ab. "Ist mit dir wirklich alles in Ordnung, oder hast du nur versucht, die Krankenschwester los zu werden?"

Jane sah auf. Für einen Moment schaute sie ihn einfach nur an, wie er dasaß - ein wenig angespannt, mit ernsten Blick und den silbrigen Haaren. Eine Frage stellte sich ihr, die sie sogleich laut aussprach.

" Entschuldige, aber ich war vorhin so durcheinander. Wie geht's dir eigentlich. Hast du dir irgendwas getan?"
 

Im Grunde hasste er Gegenfragen. Diese bekannte Katz-und-Maus-Spiel, was zu nichts führte, da man immer irgendwo stecken blieb. Aber ihr verzieh er dies. Er musste sich eingestehen, dass er sich diese Frage auch nicht gestellt hatte. Wie schon erwähnt - sein Kerngedanke, war dieses Mädchen da vor ihm. Und außerdem, .. er hatte schon schlimmeres durchgemacht, da waren diese Kratzer lächerlich. Beinahe schon nicht vorhanden. Kai hatte schrecklicheres erleben und ertragen müssen, was diesen Rahmen hier bei weitem sprengte.
 

"Ich kann mich nicht beklagen. Ein paar Kratzer, nichts weiter. Ich glaube, du bist da wichtiger." Jane wirkte unbeholfen. Einerseits war sie geschmeichelt, dass sich so viele Sorgen machten. Andererseits, bei Gott - sie war doch kein Kind mehr. Das hatte sie doch schon bewiesen. Sie war stark gewesen und hatte es damals verkraftet. Hatte für ihren Geschmack deutlich gezeigt, dass sie es durchstand. Warum behandelten sie alle noch wie ein kleines Mädchen, dass man vor der bösen Welt da draußen beschützen musste. Sie wusste, dass die Welt Zähne hatte, die sich auch durch aus einsetzten konnte, aber sie konnte auch selbst ihre Krallen zeigen. Also hey - What's on your mind?
 

Ihr Kopf dröhnte noch immer. Wo war die verdammte Aspirin?, dachte sie. "Was ist? Hast du Kopfschmerzen?" Kai blieb ihr Verhalten nicht unbemerkt. Er kannte es einfach zu gut, wenn man das Gefühl hatte, der Kopf würde zerplatzen wie eine Seifenblase. "Ja. Ein wenig." "Hast du irgendwas dagegen, eine Aspirin oder Novalgin [ein sehr starkes Mittel gegen Kopfschmerzen] ?" "Im Bad - glaube ich. Ich hole es gleich." "Bleib sitzen. Ich mach schon. Trink du lieber den Tee."

Er erhob sich und schritt den Flur entlang, zum Badezimmer. Toll - nun stand er vor einem Problem. Wo im Bad??!! Zu aller erst öffnete er das kleine Schränkchen oberhalb dem Waschbecken. Er ging alles durch - Zahnputzzeug, Kosmetikartikel, Afterschafe, Damenhygieneartikel - sprich Tampons. Bei letzteres wurde ihm mulmig. > Übersieh es einfach. Es ist nicht da. Such die Aspirin!!!<
 

In eine Ecke hatte er das ersehnte Päckchen endlich gefunden, schloss das Schränkchen und ging zurück. Jane stand am Kühlschrank und kramte darin nach etwas. "Was machst du den da?" "Ich versuche uns was zu Essen zu machen. Was dagegen?" Er räusperte sich, öffnete die Aspirinschachtel und brach eine Tablette heraus. Mit einem Wasserglas und der Pille reichte er es Jane, die es flux einnahm. Aber sie konnte es nicht vergessen, was ihr durch den Kopf ging war zu lebendig, um es mit irgendwelchem Medizinischen Gift ruhig zustellen. Da hätte sie sich genauso gut Valium geben können. Kurz schloss sie die Augen, um die Bilder zu verdrängen. Doch nun flammten sie erst richtig auf und zwangen sie hinzusehen. Ihr Kopf war erfüllt von Geräuschen.

Verzweifelt fasste sich an den schmerzenden Schädel. Es war unerträglich - sie hätte schreien können. Die Gewalt der Erinnerung wurde übermächtig und langsam sammelten sich Tränen in ihren Augen, als würde sie um Gnade flehen. Sie zitterte stark und konnte sich somit kaum noch auf den Beinen halten.
 

Kai, der die Aspirin weggepackt hatte, drehte sich wieder um und musste mit ansehen, wie Jane zu Boden glitt. Alarmiert eilte er zu ihr und fand sie wie ein Häufchen Elend auf dem Boden kauernd. "Hey. Was ist los?!" Aber sie reagierte nicht mehr. "Jane! Jane!! Verdammt noch mal. Sag was!!!" Das schwarzgrünhaarige Mädchen war einfach weggetreten und nicht mehr ansprechbar. Kai versuchte ihr irgendwie zu helfen und suchte nach ihrem Blick, aber ihre Augen waren absolut glanzlos geworden. Beinahe leblos.
 

Der Jugendliche war außer sich. Alles lief ihm aus dem Ruder. Er hatte total die Kontrolle über sein leben verloren. Was war hier los??! Am liebsten hätte er wie bei einem verpatzen Videogame, das Handtuch geworfen. Aber das ging hier nicht einfach so. Da lag jemand halb auf dem Boden, halb auf ihm und hatte sich vollkommen verloren. >Ich muss einen Arzt rufen, sofort. Sonst passiert hier sonst noch was. Aber .. ich kann sie nicht hier liegen lassen...< Ihm war klar, was das hieß.
 

Kai grub seine Hände vorsichtig unter sie und versuchte sie sachte hochzuheben. Wie eine schlafe Puppe lag sie nun in seinen Armen. Ihre glasigen Augen waren unheimlich, erschreckend. Und sie zitterte immer noch. Er spürte es ganz genau. Hatte die Tablette das etwa ausgelöst? Das konnte er sich nicht vorstellen, dass eine eigentlich harmlose Aspirin solche Wirkungen hatte.

Vorsichtig aber geschwind trug er sie zu ihrem Zimmer, stieß mit dem Fuß die Tür auf und legte sie aufs Bett. Weil ihm nichts besseres einfiel, legte er ihr eine Decke über. Dann rannte er raus, um einen Arzt zu rufen.
 

Das nächste Problem. Ray hatte immer die Ärzte gerufen, wenn einer krank war im Team und Kai gehörte nicht zu denen. Er war immer gesund gewesen, zumindest war er Erkältungen immer übergangen. Sein Blick fiel auf ein Visitenkärtchen neben dem Telefon. Dr. Miwas Nummer stand daraufgeschrieben. Glück gehabt. Hastig tippte er die zahlen ein und sofort wählte der Apparat sich durch. Augenblicklich nahm eine Frau ab, doch Kai fiel ihr ins Wort, ehe sie sich richtig vorstellen konnte. "Ich möchte sofort mit Dr. Miwa sprechen. Es ist dringend!" "Entschuldigen Sie, aber der Doktor hat Patienten." "Hören sie, es geht um Jane Tatsue - eine langjährige Patientin von ihm. Also!! Stellen sie mich endlich durch!!!" "Aber .." "LOS!!" "okay, Okay.." Kai wurde verbunden.
 

"Miwa am Apparat, was kann ich für Sie tun?" "Hallo. Hier ist Kai Hiwatari. Jane geht es schlecht. Sie müssen unbedingt kommen. Bitte." "Was ist den passiert, Mr. Hiwatari?" "ich glaube sie ist im Schockzustand - sie ist heute vor ein Auto gelaufen." "Ich komme sofort."

Dem Arzt war klar, dass es ernst wäre. Er kannte die Geschichte von Jane; hatte sie damals betreut und wusste genau, dass sie das damals noch nicht sehr verkraftet hatte.
 

"Ja, das habe ich mir schon gedacht. Sie hat einen Schock. Dieser kleine Unfall, wie du mir berichtet hast, war der Auslöser. Es hat sie vermutlich an damals erinnert." "Was meinen Sie?" Mit ernstem prüfenden Blick sah der Arzt Kai an. "Hat sie dir davon nicht erzählt?" "Wovon?" "Von dem Unfall damals mit ihrer Mutter ..?" Und plötzlich fiel es dem Jugendlichen wie Schuppen von den Augen. Darum war sie so durcheinander, darum war sie zusammengebrochen. Darum hatte sie einen Schock. "Doch .. sie hat mir davon erzählt, aber .." "Du hast den Zusammenhang nicht gesehen, ich verstehe. "
 

Dr. Miwa seufzte; er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. "Verletzungen hat sie nicht, aber ich habe ihr eine Spritze gegeben damit sie etwas zur Ruhe kommt. Nichts schlimmes. Das einzige was sie jetzt braucht ist Schlaf. Wir müssen einfach abwarten. Aber ich denke, sie wird das überwinden - sie ist ja eine starke Persönlichkeit und hat schon so einiges hinter sich gebracht.

Ich rate dir nur, sie wenn sie wieder wach ist, nichts aufzuregen oder zu streiten oder sonstiges. Nun .. jetzt bist du für sie verantwortlich. Also - kümmere dich gut um sie. Immerhin geht's dir ja wieder gut, wie ich sehe."
 

"Kann man so sagen. War nicht weiter schlimm." "Freut mich. Also - ich muss wieder. Du hast mich ja aus meiner Praxis regelrecht gedrängt. Die Patienten warten."
 

Nachdem der Doc gegangen war, sah Kai noch mal nach Jane. Halb eingerollt lag sie in ihrem Bett, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, die Augen geschlossen. Nichts besonderes - ein schlafender Mensch halt. Aber, .. er hatte sich Sorgen gemacht. Er hatte sich wirklich Sorgen um die 17-jährige gemacht. Schon in dem Augenblick als das Auto auf sie zugefahren war, hatte er Angst um sie gehabt. Auch wenn er sich so was nicht eingestehen wollen, er hatte sich um einen Menschen schreckliche Sorgen gemacht. Wie schon damals ...
 

~...Ich weiß etwas, was du nicht weißt ...~
 

Kai schloss die Tür ihres Zimmers hinter sich und ging in die Küche. Die zwei Tassen standen einsam und verlassen auf dem Tisch. Aber der Tee war schon längst erkaltet - er kippte ihn weg und machte sich neuen. Ein Deja-vu befiel ihn - er sah es vor sich, wie sie da stand; auf der Straße. In das Scheinwerferlicht sah und schrie. Er spürte wie er sie nach hinten gerissen hatte und auf den Boden prallte. Dabei war Jane auf Kai gefallen, da er ihre Taille mit einem Arm umschlungen hielt. Die kurze Ruhe, die alles entscheiden konnte... .Es ging alles so schnell. Die Bilder hatten sich eingebrannt und eines noch, das Gefühl den Atem anzuhalten. Den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Auf einmal hatte sich alles in Frage gestellt. Für einen Moment war alles ungewiss. Lebte er oder sie? Waren sie tot, oder bewusstlos? Völlige Verwirrung. Als würde man sich in einem Kreis drehen und die fünfte Ecke suchen. Aussichtslos.
 

Kai stemmte die Hände auf die Küchenplatte, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Er krallte sich regelrecht in das Granit und lies den Kopf hängen. Ihm kam ein schrecklicher Gedanke: Was wäre passiert, wenn er sie nicht erreicht hätte..?

Ihn überlief eine Gänsehaut, ein kalter Schauer. Er konnte es sich vorstellen, es beinahe bildlich sehen, wie sie vom Auto erfasst und durch die Luft geschleudert wurde. Er konnte schon fast das Genick knacken hören ......
 

Entsetzt riss Kai die Augen auf und wich vom Tresen zurück. Sein Atem ging schwer, als wäre er aus einem Albtraum erwacht. Das Bild von Blut blendete sich noch vor seinen Augen ein, bis dieser Gedanke endlich von ihm abließ. Er schüttelte leicht den Kopf, um dieses Szenario entgültig von sich abzuwerfen. Jane lebte, ihr ging es gut und sie schlief. Es war alles in Ordnung. Kein Grund zur Unruhe. Warum machte er sich so wahnsinnig? Das war doch sonst nicht so seine Art.
 

Er beschloss auf sein Zimmer zu gehen und sich zu Bett zu legen. Es hätte keinen Sinn die ganze Nacht rumzusitzen und auf ein Wunder zu warten. Der Russe brauchte auch etwas Ruhe - vor allem nach so einem Tag. Er knipste das Licht in der Küche aus und lief den Flur hinunter. Sein Weg führte ihn an Janes Zimmer vorbei. Kurz hielt er inner und horchte, ob sie schlief.

Doch drinnen war es alles andere als ruhig.
 

Reflexartig öffnete Kai die Tür und sah, wie sich Jane im Bett umherwarf. "Nein .. pass auf, Mum!"

Sie träumte offensichtlich. Der 17-jährige lief auf sie zu, um sie zu beruhigen. Etwas zu fest packte er sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. "Jane. Hey, wach auf. Jane ..." Und tatsächlich - sie schlug die Augen auf. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie zitterte leicht. Das eben gesehene zerrte noch an ihren Nerven. Ihr Herz schlug hart gegen den Brustkorb, der Puls ging unregelmäßig.

Sie hatte Tränen in den Augen.
 

Kai hielt sie immer noch an den Schultern und sah ihr in die Augen. Im Moment wirkte sie so zerbrechlich und hilfsbedürftig. Wie ein kleines Kind, was Schutz suchte.
 

~.. oh sieh in den Spiegel, sieh genau hin ..~
 

Mittlerweile saß er auf der Bettkante und begutachtete die Person vor ihm. "Alles okay? Du hast nur schlecht geträumt .." Im nächsten Moment warf sich Jane Kai um den Hals und weinte einfach nur. Der Russe war mit dieser Hau-Ruck-Methode etwas überrumpelt, aber wegstoßen konnte er sie ja jetzt nicht. Sie brauchte jemanden, um sich zu beruhigen. Er konnte das verstehen. Sachte legte er die Arme um sie und tröstete die schwarzgrünhaarige damit ein wenig. Gesten sind manchmal mehr als Worte.
 

Janes Tränen rannen über ihr Gesicht und verloren sich im Stoff von Kais Shirt oder tropften auf seine Haut. Aber bald versiegte der Strom, verebbte das Schluchzen und die Ruhe hielt Einkehr. Mit einwenig verschwommen Augen blickte Jane zu dem 17-jährigen auf. Seine Blutroten Augen sahen sie forschend an. "Geht's wieder?" Sie nickte. Kai ließ die Arme sinken und wollte sich wieder erheben, um zu gehen. "Nein .. lass mich nicht allein .. bitte.."
 

Janes Hand hielt das Handgelenk des Jugendlichen fest umklammert; die verheulten Augen schauten ihn flehend an. "Bitte .. bleib bei mir .. ich habe Angst, dass ich wieder träume .. bitte."
 

Kam ihm das nicht alles bekannt vor. War sie nicht sein Spiegelbild, identisch gestochen. Erinnerte ihn das nicht ... an sich selbst? Hatte er sich früher als Kind nicht auch nach so was gesehnt? Hatte er nicht immer irgendwo Halt gesucht? Und war er nicht immer abgerutscht, weil ihm keiner Halt gab? Weil sie ihn alle verwahrlosen ließen? Weil sie ihn alle ... wegstießen, wie ein Gegenstand? Wie ein wertloses Stück Dreck ..?
 

Folglich sank er auf das Bett zurück und gewährte ihr seinen Schutz, die Gewissheit, dass jemand da wäre. Eine Gewissheit die er nie hatte. Das Ziel aller Ziele.

Jane schmiegte sich in die Arme des Russen und damit enger an seinen Körper. Wenn sie genau hingehört hätte, wäre ihr bestimmt sein Herzschlag aufgefallen. Aber sie war zu müde. Sie fühlte sich so wohl in seiner Nähe. Diese Nähe und wunderbare Wärme.
 

Sie lies sich einfach auf den Jugendlichen sinken und vergas den Traum bald. Das einzige was sie noch spürte, war Kais Atem auf ihrer Haut. Ein beruhigendes Gefühl. Ja, hier war es Sicherheit. Geborgenheit. Der Wunsch der Wünsche ..
 

".. Kai.. ." Sie war nach kurzer Zeit in seinen Armen eingeschlafen.

Engel schlafen süß ..

So. hier das 15.chapter.. ich werde dannach erst mal eine pause einlegen, um mir erst mal im Klaren darüber zu werden, wo das alles hinführt und wie. deshalb bitte euch um geduld. außerdem warte ich immernoch auf einige kommis von ein paar vereinzelten leuten. ^^ egal. nicht so schlimm ..
 

außerdem, .. ich weiß nicht recht, wem ich das kappi hier widmen soll. entweder meiner lieben sis yurico, oder meinem darlin zhenya, oder arethelya .. daher widme ich es auch allen. ihr seid meine quelle, meine süßen. an jede von euch ein dankeschön. meine kleinen engel ^^
 

viel spaß.. und bis danne.
 

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Ich habe das Gefühl, als würde die Welt still stehen und uns zu sehen. Lächelt sie etwa? Kann ich diesem Lächeln vertrauen, oder ist es einfach nur ein Traum. Ein Traum wie jeder andere, der zerplatzen wird, sobald ich nach ihm greife.

Möchte ich, dass er zerplatzt, damit mir klar wird, dass alles nur ein Spiel meiner Gedanken ist? Damit ich wieder klar sehe? Aber tue ich das nicht? Es ist doch alles in Ordnung, so wie es ist? Irgendwie weiß ich nicht mehr, in welcher Hand ich die Maske halte. Irgendwie weiß ich nicht mehr, auf welcher Seite ich stehe? Wo bin?

Bin ich in der Realität oder in meiner erdachten Welt, hinter meiner Maske? Oder befinde ich mich etwa auf dem schmalen Grad, der einen zwingt, irgendwann zu entscheiden?
 

Ich weiß es nicht. Aber .. darf ich nicht einmal keine Antwort wissen..?
 

Leise verklang sein Name von Jane gesäuselt in der Nacht. Eine Gänsehaut hatte sich über seine Haut gezogen, jede Faser seines Körpers war elektrisiert. Es flimmerte ihm vor den Augen. Und das nur, weil Jane seinen Namen im Schlaf gemurmelt hatte. So voller Zärtlichkeit, wie das süßeste Gebet, welches man Gott unterbreiten konnte. So voller Unschuld, und dennoch mit Sünde getränkt. Oh Wonne - würde ein Dichter wohl sagen. Kai dagegen war sprachlos.
 

Er schaute auf das zerbrechliche Wesen in seinen Armen, auf ihren leichtgeöffneten Mund. Über diese sinnlichen Lippen war gerade sein Name verklungen. Über diese weich geschwungenen Lippen...

Augenblicklich wurde ihm kalt und heiß zugleich, sein Herz hyperventilierte. Ein leichter Rotschimmer legte sich über seine Wangen. Schnell wandte er den Blick von ihr ab, um sich wieder unter Kontrolle zubringen. Was war den verdammt noch mal mit ihm los?! Wo war seine eiskalte Erscheinung geblieben, wo war der Stolz?!
 

Aber, egal wie er sich zwang, nach einiger Zeit blickte er sie wieder an. Ihre ganze Erscheinung war einfach zauberhaft, wie ein Nachgespinst. Von ihm unbemerkt, schlich sich ein mildes Lächeln auf seine Lippen. Es war einfach schön anzusehen, wie sie friedlich in seiner Obhut schlief. Das sie ihm so vertraute, sich in seine Hände begab und seine Nähe suchte. War es nicht wohltuend für seine geschundene Seele? Lies es nicht seine Hoffnung wieder etwas aufleben? Lies es nicht ihn wieder aufleben?
 

Sie war der erste Mensch, der ihn nicht herablassend gegenübertrat, der ihn nicht diskriminierte, der ihn nicht schändlich behandelte. Sie war die erste, die ihn als Mensch ansah. Als ihres gleichen. Sie sah keinen Unterschied zwischen sich und ihm. Außer den Geschlecht.
 

_-= Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein =-_ ( Zitat aus " Der Osterspaziergang" von Goethe)
 

Ja. Zu ihr fühlte er sich irgendwie verbunden. Ihm gab sie etwas, was er bei seinem Team nie bekommen hatte und bestimmt auch hätte. Eine gewisse Sicherheit. Sein Team erinnerte ihn immer etwas an früher, wie er allein umherstreifte. Wie er einsam die Tage verbrachte, die Monate. Jahre. Ohne eine Zuwendung, ohne ein Lächeln, ohne eine Hoffnung. Wie er dahinvegetierte.
 

Kai lehnte sich in die Kissen, um es sich etwas bequemer zu machen. In ihm herrschte nun eine Ruhe, die er nicht recht definieren konnte. Ging sie von Jane aus, der Dunkelheit oder der ganzen Situation.

Sein Blick wanderte durch das Zimmer und an eines musste er sich erinnern. Sie war nie sehr ordentlich gewesen - das reine Chaos. Der Schreibtisch war mit Büchern, Zetteln und diversem anderem Zeug überhäuft. Er würde so was nicht im Ansatz zustande bringen.
 

Seine Augen glitten weiter über das Mobiliar, bis sie an der Kommode hängen blieben. Genauer gesagt an einem Buch. Zwar hasste Kai es, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen, aber etwas Neugier schwang schon in ihm. Außerdem - was blieb ihm hier bitteschön noch übrig. Schlafen konnte er eh nicht mehr.
 

Da Jane auf einem seiner Arme lag, hatte er nur noch einen, den er bewegen konnte. Mit diesem griff er nach dem Buch, was sich als Fotoalbum herausstellte. Als er es aufschlug verwandelte sich Neugier in pure Verblüffung. Bilder, ein Haufen Bilder. Das war ja im Grunde nichts besonderes in einem Fotoalbum, aber was auf den Bildern zu sehen war, raubte ihm den Atem.
 

Kai. Überall. Auf jedem Bild war er zusehen. Er und Jane; als Kinder. Bei Gott, wie alt waren diese Fotos? Bestimmt, mehr als 9 Jahre. Unglaublich. Und auf fast jedem Bild grinste dieses Mädchen, welches gerade in seinen Armen friedlich schlief, wie ein Honigkuchenpferd. Es war einfach zu niedlich, wie sie strahlte. Da war ein Kind mit seiner Welt im Reihen. Sie hatte eine nette Familie, die sich um sie kümmerte. Bekam Geborgenheit, Schutz und Liebe. Wie er das nur beneidete...
 

Er konnte es förmlich spüren, wie sich ein Dolch in seine Brust bohrte und der stechende Schmerz sein Herz zerriss. Sie hatte es so gut. Oftmals schätzte ein Mensch nie das, was er hatte. Erst wenn er es verlor, öffnete er die Augen, um erkennen zu müssen, welche Schönheit er verloren hatte. Kai hatte nie eine Familie gehabt, zumindest keine richtige. Er konnte sich nur ansatzweise vorstellen, wie so was war, eine Familie zu besitzen. Unbeschwert seine Kindheit zu genießen, sich um nichts Sorgen zu machen. Wie neidisch er auf diese Kinder war ..
 

Verbittert blätterte er weiter in dem Album. Seite für Seite mehr Bilder von den beiden Kindern. Jane lachte immer oder zog Grimassen, doch er selbst lächelte nie. Manchmal schaute er gar nicht ins Bild, sondern zur Seite. Er konnte nicht lächeln; er hatte damals nicht zu lachen. Eigentlich müsste er froh sein, dass er damals wenigstens die Ruhe behalten hatte. Denn er hätte jedes Mal nur aufschreien können. Aber er musste schweigen, er musste seine Ängste verstecken und durfte keinen Verdacht schüren. Es war so schon gefährlich genug, es hätte alles schief gehen können. Was es auch beinahe wäre, hätte er nicht so gehandelt...
 

..:: ~ .. du musst vergessen. du musst vergessen, Kai .. ~ ::..
 

Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, um die Sache zu verdrängen. Er durfte sich nicht daran erinnern. Es war vorbei. Es exsistierte nicht mehr. Er musste endlich damit fertig werden. Er musste endlich mit diesem Kapitel abschließen. Obwohl, es war nicht nur ein Kapitel.. . Es war seine ganze Vergangenheit, die er vergessen musste. Aber, er musste einfach. Sonst würde das Konsequenzen tragen, die sich nicht im geringsten positiv auf ihn auswirken würden .. .
 

Der Russe besah sich weiter die Fotos und dann stieß er auf ein Bild, was bei ihm einen kleinen Aussetzer veranlasste. > ... < Ihm fehlten die Worte. Nach einem Schockmoment schoss es ihm durch den Kopf. > WAS IST DAS DENN?!< Vielleicht hätte auch jeder andere so reagiert, der Kai Hiwatari schon mal erlebt hatte. Kai war für andere Menschen ein arroganter Eisblock, doch mit diesem Blick könnte man wirklich Zweifel an dieser Meinung bekommen. Der Jugendliche war auf Janes Lieblingsbild gestoßen.
 

An jedes Photo konnte sich der Russe in dem Zusammenhang erinnern, dass er wusste, das es aufgenommen wurde. Folglich wusste er, dass es existierte. Aber bei diesem "Ding" konnte er sich an nichts dergleichen besinnen. Vor allem, er hätte bestimmt nicht gewollt sich bei dieser Sache fotografieren zu lassen. Er hasste das einfach. Das war ein Stück seiner Privatsphäre und ging wirklich niemanden was an.
 

Am Liebsten hätte er das Bild aus dem Album genommen und vernichtet. Oder zumindest sich selbst unkenntlich gemacht. Aber, auf eine gewisse weise hinderte ihn etwas daran. Erstens, es war nicht sein Album. Zweitens, bewegte ihn eine kleine Randnotiz dazu, doch nicht total auszurasten.

= Ist es nicht total süß??=, stand da neben der Abbildung. Unverkennbar war es Janes Handschrift. Das war der Grund, warum er es beließ. Das war der Grund, der ihn beruhigte.

Ihr gefiel das Bild...
 

Langsam tat ihm wider der Kopf weh. Daher legte er das Album wieder auf die Kommode. Er regte sich einfach zu viel auf. Eigentlich war es ein total anstrengender Tag gewesen und der Jugendliche spürte schon, wie die Müdigkeit ihm die Kraft entzog sogar die Augenlider offen zu halten. Doch es bedarf keiner langen Überlegungen, warum er nicht schlafen konnte. Die Antwort lag in seinen Armen und war ein nicht gerade hässliches Mädchen im Alter von 17 Jahren. Erst jetzt wurde ihm eine Tatsache bewusst, die klarer und verwirrter zugleich nicht sein konnte. Ein schmales Bett, ein Junge, ein leicht traumatisiertes Mädchen, eine Decke und die dunkle Nacht. Würde man den Fakt mit dem Trauma rausnehmen, würde man(n) leicht auf falsche Gedanken kommen, wobei der Mann hier grad noch wach war.
 

Mit der Freundin im Bett. Kais Puls schoss in die Höhe. Und Plötzlich nahm der Russe alles intensiver war. Die Stille, die nur von der Atmung der Beiden belebt wurde. Außerdem konnte er Janes Atmen auf seiner Haut spüren. Ganz sanft und warm, wie auch die Wärme, die von dem Mädchen selbst ausging. Ein leichter Geruch von Orangen hing in der Luft und berauschte Kais Sinne. Stetig schlug sein Herz schneller und härter gegen den Brustkorb. Er betrachtete die Schlafende, wie sie an ihn gekuschelt schlief. Ihre schwarzen Haare hingen ihr ins Gesicht, wiesen den weg nach unten. Seine Augen folgten der sich bildenden Linie und wanderten über ihre Lippen, den Hals entlang. Der Blick des Jugendlichen glitt die Brust hinab, den straffen Bauch bis zu den geschwungenen Hüften entlang.
 

Augenblicklich schüttelte er den Kopf, als würde er aus einer Trance aufwachen. Seine Wangen war stark rot gefärbt, sein Atmen ging rasend. Er hatte sich vollkommen in ihrem Anblick verloren. Verzweifelt versuchte sich der Russe begreiflich zumachen, warum er sich nicht beherrschen konnte. Was war den auf einmal in ihn gefahren? Zu gerne wäre er einfach aufgesprungen und aus dem Zimmer geflüchtet. Aber leider ging das durch Jane nicht. >Toll. So war das nicht gedacht!!<
 

Wohl oder übel musste er hier schlafen, auch wenn er nicht konnte. Zum wiederholten Male sah er sie an, wie sie friedlich schlief. Irgendwie war er froh darüber. Dann würde sie wenigstens keinen Aufstand mehr machen. Es war alles wieder im Lot. So wie es sein sollte. Alles lief wieder in geordneten Bahnen - sehr schön.
 

~ .. wirklich, ? ... ~
 

Dennoch drängte sich ihm wieder diese Frage auf. Diese eine Frage, die er hasste. Da sie so grausam war und doch irgendwo nur die Realität zeigte, die ein anderer Mensch jeden Tag durchmachte. Was wäre passiert, wenn er sie nicht erreicht hätte. Wenn sie womöglich tot gewesen wäre. Was wäre mit ihm passiert..? Er schien die Antwort zu kennen, den seine Augen schauten sie betrübt an. Ja, es wäre nicht anders passiert. Er hätte sich nicht anders verhalten.
 

~..Ich glaube, es ist alles in Ordnung. Ich glaube, ich halte die Zügel in der Hand. Ich vertraue auf diese Gewissheit und sehe nicht mehr hin. Aber instinktiv halte ich mich noch an dir fest. Denn aus irgendeinem Grund, weiß ich ganz genau, das rein gar nichts in Ordnung ist.. ~
 

Sein Blick ruhte immer noch auf ihr und lies sie nicht aus den Augen. Als würde er jede kleinste Regung von ihr wahrnehmen und in seinem Kopf abspeichern, wie eine wichtige Adresse oder einen Fakt, den man sich genau einprägen musste. In einer Trancehaften Bewegung strich er ihr eine Strähne sachte aus dem Gesicht; sie sollte nicht aufwachen und sehen, wie er wirklich war. Wie schwach er wirklich war. Diese unumstößliche Tatsache, die nur nachts ans Tageslicht trat, behielt er lieber für sich. Niemand sollte je erfahren, wie leicht es war, ihn zu dieser Zeit brechen zu lassen..
 

Irgendwann zwischen dieser Erkenntnis und Mitternacht war er einfach eingenickt. Die Kraftlosigkeit hatte ihn in die Knie gezwungen und seine Augenlider förmlich mit Zement beschwert. Die leichte Schlafphase wich alsbald dem Abschnitt des tiefen Schlafes, indem man nichts mehr mitbekam und auch wollte. Man spazierte entweder im Traumland oder schwebte in einem Raum, der absoluten Leeren. Dort, wo kein Gesetz mehr galt, dort wo sich alles aufhob, wo sich alles zu einem zusammenfügte. Dort, wo man sich selbst auflöste und praktisch für eine bestimmte Zeit nicht mehr existierte, nirgendwo. In dieses Gebiet war Kai eingetaucht. So gut, hatte er noch nie geschlafen.
 

Auf Jane hatte Kai eine wahrhaft beruhigende Wirkung, was sich darin begründen lies, dass Jane überhaupt traumlos schlief. Die Ereignisse ließen sie weitestgehend verschont. Im Verlauf der Nacht hatte sie daher auch gänzlich vergessen, dass ihr Kumpel neben ihr lag. Deswegen war sie auch überrascht, als sie früh morgens aufwachte und sich in Kais Armen wiederfand.
 

Sie schlug zögerlich die Augen auf und wurde sofort von der Helligkeit des Raumes geblendet. Das Zimmer war mit Sonnenlicht durchflutet und erschien förmlich grell. Die Strahlen tanzten über ihre Haut und kurbelten gleichzeitig den Kreislauf an. Eine herrliche Wärme erfüllte sie, die angenehmer nicht sein konnte. Doch mit jeder Sekunde, in der sich ihre Wahrnehmung klärte, spürte sie auf einmal einen rhythmischen Herzschlag unter ihrer Hand, der gar nicht ihr gehörte. Vorsichtig strich sie mit der Hand über die Oberfläche und ertastete einen muskulösen, aber dennoch weichen Körper. Sehr bald dämmerte ihr, an wen sie da gekuschelt lag. Langsam hob sie den Kopf und verharrte sofort in der Bewegung, als sie in Kais Gesicht sah.
 

Sein Kopf lag leicht seitlich auf einem Kopfkissen; das silbrige Haar fiel ihm wirr in das Antlitz und gab ihm einen einmaligen Ausdruck. Seine Augen waren verschlossen, aber der Mund war leicht geöffnet um den Lungen mehr Sauerstoff zuführen zu können. Er schlief, und atmete ruhig ein und aus. Dabei hob und senkte sich sein Brustkorb immer ein wenig. Im Grunde war das nichts ungewöhnliches, aber Jane war fasziniert von dem, was sie hier sah. Kai machte einfach einen völlig anderen Eindruck - so ruhig, entspannt und dennoch kam diese verletzliche Seite mehr den je zum Vorschein. Auf irgendeine weise wirkte er zerbrechlich, wie Glas.
 

Jane spürte seine Hand im Kreuz, welche ihren Körper an Kais schmiegte. Der 17-jährige hatte sie die ganze Nacht hindurch nicht losgelassen. Es war einerseits beruhigend, diese zärtliche Berührung wahrzunehmen, aber andererseits etwas ungewöhnlich, da es Kai anscheinend nichts ausmachte, dass er mit ihr im Arm einfach eingeschlafen war. Als wäre es selbstverständlich. Wenn sie so nachdachte, wünschte sie sich, es wäre selbstverständlich.
 

Er sah so süß aus, mit diesen wuscheligen Haaren und dem leicht geöffneten Mund. Ein Traum, der schönste überhaupt. Warum konnte er nicht immer so entspannt wirken? Warum konnte er nicht einmal richtig lächeln? Warum hatte sie ihn noch lachen gesehen? Was würde sie alles dafür geben, ihm ein Lächeln entlocken zu können. Was würde sie nicht alles dafür geben, ihn glücklich zu machen. Sie konnte es einfach nicht ertragen, ihn traurig und einsam zu sehen.
 

~..wenn die Welt untergeht, dann sag mir bescheid .. ich werde da sein, und deine aufrecht erhalten ..~
 

Vielleicht sollte es einfach nur ein Akt der Solidarität oder auch des Verständnis werden. Aber es wurde etwas anderes und das wurde Jane später überdeutlich bewusst. Da Kais Kopf nur ein paar cm über ihrem lag, musste sie sich nicht sehr anstrengen, um die Distanz zu überbrücken. Eigentlich wollte sie es nicht; ja sie hatte es sich geradezu verboten, doch aufs Ganze zu gehen. Aber wie es so war mit Vorsätzen, sprach man sie zu Silvester aus und brach sie spätestens drei Tage danach. Es war zu verlockend, das Bild war zu berauschend. Die Chance einmalig.
 

Ein letzter Blick auf Kais geschlossenen Augen. Sehr gut, so sollte es auch bleiben. Wenn er aufwachen würde, hätte sie ein Problem. Sie öffnete leicht ihren Mund, schloss die Augenlider und tat es einfach. Manchmal musste man einfach nach dem Glück greifen und nicht zögern. Nur Mut wurde im Leben belohnt. No risk, no fun.
 

Sie legte sacht ihre Lippen auf die seinen und lies diese sanfte Berührung, die so unendlich viel bedeutete einfach wirken. Seine Lippen waren so weich, was sie sich gar nicht vorgestellt hatte. Aber es war berauschend und benebelte vollkommen die Sinne. Der Herzschlag setzte einmal aus, das Adrenalin schoss durch die Adern, der Puls schlug bis zur obersten Grenze. > Oh bitte, lass mir einen Moment der Ewigkeit, lass es für ewig sein .. sag mir, dass ich träume. Ich möchte nicht mehr aufwachen, aus dem süßesten Traum, den ich je hatte .. bitte<
 

Seine Haaren kitzelten in ihrem Gesicht und als wäre das nicht genug, spürte sie, wie sein Herz kräftig gegen den Brustkorb schlug. Inständig hoffte sie, dass er jetzt nicht aufwachte. Andererseits wünschte sie sich nichts sehnlicheres, als dass er aufwachen und den Kuss erwidern würde. Widerwillig löste sie ihre Lippen von den seinen. Immer noch hatte sie diesen süßen Geschmack seiner Lippen auf den ihrigen. Ja, so schmeckte die beste Droge der Welt. Wie Kai.
 

Doch kurz darauf wurde der Russin eines bewusst. Das war der erste und letzte Kuss zwischen den beiden. Es war eine einmalige Sache, eine Ausnahme. Nie würde so was passieren, wenn Kai bei vollem Bewusstsein war. Niemals. Es stimmte sie traurig einfach die Tatsache betrachten zu müssen, wie sie nüchtern und sachlich vor einem stand, wie ein gestresster dünner Büroangestellter, der am Monatsende nur noch 50 Euro zum Leben hatte. Einfach widerlich. Doch es war die Wahrheit - entweder sieht man ihr ins Gesicht und akzeptiert es oder eben nicht. Wenigstens das konnte man sich im Leben noch aussuchen.
 

Aber eine Tatsache stand genauso fest - sie lag in seinem Armen. Ja, es war eine Ausnahme, aber diese hielt noch an. Also sollte sie diese auch noch ein wenig nutzen und einfach nur diese Nähe genießen. Sie sollte sich einfach, diesen Augenblick für alle Ewigkeit einfangen und nie vergessen.

Genüsslich schloss sie die Augen und konzentrierte sich alles wahrzunehmen, was der Moment hergab. Leider war sie noch so schlaftrunken, dass ihr nach kurzer Zeit, das Bewusstsein wieder abglitt und im schlaf versank.
 

~ gib mir die Ewigkeit in meine Obhut.. ich werde sie schöner gestalten, als je ein Gott er vermag .. ich gebe den Gefallenen ihre Flügel zurück .. ~

Geh aus, mein Herz ...

Willkommen nach der Pause. Freut mich euch wieder zu begrüßen. ich machs kurz, weil ihr eh lesen wollt. also viel spaß, beim 16. chapter ! eure kizu
 


 

Es war früh am Morgen. Halb 9 um genauer zu sagen. Obwohl sie eigentlich jeden Tag oder fast jeden Tag noch früher auf den Beinen sein musste, war es ihr heute besonders schwer gefallen. Die Partys von den Vortagen, die Arbeiten, die darauf warteten, erledigt zu werden und natürlich der ganze alltägliche Scheiß. Manchmal fragte sie sich wirklich, wo ihr Kopf stand. Und doch jedes Mal redete sie sich mit gutem Gewissen und einer Priese Sarkasmus ein, dass ihr Köpfchen an seiner ursprünglichen Stelle lastete. Kein Grund zur Beunruhigung.
 

Nur das magere Neonlicht in der U-Bahn erleuchtete den Wagon. Die Stühle waren noch grauenvoll kalt. Es war kühl gewesen - gestern Nacht. Sie hasste die U-Bahn. Sie hasste es frühmorgens mit Entsetzten festzustellen, was sie heute vor sich hatte. "Mach dir keinen Kopf, Babe. Das steht dir nicht." Ja, das sagte er immer. Und er hatte Recht. Warum müssen Künstler immer wissen, was Sache ist...?!
 

Sie stieg an ihrer Haltestelle aus, lief an den einströmenden Menschenmassen vorbei und schritt die Treppe in die Freiheit empor. Wie gesagt - sie hasste die U-Bahn.

Im Grunde hätte sie es sich denken können, dass etwas schief laufen würde. Es war nur eine Frage von Zeit, wann so etwas passieren würde. Jeden Tag wartete sie darauf, dass es geschehen würde. Oder das der Anruf von dem Arzt kam. Sie lauerte förmlich auf den Augenblick, bis "Sie" das Unglück wieder magisch anzog. Bis ein erneuter Rückfall stattfand.
 

Gestern Abend kam der Anruf. Ob sie in dem Moment aufatmete oder panisch die Luft anhielt, konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen. Vielleicht beides. Vielleicht wartete man auf eine Katastrophe, indem man sie herunter spielte, um dann in voller Panik seine Erschütterung auszudrücken. Es ist ein Paradoxon - wie vieles im Leben.
 

Ihr Schlüsselbund klapperte. Sie schloss die Tür auf; trat ein. Den grünen Parka warf sie achtlos über die Stuhllehne und sah sich in der Küche um. Nichts ungewöhnliches. Alles wirkte wie immer. Unangerührt. Ihr gefiel das nicht. "Sie" war nie ordentlich gewesen und hatte ihr Geschirr dauernd irgendwo stehen gelassen. Und soweit sie wusste, hatte "Sie" sich im Laufe der Zeit kein bisschen zum besseren geändert.
 

Die Handtasche legte sie auf der Theke ab, um nachzusehen, ob wirklich alles in Ordnung war. Zielgerichtet lief sie zu dem Zimmer, in welchem "Sie" vermeintlich schlief. Die Tür stand offen. Der nächste Fakt, der gegen "Ihre" Gewohnheit sprach. Hatte "Sie" nicht immer mit Unmut gesagt, dass ihre Tür bitte immer zu schließen sei?! Sie betrat skeptisch den Raum und trat auf das Bett zu. Eigentlich hätte sie erwartet, das nur "Sie" darin liegen würde. Aber dem war nicht so.
 

Im ersten Moment war sie mehr als überrascht, aber das änderte sich. Die Verwunderung wich dem Lächeln. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und besah sich das "schlafende Spektakel". Ihre Schwester und deren Freund aus Kindertagen lagen da zusammengekuschelt, wie ein Pärchen ineinander verschlungen im Bett. Sollte sie jetzt in ihr Schlafzimmer rennen und ein Foto schießen, oder die Situation einfach lächelnd quittieren und es dabei belassen?
 

Sie entschied sich für letzteres. Anscheinend hätte sie nicht einmal kommen brauchen. "Ihr" Prinz hatte "Sie" ja gerettet, oder eher beschützt. Zwischen beiden hatte sich nicht viel geändert. Aus "Ihrer" Hinsicht zumindest, aber das "Er" einfach so ruhig schlief, war wohl der Grund für ihre Überraschung.
 

>Ja, haben wir uns den so geändert, Kai Hiwatari. Oder hat ihn mein Schwesterherz etwa in nur einem Tag rumgekriegt?< Natürlich war es böse, so zu denken. Aber es tat ihr mal gut, eine Sache spöttisch zu betrachten. Leise verlies sie das Zimmer und schloss hinter sich bedächtig die Türe. Sollten die beiden noch ein wenig schlafen.
 

Während dessen regte sich etwas in dem Raum der Schlafenden. Kai, der frühmorgens eh sehr leicht schlief, hatte gehört, dass sich etwas in der Wohnung bewegte. Aber er fühlte sich noch so schlaftrunken um dem nachzugehen. Dieser Orangengeruch in der Luft berauschte ihn zu sehr, als das er einen klaren Gedanken fassen konnte. Außerdem fühlte er sich so schwer.
 

Möglicherweise hatte er sich die Geräusche auch nur eingebildet. Zum ersten Mal verspürte der Russe nicht die geringste Lust, aufzustehen oder geschweige den, die Augen auch nur einen Spalt zu öffnen.

Noch so lange wie möglich wollte er liegen bleiben und diese Wärme genießen. Merkwürdig. Sonst konnte er es kaum erwarten, aus den Federn zu kommen. Dies könnte aber auch daran liegen, dass dieser Drang mehr eine Flucht war. Eine Flucht aus der Nacht, an die er nicht denken wollte.
 

~ .. sieh nicht hin, vergiss es einfach, als wäre nichts gewesen .. oder?.. ~
 

Ruhig atmete er aus und drehte seinen Kopf ein wenig, damit er bequemer auf dem Kissen lag. Eine wunderbare Stille lag in der Wohnung. Ja, so mochte er es.
 

Das Geklirre von Geschirr und Besteck, lies ihn ruckartig aus dem Halbschlaf fahren. Es öffnete sofort die Augen. Was war das?! Hatte er es sich doch nicht eingebildet? Schon wieder erweckte ein Geräusch seine Aufmerksamkeit. Er musste wohl doch nachsehen, wer sich hier rumtrieb. Man konnte ja nie wissen. Resigniert seufzend wollte sich der Jugendliche erheben, aber etwas hinderte ihn daran. Sein linker Arm hing fest. Kai wendete sein Gesicht dem Problem zu und verharrte sofort in der Bewegung.
 

Jane. Jane lag dich an ihn gekuschelt. Besser gesagt, er hatte sie ihm Arm. Nun verstand er rein gar nichts mehr. Was bitteschön machte Jane und er in einem Bett. Was machte sie in seinem Bett. Er stockte. Dies hier war gar nicht sein Zimmer. Er saß gerade halb aufrecht in ihrem Bett, welches sich wohl logischerweise auch in ihren Räumlichkeiten befand. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
 

Ihm war wieder eingefallen, wieso er und sie in einem Bett geschlafen hatten. Mit abschätzendem Blick betrachtete er das Mädchen, wie sie eng an ihn geschmiegt schlief und dabei leicht ein - und ausatmete. Sein Herz schlug ihm kräftig gegen den Brustkorb. Womöglich hatte sich gerade ebenfalls eine leichte Rotschattierung um seine Wangen gelegt. Er konnte es erahnen.
 

Aber es war nun mal ungewöhnlich für ihn. Auch wenn diese Situation eine plausible Erklärung aufwies, war es einfach nur merkwürdig.
 

Das Geklirre außerhalb der Tür von Janes Zimmer holte ihn wieder aus seinen Gedanken zurück. Sein Blick wanderte kurz zu der Tür, bis er wieder zurück auf Jane glitt. Jetzt musste er äußerst geschickt vorgehen. Der Silberhaarige musste das Mädel aus seinen Armen bekommen, und zwar schonend, sodass sie nicht aufwachen würde.
 

Zuerst beugte er vorsichtig über die Schlafende und grub seinen freien Arm unter sie. Nun lag sie in beiden seiner Arme. Augenblicklich wurde ihm nur noch mehr bewusst, dass jetzt alles schief laufen könnte. Mal angenommen, er würde jetzt sein Gleichgewicht verlieren, würde er wohl oder übel auf sie zusammensacken. Und er wollte gar nicht wissen, wo dann sein Gesicht landen würde.
 

>Konzentrier dich, du Idiot!<, redete er sich selbst mahnend ein. Gesagt, getan. Kai legte ihren Oberkörper ein Stück zur Seite und zog währenddessen seinen linken Arm unter Janes Körper hervor.

Befreit. Allmählich drang das Blut wieder durch die Adern, was sich mit dem bekannten Stechen ausdrückte. Das war jetzt auch nicht mehr zu ändern. Ein kurzer Blick auf die 17-jährige, und er stand auf. Noch etwas schlaftrunken lief er auf die Tür zu und öffnete sie.
 

Der Lärm kam aus der Küche, wie er unschwer hören konnte. Langsam schlich er auf die Quelle der Unruhe zu, bis er im Türrahmen stehen blieb und eine junge Frau in der Küche stehen sah.
 

Der 17-jährige brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, wer da in der Küche herumwerkelte. Sie hatten sich sehr lange nicht mehr gesehen, wohl mehr als 5 Jahre. Und es hatte sich vieles verändert. In diesem Moment wurde ihm etwas klarer, als je zuvor. Es wiederholte sich alles. Er traf wieder auf seine Vergangenheit, im wahrsten Sinne des Wortes.
 

"Ami ..?", fragte Kai argwöhnisch und gleichermaßen verblüfft. Die Frau schreckte hoch und drehte sich blitzschnell um. "Gott, hast du mich erschreckt...". Sie atmete erleichtert aus, bis sich ein mildes Lächeln auf ihre Lippen bildete. "Guten Morgen Kai. War ich wohl doch etwas zu laut." Doch der junge Russe stand einfach paralysiert da und schaute sie an. Es waren zwei verschiedene Paar Schuhe von einer Person erzählt zu bekommen und sie seit einer Ewigkeit wieder zu Gesicht bekommen. Obgleich Jane von ihrer Schwester erzählt hatte, war es doch etwas gänzlich anderes, sie nach 5 Jahren wiederzusehen.
 

Sie hatte sich verändert, mehr als Jane. Zum einem war sie schon 21 Jahre alt und damit eine Frau, mit all ihren Reizen wohlbemerkt. Sie hatte kurze cosmicblaue Haare, einen Augenbrauenpiercing, viele Ohrlöcher und sah im Gesamtbild ziemlich taff aus. Aber sie verband diesen verwegenen Stil sehr gekonnt mit ihrer Kleidung. Die Tatsues eben - sie hatten es drauf, toll auszusehen.
 

Das Grinsen von Ami wurde breiter, ihre dunklen Augen blitzten auf. "Schau nicht so entsetzt. Ich weiß, dass es lange her ist." Im Gegensatz zu Jane hatte sie eine sehr ruhige Art, aber der angeborene Sarkasmus, der wohl in der Familie lag, war unschwer heraus zuhören.
 

Die große Schwester von Jane stellte das Geschirr auf den Tisch, dazu die Brötchen, Käse und Butter. Marmelade war auch vorhanden. Cornflakes und die dazugehörige Milch standen ebenfalls parat. "Wie geht's dir? Alles wieder in Ordnung, Kai?" fragte Ami. Augenblicklich erwachte der Angesprochene wieder aus seiner Trance und versuchte einen halbwegs vollständigen Satz zu formulieren. " .. ähm .. ja, mir .. geht's gut." "Bist du wohl doch noch so geschockt mich wiederzusehen?" "Nein, das nicht. Aber.. Es ist lang her. Das ist alles." Kai hatte sich wieder gefangen und die übliche kühle Fassade angenommen.
 

Dennoch blieb die Verwirrung. Es überrumpelte ihn einfach, begreifen zu müssen, dass es nicht vorbei war. Damals hatte er gedacht, dass es vorbei wäre. Das Vergangenheit, Vergangenheit wäre. Doch er musste sich ansehen, wie alles wieder zum Leben erweckt wurde. Die Erinnerungen, Bilder. Alles. Und das machte ihm Angst. Mit Jane hatte es das nicht einmal wirklich realisiert. Aber als er Ami entdeckt hatte, baute sich vor ihm wie in Zeitlupe alles wieder auf. Das hatte ihn vorhin so überrumpelt.
 

"Wie geht es Jane? Ist sie wieder auf der Höhe oder hat sie dir gestern noch viel Stress bereitet?" Wiedereinmal wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Ami lehnte an der Theke wie er es oft tat und hielt eine Zigarette in der Hand. Sie entflammte mit Hilfe eines Feuerzeuges den Glimmstängel, bis sie einmal genüsslich an ihm zog und den Rauch entspannt ausblies. Kai schaute sie verdutzt an. "Du rauchst?" "Stört es dich?" "Nein. Aber .. egal." "Es ist wie gesagt lang her, da verändert sich einiges. Eine schlechte Angewohnheit, ich weiß, aber was soll ich machen. Ich brauch es halt. Wenn es dich stört sag es einfach." "Nein, schon gut." "Also, was war nun bitte gestern?" "Woher weißt du überhaupt davon?" "Miwa hat mich angerufen. In solchen Fällen, meldet er sich immer bei mir."
 

Der Russe seufzte und versuchte innerlich einerseits die aufkommenden Erinnerungen an damals zu verdrängen und andererseits die Sache von gestern zu sortieren. " Jane und ich waren gestern mal kurz draußen, um uns die Beine zu vertreten und als wir wieder nach Hause wollten, hat ein Auto Jane angefahren. Verletzungen hatte sie keine, aber wie Miwa schon sagte, hat sie einen kleinen Schock bekommen. Na ja .." "Ich nehme mal an, es war dein Verdienst, dass sie nicht verletzt worden war.." "Wie man's nimmt."
 

Ami lächelte bis sie wieder einen Zug von der Zigarette nahm. "Ich muss mich für sie entschuldigen. Die Sache geht ihr einfach noch nah. Tut mir leid, wenn sie dir Sorgen gemacht hat. Danke auch, dass du die Nacht über bei ihr geschlafen hast." Verblüfft schaute der Russe die Ältere an. Sie hatte es wohl gesehen. "Denk bloß nichts falsches, Ami." "Tu ich doch gar nicht, ich habe mich lediglich bedankt."

Bei der großen Schwester hatte seine kühle Erscheinung einfach keine Wirkung. Sie prallte einfach ab. Auch seine stechenden Augen verfehlten ihre Wirkung. Anscheinend war Ami wohl die einzigste Person, die sich nicht von ihm beeindrucken lies. Aber sie war ja auch 4 Jahre älter als er.
 

"Wie denkst du, sollten wir Dornröschen aufwecken oder lieber noch schlafen lassen?" "Miwa sagte, wir sollen sie schlafen lassen. Ich halte es übrigens auch für gut so." "Okay, dann frühstücken wir allein, sofern du natürlich Appetit hast. Früher hast du kaum was gegessen."
 

Da war es wieder. Die Ansprache auf die Vergangenheit. Machte sie das bewusst oder einfach per Zufall?! Langsam wurde es Kai wirklich unangenehm und er wusste nicht, wie er es noch eindämmen konnte. Diese Person hatte bei ihm wieder alles freigelegt. Die Erinnerungen, die er vergessen musste. Die alten tiefen Wunden - sie würden bald wieder aufreißen. Und der Jugendliche konnte nichts dagegen tun. Rein gar nichts. Er war dem schutzlos ausgeliefert.
 

Am Liebsten hätte er diese Frau angeschrieen, dass sie ihre Klappe halten solle oder einfach wieder dahin zurückkehren möge, wo sie hergekommen war. Warum war bei Jane nichts passiert? Warum hatte Jane nicht derartige Erinnerungsstürme ausgelöst, zumindest waren sie nicht so stark wie jetzt.

Vielleicht hatte die 17-jährige einfach mehr darauf geachtet, nicht daran zu erinnern. Vielleicht hatte er nicht einmal gemerkt, dass sie einiges sehr bedacht auswählte. Anscheinend war es für die Schwarzgrünhaarige immer ein Thema im Hinterkopf. Hatte er sie unterschätzt und nicht gemerkt, was sie indirekt für ihn tat?
 

Ja, was hatte Jane alles für ich getan, nicht nur gestern. Verdammt. Er durfte sich nicht daran erinnern. Es war zu gefährlich. Der Russe spürte schon, wie sich ein Teil seines Körpers wieder krampfhaft verzog. Er durfte keine Schwäche zeigen, nicht vor irgendeiner Person. Wenn er allein war, nachts, da durfte er zusammenbrechen. Nur da durfte er seine Maske ein wenig lüften und sein wahres Gesicht zeigen. Nur zu dieser Zeit durfte die Vergangenheit ihn einholen und zwingen sich in der Dunkelheit zu verlieren.
 

~ .. oh welch Schande wurde über dich gebracht, welch Wunden trägst du auf ewig in dir.. ~
 

Nur nachts, in der Finsternis, durfte er der wahre 17-jährige Kai Hiwatari sein. Des nachts bröckelte die Fassade und sein wahres Gesicht trat hervor. Dann erschien ein Junge, dessen Seele so geschunden war, dass er es wohl nie verarbeiten konnte. Die Narben würden für immer bleiben. Und er würde sie nie jemandem zeigen. Niemals.
 

~ .. denn du bist die endlose Leere, ein verlassenes Haus; der Grund wurde dir genommen, das Herz entzweit .. ~
 

Was sollte nun werden? Hier zu bleiben kostete ihn Kraft und er wusste genau, dass er diese Kraft nicht besaß. Er hatte sie schon lange nicht mehr. Im Grunde zweifelte er daran, dass er sie überhaupt besaß. Vielleicht hatte ihn die ganze Zeit über nur eine Sturheit am Leben gelassen. Ja, das richtig formuliert. Diese Sturheit hatte ihn dazugebracht, wenigstens seine beiden Lungenflügel zum Atmen anzuregen. Es hatte dafür gesorgt, dass sein Herz weiter Blut durch die Adern pumpte. Leider ...
 

Im blieben nur zwei Möglichkeiten. Entweder würde er standhaft bleiben und hier mit Ami frühstücken oder er würde die Flucht ergreifen, indem er sich mit der Ausrede, er müsse ins Bad, für kurze Zeit in Sicherheit bringen könnte. Eigentlich schloss sich letzteres von alleine aus. Flucht war genauso schlimm wie offenbaren. Also würde er sich hinsetzten, etwas frühstücken und versuchen alles hinunterzuschlucken.
 

Stumm nahm Kai am Tisch platz und griff nach einem Brötchen. " Hast du nicht vorhin gesagt, dass es lange her ist? Es ändert sich doch einiges, nicht wahr?" Nein, er würde sich nicht geschlagen geben. Dann war diese Person älter als er, vielleicht intelligenter, aber er war kein Schwächling. Er hatte es früher geschafft und würde wohl auch das überstehen.
 

~ .. bist du dir sicher, wofür du kämpfst .. ~
 

Der Russe blickte sie kurz an und stellte mit seinen blutroten Augen klar, dass er zwar nicht überlegen, aber auch nicht unterlegen war. Meistens jedoch beachtete er sie nicht, würdigte sie keines Blickes. Derweil nahm Ami noch einen letzten Zug von der Zigarette, bis sie den Stummel im Aschenbecher ausdrückte und sich die letzten Rauchfäden verzogen.
 

Sie war nicht dumm, und erst recht nicht naiv. Solchen Kinderkram hatte sie sich schnell abgewöhnt. Aber sie wusste es einfach, wie man jede "Schlacht" gewann. Die ganze Zeit über hatte sie mitangesehen, wie Kai mich sich selbst gekämpft hatte. Wie er mehrmals in seinen Gedanken versunken war. Und sie hatte zugesehen und keine Bedenken empfunden. Sie fragte sich nur, wie lange dieser dünne Faden hier noch halten würde. Ein dünner Faden, der die Ruhe gerade noch so aufrecht erhalten konnte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er riss.
 

Ja, sie verstand es eben, eine Schlacht zu gewinnen, ohne sich wirklich die Finger schmutzig zu machen. Sie agierte gern im Hintergrund, zog die Fäden und überraschte ihre Gegner aus dem Hinterhalt. Und nun beobachtete sie, wie sich ihr Gegner verzweifelt aus der Falle zu befreien versuchte. Nur ihr Erscheinen hatte ihn schon in das Netz gelockt, nur eine Andeutung - und er hatte sich hoffnungslos in den Fäden verstrickt.
 

Eigentlich war sie kein Mensch, welcher es darauf abzielte, anderen zu schaden. Aber jede Ausnahme bestätigte die Regel. Denn wenn die junge Studentin eines hasste, dann war es, wenn sich jemand in ihr Leben mischte oder etwas durcheinander brachte. Wenn jemand ihr Gleichgewicht gefährdete. Dann war es an der Zeit, die Person darauf aufmerksam zu machen, ..

.. oder sie aus dem Weg zuräumen.
 

Wie gesagt, es war nur eine Frage der Zeit, bis der Faden riss und wer oder was den Faden reißen lassen würde.
 

~ .. das Leben ist ein Maskenball, und die Musik hört wohl nie auf zu verklingen, welch Trauerspiel..~

Die Ursünde

So. Hier nun, das 17. chapter. anscheinend kommen die nächsten chapter immer im abstand von einem monat, nya .. egal. vllt. fragen sich einige, warum das kappi diesen name trägt. überlegt einfach. ich würde gerne ein paar meinungen hören. nun viel spaß. ich denke, es wird euch sehr gefallen..
 


 

~Sag mir, an was ich mich ketten soll. Sag mir, an was ich mich noch festklammern kann, damit es mich nicht niederreißt. Denn ich will nicht verlieren. Ich will nicht erkennen, dass alles umsonst war. Das mein Kampf umsonst geführt ward. Ich möchte nicht feststellen, dass all die Schmerzen, all die Trauer und die Narben für nichts erduldet wurden. Sag mir nicht, dass es wahr ist, was ich befürchte.

Lass mir die bange Hoffnung, die Blindheit. Sie ist mein einzigst Schutz, welcher noch hält.

Denn ohne ihn falle ich auf ewig in den Abgrund.~
 

Sie wartete darauf, wann sie zuschlagen konnte. Das einzige was ihr gerade Kummer bereitete war, dass sie sich nicht entscheiden konnte, wann sie Beute machen solle. Sollte sie sich dem Opfer selbst überlassen, und warten bis es elendig zu Grunde gegangen war? Oder sollte sie zuschlagen, einfach so, wie ein Jaguar aus dem Tiefen des Dschungels. Sie wog ab, was effektiver wäre. Amis Inneres verzehrte sich zu einer abstrusen Form von Hass und Wahnsinn, aber wie lange hatte sie darauf gewartet, es endlich zu beenden. Wie lange schon, sinnte sie auf Rache. Auf eine Vergeltung.
 

Seit sie 18 Jahre alt war, spukte dieser Gedanke in ihr herum und brachte sie öfters um die Nacht. Sie hatte sich damals nichts anmerken lassen. Sogar die Ärzte waren beeindruckt, wie gut sie es wegsteckte. Wie gut sie mit dem Verlust umgegangen war. Aber was keiner wusste war, dass ihr Päckchen ,welches sie tragen musste, wesentlich größer war, als das der anderen. Ja, den sie hatte das Ziel wonach viele strebten erreicht und musste bezahlen. Sie hatte es bekommen und dafür viel einbüßen müssen.
 

~ ... öffne die Augen und du siehst die Wahrheit ... auch wenn es dich viel kostet, du wirst belohnt .. mit dem Grauen ..~
 

Kais Augen machten ihre Runden durch die ganze Küche. Besahen sich alles, obwohl er diesen Raum schon auswendig kannte. Aber er wollte vermeiden, der Person ihm gegenüber, nur einen Blick zu schenken. Er musste sich konzentrieren alles zu ignorieren. Im Grunde nicht neues, aber es fiel ihm schwer. Mit einzelnen Erinnerungen klar zu kommen, war ja noch machbar. Aber sobald sich der ganze Komplex zu einer Einheit aufbaute, wurde es brenzlig. Und er wusste nicht, wann er wissen sollte, wann es brenzlig wurde. Konnte er es überhaupt erkennen, wann die Grenze überschritten wurde? Wann er für nichts mehr garantieren konnte?

Wann der Zeitpunkt gekommen war, an dem er die Fassade nicht mehr aufrecht erhalten konnte?
 

"Hast du eigentlich mit Bladen aufgehört?" fragte Ami und unterbrach damit die schon etwas länger andauernde Stille. Kai hob sacht den Kopf an. "Nein, wieso sollte ich?" "Ich weiß nicht, nur man hört nichts mehr von euch." "Wir .. machen lediglich Pause." Der begriff ,Wir' lies ihn etwas stutzen. Für die Außenwelt war es ein ,Wir', aber für ihn war es ein ,Ich'. Die anderen spielten weiter, trainierten noch. Aber für sich. Es hatten sich neue Grüppchen gebildet, in denen sie verkehrten. Der Russe wurde dort nie integriert. Vielleicht unbeabsichtigt, aber es machte ihm nichts aus. Es war nichts neues.
 

~ .. wie lange, willst du noch die Augen geschlossen halten .. ~
 

"Es hat mich überhaupt etwas gewundert, dass du diesen Sport noch weiter führst, nach alledem..", sagte sie in einer ruhigen Stimmlage. Die Studentin klang völlig beiläufig, als würde sie reden, aber mit etwas anderem mehr beschäftigt sein. Doch Kai schaute sie wortlos an. Seine Augen hatten sie geweitet, als sie dies gesagt hatte. Was war hier los? Nicht nur, dass sie ihn an die Vergangenheit erinnerte. Sie machte es auch noch absichtlich und es gab noch etwas, was ihn entsetzte.. .

.. konnte sie von etwas wissen, wovon sie eigentlich keine Ahnung haben sollte?
 

Nein. Das durfte nicht wahr sein. Das durfte es einfach nicht! Wie konnte sie davon wissen? Das war unmöglich. Niemand wusste etwas davon. Niemand, nur er. Ausgeschlossen. Er hatte geschwiegen. Immer. Sein ganzes Leben lang. Keiner wusste was passiert war. Nur er. Nur dieser russische Junge. .. Doch was, .. wenn sein Albtraum in diesem Augenblick war geworden war..?
 

Diesen Gedanken konnte er nicht weiterführen, da die Situation von jemanden unterbrochen wurde. Vielleicht konnte man sogar ,zum Glück' sagen. Jane stand müde im Türrahmen und rieb sich den Schlaf aus den Augen. "Morgen, Kai." Erst als das Mädchen wieder klar sehen konnte, erkannte sie die dritte Person im Raum. "Ami..? Was machst du den hier??". Flapsig kam die Antwort zugleich zurück. "Ich wohne hier zufällig, Schwesterherz. Aber erst mal ,guten Morgen'!" Im Grunde wollte sie nicht so zynisch klingen, aber es gab einige Sachen, die ihr diesen Tag doch etwas vermiesten. "Ich weiß selbst, dass du hier wohnst. Aber trotzdem. Müsstest du nicht auf dem Campus sein?" "Zum ersten, gab es keine guten Vorlesungen für heute morgen und außerdem .. hat mich Miwa angerufen." Amis Blick sagte alles.
 

"Oh .." entfuhr es nur Janes Kehle. "Ja, ich würde es auch als ,oh' bezeichnen. Was war los?". Jane ging zum Tisch, ergriff ihre Tasse und füllte sie mit Kaffe auf. Sie nahm ein paar Schluck, bis sie sich neben Kai setzte. [Körpersprache oder das Handeln verrät einiges ..] Anscheinend hatte die junge Russin nicht einmal vor, der Frage ihre geschätzte Aufmerksamkeit zu schenken. Stattdessen zog sie die Cornflakes zu sich und kippte sie in eine dafür vorgesehene Schüssel. Milch drüber, fertig. "Jane .." "Ist ja gut. Ich hab dich schon gehört", schnitt sie Ami das Wort ab. Jane hielt kurz inne. "Es war nichts besonderes. Also .. hör auf, mich zu fragen." "Mädel, ich hab es satt, dir immer alles aus der Nase zu ziehen." "Du klingst schon wie Paps." Ami seufzte resigniert und drehte ihren Verlobungsring zwischen Daumen und Mittelfinger. "Okay. Schön. Könnest du mich dann wenigstens in Kenntnis darüber setzten, wie es dir geht?" "Gut." Mit diesen Worten fing sie mit dem Essen an.
 

Jane hasste es wie ein rohes Ei behandelt zu werden. Von daher lies sie ihre Schwester deutlich erkennen, dass sie jetzt nicht darüber reden wollte. Eigentlich hätte sie auch im Bett liegen bleiben können, aber es fehlte einfach etwas. Etwas neben ihr. Sie kam sich dumm vor, als sie daran dachte, wie schön es doch in dem Bett mit Kai gewesen war. Es klang schon zu zweideutig. Zum einen fehlte ihr Kais Nähe; zum anderen fragte sie sich, wo er sei. Darum war sie nur aufgestanden und dies begründete auch, dass ihr eine Konversation mit ihrer Sis über gestern recht zuwider war. Sie liebte ihre Schwester, wie man eine Schwester lieben konnte, aber manchmal sind Geschwister eben doch nervig. Ami benahm sich öfters so, als wäre sie ihre Ersatzmutter. Schön und gut, sie war ihre ältere Schwester, aber nicht ihre Mutter. Niemand konnte sie ersetzten.
 

Während die beiden Frauen ihre Streitigkeit austrugen, konnte Kai ein wenig aufatmen und sich sammeln. Krampfhaft unterdrückte er die aufkeimenden Erinnerungen und versuchte die Kontrolle über sich wiederzugewinnen. Der Jugendliche musste einen kühlen Kopf bewahren. > Mach jetzt bloß nichts falsches. Sonst ist es aus!< ermahnte er sich. Seine Gedanken die anfangs noch wild rotiert hatten, kamen nun langsam zur Ruhe. Aber dennoch blieb die Verwirrung. Nur eines war klar, dass er von Glück reden konnte, dass Jane gekommen war.
 

Sein Hauptaugenmerk lag darin, dass er sich nichts anmerken lassen durfte. Die Fassade musste stehen, wie immer. Der Jugendliche durfte sich nicht aus der Bahn werfen lassen. Er wurde schon ganz wahnsinnig. Möglicherweise reagierte er auch einfach über. Vielleicht bewertete er diesen Satz zu stark und vielleicht machte er sich absichtlich so fertig. Irgendwie wurde es ihm wirklich zu grotesk. Alles stellte sich quer, sodass er gar nichts mehr klar sah. Ein Blackout.
 

~ .. wenn die einfachsten Dinge ihre Verständlichkeit verlieren, ist es nur ein kleiner Schritt, bis man .. ~
 

Inzwischen hatte es Ami aufgegeben sich den Mund fusselig zu reden. Stattdessen legte sie nun wieder eine Zigarette an ihre Lippen und atmete den Rauch tief ein. "Mach das Ding aus. Du weißt wie ich das bei Tisch hasse." Ungeachtet der Dinge blies Ami den weißen Dunst cool aus. " Kahkda ja jähm, ja gluch i nähm![ russisches Sprichwort: wenn ich esse, bin ich stumm und taub. Das heißt, dass man beim Essen nur mit dem Essen selbst beschäftigt sein soll.] " Ich kann aber durchaus meinen Geruchssinn benutzten. Also .." Gleichgültiges Schulterzucken. "Dann geh ich halt auf die Terrasse." Die 21-jährige stand auf und ging nach draußen.
 

Somit saßen nur noch Jane und Kai am Tisch. "Entschuldige, dass du das mithören musstest. Nur sie ist manchmal etwas kratzig." Sie schaute zu ihrem Kumpel herüber und versuchte einen Blick auf seine Mimik zu erhaschen. Doch seine Haare verweigerten ihr wie üblich den ,Durchblick'. Obwohl er am Frühstückstisch saß, hatte es den Anschein, als wäre ihm der Appetit gründlich vergangen. Etwas lag in der Luft, was der jungen Russin nicht ganz geheuer war. "Kai .. ist etwas?" fragte sie sanft. Der Jugendliche reagierte erst nach ein paar Sekunden. "Nein, was soll schon sein?". Seine Stimme war etwas brummig, doch ein gewisser hohler Klang schwang mit. Oder war das Einbildung?
 

Jane wand sich wieder ihrer Müslischale zu, rührte etwas in den sich langsam auflösenden Flocken umher und dachte nach. > Sag was. Lass dir die Stimmung nicht runterdrücken!<, redete sie sich selbst ein. Doch das würde sich wohl etwas schwer bei solch einer Sachlage gestalten.

".. Kai .. ich ähm .. ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.." begann sie ihren Gedanken laut auszusprechen. Der Russe bewegte sich kein Stück; er saß immer noch so apathisch auf dem Stuhl und starrte auf den Teller vor ihm. Doch er hörte genau zu.
 

~ ..Sing mein Engel, sing .. ich höre deine Stimme so gern.. so rein, hauche mir deinen Atem ein ..~
 

"Ich weiß, dass .. gestern allerhand passiert ist. Ich möchte mich einfach entschuldigen, dass ich dir so Probleme mache und dir Schwierigkeiten bereite. Es tut mir Leid, dass es so gekommen ist. Und .. die Sache mit gestern Abend, wo ich dich gebeten habe ..." sie stockte. Es hörte sich einfach vollkommen peinlich und blödsinnig an. Man konnte das jemandem wie Kai einfach nicht erklären, da man sich so beschämt vorkam. Grauenhaft.

"Ich hab dich dazu geradezu gezwungen; du .. du konntest ja schon gar nicht anders. Bestimmt war die das sehr unangenehm und daher .. möchte ich mich dafür entschuldigen." Sie hatte alles sehr schnell über ihre Lippen gebracht, und war nur zum Schluss wieder ins Stocken geraten. Endlich hatte sie es gesagt. Erleichtert atmete sie aus. Ihre Wangen glühten ein wenig.
 

"Schon okay". Er schob den Stuhl zurück und stand auf. Sein Brötchen warf er weg, den Tee goss er in die Spüle. "Wie geht's dir heute? Und ich erwarte nicht nur ein ,gut'." Er räumte weiter sein Geschirr weg; wartete auf eine Antwort. Jane grinste. "Besser als gestern. Viel Besser. Noch ein bisschen Kopfweh, aber sonst gut. Ich kann nicht klagen." Sie machte eine kurze Pause. "Wie geht's dir eigentlich. Ich finde du bist in der letzten Zeit etwas kurz gekommen. Konntest du überhaupt schlafen, in meinem kleinen unbequemen Bett?"
 

Er antwortete nicht, sondern verharrte kurz vor dem Fenster, heftete seinen Blick argwöhnisch auf Ami und sagte etwas, was Jane nicht gedachte hätte. "Hör zu. Ich hab beschlossen, dass ich heute meine Sachen packen und gehen werde. Immerhin gibt es keinen Grund mehr für mich zu bleiben. Dir geht's wieder besser und außerdem ist deine Schwester da. Da kann nicht viel passieren. Außerdem habe ich noch einiges zu tun." Wieder klang seine Stimme so hohl, als würde sie von fern erklingen. Sein Adamsapfel zitterte etwas. Eine Sache, die in Jane nur noch mehr den Verdacht bestärkte, dass etwas nicht stimmte.
 

Er wollte gehen. Einfach so. Von hier auf jetzt. Wie abgerissen. Das alles war so abrupt gekommen, dass Jane wirklich sprachlos war. "Aber .." fing sie an. Doch im gleichen Moment verstummte sie. Es hatte keinen Sinn, da es wirklich nichts gab , das seinen Aufenthalt begründen könnte. Doch .. eines gab es. Aber dies würde sie bestimmt nie sagen.

Sie wollte nicht, dass er ging. Dann wäre sie wieder allein, hier im Loft. Ohne irgend jemanden.

Sie würde ihn sehr vermissen.
 

~ .. wir stehen vor einer Wand .. zwischen uns .. um uns .. sag mir, was soll ich noch tun .. ~
 

"Was ist?" fragte es wie gewohnt distanziert, aber dennoch ruhig. "Nichts .. gar nichts." Sagte sie schnell. Ihr war klar, dass sie ihn nicht aufhalten konnte. Es war vorbei. Für dieses mal. "Gut. Wenn nichts ist, dann pack ich jetzt." Ein kurzer Blick in ihre Augen und er wendete sich ab. Denn länger hielt er es nicht mehr aus. Es musste weg. Es war zuviel gewesen. Zu anstrengend. Er brauchte Ruhe, Zeit für sich allein, um sich einiges klar zu machen. Außerdem konnte er ihren traurigen Augen nicht länger standhalten.
 

"Jane, wir beide müssen noch mal was besprechen." Ami war wieder von ihrer Raucherpause zurückgekehrt und unterbrach damit die bedrückte Stimmung zwischen den beiden Jugendlichen. Jane schaute ihre Schwester an und war hin und her gerissen. "Was gibt's?" Ami schloss die Terrassentür hinter sich. "Vater hast gestern angerufen. Du sollst früher zurück nach Russland." "..Was? Wieso? Das verstehe ich jetzt nicht! Ich sollte doch erst in einer Woche!?"

"Ich weiß" Ami lehnte sich an die Theke "Aber er möchte es so. Er wird dich dort erwarten. Wahrscheinlich geht es um das letzte Schuljahr. Du fliegst morgen zurück."
 

Für einen Sekundenbruchteil stand Jane wie gelähmt da, starrte in die grauen Augen ihrer Schwester und brachte nichts über die Lippen. "Das geht doch nicht!!" "Wenn er es sagt wohl doch. Ich denke, daher sollte Kai heute besser gehen, damit du dich noch ein wenig ausruhst. Du musst früh raus." Ihr Blick haftete auf dem Russen, der etwas abseits stand. Dieser wendete den Kopf ab, suchte den Schutz seines dichten Ponys. " Ich wollte sowieso heute gehen", meinte er monoton und ging aus dem Zimmer. Wieder schaute Jane hilflos von ihrer Schwester zu Kai, der durch den Türrahmen verschwand. Ihr Kopf drehte sich wieder zu Ami. Und was sie da sah, lies sie stutzen. Lächelte sie etwa?
 

Das Haupt geneigt, der Blick leer, die Gedanken kreisten. Endlose Irrwege. Er hatte verstanden. Er hatte es vollstens verstanden. Es war eine Absage. Ein Rauswurf. Kai konnte nur freudlos darüber lachen, wie Ami es ausgedrückt hatte. Sehr geschickt. Warum schrie sie ihn nicht einfach an, dass er abhauen sollte. Sie hätte ihn auch rauswerfen können. Wie einen Halunken. Einen widerwärtigen Straßenköter, Ein Stück Dreck ..
 

~ .. es ist immer das selbe.. ich bin verdammt .. ~
 

Sein Blick wurde stetig leerer. Taubheit erfüllte jede Zelle, welche nur durch ein Gefühl hervor gerufen wurde. Schmerz. Ein schierer Schmerz, der durch alle Nerven drang. Da war es wieder. Er wurde verstoßen, wie eh und je. Hinausgeworfen. In den Schmutz und Dreck - wo er hingehörte. Gleich und gleich gesellt sich gern.
 

__-= ~ Verhungere, stirb am Wegesrand ~ =-__ ( Zitat aus "Romeo & Julia" von Shakespeare)
 

"Das kannst du nicht machen, Ami!! Erstens ist das total bescheuert von Dad und zweitens ist das sehr unhöflich Kai gegenüber." Jane hatte begonnen Ami Vorwürfe zu machen. Angriff war die beste Verteidigung. "Ich geh nirgendwo hin, nur weil er mal etwas sagt. Vergiss es!" "Jane. Ich kann es nicht ändern! Tut mir Leid für Kai, aber wenn die Termine nun mal so liegen.." "Termine, Termine. Das ist mir scheißegal! Außerdem bestimme ich, wann der Gast geht oder der Gast selber. Also lass es!" "Ich denke, Kai wollte heute sowieso gehen?" "Trotzdem, das ist einfach fies von dir. Du kannst ihn nicht einfach rauswerfen!" "Und ob ich das kann! Schluss damit!"
 

Warum war Ami heute so aggressiv? Es war doch sonst nicht ihre Art, rumzuschnauzen, so stark zu provozieren oder gar Leute rauszuwerfen. Hier stimmte etwas gehörig nicht. Sie hatte etwas verpasst, als Ami und Kai allein waren. Was war vorgefallen? " Das ist aber Kai gegenüber nicht fair!!" sagte sie laut und mit deutlich angehobener Stimme. Nun platze Ami der Geduldsfaden. "Ach ja? Und die Sache vor ein paar Jahren nennst du fair??!!", schrie sie schon beinahe.
 

Kai verharrte in seiner Bewegung, als er den lauten Streit der beiden hörte. Das Thema verblüffte ihn wahrhaft. Doch nun trat langsam Leichenblässe auf seine Wangen. Von was redete Ami da? Sofort war alles wieder da. Die Verwirrung von vorhin, die Erinnerungen. Die Angst ..
 

~ .. lehn dich zurück und genieß die Show .. wenn der Vorhang der Wahrheit sich öffnet .. ~
 

"Was .. meinst du?" fragte Jane zögerlich. Ami schnaubte verächtlich auf. Ihre grauen Augen glühten hasserfüllt. "Du willst also Gerechtigkeit, ja? Schön. Dann kann ich dir ja Gerechtigkeit geben, wenn du so darauf bestehst. Warum sollte ich bitte fair zu ihm sein, he? Sag mir warum?!" Sprachlos starrte Jane ihre Schwester an. " Er hat es nicht verdient, der ja so unschuldige Kai Hiwatari! Er hat nichts verdient!! Warum sollte er von mir Gerechtigkeit erwarten, wenn er doch .. dies selbst nicht gibt!!!" Von Minute zu Minute verstand Jane immer weniger von dem, was ihre Schwester von sich gab. Sie brachte keinen Ton über ihre Lippen. Das war reiner Wahnsinn, was hier vorging. Wie im Irrenhaus.
 

"Wovon redest du ..?" hauchte Jane ängstlich. Ein diabolisches Grinsen zeichnete sich auf Amis Gesicht ab. "Was weißt du schon, von ,deinem' Kai? Kennst du seine ganze Geschichte? Was wirklich damals war? Kennst du sie?" Die Augen der jungen Russin weiteten sich. Amis Stimme sengte sich um ein paar Oktaven und erreichte wieder normales Niveau. Dennoch triumphierte ihre Stimme, bei dem Wissen, da sie hatte. " Du warst damals zwar klein, aber mich wundert es, dass du bis jetzt rein gar nichts weißt! Hast du dich nie gefragt, wo er plötzlich aufgetaucht war. Warum er in diese Abtei ging und plötzlich von der Bildfläche verschwand? Warum ,dein' Kai nie gelächelt hat?!!" Amis Stimme senkte sich zu einem flüstern. "Weißt du es, Jane?"
 

Im dem kleinen Zimmer neben der Küche verborgen, traute ein Junge seinen Ohren nicht. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Die Augen starrten ins Leere. Monotonie der Flammen. Todesstarre. Das konnte nicht wahr sein.. es war ein Traum. ~Es ist alles nur ein Traum. Das findet nicht wirklich statt. Ich träume. Das ist Einbildung. Das kann nicht sein. Nein. NEIN!!!!~ Hysterie brach in Kai aus, doch der Schock saß so tief, dass er sich nicht bewegen konnte. Er geriet außer Kontrolle. Sie wusste es! SIE WUSSTE ES!!!!!!!!
 

~ .. das Rad des Schicksals dreht sich weiter, niemand kann es aufhalten .. der Lauf der Dinge .. die Zeit ..~
 

Die schwarzgrünhaarige Russin fing an leicht zu zittern. Das war verrückt. Ami drehte durch! "Tja .. Mum hatte es herausgefunden. Sie hat gewusst, was mit Kai los war. Sie hat zu recherchieren begonnen, als Kai verschwunden war. Tatjana war ja schon immer eine neugierige und besorgte Frau gewesen, nicht wahr. Unsere Mum. .. Doch leider, war sie zu neugierig geworden." Trauer schlich sich in Amis Augen. Der Schleier der Demut legte sich über ihre Züge.
 

~ .. wir beginnen zu tanzen .. schneller .. immer schneller .. ~
 

Die Dinge überschlugen sich förmlich. Während Ami endlich ihr Geheimnis auspackte, die goldene Glocke der Wahrheit erklingen lies, waren zwei Menschen dem Abgrund nahe. Der eine näher als der andere. Das Mosaik hatte sich zusammengesetzt - für einen von beiden. Auf wundersame Weise, war eine Verbindung entstanden. Zwischen zwei Menschen, war eine Brücke geschlagen worden. Der Vorhang hob sich und das Grauen trat hervor.
 

~ .. wir rotieren .. unser Maskenball .. er verklingt nie .. das Lied vom Tode ... immer schneller .. es gibt kein Halten mehr .. ~
 

" ... Ami .. was .." mehr brachte Jane nicht heraus. Ihre Stimme krächzte, verschwamm - erklang auf eine Art weinerlich. "Ja, Jane. Der Unfall damals .. Vater hat mich schwören lassen, es dir nie zu sagen, aber .. ich halte das für falsch. Manchmal ist er wirklich feige. Er wollte dich davor beschützen. Aber finde, auch du solltest wissen, woran du bist. Du musst es wissen ..." "WAS? Was .. sag es mir ..!" Jane war dem Nervenzusammenbruch nahe. "Der Unfall damals .. war nicht zufällig. Das Auto .. wurde sabotiert. Ihr beide .. du und Mum .. ihr hättet sterben sollen. Es war ein Anschlag gewesen. Ich habe später herausgefunden .. das die Bremsleitungen gekappt wurden. Für mich wahr klar, wer es war.. es konnte nur jemand von der Abtei gewesen sein. Er wollte Mum auslöschen, weil sie zuviel wusste. Sie hätte Schwierigkeiten gemacht. Anscheinend sind die Treffen von dir und Kai ebenfalls aufgeflogen. Darum war er auch eines Tages verschwunden. Er hat sich aus dem Staub gemacht!!! Und nun sag mir, dass ich zu dem fair sein soll, der die Schuld am Tod unserer Mutter trägt!!"
 


 

P.S. Beim Kommi .. bitte vergesst, nicht den Bezug zum Titel ( siehe oben). würde gerne wissen, was ihr darüber denkt.

Ich verliere den Horizont ..

Menschen reagieren auf jeden weltlichen also äußeren Einfluss sehr unterschiedlich. Einige ignorieren ihre Umwelt, egal was passiert. Es ist ihnen gleich ob ihr Verwandter stirbt, oder ein völlig ausgedörrter Straßenbettler flehend nach Geld bittet. Die anderen gehen emotional durchs Leben, hinterfragen jeden Sinn, jeden Zweck und verfallen in so mancher Herbstphase in Depression. Eine nicht zu verachtende Gruppe der Menschheit scheißt auf alles, trinkt sich allnächtlich mit den Freunden die Birne blau und vögelt mal die halbe Stadt kreuz und quer. Aber Hey! Das Leben gestaltet jeder wie er will. Die Nazis hatten einmal einen schönen Spruch verfasst. Auch wenn die Wahrheit, welche in diesen Worten steckt, zu Taten missbraucht wurde, welche von unbeschreiblicher Grausamkeit war.
 

Jedem das seine. ( Schriftzug der Tür zum KZ Buchenwald )[/b)
 

Jeder sollte sein Leben so leben, wie er es für richtig hielt. Demokratie, Gleichheit, auch wenn man ein vollkommen anderer Mensch war. So wandelt jeder auf dieser Erde und lebt jedoch immer in seiner eigenen Welt. Jeder ist anders.
 

Aber gibt es nicht einen Moment, wo es möglich wäre, dass jeder gleich reagiert. Wo jeder Mensch sich verhält, wie sein Freund, seine Schwester, Onkel, Chef oder auch Erzfeind. Es gibt wahrscheinlich einen Augenblick im Leben eines Menschen, in dem all seine Erfahrungen und Taten auf einmal nutzlos werden. Plötzlich ist man wirklich das, als was man geboren wurde. Ein Tier, dass um das überleben bangt. Auf einmal ist man wieder nackt, hilflos. Und eines verspürt man in solch einer Gewalt, dass es sogar den stärksten Menschen brechen lässt.

Es ist das Urgefühl, dem wir alle entfliehen wollen.

Angst.
 

...
 

Er stand regungslos in dem kleinen Zimmer. Seine Augen starrten weitaufgerissen die Wand an, vor welcher das Bett stand. Er stand einfach nur da. Zuckte nicht mit der Wimper, keine Regung. Vielleicht hielt er sogar die Luft an. Das Herz hatte wohl kurzzeitig den Rhythmus aufgegeben, sodass das Blut mancherorts zum Stillstand geriet. Kalkweise Haut war das Ergebnis. Kälte legte sich um den Köper. Auf einmal begann er zu zittern, Lähmung hielt seine Glieder nichtsdestotrotz fest im Griff.
 

In seinem Kopf herrschte völlige Leere. Zum ersten Mal war das Bewusstsein verlassen, das Hirn klar. Als würde das Denkzentrum tief einatmen und alles für einen Moment still stehen, um nur die frische Luft zu empfangen. Stillstand.
 

Doch in Sekundenbruchteilen drang mit brachialer Gewalt die Realität zu ihm vor. Er .. war ein Mörder! Er war Schuld! Er hatte einen Menschen auf dem Gewissen! Es war alles seine Schuld! Tot dem Schuldigen!!! Das was Ami von sich gegeben hatte, bekam erst jetzt Bedeutung. Er hatte gemordet. Er hatte Blut getrunken. Er war der Mörder von Janes Mutter. Er hatte sie umgebracht!!!
 

Und plötzlich hatte er nur noch einen Gedanken. Reflexartig griff er nach der Tasche, stolperte aus dem Zimmer und den Flur entlang. Riss die Tür auf und rannte davon.

Die Leute glitten an ihm vorbei, die farbenfrohen Schaufenster der Geschäfte waren Farbflecke. Keine Kontur war auszumachen. Verschwommen, undeutlich.

Seine Haare stoben in der schnellen Bewegung schwingend zu allen Seiten, nahmen ihm ab und an die Sicht. Die kleine Reisetasche baumelte über die Schulter, seine eine Hand umklammerte den Trageriemen krampfhaft. Sein Atem ging stoßweise, keuchend. Seine Beine trugen ihn fort, weit weg ohne Ziel. Ohne ein Heim.
 

~ .. Renn. Lauf, so schnell du kannst. Dreh dich nicht um ... falle nicht hin. Du musst weg von hier.. ~
 

Das bald auftretende Stechen lies ihn an Kraft verlieren. Sein Körper zeigte Kai allzu deutlich, dass er nicht mehr konnte. Er war mehrere Kilometer gesprintet und nun in ein etwas älteres Stadtteil von Tokio gekommen. Seine Schritte wurden langsamer, bis er in eine kleine schattige Sackgasse einbog und neben ein paar alten Umzugskartons zu Boden sackte. Die Tasche fiel herunter. Sein Körper brach zusammen.
 

So kauerte er auf dem dreckigen Asphalt und versuchte wieder Luft zu holen. Die Gasse gehörte zu einem Hinterhof und war glücklicherweise vollkommen menschenleer. Sie ähnelte etwas den Hinterhofgassen in Russland, in denen die Bettler und Obdachlosen lebten.
 

Du gehörst in den Dreck. Geh dahin, wo du hingehörst!! Du widerwärtiger Köter!!
 

Kai drehte etwas seinen Körper, sodass er mit dem Rücken die Hauswand berührte. Seine Beine winkelte er etwas an, senkte seinen Kopf. Die Arme hingen leblos herab. Du schmutziges Miststück.

Seine Augen waren halb geöffnet, blickten gen Boden. Ergraut, verlassen, leer. Er sah ein Bild vor sich ..
 

( ..vor 13 Jahren.. )
 

Geräusche hallen durch die kleine Wohnung. Verzerrte Schreie, schallende Schläge. Verzweifelung. Tränen. " Igor .. Bitte! Hör auf!!!! Bitte!!!!" "Sei still, du Schlampe und stell dich nicht so an!!!" Eine Ohrfeige prallt auf die Frau nieder. Hiebe zu jeder Seite. Der starke Geruch von Alkohol liegt in der Luft, peinigt die Seele. Die Wortfetzen vermischen sich. Zerreißende Dissonanzen.

Ein kleiner Junge steht im Türrahmen, verfolgt das Szenario verwirrt, geängstigt, bis er sich schützend zwischen die beiden Menschen stellt. "Papa ... hör auf, tu Mama nicht weh. Hör auf.. Papa !" Doch das Kind wird wütend zur Seite geschlagen. Aber der Kleine rappelt sich schnell wieder auf, er ist es gewöhnt. Der Mann packt ihn am Kragen und schleppt ihn raus. Schmerzerfüllte Schreie ertönen von draußen, bis es still wird. Die Frau kann dem Kind nicht zur Hilfe kommen, auch wenn sie nichts in der Welt mehr will. Die Schmerzen sind zu stark. Schuldgefühle schnüren den Atem zu.

"Du widerwärtiges Drecksbalk. Abschaum!" Der Mann spuckt auf das Kind. Zeichen der Unwürde. Er geht. Lässt den Kleinen allein, in einer Gasse. Dreck. Dunkelheit. " Papa .. » röchelt der Junge. Blut rinnt aus seinem Mundwinkel, den sämtlichen Wunden, tränkt seine ganze Kleidung. Rot erstreckt sich vor ihm. Minuten vergehen. Ertrunken in der einsamen Finsternis. Schwarz.
 

~.. Die Qual der Atem, der Schmerz der Puls, die Einsamkeit das Herz ..~ (Zitat aus ,Blutrote Tränen')
 

( Flashback Ende )
 

Er hörte die Schreie seiner Mutter noch immer, sie hallten in seinem Kopf wider. Er sah noch immer das Bild vor Augen und er spürte noch immer die Schläge seines Vaters. Und nun saß er wieder in einer Gasse wie jener und fragte sich, ob alles nur ein Traum war. Seine Mundwinkel verzogen sich und ein freundloses Lachen kam über ihn. Es war einfach verrückt, da sich alles zu wiederholen schien. Das alles war wieder und wieder das gleiche. Gefangen in einem Teufelskreis. Sein Lachen wurde immer flacher. Kai konnte tun was er wollte, er konnte sich sonst wie drehen und wenden, weglaufen oder sonstiges .. es würde sich nichts ändern. Er würde nie etwas ändern können .. er würde sogar nur noch alles schlimmer machen. Jetzt hatte er sogar einen Menschen auf dem Gewissen. Die Mutter einer Person, welche ihm so wichtig war. Sie war das einzige, was er noch hatte. Jane war die einzige, die noch da gewesen war. Doch nun .. hatte er alles verloren ..

Es gab absolut nichts mehr.

Er war völlig allein. Für immer ..
 

~ .. wenn man den Horizont verliert, lichten die Engel ihre Flügel .. schließe die Augen, auf immer .. mein Sohn ..~
 

Es war alles umsonst gewesen. Sein ganzes Bemühen, Handeln. Sogar das jahrelange Schweigen, was ihm jede Hoffnung nahm und die Seele bersten lies, war nutzlos gewesen. Wertlos. Er war wertlos geworden, er war es schon immer. Hatten nicht alle gesagt, dass er Abschaum gewesen wäre.

Widerwärtiges Drecksbalk. Schmutziger Straßenköter, verschwinde. Geh dahin, wo du hingehörst.

Du hast nichts als Schläge verdient.
 

Das fast verstummte Lachen erlosch, doch das Erzittern des Körpers blieb. Kai lehnte seinen Oberkörper auf die Knie, vergrub sein Gesicht in den verschränkten Armen. Seine Glieder begann zu beben und er begann lautlos zu weinen. Verzweifelung. Ausweglosigkeit. Wertloses Pack! Stirb!! Der Jungendliche verkrampfte sich immer mehr, die Hände umklammerten haltsuchend die Oberarme. Die Tränen zerschellten still auf seiner Haut und verschwanden im Stoff seiner Kleidung. Nach außen herrschte Ruhe, doch in seinem Inneren brach er auseinander. Er hatte immer versucht nicht aufzugeben, hatte jeden Schmerz mühsam heruntergeschluckt. Aber irgendwann konnte er nicht mehr. Es war zuviel. Er konnte nicht mehr...

Er zerbrach ..
 

~ ... Schrei, sonst verlierst du die Gewissheit, dass du lebst ... ~
 

Vielleicht war es sich der Russe nicht bewusst, aber seit Jahren weinte er wieder. Auch wenn er oft an einem Punkt angelangt war, an dem die Schmerzen kaum noch zu ertragen waren, hatte er sich gezwungen, sich nichts anmerken zu lassen. Er war stets weiter gegangen. Er hielt seinen Kopf immer aufrecht. Denn wenn er Schwäche zeigen würde, würden die anderen ihn nur noch mehr brechen. Sie würden ihn vernichten. So versteckte er sich seit Ewigkeiten hinter einer Mauer, die ihn nur noch mehr in die Einsamkeit trieb. Darum konnte er auch nie lächeln. Es gab nichts zu lächeln, keine glücklichen Momente. Seit seiner Geburt war nur eines eine immer wiederkehrende Alltagsroutine : Schläge, Erniedrigungen, Angst. Einsamkeit. Die Narben auf seinem Körper sprachen Bände von dem, was der Jugendliche durchmachen musste. Doch die Narben seiner Seele waren weitaus schlimmer.
 

~ .. du musstest viel zu schnell erwachsen werden, du hattest keine Zeit um das lächeln zu erlernen .. ~
 

...

Sie starrte die Person ihr gegenüber an und fragte sich im ersten Moment, ob ihr die Studienfreunde wieder irgendetwas ins Glas gegeben hatten. Doch ihr misstrauischer Blick konnte nichts feststellen. Egal wie verzweifelt sich das Mädchen erklären wollte, dass das alles nicht wahr war, wurde sie das Gefühl nicht los, dass es der Wirklichkeit entsprach.

Sofort begannen ihre Gedanken zu rasen. Eine Flut von Informationen, Eindrücke und Gefühle stürzte auf sie ein. Liesen ihr keine Möglichkeit ruhig zu bleiben. Nur ein Fakt stand im Zentrum - ihre Mutter wurde getötet.

Die ganzen Jahre hatte für sie die Wahrheit anders ausgesehen. Sie ging davon aus, dass es nur ein Unfall war. Ein Unfall wie jeder auf der Welt. Doch nun soll alles gelogen gewesen sein. An alles was sie sich geklammert hatte, war plötzlich weg. Es versank vor ihr im Grund..

Und eine Sache mehr brachte sie völlig durcheinander. Kai.
 

Ihre Schwester betrachtete sie eingehend und versuchte in ihrem Gesichtsausdruck zu lesen. Ami war von ihrem Wahrheitstrip wieder abgestiegen, der anfängliche Triumph und der Hass gegenüber Kai waren für den Augenblick verflogen. Wie würde ihre kleine Schwester das jetzt alles auffassen. Zum ersten Mal beschlichen sie Zweifel, den richtigen Moment gewählt zu haben. Vielleicht hätte sie warten sollen, bis sie sich von gestern erholt hatte.
 

" .. Wieso?" Sie war verwirrt, panisch und den Tränen nahe. "Sag mir .. warum?" Ami sah Jane an und schwieg. Sie hatte es nicht anders erwartet. "Verdammt noch mal!!! Rede mit mir, Ami!!!!!!!" schrie sie ihre Schwester an. In diesem Augenblick war polternder Lärm aus dem Flur zu hören. Die Tür wurde aufgerissen und danach kehrte wieder Stille in das Loft ein. In einem Sekundenbruchteil wusste Jane, was das gewesen war. Sie hetzte in den Flur, doch Kai war schon weg. Eine Weile stand sie im Türrahmen der Küche, lehnte sich gegen das Holz.. Bis sie sich umdrehte und ihre Augen sich schlagartig änderten.

" Du .. hast es extra gemacht. Du wolltest, dass er verschwindet! Du wolltest von Anfang an, dass er das hier hört!!!!" Sie ergriff eine Keramikvase von der Theke und schmetterte sie wutentbrannt gegen ihre Schwester. Entsetzt riss Ami die Augen auf und duckte sich in letzter Sekunde weg. Janes blau-grau-grüne Augen waren zu Schlitzen verengt, sprühten geradezu Funken. Doch gleichfalls rannen ihr Tränen über die Wangen. " Ich scheiß darauf, zu wissen, warum ihr mich belogen habt. Es ist egal. Hörst du? Es ist mir scheißegal!!! Vielleicht ist Mum absichtlich getötet worden, aber das ändert auch nichts! Sie ist tot!!! Verstehst du!!!!!! Sie kommt nicht zurück, auch mit deiner tollen Wahrheit. Aber wenn ich dir eines Übel nehme, dann dass du Kai darein ziehst!!! ER HAT DAMIT NICHTS ZU TUN!!! DAS GLAUBE ICH DIR NICHT!! DU LÜGST!!!!!!!" brüllte Jane aus voller Kehle. Ihre Stimmbänder kratzten bei dieser Lautstärke. Es war mal gut so.
 

Das Mädchen atmete aus, beruhigte sich aber keineswegs. Ihr Herz raste noch immer. Sie merkte selbst, dass die Realität noch nicht zu ihr vorgedrungen war, oder sie es noch nicht ganz verstand. Sie hätte mit ihrer Mutter sterben sollen. Gezielt. Irgendwie ging das nicht in ihren Kopf rein. Vielleicht lag es daran, dass sich ihr Kopf all die Jahre nur auf der Lüge festgefahren hatte. Ihr kam die Aussage schon immer merkwürdig vor, dass ein Marder im späten August Kabel anknabberte.
 

"Jane .. ich weiß,.." "Du weißt gar nichts!" erwiderte sie boshaft. Ohne ihre Schwester noch mal anzusehen, wand sie sich zur Tür. " Staboi, ja nikada ni bolsche budu gawarith. Ja tibei ni navishu!." (russ. Mit dir rede ich nie wieder. Ich hasse dich!) Sie verlies die Küche.
 

Ihre Schritte führten sie in ihr Zimmer, der Blick glitt auf das aufgewühlte Bett. Und schon wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen. Sie trat heran, strich über das Laken und konnte es noch fühlen. Ihre Hand hob sich langsam zum Mund, fuhr über die zarten Lippen. Es war noch da, die Berührung. Sie schmeckte ihn noch. Sein Geruch lag noch in der Luft. Verzweifelt lies sie sich auf das Bett nieder, rollte sich ein und lies den Tränen ihren Lauf. Das Bild ihrer Mutter kam ihr in den Sinn, was die Trauer nur noch mehr verstärkte. > Verzeiht mir .. <
 

~ .. weine, mein Kind .. lass dein Herz in Trauer schwelgen .. wasche es rein, sodass du auferstehst .. ~
 

...

Sein Körper hatte sich wieder beruhigt. Der Schock war verflogen, wie auch die Tränen. Ein Grauschleier legte sich wieder um sein Gesicht, erhärtete die Züge. Da war es wieder. Die Maske. Von ganz alleine passte sie sich wieder an, ohne nur ein Indiz der Vergangenheit zu zeigen. Perfektion kommt mit der Zeit. Nun saß Kai regungslos in der Gasse. Es waren bestimmt einige Stunden vergangen, doch es war ihm gleich. Ein paar Minuten blieb er noch in der Dunkelheit verborgen, bis er sich die Tasche griff, aufstand und die kleine Seitenstraße verlies. Das würde er nie mehr brauchen.
 

Den ganzen Tag über streunte er durch die Stadt, schritt durch Einkaufspassagen, Parks. Seine Beine trugen ihn einfach immer weiter. Auch wenn er das alles nicht wirklich wahrnahm, besahen sich seine Augen jedes Detail, jede Farbe, jedes Wort. Dass sein Magen langsam nach Nahrung klagte, hatte er nicht einmal bemerkt. Kai war praktisch nicht da, nicht hier. Sein Unterbewusstsein erfasste alles mögliche, notierte es und arbeitete weiter. Es bemühte sich dieses mal alles zu geben.
 

Der 17-jährige versuchte den Puls der Stadt noch einmal zu spüren, bevor er nach Hause ging. Er wollte auch wenn es ihm schwer fiel, das Leben sehen. Er wollte sehen, wie es war, im Licht zu wandeln, was er nie konnte. Es erschien so leicht, wie sie lachten, aßen, sich unterhielten. Es schmerzte ihn.
 

Bald brach die Dämmerung an und sein Weg führte ihn nach Hause, zu seinem Team. Er öffnete die Tür, schloss sie leise. Ray begrüßte ihn, fragte sogleich, wie es ihm ging. Versuchte sogar zu scherzen. Doch es gelang ihm nicht sonderbar. Ungeachtet der Dinge, ging Kai nach oben. Lies seine Zimmertür hinter sich ins Schloss schnappen; drehte den Schlüssel um. Sein Reich.
 

Erleichtert atmete er aus. Er war wieder zu Hause, in seinem eigenen Zimmer. Bedächtig lies er die Tasche fallen und zog seine Jacke aus; hängte sie auf einen Kleiderbügel im Schrank. Seine Hand suchte in einer Ecke nach einer Flasche, bis er das kalte Glas spürte und sie hervor holte. Er schraubte die Kappe ab und nahm einen Schluck. Das Getränk rutschte mühsam die Kehle hinunter - es brannte höllisch. Doch bald ging es leichter von der Hand, das Teufelszeug rollte den Hals hinab und verbreitete eine angenehme Wärme. Diese würde er brauchen; nachher. Es wäre das einzige.
 

Eine Weile blieb er einfach mit der Flasche auf dem Boden vor der kalten Wand sitzen. Trank ein bisschen und starrte vor sich hin. Er lies alles noch mal Revue passieren; die Bilder der Stadt, die Farben. Sein Blick wanderte zum Bett, neben welchem er saß. Er überlegte, aber er kam sich so müde und schwerfällig vor. Das Gebräu tat seine Wirkung. Zitternd hob er seine Hand, und schob sie unter die Matratze. Er zog ein Päckchen hervor.
 

Die Flasche stellte er ab, öffnete langsam die kleine Schachtel und betrachtete den Inhalt. Er wusste, dass er es nicht eilig hatte. Es würde eh nicht mehr viel passieren. Das war klar. Die Zeit in der Gasse hatte er gebraucht, um sich einiges klar zu machen. Nun war alles klar, wie Kristall.
 

Kai brach etwas aus der Verpackung heraus, aber nicht nur eine. Es waren mehrere. Die volle Hand führte er zum Mund, kippte sie in den Rachen. Die Schachtel lies er fallen, griff stattdessen zur Flasche und trank sie fast leer. Das weiße Glas polterte kurz darauf zu Boden, rollte ein wenig weg.
 

Die Wärme des Wodkas breitete sich in ihm aus, hielt ihn noch ruhig. Denn er wollte nicht in Panik geraten, wenn er fühlte, dass es losging. Die Wärme war auch das einzige, was noch bei ihm war. Allmählich verschwammen die Umrisse vor seinen Augen. Die Sinne stellten sich ein. Es stimmte ihn traurig. Er spürte wie schlimm es sein konnte, allein zu sein. Gerade in so einer Situation. Wenn niemand da war, der einem womöglich die Angst davor nahm. Ein bald aufkeimendes Würgegefühl unterdrückte er gequält. Er presste es wieder zurück in den Magen. Es durfte nicht raus, nie mehr.
 

Und schon bald merkte Kai, wie sich die absolute Stille um ihn legte. Nur eines konnte er noch wahrnehmen. Den Schmerz.

Den Schmerz der Gewissheit , allein und einsam zu sterben.
 


 

Der Verzweifelung' Gesicht - Flügelrauschen

Hier nun das 19. Chapter von B.L. ich bin eigentlich niemand der vor seinen kappis noch lange reden hält, .. aber ich möchte mich einfach bei euch bedanken. es ist schön ffs zu schreiben, aber es ist natürlich noch schöner, dass leute sie lesen udn kommentieren. dafür danke ich euch vom ganzen Herzen. Ihr seid die besten. Jeder von euch. Vielen Dank.

Nun hier das 19. damit sage ich tschau für dieses jahr. aber keine sorge; es geht natürlich weiter. aber bald ist auch dies hier zu Ende.

Aber wie heißt es doch so schön : ~ .. ein Ende, ist ein Anfang, denn das einzige was unsterblich ist, ist das Licht .. ~
 

19. Der Verzweifelung' Gesicht - Flügelrauschen
 

Kennst du das, wenn du nicht einmal zu überlegen brauchst um deinen Standpunkt festzulegen? Wenn irgendwie für dich feststeht, was passieren wird. Was deine Entscheidung ist. Es kommt einem vor, als hätte man die Sache schon vor Ewigkeiten entschieden und der Kopf hätte nur darauf gewartet, es endlich umzusetzen. Der Mensch denkt oftmals voraus und Sätze wie ,Was wäre wenn..' kommen immer wieder vor. Doch manchmal sind diese Entscheidungen alles andere als positiv. Denn es können auch die eigenen Todesurteile sein ..
 

Diesen Schritt - es zu beenden - hatte er oft erlebt. Vielleicht sogar schon zu oft. Doch immer, war er im entscheidenden Moment zurückgewichen. Hatte die Pulsader doch nicht durchtrennt, konnte nicht von der Brücke springen oder sich eine Kugel in den Kopf jagen. Er hasste sich selbst dafür, dass er anscheinend zu schwach war. Zu jämmerlich. Die Stimmen der Vergangenheit hallten dann in ihm wider. Und er wusste, dass sie alle Recht hatten. Ihre Beschimpfungen stimmten alle. Er war ein Nichts. Wertlos.

Vielleicht war es aber auch nur eine verzweifelte Hoffnung, das alles gut werden würde. Vielleicht war dieser sengende Wunsch in ihm immer so groß gewesen, dass er letztendlich doch nicht die Kraft dazu aufbrachte. Eine verzweifeltes Sehnen ..
 

Es war seine Schuld. Es war alles seine Schuld gewesen. Er hatte nicht nur seinen Eltern Probleme gemacht, sondern auch eine weitere Familie zerstört. Er war ein Monster, welches man beseitigen musste, damit es nicht noch mehr anrichten konnte. Er brachte nur Unglück. Niemand im Leben brauchte, gar niemand wollte ihn bei sich haben. Verstoßen. Das war der Grund, warum dieser Funken Hoffnung in ihm letztlich vollkommen erloschen war. Ihm war bewusst geworden, dass durch seinen Existenz nur Schaden entstanden war. Er war ein Makel im Leben. Ein Fehler. Und Fehlen räumte man für gewöhnlich aus.

Denn ohne ihn hätte Jane glücklich leben können, sie hätte eine Mutter und keine Sorgen gehabt. Seine Eltern wären möglicherweise länger glücklicher gewesen. Er war der Faktor, das Unglück. Du Miststück. Stirb! Diese Erkenntnis vernichtete ihn. Er brach unter diesen seelischen Schmerzen.
 

~ .. ich höre meiner Seelen' Schreie, ihr Weinen .. es gibt keine Zuflucht mehr .. ~
 

...

Möglicherweise war sie zwischendurch kurzfristig eingeschlafen. Sie wusste es nicht mehr. Jane öffnete sacht die Augen, hob ein wenig den Kopf und blickte schläfrig auf den Wecker. Es war später Nachmittag. Sie fühlte sich benommen, angeschlagen. Ihre Nase war immer noch zu, sodass sie schwer atmen konnte. Die Augenlider waren leicht angeschwollen, da sich das Mädchen förmlich in den Schlaf geweint hatte.

Bedrückt rollte sie sich langsam auf die Seite und sah aus dem Fenster. Was sollte nun werden? Irgendwie kam ihr das alles nicht real vor. Seit Jahren fand sie ihn endlich wieder, kam ihm näher als zuvor und verlor ihn gleich darauf. Gott hatte anscheinend seinen Spaß daran, dass Schicksalsrad hin und her zureißen. Sie fand es alles andere als witzig.
 

Das Bild ihrer Mutter lag neben ihr. Jane hatte es vor geraumer Zeit aus dem Album genommen. Ihr Blick glitt auf das Photo. Sie wusste nicht ob sie lächeln oder weinen sollte. > Ach Mum. Was soll ich machen, sag es mir. Du konntest mir doch sonst immer gute Ratschläge geben... was soll nun werden. Ist das alles? < Die 17-jährige versuchte sich vorzustellen, was ihre Mutter erwidert hätte. Sie erinnerte sich daran, was Ami gesagt hatte. Ihre Mutter hat sich über Kai informiert? Sie hatte zu recherchieren begonnen, aber was hieß das? Sie hatte zuviel gewusst... .
 

Ihr kam eine Idee. Vielleicht sollte sie das Werk ihrer Mutter fortsetzten. Ihre Mutter hatte sich schon immer um Kai gesorgt, wie sie heute auch. Ja. Kai brauchte sie, das wusste Jane schon längst. Seit sie ihn im sibirischen Schnee gesehen hatte. Der Blick damals erflehte geradezu Hilfe. Zu der Zeit konnte er sein wahres Gesicht noch nicht sehr gut verstecken. Man sah, dass etwas nicht stimmte, dass er litt. Und wenn sie seinen heutigen Blick mit dem von damals verglich, konnte sie nicht sagen, ob er es nun nur noch besser verstecken konnte oder ob es einfach nur schlimmer aussah.

Sie setzte sich im Bett auf und griff nach dem Photoalbum. Die Bilder. Wollte sie ihn nicht immer zum lächeln bringen? Ihm Helfen? Wie lange wollte sie noch warten? Sie hatte zu viele Jahre verstreichen lassen. Das Bild mit den Katzen stach hervor. Es war das einzige, wo er etwas glücklich wirkte. Und genau dieses Lächeln wollte sie sehen.
 

~ .. ja, .. steh auf mein Kind. Lichte deine Flügel und lass deinen Stern erstrahlen .. flieg .. ~
 

Sie stand auf und zog sich an. Sonst achtete sie immer darauf, was sie anzog. Aber nun rückte das Wahre in den Vordergrund. Bedächtig öffnete sie leise die Tür, horchte. Stille. Wehe ihre Schwester würde ihr nur in die Quere kommen. Sie schlüpfte aus dem Zimmer und stahl sich in Kais, welches neben ihrem lag. Das Bett war noch ungemacht und eigentlich wirkte es so, als wäre derjenige gerade erst zur Tür raus. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkte sie, dass Kais Portemonnaie auf dem Boden lag. Ebenfalls hatte er eines seiner T-Shirts liegen gelassen. Er hatte das wohl übersehen, .. als er geflüchtet war. Augenblicklich kochte die Wut in Jane wieder hoch. Der Hass gegenüber ihrer Schwester wurde von Minute zu Minute schlimmer. Und das war ihre Schwester!
 

Kurzerhand packte sie das Kleidungsstück von Kai und seine Geldbörse in ihre Tasche. Sie schritt den Flur entlang, nahm ihren Schlüssel vom Bord und betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Die Augen waren leicht gerötet. Jane wischte die letzten Tränenreste weg und verlies das Haus, ohne zu wissen, dass ihre Schwester die ganze Zeit über im Loft war. Nun stand Ami am Fenster und blickte ihrer kleinen Schwester hinterher, wie sie die Straße hinauf ging. Sie wusste, dass sie verloren hatte.
 

--

In ihrer Hand hielt sie einen kleinen Zettel, auf welchem fein säuberlich die Adresse der Bladebreakers stand. Jane warf immer wieder einen Blick darauf. Kenny hatte sie ihr damals im Blade-shop gegeben. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie die nie brauchen würde. Aber nun war sie mehr als froh darüber sie zu haben. Eilig lief sie die Straßen entlang, passierte Fußgängerzonen. Sie kannte sich nicht sonderbar in Tokio aus. Das war ein Problem, welches ihr durchaus bewusst war. Folglich ging sie zu einem Taxistand und fragte nach. "Das ist aber noch ein ganzes Stück, Fräulein. Da müssten sie bestimmt noch eine halbe Stunde laufen." Sie überlegte kurz, bis sie die Tür öffnete und sich in den Wagen setzte. "Reichen Ihnen 2840 Yen?" [etwa 20 Euro ].Der Mann nickte.
 

Nun stand sie vor dem Anwesen der Bladebreakers. Eines der wohl besten Bladeteams in Japan. Sie fragte sich, wie Kai reagieren würde. Würde er sich wieder ablehnend zeigen oder sie gar wegschicken? Die Vorstellung daran schnürte ihr die Kehle zu. Sie wollte doch helfen, aber sie wusste, dass er sich von niemanden helfen lassen wollte. Wie sollte sie das unmögliche schaffen? Zögerlich trat sie auf den Eingang zu und klingelte. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet. Ein Junge mit langen schwarzen Haaren stand vor ihr, welcher sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen musterte. "Ja bitte?" fragte er freundlich. "Ähm .. Hallo. Ich bin Jane. Ist Kai zu Hause?" "Eigentlich schon, aber wir lassen Fans für gewöhnlich nicht ins Haus." Ein unschuldiges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. "Ich bin kein Fan. Ich bin .. eine Freundin von Kai." Augenblicklich ging Ray ein Licht auf. " Bist du die Jane, bei der Kai die ganze Zeit war." "Ja." Sofort trat der Chinese zur Seite und bot dem Mädchen somit Einlass. "Komm rein. `Tschuldige, aber wir haben manchmal Probleme mit den Fans. Da müssen wir immer aufpassen." "Schon okay." Sie lächelte und trat ein. Irgendwie konnte sie Kai nicht verstehen. Ihr erschien der Junge hier zum Beispiel wirklich sehr freundlich. Sie hatte ein gutes Gefühl bei ihm.
 

"Du kannst deine Sachen mir geben. Ich häng sie bei der Garderobe auf." "Danke. Ähm .. wie war noch mal dein Name?" "Ach so. Ray Kon, aber nenn mich ruhig Ray. Freut mich." "Ebenfalls. Ähm, wo kann ich Kai finden?" Ray seufzte. "Er ist in seinem Zimmer; oben. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass er dich sehen will. Er ist nicht sehr gesprächig." Janes Augen blickten traurig drein. "Ich weiß." Sie stockte. "Na Gut .. dann geh ich mal nach oben. Welches Zimmer?" "Das erste rechts." "Danke." Mit diesem Wort stieg sie die Treppe empor. Die Bernsteinfarbenen Augen des Chinesen folgten ihr. Es wunderte ihr wirklich etwas. Nicht nur das es Frauenbesuch war. Er war auch noch verdammt hübsch. Der russische Akzent war nicht zu überhören.
 

Vorsichtig klopfte sie an die Tür. Einmal, zweimal. Sie wiederholte es dutzende Male, rief seinen Namen fragend. Doch es kam keine Antwort. Ihre Hand drückte die Türklinge runter, doch die Tür war zu. Sie legte ihr Ohr an das kalte Holz der Tür und horchte. Stille. Was sollte sie nun machen? Sie ging die Treppe wieder herunter. "Ray?" "Ja?", kam es aus einem Raum am Ende des Flurs. Er schaute aus einer Tür. "Lass mich raten, er macht nicht auf." Sie nickte traurig. "Ich hab es dir gesagt. Er ist immer so, wir sind das schon gewöhnt." "Aber ich muss unbedingt mit ihm sprechen." Sie schaute ihn flehend an. Ihre graugrünen Augen durchdrangen die des Chinesen förmlich. Er jetzt fiel ihm auf, dass sie anscheinend geweint hatte. Er wollte ihr helfen, aber was sollte er tun? "Ihr habt doch alte Schlösser hier im Haus, oder?" Der Jugendliche schaute sie verdutzt an. "Ich denke mal schon." Das Mädchen überlegte. "Dann brauch ich ein Blatt Papier und einen Stift, am besten einen dünnen Bleistift." Nun war Ray vollkommen irritiert. "Wieso?" "Ich hab da eine Idee. Er wird mich dafür zwar anschreien, aber dass bin ich von ihm ja gewöhnt."
 

Jane hockte vor der Tür, und versuchte den Schlüssel mit Hilfe des Bleistiftes aus dem Schloss zu stochern. Zuvor hatte sie das Blatt Papier unter der Tür durchgeschoben, sodass es unter dem Schlüsselloch lag. Der Schlüssel würde, wenn sie erfolgreich sein würde, aus dem Schloss fallen und auf dem Papier landen. Anschließend könnte sie das Papier samt Schlüssel unter der Tür hervor ziehen. Perplex sah Ray zu, wie Jane im Schloss umher stocherte. "Sag mal, wie kommst man auf solche Ideen?" Sie sah ihn aus den Augenwinkeln an und lächelte. "Als Russe kann man so was einfach." Die Jugendliche wand sich wieder dem Schloss zu. Irgendwie war Ray von dem Mädel begeistert. Sie war anders, als die Mädchen in Japan. Stolz, erhaben - russisch. Es erinnerte ihn an Kai.
 

Etwas fiel auf der anderen Seite mit einem metallischen Klang zu Boden. " Yes! Geschafft." Vorsichtig zog sie das Papier hervor. "Dir ist klar, dass du hier Schlösser knackst und er dich dafür mehr als anschreien könnte?" "Hätte er es gehört, hätte er die Tür schon längst aufgemacht. Ich kenne ihn. Er hat Ohren wir ein Luchs", erwiderte Jane ruhig. Irgendwie hatte sie im Moment ihren Humor verloren. Ihr war mulmig zu Mute. Sie hielt den Schlüssel in der Hand - zögerte. " Ich muss sagen, dass ich kein gutes Gefühl habe..." sagte sie bedächtig. "Wieso?" Jane erwiderte nichts. Sie sprach es lieber nicht aus. Es hatte sie gestört, dass Kai nicht aufgemacht hatte, als sie am Schloss zu hantieren begann. Er hätte es hören müssen. Sie steckte den Schlüssel wieder ins Schloss und öffnete sachte die Tür.
 

Das Zimmer war leer. Das Bett war unbenutzt. "Das versteh ich nicht. Er müsste hier sein . Er ist erst vor ein paar Minuten hoch gegangen", sagte Ray verunsichert. Janes Augen huschten durchs Zimmer und sahen Kais Tasche. "Kai?" fragte sie mit beunruhigter Stimme. Er war im Zimmer, das wusste sie. Zuviel Fakten sprachen dafür. Und eines noch - ihre Panik die langsam durchdrang. Sie betrat den Raum und ging am Schreibtisch vorbei. Viele Bücher, einige ungeöffnete Briefe. Eine undefinierbare Kälte kroch ihr in die Knochen. Sie mochte das Zimmer nicht. Es wirkte kahl, leblos. Sie passierte das Bett, lief beinahe vorbei, als sie in der Bewegung erstarrte. Sie brachte keinen Ton heraus.
 

Da lag er, hinter dem hohen Bett gänzlich verborgen, auf dem nackten Boden. Zusammengekrümmt. Ein Bild des Grauens. Die Pose war so abstrus verwinkelt, dass einem nur ein Schauer über den Rücken laufen konnte. Die Hände zu Klauen verkrampft, die silbrigen Haare zu einem stumpfen Grau verkommen.
 

"..Kai.. Oh Gott, Kai!!" sie stürzte zu ihm, fiel vor dem Körper auf die Knie. Ray war durch Janes Aufschrei herbei gerannt und starrte geschockt seinen Teamleader an. "Kai. Sag was. Bitte!!!" Sie versuchte panisch nicht die Kontrolle zu verlieren. "Ruf einen Arzt! Schnell!!" Doch Ray war wie festgewachsen. " Hör auf, da rum zu stehen!!! Mach endlich, sonst stirbt er!!! LOS!" Von allen Sinnen riss er sich von dem Anblick los und stolperte sogleich die Treppe hinunter. Kam beinahe aus dem Gleichgewicht. Hastig tippte er die Notrufnummer. Verwählte sich. "Scheiße, verdammt", fluchte er lautstark. Endlich fanden seine Finger die richtigen Tasten, das Telefon wählte sich durch.
 

Nein. Es durfte nicht wahr sein. Warum war das Schicksal so grausam? Warum bestrafte sie Gott so Höllengleich? Was hatte sie verbrochen? Sie hielt Kai in ihren Armen, hatte seinen Kopf auf ihren Schoß gebetet. Ihr fielen die kleine weiße Schachtel auf, die neben ihm lag. Tabletten. Plötzlich überrollte sie eine neue Welle Panik. Hastig drehte sie sich um, suchte den Boden nach etwas ab. Sie wünschte sich vom ganzen Herzen, dass es nur Tabletten waren. Doch leider fand sie etwas weiteres neben dem Fußende des Bettes. Eine Wodkaflasche. Alkohol. Schlagartig wurde ihr klar, dass nun jede Sekunde zählte. Das war eine garantiert tödliche Mischung. Alkohol verstärkte die Wirkung der Tabletten um das Vielfache, lenkte das Gift schneller in die Blutbahn.

Es gab nur eines, was die Überlebenschance möglicherweise etwas erhöhen konnte. Kai müsste das Zeug erbrechen, sofort. Doch da gab es das Problem, dass er dazu bei Bewusstsein sein musste. Ansonsten würde er am Erbrochenen ersticken.
 

Jane versuchte aufzustehen, doch ihre weichen Knie wollten nicht gehorchen. Sie schrie sich innerlich an. Versuchte stark zu sein, einmal nicht zu weinen. Einmal etwas richtig zu machen. In dem Moment kam Ray die Treppe wieder hochgehechtet. "Was machst du da?" "Wir müssen ihn ins Bad schaffen! Er muss wach werden. Frag nicht wieso, hilf mir einfach." Folglich packte Ray Kai vorsichtig unter die Achseln und schleifte ihn mit Janes Hilfe ins Bad. "Leg ihn über den Wannenrand. Auf die Bauchseite." Langsam vertraute der Chinese ihr blind. Er hatte das Gefühl, dass sie wusste, was sie tat.
 

Nun hing der leblose Körper über den Wannenrand, sodass sein Bauch unter seinem Gewicht etwas eingedrückt wurde. Jane nahm die Brause, drehte den Hahn voll auf und goss das eiskalte Wasser über Kais Hinterkopf. Nach ein paar Sekunden war auf einmal ein Keuchen zu vernehmen. Kais Glieder erzitterten. "Habt ihr Milch im Haus?" fragte Jane Ray hastig, ohne nur einen Blick von ihrem Kumpel zu lösen. "..was?" "Na gut, .. dann muss es so gehen." Daraufhin, wischte sie Kais nassen Haare aus dem Gesicht. Sie öffnete ihm den Mund und steckte ihm ihren Zeigefinger in den Rauchen, sodass sie den Brechreiz auslöste. Sofort war das Würgen zu vernehmen und Kai erbrach alles was er im Magen hatte. Die heiße Flüssigkeit bahnte sich ihren Weg die Speiseröhre hoch.
 

Plötzlich erklang unten die Haustürklingel. "Das muss der Notarzt sein. Ich komm gleich zurück", sagte Ray zu Jane. Sie nickte nur und schaute wieder zu Kai, der immer noch die letzten Reste erbrach. Im Grunde, war es nur der Alkohol, da er fast den ganzen Tag nichts gegessen hatte. Ihr fiel auf, wie stark er zitterte. Es tat ihr weh zuzusehen, wie die Krämpfe ihm Schmerzen bereiteten. Wie er litt und sie nichts machen konnte. Sie kniete vor der Badewanne und konnte ihm nur die Haare aus dem Gesicht wischen. Im Nächsten Augenblick stürmte der Notarzt und ein paar Helfer das Bad. "Was ist passiert?" "Wir haben ihn bewusstlos in seinem Zimmer gefunden. Ich nehme an, ..dass er übermäßig Schlaftabletten mit Alkohol eingenommen hat." "Wie viel Zeit ist vergangen?" "Schwer zu sagen. Vielleicht 10 min." "Noburu, sie sollen den Helli schicken. So schnell wie möglich", sagte der Notarzt zu seinem Kollegen. "Wir dürfen keine Zeit verlieren."
 

Der Hubschrauber war mitsamt Kai in die Lüfte gestiegen, drehte eine leichte Schleife und flog rasant von dannen. Die Sanitäre standen noch am Krankenwagen und packten wieder zusammen. "Er kommt in die Spezialklinik. Wir würden sie gern mitnehmen, aber wir müssen leider zu einem weiteren Einsatz." Ray nickte verständlich, er war zu geschockt. Jane stand immer noch auf der großen Wiese neben dem Anwesen der Bladebreakers, auf welcher der Helli gelandet war. Wind kam auf, strich ihr durchs Haar. Eine liebkosende Umarmung. Sie hatte keine Kraft mehr um zu weinen.
 

Eine Weile stand sie einfach auf der Wiese, blickte in die Ferne ohne nur Kenntnis von dem wegfahrenden Notarzt zu nehmen. Ihr war im Moment alles scheißegal geworden. Irgendwie hatte alles an Bedeutung verloren. Denn die Tatsache, die sich ihr vorhin eröffnet hatte, schaltete alle Sinne für sie aus. Empfindungen verstummten unisono.
 

Suizid. Kai hatte versucht sich das Leben zu nehmen. Vollgepumpt mit einem Giftcocktail lag er sterbend in seinem kleinen Zimmer. Bedrängnis. Eingeengt. Das Bild hatte sich in die Netzhaut eingebrannt. Wie er zusammengekrümmt auf dem nackten Dielen lag. Beinahe bloßgestellt. Die kalkweiße Haut. Der erkaltete Körper, welcher von Krämpfen geschüttelt wurde. Wie er in der dunklen Ecke lag und unter Schmerzen darauf wartete, dass das Gift ihn langsam tötete. Tiefe Verzweifelung. Kein Ausweg. Die glanzlosen Augen hatten jegliches Leben verloren. Tot.
 

Sie wollte schreien um ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Sie wollte die Qual herausbrüllen, doch sie hatte keine Stimme mehr. Jane war am Ende. Sie sacke zu Boden.

Zwei Arme konnten sie noch auffangen, bevor sie endgültig zu Boden glitt. "Hey, was ist los?" fragte Ray ruhig. Was sollte schon los sein. "Mach mir nicht auch noch Sorgen." Sie sah ins Leere, versuchte Ruhe zu bewahren. Doch Tränen bahnten sich ihren Weg unaufhörsam. "Joptui Maht. Joptui Maht!!!

Padschemu Boch !!!! PADSCHEMU !!!" [ russ. verdammte Scheiße!! Warum Gott. Warum!!!] schrie sie plötzlich aus voller Kehle. Die Stimme brach, erstarb. Verzweifeltes Schluchzen.
 

~ .. vergiss nicht, dass der Weg nie aufhört. Zu keiner Zeit.. ~
 

Der Stuhl knarrte jedes Mal, wenn er sich vorbeugte und die Unterarme auf die Oberschenkel stützte. Er hasste es zu warten. Die Unruhe erfüllte ihn. Seine bernsteinfarbenen Augen huschten von einer Seite auf die andere. Ungewissheit zerfraß die sonst so beständige Geduld. Manchmal ertappte er sich selbst, wie er, ihm das noch fremde Mädchen, betrachtete. Sie war ein Nervenbündel; das war ihm schnell klar geworden. Sie ging den Flur hoch und runter, saß eine Zeit lang, stand wieder auf. Es machte ihn fast wahnsinnig. Doch er konnte sie verstehen.
 

Ray kannte sie kaum. Kenny hatte nicht viel erzählt, ihm Grunde nur nebensächliches Zeug. Sie war so alt wie er, Russin und eine ehemalige Bladerin, das war alles. Und sie war eine ,Freundin' von Kai. Was auch immer das heißen mag. Irgendwie ging ihm das nicht in den Kopf rein. Die übermäßigen Informationen setzen ihm zu. Er hasste Aufregung - war mehr der ruhige Typ. Aber das größte, was ihm zu schaffen machte, war dass er es sich nicht erklären konnte.
 

Dass es ausgerechnet Kai treffen würde. Dass ihr schweigsamer unauffälliger Teamleader so etwas tun würde. Das war vollkommen unreal. Das passte nicht zu Kai. Kai der Kämpfer, der Unbesiegbare will sich umbringen? Es schloss sich gegenseitig aus. Paradoxon. Ray stand auf, er hatte es satt zu sitzen. Er stellte sich neben Jane, welche stumm aus dem Fenster sah. Anscheinend hatte sich in den letzten Minuten die Ruhe um sie gelegt. Die 17-jährige hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte gedankenverloren nach draußen.
 

"Ich kann mir das einfach nicht erklären.." sagte Ray ruhig. " Es passt absolut nicht zu Kai. So kenne ich ihn gar nicht, dass er zu so was fähig ist.. ." Ihre Reaktion erschien ihm etwas sonderbar. Ihre Lippen bewegten sich, doch sie zeigte keine Emotion, bei dem was sie von sich gab. " Kennst du ihn überhaupt.. ?" Diese rethorische Frage traf vollkommen ins Schwarze. Er stockte. " Ich muss mich korrigieren .. kennen wir ihn überhaupt." Sie seufzte. " Ich könnte mir durchaus erklären, warum er das gemacht hat, um auf deine Frage einzugehen."

Ray sah sie an. Ihr Blick wurde traurig. Sie erinnerte sich an das, was Kai im Park gesagt hatte. Sie sah noch förmlich sein Gesicht vor sich, welches verzweifelt versuchte gleichgültig zu erscheinen. Doch dieser schmerzliche Ausdruck in seinen Augen sagte mehr als 1000 Worte. Sie dachte an die vielen Momente, in denen sie diese Trauer in ihnen gesehen hatte und es tat ihr weh. Es tat ihr weh sehen zu müssen, wie er langsam vereinsamte und sie nichts dagegen unternehmen konnte.
 

"Warum bringt sich wohl ein Mensch um? Was treibt jemanden wie Kai dazu, sich selbst töten zu wollen..?" fuhr sie fort. Die Erinnerung an Russland kehrte zurück. Dort in dem meterhohen Schnee stand er am See. Mutterseelenallein, mit nicht mehr als einer Hose, Schuhen und einem T-Shirt bekleidet. Es war damals arktisch kalt draußen gewesen und er wirkte völlig unbeeindruckt. Seine traurigen müden Augen hatten sich ihr so gut eingeprägt, dass sie beinahe nach dem Bild greifen konnte. Kai war damals total mager gewesen. Er bestand nur aus Haut und Knochen; wirkte, als er würde in jedem Moment zusammenbrechen. Die Narben die er hatte, die Wunden. Es tat weh zu wissen, dass er leiden musste.
 

~ .. fühl nicht mit meinem Herz, sonst stirbst du an den Schmerzen .. ~
 

" Kai war sehr einsam. Wusstest du das?" Sie sah den dabei Chinesen an. Jane machte ihm keinen Vorwurf, es würde nichts bringen. Sie war genauso schuld. Verblüfft blickte Ray sie an, brachte nichts heraus. "Ihr dachtet alle, dass ihr ihn kennen würdet, aber er konnte euch perfekt täuschen." Das Mädchen machte ein Pause und schaute wieder aus dem Fenster. "Viele Leute, die nach außen stark erscheinen, sind innerlich leicht verwundbar. Doch sie zeigen es nie, dafür sind sie zu stolz .. oder sie trauen es sich nicht, jemanden zu vertrauen. Sie sprechen mit niemanden über ihre Probleme. Ab einem gewissen Zeitpunkt verschließen sie sich vor jedem und leben praktisch allein. Sie werden immer einsamer und irgendwann sehen sie keinen Sinn mehr .. wie Kai.

Er hat es anscheinend ... nicht mehr ertragen können, .. allein zu sein."
 

~ .. Schrei, bevor du an deinem Schweigen vergehst .. ~
 

"Entschuldigung. Sind Sie die Angehörigen von Kai Hiwatari?" unterbrach ein Arzt die beiden. Ray warf Jane einen Blick zu, blickte den Doktor wieder an. "Ja. Könnte man so sagen."

Der Mann räusperte sich. "Würden Sie mir bitte in mein Büro folgen."
 

~ .. ich will jeden Preis bezahlen, sogar die größten Sünden begehen, nur damit du lebst ..

singe ein Lied für mich, oh Herr. In deinem Namen .. ~
 

Der Arzt faltete seine Hände, als würde er insgeheim zu beten beginnen. Ray und Jane blickten ihn erwartungsvoll an. Sie hatten beide gleichermaßen Angst davor, doch die Ungewissheit nahm ihnen fast die Luft zum atmen. "Nun gut. Ich denke, Sie können sich denken, wie ernst die Lage war, als er hier eingeliefert wurde. Das Gift war ziemlich schnell in die Blutbahn übergegangen und hatte schon begonnen, einzelne Organe anzugreifen. Wir mussten das Blut vollkommen reinigen. Es war knapp, aber er lebt." Jane schlug die Hände vors Gesicht. Ray atmete erleichtert aus, fuhr sich durch die Haare.
 

"Doch wir haben ein Problem." Er hielt inne und sah beiden Jugendlichen in die Augen. "Er wacht nicht auf. Er liegt im Koma."
 

.. Ich wollte dich retten, dir deine Dunkelheit nehmen, dein Gesicht erhellen, doch was ist, wenn mein eigenes Licht zu schwanken beginnt ..
 

~ .. es ist die Angst, die Flügel zu verlieren .. ~

Raureif in meinem Leben ..

Die Bäume glänzten im weißen Raureif, welcher sich wie Puderzucker um sie gelegt hatte. Dieses wunderschöne Funkeln der Eiskristalle. Es war einfach fantastisch. Märchenhaft. Aber andererseits war es grauenvoll zu sehen, wie die letzten Herbstblumen grausam erfroren und zu Eis erstarrt waren. Wie sie mitten im Leben plötzlich aus dem Wachstum gerissen wurden. Wie alles zum Stillstand kam. Die Kälte ihnen den Atem auspresste. Sie liebte dieses Wetter so. Aber nur noch ein mattes Lächeln konnte sie auf ihre Lippen zaubern. Zu mehr war sie nicht im Stande. Es erinnerte sie zu viel.
 

~ .. wenn man einfach so im Leben unterbrochen wird .. ~
 

Ja. Nun war auch in ihr Leben Raureif eingetreten.
 

Das kalte Wetter war für diese Zeit relativ früh gekommen, irgendwie war sie froh darüber. Auch wenn es ihr auf beängstigende Weise immer wieder diese Sache vor Augen führte, beruhigte sie die Stille. Eine Ruhe, die nur der Winter bringen konnte. Sie war einfach endgültig. Sie war wissend.
 

Er hätte es bestimmt auch gern gehabt. Diese Stille. Sie wusste das. Er hatte diesen Fakt an Russland schon immer betont. Was gäbe sie nur drum zu sehen, wie er im Schnee stehen und genüsslich die Augen schließen würde. Auf seine ganz eigene Weise einatmen, den Sauerstoff durch seinen Körper fließen lassen und ich dann sanft durch die Nase ausatmen würde. Kleine Wölken würden aufsteigen. Er sah so geheimnisvoll aus. Dies konnte nur er. Jedes Mal lief ihr ein Schauer dabei über den Rücken.
 

Sie sah das Bild vor sich, wie die Schneeflocken in der Luft tanzten und an seiner Wange herabglitten. Einige Kristalle würden sich in seinen silbrigen Haaren verfangen, vielleicht sogar die Wimpern etwas schmücken. Es könnte süß aussehen, wenn eine auf seiner Nasenspitze landen würde.
 

~ .. träume für mich, mein Engel .. ich habe dieses Privileg verloren .. ~
 

Grausam. Der Gedanke war grausam. Es tat unendlich weh zu wissen, dass diese Bilder möglicherweise .. möglicherweise nur ein ewiger Traum sein würden. Vielleicht würde sie so was nie wieder sehen.. .
 

Nun war es anderthalb Monate her. Jane lebte seit anderthalb Monaten ein anderes Leben. Wenige Sekunden hatten alles umgeworfen, ja ihr ganzes Dasein abrupt verändert. Dabei war es doch nichts ungewöhnliches. Im Grunde wusste jeder Mensch, dass nichts auf der Welt selbstverständlich war. Nichts. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir laufen, uns unterhalten, schreiben oder lesen können, oder einfach frei sind. Das ist alles ein Geschenk. Wenn nicht sogar Zufall. Aber Menschen vergaßen das zu oft. Sie schlossen zum wiederholten Mal die Augen davor. Das ihr Leben nur eine Fügung sein konnte, ein kleines Versehen. Nun wusste Jane ganz genau, was Leben wirklich war. Ein Lächeln war ihr innigster Wunsch. Ein Lächeln von ihm. Nur von ihm. Diese einfach Geste.
 

~ .. doch ich vergaß, was das Wahre ist, selbst ich war blind .. ~
 

Leises Klopfen an der Tür lies Jane aufschauen. Sie drehte sich vom Fenster weg, als ein Jugendlicher eintrat. Er lächelte, wie immer. Sie musste gestehen, dass sie das brauchte. Dieses warmherzige Lächeln. Er war einer der einzigen, die ihr wirklich beistanden und sie wahrhaft verstanden. Seine bernsteinfarbenen Augen glänzten wie Opale, aber man sah, dass eine gewisse Müdigkeit mitschwang. Die pechschwarzen Haare umrahmten das Gesicht perfekt. Ein goldener Schnitt wie er im Buche stand.
 

" Hi Ray" sagte Jane sanft. Ihre Stimme war in der letzten Zeit weich geworden. Die innere Verbitterung lies sie dünn erscheinen, es war nur ein Hauch. Es konnte aber auch den Beruhigungsmitteln liegen, dass ihre Stimme wohl bald zu verstummen schien. "Wie gehst?" fragte er und sah sie an. " Ich glaube meine Antwort ist auch immer die gleiche, oder?" erwiderte sie und lächelte gequält. Der Chinese verstand; er nickte. Er zog seine Jacke aus und hängt sie über einen Stuhl. Einen Moment blieb er im Raum stehen, sah zu Kai, dann auf Jane, welche sich wieder zum Fenster umgedreht hatte. Mit gemächlichen Schritten lief er durch den Raum und gesellte sich zu ihr. Seine Augen verfolgten die kleinen Schneeflocken, welche langsam in einer beneidenswerten Leichtigkeit zu Boden fielen. "Scheiß kalt, draußen. Ich hasse den Winter" , sagte er monoton. Jane betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. "Die Meinung kann ich nicht teilen.." sie zögerte. " Ich glaube .. Russen lieben den Winter im allgemeinen. Kai besonders."
 

Die 17-jährige verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Fensterrahmen, indem der Kopf das kalte Glas berühre. Es machte ihr nichts aus. Ihr Blick war nach draußen gerichtet, doch ihr Kopf spann seinen eigenen Film. "Weißt du, die Winter in Russland sind was ganz besonderes. Sie sind anders als hier. Knackig kalt, bis Minus 30 Grad oder noch mehr. Der Schnee ist so hoch, dass man in Gefahr läuft, darin unter Umständen zu versinken. Auf den zugefrorenen Seen tummeln sich die Menschen und fahren Schlittschuh. Sie drehen Peiruheteen, oder machen waghalsige Sprünge." Ein kurzes Lächeln flog über ihr Gesicht. "Und die Wälder sind traumhaft weiß. Die Luft - so klar und frisch, dass sie in den Lungen brennt." Einige Strähnen fielen ihr ins Gesicht, da sie in den Kopf etwas schief legte. Sie betonten nur noch mehr Janes Attraktivität. Ihr Augen glänzten in voller Nostalgie. "Russlands Winter sind einzigartig. Nirgendwo sonst spürt man mehr, wer man eigentlich ist. Diese Wälder lassen einen .. sich selbst finden."
 

Ray hörte ihr zu, verfolgte aber eigentlich nur ihre Lippenbewegungen. Sie gefiel ihm, dass wusste er schon, seit er sie das erste mal sah. Diese weiße Haut, die schwarzen Haaren, mit dem grünen Glanz, die dunklen Augen, welche bestimmt so manches Geheimnis für sich behielten. Aber vielleicht war es auch ihre Art. Er bewunderte sie, wie sie hier jeden Tag vor dem Bett saß, stundenlang, und anscheinend nur bei seinem Teamleader sein wollte. Er wusste, wie schwer es ihr fiel. Und schon wieder drängte sich ihm eine Frage auf. Konnte er es riskieren. War es erlaubt, zu so einer Zeit?
 

" Wart ihr .. eigentlich zusammen?" quoll es einfach so aus ihm raus. Völlig überrascht sah ihn Jane an, blickte in diese gelben Augen. Sie wirkten völlig ruhig. Irgendwie spürte die Jugendliche deutlich, dass ihr Gesicht heiß wurde. " .." sie zögerte sichtlich. Versuchte ihre Gedanken zu sortieren. " .. Nein. ... Im Grunde weiß ich nicht mal, .. ob wir Freunde waren.." erwiderte sie traurig und senkte die Stimme.
 

Das Mädchen drehte sich um und richtete ihren Blick auf Kai, der in dem Krankenhausbett lag und an sämtlichen Gerätschaften angeschlossen war. Das monotone Piepen des Beatmungsgerätes war für sie nicht mehr hörbar. Sie hatte sich schon so stark daran gewöhnt. Kais Gesicht war fahl wie ein Blatt Papier. Seine Haare hatten den sonst so schönen silbrigen Glanz verloren und waren ergraut. Es schmerzte sie, ihn so zu sehen. In den ersten Tagen hatte sie nur vor dem Bett gesessen und geheult. Aber bald konnte sie einfach nicht mehr. Jeden Tag kam sie ihn besuchen. Jeden. Ohne Ausnahme. Sie wollte da sein, einfach nur bei ihm.
 

"Aber du wärst gern mit ihm zusammen, oder?" Rays Blick legte sich sanft auf sie. Jane sagte nichts. Sie wurde nicht rot, fing nicht an herumzustottern. Sie sah nur Kai an. Es erfüllte sie mit Wehmut diese Frage zu hören und ihn zu sehen. Auf einmal kam es ihr vor, als würde nicht sie, sondern etwas tief in ihr antworten. " Was wir wollen, oder was wir uns wünschen .. ist manchmal nicht erreichbar. Es sind Träume. Man kann für sie kämpfen, aber man sollte sich auch fragen, welchen Preis man bezahlen müsste, wenn der Traum zerplatzt... ."
 

~ .. ich fürchte mich davor, zu hoch zu fliegen .. ich könnte zu tief fallen .. ~
 

Jane musste sich selbst eingestehen, dass sie sich diese Frage auch immer stellte. Sie wusste nicht, wo sie stand. Sie hatte absolut keine Ahnung, was sie fühlte, was sie fühlen durfte und was nicht. Ob es Grenzen gab und wo sie lagen. Eine Beziehung besteht immer aus zwei Leuten. Also konnte man hier nicht ansatzweise von einer Bindung sprechen. Sie kam sich verloren vor, wie ein Lamm, welches nicht wusste, wo seine Mutter war.

Doch nur eines wusste sie. Nur eines, was an ihr nagte. Die ganze Zeit. Es zermürbte sie, brachte sie um fast jede Nacht.

Die Schuldgefühle - er hatte sich nachdem er bei ihr war umbringen wollen. Sie war der Auslöser gewesen. Sie.
 

Diese Feststellung lastete auf ihr, wie ein Stein. Es drückte sie nieder, oftmals hatte sie das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Nachts lag sie einfach wach und versuchte verzweifelt nicht wieder loszuschluchzen. Oder sich womöglich etwas an zu tun. Die Jugendliche verfiel geradezu in eine Art Hysterie.
 

Sie hätten sich niemals treffen sollen. Sie hätte ihn damals in Russland nie ansprechen sollen. Wär sie doch nur nicht im Tokiopark gewesen. Wär doch alles nur anders gekommen. Vielleicht hätte er besser leben können. Er hätte sich bestimmt nicht umbringen wollen ..
 

.. wirklich ? ..
 

Sie zweifelte. Es zeriss sie .. Die Bilder kamen wieder, als der Arzt vor anderthalb Monaten fort fuhr und einige Umstände näher erklärte. Als er ihnen, Ray und ihr, etwas zeigte, was sie so geschockt hatte, dass sie eine Beruhigungstablette nehmen musste. Diesen Anblick würde sie nie vergessen können. Es war mit das grausamste was sie je gesehen hatte.
 

**** Flashback ****
 

Es waren wohl mindestens 10 Minuten vergangen, in denen beide Jugendliche damit kämpfen mussten, diesen kurzen Satz zu verstehen. Ray hatte den Arzt nur unverständlich angeschaut. Seine sonst so standhafte Ruhe hatte sich für immer verabschiedet. Seine Hoffnungen, Erfahrungen - weg. Manchmal begann man erst sehr spät zu verstehen, was Leben hieß. Dagegen saß Jane einfach nur betäubt in ihrem Stuhl und starrte auf den grauen Fußboden. Sie war innerlich verloren.
 

Der Doktor hatte seine Brille weggelegt, sich kurz die Augen gerieben und mit sanfter Stimme versucht beide zu beruhigen. Er hatte ihnen erklärt, um welche Komaart es sich handle und ihnen mitgeteilt, dass Medizinern förmlich die Hände gebunden waren. Sie konnten das Koma in Dauer und Tiefe nicht beeinflussen

Das traumatische Koma, in welchem Kai lag, war noch nicht hinreichend untersucht. Ein Sachverhalt, der an viele Stellen Fragen offen lies. Das einzige was bekannt war, dass es vom Patienten abhing, wann und ob er überhaupt aufwachen würde. Hier war wohl das Wort - wollte - treffender.

Traumatische Komapatienten fallen in eine Art Koma, in der sich der Geist vollkommen abschließt. Doch im Unterbewusstsein läuft alles seinen gewohnten Gang. Somit ist das ganze Denken nur dort verankert. Im Grunde könnte man es als Traum bezeichnen. Der Haken war, dass dieser Traum nie endete. Außerdem wurde bei Test entdeckt ,dass der Körper ungewöhnlich viele Stresshormone ausschüttete.
 

Dies hieß, dass der Patient in diesen Träumen, wohl das schlimmste durchmachen musste. Dieses Koma war ein Albtraum ohne Aufwachen. Es war die Hölle.
 

Schon diese Einsicht war schrecklich. Nur das trieb Jane schon in den Wahnsinn. Neben ihr lag Kai und durchlebte die Hölle, ohne das sie ihm helfen konnte. Er durchlitt Qualen und sie stand nur daneben. .. das war psychisch kaum aus zu halten.
 

Doch eines war grausamer. Der Arzt hatte ihnen etwas gezeigt, als sie sich wieder gefangen hatten. Er war zu Kais Bett gegangen, hatte die Decke zurückgeschlagen und ihnen die Arme des Russen gezeigt. Mit größter Mühe musste sie ihren Schrei damals dämpfen.
 

Kai hatte sich geritzt. Aber das schlimmste war, dass es nicht nur ein paar Narben waren. Es glich einem Netz. Die Narben lagen so nah beieinander, kreuzten sich in jedem Winkel .. Es war kein Fetzen normaler Haut mehr zu erkennen ..

Ein Gitter aus Linien spannte sich um jeden Unterarm. Vom Handgelenk bis zur Armbeuge war die Haut vollkommen zerstört. Man konnte sich kaum vorstellen, unter welchen Umständen er sich zu solchen Taten getrieben hatte. Diese eine Frage konnte der Arzt kaum stellen. Sie war zu grauenvoll. Selbst ihm standen die Haare zu Berge ..
 

Wie stark muss ein Mensch leiden, wie schrecklich müssen seine inneren Leiden sein, um sich so brutal selbst zu verstümmeln. Wie groß mussten die Qualen des Jugendlichen sein, wenn er sie in diesem Maße körperlich ausglich. Ausgleichen musste, um es ertragen zu können. Was machte dieser 17-jährige durch, was hatte er erlebt, dass ihn so in die Enge trieb.
 

Wie groß mussten die seelischen Brüche sein, um sich das anzutun und auf eine so schmerzhafte Art umbringen zu wollen.
 

( *** Flashback-ende *** )
 

Sie konnte sich dieses Bild immer noch vor Augen führen. Die Ärzte hatten die Unterarme daraufhin mit Bandagen verhüllt, damit man es nicht sah. Die Wunden sollten besser heilen. Eine Sache gab Jane besonders zu denken. Die Narben waren etwas älter. Das hieß, dass er sie sich vor dem Besuch bei ihr geritzt hatte. Die ganze Zeit. Die ganzen Jahre hatte er sich mit seinen Problemen allein rumgeschlagen, sie in sich reingefressen, bis er es bald nicht mehr aushalten konnte. Der Schmerz in ihrem Herzen wurde von Tag zu Tag stärker, je mehr sie hinter seine Fassade blickte, desto mehr war sie schockiert. Wie hatte er das alles nur aushalten können. All die Jahre. Wie konnte er nur schweigen. Wie konnten die anderen nicht merken, dass er zu Grunde ging. Das er langsam dahin starb. In seinem kleinen Zimmer. Über die Jahre. In dieser kalten Dunkelheit.
 

".. Warum .. hat er nur nicht mir uns geredet. Warum hat er sich uns nicht anvertraut. Ich versteh es nicht .. " unterbrach Ray die Stille, welche schon seit einiger Zeit im Raum gelegen hatte. Damit riss er Jane aus ihren Erinnerungen, sie sah ihn an. Es machte ihn genauso fertig, wie sie. Das spürte die Russin. Für einen Moment schwieg die Jugendliche noch. Sie versuchte ihre Worte vage zu benutzen und bis sie zu erzählen begann. " Kai hatte einen Grund, euch nichts zu sagen." Sofort blickte Ray sie an, überrascht starrten die Katzenaugen in ihre. ".. hat er etwas über uns gesagt?" Irgendwie gefiel ihr nicht unbedingt seine Wortwahl. Es klang, als hätte Kai gelästert. Ein kleiner Funken Wut regte sich in ihr.
 

" Er hat mir erzählt, dass ihr ihn nur ausgenutzt und praktisch nicht beachtet habt. Ich denke das ist der Grund, warum er sich euch nicht anvertraut hat. In seinen Augen hätte es bestimmt keinen Sinn ergeben. Ihr hättet ihn so wieso nicht zugehört. Er kam mir sehr verloren vor, als er das gesagt hat." Sie atmete aus, leckte sich kurz die Lippen. " Es schien mir so, als hätte er keine Freunde. Als würde sich niemand für ihn interessieren .." sagte sie leise. "Das ist nicht wahr," erwiderte Ray mit Nachdruck. "Ich und die anderen haben dauernd versucht, mit ihm zu reden und ihn in unsere Freizeit einzuschließen. Aber er hat immer abgelehnt. Er wollte nie etwas mit uns machen." Janes Augen schimmerten. Sie war nicht beeindruckt - in keinster Weise. "Und irgendwann habt ihr einfach aufgehört, euch um ihn zu bemühen. Irgendwann habt ihr die Geduld verloren."
 

Der Chinese wollte widersprechen, aber irgendwie war es wahr. Es war hart formuliert, aber es war irgendwo doch nur die gottverdammte Wahrheit. Ja, sie hatten die Geduld verloren. Sie wollten sich die Laune nicht verderben lassen. Sie hatten auch ein Leben. Ray räusperte sich. " Tyson und Max haben als erste von ihm abgelassen. Die beiden hatten die Faxen dicke und wollten endlich ihr Zeug machen. Ich hab bis zuletzt versucht, Kai zu zeigen, dass einige wenige ihn nicht vergessen haben. Aber ich hatte das Gefühl, dass er einfach nichts mehr wahrnahm. Am schlimmsten war es wohl, am Tag als er sich ..." Er brach ab und ballte die Hände.
 

Jane horchte auf. Da war es. Ihre Vermutung schien endlich Beweise zu finden. "Was .. wie meinst du das?" fragte sie. Ihre Stimme zitterte. " Ich hab ihn begrüßt als er nach Hause kam. Aber mir ist gleich aufgefallen, dass etwas anders war. Er hat nicht reagiert, als ich ihn was gefragt habe. Irgendwie sah er .. mitgenommen aus. Ich dachte erst, dass ich mich versehen hatte, aber ... seine Augen waren total gerötet. Seine ganzen Klamotten waren dreckig. Ich glaube, in diesem Moment kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass er wie verwahrlost wirkte... mir wurde plötzlich klar, dass ich überhaupt nichts von ihm wusste..."
 

In einer ruckartigen Bewegung stieß sich Jane vom Fenster ab. Sie ging ein paar Schritte bis sie einen gewissen Abstand zwischen Ray und sich gebracht hatte. Plötzlich war es ungenehm geworden. Sie hatte das Gefühl, erdrückt zu werden. Ihre Augen huschten von einer Ecke in die andere. Sie war verwirrt, aber gleichermaßen geschockt. Kai .. Kai hatte geweint? Seine Sachen waren dreckig? Er hatte verwahrlost gewirkt?

Das Bild von Russland kam ihr in den Sinn, als sie ihn am See gesehen hatte. Sie konnte sich vorstellen, wie Ray ihn gesehen hatte. Kai - vollkommen vereinsamt, wie ein Kind, welches von seinen Eltern verstoßen wurde und verzweifelt nach etwas oder jemandem suchte, wo er vielleicht hingehörte.

Wie er von jedem allein gelassen wurde und doch einfach nur ein zu Hause suchte.
 

~ .. der einfachste Wunsch, kann der schwerste sein .. auch wenn er aus dem Herzen kommt .. ~
 

Sie legte beiden Hände ans Gesicht, um sich zu beruhigen. Sie musste die Nerven behalten. Sie empfand Kais Schmerzen zu stark nach. Sie übertrug seine Probleme zu sehr auf sich. Das war gefährlich - das wusste sie. Aber sie konnte es nicht verhindern. Sie konnte spüren, wie er sich gefühlt hatte, wie das alles ihn aufgefressen hatte. Es war unerträglich.
 

"Jane, ist etwas?" fragte Ray verunsichert. Die Russin bemühte sich, dieses dumpfe Gefühl von sich abzuschütteln. Sie lies sich auf einen Stuhl neben Kais Bett nieder und starrte den Silberhaarigen an. > Dreh jetzt nicht durch. Dreh jetzt unter keinen Umständen durch. < sagte sich die Jugendliche immer wieder vor. "Wenn was ist, dann sag es.." meinte Ray ruhig aber bestimmt. Die Angesprochene spielte nervös mit ihren Händen. Was durfte sie ihm alles sagen? Aber hatte sie nicht langsam das Gefühl, dass sie ihm vertrauen konnte..?
 

" Kai war, wie du sicher weißt, die letzten Tage bei mir gewesen." Sie räusperte sich. "Ich hab ihn im Park getroffen, als er gerade gebladet hat. Er ist kurz darauf zusammengebrochen .. es war ein Schwächeanfall. Anscheinend hatte er kaum was gegessen .. " Ray blickte sie unmissverständlich an. " Schwächeanfall? Kai hatte so was noch nie!" "Ich glaube es weniger .. oder weißt du, was er den ganzen Tag so macht?" Augenblicklich verstummte Ray. Sie hatte ins Schwarze getroffen. Eindeutig. Sie führte ihm seine Fehler vor Augen. Er hatte keine Ahnung.
 

"Er hat mehrere Tage durchgeschlafen. Das hat mir Sorgen bereitet. Er hatte auch mehrmals kleinere Anfälle als er wach war. .. Und ich hab diesen Dingen nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gegeben. Ich hätte es verhindern können. Verstehst du?" Jane drehte sich ihm um und sah ihn an. Sie wirkte bleich, verängstigt. "Ich hätte es verhindern können. Es war meine Schuld! Er hat sich umbringen wollen, nachdem er gegangen war. Ich bin daran Schuld.."

Ihre Augen verschwammen langsam.
 

"Hör auf so einen Blödsinn zu reden! Keiner ist hier Schuld und wenn dann schon nicht allein. Und vor allem nicht du! Red dir so was nicht ein!" " Ja, aber sag mir doch den Grund, warum er sich umbringen wollte, nachdem er bei mir war. Er hätte allen Grund dazu gehabt!!" sagte sie laut mit tränenerstickter Stimme.
 

Verwirrt sah der Chinese sie an. Er stand neben dem Stuhl auf welchem Jane saß. Diese blickte traurig in seine Augen. Einige Tränen rannen die Wangen hinunter. Zunehmend wurde diese Krankenhausbesuch beunruhigender. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch schloss er ihn darauf wieder. Stattdessen kramte er in seiner Hosentasche nach etwas. Kurzerhand fischte er ein Taschentuch heraus und gab es Jane. "Wisch dir erst mal die Tränen weg. Und dann erklärst du mir bitte, was hier läuft. Denn ich hab von dem ganzen keine Ahnung." Jane versank etwas in den gelben Opalen. Es beruhigte sie etwas. Hier war jemand da.
 

~ .. du lässt mich wieder atmen, du bist ein Sonnenschein .. ein Ray of Light .. ~
 

Janes Blick hatte sich auf Kais fixiert. Seit nun mehr einer halben Ewigkeit sah sie ihn an, aber seit ein, zwei Minuten war sie doch etwas in Gedanken versunken. Hatte sie es richtig gemacht? War es in Ordnung Ray etwas zu erzählen?

Geistesabwesend strich sie über das etwas knittrige Bettlaken. Sie hatte differenziert. Bevor sie zu beichten begann, hatte abgewogen, was sie sagen durfte. Manchmal war es gut einige Dinge zu überdenken, bevor man sie aussprach. Ihre Schwester hätte Kai rausgeworfen, sie hätte ihn beschimpft. Niedergemacht. Das hatte Jane Ray gesagt. Natürlich hatte er nachgefragt. Diese kargen Informationen befriedigten ihn kaum. Aber sie hatte es geschafft, elegant auszuweichen. Sie tat sich schwer. Sie konnte doch nicht einfach einem fast noch fremden Menschen ihre ganze Lebensgeschichte erzählen, und als Krönung die paar Fakten zu Kais.
 

Sie tat es nicht, da ihr die Sache mit Kai nicht aus dem Kopf ging. Er hatte ihnen nicht vertraut. Vielleicht lag es daran. Vielleicht wollte sie ihn nicht hintergehen. Ihr Blick klärte sich. Sie nahm die Person vor sich wieder bewusst war.
 

Das Gesicht des Russen war matt, die Wangen fahler als sonst. Die Lippen, trocken. Einige Haarsträhnen fielen ihm immer noch in die Augen. Sie wischte sie beiseite. Strich mit ihren Fingern sachte über seine Haut. Streichelte ihn, wie es ihre Mutter oft getan hatte. Es war diese wunderbare Geste, die Menschen verband. Es drückte das Verständnis aus. Sie verstand Kai zwar nicht immer, aber sie war da.
 

" Wie denkst du, war es richtig Ray etwas zu sagen?" fragte sie ihn. " Ich bin mir so unsicher." Seufzen. Sie fuhr leicht durch seine Haare. Sie waren immer noch weich. "Eigentlich ist er kein schlechter Kerl, aber .. ich weiß nicht. Vielleicht kann ich einfach nicht mehr vertrauen .. außer dir natürlich!!" sagte sie bestimmt. Sie lächelte milde und ergriff vorsichtig seine Hand. Sie hielt die seine zwischen ihren. Auch wenn seine Hand etwas größer war, waren beide doch fein gebaut. " Für mich bist du das Wichtigste." Sie streichelte seine Hand. " Das Wichtigste auf der Welt. Und das wird sich niemals ändern." Die Russin hob seine Hand leicht und küsste sie.

Einen Moment blieb sie still sitzen.
 

Schließlich stand die Jugendliche auf, beugte sich leicht über Kai und küsste ihn auf die Stirn. "Alles Gute zum Geburtstag, Kai."
 

...

Mit allergrößter Vorsicht schloss er die Tür. Er war darauf bedacht, nicht bemerkt zu werden. Er entfernte sich von dem Zimmer. Ein paar Gänge lies er hinter sich, bis er einfach an einem Fenster stehen blieb und einen Augenblick verweilte. Er trat an das Fensterbrett, stützte die Hände darauf und schloss die Augen.

Das Ausatmen erstreckte sich über mehrer Sekunden, so erschien es ihm. Wie konnte er nur .. er hatte gelauscht.

Es beunruhigte ihn. Dieser Prozess.
 

Er begann zu leben ..
 

~ ... was bringst du Bewegung in mein Dasein, grausiger Raureif ... ~

My own song..

Ich lamentiere nicht lange rum und eröffne hiermit das 21. chapter. es ist das wichtigste und daher auch das längste. ich hoffe, ihr entschuldigt dies. vielen dank. eure kizu.
 

21. .. my own song ..
 

Kannst du mir sagen was das Besondere am Tod ist? Erklär mir, warum Menschen daran zerbrechen, dass ihre Liebsten sie verlassen. Dass sie dem Diesseits entrinnen, um auf einer womöglich anderen Seite aufzuwachen. Warum weinen Menschen, warum verzweifeln sie?

Sie haben es doch gewusst; es war doch von Anfang an klar. Gleichsam mit der Geburt eines Kindes könnte man anfangen zu weinen, oder? Denn wenn es zu leben beginnt ist es doch selbstverständlich, dass es sterben wird. Das Eine ist das Andere. So müsste man doch im Grunde über jedes neue Leben weinen, da es sterben muss. Erklär es mir..
 

Vergessen wir etwa so schnell, oder ist es eher ein Verdrängen? Schieben wir das einzige unvermeintliche Schicksal ,sterben zu müssen ,aus unseren Köpfen um lächeln zu können? Aber ist dies nicht sinnlos, wenn wir zu einem gewissen Zeitpunkt wieder zurückfallen?

Ist dieses Verdrängen das einzige, was uns leben lässt?
 

Oder ist es einfach schockierend festzustellen, dass man lebt um zu sterben. Dass man im Augenblick des Todes feststellt, dass man lebte. Dass man begreift, dass man existierte.
 

Wenn sich das allmächtige Schicksal plötzlich zu dir dreht und sagt: " Ah. Da bist du ja ..."

Weint man deshalb? Weint man, weil man begreift, dass man gelebt aber auch existiert hat?

Erklär es mir ..
 

~ .. wenn die gesamte Menschheit dich für einen Moment betrachten würde, wie würdest du reagieren .. ~
 


 

Die Krankenstation war fast völlig menschenleer. Nur noch selten tummelten sich Krankenschwestern auf den Gängen und dies auch nur, um die letzten Besuche oder Rundgänge zu machen. Es war fast 22 Uhr. Folglich war die Besuchszeit lange vorbei. Aber es wurde auch oft ein Auge zugedrückt, wenn Angehörige bleiben wollten. Eltern ließen ihre kleinen Kinder zum Beispiel ungern nachts allein.

Diese hatten Angst vorm Dunkeln, wenn es sich um sie legte und sie zu ersticken drohte. Es waren die berühmten Phantastereien von schwarzen Männern und Gespenstern.
 

Jane war längst aus diesem Alter raus. Und wenn es dennoch so wäre, hätte sie bestimmt nicht die Augen offen halten können. Sie war so schläfrig und nickte daher manchmal ein. Eigentlich hatte die Jugendliche schon längst vor gehabt zu gehen, aber was hätte es gebracht. Egal wo sie hinging - sie war hier.
 

Es war, als könnte ihre Seele nicht von Kais Seite weichen. Sobald sie sich einen Meter rührte, bekam sie schlechtes Gewissen. > Du lässt ihn allein. Und du weißt, was passiert ist, als er allein war. Was er getan hat. Was er gefühlt hat. < Es belastete sie.

Ray redete ihr auch zu. Du kannst nicht ewig hier bleiben. Du musst wieder anfangen zu leben. Es ist okay. Hörst du? Es ist okay. Seine Worte ergaben für sie einen Sinn. Aber es half nichts.

Sie steckte fest auf ihrem Weg. Vor einem weiteren Schritt hatte sie Angst; stehen zu bleiben, richtete sie zu Grunde.
 

Sie konnte ihn aber nicht allein lassen, unter keinen Umständen. Sie hatte es ihm versprochen. Die ganzen Jahren war sie nicht da gewesen, hatte nichts unternommen. Nun war es Zeit, endlich das richtige zu tun. Sie würde hier bleiben. Auch wenn es keine Hoffnung mehr geben würde. Auch wenn sie mit ihm untergehen würde. Wenn sie sich beide verlieren würden.

Dann waren sie wenigstens zusammen. Dies könnte ihnen dann niemand mehr nehmen.

Keine Macht, kein Mensch der Welt.
 

~ .. im Nichts vereint .. Julia .. ~
 

Jane blinzelte. Schon wieder war sie weggenickt. Das konnte doch nicht wahr sein. Hatte sie etwa schon diese letzte Kontrolle übers Wachbleiben verloren? Die grünhaarige schüttelte den Kopf, um ihn freizubekommen und die Müdigkeit von ihrem Körper abzuwerfen. Ihr Nacken war schon ganz steif. Die Schmerzen bahnten sich ihren Weg die Wirbelsäule hinunter. Ein perfekter Grund um zu fluchen.

Doch was würde es bringen. Dieses Stechen war im Vergleich zu Kais Leiden nichts.
 

Ihre Augen huschten zu den Gerätschaften. In den ersten Tagen konnte sie diesen Anblick nicht ertragen. Das Piepsen, die Schläuche, der Tropf. Sie hatte sich beherrschen gelernt, dass alles nicht von seinem Körper zu reißen. Das alles erinnerte sie an diesen Tag. An diesen einen Tag ..

Doch bald erschien ihr dieser moderne Scheiß von Technik in einem anderen Licht. Er hielt Kai am Leben. Ohne dieses Piepsen, diese Schläuche und den Tropf hätte ihr Freund wohl kaum überlebt.

Alles hatte irgendwo einen bitteren Nachgeschmack.
 

Ihr Blick ruhte wieder sanft auf Kais Antlitz. Jane konnte sich nicht helfen. Seine Züge wirkten steif, als würde er schlecht träumen. Und wieder bohrte sich ein Schmerz in ihr Herz. Warum konnten sie ihm kein Morphium spritzen? Das hatte sie sooft gefragt und immer kam nur der Satz mit dem Grundgesetzt. Es wäre nicht erlaubt. Bla bla .. Herrgott noch mal. Kai hatte Schmerzen, das stand wissenschaftlich fest. Aber was wussten Diplomaten schon von den Problemen der Welt.
 

Vielleicht war das auch ein weiterer Grund warum sie immer hier saß. Womöglich redete sie sich ein, dass ihre Anwesenheit seine Schmerzen lindern würde. Dies war ihre einzige Hoffnung. Ihre Doktrin.
 

Das Licht auf den Gängen wurde heruntergefahren. Nur noch ein schwaches Dimmen leuchtete so manchen Arzt in der Nachtschicht den Weg. Eine Krankenschwester war vor 10 Minuten zum letzten Mal auf Visite gewesen und dabei auch an Kais Zimmer vorrübergegangen. Lächelnd hatte sie eine Decke genommen und sie Jane umgelegt. Die Schwester kannte das. Sie hatte Mitgefühl mit dem Mädchen. Sie litt sehr darunter. Die Russin war auf ihrem Stuhl zusammengesunken und mit dem Oberkörper auf Kais Bett gestützt eingeschlafen. Bedächtig wurde die Tür geschlossen.
 

Draußen bauschte der Wind die Bäume auf, blies durch die fast kahlen Wipfel. Das Getöse glich einem schauerlichen Chor. Schrilles Weinen, was bald zu einem Schreien anschwoll. Die Äste schlugen unermüdlich gegen die Fenster. Im Gegensatz dazu, hielt die Ruhe in dem Zimmer Einkehr. Aber dieser Zustand würde sich schnell ändern. .
 

~ .. in der Stille, in der Dunkelheit, hörst du seine stummen Rufe .. es ist so weit .. ~
 

Siehst du den See da? Auf dem bin ich immer Schlittschuhgefahren. Mal so, mal so. Obwohl Mama immer Angst um mich hatte. Lächeln. Schneelandschaften verschwimmen, Konturen heben sich auf. Der Horizont verwischt. Weiß. Nur weiß. Wollen wir Freunde werden? Ich mag dich.

Die Kinderstimmen verhallen, brechen in der Ferne. Das Licht verschwindet, hüllt alles in tiefes Grau. Die Suche nach Halt. Verzerrte Geräusche, die lautstark anschwellen. Reibende Dissonanzen. Hör auf. Bitte. Hör auf, Igor. Er hat dir nichts getan. Lass ihn in Ruhe. Bitte .. Verhaltenes Wimmern. Das Gefühl erdrückt zu werden. Zerreißende Schmerzen. Du bist nichts mehr als ein Hurensohn. Hurensohn, hörst du. Der Drang zu rennen. Wo ist die Sonne? Ein verzweifeltes Flehen bevölkert die Sinne. Panik. Der Sturz in tiefe Dunkelheit, begleitet von gedämpften Gemurmel. Erstickendes Schwarz. Innere Leere.

Wer bin ich?
 

Eine Kälte umklammerte ihr Herz, lies es nur zögerlich schlagen. Sie war verwirrt. Jane schaute auf, konnte aber so gut wie nichts erkennen. Ängstlich drehte sie sich um sich. Stand sie überhaupt, oder saß sie auf dem Boden. Sie fühlte nichts. Sie sah nichts. Plötzlich drang etwas an ihr Ohr. Fremde Stimmen. Dämmriges Licht flackerte vor ihren Augen auf. Erschreckt fuhr die Jugendliche etwas zusammen. Wo war sie eigentlich?

Gestalten traten aus den tanzenden Schatten. Ihre anfänglich hohlen Stimmen wurden klarer und Jane verstand bald, was sie von sich gaben. Was sie da zusehen bekam, raubte ihr den Atem.
 

Dies hier war Kais Elternhaus. Wenn man es so nennen konnte. Zum ersten Mal sah sie den Ort, an dem Kai aufgewachsen war. Das Zimmer wies keinerlei Besonderheiten auf. Es war klein, spartanisch eingerichtet. Der Geruch von Alkohol hing schwer in der Luft, sie krauste die Nase. Alsbald konnte die Russin die Schatten klar als Personen ausmachen. Eine junge Frau saß zitternd auf dem Boden. Ihr Gesicht war angespannt, die Harre hingen ihr formlos herunter. Zarte Gesichtszüge waren schemenhaft zu erkennen. Sie musste früher eine außergewöhnliche Schönheit gewesen sein. Doch hier wirkte sie alles andere als hübsch. Zu ihrer Rechten hockte ein stämmiger Mann am Boden. Mit lautem Gebrüll schlug er immer wieder auf etwas ein, was der 17-jährigen noch verborgen blieb. Doch bald begriff sie, wer da auf dem Boden lag und von seinem eigenen Vater brutal verprügelt wurde. Es waren Kinderschreie. Schreie eines verängstigten Jungen. Silbrige Haare. Hagerer Körper.

Kai.
 

Jane wollte sich bewegen, doch sie konnte ihre Beine nicht rühren. Aus ihrem Schrei wurde nur ein warmer Luftzug. Sie konnte nichts tun. Egal wie sich die Russin bemühte. Sie war verurteilt, nur zu zusehen.
 

Ehe die schwarzgrünhaarige begriff, war die Szene verschwunden. Nur noch Kais Schreie halten durch die aufkommende Dunkelheit. Bevor sie ihm zu Hilfe kommen konnte, nahm die Schwärze sie wieder in Empfang. Das Licht verschwand.
 

Aber von Neuem baute sich wieder etwas vor ihr auf. Der Wechsel erfolgte so schnell, dass sie mit dem Denken kaum hinterher kam. Zu ihren Seiten erschienen Wände aus Gestein. Abermals legten sich Schatten in die zahlreichen Ecken. Geländer aus Metall, wie auch alte Pappkartons und verrostete Mülltonen zeichneten sich hier und da ab. Es regnete wohl - das Prasseln war nicht zu überhören. Sie spürte davon jedoch nichts.
 

Auf einmal tauchte etwas vor ihr auf. Eine Person, welche gekrümmt vor sich hinwankte und halbherzig versuchte, die zerschlissenen, schmutzigen Kleidungsstücke enger um den Körper zu binden. Doch der Stoff war längst mit Regenwasser durchzogen. Ein plötzlicher Hustenreiz gellte auf und lies den Leib des Menschen erzittern. Es hörte sich nicht gut an. Jane konnte kaum das Gesicht der Person erkennen, da die Haare es vollständig verdeckten. Plötzlich sackte die Gestalt zusammen, sank zur Seite und blieb am Boden liegen. Ein weiterer diesmal stärkerer Keuchhusten schüttelte ihn heftig. Blut floss aus den Mundwinkeln.
 

Es wirkte so grausam. Jane war noch immer eingenommen von den Bildern, die sie in Kais Elternhaus gesehen hatte. Doch dieser Anblick hier war nicht minder schlimm. Besorgt wollt sie sich zu der Gestalt beugen, doch als dessen verfilzten Haare zurückrutschten, erschrak sie. Vor ihr kauerte Kai, vollkommen durchnässt und zerschunden.. Aber .. hier war er älter als vorher. Vielleicht etwa 14 oder 15. Jane verstand gar nichts mehr. Die Stofffetzen konnten kaum seinen abgemagerten Körper Schutz bieten, gar wärmen. Die Russin war schockiert, verwirrt. Was machte Kai in einer Gasse bei strömenden Regen? Er war schwer krank. So wie es sich anhörte. Es könnte ihm das Leben kosten. Er glich den Obdachlosen in den Hinterhöfen Russlands, welche in solchen Gegenden umherstreunten. Ihr kam ein grausamer Gedanke.

Vielleicht war Kai wirklich obdachlos.
 

Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, war der 14-jährige Kai gänzlich zu Boden gesunken. Der Regen prasselte auf seinen Körper nieder. Er rührte sich nicht mehr.
 

Und erneut, löste sich das Bild vor ihren Augen auf, je ehe sie einschreiten konnte. Die dämmrige Gasse entfernte sich, bis sie im Dunkel verschwamm. Jane verspürte diesen Drang zu schreien, zu weinen. Doch es wurde ihr verwehrt. Verzweifelt musste sie in der Finsternis verharren und mit den Bildern selbst klar kommen. Es war grausam. Ihr Herz brannte. Es verzerrte sich selbst vor Schmerz. Sie konnte es nicht ertragen, Kai leiden zu sehen.
 

Da erhellte sich ihre Umgebung. Alles erstrahlte in einem glänzenden Weiß. Sie wurde regelrecht geblendet. Große Flächen weiß. Schnee. Das alles war Schnee. Sibirischer Schnee. Dies hier war Russland im tiefsten Winter. Sanft trudelten einige Flocken vom Himmel. Jane horchte auf, als sie das Knirschen von Stiefeln hörte. Kinderstimmen fügten sich dem Geräusch bei. Zwei Kinder traten in ihr Blickfeld. Beide waren etwa 8 Jahre alt. Das eine Kind, ein Mädchen, hatte schwarze Haare und war dick eingepackt. Ihr Schal bedeckte zur Hälfte das runde Gesicht. Der Junge, das andere Kind, lief neben dem Mädchen her, und war normal gekleidet. Es war arktisch kalt, aber der Knabe lies sich nicht anmerken, dass er womöglich fror.
 

Das Mädchen plapperte immerzu, lächelte wie ein Sonnenschein. Dagegen tat sich der Junge schwer auch so unbeschwert zu sein. Er wirkte müde, irgendwie bedrückt. Jane fiel es wie Schuppen von den Augen. Das waren Kai und sie als Kinder in Russland. Dies war einer der vielen Szenen, die ihr auch in Erinnerung geblieben waren. Das verzweifelte Bemühen, Kai zum Lächeln zu bringen. Schon damals, hatte sie es kaum geschafft.

Einer ihren vielen Erinnerungen. Plötzlich begann sie zu überlegen. Waren das vorhin, .. auch Erinnerungen? Es sah ganz danach aus.
 

Eine Gänsehaut überlief sie. Das waren nicht ihre Erinnerungen. Sie wandelte in dem Gedächtnis eines anderen!
 

Mit leichtem Fuße lief die kleine Jane vor und streckte ihre Hand nach den Schneeflocken aus, welche zu Boden glitten. Sie tanzte in diesem Treiben. Kai sah ihr dabei zu. Er lächelte etwas. In seinen Augen glänzte ein Funke von Frieden. Vielleicht hatte sie es damals nicht bemerkt, dass Kai zu der Zeit doch etwas Wohlbefinden verspürte. Er blickte dabei nicht mehr so mürbe drein. Diese kleinen Dinge hatten womöglich doch sein Herz etwas erleichtert. Ihr Inneres entspannte sich etwas.
 

Doch je wurde der Frieden unterbrochen, das Bild fiel ihn sich zusammen. Mit einem Schlag hatte die Dunkelheit ihr Kleid wieder um Jane gelegt.

Irgendetwas stimmte nicht. Das wurde ihr bald klar. Die Schwärze um sie erhob sich nicht mehr. Stattdessen wurde es noch kälter, was im Grunde gar nicht möglich sein konnte. Wo konnte es noch kälter als in Sibirien sein?

Ihr Herz verengte sich, sie hatte das Gefühl erdrückt zu werden. Die Kälte legte sich wie ein Metallmantel um sie. Jane erschauerte. Dergleichen hatte sie noch nie in ihrem Leben verspürt. Es drückte sie nieder - diese Aura. Da, vor ihr, da draußen, was etwas. Sie konnte es nur noch nicht sehen.
 

Tropfen. Irgendwo tropfte Wasser auf den Boden. Gleichmäßig erzeugte es diesen hellen Ton. Der Geruch von Rost und nassen Stein lag in der dumpfen Luft. Aber das wohl schlimmste war die Kälte, welche einem gnadenlos ins Mark schnitt. Was war das für ein Ort?
 

~ .. noch ist es dir vergönnt, zu fliehen .. doch wenn du bleibst, steigst du hinab in das dunkelste Reich .. ~
 

Nur sehr langsam lüftete sich die Finsternis. Doch viel preis gab sie nicht. Jane musste sich wahrhaft anstrengen, überhaupt etwas erkennen zu können. Sie befand sich in einem sehr kleinen Raum. Das war noch einigermaßen klar. Doch die Schatten an den Wänden verhüllten sonst alles. Irgendwie war ihr das Zimmer nicht geheuer. Warum war es hier so verdammt kalt? Sie fröstelte.
 

Plötzlich ging eine Tür auf. Licht fiel herein, beleuchtete etwas die Kammer. Ein Junge trat ein, schloss die Tür darauf wieder hinter sich. Er machte kein Licht, ging einfach im Rum umher. Kurz darauf glimmte eine Kerze auf. Der Junge blies das Streichholz aus und stellte die Kerze, die sich als Öllampe rausstellte, auf den Tisch. Erst jetzt konnte Jane näheres erkennen, auch wenn die Flamme recht mager war. Das Zimmer war wirklich sehr klein und beinhaltete nur diesen Tisch, einen Stuhl, einen kleinen Schrank an der Seite und ein Bett, mit Metallgestell. Alles wirkte heruntergekommen, beinahe verbraucht.
 

Sie wand sich dem Jungen zu. Im Grunde musste sie schon nicht mehr überlegen. Es konnte nur Kai sein. Und wieder war er hier älter. Jane konnte ihn etwa auf 12 schätzen. Er sah sehr müde und geschafft aus. Viele Narben spannten sich über seine Arme und das Gesicht. Vom Training hatte er immer früher gesagt, wenn sie danach gefragt hatte. Kai zog etwas aus seiner Hosentasche. Ein weißer Schal. Das war ihr Schal, fiel es Jane heiß siedend ein. Ihr Schal, den sie Kai geschenkt hatte. Sie hatte Sorge gehabt, das er frieren würde.

Der Junge wollte das Kleidungsstück gerade im Schrank verstauen, als erneut die Tür aufging und polternd ein Mann herein gestürmt kam.
 

"Ich hatte dich gewarnt, du Drecksvieh. Wenn ich dich noch einmal erwischen sollte, brech' ich dir jeden Knochen," keifte er. Der Hüne schritt auf Kai zu, welcher zurückwich. Angst spiegelte sich in seinen Augen. "Ich hab nichts .." "Lüg mich nicht an!!" brüllte der Mann und schlug Kai mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser zu Boden fiel. Die Hand des Erwachsenen wühlte in Kais Schrank umher und fand schnell, nach was es suchte. "Hab ich es doch gewusst." Er zog den Schal heraus. "Woher hast du das?"

Kai lag keuchend am Boden. " Sergej hat ihn liegen gelassen.." flüsterte er. "Du lügst schon wieder!!" Diesmal trat er dem Jungen in den Magen. "Habe ich dir nicht gelehrt, mich nicht anzulügen?" fragte er forsch. Dabei prügelte er immer wieder auf Kai ein. Dieser konnte sich nicht wehren. Der Erwachsene war zu stark für ihn.
 

"Du sagst mir jetzt den Namen, sonst finde ich es selbst raus." Der Junge brachte kein Wort zustande. Er bekam fast keine Luft mehr, die Schmerzen schnürten ihm die Lunge zu. "Gut. Wenn du nicht willst. Ich find das Gör schon. Erst schneide ich ihr die Kehle durch und dann bist du dran.." Mit diesen Worten erhob er sich und schleppte den fast schon bewusstlos geschlagenen Kai hinaus.
 

Ihre Augen starrten starr auf den Fleck, auf dem Kai zuvor gelegen hatte. Jane hatte das Gefühl, still zu stehen. Was sie hier sah, was sie hier fühlte, konnte sie nicht mehr in Worte fassen. Das ging über jede Grenze. Das war für einen normalen Menschen kaum vorstellbar. Es war zuviel ..
 

~ .. wer dem Abgrund nahe ist, verliert alle seine Flügel .. ~
 

Neue Bilder spielten sich vor ihr ab. Jane kam es vor, als würde es immer kälter werden. Es kreiste sie ein.

Verschiedene Szenen flackerten vor ihr auf. Sie hatte Mühe allem zu folgen.
 

Eine kleine Halle erschien. Beyarenas hoben sich aus dem Untergrund. Das Kratzen eines Kreisels war zu hören. "Keine Müdigkeit. Du hast erst 5 Stunden hinter dir!!" Der Befahl galt Kai. Wie konnte es anders sein. Wer war dieser Mann, der Kai immer so schändigte? War das etwa Boris? Von dem sie immer gehört hatte.

Der 12-jährige strauchelte schon etwas, doch biss die Zähne zusammen. "Das war nicht gut genug. Noch mal!" kam der Schrei auf. Eine Ohrfeige prallte auf Kai nieder. Er gab nicht einen Ton von sich, sondern machte weiter. "Du wirst das jetzt so lange üben, bis du es kannst. Hast du verstanden? Ein Fehler, und dir wird das Essen gekürzt."
 

Die Szene veränderte sich. Plötzlich wurde Kai von ein paar Leuten, wahrscheinlich Aufsehern, festgehalten und zu Boden gedrückt. Der Russe brüllte und wehrte sich. Trat mit Füßen. Aber es half nichts. Eine weitere Person schob seinen Ärmel hoch und stach mit einer Spritze in seine Ader. Der Kolben wurde herunter gedrückt und damit die Flüssigkeit injiziert. Ein paar Sekunden später lag Kai leblos da. " Wirksames Mittelchen, Doktor. Muss man sagen." Der Mann grinste hämisch. "Die Wirkung der neuen Droge erstaunt mich auch immer wieder." Gelächter.
 

Schon wieder brach das Bild in sich zusammen, strukturierte sich um und bot eine neue grausame Erinnerung an.

Die Farben rauschten, das Gefühl im eigenen Schrei ersticken zu müssen wurde immer stärker.
 

Jane stand in einem gefliesten Raum. Die Kacheln zeigten starke Kalkspuren. Der Geruch von Kernseife stieg dem Mädchen in die Nase. Wasser prasselte zu Boden, vereinzelt erfüllten Stimmen die Stille. Sie war hier in einem Waschraum. Eine Horde Jungs putze sich entweder die Zähne oder duschte sich im hinteren Teil. Auf einmal entstand genau dort ein Handgemenge. Beschimpfungen, Ausrufe - allesamt auf russisch. Eine Rauferei bildete sich, an der wohl mehrer Jungs beteiligt waren. Sie waren alle um die 16 Jahre alt.

Im ersten Moment konnte Jane so gut wie nichts erkennen, was genau geschah. Ein Junge ging zu Boden. Die umstehenden Jugendlichen prügelten auf den jüngeren ein. Beschimpften ihn. Die Situation drohte zu eskalieren.

Es ging alles so furchtbar schnell.
 

Nach unendlich erscheinenden Minuten ließen die Russen von ihrem Opfer ab. Dieses kämpfte sich nach ein paar Sekunden unter Schmerzen wieder hoch, kam schwer atmend, wankend auf die Beine. Der Junge zog das Handtuch um seine Hüfte wieder zurecht und schritt langsam zum Waschbecken, um sich das Blut abzuwaschen. Die noch verblieben Jungen beachteten ihn nicht weiter und verließen bald den Raum. Zitternd lehnte der etwa 13-jährige am Waschbecken. Jane sah seine unzähligen blauen Flecke und Blutergüsse. Die Rippen waren deutlich zu erkennen. Janes Herz zog sich zusammen. Der Junge war Kai.
 

~ .. was willst du tun, wenn nicht einmal mehr ein Schrei deinen Schmerz ausdrücken kann .. ~
 

Die Szene verblich, löste sich auf. Summierte sich jedoch wieder zu etwas Neuem. Jane wollte nicht mehr hinsehen. Sie konnte nicht mehr. Sie hielt es nicht aus, noch mehr sehen zu müssen.
 

Doch schon wurde ihr wieder eine neue Erinnerung gezeigt. Sie wollte sich abwenden, doch es war umsonst. Mit aller Macht wurde die Russin festgehalten und dem Grauen vorgeführt. Es gab kein Zurück mehr ..
 

~ .. es war dein Wunsch, so fallet ihr auf ewig in den Grund .. ~
 

Sie stand zitternd an einer Wand gelehnt. Ob ihr Herz überhaupt noch schlug, wusste sie nicht. Und ob sie es hoffen wollte, war nicht sicher.
 

Ihr gegenüber stand Kai an der steinernen Wand. Seine Hände waren über seinem Kopf geknebelt. Sein Kopf zeigte gen Boden. Vor ihm stand der gleiche Hüne, welcher ihn schon in dem kleinen Zimmer und in der Arena geschlagen hatte. Mit schwingenden Schritten lief er vor seinem Opfer auf und ab. Er blieb stehen.

"Also. Ich wiederhole mich ungern. Entweder du sagst mir den Namen, oder ich werde zu entscheidenden Maßnahmen greifen." Der Junge antwortete nicht, sondern atmete flach ein und aus. Es schien, als wäre er in sich versunken. "Hast du mich verstanden?!" fragte der Erwachsene schrill und rammte ihm die Faust in den Magen.
 

Der Körper krümmte sich, doch kein Ton entwich Kais Mund. Er schluckte jeglichen Schrei hinunter.

"Hm.." Boris lachte auf. " Ich hab es nicht anders erwartet." Er klopfte dem Russen auf die Schulter. "Wer nichts hat, kann nichts verlieren, nicht wahr? Das ist immer dein Ausgangspunkt gewesen. Der stolze Hiwatari, der sich nicht unterkriegen lässt. Der stolze Hiwatari.." Prompt krallte er sich in der Schulter fest und prügelte auf den wehrlosen Jungen ein. Immer wieder. Kai bäumte sich auf, wollte schreien, doch blieb stumm. Blut sickerte aus seinem Mund. Seine Beine gaben fast unter ihm nach, doch die Fesseln hielten ihn aufrecht. Er keuchte.
 

"Dein Motto kannst du dir sonst wo hinstecken. Hier bist du nichts wert. Nichts.

Was denkst du, warum du hier bist? Weil deine Eltern es so wollten. Die wollten dich loswerden. Einfach so. Ich kann sie verstehen. Was bist du schon, he?! Was denkst du.. der Welt da draußen bist du vollkommen egal. Wie auch diesem Gör. So etwas wie dich vermisst niemand. Niemand, hörst du? Eigentlich kannst du echt glücklich sein, dass ich dich überhaupt anfasse. Ohne mich würdest du da draußen verhungern."
 

Es sah so aus, als würde Kai dem gar nicht zu hören. Doch wenn man genau hinsah konnte man sehen, wie seine Augen von Wort zu Wort mehr ihren Glanz verloren. Sie wurden stumpf.
 

Der Mann holte aus. "Also ist es mal an der Zeit meine Freundlichkeit zu bezahlen und mir zu sagen, wer dieses Gör ist. Ich nehm sie so oder so aus einander. Also musst du hier nicht den Helden spielen. Das bringt uns nichts und dir am aller wenigsten."

Die Minuten verstrichen, aber Kai blieb stumm. Der Erwachsene verlor bald die Geduld. Er hatte besseres zu tun, als sich mit diesem wertlosen Pack abzugeben.
 

"Schön, wie du willst. Dann muss ich es wohl selbst rausfinden. Meine Leute werden sich über ein kleines Familienmassaker freuen. Oder sie erschießen gleich alle Mädchen in den naheliegenden Dörfern. Du wolltest es nicht anders. Von nun an bist du ein wertloses Stück Dreck, was auch noch mehrere Leben auf dem Gewissen hat. Ein widerwärtiger Mörder. Passt doch.."
 

"Es reicht.." erklang es röchelnd von Kai. "Du wirst gar nichts tun." Boris zog die Augenbraue hoch. "Werden wir auch noch frech und erteilen Befehle?!" Er trat ihm in die Seite.

"Vielleicht .. kannst du mich töten .. mir egal .. aber du lässt sie aus dem Spiel .." Es fiel im schwer zu sprechen, da er kaum noch Luft bekam. "Das betrifft nur .. dich und mich. Mach mit mir .. was du willst. Ein Mord .. wird dir nichts bringen .. es würde sich nichts ändern.."
 

"Dann kann man sie sowieso töten. Ein Mord mehr oder weniger." Er lachte auf. "Hör du auf, mir Vorschriften zu machen, Ratte!!" schrie er ihn an. Erneut hagelten Schläge auf ihn nieder.

Minuten zogen sich hin wie Stunden. Es war still geworden. Das Wasser tropfte noch immer zu Boden. Blut hatte sich seit längerem dazu gesellt. Bald wurde es immer dunkler im Raum. Alles schien seine Bedeutung zu verlieren.
 

" Mein Leben .. für ihres. Du .. kannst mit mir machen, was du willst .. Dir sind keine Grenzen .. gesetzt. Nur eine Bedingung. Sie bleibt am Leben. Sonst bring ich mich um, .. dann kann niemand mehr ... Black Dranzer kontrollieren .."

Die beiden Personen waren kaum noch zu erkennen. Die Kälte legte alles lahm. Die Zeit verrann, das Blut floss den geschundenen Körper hinab.
 

"Gut...

Dein Leben für ihres.."
 

Es war besiegelt. Der Pakt stand unwiderruflich fest. Nichts würde ihn mehr retten können. In seiner größten Not verkaufte er das einzige, was ihm noch geblieben war. Kai verkaufte seine Seele, sein Leben an seinen Peiniger, um das einzige zu bewahren, was ihm wichtig war. Was ihm wichtiger war, als sein Leben. Jane.

Die Russin begriff erst jetzt alles. Alles in ihrem Leben. Je ehe sie sich dessen bewusst werden konnte, musste sie das wohl schrecklichste in ihren Leben mit ansehen.
 

In der Zwischenzeit hatte Boris Kai von den Fesseln befreit und ihn zu Boden geworfen. Wie ein wildes Tier stürzte er sich auf ihn. Der 13-jährige konnte sich nicht wehren. Es war zu spät. Etwa eine Stunde lang verging sich Boris auf brutalste Weise an ihm. Unter größten Schmerzen und unendlicher Scham ertrug es der Russe. Kein Schrei entwich seiner Kehle, kein Wimmern überkam seine Lippen, keine Träne rann über seine Wange.

Er lag einfach auf dem kalten Seinboden und versuchte zu ignorieren, dass sich der Erwachsene in ihm ergoss.
 

Seine Augen wurden immer leerer. Die Flammen drohten für immer zu erlöschen.
 

Vielleicht hatte er gehofft, dass es nach dieser Vergewaltigung für heute genug wäre. Doch dem war nicht so. Ein Handzeichen genügte und eine Gruppe von Männern umkreisten den Jungen. Einer nach dem anderen vergnügten sich an dem jungen Körper, verprügelten ihn, wenn ihnen etwas nicht gefiel. Schlugen ihn fast tot.

Es nahm kein Ende. Wie eine Puppe wurde Kai hin und hergeworfen. Er war kurz davor bewusstlos zu werden.

Aber die Gestalten nahmen keine Rücksicht. Es war nur ein Junge. Vollkommen wertlos.
 

" Hört auf .. Hört endlich auf!!! Nehmt eure dreckigen Finger von ihm!!! Seht ihr den nicht was ihr tut!! Er ist doch schon so gut wie tot! Was wollt ihr noch?? Das ist ein Kind!! Ein KIND!!!!! Lasst ihn endlich in RUHE!!!!!" Sie schrie sich die Seele aus dem Leib. Sie schrie alles aus sich raus - all die Schmerzen, die Trauer, die Verzweifelung, den Hass. Sie verspürte den unheimlichen Drang zu morden. Sie wollte diese Männer umbringen, sie bluten sehen. So schrie sie alles auch sich raus. Sie kämpfte gegen die Kälte, die Dunkelheit die sie umklammerte. Sie durchbrach all ihre Grenzen. Sie schrie, auch wenn ihre Stimme brechen würde. Sie schrie, wie sie es noch nie getan hatte. Sie spürte in sich das Feuer. Das Feuer, was Kai für sie verloren hatte..
 

~ .. manchmal werden wir erst im Augenblick unseres Todes geboren .. so erstehen wir aus unserer Asche und lichten unsere verlorenen Flügel .. flieg mein Engel, mein Phönix .. ~
 

Sie löste sich aus ihrer Umklammerung und stürmte auf die Gruppe zu, schmetterte voller Wut die Männer nieder. Sie glich einem Inferno, gegen das kein Ankommen war. Schlimmer als jede Verdammnis. Ihre Glut vernichtete alles, was ihr im Weg war. Ihr Hass riss die Leiber auseinander. Die Flammen verdrängten die Dunkelheit, die Kälte wurde durch das Feuer geschlagen. Sie erstrahlte wie nie zuvor. Ihre Aura erfüllte den Raum. Sie war das jüngste Gericht.

Das wütende Feuer wich zurück. Zu ihren Füßen lag Kai blutüberströmt. Ihre Flammen bildeten sacht einen Kreis um den Körper, schützten ihn vor jeglichen weiteren Angriffen. Plötzlich schlug das Feuer empor, hüllte beide vollständig ein. Behutsam nahm sie sich dem Jungen an, schloss ihn in ihre Arme. Ihre Flügel schlangen sich sanft um ihn.

" .. Hab keine Angst...es wird alles gut. .. Ich hab dich gefunden... ich hab dich endlich gefunden .."
 

Die Flammen beginnen zu tanzen, schlagen hoch, vergraben alles in sich. Das Inferno breitet sich aus, lässt nichts verschont. Das Feuer brennt alles nieder.. Sie durchbrach alle Grenzen.

Farben rauschen, Bilder fliegen vorbei. Alles verzerrt sich in einem gewaltigen Wirrwarr. Tausend Stimmen verhallen in ihren Ohren. Das Licht wird immer greller. Der Puls beschleunigt sich, das Herz rast. Der Sauerstoff fließt in den Adern. Ein Gefühl von Freiheit macht sich bemerkbar. Der Atem erfüllt alle Sinne.

Hey, Kai? Wollen wir Freunde werden? Schwerelos schwebt man über allen Dingen. Ich mag dich. Wärme schmeichelt die Seele. Langsam einkehrende Ruhe. Der Rhythmus gleicht sich aus. Herrlichkeit des Einklangs. Balance wiegt den Körper. Endgültiger Frieden.

...Schau mal, die Sonne geht auf ...

..

Zu Zweit da draußen

Ich fühle nichts mehr. Ich schaue raus, doch meine Sinne sind blind. Meine Welt ist voller Lärm, doch mein Ohr sträubt sich, sie an zu nehmen. Ich habe das Gespür meiner Zunge verloren, verblüht sind die Knospen auf ihr. Mein Körper - ein befremdlicher Klumpen, der an Knochen klebt, welche ich nicht mehr als meine erkennen kann. Das Blut fühlt sich trocken an, es kratzt mir in den Adern.
 

Staubig ist mein Atem, Asche meine Seele. Mein Odem trägt sie hinaus, will sie dem Wind mitgeben. Doch sie ist zu träge, zu zerrissen. Der Sturm da draußen droht sie zu zerbrechen. Elendig sinkt sie zu Boden, sucht Schutz bei ihrer Mutter. Doch der Vater verdammt sie, bricht ihr das Genick. Raubt ihr den letzten Schatten des Herzens.
 

Ich fühle nichts mehr, habe alles gegeben. Sitze hier und recke dem Licht mein lebloses Haupt entgegen. Meine Sinne schenkte ich der Dunkelheit, meinen Körper der Welt.

Doch ich spüre deine Schwingen noch.

Du bist wieder da, Schwester.
 

Ein paar Vögel zogen vor dem Fenster ihre Kreise. Sie neckten sich, hüpften auf dem Fensterbrett umher, zwitscherten vergnügt. Sanft fielen Schneeflocken zu Boden, regten ihn zum Träumen an. Aber sie schafften es nichts, seine Augen blieben grau und leer. Die Eiskristalle schmolzen schnell dahin und vergingen, je ehe ein Lebewesen wirklich von ihnen Notiz nehmen konnte.

Vielleicht war es das. Sie starben zu schnell, sie fristeten halbherzig ihr Dasein.

Er hasste das.
 

Angeekelt wollte er den Blick davon wenden, aber er konnte nicht. Seit Stunden, wenn nicht sogar Tagen lag er da, und starrte apathisch hinaus. Er atmete, sein Herz schlug, der Stoffwechsel verlief normal, aber er zeigte keine Reaktionen mehr. Er existiere zwar, aber er lebte nicht. Ich fühle nichts mehr, habe alles gegeben.
 

Niemand konnte ihm helfen. Es war alles so verdammt anders geworden. Keiner wusste mit ihm umzugehen. Sie kamen ab und zu, redeten sich den Mund fusselig und versuchten den Schein des Papstes zu wahren. Ihre gespielte Nächstenliebe verursachte bei ihm Übelkeit, doch er blieb reglos. Ihre Worte erreichten ihn nie, sie verloren sich im Wind, in dieser Welt. Sie bewegten nur Staubkörnchen in der Luft. Ein Grund mehr sie nicht zu beachten. Es war alles so sinnlos.
 

Er schwebte ihm absoluten Nichts. Es gab kein Vor, kein Zurück. Hüllenlos steckte er im Nirgendwo fest. Er war gerettet worden, gegen seinen Willen. Er hatte alles hinter sich lassen wollen, hatte alles abgeschlossen. Und nun wurde er dazu verdammt, weiter die Lungenflügel zu bewegen. Es war keine Folter, es war aber auch kein Geschenk. Es war nichts. Rein gar nichts. Es war ihm egal. Ich fühle nichts mehr, habe alles gegeben.
 

Da, neben seinem Bett, saß sie. Füllte den Raum mit ihrer Aura - seit Ewigkeiten. Sie war still, aber nicht stumm. Er hörte sie. Ihr Flüstern schmückte den Wind. Das Echo hallte in ihm wider. Unbeeindruckt nahm er es wahr. Er spürte sie, ohne dass er es wollte. Ohne dass es ihm widerstrebte. Sie war einfach da. Er akzeptierte es. Sie kam ihm nicht zu nah, sie sprach nicht zu ihm, sie berührte ihn nicht. Sie war einfach da. Hier neben ihm. Sie war einfach da.
 

Dass sie ebenfalls nach draußen sah, wusste er natürlich. Er musste sie nicht sehen, nicht riechen oder fühlen. Er spürte sie einfach, er vernahm ihre innere Stimme. So schenkten sie der Welt da draußen ihre Zeit, ohne sie zu verlieren. Sie waren zu zweit, aber nicht beisammen. Die Luft rutschte ihnen die Kehle entlang, ihre Herzen schlugen trostlos gegen den Brustkorb und sie sahen hinaus. Sahen mit ihren toten Augen dem Leben nach. Die Schneeflocken fielen unbeirrt weiter zu Boden, küssten mit dem letztem Atemzug die Mutter, bis sie wieder vom Himmel entsandt wurden.
 

So sahen die beiden dem Leben zu, wie es sich drehte und an jedem Wesen vorbeizog. Wie der Wind mal an dem einen riss und den anderen aber nach vorne trieb. Und sie fühlten nichts, sogen nur die Luft mir ihren Stimmen und Schicksalen ein, um sie am Ende mit ihrer eigenen Geschichte zu bereichern. Und diese Luft gesellte sich dem Wind und flog mit ihm um die Welt.
 

Darum hatte sein Engel auch fliegen können. Weil der Wind den Schwingen Auftrieb gegeben hatte. Seine Stimme hatte sie erreicht, sein Wind hatte sie bewegt. Und nun saß sie neben ihm, starrte hinaus ohne eine verbliebene Feder. Sie war seinem Ruf zu sehr gefolgt. Sie hatte ihre eigenen Grenzen zu weit überschritten. Er hatte es gespürt, wie sie ihn gerettet hatte. Wie sie ihn aus der Dunkelheit gezogen hatte. Doch leider konnte sie seine Sinne nicht mehr retten, sie selbst hatte viel zu viel bezahlen müssen. So blickten die beiden hinaus, besahen sich, was sie verloren hatten.
 

Ihre Flügel waren verkohlt, die Seelen verbrannt. Kraftlos sickerte der letzte Rest Blut durch ihre Venen. Sie waren beide erschöpft, schauten sich nicht an. Sie wusste vom anderen, spürten ihn.

Die Lebenden zogen an ihnen vorbei, wussten nicht wer die beiden waren. Aber es war ihnen egal.
 

Es war, als würde sein Atem ihrer sein. Sein Herzschlag war ihr Puls. Sie teilten sich die eigene Leere, waren der frühere Zweck des anderen. Sie waren die Vergangenheit, das Spiegelbild. Geboren aus dem Leib der Mutter, hatten sie aus der Hand des anderen gelebt. Ihre Kraft hatten sie aus der gegenseitigen Schwäche geschöpft. Ihr Ziel war ihr Verderben zugleich.
 

Sie mussten den anderen nicht sehen oder hören, weder fühlen noch riechen. Sie wussten von ihm. Sie wussten von ihrem Spiegelbild. Eine Symbiose zur Ewigkeit verurteilt. Sie waren eins.
 

Es gab keine Fragen mehr, Antworten konnten sie nicht mehr ausfüllen. Das Privileg der Klarheit waren mit dem Chaos verschmolzen. Es war ihnen egal. Es konnte keinen Blick zurück mehr geben, abgebrannt war das alte Haus. Tausend Wege lagen vor ihnen. Und so waren sie ganz ruhig und starrten hinaus. Erinnerungen hatten sich aufgelöst. Das alte Leben war mit ihnen untergegangen.
 

So lag er da, sah den Vögeln dabei zu, wie sie im Schneetreiben tollten und atmete einfach. Am Anfang hatte er das neu gewonnen Leben verachtet. Doch nun lag es vor ihm, wie eine weiße Leinwand. Er hatte die Möglichkeit auf ihr zu malen. Er musste es nicht. Er konnte laufen, er konnte versuchen zu leben. Er musste es nur wollen. Es gab keine Ketten mehr, die ihn hindern würden.

Er begann bei Null. Ihm stand alles offen.
 

Langsam ging die Sonne unter und ihre letzten Strahlen suchten sich den Weg in die Welt. Der Himmel spielte mit den Farben, gestaltete Wolken zu watteförmigen Tupfen um. Die Dämmerung war schon immer der beste Künstler gewesen. Wehmütig erlosch das Farbenspiel alsbald und die kühle Nacht deckte die Erde zu. Der Mond thronte über dem dunklen Schleier und spiegelte sanft das ferne Licht der vergessenen Sonne wider.
 

Wie Samt fielen die Strahlen auf sein Gesicht, hüllten es in einen zerbrechlichen Glanz. Ganz gleich ob Nacht oder Tag, das Licht rief die beiden immer wieder. Doch ob sie es annehmen würden, wäre ihre Entscheidung. Er betrachtete den Mond nüchtern, spürte wie sie es ihm gleichtat. Er spürte ihren ruhigen Puls. Sein Herzschlag stellte sich auf den ihren ein. Automatisch. Er konnte es nicht beeinflussen. Jeder hatte für den anderen einmal die Flügel gegeben, nun waren sie eins. Jeder lebte aus der Hand des anderen.
 

Eine Krankenschwester betrat den fast vollständig dunklen Raum. Kopfschüttelnd durchquerte sie ihn und schloss die Gardinen, damit die schwere Finsternis einkehrte. Die Frau sprach das Mädchen an, aber diese nickte nur stoisch. Danach verschwand die Gestalt, so schnell wie sie gekommen war.
 

Die Leinwand war schwarz geworden. Man hatte den Raum als solchen verschlossen. Plötzlich kam es ihm vor, als würde er keine Luft mehr bekommen. Der Sauerstoff ging aus, das Atmen verfehlte seine Wirkung. Der Brustkorb wurde eingedrückt. Doch er verspürte nicht die Lust, dem Einhalt zu gebieten. Es war ihm egal. Er fühlte dabei nichts.
 

Auf einmal stand sie neben ihm auf, streckte die Glieder und ging sicheren Schrittes zum Fenster. Sie musste nichts sehen, sie wusste, wo das Licht herkommen würde. Es zog sie an. Rauschend räumte sie die Gardienen bei Seite. Der Knoten in seinem Hals löste sich augenblicklich.

Das kalte Mondlicht erhellte wieder sein Antlitz. Somit floss das Blut wieder zum Herzen. Er kam sich merkwürdig frei vor. Der Sauerstoff strömte mühelos durch den Körper.
 

Ihre Stimme - sie sang ein Lied. Er vernahm es als leises Gesäusel. Wie eine Nuance der Nacht schwirrte sie in seinem Kopf. Es war angenehm, eine sanfte Briese. Sie wollte etwas sagen, er spürte es deutlich. Er blickte sie daraufhin an.

Ihr schwarzes Haar wallte seidig über den Rücken, verlieh dem gefallenen Engel etwas entgültiges. Sie war verloren. Ja, verloren - wie er.
 

"Sie werden es wohl nie verstehen.." sagte sie matt. Ein Lächeln überkam ihre Lippen nicht, doch er konnte ihre milde Aura spüren. Auch wenn sie viel davon einbüßen musste, hatte sie es doch nicht ganz verlernt. Ja, die Lebenden würden es nie verstehen. Sie sprach das aus, was er wusste.
 

Vielleicht war es gut so, dass niemand sie verstehen konnte. Keiner würde sie mehr gefährden. > Sie werden es wohl nie verstehen..< Vielleicht war dies eine Garantie für etwas Neues. Für eine gute Gelegenheit.

Die Leinwand lag wieder weiß vor ihm. Er könnte auf ihr malen. Sie könnte auch auf ihr malen. Sie könnte seine Farben benutzen Es würde ihn nicht stören.
 

Diese Aura, dieses Lächeln - vielleicht war das der richtige Anfang. Vielleicht war das die erste Sekunde nach Null.
 


 


 

Ich danke euch.



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Von: abgemeldet
2007-04-07T14:20:30+00:00 07.04.2007 16:20
Das war voll der Hammer. Ich hätte fast gehaeult!!*schnief*
Du hast einen echt guten Schreibstil.
Von: abgemeldet
2006-05-30T17:11:25+00:00 30.05.2006 19:11
*kicher*
Das diese Jane Kai so in Bedrängniss mit der BH Frage gebracht hat, hätte ich nicht mal im Traum gedacht. xD
*lacht schon tränen*
Sehr schön geschrieben. Ich weiß nicht was du hast...Aber deine ersten Kapis gefallen mir auch.^______^
Von: abgemeldet
2006-05-30T16:58:16+00:00 30.05.2006 18:58
*erstaund ist*
Uii....Zitat: "Hm .. was ist wenn er schläft?! Pech!!..."
Wie gemein....xD
Und die Sache mit dem Kirschkuchen...und Chris...und dann der kleine Gegenschlag am Schluss....*begeistert ist*
So langsam kann ich diese Jane doch noch leiden. xD
Obwohl....das sie Kai freiwillig pflegt?
*lacht*
Gefällt mir....*sich kaum noch einbekommt*
*weiter düßt*
Von: abgemeldet
2006-05-30T16:48:40+00:00 30.05.2006 18:48
*???*
Was oder wer ist: Durak ?
*das nicht so ganz gepeilt hat*
Aber egal. Das Kappi hat mir wieder recht gut gefallen. Als Kai nicht mit Hilfe von Jane aufstehen wollte....*kicher*
So kennen wir ihn je.^^
Immer ein Stuhrkopf....xD
Aber diese Jane...Na ich weiß nicht....*seufzt*
Ob da noch was zwischen ihr und Kai laufen könnte??
*überlegt*
So ein gaaaanz klitze klein wenig vielleicht?
xDD
*zum nächsten Kappi rennt*
Von: abgemeldet
2006-05-30T16:41:52+00:00 30.05.2006 18:41
*breit grinst*
Ich mag diese Jane nicht. Warum? Kann ich leider nicht so gut beschreiben...*drop*
Ich weiß...Ich bin ne wirklich schlechte Kommi Schreiberin.*heul*
*sich vor dir auf den Boden wirft*
Aber ich lass mich mal überaschen, wie sich das so entwickelt.*kicher*
*zum nächsten Kapi rennt*
Von: abgemeldet
2006-04-29T15:23:55+00:00 29.04.2006 17:23
Äh.... joa.... dürfte ich bemerken, dass ich das Kapitel hier nicht wirklich verstanden habe ^^““
Also, das soll jetzt nicht heißen dass ich es nicht lesen konnte oder so, ich hab jetzt nur den Zusammenhang nicht ganz gerallt ôo“
Kai ist wieder wach, er und Jane sind abgefackelt, die anderen Leben und die beiden nicht (ôo?), und der Mond ist eine Leinwand die angemalt werden soll, weil sie ein Neuanfang ist... oder so in etwa <____________________<“““

Egal!
Schade nur, dass die FF hier schon zu ende ist ;____;
Da hätten ruhig noch ein paar kleine „Happy“-Kappis kommen können .______.!

Aber es wird ja noch anderes von dir geben, ne ^^?

dat porti^^v
Von: abgemeldet
2006-04-29T15:23:27+00:00 29.04.2006 17:23
Buääähäääähäääää *in einem Tränen Meer unterglugert*
Das arme, arme Kai ;_______________________;
Wie kannst du nur etwas so.. so... grausames und trauriges schreiben ;__;?
Und vor allem das Kapitel auch noch hier enden lassen ;____;?
Du bist gemeeeiiin *giga heul*

Wehe wenn diese FF kein Happy end hat, dann...dann... dann wird dir das sehr, sehr leid tun ><“!!! Jawohl!

porti`-.-´
Von: abgemeldet
2006-04-13T11:22:36+00:00 13.04.2006 13:22
Kai hatte Fieber? Gute Idee...*ist begeistert*
Das dieses Mädel ihn dann auch noch gerettet hat...Prima!
Und ich dachte schon...*kicher*
Freu mich schon aufs nächste Kapi...*jubel*
*davon springt*

(hoffe ich hab dich nicht mit meinem neuen namen verunsichert)
Von: abgemeldet
2006-04-13T11:18:24+00:00 13.04.2006 13:18
Das ist aber sehr spannend...*noch ganz in gedanken ist*
Bin mal gespannt wies mit Kai nun weiter geht.^^
Wie du es geschrieben hast, dass Kai sich selbst als kleiner Junge sah, hat mich echt beeindruckt. Das macht den Anfang eines FF, so schon echt interessant! Weiter so!*lob*
Von: abgemeldet
2006-03-28T17:30:26+00:00 28.03.2006 19:30
nun. ich war überrascht und ich war angenehm überrascht, dass es hier zu ende ging. alles andere wäre heuchlerisch gewesen und ich denke du hast gut gewählt. aye das hast du.
dennoch glaube ich nicht an diese vollkommene liebe und ich werde es auch niemals verstehen. was du geschrieben hast ist gut. keine frage. weit weg von dem was ich jemals glauben kann und vielleicht macht es gerade das aus? wer weis.
ich habe lange mit diesem kommi gezögert, weil ich erst nicht wusste was ich sagen sollte und als die worte endlich existierten erschienen sie mir leer und bedeutungslos. verloren und genauso heuchlerisch wie eine wunderheilung in dieser ff gewesen wäre.
aber ich habe dennoch geschrieben, weil ich denke dass es richtig war. also verzeih mir^^
ich denke dass besonders der schluss weites potenzial hat.
vielleicht nimmst du die ff ausaeinander und verwendest die highlights bei einer anderen geshcichte wieder. der schluss wäre gut geeignet. so mache ich es oft *lol* der grund wieso sich meine ffs so ähneln *drop*
auf jedenfall bin ich gespannt was für ein projekt du als nächstes aufgreifst. ich will wissen wozu du fähig bist. auf einem andern spielplatz. ^^
zeigs mir!


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