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A Bad FairyTale

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
An Alle, die die Hoffnung vielleicht schon aufgeben haben. Ich werde diese Geschichte definitiv zu Ende schreiben. Komplett anzeigen

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- Neue Tränen -

Kapitel 4

- Neue Tränen -
 

Die Stimme des alten Mannes brachte alle in der Taverne zum Schweigen. Hier und dort klirrte noch ein Glas, Besteck kratzte auf einem Teller, doch alle waren mit ihrer Aufmerksamkeit bei dem Märchenerzähler. Er hatte ein Ausstrahlung, die einfach nichts anderes zuließ, als sich ihm zuzuwenden.

Endlich würde Riku Informationen bekommen. Endlich hatte er den Märchenerzähler gesprochen, von dem Kairi berichtet hatte. Die Sorgen, die ihn begleitet hatten und die Verwirrung über den letzten Traum schienen plötzlich ein wenig weiter entfernt, während er darauf wartete, dass die Geschichte begann.
 

~~~
 

„Es war einmal ein junges Mädchen, sie lebte mit ihrer Familie auf einem Hof nahe des königlichen Palastes eines fernen, fernen Landes. Sie war glücklich, denn ihrer Familie ging es gut. Sie hatten Kühe und Schweine und Hühner und durch die Bestellungen, die vom Palast eintrafen auch immer genug Geld um sich Kleidung zu kaufen oder Schokolade, die das Mädchen mehr als alles andere auf der Welt liebte.

Die Tage verstrichen und das Mädchen wurde älter und reifte zu einer jungen Frau heran, während ihr Pferd zu einem stattlichen schwarzen Hengst heranwuchs. Ihr schwarzes Haar schien eins zu sein mit ihrem Hengst, der denselben Schimmer in seinem Fell trug. Ihre blauen Augen waren etwas Besonderes, hatten ihre Eltern ihr stets gesagt und sie war stolz, denn sie hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Mit ihren hingebungsvollen Art kümmerte sie sich um ihren Hengst und verbrachte viel Zeit auf dessen Rücken. Sie liebte die Ritte und den Wind, der ihr dann um die Ohren wehte. Die Freiheit, die sie verspürte, während sie fühlte, wie die kräftigen Muskeln des Tieres unter ihr arbeiteten, gab ihr ein Hochgefühl, dass all ihre Erwartungen übertraf. Die junge Frau war wild, ungestüm und doch so wohl erzogen, dass jeder, der sie auf ihrem Pferd durch die Wälder reiten sah, nicht wiedererkannte.

Und so kam es eines Tages, als sie auf ihrem Pferd weit durch das Land geritten war, dass ihr ein fremder Reiter begegnete. Die Stute des Reiters war von brauner Farbe und dessen Fell schimmerte sanft im Licht der Sonne. Neugierig auf das Pferd lenkte die junge Frau eigenes auf den Fremden zu, während sie das Pferd inspizierte. Es war gut gepflegt, kräftig und strahlte eine angenehme Ruhe aus, die auch ihrem Hengst aufzufallen schien, der seinen Kopf noch ein Stück höher zu tragen schien, als er es ohnehin schon tat.

Maya, so hieß die junge Frau, lachte mit ihrer hellen, lebhaften Stimme ob der Gebärden ihres Hengstes auf und erregte damit das Interesse des Fremden, der sichtlich an ihrem strahlenden Gesicht Faszination gefunden zu haben schien. Seine Mundwinkel hoben sich, als sie näher heranschritten und ihre Blicke sich kreuzten. Sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die hellbraunen Augen in dem fein geschnittenen Gesicht bewunderte. Der Fremde schien ein Engel zu sein, denn so wie seine blonden Haaren das Licht brachen, hatte es Maya noch nie gesehen. Unglaublich schön, unglaublich anziehend. Sie fühlte ihr Herz schneller schlagen und fasste die Zügel fester.

Sekunden verstrichen, in denen sich die Beiden nur ansahen, versunken in dem Lächeln des Anderen.

Doch schon bald wurden sie unterbrochen, als ein weiterer Fremder auf sie zugeritten kam und den jungen Prinzen rief. Anscheinend hatte er seinen Diener abgehängt, der auf seinem Schimmel stattlich aussah, aber viel zu streng zu dem Prinzen hinüberblickte.

Mayas Wangen zierte eine leichte Röte, als sie ihren Kopf höflich grüßend neigte. Noch nie hatte sie den Prinzen zu Gesicht bekommen. Immer hatte sie mit ihrem Vater das Fleisch und die Eier den Dienstmägden übergeben. Doch nun wusste sie, wer ihre Ware aß. Der Prinz lächelte sie noch immer an, seinen Diener völlig ignorierend, als sie ihren Kopf wieder hob. Ihr Herz schlug noch um einiges schneller, als der Prinz sein Pferd wandte, um zu seinem Diener zurückzukehren, während er sich über die Schulter immer wieder nach ihr umblickte.

Der Hengst unter ihren Schenkel trat unruhig von einem Huf auf den anderen, scheinbar um die Verfolgung aufzunehmen, doch Maya klopfte ihm nur sanft auf den Hals. Das war ihr Prinz gewesen, so sehr sie ihrem Pferd es auch gegönnt hätte, sie konnte ihn der Stute nicht einfach nachreiten lassen. Und so saß sie noch eine Weile auf ihrem Hengst in der Sonne und blickte in die Richtung nach, in die der Prinz verschwunden war. Erst spät wurde sie sich ihrer Kleidung bewusst, die sie schamhaft erröten ließ. Sie war wie immer in Reithosen und einem Hemd losgeritten, das leicht einem Knappen gehört haben könnte. Wirklich nicht sehr fraulich. Doch sie mochte es nicht, auf einem Kleid zu reiten. Sie musste dann viel zu darauf aufpassen, es nicht kaputt zu machen.

Die Scham über ihren Aufzug schmälerte jedoch nicht das Herzklopfen, dass sich immer wieder einstellte, wenn sie an die braunen Augen des Prinzen zurückdachte.
 

Die Tage vergingen und immer wieder kehrte Maya mit ihrem Hengst an die Lichtung zurück, an der sie den Prinzen zum ersten Mal getroffen hatte. Sie wollte gerade aufgeben, nachdem er nie erschienen war, als ein Schnauben aus dem nahen Wald zu hören war. Aufgeregt wandte sie sich in die Richtung und begann zu strahlen, als sie die braune Stute mit ihrem Reiter erkannte, die im Galopp über die Wiese flog. Kurz vor ihr, ließ der Prinz seine Stute in einen Trab fallen und war selbst außer Atem, als er sich mit einem strahlenden Lächeln an Maya wandte.

„Euren Namen.“, sagte er noch vor einer Begrüßung. „Ich weiß noch nicht einmal Euren Namen.“ Ihre Stimme schien verloren, als sie mehrmals dazu ansetzen musste, bis sie ihm endlich ihren Namen nennen konnte. Der Prinz hatte nach ihrem Namen gefragt.

Nach diesem Tage trafen sie sich öfter, ritten zusammen durch die Wälder und die Felder und dann kam der Tag, an dem Maya den Namen ihres Prinzen erfuhr. Pures Glück schien durch ihre Adern zu fließen, als sie den Namen immer wieder in Gedanken über ihre Zunge rollen ließ.

Sie lachten, spaßten, ritten, aßen die Kleinigkeiten, die Maya für sie gebacken hatte und genossen die schönen Tage so lange, bis der Prinz zurück in den Palast musste. Die junge Frau hätte sich nicht glücklicher wähnen können, bis zu dem Tag, an dem ihr Prinz einfach nicht mehr kam.

Jeden Tag aufs Neue ritt sie zu der Lichtung und wartete, doch er kam nicht.

Wenig später ereilte sie die Meldung, dass der Prinz verheiratet werden würde und sie mussten für das Fest die bestellten Tiere in das Schloss bringen. Maya, die ihre Haare bei der Arbeit immer geflochten trug, hatte wieder eine Hose und ein Hemd an, die sie bei der Arbeit wenig stören würden, als lautes Gemurmel ihnen aus der Küche entgegenschlug, wo sie den Mädgen die Tiere übergeben sollten.

Die junge Frau hatte bisher nicht aufgesehen, nicht bemerkt, wie ihr Vater in der Bewegung stockte und übergab das große Bündel Fleisch einfach in die erstbesten Hände, die vor ihr auftauchten. Seit der Bekanntmachung, dass der Prinz verheiratet werden würde, fühlte sie als wäre alles Glück und alle Kraft aus ihr herausgesogen worden. Sie vermisste die Zeit, die sie mit ihrem Prinzen verbracht hatte so sehr, dass ihr Lächeln gestorben war.

In Gedanken versunken bekam sie das erschrockene Geflüster in der Küche gar nicht mit, bis das Bündel Fleisch aus ihrem Blickfeld verschwand und ihr Name sie endlich wach rief. Vor ihr stand der Prinz, hatte tapfer das Bündel rohe Fleisch gehalten, blickte sie mit traurigem Lächeln an und rief sie bei ihrem Namen. Ein Blick aus den schönen, braunen Augen und Tränen stiegen Maya in die Augen. Ihr Herz schmerzte so sehr, dass sie dachte, es müsste jeden Moment zerbrechen. Da stand er vor ihr. In seinem edlen Anzug, wie sie ihn nur Adlige trugen und sagte immer wieder ihren Namen, leise, so unglaublich zärtlich.

Er entschuldigte sich bei ihr, für was genau verstand Maya nicht, denn der Schmerz betäubte ihre Sinne. Sie vergaß alles um sich herum, während sie ihrem Prinzen in die Augen sah. Der Abschied kam, als der Prinz ihre Hand nahm und einen zärtlichen Kuss auf ihren Handrücken platzierte. Das Gemurmel in der Küche erstarb.

„Verzeih' mir.“, sagte der Prinz noch einmal, ehe er sich abwandte, um durch die Tür in der Küche in den Palast zu verschwinden. Tränen rollten über Mayas Gesicht, als sie ihrem Prinzen nachblickte.

Ihr Vater umschlang ihre Schulter mit einem Arm, nachdem er die Bezahlung angenommen hatte und zog sie langsam weg von der Küche, weg von dem Palast, zurück auf ihren Hof, wo sich die junge Frau weinend zu ihrem Hengst zurückzog. Ihr Herz lag in Scherben. Sie würde ihren Prinzen niemals wiedersehen und sein Kuss brannte noch deutlich wie Feuer auf ihrer Hand. Sie schlief in ihrer Kleidung im Heu bei ihrem Pferd. Alle Kraft schien aus ihrem Körper verschwunden zu sein.

Sie erwachte von dem unruhigen Schnauben ihres Hengstes, dessen Ohren unruhig zuckten. Vor dem kleinen Gatter der Box stand eine wunderschöne Frau und sah auf sie hinab. Ohne, dass sie das Gatter öffnete, stand sie einen Wimpernschlag später vor Maya und kniete sich zu ihr hernieder, um sanft über ihr Gesicht zu streicheln.

„Armes Kind.“, sprach sie leise. „Ich sehe es in deinen Augen. Diesen Schmerz. Er brach dir das Herz und ließ dich so zurück, während er zufrieden in sein Leben zurückkehrte. Das ist nicht gerecht, mein armes, kleines Ding.“ Ihre Stimme war beruhigend, sanft, verständnisvoll. Ihre Hand auf Mayas Haut tat ihr gut und ließ den Schmerz ein wenig vergessen.

Wieder weinend warf sich Maya in die Arme der Frau, die sie noch nie zuvor gesehen hatte und spürte sofort Erleichterung. „Ich kann dir helfen.“, sagte die Frau dann gegen ihren Schopf. „Ich kann dich all den Schmerz vergessen lassen.“, murmelte sie leise. Maya nickte, bevor sie darüber nachgedacht hatte. Ihr Herz tat so unglaublich weh und sie hatte das Gefühl, nie wieder lachen zu können. Wie gern würde sie den Schmerz vergessen und wie gern würde sie wieder lachen können.

„Ich kann dir ein neues Leben schenken. Eine neue Chance. Wärst du eine Dame von Stand, könntest du ihn heiraten, bevor es die andere tut.“ Erstaunen lag in Mayas Gesicht, als sie zu der Frau aufblickte. War es möglich, dass jemand solche Macht besaß? War es möglich, dass sie ein anderes Leben haben konnte, indem sie den Prinzen heiraten könnte? Es erschien ihr so unwahrscheinlich und doch war es ihre einzige Chance. Der Schmerz würde vergehen, sie spürte es. Und dann konnte sie wieder lachen. Und wäre bei ihrem Prinzen.

Maya wünschte sich nichts sehnlicheres von der Frau und sie erfüllte ihr den Wunsch.

Als Maya am nächsten Tag erwachte, lag sie in einem stattlichen Bett in einem der Zimmer des Palates. Ihre blonden Haaren waren mit Blumen und Bändern geschmückt und an ihrem Körper sah sie ein wunderschönes hellblaues Kleid, dass mit dem leichten Stoff ihre Beine umspielte. Ihr Blick im Spiegel zeigte ein bezauberndes Lächeln, dass mit den blonden Haaren sie zu einem Engel machte. Schwarze Haare, blonde Haare, was machte es schon für einen Unterschied, wenn sie nun endlich bei ihrem Prinzen sein konnte.

Beschwingt rannte sie durch die Flure, während sie allmählich die Worte der Frau vergaß.

„Du hast einen Monat mein Kind. Einen Monat um den Prinzen für dich zu gewinnen. Einen Monat, dass er dir seine Liebe gesteht. Ansonsten gehörst du mir.“ Das Lachen der Hexe dröhnte in ihren Gedanken, wurde jedoch von dem Anblick des Prinzen, der gerade aus dem Morgensalon trat, völlig verdrängt.

Maya konnte sich jedoch nicht lange an dem Anblick laben, denn ihr Prinz schien von Trauer zerrüttet. In seinem Blick lag Schmerz, sein Gang schleppend und seine Haltung geknickt. Der Diener, der hinter dem Prinzen aus dem Zimmer trat, blickte ihn betrübt an. Nichts erinnerte mehr an die erhobene Haltung, die er bei ihrem ersten Treffen innehatte.

„Mein Prinz.“, hörte sie ihn sagen. „Ihr habt sie wirklich gemocht, nicht wahr?“ Der Prinz fluchte unziemlich und ballte seine Hände zu Fäusten. „Wie konnte das nur passieren? Sie war eine gute Reiterin. Wieso fiel sie vom Pferd? Wieso wacht sie nicht mehr auf?“, schrie er seinem Diener entgegen und konnte kaum seine Gefühle zurückhalten.

Im Laufe des Tages erfuhr Maya was der Prinz gemeint hatte. Sie selbst war von ihrem Hengst gestürzt, angeblich bei einem Ritt nachdem sie am Palast gewesen waren. Sie war mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen. Zumindest erzählte man das, um erklären zu können, wieso sie seitdem nicht mehr aufwachte.

Ihr Herz fühlte den Schmerz, als sie sah, wie der Prinz jeden Tag zu dem Hof ihrer Eltern ritt, um an ihrem Bett zu beten, doch sie konnte nicht aufwachen, war sie doch im Palast.

Der Prinz unterdess hatte keine Augen für eine andere. Verschob die Hochzeit und ließ Maya, die immer verzweifelt versuchte, seine Aufmerksamkeit zu bekommen, links liegen. Falten zogen sich um den verhärmten Mund des Prinzen und Trauer zog Linien um seine Augen, als die Tage verstrichen.

Am letzten Tag ging Maya zu ihrem Hengst zurück, der sie trotz ihrer Gestalt erkannte und sie nahm ihn zu einem Ausritt. Auf der Lichtung stand der Prinz neben seinem Pferd und blickte in die Ferne. Für einen Moment hatte er das Gefühl, Maya zu sehen. Maya auf sich zureiten zu sehen. Doch die Frau war blond, trug ein Kleid, schrie seinen Namen gegen den Wind. Der Prinz konnte die Tränen auf ihren Wangen sehen und blickte in das Gesicht, dass ihm schon fiel früher hätte auffallen müssen. Diese Augen gab es nur einmal auf der ganzen Welt und niemand konnte diesen Hengst so reiten, wie Maya.

Doch als er auf sie zulief und seine Arme nach ihr ausstrickte, verschwand sie. Zurück blieb ihr Hengst, der unruhig auf der Stelle trabte, bis der Prinz seine Zügel ergriff.

Der Hengst war alles, was von Maya blieb. Denn ihr Körper starb in dem Moment, als Maya verschwand.

Und der Prinz liebte sie. Bis in alle Ewigkeit.“
 

~~~
 

In der Spelunke war nun völlige Stille eingetreten. Niemand rührte sich, jeder blickte in sein Glas oder hatte seinen Liebsten in die Arme genommen. Die Stimmung war gedrückt.

Riku erhob seinen Blick, streifte den alten Mann und war in Gedanken damit beschäftigt, die Geschichte zu verarbeiten. Er hatte alles erwartet, nachdem Kairi von einem Schauermärchen berichtet hatte, doch er hatte mehr eine Gruselgeschichte für Lagerfeuer erwartet, als so eine unglückliche Liebesgeschichte. Die Frage, die nun wichtig war, war nur, ob sie ihm weiterhalf. Gab sie ihm Informationen, die er brauchte, um Sora zu retten?

Es gab durchaus Parallelen. Sora schlief, ohne zu erwachen. Riku hörte eine Frau zu ihm sprechen. Doch auch das deckte sich nicht mit der Erzählung des alten Mannes. Riku hörte die Frau. Warum sollte sie zu ihm sprechen, wenn es wirklich so eine 'Schwarze Wittwe' gab. Das machte doch alles keinen Sinn. Außerdem waren da noch andere Stimmen. Die Stimmen, die Riku gesagt hatten, dass er Sora zu ihnen bringen sollte. Doch die Frau hatte gesagt, die anderen Stimmen wollten Sora töten.

Es gab einfach zu viele Ungereimtheiten, als dass er sie mit dem Märchen hätte in Einklang bringen können. Außerdem war das in der Geschichte eine Frau gewesen und ihr Herz war gebrochen worden. Sora ging nie aus, wer sollte also sein Herz gebrochen haben? Und dann war da auch noch diese alte Frau, die Riku verfolgte und zu diesem Märchenerzähler geschickt hatte. Das alles war so unglaublich verwirrend, dass Riku bald nicht mehr wusste, wo sein Kopf stand.

Es war eigentlich nicht möglich, dass diese Geschichte irgendetwas mit Sora zu tun haben konnte und doch hatte ihn bisher alles zu diesem alten Mann gebracht. Alles was passiert war, hatte dazu geführt, dass er ihn suchte. Er konnte diese Chance nicht verstreichen lassen, ohne dass er mit dem alten Mann geredet hatte.

Doch dieser hatte sich bereits nach seinem Bier erhoben und verließ die Spelunke gerade, als Riku von seinem Whiskey aufsah. Hastig knallte er Taler auf den Tisch und folgte dem Alten in die Nacht hinaus. Doch er sah ihn nicht mehr. Es war wie verhext. Ständig verschwanden Menschen fast direkt vor seinen Augen. Wie konnte das nur sein?

Er hatte die einzige Chance mit dem alten Mann zu reden, vertan.

Riku wollte seine Wut in die Nacht herausschreien, als ein leises Flüstern seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dort in der Gasse zwei Häuser weiter, sah er sie. Die alte Frau.

Jetzt oder nie. Er wollte antworten. Egal von wem.

Die Gasse lag dunkel und nur ein wenig des Mondlicht schien sie zu erhellen, als er hineintrat. Die alte Frau nahm ihre Kapuze herunter und sofort schien es, als würden ihre Haare das Mondlicht reflektieren. So helle Haare, hatte Riku noch nie gesehen. Fast weiß, wie bei einem Geist.

„Wer bist du und was wird hier gespielt?“, fragte er dann ungehalten an die alte Frau gewandt.

Schmerz zog über ihr Gesicht, als sie ihn ansah. „Riku...“ Schon wieder. Sie kannte seinen Namen. Woher kannte sie seinen Namen? „Ich... Es tut mir Leid.“, sagte sie leise und erschien im Mondlicht so unendlich traurig, dass Riku einen tiefen Schmerz durch sein Herz ziehen fühlte. Grenzenlos schien die Tiefe in den Augen der Frau zu sein. Es war Riku als könnte er direkt in sie hineinblicken, aber konnte doch nichts erkennen.

„Ich...“, sagte sie, stockte jedoch im Wort und blickte sich panisch zu den Seiten um. Sie trat auf Riku zu und griff an seine Oberarme um ihn festzuhalten. Sie beugte sich dicht zu ihm und Riku roch diesen einzigartigen Geruch. Er erinnerte ihn an jemanden. An Sora und... Es wollte ihm einfach nicht mehr einfallen. Sein Kopf schien an der Stelle ein einzig großes Loch zu bilden. Irgendetwas Wichtiges hatte er vergessen. Wenn er sich doch nur daran erinnern könnte.

Die alte Frau zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, als sie sich nah an sein Ohr heranbeugte. „Gehe nach Radiant Garden. Ich werde dich dort finden, Riku. Verzeih' mir bitte.“

Riku hatte noch nicht richtig begriffen, was sie ihm so eben mitgeteilt hatte und beschäftigte sich noch mit der Frage, woher sie seinen Namen kannte und was er einer Frau zu verzeihen hatte, die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, als sie sich schon von ihm abstieß und schnellen Schrittes in der Dunkelheit verschwand, während sie sich die Kapuze wieder über ihren Kopf zog.

Riku blieb zurück mit dem Gefühl abermals etwas Wichtiges verloren zu haben.
 

- - -

Unruhig schlafend wälzte sich Riku von einer Seite auf die andere. Maya verfolgte ihn in seinen Träumen, ebenso wie der Prinz und der Hengst. Traurigkeit überschüttete ihn, nahm ihn gefangen und drohte ihn in ihren Tiefen zu fangen.

Dann wurde alles schwarz. Wieder herrschte diese Stille, die Riku doch so laut erschien, dass sie in seinen Ohren schmerzte. Er wollte sie nicht mehr, diese Träume. Sie machten ihm allmählich wirklich Angst.
 

- Hallo ist da wer?, fragte er in die Stille hinein.
 

„Riku!“
 

- Da war sie wieder, diese ängstliche Stimme.
 

„Sora ist in Gefahr! Sora wird sterben!“
 

- Das sagtest du bereits! Was ist hier los? Was wird hier gespielt? Ich habe keine Lust mehr!
 

„Riku! Höre nicht auf sie! Bring ihn zu uns! Nur wir können Sora retten!“
 

- Die Anderen. Wem nur konnte er trauen?
 

„Riku! Die Zeit rennt! Er stirbt!“
 

„Riku! Beeil dich! Du musst ihn zu uns bringen!“
 

- Gebt mir Sora zurück!
 

Stille.

Unsägliche Stille.

Und dann ein Schrei.

Jemand ruft ihn.

Diese Stimme!

Sora!
 

Und da war er wieder. Tauchte mit diesen unendlich traurigen Augen auf und rief nach ihm. Riku versuchte auf Sora zuzulaufen, versuchte seine Hände zu nehmen. Doch so schnell er auch lief, er konnte nicht zu ihm gelangen.

Hände tauchten hinter Sora aus dem Nichts auf und griffen nach ihm. Zogen ihn weiter von Riku weg.

Riku hörte die Angst in Soras Stimme hören, spürte sie, als wäre es seine eigene und schrie seinen Namen, während die Gestalt wechselte und die alte Frau erschien. Eine Träne rann über ihr Gesicht, als sie die Hand nach ihm ausstreckte und leise sagte: „Verlass mich nicht...“. Dann war sie verschwunden. Verschluckt von der Dunkelheit und noch ehe Riku alles begriffen hatte, setzte das Vergessen ein.
 

- - -
 

Mit dröhnenden Kopfschmerzen erwachte Riku am nächsten Morgen und fühlte abermals, etwas Wichtiges vergessen zu haben.

Einzig das Gefühl, dass er wusste, was sein nächstes Ziel war, war ihm geblieben.

Radiant Garden.

Er wusste nicht warum oder wieso. Aber es war richtig. Er musste dort hin. Je schneller um so besser.

Vielleicht würde er endlich klären können, wer diese schrecklichen Stimmen in seinen Träumen waren.
 

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