Schreckensschreie
Es war still. Kein Laut erfüllte das Schlachtfeld. Selbst der eisige Wind
schien es nicht zu wagen seine schneidende Stimme zu erheben. Rauch und
Flammen säumten die Trümmerwand an der ein unerbittlicher Kampf getobt hatte.
Orks und Menschen lagen gleichermaßen hernieder wie kaputte Puppen. Und
sprachlos ob dieses plötzlichen Ereignisses standen die Überlebenden ewige
Herzschläge fassungslos da. Dann ertönten wieder Schreie der Soldaten und
Orks. Die Orks getrieben von Zorn und Blutlust prallten wieder auf die
Soldaten, die das Opfer ihrer Kameraden nicht unnütz werden lassen wollten.
Klingen prallten aufeinander, Körper zerfielen in Schmerzen, Geschrei bezeugte
Triumph und Niederlage gleichermaßen, während die Kämpfer sich gegenseitig
zerfleischten.
Dieses blutige Schauspiel erfüllte die Augen Akarths mit einem Glanz, den man
nur bei einem Kind wiederfinden konnte das sein Paradies vor Augen hatte.
Schweigend genoss der Hexer das Spektakel. Das Blut schwemmte in seinen
Verstand, die Schreie erfüllten seine Ohren und der Schmerz fegte durch seine
Glieder. Er war völlig in den Kampf dort unten eingetaucht. Seine Arme weit
ausgestreckt als wolle er die Mordlust die in der Luft schwebte liebevoll
umarmen, verschwand seine Seele im Gemetzel. Sein Körper verlor seine Form und
als wollte jede seiner Poren von diesem Blutbad etwas erhaschen, streckte sich
sein Leib. Seine Haut wölbte sich und Tentakel wanden sich obszön in der Luft,
sein Atem entwich ihm in schweren Dunstwolken aus der Kehle, seine Knochen
verflüssigten sich und verformten ihn bis nur noch der Helm an den Hexer
erinnerte.
Nervös, fast schaudernd, stand Lekorr hinter dem Wirbel der einst der Hexer
war und umschloss seine Waffe bereit jederzeit zu feuern. Seine Muskeln waren
angespannt und seine Gedanken fortgeweht. Er fixierte sich völlig auf diesen
Klumpen sich windenden Fleisches. Kaum merklich zitterten seine Beine und er
biss sich auf die Lippe. Das hatte er schon seit fünfundsiebzig Jahren nicht
mehr gefühlt. Diese Anspannung war ihm schon fremd geworden. Er verfluchte
sich selbst, als er verstand. Er hatte Angst.
Doch er war nicht allein damit. Unten in der Schlacht tobte die Angst auch
durch die verzweifelten Menschen, doch sie kämpften weiter gegen den Feind.
Alles hackte und schoss aufeinander ein, doch im Getümmel das sich auftat war
es unmöglich zu erkennen wer die Oberhand behielt. Die grüne Welle schwemmte
immer wieder mit aller Kraft gegen die unerbittliche Sandburg der menschlichen
Verteidiger. Die Sandburg schwächelte, doch sie hielt. Aber Welle um Welle
wurde die grüne Flut größer und stärker, bald würde alles darunter vergehen.
Der Kommandostab des Stützpunktes bellte immer wieder Befehle in den Funk die
eilig ausgeführt wurden. Lasersalven brannten sich in zähes Fleisch, Bajonette
stachen Augen aus und Granaten fegten Leiber auseinander. Hieb auf Schuss,
alles was sie hatten warfen die Soldatan ihren Feinden entgegen. Orks fielen
in Scharen und häuften Hügel aus toten Körpern auf, doch die Orks preschten
wie wilde Tiere weiter vorwärts und drängten die Verteidiger. Plötzlich
öffnete sich das Haupttor des Stützpunkts und ein Hagel glühenden Bleis spie
hinaus. Kugeln trennten wie ein Skalpell die erste Reihe der Orks aus dem
Leben.
Glühende Augen glommen auf und im Eilschritt hechteten dutzende gepanzerte
Schützen aus dem Gebäude. Die imperiale Garde.
Der Kugelhagel setzte sich fort und Granatenwerfer spuckten verächtlich
flammenden Tod ihren Feinden zu. Das Blatt wendete sich und die Orks fielen
Reihe um Reihe. Dann sprühten Funken und die Orks erwideten das Feuer. Krieger
gehüllt in dicke Stahlplatten, mit klobigen Maschinengewehren ausgestattet
waren in der grünen Menge verborgen geblieben und feuerten nun ihrerseits.
Die Gardisten fielen mit geborstenen Leibern und die Unversehrten flohen ins
Gebäude zurück. Das Tor schloss sich und die Garde trabte tiefer ins Gebäude
in einen gewaltigen Saal. Dort versteckten sie sich, hinter Trümmerhaufen,
provisorischen Barrikaden und Stützpfeilern.
Draußen strömten die gepanzerten Orks ans Tor und suchten einen Weg hinein.
Dann traten drei Orks an das Tor. Dicke dunkle Brillen bedeckten ihre Augen,
große Tanks zierten ihren Rücken und lange Schweißbrenner erschwerten ihre
Hände. Die Drei machten sich grinsend ans Werk und schmolzen glühende Striemen
in die Tür. Funken stoben und der Schnee schmolz in der heißen Luft. Stück um
Stück trennten die Brenner der Orks das Tor und bald stürzte es ein. Tobend,
keifend und scheppernd stürmten die Orks die Korridore.
In der Halle hörte man sie kommen und lauerte angespannt auf den Feind.
Sichere Hände umklammerten Waffen, bereit zu töten. Die Luft wurde dick und
kroch langsam und fast Übelkeit erregend den Rachen hinunter. Dann ertönte ein
lautes Pfeifen und die Doppeltür fegte mit lauten Krachen und Feuerwalzen aus
den Angeln.
Im Zentrum des Raums erhob sich hinter den Trümmern Hauptmann Graunwald und
brüllte laut in den Saal. "Für den Imperator! Feuer!" und jeder tat wie ihm
geheißen. Die Luft wurde schwer von heißem Blei und Gebrüll. Kugeln fetzten
klaffende Löcher in weiches Fleisch und splitterten Trümmer zu Staub. Mann um
Mann, Ork um Ork, stürzten sterbend auf den kalten Boden und im Intermezzo von
Blut und Pulverrauch riss ein Brüllen ohrenbetäubend das Getöse in Stille
über.
Die wenigen Überlebenden im Saal erstarrten und die Orks zogen sich zurück.
Dann donnerten Schritte aus dem Korridor heran. Metall blitzte im
rauchschwangeren Licht auf, von Russflecken, Blutspritzern und unkenntlichen
Farbmarkierungen übersät. Eine gewaltige Gestalt türmte sich im Raum auf und
zeigte seine furchterregende Größe. Mindestens drei Meter hoch und nicht viel
weniger schmal stand dort, es strömte schwarzer Qualm aus Auspuffen am
monströsen Rücken und aus einem Klotz von Schusswaffe am Arm. Eine blutige
dreifingrige pneumatische Klaue schleifte kurz über den Boden um auf Graunwald
zu deuten. Stahlkiefer bewegten sich schwerfällig und Worte drangen dunkel
darunter hervor.
"Du Mänschnboss! Komm spiäln." Die Klaue winkte und ein schmutziges breites
Grinsen formte sich hinter den scharfen Stahlzacken. Graunwald kam hervor und
schickte seine verbleibenden Männer mit einer flüchtigen Geste auf den
Rückzug.
//Wenigstens sie sollen sich retten.//, dachte er sich und trat dem Feind
gegenüber. Seine Hände ergriffen fest und bestimmt sein knisterndes
Energieschwert und die verzierte Boltpistole, wohl zum letzten Mahl.
Still standen sich der Ork und der Hauptmann gegenüber. Ihre Blicke waren
ineinander verkeilt und schienen bis ins Ende nicht voneinander zu lassen.
Zischend und ratternd schlich der Orkklotz um den Hauptmann herum. Graunwald
ging langsam in die andere Richtung und so tanzten sie monoton miteinander.
Graunwald war bis in die letzte Faser gespannt doch hielt er alles was ihn
ablenkte zurück, die krampfartige Anspannung, die hinderlichen Bilder der
Erinnerung in seinem Geist und die Sorge um seine Soldaten. Sein Gegner jedoch
genoss die vor Tatendrang zuckenden Muskeln und das Brummen und Rattern seiner
Rüstung. Seine Hand presste sich auf den Abzug seiner Waffe, dann riss er den
Lauf in Richtung Graunwalds und die Waffe donnerte Geschosse in die Luft. Der
Hauptmann tauchte ab und entkam den Kugeln, dann sprang er vor und sein
Schwert traf die Waffe des Orks, die kreischend in zwei ging. Die Boltpistole
bellte laut eine Salve von Geschossen zum Kopf des Orks. Funken flogen als die
Geschosse am Kiefer abprallten und Blut spritzte als eine Kugel sein rechtes
Auge zerfleischte. Schreiend riss er die Klaue durch die Luft und sie schlug
den Hauptmann wie eine Papierfigur zur Seite. Fünf Meter weiter lag Graunwald
blutspuckend im Staub. Seine Panzerweste hatte die Wucht gedämmt und doch war
bei dem Schlag sein Körper fast geborsten. Das Schwert lag neben ihm, aber
seine Pistole lag neben dem Ork. Der Ork grinste und stampfte knirschend auf
die Pistole. Graunwald ergriff das Schwert, stand auf und stellte sich seinem
Gegner stolz und entschlossen aufrecht entgegen.
Laut brüllten der Ork und der Motor seiner Rüstung auf als er mit erhobener
Klaue auf den Hauptmann zustürmte. Graunwald stob vor und hob die Klinge zum
Stich in Schulterhöhe. Die Klaue fauchte durch die Luft und schmetterte in den
aufsplitternden Boden. Graunwald war blitzartig zur Seite gewichen und stieß
die knisternde Klinge in einen Zwischenraum der Panzerplatten. Die Klinge
bohrte sich in zähes Fleisch und drang tief in den Körper ein. Der Ork schrie
auf und schlug nach Graunwald. Der Hauptmann wich dem Stumpf der Orkwaffe aus
und schlug nocheinmal zu, doch die Klinge kratzte nur über Metall und
hinterließ qualmende tiefe Furchen. Ein Tritt kam Graunwald plötzlich
zugeflogen. Er hob die Klinge und parierte, doch schleuderte ihn der Tritt
wieder in Abstand.
Der Ork stand keuchend und gebeugt da, sein stechendes rotes Auge blitzte
aufgeregt und tiefrotes Blut perlte, auf den Boden tropfend, von den
Adamantiumfliesen ab. "Moschig...", sagte der Ork grinsend und spuckte einen
roten Schwall zu Boden. Graunwald hob das Schwert und der Ork stürmte brüllend
los. Die Motoren röhrten laut auf und trugen den massigen Leib weiter
vorwärts. Der Ork sprang. Ein Berg aus Metall und Fleisch hob sich in die Luft
über Graunwald und die Klauen blitzten rostig und blutverschmiert im
schummrigen Zwielicht. Die Beine Graunwalds erstarrten und ihm fiel der Mund
wortlos auf. Seine Arme schwächelten und sanken langsam nieder.
//Es hat keinen Sinn mehr... Ich bin verloren... der Stützpunkt steht in
Flammen... meine Männer sind tot...//, plötzlich wogte Gewissheit in seinem
Verstand auf. //Meine Männer! Sie sind verreckt um dieses Drecksloch zu
verteidigen und ich werde nicht zulassen das dieser Fleischklopps von einem
Ork hier lebend rauskommt!//. Graunwalds Stimme kehrte wieder und die Muskeln
seines gesamten Körpers spannten sich bis kurz vor dem Zerreißen. Er schrie
gegen den lärmenden Metallberg an der auf ihn zustürzte und sprang ihm mit
erhobenem Schwert entgegen. Der Aufprall auf den Panzer des Orks ließ ihn das
Gleichgewicht verlieren und er fiel mit Graunwald auf seiner Brust auf den
Boden.
Die Bodenplatten verbogen sich unter der Wucht des Aufschlags und die Motoren
ratterten unruhig.
Dann zischte die Klinge knisternd durch die Luft und schnitt durch den dicken
Panzer tief ins zähe Fleisch, einmal, zweimal, dreimal, viermal. Dann stieß
Graunwald das Schwert mit aller Kraft durch die Brustplatte, zwischen die
Rippen, quer durch den Körper und in den Boden unter dem Ork.
Ein tiefes gequältes Röcheln drang aus der Kehle des Orks, doch sein Arm raste
wieder durch die Luft, packte Graunwald mit der Klaue am Brustkorb und
klammerte seine Beine an sich, mit dem Stumpf seiner Schusswaffe.
"WAAAAGH!!!!", donnerte der Ork trommelfellzerreißend und Graunwald spürte die
stumpfen Krallen in sein Fleisch schneiden. Die Muskeln rissen, seine Knochen
brachen, Splitter durchbohrten seine Organe, Blut füllte seine Lunge und seine
Luftröhre, dann war alles schwarz und die Organe Graunwalds verteilten sich in
einem roten Strom über dem schwer verletzten Ork.
Dunkelrot glitzerte die Panzerung des Orks als er sich wieder aufrichtete und
der Gestank von Treibstoff erfüllte die Luft. Als er an sich herabsah erkannte
er wie eine klare Flüssigkeit aus seinen Rückentanks floss und er brachte die
ratternden Motoren zum stehen. Scharniere quietschten und Schlösser schnappten
auf, als der Grünling mit rotem Schimmer seine Rüstung ablegte. Seine Brust
und sein Gesicht waren von Blut überströmt und auch in seiner Kehle sammelte
sich blutiger Husten, der sich nach oben kämpfte, doch er war bis in die
letzte Faser seines Leibes glücklich. Er hatte heute seinen bisher härtesten
Kampf überlebt und es würden noch mehr folgen.
//Jetz kann mich niemand mea moschen.//, dachte er sich triumphal und lachte
brüllend in die leeren Korridore und Hallen des Stützpunktes, über dessen
Himmel einzelne kleine Schiffe hinwegflogen und als funkengroße Feuerbälle am
Himmel verglühten. Während die Asteroidenfestung ihre Kanonen abfeuerte.
Nun war das Werk vollendet und dieser Planet gehörte ihnen. Die grüne Flut war
über jeden der Stützpunkte dieses Planeten hinweggefegt wie über unbedeutenden
Sand.
Rauch stieg in schwarzen Säulen in den Himmel, blutrote Flammen züngelten
überall zwischen den Kasernen umher, Triumphgeheul und jubelndes
Maschinengewehrfeuer erfüllte die Luft. Doch über allem heulte der schneidende
Wind und bedeckte alles mit einem weißen flimmernden Schleier, gerade so als
wolle er alles vergessen machen.
Durch diesen Schleier wich jemand der sich erinnern würde. Akarth und seine
Begleiter machten sich mit ihrem Schiff auf den Heimweg. Doch flogen sie nicht
durch den Raum. Das Schiff durchbrach die Atmosphäre und verschwand in einem
regenbogenbunten Loch mitten im All, war fort, ohne jede Spur. Einen
Augenblick später im Arx-Sonnensystem tauchte das kleine Schiff wieder auf und
setzte zur Landung auf Arx an.
Tharin machte sich auf den Weg seine Wunde zu versorgen, Lekorr nahm seinen
üblichen Posten, als Wache, wieder ein und Akarth schlenderte entspannt
lächelnd zu seinen Gemächern. Dort erwartete ihn jedoch unverhofft Besuch.
Eine helle Stimme sprach aus dem Dunkel seiner Kammer zu ihm.
"Na, euer Weisheit?", sprach die Stimme spöttisch. "Wie war euer Ausflug?"
"Amüsant." antwortete Akarth knapp und grinsend. Er drehte sich zu der Ecke
aus der die Stimme tönte und sah dort auf seinem Lesepult eine Gestalt in
schwarzer Rüstung sitzen. Glänzende Platten eines harten Panzers schmiegten
sich kalt und sanft über zierliche weibliche Kurven und ein neckisches Lächeln
lag in dem sanften fuchsartigen Antlitz.
"So? Na dann ist es ja gut. Denn ich bin hier um dir zu sagen..." Die Frau
stand auf, stellte sich vor Akarth, lehnte sich an ihn und schmiegte ihren
Körper an den Hexer. "... das unser General deine Unternehmungen nicht mehr
lang mitmacht." Ihre Stimme wurde hauchend und lüstern.
Der Hexer lachte leise und schob die Frau sanft, aber bestimmt, von sich weg.
"Tja Xissthra, unser General kann mir ruhig alles versagen, ich werde dennoch
meine Vorhaben durchbringen.", sagte er selbstbewusst.
Xissthra lachte und tänzelte aus der Tür."Übernimm dich nur nicht. In ihm
steckt vielleicht mehr als du glaubst.", sagte sie lächelnd und verschwand
dann. Akarth setzte sich schweigend an das Lesepult und blätterte durch einen
Stapel staubiger Pergamente. Er war in Gedanken und beachtete die alten
Schriften nur halbherzig.
Still grinste er unter der Maske über Xissthra's Worte und schmunzelte leise.
Dann drang kein Geräusch mehr durch die Dunkelheit der Kammer, außer dem
Rascheln alten Pergamentes.