Auf dem Weg zurück
10. Kapitel
Nach einem Fußmarsch von vier Stunden lief Snape immer noch in seinem üblichen
Laufschritt, in welchem er für gewöhnlich die Flure Hogwarts durchschritt.
Black hingegen war einige Meter zurückgefallen und hatte bereits vor einer
Stunde zum ersten Mal nach einer Pause gefragt.
Ignorant lief Snape einfach weiter, und Black notgedrungen hinterher, da sich
nur der Tränkemeister die Karte angesehen hatte und den Weg kannte.
Bis jetzt führte sie der Weg stetig bergab doch den Waldrand hatten sie noch
nicht erreicht, obwohl sie diesen schon seit einiger Zeit sehen konnten.
Leicht außer Atem hielt Snape die Geschwindigkeit obwohl sein Herz kräftig in
seiner Brust hämmerte und die Sonne erbarmungslos brannte. Snape wollte nicht
länger als nötig in dieser Pampa bleiben und schon gar nicht in dieser
übernachten.
Die Schmerzen in seinem Arm hatten wieder zugenommen, doch da sein Vorrat an
schmerzlinderndem Trank aus nur zwei Phiolen bestand, und der Waldrand bis
jetzt noch nicht erreicht war, musste er das schmerzhafte Klopfen solange
aushalten wie möglich.
Snape marschierte weiter Richtung Wald und Black hinter ihm her.
Sirius hatte viel Mühe mit Snape Schritt zu halten und fragte sich, wo dieser
wohl solche Ausdauer her hatte. Bereits vor einer Stunde ignorierte Snape ihn
glatt und war einfach weitergelaufen, als er nach einer Pause fragte.
Sirius ging langsam die Puste aus und für ihn stand fest, dass es nur noch
eine Frage der Zeit war, bis er nicht mehr mithalten konnte und Snape ihm
gänzlich davonrannte.
Warum hatte er sich auch nicht die Karte angeschaut?
?Na ja, wenigstens habe ich den Proviant.?, dachte Sirius und lief weiter
hinter Snape her.
Der Wald kam immer näher und Sirius hoffte innerlich, dass Snape endlich die
Geschwindigkeit drosselte, schließlich stand die Sonne noch sehr hoch.
Endlich den Waldrand erreichend war es bereits später Nachmittag und
zwischenzeitlich ließ sich Snape zu einer kurzen Pause überreden.
Sie hatten beide etwas gegessen und viel getrunken, da die Sonne an diesem
Sommertag unerbitterlich auf die Erde schien. Dabei stellte sich heraus, dass
die Wasserflaschen mit einem Zauber belegt waren, der sie beständig füllte.
McEdins war schon ein alter Fuchs dachte Sirius.
Plötzlich wurde Snape langsamer, doch am Weg durch den Wald konnte es nicht
liegen, da dieser ausreichend breit war und die Bäume angenehmen Schatten
spendeten.
Sirius hatte Snape nahezu eingeholt als dieser unerwartet stolperte und fiel.
Snape hatte die Pause gut getan, auch wenn er es sich nur ungern eingestand.
Nachdem er seinen Durst gelöscht und sich etwas erholt hatte, konnte es
weitergehen. Die Wasserflaschen, welche sie von McEdins erhielten waren
verzaubert, ein vorausschauender alter Mann, dachte Snape.
Nach wenigen Minuten Pause brachen sie wieder auf und erreichten den Waldrand
erst am späten Nachmittag.
Snapes Arm klopfte mittlerweile in einem andauernden Staccato, doch er
ignorierte die stechenden Schmerzen, schließlich waren seine Beine gefordert
und nicht seine Arme. Ihm war heiß, doch das lag vermutlich an der
unaufhörlich brennenden Sonne, dachte Snape. Aber die Schatten der Bäume
brachten keine Abkühlung, ganz im Gegenteil ihm wurde immer heißer und Snape
spürte wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Er bemerkte nur noch wie er
stolperte, fiel und ihn starke Arme auffingen. Danach verlor Snape das
Bewusstsein.
Sirius war gerade noch rechtzeitig nach vorn gesprintet, um Snape aufzufangen.
Er versuchte ihn wachzurütteln, doch es hatte keinen Zweck, Snape blieb weiter
bewusstlos. Seine Stirn glühte als Sirius diese berührte und er sah
kreidebleich aus. Sirius legte Snape behutsam auf den Boden und suchte in
dessen Umhang nach Phiolen, denn er erinnerte sich an die halbvolle Phiole,
die Snape vor dem Schlafen zu sich genommen hatte. Sirius fand zwei volle
Phiolen und hoffte inständig, dass diese nichts gefährliches beinhalteten als
er den Inhalt Snape verabreichte. Aus der Tasche, welche er von McEdins
erhalten hatte, holte Sirius neues Verbandsmaterial und wechselte Snapes
Verband. Der Arm sah schlimmer aus als Sirius gedacht hatte, es trieb blaue
und hautfarbene kleine Beulen aus diesem heraus, die zu pulsieren schienen.
Was immer es war, es tat sicher höllisch weh. Der Arm sah schrecklich
deformiert aus und Sirius glaubte nicht, dass ein schlichter Verbandswechsel
Snape Linderung verschaffen würde.
Er lehnte Snape an einen Baum und zündete ein magisches Feuer an. Anschließend
setzte Sirius sich neben Snape, um sich von der anstrengenden Wanderung zu
erholen und gleichzeitig darüber nachzudenken, was er jetzt für Snape tun
konnte, immerhin stand er tief in dessen Schuld.
Sirius dachte über den Einsatz eines Genesungszaubers nach, welchen er sich
von Poppy abgeschaut hatte. Es konnte ja nichts schaden diesen auf Snape
anzuwenden und so konzentrierte er sich und sprach den Zauber auf den
bewusstlosen Tränkemeister. Der Zauber wirkte anscheinend, zumindest war
nichts Schlimmeres passiert.
Als Sirius sich näher an Snape setzte, bemerkte er, dass dessen Atem ruhig und
gleichmäßig ging. Also hatte sich Sirius richtig an den Zauber erinnert,
bereits seit seiner Schulzeit konnte Sirius Zauber anwenden, welche er bis
dahin nur ein einzigstes Mal gehört oder gesehen hatte.
?Aber Snape wäre sicherlich nicht erfreut zu hören, dass ich einen Zauber auf
ihn spreche, den ich vor mindestens 17 Jahren das letzte Mal gehört habe.
Davon ganz zu schweigen, dass ich ihn noch nie getestet habe.?, dachte Sirius.
Er überlegte wie es wohl weiterging, wenn sie beide in Hogwarts ankamen. Oder
würde Snape ihn etwa früher loswerden wollen?
Sich immerzu verstecken zu müssen war Sirius leid, besonders da er kein
Verbrechen begangen hatte.
Versunken in seinen Gedanken über eine mögliche Zukunft bemerkte Sirius
plötzlich wie Snape, der schon längst tief schlief, unerwartet nach rechts und
somit an seine linke Seite rutschte. Da war er wieder, der leichte Geruch nach
Sandelholz.
?Also hat Snape mir in meinen Alpträumen beigestanden und ich habe seine Wärme
gespürt.?, schlussfolgerte Sirius.
Snape hatte ihm geholfen Askaban ein zweites Mal zu überleben und egal was
passieren würde, Sirius wollte nie wieder dahin zurück.
Noch immer fest schlafend, lehnte Snapes Kopf an Sirius Schulter. Seine Haare
hingen ihn in Strähnen ins Gesicht, welches völlig entspannt war. So hatte
Sirius Snape noch nie gesehen und ein Kribbeln ging durch seinen Bauch, als er
die sonst so strengen Gesichtszüge näher betrachtete. Sirius versuchte sich zu
entspannen indem er seine Beine ausstreckte und seine Sitzposition vorsichtig
veränderte, stets darauf bedacht Snape nicht aufzuwecken.
Mittlerweile war die Sonne untergegangen und Sirius versuchte auch etwas
Schlaf zu bekommen, damit sie morgen weitergehen konnten, um den Schutzzauber
zu verlassen. Wie es danach weitergehen sollte, wusste Sirius immer noch nicht
und bevor er sich Sorgen darüber machen konnte, war er auch schon erschöpft
eingeschlafen.
Das magische Feuer brannte weiterhin bis in die frühen Morgenstunden.
Am nächsten Morgen wachte Snape auf. Es lag noch leichter Nebel im Wald und
roch nach frischer morgendlicher Luft. Snape fühlte sich ausgeruht, denn er
hatte ungewöhnlich gut geschlafen und dass in dieser Wildnis.
Erst als sich Snape aufsetzten wollte, bemerkte er, dass Black an ihm und er
an diesem gelehnt geschlafen hatte. Normalerweise wäre der Tränkemeister
sofort aufgesprungen und hätte Black die Hölle heißgemacht, doch
merkwürdigerweise verspürte er dieses Verlangen nicht.
?Muss daran liegen, dass ich so gut geschlafen habe.?, versuchte sich Snape
selbst etwas zu beruhigen. Doch irgendwie hatte er sich in den letzten Tagen
an Blacks Anwesenheit gewöhnt und wenn er ehrlich war, mochte er diese auch
ein ganz klein wenig.
Snape verbannte diesen Gedanken schnell wieder, denn das letzte was er
brauchte war diese Gefühlsduselei.
?Zur Zeit habe ich genug Probleme wie zum Beispiel meinen Arm...?, dachte
Snape und stellte dabei fest, dass dieser überhaupt nicht mehr schmerzte. Der
Verband war gewechselt und eine der Phiolen leer, Black hatte sich
offensichtlich um seinen Arm gekümmert wie er es McEdins versprach.
Snape öffnete den Verband mit seiner linken Hand und sah erstaunt, dass der
Arm keine Anzeichen einer Verletzung zeigte. Er war vollständig geheilt und
sah so aus, als wäre nie etwas gewesen. Snape bewegte den Arm vorsichtig, doch
dieser fühlte sich vollkommen gesund und normal an.
?Endlich. Nun kann ich meinen Zauberstab wieder ordentlich benutzen.?, dachte
Snape erleichtert.
Jetzt fühlte er sich nicht mehr so hilflos wie in den letzten Tagen und er
hasste dieses Gefühl zutiefst, zu oft hatte er es in seiner Schulzeit
verspürt, vor allem wenn Potter und Black ihn wieder mal kopfüber in die Luft
befördert hatten.
Seine trüben Gedanken wurden durch Black unterbrochen als dieser sich drehte
und etwas Unverständliches im Schlaf nuschelte.
Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete der Tränkemeister diesen, es war
amüsant zu sehen wie Black an einen Baum gelehnt schlief, denn er hatte eine
ziemlich ungewöhnliche Pose eingenommen. Eine Hand lag in seinem Schoß, die
andere war hinter dem Rücken verschwunden, seine Beine leicht angewinkelt und
die Schultern leicht nach links geneigt lehnte Black am Baum.
Es sah doch ziemlich unbequem aus und Blacks lange Haare taten das Übrige. Sie
waren derart verstrubbelt, dass sie ihm wirr ins Gesicht fielen. Snape fasste
sich ein Herz und erlöste Black aus dieser Situation und legte ihn vorsichtig
auf den Waldboden nahe dem Feuer, welches nur noch schwach brannte.
Da Snape die morgendliche Frische nicht störte, deckte er Black mit seinem
Zaubererumhang zu.
Danach entfernte er sich vom Feuer und ging, um seinen allmorgendlichen
Spaziergang zu machen. Wenn Snape in Hogwarts war, stand er stets sehr zeitig
auf, lief über den Hof und die Wiese entlang um die morgendliche Luft zu
genießen während noch alle schliefen. Im Frühjahr konnte er dabei meist den
Sonnenaufgang betrachten, nur die untergehende rotglühende Sonne konnte dies
übertreffen. Snape mochte nach außen hin kalt und emotionslos wirken, aber das
hieß nicht, dass er die schönen Dinge des Lebens nicht zu schätzen wusste. Er
genoss eben lieber im Stillen und so schritt Snape weiter durch den Wald und
atmete die Morgenluft tief ein.
Begleitet von dem, für Snape typischen Geruch nach Sandelholz wachte Sirius
auf und wunderte sich, dass er in der Nähe des Feuers lag. Als er aufstehen
wollte, rutschte Snapes Umhang von seinen Schultern.
Sich umschauend, fiel Sirius auf, dass Snape nirgends zu sehen war.
Er faltete den Umhang sorgfältig zusammen und legt ihn auf einen platten Stein
nahe der Feuerstelle ab.
Anschließend prüfte er den noch vorhandenen Proviant, um die Wasserflaschen
musste er sich, dank McEdins, nicht kümmern. Es war nur noch wenig
Verbandsmaterial übrig, aber da sie sowieso bald in Hogwarts ankommen würden,
begnügte sich Sirius mit diesem Rest.
?Für einen neuen Verband reicht es auf jeden Fall noch.?, dachte Sirius.
Als er aufschaute, sah er wie Snape gerade zurückkam. Zu Sirius Überraschung
hatte dieser seine Bandage am rechten Arm abgenommen.
?Was ist mit deinem Arm?? fragte Sirius verdutzt und leicht besorgt.
?Nun, er ist wieder in Ordnung wie es scheint.?, erwiderte Snape ruhig.
Snape hielt seinen rechten Arm Sirius entgegen, da dieser ihn ziemlich
ungläubig anschaute.
Es war nichts mehr zu erkennen, der Arm sah völlig unversehrt aus. Nur an der
Stelle wo die Beulen sich befunden hatten wirkte die Haut etwas blasser.
?Wusste gar nicht, dass der Genesungszauber und dein Trank so toll
funktionieren.?, sagte Sirius verblüfft.
?Der Inhalt der Phiolen hatte lediglich schmerzstillende Wirkung.?, äußerte
Snape.
?Ach so.?, bemerkte Sirius und lies es dabei bewenden.
Doch Snape harkte nach.
?Soll das etwa heißen, du hast mir einen Trank verabreicht von dem du nicht
wusstest was dieser bewirkt?? fragte dieser ärgerlich und Snapes Blick
verfinstert sich dabei zunehmend.
?Na ja, ...also...eigentlich...?, stammelte Sirius.
?Mit anderen Worten also: Ja!?, schnaubte Snape.
Da Sirius die Situation nicht noch mehr verschärfen wollte, besonders nicht
nachdem Snape seinen Arm wieder benutzten konnte, gab er nach und verkniff
sich eine rechtfertigende Antwort. Schließlich hatte er wirklich nicht
gewusst, was der Trank bewirkte. Lediglich dass dieser ungefährlich war, denn
Snape hatte ihn vor dem zu Bett gehen eingenommen. Snape hatte so gesehen
recht gehabt.
Snape schnappte sich seinen Umhang und sagte schroff: ?Es geht weiter.? und
war auch schon losgestürmt.
Sirius holte die Tasche, löschte das mittlerweile nur noch schwach flackernde
Feuer und ging in die Richtung, in welche Snape geeilt war. Er lief etwas
langsamer, da er Snape die Möglichkeit geben wollte sich ein wenig abzukühlen.
Snape hatte genug. Black brachte ihn ständig auf die Palme, der Versuch sich
zu beherrschen war kläglich gescheitert.
?Wie kann man nur einen Trank verabreichen, wenn man die Wirkung nicht
kennt??, fragte sich Snape immer noch leicht aufgebracht.
Nicht einmal ein Anfänger in Zaubertränke würde so etwas tun, obwohl dem
Tränkemeister auf Anhieb mindestens zwei Personen einfielen, die vermutlich
ähnlich handeln würden: Potter und dieser unsäglich unfähige Longbottom.
Er hatte Blacks Fähigkeiten im Bereich Zaubertränke stets gering geschätzt,
aber nicht so gering.
Weiter durch den Wald laufend wurde Snape wieder etwas ruhiger, besonders die
völlige Stille des Waldes beruhigte ihn.
Snape beschloss Black schnellstmöglich loszuwerden, sonst würde er permanent
hohen Blutdruck haben und sich ständig aufregen.
Jetzt wollte er nur noch diesem verdammten Schutzzauber entkommen, um nach
Hogwarts zu apparieren und etwas Entspannung beim Tränke brauen zu finden.
Darum bemerkte der Tränkemeister nicht wie sich etwas von hinten näherte.
Als nach ein paar weiteren Schritten etwas hinter ihm raschelte, nahm Snape
an, dass es sich dabei um Black handelte und schenkte dem Ganzen keine weitere
Aufmerksamkeit. Er war nicht in der Stimmung sich mit Black abzugeben, er
musste sich zusammennehmen damit er diesen nicht in der Luft zerriss.
Doch das Geräusch kam immer näher schließlich drehte sich Snape um und schrie.
?Verschwinde endlich oder du wirst es bereuen!?.
Bei dem Anblick, welcher sich Snape bot, traute er seinen Augen kaum. Ein
verdutztes etwa drei Meter großes Quintaped (oder auch haariger MacBoon) stand
nur zehn Meter von ihm entfernt.
Snapes Schulstunden im Fach ?Pflege magischer Geschöpfe? lagen zwar schon
lange zurück, aber diese Dinger konnte man nicht mit anderen Wesen
verwechseln. Der Körper war mit rotbraunen Haaren bedeckt und es hatte fünf
Beine. Es ähnelte entfernt einer Spinne, nur war diese gute drei Meter groß.
Das einzigste was Snape von diesen Biestern wusste, dass sie auf der Insel von
Drear lebten und verdammt gerne Menschen fraßen.
Vorsichtig in seine Umhangtasche greifend bemerkte Snape geschockt, dass sein
Zauberstab nicht mehr in dieser steckte.
?Vielleicht sollte ich mir doch angewöhnen meinen Zauberstab in die
Hosentasche zu stecken.?, dachte Snape resigniert.
Behutsam zurückweichend versuchte Snape einen Ausweg aus dieser Situation zu
finden. Er war kein Narr und sich voll und ganz bewusst, dass wenn er rennen
würde sich dieses Ding auf ihn stürzen würde.
Er musste sich schleunigst etwas überlegen, wenn er hier heil wieder
rauskommen wollte.