Zum Inhalt der Seite

Amazonen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Regen

Es regnete.

Schon seit Tagen.

Sobald man ein Haus verließ versanken einem die Stiefel im Schlamm, der von den Bergen herabrann.

Die Leute waren beschäftigt, die Dämme zu verstärken und die Bergpfade abzuschirmen, damit keine Schlammlawinen durch die neugebaute Hauptstadt rauschten.

<Wir müssen das Gebiet bewalden.. dann rutscht der Schlamm sicher nicht mehr so leicht ab..> überlegte er und wischte sich fahrig die Haare aus der Stirn. Irgendwann müsste er mal einen Barbier aufsuchen um sich das Unkraut, dass mancherorts als Haar bezeichnet wurde, kürzen zu lassen.

Ordnen war sowieso nicht drin.

Seufzend hob er den Blick an und versuchte den Regenschleier zu durchdringen, wenigstens einen flüchtigen Blick auf den großen blauen Mond zu werfen, aber Fehlanzeige. Langsam fing der Regen an ihn anzuöden und verdarb ihm gründlich die Stimmung.

<Reiss dich zusammen, du hast genug zu tun.> rief er sich selbst zur Ordnung und widmete sich wieder dem Brief, der vor ihm Lag.

Draydens saubere Handschrift verschwomm vor seinen Augen und er war sich sicher, den gleichen Abschnitt nun schon dreimal gelesen zu haben.

Warum konnte der Kerl sich nicht einfach mal einfach ausdrücken?

<Natürlich nicht, er will mich ja ärgern.>

Seufzend fing er nochmal am Anfang an.
 

'Sehr verehrter König Van de Fanel zu Fanelia,
 

Kaufmann Drayden entbietet euch...'
 

Was für ein sinnloses Blabla. Ärgerlich knüllte er den Brief zusammen, stand auf und griff sich sein Schwert, schnallte es sich im gehen um die Taille.

Ein paar Kendo Übungen würden ihn auf andere Gedanken bringen, hoffte er jedenfalls.

Immerhin konnte er dabei aus den blöden Gewändern heraus, die ihn beständig daran erinnerten, dass er nicht mehr auf der Flucht war, dass er längst in einen anderen Krieg verwickelt war. Den Krieg gegen Lieferknappheiten, Krankheiten, Lohnzahlungen, Truppenübungen, Lieferknappheiten, und, hatte er da schon dran gedacht? Lieferknappheiten!

Immerhin hatte er mit Drayden aushandeln können dass ihn dessen Händler mit allem nötigen versorgten auf Kredit. Besonders glücklich war er damit nicht, aber ehe ihm seine Leute verhungerten war er bereit alles zu tun.

Wenigstens wusste er, dass Drayden ihm nicht einfach in den Rücken fallen würde, sowieso, da er ihm umfangreiche Rechte zugesprochen hatte, die ihm einen Riesenvorteil brächten, wenn Fanelia aus dem gröbsten heraus war.

Derzeit konnte er ja nichteinmal Steuern erheben oder sowas; er selbst lebte grade mal von einfachsten Speisen und gönnte sich höchstens den Luxus eines täglichen Bades. Sein 'Palast' war eine eilig aus Stein zusammengezimmerte Hütte. Zwar bestanden die Leute darauf, an einem neuen, richtigen Palast zu arbeiten - immerhin war so etwas Statussymbol des Landes und eine enorme moralische Stütze - aber es gab wirklich andere Probleme als ein Palast, der sowieso viel zu groß war für einen einzelnen Bewohner.

Einen Augenblick sah sich Van umringt von einer Hundertschaft Diener und Soldaten, die nur auf einen Wink warteten um ihm die Stiefel zu polieren.

Das hatte ihn schon früher, als Fanelia noch ein blühendes, kleines Reich gewesen war, angewidert, und er würde ganz sicher nicht zu lassen dass sich das wieder ergab.

Seine schnellen Schritte führten ihn in die Hütte, in der seine Soldaten des Tags Übungen abhielten. Zu dieser Zeit war die nicht sonderlich trockene Räumlichkeit leer, nur das leise Plitsch Platsch der Regentropfen, die sich durch das lose gezimmerte Dach zwängten, war zu hören. Und natürlich das allgegenwärtige Rauschen des Regens.

Van streifte den Umhang ab und schlüpfte aus dem Gehrock. Woher hatten seine Diener den eigentlich?

Ah, welch befreiendes Gefühl. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, wie manche Leute nur mit Rüstungen kämpfen konnten, das war viel zu einengend!

Langsam glitt die Klinge des Königsschwertes von Fanielia aus seiner schlichten Scheide.

Der junge König hob es im stummen Gruß vor seine Stirn und schloss einen Augenblick im bestreben, sich zu versammeln die Augen.

Plötzlich leuchtete es vor seinen Augen auf und er hörte ein fröhliches Lachen, die Stimme einer Frau. Dann tauchte das Gesicht eben jener Frau vor ihm auf, zwinkerte ihm mit dem linken Auge zu; ihr ganzer, zarter, schlanker Körper mit den seltsamen Kleidern glitt in sein Sichtfeld. Sie drehte sich vor ihm, winkte ihm zu und lachte noch immer, dann sprang sie davon.

Verdattert öffnete der König die Augen, doch da war kein davonlaufendes Mädchen, nur Stille, das flackernde Licht einer altersschwachen Funzel und herabtropfendes Wasser.

Aber Van war sich ganz sicher:

er hatte Hitomie gesehen.

Nun gut, das war an sich ja nichts neues; ständig, wenn er nur zu lange nachdachte, nicht beschäftigt war mit Arbeiten, drifteten seine Gedanken früher oder später ab zu eben jenem Mädchen und Fragen wie <Was sie wohl gerade tut?> und <Wie es ihr wohl ergeht?> raubten ihm fast den Verstand.

Selten jedoch hatte er sie so klar gesehen, so .. echt.

Heftig schüttelte er den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und setzte das Ritual, mit dem er früher seinen Lehrmeister begrüßt hatte, fort, aber er wusste, er war nicht ganz bei der Sache.

Was soll's, er übte das Kendo ja auch eher, um eben zur Ruhe kommen zu können. Dass er nicht mehr viel durch einfaches Training lernen konnte, das stand schon lange fest.

Er führte mit sicherer Hand die Klinge zur seite, ließ das Licht der Funzel sich darin spiegeln. Dann plötzlich explodierte sein Körper in Energie, in Kraft und er spührte das Leben durch sich hindurchpulsieren, als er die Waffe nach vorne Riss. Ein Kampfschrei, ein Hieb, ..eine Klinge, die seine Schattenangriffe parierte?

Funken stoben und seine polierte, schimmernde Klinge glitt am gegnerischen Schwert ab, traf auf die schlanken Parierstangen einer Waffe, die ihm nur allzuvertraut war - als Gener wie auch als Kamerad.

Einige Sekunden gestattete er es sich, zu grinsen, ehe er gegen den unerwarteten 'Gegner' vorging.

So etwas dreistes, sich einfach so während er von Hitomie träumte, an ihn heranzuschleichen!

Er ließ Schlag auf Schlag gegen die vertraute Klinge prallen, tänzelte aus dem Weg der Gegenangriffe und stieß zu. Große Sorge darum, den 'Gegner' zu treffen, machte er sich nicht; wenn, dann würde er höchstens dessen Kleidung zerfetzen, zu mehr war er sicher kaum in der Lage.

Das lange, blonde Haar seines Gegenübers schien ein Eigenleben zu besitzen und umspielte den großen, schlanken Mann wie eine Geliebte. Selbst im Kampf sah Allen Shezar schlichtweg umwerfend aus, was selbst Van, der sich sonst kaum um so etwas scherte, nicht verborgen blieb. Aber er war an den Anblick gewöhnt.

Er merkte gar nicht, wie geschmeidig seine Angriffe wurden, wie schnell und präzise seine Klinge herabsauste.

Ein überraschter Aufschrei, und dann saß Allen auf dem Hintern und hielt sich den linken Arm, guckte irgendwie gar nicht mehr so selbstsicher zu Van hinauf, der gerade noch den nächsten Angriff abbrechen konnte.

Mit einem dumpfen Laut fuhr die königliche Klinge in die dreckigen Bodenmatten und spaltete sie sauber.

"Ups." platzte es aus Van heraus und er blickte ebenso verdutzt auf seinen Gegner hinab.

"Hab ich dich verletzt?"

Allen schüttelte den Kopf und nahm die ihm dargebotene Hand des Königs und ließ sich von dem jüngeren Mann aufhelfen.

"Nur meinen Stolz, Van. Beeindruckend."

Der Ritter nahm die Hand vom Arm und betrachtete den langen Riss im Ärmel seines Hemds. Ein dünner roter Strich darunter bewies, dass nur ein haarbreit gefehlt hätte, und dann wäre Blut geflossen.

"Das.. war sicher nur Glück.." Van löste seine Hand aus der des Freundes und rieb sich die Nase. Ein Regentropfen war direkt darauf gefallen.

Rasch glitt die Klinge Fanelias zurück in die Scheide, doch Allen schüttelte den Kopf.

"Nein, das war pures Können. Nicht jeder bekommt es hin, noch dazu auf einen Überraschungsangriff, gegen mich zu bestehen." Er lächelte strahlend, packte Van an der Schulter und umarmte ihn kurz und herzlich.

"Was machst du hier, Allen? Warum hast du dich nicht angekündigt?"

"Naja, der Bote kam 2 Tage bevor wir Fanelia erreichten zurück und erklärte es sei ihm zu nass."

"Wie das bloß kommt. Komm, lass uns rübergehen, da ist es etwas trockener."

"Was habt ihr hier bloß angestellt dass es nur noch regnet?"

"Wenn wir das wüssten könnten wir es abstellen. Immerhin müssen wir uns nun keine Sorge um die Ernte machen. Und jede Sorge weniger, die wir hier haben, ist eine gute Sorge."

"He, wo hast du denn die Wortgewandheit her?"

Allen sah ihn verdutzt von der Seite an, zwinkerte aber um zu zeigen dass er es wenig ernst meinte.

Van schnappte sich schnaubend seine Hofgewänder - <haha, welchre Hof?> - und marschierte mit Allen hinüber zu seinem 'Palast'.
 

"Du wirst jetzt bald volljährig, nicht wahr?"

"Stimmt, in einer Woche.."

"Gilt die Tradition, dass Könige Fanelias am Tag ihrer Volljährigkeit heiraten, immer noch?"

"Wer und welche Armee will mich dazu zwingen?"

Allen lachte und nippte an seinem Tee.

"Wo ist eigentlich deine Miezekatze?"

"Jagen. Sie hat sich zu einer ausgezeichneten Jägerin gemausert. Natürlich nicht mit Pfeil und Bogen.."

"Nein, sicher.. Ist seltsam ruhig hier ohne sie."

"Ja, niemand der mir ständig am Arm klebt und mich daran erinnert auch ja einen Regenschirm mitzunehmen.." erklärte Van belustigt und rollte mit den Augen.

"Was führt dich her, Allen? In Asturia ist doch hoffentlich alles in Ordnung? Noch mehr Probleme und ich laufe Amok."

Allen schüttelte lächelnd den Kopf.

"Ich wollte nur rechzeitig hier sein für deinen Geburstag."

"Hm.. ich hatte eigentlich gar nicht so recht daran gedacht.."

"Das hab ich schon geahnt. Und feiern willst du sicher auch nicht, richtig?"

"Du hast es erfasst. Was sollte ich auch feiern? Und womit? Ich danke den Göttern, wenn unsere Vorräte bis zum Anfang der Ernte ausreichen."

Van seufzte und lehnte sich an die Wand. Nichteinmal Möbel hatte er sich geleistet. einzig ein kleiner Tisch für den Papierkram und zwei Matten - eine für Merle, eine für sich. Und eine kleine Kiste für seine Kleidung und den Energiestein Escaflownes.

Allen seufzte.

"Daran habe ich schon gedacht. Aber ich denke es wäre an der Zeit dass hier einmal kräftig gefeiert wird, meinst du nicht?"

"Ich mach drei Kreuze in den Kalender, wenn wir soweit sind, Feiern zu können!"

"Dann mach. Wir haben genug dabei um der ganzen Stadt einen Tag Sorgenfreiheit zu verschaffen."

Van klappte die Kinnlade herunter.

"Und sowas will König sein." lachte Allen, zog seinen jungen Freund heran und verpasste ihm eine gutgelaunte Kopfnuss, ihn im Schwitzkasten haltend.

"Heeee lass das!"

"Zu Befehl euer Majestät." meinte Allen toternst und wuschelte das rabenschwarze Haar des Königs gründlich durch ehe er ihn aus der Umklammerung entließ.

"Du weißt dass ich dich dafür köpfen lassen könnte!" schmollte Van und versuchte wie üblich ohne großen Erfolg sich die Haare wieder zu ordnen.

Allen miemte den tödlich getroffenen und beide fingen an zu lachen. Warum wussten sie nicht, aber es tat gut, unendlich gut.

Lang lachte Van nicht, und als seine Stimme abebbte, verklang auch Allens.

"Du vemisst sie sehr, nicht wahr?" fragte er sanft.

Van war kaum zu einem bestätigenden Nicken fähig, geschweigedenn dazu die Tasse wieder azustellen ohne den Inhalt auf seine Handschuhe zu verschütten. Er starrte auf die Bescherung, ohne sie zu sehen.

"Ich weiß, du willst mir am liebsten an die Kehle gehen weil ich das Thema angeschnitten habe, aber.. ich mache mir Sorgen." erklärte Allen geradeheraus und musterte sein jüngeres Gegenüber aufmerksam.

Van seufzte und wischte sich mit einem Tuch den Tee von der Hand.

Dann schließlich brachte er ein Nicken zustande. "Schon gut." murmelte der junge König und ließ den Kopf rückwärtig gegen die Wand sinken; ein leises <Tock> erklang.

"Gesteh dir endlich ein dass es ein Fehler war sie gehen zu lassen." setzte Allen behutsam fort.

"Und dann?"

"Hol sie zurück."

Van schnaubte leise und schloss die Augen. Er zog ein Bein heran und legte den Arm darauf.

"Hier her? In diesen Haufen Dreck, in dem ich tagtäglich tiefer einsinke? Das ist nichts was ich einer Prinzessin.."

"Sie ist keine Prinzessin, sie ist genauso stark wie du und ich, das weißt du genau."

"Würdest du sie hier her holen?" murmelte Van leise, öffnete ein Auge und musterte den Ritter des Himmels aufmerksam.

Dieser seufzte.

"Du könntest es wenigstens versuchen."

"Erst wenn ich ihrr mehr bieten kann als eine Matte in einem stinkenden Raum, in dem es reinregnet. Und nein ich werde mir nichts besseres leisten solang es meinem Volk noch so schlecht geht."

Allen lächelte und verneigte sich im Sitzen.

"Du bist ein großartiger König, Van de Fanel." stellte er dann fest, sich wieder aufrichtend.

"Was wird das?"

"Einfach eine Respektbekundung. Ich glaube, das hast du dringend nötig, du wirkst seit ich dich gesehen habe, als erwartest du jeden Augenblick eine Katastrophenmeldung."

Van legte den Kopf schief.

"Genau das tue ich auch, Allen."

Der Ritter seufzte und pustete die Luft aus dem Mundwinkel. "Du <bist> eine Katastrophe, mein Freund. Kopf hoch, du hast mehr erreicht als man dir je hätte auferlegen dürfen danach zu streben!"

"Ja, weil ich großartige Freunde an meiner Seite hatte."

"Die hast du immer noch."

"Ich schulde euch allen schon viel zu viel, mehr als ich.."

"Ach halt die Klappe, du sturer Bock!" fuhr ihn Allen an. Van blinzelte und guckte verdutzt zu seinem Freund.

"Du lebst in einfachsten Verhältnissen, willst aber keine Hilfe annehmen? Hallo, Gaia an Van, Gaia an Van! Du hast diese verdammte Welt gerettet, meinst du nicht, dass wir dir alle ein bisschen was schulden?"

"Aber.. ich.." "Klappe!" unterbrach Allen ihn ein weiteres mal grob und funkelte ihn ärgerlich an.

"Morgen treffen Hilfslieferungen aus Asturia, Freyd und Zaibach ein, ebenso aus einigen anderen Reichen. Du wirst sie in Empfang nehmen und dich darüber freuen, hab ich mich klar genug ausgedrückt?"

Van blinzelte ein paarmal und versuchte es zu begreifen, dann senkte er den Kopf, schluckte seinen Stolz herunter und nickte.

"Und in einer Woche feiern wir ein Riesenfest. Und morgen halten wir einen kleinen Schaukampf für die Leute ab, meine besten Männer gegen deine Besten. Das wird hier alle etwas aufmuntern."

"Allen.. "

"Ja?" der Ritter funkelte angriffslustig mit den Augen, doch Van lächelte nur eines seiner seltenen Male. Das allein besänftigte Allen und als Van nickte, war ihm klar, dass es geschafft war.

"Danke."



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2005-08-03T15:09:26+00:00 03.08.2005 17:09
Ein echt schöner Anfang. Armer Van, denkt die ganze Zeit nur an seine Hitomi. Ob sie wohl bald zu Van zurückkommt? Gleich mal weiterlesen
Liebe Grüße
die Lina


Zurück