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Assassin

von

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Hallo erst mal an alle meine Leser!

Ich danke euch, dass ihr meine Geschichte liest und geduldig auf updates wartet, es hat auch recht lange gedauert, was ich ungemein bedauere. Ich schreibe noch an einem FF von Slayers und das nimmt auch einige Zeit in Anspruch, wie auch mein Studium aber ich bemühe mich jetzt doch wesentlich öfters zu updaten.

Mein besonderer Dank geht an meine Betaleserin Abendröte (danke dir noch mal!!!)und an DarkAngel-Zellas, die viel für die Verbreitung meiner Geschichte gatan hat (großen Dank noch mal!!!)

Ich hoffe ihr mögt das neue Kapitel. Viel Spaß beim Lesen :)
 


 

Um nicht aufzufallen blätterte Jack noch einmal die Berichte durch, hörte aber dabei dem vor ihm statt findenden Gespräch zu.

McCannon saß an seinem Schreibtisch und sah erwartungsvoll zu seinem Gegenüber.

„Wie darf ich Ihnen dienen, Mayor?“

„Ich denke, für das erste müssten Kopien der Fälle ausreichen. Wenn wir noch was benötigen, kontaktieren wir Sie,“ antwortete der Mayor betont höfflich.

Tony war etwas erstaunt, dass der Mayor nur die Kopien haben wollte. Eigentlich hatte er sich auf ein langes Frage Frage- und Antwortspiel vorbereitet und war jetzt etwas verwirrt, fing sich aber recht schnell und nickte seinem Gegenüber zu.

„Wie Sie wollen. Ich lasse die Fälle kopieren und sie können diese dann heute Abend oder morgen Früh abholen.

„Könnte man das ganze nicht irgendwie beschleunigen, so dass es gleich gemacht wird und ich die Kopien mitnehmen kann?“ Fragte der Mayor immer noch recht höflich, aber seine Stimme zeigte die ersten Spuren von Ungeduld.

Jetzt war Tony richtig überrascht. Ihm war bisher nicht wirklich klar gewesen, was für ein dringliches Interesse das Militär an den Fällen des Hitokiri hatte. Er sah den Mayor etwas länger an und meinte dann: „Gut, ich werde gleich veranlassen, dass die Fälle kopiert werden, aber Sie müssten dann etwas warten, bis die CDs gebrannt werden.“

„Das ist schon in Ordnung, ich warte solange. Danke“, sagte der Mayor und reichte Tony die Hand zum Abschied.

„Kein Problem, Mayor. Warten Sie einfach im Flur, die CDs werden Ihnen gebracht,“ meinte Tony und nahm schon den Telefonhörer ab, um das benötigte in die Wege zu leiten.

Jack saß noch immer an seinem Bürotisch und blätterte in den Fällen. Die ganze Unterhaltung gab ihm keine richtig aufschlussreichen Informationen darüber, wieso sich das Militär für den Hitokiri-Killer interessierte. Dieser Sache musste er noch nachgehen.

********************
 

Schon eine Woche lang befand sich Ann in der Gewalt des Killers. Die Tage flogen nur so an ihr vorbei. Es fand ein gewisses Einleben statt. Auch wenn ein bestimmter monotoner Trott entstand, wirkte dieser beruhigend auf die Situation der letzten Tage. Zwar blieb Ann öfters allein in der Wohnung, doch sie versuchte dies durch Kochen oder Aufräumen zu überbrücken. Ray nahm ihre Bemühungen so hin, als wenn es schon normal wäre.

Es war Freitagabend. Das Abendessen verlief in gewohnter Stille.

„Ich nehme erst einmal ein Bad. Du hast doch nichts dagegen?“ Ray schüttelte als Antwort nur den Kopf, was für Ann zur Normalität geworden war. Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und begab sich ins Badezimmer. Endlich konnte sie sich in das heiße Wasser legen und entspannen. Kurze Zeit später hörte sie das Klicken der Wohnungstür. Ray war ohne ein Wort gegangen. Nach dem schönen und erholsamen Bad überlegte Ann, wie sie die Zeit sinnvoll verbringen könnte. Sie sah sich um. Plötzlich kam ihr eine Idee. Die ganze Woche über hatte sie kaum Zeit gehabt, sich in der Wohnung genauer umzusehen. Jetzt konnte sie das nachholen. Ihre Erkundungstour begann sie im Schlafzimmer. Als erstes durchsuchte sie den großen Kleiderschrank, fand aber nichts für sie Interessantes. Als nächstes nahm sie sich den Nachtschrank vor. Dort entdeckte sie in einem Umschlag einige Fotos, auf denen der junge Ray mit seiner Familie zu sehen war. Sogar als Kind war er schon recht hübsch, jedoch mit einem für ein Kind ungewöhnlich ernsten Blick. Eine Zeitlang blieb hr Blick an den Fotos hängen, dann legte sie diese jedoch zurück und setzte ihre Erkundungstour im Wohnzimmer fort. Dort sah sie sich als erstes die Büchersammlung an, wo ihr sofort ein bestimmtes Buch auffiel, nämlich „Schuld und Sühne“ von Fjodor M. Dostojewski. Sie nahm es aus dem Regal und öffnete es. Dabei fielen verschiedene Briefe heraus, die sie in ihrer Neugier sofort zu lesen begann:
 

„Mein lieber Sohn, 11.05.1989
 

endlich mal fand ich die Zeit, dir diesen Brief zu schreiben. Ich hoffe, dir geht es gut und im Internat läuft alles zu deiner Zufriedenheit. Vater fragt sich, ob du auch schön fleißig lernst? Aber so, wie ich dich kenne, machst du das sicher. Du bist ja mein Guter! Deiner Schwester geht es auch gut. Wie du wahrscheinlich vermutest, geht sie viel aus und amüsiert sich. Wie immer bleibe ich zu Hause und kümmere mich um den Haushalt. Gestern habe ich dein Leibgericht gekocht. Schade, dass du nicht da sein konntest. Cathrine hat sich wieder mal in den Kopf gesetzt, dass sie unbedingt Klavier spielen möchte. Meine armen Ohren! Wie du weißt, wird sich das nach zwei Wochen wieder erledigt haben. Gesundheitlich geht es deinem Vater gut, darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen.

.....“
 

Hier stoppte Ann. Tief berührt legte sie den Brief beiseite und wischte sich die kullernden Tränen aus dem Gesicht. In ihr kamen Erinnerungen an ihre eigene Zeit im Internat auf und auch daran, wie ihre Mitschüler Briefe von Familie und Verwandtenbekommen hatten und sie selber nicht. Ihr wurde klar, wie persönlich der Brief war, wie nahe Ray seiner Mutter gestanden haben musste. Ann erkannte, dass sie kein Recht hatte, in Rays persönlichen Erinnerungen an seine Mutter zu wühlen. Sie legte die Briefe wieder zurück in das Buch und stellte dasselbe wieder an seinen Platz. Als nächstes begab sich Ann zu dem an der von ihr aus gesehenen rechten Wand befindlichen Sideboard. In den oberen Schubläden war, außer ein paar Socken, nichts Interessantes. In einer der unteren Schubläden entdeckte sie eine Schatulle. Diese fiel ihr in die Augen, da sie aus Elfenbein bestand und wundervoll geschnitzt war. Auf dem Deckel schlängelten sich Rosen um ein Schwert. Abermals von der Neugierde überwältigt öffnete sie die Schatulle. Was sie dort sah enttäuschte sie. Zwei einfache aus Metall bestehende Ketten waren der Inhalt. Vorsichtig nahm sie diese heraus. Erst jetzt merkte Ann, dass an den Ketten längliche Plaketten befestigt waren, auf denen etwas geschrieben stand. Etwas in Ann regte sich und sie betrachtete sie sich genauer. Auf der einen stand: „Quinta 01101982 - N.Y.“ und auf der anderen: „Primus 19101973 - N.Y.“. Leicht verwirrt legte sie die Ketten wieder zurück, da sie in diesem Moment nichts damit anfangen konnte. Als sie die Schublade gerade geschlossen hatte, hörte sie den Schlüssel im Schloss. So schnell sie vermochte rannte sie ins Schlafzimmer und schloss hinter sich leise die Tür. Nach einigen Minuten kam Ann wieder aus dem Zimmer als wäre nichts gewesen. Ray zog gerade seine Jacke aus und hing sie an den Kleiderbügel.

„Wo warst du? Hättest ja wenigstens was sagen können!“

Ray ignorierte sie wieder mal. Jetzt kam ihre, in der letzten Woche entwickelte „Waffe“ zum Einsatz: Sie redete so viel, bis Ray etwas antworten musste. Ann provozierte ihn solange, bis er es nicht mehr ignorieren konnte und etwas sagte, auch wenn es nur ein dummer Spruch war.

„Du kannst doch nicht einfach verschwinden, ohne ein Wort zu sagen. Was ist, wenn ich mir Sorgen mache? Ich war fast schon so weit, die Polizei anzurufen, weil du so lange weg warst. Hast du nichts dazu zu sagen?“, sprudelte es nur so aus Ann heraus. Ray stand fassungslos da und wusste im ersten Moment gar nicht, was gerade passiert war

„Hast du ein Problem?“

„Ja, du bist mein Problem. Gehst einfach so weg und nimmst mich nicht mit. Ich sitze dann hier wie ein altes Hausmütterchen, welches auf seinen Ehemann wartet.“

Ray platzte jetzt der Kragen. Schon seit einer Woche terrorisiert sie ihn mit ihrem Redeschwall. Er wusste schon, dass sie das extra machte, um ihn zu reizen und versuchte, sich dagegen mit seiner Gleichgültigkeit zu wehren. Doch langsam vermochte er es nicht mehr.

„Hör auf, mich zu nerven! Kannst du nicht endlich mal ruhig sein?“

„Hättest du wie ein normaler Mensch gleich geantwortet, müsstest du das nicht ertragen! Gute Nacht“ Damit drehte sich Ann um und ging schlafen.

Ray stand noch eine Zeitlang da, bevor auch er versuchte zu schlafen.

Früh am nächsten Morgen weckte das Klingeln des Telefons Ray auf. Er ging sofort ran. Auf der anderen Seite war die ihm bekannte und verhasste Stimme.

„Du hast heute Post. Versag aber nicht, wie beim letzten Mal!“ Ray legte ohne etwas zu erwidern auf. Einen Moment lang stand er regungslos da, bevor er sich schleichend ins Schlafzimmer begab, um sich Kleidung zu holen. In der Annahme, dass Ann noch schlief, ging er nur in Shorts ins Zimmer. Ann dagegen wachte durch das Telefon auf, blieb aber im Bett liegen und beobachtete unauffällig den hereinkommenden Ray. Panik breitete sich in ihr aus, als sie an all die schrecklichen Dinge dachte, die er mit ihr machen könnte. Stattdessen holte er nur einige Sachen aus dem Schrank und verschwand wieder. Ann konnte aufatmen.

Mit den Kleidern in den Händen ging Ray ins Badezimmer und zum ersten Mal , seit das Mädchen da war, guckte er sich im Bad um. Überall schien ihre Präsenz spürbar, neben seiner Zahnbürste war auch ihre; Creme und andere „Mittelchen“, die er nicht identifizieren konnte, standen neben dem Spiegel. Sie war gerade mal eine Woche da und schon veränderte sich das Bild des Apartments. Das für ihn schockierende an der Sache war, dass es ihn nicht störte.

Ann war schon im Begriff, wieder einzuschlafen, als sie das Schließen der Wohnungstür hörte. Ray ließ sie wieder mal alleine.

Einen schwarzen Briefumschlag in den Händen haltend, ging Ray nach draußen, wo es noch dunkel und kalt war. Er saß schon im Auto, als er den Umschlag öffnete. Drinnen befand sich ein Foto, auf dessen Rückseite sich die Adresse seines neuen Opfers befand. Nachdem er den Umschlag auf den Beifahrersitz gelegt hatte, ging er noch kurz in sich, um für den Auftrag bereit zu sein. Noch einen Fehlschlag konnte er sich nicht erlauben. Ray fuhr los. Sein nächstes Ziel war die „Theresa von Foligno“ - Kirche. Die Kirche lag in einem heruntergekommenen Viertel von New York. Das Gebäude war irgendwann in den 60er Jahren gebaut worden und seit dem nicht mehr saniert. Überall an den Wänden fielen bunte Graffitis ins Auge. Ray stieg aus seinem Wagen aus und winkte einen Jungen zu sich. Er holte einen 20 $ Schein aus seiner Tasche und zeigte ihn dem Jungen.

„Den kriegst du, wenn ich ein paar Informationen von dir bekomme.“

Der Junge nickte nur.

„Kennst du einen Reverend John Hamilton?“

„Klar, Mann! Den kennt jeder im Viertel. Das ist ein Arschloch, der Kerl.“

Ray fragte weiter: „Hält er heute Abend die Messe? Wenn ja, will ich wissen, wann sie anfängt und wann sie endet. “

„Tut er immer. Gegen acht beginnt sie und Schluss ist meistens gegen zehn.“

Ray gab dem Jungen das versprochene Geld und ging. Um den restlichen Tag zu überbrücken fuhr er zu seinem Schwertmeister, um noch etwas zu üben. Dort wechselte er sein Gefährt vom Auto zum schwarzen Motorrad.

Am Abend kehrte er, bis aufs kleinste Detail vorbereitet, zu seinem Ausgangspunkt zurück. Ray beobachtete, wie die Leute die Messe verließen. Er wartete noch ein paar Minuten vor der Kirche, bevor er leise und unbemerkt hineinschlich. Dort sah er, wie der Reverend vor dem Altar kniete und sein allabendlich letztes Gebet sprach. Er näherte sich dem Priester, zog sein Schwert und hielt es ihm mit der kalten Klinge an den Nacken. Dabei sprach er kaum hörbar: „Reverend John Hamilton, bereite dich auf deinen Tod vor.“

Um den Menschen sehen zu können, der ihm das Leben nehmen wird, drehte sich der Reverend langsam um und sah in erbarmungslose und kalte Augen eines Mannes, der in seinem tiefsten Inneren von Schuld zerfressen ist. Dies erkennend sagte der Priester in sein Schicksal ergeben: „Ich bin vorbereitet auf den Tod, bist du es auf das Leben?“

Ohne zu zögern schlug Ray zu. Dem folgte ein dumpfer Aufschlag. Er steckte das Schwert in die Schwertscheide, drehte sich um und ging. Der leblose Körper blieb in einer Blutlache in der Stille zurück.

Der frische Wind, der ihm beim Motorradfahren ins Gesicht wehte, vermochte es nicht, seine Wut zu lindern. Auch das gefährlich schnelle Fahren erleichterte nicht seine Schuld. Das Blut seines Opfers klebte nicht nur an seiner Jacke, sondern auch an seiner Seele. Bis aufs tiefste bedrückt kam er in seiner Wohnung an. Das Licht zeigte ihm, dass Ann noch wach war. Sofort empfand er sie als störend. Gerade jetzt brauchte er seine Ruhe, um sich zu erholen und keine aufmüpfige Göre, die ihm das Leben zusätzlich erschwerte. Auf das Schlimmste vorbereitet ging Ray in die Wohnung. Ann erwartete ihn bereits mit einer Predigt auf den Lippen. Die ersten Worte starben auf ihren Lippen, als sie ihn sah. Auf seiner Jacke und seinem Gesicht waren deutlich Blutspritzer zu sehen. Seine Augen verrieten sofort, wo er gewesen war. Ann stand einige Momente geschockt da, sah ihn aber dann vernichtend und angewidert an, bevor sie ins Schlafzimmer verschwand. Ray seinerseits ließ sich dadurch nicht stören, da er mit solch einer Reaktion gerechnet hatte. Stattdessen nahm er seinen gewohnten Trott auf, in dem er sein Schwert abnahm und putzte und sich danach duschen ging. Trotz des Duschens fühlte Ray noch immer eine starke Unruhe. Die letzten Worte des Reverend hallten immer noch in seinem Kopf nach.

Das einzige, was das jetzt noch verstummen lassen konnte, war sein Cello. Entschlossen, sich von nichts und niemandem stören zu lassen, holte er sein Musikinstrument und setzte sich auf einen Stuhl vor dem Kamin. Die ersten leisen Töne des Cellos erfüllten den Raum mit weichen Klängen. Ann wurde hellhörig. Neugierig, woher die Klänge kamen, schlich sie leise zur Tür und öffnete diese. Der Anblick, der sich ihr bot, verschlug ihr für einen Moment den Atem. Im warmen Licht des Feuers saß Ray und spielte auf einem Cello.

Ohne zu überlegen ging sie wortlos auf ihn zu und setzte sich direkt neben ihn auf den Boden. Die wehmütige und melancholische Musik berührte tief ihre Seele. Es war so, als würde die Musik ihr eine traurige Geschichte erzählen. Ohne es zu merken lehnte sich Ann immer mehr an Ray an. Allmählich schlief sie ein. Ray hatte sie natürlich schon, als sie das Wohnzimmer betretten hatte bemerkt, sein Spiel jedoch hatte er nicht unterbrochen. In diesem Moment war es ihm egal, dass sie dabei zuhörte. Dadurch, dass sie sich wortlos neben ihn setzte, überraschte sie ihn diesmal wirklich. Allein durch ihre Anwesenheit schaffte sie es, Ray einen gewissen Trost zu spenden. Zum ersten Mal in seinem Leben war er nach einem Mord nicht alleine.

Das Mädchen, das er noch vor einer Woche hatte töten sollen, schien jetzt friedlich und mit einem gewissen Vertrauen, an sein Knie angelehnt, eingeschlafen zu sein. Schon diese Tatsache schien beruhigend auf seine Seele einzuwirken. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr er sich an Anns Geruch gewöhnt hatte. Er hatte etwas an sich, was ihm ein Gefühl von zu Hause und Normalität vermittelte. Die Wärme ihres Körpers wärmte seine eiskalte Seele. Nach einigen weiteren Augenblicken erstarben die letzten Töne der Musik. Stille übernahm wieder die Oberhand. Ray legte das Cello beiseite und nahm Ann auf seine Arme. Zielstrebig ging er ins Schlafzimmer und legte sie sanft aufs Bett. Einen Moment lang verharrte er vor ihr und nahm ihr Bild in sich auf, bevor er sich umdrehte und ging. Auch diese Nacht wurde wieder unruhig und schlaflos.

Der Morgen kam für Ann wie immer viel zu früh. Sie hörte einige Geräusche aus dem Nebenzimmer; Ray schien auch aufgestanden zu sein. Etwas verschlafen guckte sie auf den Wecker. Es war gerade mal 08:00 Uhr. Plötzlich fiel ihr etwas ein: Sie war doch nicht in ihrem Bett eingeschlafen, sondern im Wohnzimmer. Dann war es wohl Ray gewesen, der sie hierher gebracht hatte. Hinter der eiskalten Fassade schien doch noch ein Mensch versteckt zu sein, dachte Ann. Unwillig stand sie aus dem warmen Bett auf und zog sich für das Frühstück an.

Ray saß schon am Tisch, aß aber noch nichts, auf seinen Kaffee wartend. Als sie rein kam beachtete er sie gar nicht, keine Begrüßung, keinerlei Anzeichen dafür, dass er sie überhaupt wahrnahm. Ann ließ sich aber davon überhaupt nicht abschrecken, sie hatte ja ihre „Waffe“. Mit einer zuckersüßen Stimme, die Ray innerlich zusammenzucken ließ, sagte sie: „Ich wünsche dir einen schön guten Morgen, Ray! Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Ich zumindest hab geschlafen wie ein Baby. Dabei hatte ich einen wirklich schönen ...“

Ray unterbrach sie mitten in ihrem Satz.

„Sei still!“

Ann war kein Stück davon beeindruckt und nahm ihr Geplapper wieder auf.

„Also, wie ich schon sagte, hatte ich heute einen schönen Traum.“

Ray sah sie vernichtend an und meinte: „Wieso kannst du nicht einfach deinen Mund halten?!“

Sie entgegnete jedoch nur: „Und wieso um alles in der Welt kannst du dich nicht wie ein normaler Mensch benehmen?“

Als Antwort sah Ray sie nur grimmig an. Einige Zeit herrschte Ruhe. Ann aß aber trotzdem nichts, sie saß nur da und sah ihn forschend an. Ray versuchte es eine Zeitlang zu ignorieren, schaffte es aber nicht und fragte gereizt: „Was?“

Ann schwieg einen Moment lang, bevor sie ruhig antwortete:

„Du kannst wirklich traumhaft Cello spielen.“

Ray war etwas überrascht, mit solch einer Antwort hatte er nicht gerechnet. Er hatte total vergessen, dass sie ihn gestern spielen gehört hat.

„Warum spielst du nicht öfters?“, fragte sie weiter.

„Es geht dich nichts an“, antwortete er verärgert.

Enttäuscht von seiner Reaktion, blieb Ann einfach weiter still sitzen. Eigentlich hatte sie gehofft, er würde sich ihr gegenüber wenigstens etwas entgegenkommender verhalten. Langsam aber sicher wusste sie nicht mehr, was sie machen sollte, all ihre Taktiken schienen keinen Erfolg zu haben. Er war immer noch sehr wortkarg und eiskalt.

Plötzlich klingelte es an der Tür; Ray stand auf und ging in Richtung dieser. Als er sie aufgemacht hatte, sah er den Portier stehen.

„Hier, ihre bestellte Zeitung,“ sagte er, reichte ihm diese und ging wieder.

Mit der Zeitung in der Hand kehrte Ray zurück an den Tisch und legte sie achtlos hin. Ohne etwas zu sagen wendete er sich wieder dem Frühstück zu. Anns Blick fiel sofort auf die Schlagzeilen des Tages: „Enthaupteter Priester - Hitokiri hat wieder zugeschlagen“.

Ahnend, was komen wird, nahm sie die Zeitung und las weiter:

„Der Körper des engagierten Reverend John Hamilton wurde heute Morgen enthauptet aufgefunden. Die Leiche befand sich abscheulicherweise direkt in der „Theresa von Foligno“ - Kirche, in der der Reverend bereits seit 25 Jahren predigte. Der brutale Mörder musste zwischen zehn und elf Uhr Abends eingedrungen sein und den Priester bei seinem allabendlichen Gebet überrascht haben. Auch wenn von polizeilicher Seite noch keine Bestätigung vorliegt, ist es sicher, dass es das Werk des „Hitokiri“ ist. Somit hatte der Reverend keinerlei Chancen ...“

Hier stockte Ann. Sie erinnerte sich noch zu gut an gestern, als Ray ungefähr gegen elf Uhr blutverschmiert in der Wohnung gestanden war. Jetzt wusste sie, was passiert war. Sie warf ihm die Zeitung wütend vor die Nase und schrie ihn an: „Du warst das, nicht wahr? Ein wehrloser Priester. Tiefer kannst du gar nicht mehr sinken!“

Ohne auf eine Antwort zu warten, stand sie schlagartig von ihrem Stuhl auf und ging.

Enttäuschung,, Wut und eine gewisse Verzweiflung schnürten Ann die Kehle zu und nur leise Tränen liefen ihr die Wangen hinunter, als sie sich im Schlafzimmer an das Fenster stellte und in die erwachende Stadt runterblickte. All ihre Hoffnungen, dass der Killer eine Seele und damit eine gewisse Menschlichkeit besaß, waren mit gestrigen Mord im Keime erstickt worden. Was war das nur für ein Mensch, der einen wehrlosen Priester in seiner Kirche tötete?! Mit was für einem Monster lebte sie eigentlich schon die ganze Woche zusammen? Würde er sie auch so erbarmungslos töten wie den Priester? Ann hörte, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel und wusste, dass der Killer die Wohnung verlassen hatte. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie gedacht, dass er vor ihr floh, aber dieser Mensch hatte keine Seele und wie sie glaubte würde er vor niemandem weg fliehen. So blieb sie allein mit ihrer Enttäuschung und Trauer in der kalten und trostlosen Wohnung des Killers zurück.
 

Ray konnte es in der Wohnung nicht länger ertragen, er musste einfach weg, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war. Unbewusst begab er sich zu seinem Wagen, blieb davor stehen und lehnte sich dann an den Wagen an, um in Ruhe nachzudenken. Noch nie hatte er Gesellschaft gehabt, nachdem er einen Mord begangen hatte und jetzt war sie da und machte ihm schwere Vorwürfe.

Sie war seine personifizierte Schuld, die ihm seine Verbrechen und seine Unmenschlichkeit noch mal in die Seele einbrannte. Obwohl hatte er noch eine Seele oder war da nur die Hülle übrig, die automatisch funktionierte? Ray bezweifelte, dass er noch eine Seele besaß, er hatte sie sicher schon in dem vielen Blut seiner Opfer ertränkt. Doch eine Frage blieb: Wieso konnte er ihr dann nicht in die Augen blicken und angesichts ihrer Anschuldigungen laut lachen? War vielleicht eine kleineres Stück seiner Seele doch noch übrig und wehrte sich gegen die Fluten von Blut? Nein, er wusste es besser, seine Seele war schon längst komplett in den roten Fluten versunken und es gab kein Zurück mehr. Es gab nur das eine Ziel, das ihn noch aufrecht hielt und für das er seine Seele im Blut der Opfer ertränkte und dieses Ziel würde er erreichen, koste es was es wolle. Mit diesem Gedanken setzte er sich in den Wagen und fuhr los, eine Runde um den Block würde reichen, um seine innere Ruhe wieder zu finden, dann konnte er wieder in die Wohnung und sich ihr stellen.

Als Ray die Wohnung wieder betrat, fand er Ann beim Abwasch vor. Sie schien sich wieder beruhigt zu haben. Sie würdigte ihn keines Blickes, als er in die Küche kam, um sich eine Flasche Mineralwasser zum Trinken zu nehmen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
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Von: abgemeldet
2006-10-22T17:55:32+00:00 22.10.2006 19:55
So!
Endlich hab ichs geschafft zu schreiben^^
Wollts eigentlich schon machen als es rausgekommen ist, nur hat da irgendetwas mim PC net gestimmt, wie auch immer!
Wieder einmal ein Spitzenkapitel weißt du das? *grins*
Is einfach voll niedlich zw. den beiden, ich denke dass sich da was anbahnt, ne?
Und diese Sache mit der Seele hat mich irgendwie tief berührt, nachdem er den Pfarrer enthauptet hat, klang wirklich poetisch, hätt ich nicht besser machen können *seufz*.
Ach und nochwas: Du brauchst dich bei mir nicht zu bedanken, war eine Selbstverständlichkeit dass ich bei so einer tollen FF nachhelfen musste, tu ich immer wieder gerne *lächel*
Schade dass ich diesmal beim Kommischreiben nicht die erste bin, vielleicht beim nächsten Mal *zwinker*
Schön dass es jetzt Kommischreiber gibt, freut mich riesig und zu deiner Slayers-FF: Mach weiter so!! *anfeuer*
Schreib weiter Süße *zwinker*
hdgdl
deine liebe
DarkAngel-Zellas^^
Von: abgemeldet
2006-10-16T19:31:10+00:00 16.10.2006 21:31
Ich mag dieses Kapitel auch, besonders, da es hauptsächlich um Ray und Ann geht und denke nicht, dass es etwas zum kritisieren gibt.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, also schreib schön weiter^^

PS.
Danke für die ENS.
Von:  Stoff
2006-10-16T18:49:34+00:00 16.10.2006 20:49
hey bin erste ^^
also ich find das kapie ma wieder echt gelungen,
ich finds suuuupppi!
also schreib schnell weiter, ich warte tag für tag ^^


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