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Forever

Eine X-mas Story
von

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Es war vollkommen still.

Fast schien es, als gäbe es keine Geräusche mehr auf der Welt.

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen streckte die junge Frau mit den halblangen, rotbraunen Haaren die Hand aus, die geöffnete Innenfläche nach oben.

Verträumt beobachtete sie, wie sich zwei einzelne kleine Schneeflocken aus dem zarten, tanzenden Schleier lösten und lautlos auf ihre Haut nieder schwebten. Dort lösten sie sich langsam, auf, zurück blieben nur zwei silbrige Wassertropfen.

Sie hob den Blick, ihre grauen Augen betrachteten versunken die sanft umher wirbelnden Flocken.

Über allem lag bereits eine dünne weiche Schneedecke, verbarg die Landschaft vor den Blicken der Menschen. Die Wiesen, die schmalen, mit hellem Kies bestreuten Wege, die kahlen Bäume, die ihre nackten Äste in den mit dicken grauen Wolken verhangenen Himmel streckten...alles lag da, als schliefe es.

Vor ihr ruhte ein kleiner, fast ovaler See in seinem sandigen Bett, die reglose, glatte Oberfläche glänzte matt wie ein dunkler Spiegel.

Langsam löste sie den Blick von ihrer verschneiten Umgebung, blickte ostwärts auf einen der schmalen Wege.

Kurz darauf durchbrach das leise Knirschen von Kies und Schnee die Stille des Winters.

Die Schritte kamen näher und näher, erst verschwommen durch die tanzenden Flocken, dann immer deutlicher tauchte die Gestalt einer grauhaarigen, leicht gebeugten alten Frau im endlosen Weiß auf. Sie trug einen schwarzen langen Mantel, ein dicker roter Schal war um Schultern und Hals geschlungen.

Das Lächeln der jungen Frau wurde traurig, ein Schatten schien sich über die schönen Augen zu legen.

Die alte Dame ging mit kleinen langsamen Schritten an ihr vorüber, ohne sie zu beachten.

Sie wartete noch einen Augenblick,. dann folgte sie der Grauhaarigen.

Im Schnee hinter ihr blieben schmale Abdrücke zurück, die kaum zu erkennen waren. Schon nach wenigen Sekunden, hatten die neuen Flocken sie wieder zugedeckt und der Park lag still und verlassen unter dem verhangenen Firmament.

Schnee.

Die gefroren Tränen des Himmels.
 

Der Krankenwagen verschwand am Ende der Straße und die Menge der Schaulustigen zerstreute sich.

Niemand hatte es eilig.

Manchmal erschrak die junge Frau darüber, wozu die Neugier und die Egozentrik die Menschen trieb.

Seufzend löste sie sich aus dem Hauseingang und trat hinaus auf den Bürgersteig.

Hier war der Schnee nicht mehr weiß, sondern schmutzig braun und grau, zertreten zu einem unansehnlichen Brei.

Inzwischen hatte es aufgehört zu schneien. Eine schwache Brise kam auf, zerrte an ihren Haaren.

Passanten hasteten links und rechts an ihr vorbei, während sie still in der Mitte des Bürgersteigs stehen blieb.

Mit unendlich traurigen Augen blickte sie auf das dreckige, feuchte Stück Asphalt vor sich.

Die grauhaarige alte Frau war fort.

Der rote Schal lag zertreten und durchnäßt am Straßenrand.

Mit schleppenden Schritten ging die junge Frau darauf zu, beugte sich hinunter und hob ihn auf.

Die Wolle war kalt und kratzig, Wasser rann daraus über ihre Hand.

Für einen Moment schloss sie die Augen.

Der Lärm der vorbeifahrenden Autos, Gesprächsfetzen und leise Weihnachtsmusik aus einem nahen Kaufhaus drang an ihre Ohren.

"Ich hoffe du bist glücklich dort, wo du nun bist.", flüsterte sie sanft.

Anschließend wandte sie sich um.

Der Schal entglitt ihrer Hand, fiel unbeachtet zu Boden.

Die junge Frau war verschwunden.
 

Das leise Ticken der großen Standuhr hallte durch den großen Raum.

Die schwere Eingangstür aus dunklem Holz wurde von zwei hohen Säulen aus schwarzem Marmor eingerahmt, der Boden war bedeckt mit einem Muster aus weinroten und schwarzen Fliesen. Trübes Licht fiel durch die deckenhohen Fenster an der gegenüber liegenden Seite des Raumes.

Vor dem Fenster schienen die tiefhängenden Wolken fast das kalte, weiße Land unter ihnen zu berühren. Niedrige Schneewehen hatten sich vor den über und über mit Eisblumen bedeckten Scheiben gebildet.

Das riesig, saalähnliche Zimmer war leer bis auf einen einzelnen, blutrot gepolsterten schwarzen Stuhl mit reich verzierter Rückenlehne.

Der Stuhl stand mitten im Raum, die Sitzfläche zu den hohen Fenstern hin gerichtet, so dass der große dunkelhaarige Mann, der darauf saß, auf die winterliche Landschaft blicken konnte.

Der Mann war groß und kräftig, schwarzes halblanges Haar umrahmte das Gesicht mit den intensiv leuchtenden blauen Augen. Die Kleidung, die er trug, war ebenso pechschwarz wie sein Haar, die weite Hose warf lockere Falten um seine langen Beine, das kurzärmelige Hemd ließ den Blick frei auf die gebräunten muskulösen Arme.

Der Mann saß lässig auf seinem Platz, das linke Bein über die eine Armstütze geworfen.

Das Ticken der Uhr füllte den Raum.

Mit einer beiläufigen Handbewegung strich sich der Dunkelhaarige ein paar Strähnen aus der Stirn.

Gelangweilt betrachtete er den strahlend weißen Schnee.

Nach ein paar Sekunden sprang er abrupt auf.

Mit großen Schritten durchquerte er den Saal, riss die beiden Flügel der Tür auf und stürmte in den Gang, der dahinter lag.

Wie er sich langweilte!

Seit Jahrzehnten, nein, seit Jahrhunderten nichts als Gleichförmigkeit!

Wie er es verabscheute!

Seine Stiefel knallten auf die Bodenplatten.

Der Laut hallte vor ihm durch den finsteren leeren Gang, wurde unzählige Male zurück geworfen.

Das Echo schien lauter als die Schritte selbst, war ohrenbetäubend wie Donnerhall.

Er wollte hinaus!

Etwas Gesellschaft würde ihm hoffentlich ablenken.

Er würde schon jemanden finden, mit dem er sich amüsieren konnte!

Seine Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln.

Er würde ganz sicher jemanden finden.

Es war so leicht mit den Menschen zu spielen.

So einfach.

Lautlos schoben sich die nachtschwarzen Schwingen durch den Stoff auf seinem Rücken, wurden größer und kräftiger.

Beim nächsten Schritt entfalteten sie sich, die dunklen Federn an den Spitzen berührten beinahe die Wände des Ganges.

Ein wenig Spaß.

Er lachte leise.

Teil 1

Immer noch mit einem kühlen Grinsen um die Mundwinkel schlenderte Cyan durch die Straßen.

Sein Blick schweifte hin und her, musterte die Gesichter der Menschen, die an ihm vorbei hasteten.

So viele unterschiedliche Gesichter.

Mit welchem von ihnen sollte er...

Die stark geschminkte Blondine vor ihm?

Der Kette rauchende Mann mit dem Kurzhaarschnitt?

Die Rothaarige mit dem Kinderwagen?

Oder der bärtige Alte?

Ziellos lief er weiter.

Er würde es wissen, wenn er die geeignete Person fand.

Das Grinsen wurde breiter.

Er freute sich schon auf die Ablenkung.

Wenn es um kurzweilige Vergnügen ging, waren die Menschen recht praktisch.

Seine Augen wanderten von einem Gesicht zum Nächsten, ohne das er sie wirklich wahrnahm.

Plötzlich setzte sein Herz für einen Moment aus, schlagartig wurde ihm siedend heiß.

Er fühlte sich von einer Sekunde zur nächsten vollkommen schwach, gleichzeitig spannten sich seine Muskeln, als müsste er jeder Zeit bereit sein vorzuspringen und nach etwas zu greifen und es zu fangen.

Verwirrt runzelte er die Stirn.

Was war das?

Irritiert sah er sich um.

Er glaubte am Rande seines Gesichtsfeldes ein flüchtiges Aufblitzen bemerkt zu haben.

Irgend etwas oder irgend jemand war dort...

Aber Nichts war zu sehen.

Er drehte sich mehrmals um die eigene Achse, suchte mit scharfen Augen seine Umgebung ab.

Nichts.

Doch er war sich sicher, das dort etwas gewesen war!

Nachdenklich ging er weiter.

Etwas.

Oder jemand.
 

Ein eisiger Wind wehte durch die Straßen der Stadt.

Die junge Frau schlug den Kragen ihres hellen Mantels höher und steckte die Hände tiefer in die Taschen.

Graue Straßen, riesige Gebäude, die den Himmel bis auf einen schmalen Streifen hoch über ihrem Kopf aussperrten.

Enge, Kälte, Tristess.

Das einzige, was es hier in großer Zahl gab, waren die Menschen.

Ein Strom von Gesichtern zog an ihr vorbei, hastete und eilte, stolperte und rempelte, lachte und schimpfte.

Und sie mitten unten ihnen.

Für einen Moment lang spürte sie die Einsamkeit, die sie manchmal zu erdrücken drohte.

Ihr Blick glitt über die mit Tannenzweigen, Kerzen, Engeln, Kugel und Weihnachtsmännern dekorierten Schaufenster. Zwischen all den hell erleuchten und bunten Auslagen entdeckte sie die warm glühenden, gelbbraunen Butzenfenster eines kleinen Cafés.

Ihre Augen begannen zu glänzen.

Sie beschleunigte ihre Schritte schob die unscheinbare Eingangstür auf und betrat das Lokal.

Nur wenige Lampen spendeten beruhigendes gelbes Licht, auf jedem der kleinen Tische brannte eine rote, mit Tannengrün geschmückte Kerze. Der Duft von Tee, Gebäck und Zimt lag in der Luft.

Sie atmete einmal tief und zufrieden ein.

Anschließend schlendere sie zu einem winzigen Tischchen am Fenster hinüber und nahm Platz.

Gleich darauf trat eine eifrige Kellnerin an ihren Tisch.

"Guten Tag! Was kann ich Ihnen bringen?"

"Einen heißen Kakao und ein Stück Kuchen, bitte." Die Stimme der jungen Frau war ruhig und klar, seltsam schwebend, fast wie eine leise Melodie.

"Wir haben Apfel-, Streusel- und Mohnkuchen."

"Streuselkuchen, bitte,"

"Kommt sofort." Die Kellnerin lächelte freundlich und machte sich auf den Weg zurück zur Theke.

Während die junge Frau wartete, sah sie sich in dem kleinen Café um.

Die dunklen, mit gelben Polstern versehenen Stühle und Bänke umrahmten die Handvoll Tische, die in dem Raum Platz fanden. Vor dem getönten Butzenfenster neben ihr lag ein mit Äpfeln, Nüssen, Tannenzapfen und getrockneten Orangenscheiben gespickter Adventskranz.

Drei der Kerzen brannten. Die winzigen Flämmchen wiegten sich still hin und her. Nur noch wenige Tage und auch die vierte Kerze würde angezündet werden.

Wie oft fiel der 24. Dezember genau mit dem vierten Advent zusammen?

Sie wusste es nicht, noch konnte sie sich daran erinnern, wie viel solche Tage sie schon erlebt hatte.

Es war auch nicht wirklich wichtig.

Im Grunde war es das Fest selbst, das zählte, aber trotzdem fühlte sie sich am Tag, an dem beides zusammen traf noch wohler als sonst.

Sie lächelte bei dem Gedanken daran.

Sie freute sich schon jetzt auf diesen Tag.

Noch immer lächelnd ließ sie ihren Blick weiter durch das Café wandern.

Über Tische und Stühle, Boden und Decke, bis zur anderen Seite des Zimmers.

Sie blinzelte überrascht.

Bisher war ihr nicht aufgefallen, das am anderen Ende des Raumes noch ein Tisch belegt war.

In der Ecke, halb im Schatten, saß ein groß gewachsener junger Mann mit dunklen Haaren.

Sie wusste, dass er sie anschaute.

Sie spürte seine Augen auf sich ruhen.

Etwas in diesem Blick...

Sie spürte ein Kribbeln in ihrer Brust.

Schlagartig wusste sie, wer dort mit ihr in diesem Café saß.

Die Erkenntnis ließ sie erschauern.

Hastig wandte sie den Blick ab.

Glücklicherweise kam in diesem Augenblick die Kellnerin zurück.

"Bitte sehr.", sie stellte den Teller mit einem großen Stück Kuchen und eine Tasse dampfenden Kakaos vor ihr ab.

"Danke. Könnt ich gleich zahlen?" An der sanften Stimme war nicht zu erkennen, dass die vorher noch so fröhliche Stimmung stark gedämpft worden war.

"Sicher!" Die Kellnerin nannte die Summe, kassierte und verschwand anschließend mit einem munteren "Guten Appetit!".

Nach Außen hin gelassen nahm die junge Frau die hohe Tasse in beide Hände und nippte an dem heißen Getränk.

Was einer von ihnen wohl hier tat?

Sie wollte es vermutlich gar nicht wissen.

Doch seltsam, dass sie ihn nicht schon eher bemerkte hatte.

Normalerweise war ihr Gespür in dieser Hinsicht hervorragend.

Lag es an ihrer Stimmung, dass sie ihn nicht wahr genommen hatte?

Oder lag es an ihm?

Noch merkwürdiger war allerdings, dass sie nur mühsam dem Drang widerstehen konnte, wieder in seine Richtung zu schauen.

Irritiert stellte sie den Becher ab und wandte sich dem Kuchen zu.
 

Als sie eintrat, befiel Cyan das selbe Gefühl, wie vor ein paar Minuten auf der Straße.

Sein Puls begann zu rasen, das Blut rauschte in seinen Ohren und ihm wurde unglaublich heiß.

War sie es gewesen, die er aus den Augenwinkeln gesehen hatte?

Hatte der Zufall sie wieder zusammen geführt?

War sie es tatsächlich gewesen?

Er schluckte hart.

Dann starrte Cyan weiter quer durch den Raum zu der feingliedrigen Erscheinung am Fenster hinüber.

Das Kerzenlicht warf schimmernde rote Reflexe auf ihr seidiges Haar, die Haut wirkte wie weicher Samt.

Selbst von seinem Platz aus, konnte er die großen grauen Augen bewundern.

Sie war wunderschön.

So klein und zerbrechlich...

Er hatte ihre sanfte Stimme als leises Flüstern bis zu seinem Tisch gehört. Dabei war ihm ein Schauer über den Rücken gelaufen.

Mehrere Meter lagen zwischen ihnen und das Licht im Café war eher gedämpft, versteckte sie unter seinem Schleier, doch trotzdem zog sie ihn wie magisch an.

Er konnte einfach nicht den Blick von ihr abwenden.

Er wollte es auch nicht.

Cyan wäre zufrieden damit gewesen, sie noch stundenlang betrachten zu können.

Einen kurzen Moment lang wunderte er sich über sich selbst.

Er war in diese Stadt gekommen, um seinen Spaß zu haben und nun...

So etwas war ihm in all den Jahrhunderten noch nie passiert.

Warum hatte sie diese Wirkung auf ihn?

Sie war schön, doch das waren andere auch.

Es war etwas anderes, dass er nicht erklären konnte, dass aber unbestreitbar vorhanden war und ihn gefangen hielt.

Ohne das es ihm richtig bewusst wurde, bewegten sich seine Beine und er stand auf.

Seine Füße bewegten sich scheinbar von ganz allein und trugen ihn in Richtung der jungen Frau.

Sie zog ihn zu sich.

Mit wenigen ungeduldigen Schritten hatte er das Café durchquert.

Direkt vor ihrem Tisch hielt er an.

Die wunderschönen grauen Augen flogen augenblicklich zu ihm auf.

Grau wie das Meer an einem nebligen Tag.

Einige endlose Sekunden lang versank er in ihren Augen.

Cyan vergaß alles um sich herum.

Doch dann senkten sich die dichten langen Wimpern und sie wandte den Blick ab.

Ein Ruck durchlief seinen Körper, als hätte man ihn geschlagen.

Es war nur ein Lidschlag gewesen, doch dieser wirkte so abweisend, als hätte sie ihm direkt gesagt, er solle gehen.

Aber egal, was sie tun würde: Er würde bleiben.

Er wollte bei ihr bleiben!

"Darf ich?", fragte er mit seinem schönsten Lächeln und deute auf den noch freien Stuhl an ihrem Tisch.

Sie zögerte kurz, dann nickte sie fast unmerklich.

Cyan setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber.

Er bemerkte, wie sie seinem Blick auswich.

Schweigend und sichtlich verlegen schob sie sich ein Stück Kuchen in den Mund.

Auch wenn sie ihn nicht beachtete, so war er doch in ihrer Nähe.

Jetzt konnte er sie endlich genauer betrachten.

Das rotbraune Haar umrahmte in weichen Wellen das schmale schöne Gesicht, dazu die sanft geschwungenen Lippen, die großen Augen mit den langen Wimpern, der schlanke zierliche Körper.

Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.

Sie war wirklich wunderschön.

"Mein Name ist Cyan.", er streckte ihr seine rechte Hand entgegen.

Wieder zögerte die Schöne kurz: "Ich heiße Aires."

Zaghaft griff sie nach seiner Hand.

Ihre kleinen Finger verschwanden fast in seiner viel größeren Hand.

Ihre Haut war so weich....

Ihm war heiß.

Was war plötzlich mit ihm los?

Warum verhielt er sich so seltsam?

Er wollte sich doch nur amüsieren...

Ja, genau das wollte er.

Also würde er es auch tun!

Er hatte anderes im Sinn gehabt, aber gegen diese Art Zeitvertreib hatte er nun wirklich nichts.

Sicher!

So würde er es tun!

So mußte es sein!

Einen anderen Grund für sein Verhalten konnte es nicht geben!

"Schmeckt dir der Kuchen?", erkundigte er sich freundlich.

Aires seufzte schwach.

Endlich blickte sie in wieder an.

Ernst, fast ein wenig resigniert.

Irritiert blinzelte Cyan.

Solche Reaktionen war er nicht gewohnt. Und die Trauer in ihren Augen...es beunruhigte ihn. Gleichzeitig verspürte er den Drang den Grund für ihre Trauer zu finden.

Zu finden und zu vernichten, zu zerstören, bis nichts mehr davon übrig blieb.

Ihre Antwort auf seine Frage unterbrach seine Gedanken: "Der Kuchen ist wirklich gut." Sie schob sich mit der Gabel den letzten Bissen in den Mund.

Gleich darauf wollte Aires wissen: "Hatten sie nichts bestellt?"

Für einen viel zu kurzen Augenblick sah sie Cyan an.

Bemüht ruhig erwiderte er: "Nein, noch nicht."

Ihre melodische Stimme...

Wie schade, dass sie nicht mehr sprach.

Aus irgend einem Grund faszinierte sie ihn.

Er konnte nach wie vor nicht verstehen, warum ein Mensch ihn so interessierte, aber er wollte nicht den Grund kennen.

Er wollte sie.
 

Der Streuselkuchen schmeckte wirklich ausgezeichnet, doch Aires nahm es nicht mehr richtig wahr.

Der große dunkelhaarige Mann vor ihr, füllte fast ihr gesamtes Blickfeld.

Sie spürte, wie sehr ihr Herz raste.

Warum hatte er sich zu ihr gesetzt?

Wusste er nicht, wer sie war?

Was sie war?

Angestrengt hielt Aires ihren Blick gesenkt.

Doch das was er war, war nicht der Grund für ihre Unruhe und ihren schnellen Puls.

Der Mann namens Cyan...

Er gefiel ihr.

Er gefiel ihr sehr.

Sein Gesicht, seine Augen, sein Mund...

Seine körperliche Nähe war angenehm.

Beruhigend und erregend zugleich.

Ihre Finger zuckten kaum merklich.

Auch seine Stimme...Tief und ein wenig spöttisch...

Am Liebsten hätte sie die Augen geschlossen und so seinen Worten gelauscht.

Cyan zog sie an.

Eigentlich hätte sie über diesem Gedanken zutiefst erschüttert sein müssen oder sogar mehr als das.

Aber sie war es nicht.

Das Gefühl, dass Cyan in ihr auslöste...

Aires fühlte sich unsicher wie nie zuvor in ihrem langen Leben.

Unsicher und betrübt.

Wenn nur das eine nicht wäre...

Dann hätte sie dieses Aufeinandertreffen genießen können.

Vielleicht hätte sie dann etwas gehabt, was ihr half die Einsamkeit für ein paar wenige Augenblicke zu vergessen.

Aber es war nun einmal so.

War es wirklich möglich, dass er es im Gegensatz zu ihr nicht bemerkt hatte?

Hatten seine scharfen Sinne sie nicht als das erkannt, was sie war?

Aires blickte verstohlen zu dem Dunkelhaarigen hinüber.

"Stimmt etwas nicht?", erkundigte er sich freundlich.

Sie lächelte schwach und schüttelte den Kopf: "Nein, alles in Ordnung. Wie sollte es auch anders sein? Bald ist Weihnachten!"

"Es gibt Menschen, denen das nichts bedeutet...", erwiderte er leise.

Sie wusste sofort, was er damit sagen wollte.

Und sie konnte ihn verstehen.

Sie lächelte traurig: "Das ist schade.?

"Tatsächlich??, nachdenklich sah er sie aus seinen leuchtend blauen Augen an.

Aires nickte: "Ja. Es ist irgendwie traurig.?

"Du magst Weihnachten??

"Ja, sehr.?

"Wenn man allein ist, ist es nicht wirklich schön.?

Aires zögerte kurz.

Schließlich hatte er Recht.

Auch ihr ging es oft so...

Andererseits...

"Das stimmt schon, aber ich liebe es Heiligabend allein durch die Straßen zu gehen. Wenn man die warmen Lichter aus den Häusern oder vielleicht sogar einen Teil des Weihnachtsbaums und die Familie sehen kann...es ist ein schöner Anblick. So friedlich.?

"Aber es ändert nichts an der Einsamkeit, oder??, fragte er ruhig.

Cyans Satz traf es genau auf den Punkt.

Was sollte sie darauf nur erwidern?

Um ihre Unsicherheit zu verstecken, trank sie einen Schluck Kakao.

Die warme Schokolade wärmte sie von Innen heraus und beruhigte sie ein wenig.

Sie musste ruhig bleiben.

Sie durfte sich nichts anmerken lassen.

Cyan durfte nicht wissen, dass sie wusste, wer er war.

Das würde ihnen beiden nur Probleme bereiten.

Vor allem aber durfte er nicht bemerken, wie sehr er sie faszinierte.

Eine leichte Röte schlich sich auf ihre Wangen.

Hastig trank sie weiter, verbarg ihr Gesicht regelrecht hinter der großen Tasse.

Als sie den Becher wieder absetzte, fiel ihr auf, dass Cyan sie noch immer intensiv anstarrte.

Sie beobachtete ihn ihrerseits verstohlen.

Warum schaute er sie so an?

Wusste er es doch.

"Hast du es eilig??, fragte er plötzlich.

Die junge Frau zuckte überrascht zusammen: "Nein, ich...? Sie brach hilflos ab.

"Es sieht aber ganz danach aus.? Cyan lächelte spöttisch, aber seine Augen...Es schien, als läge ein Schatten über dem hellen Blau der Iris, er wirkte...unsicher.

"Ich habe lediglich Durst...?, erwiderte sie schwach und wusste selbst, wie dumm diese Antwort klang.

Dennoch...

Das Gesicht des Dunkelhaarigen leuchtete auf: "Was hältst du dann davon, wenn ich dich zu noch einer Tasse einlade??

Er lächelte sie an.

Ein heißer Schauer lief über ihren Rücken und sie musste dagegen ankämpfen nicht mit einem spontanen, begeisterten "Ja? heraus zu platzen.

Wenn er lächelte...

Das Leuchten seiner Augen...

Er wirkte gleich noch anziehender.

"Tut mir leid, lieber nicht.?, sagte sie leise.

Wieder huschte ein Schatten über seine Züge: "Wieso nicht? Du würdest mir damit wirklich eine große Freude machen.?

Es sah aus, als meinte er es tatsächlich Ernst.

Aires' Herz schlug noch ein wenig schneller.

Es war eine gefährliche Situation.

- Er war gefährlich.

Genau wie sie selbst. Denn es fiel ihr so unendlich schwer, standhaft zu bleiben und das Richtige zu tun.

Sie würde wirklich gern länger mit ihm....

Abrupt stand sie auf.

"Entschuldigung, ich muss los!?, rief sie und wirbelte auf dem Absatz herum und eilte aus dem Café.
 

Perplex blickte Cyan ihr nach.

Sie war so plötzlich aufgesprungen und davon gelaufen...

Vollkommen verwirrt starrte er ihr hinterher.

Die Eingangstür schloss sich hinter ihr.

Die Tür, eine dunkle, glatte, trostlose Fläche.

Aires war fort.

Von einer Sekunde zur anderen war ihm eiskalt.

In seiner Brust krampfte sich etwas zusammen, ließ ihn leise aufkeuchen.

Sie durfte ihn nicht allein lassen!

Mit einem Satz sprang Cyan auf, lief mit großen Schritten zum Eingang, riss die Tür auf und rannte ihr nach.

Kälte und Lärm schlugen ihm auf dem Bürgersteig entgegen, er wurde angerempelt und gestoßen, doch er bemerkte es kaum.

Er stand mitten auf dem Weg und wandte sich wie rasend erst in die eine, dann in die andere Richtung.

Wohin war sie gegangen?

Sein Kopf ruckte von einer Seite zur anderen.

Gerade noch rechtzeitig sah er nach links, um die junge Frau in einer Seitengasse verschwinden zu sehen.

Aires!

Er jagte ihr hinterher.

Nur flüchtig wunderte er sich über sein ungewöhnliches, irrationales Verhalten, dann verdrängte der Gedanke an sie wieder alles andere.

Rücksichtslos stieß er Passanten aus dem Weg, drängte sich durch das Gewimmel bis zu der Gasse.

Es war eher ein schmaler Durchgang, nicht einmal breit genug für ein Auto.

Nur wenige Lichter erhellten den Durchgang, der größte Teil des gepflasterten Weges lag im Dunkeln.

Nur etwa zwanzig Meter weiter lief Aires leichtfüßig über die mit Schnee bedeckten Steine.

Sie ging tatsächlich fort!

Wieder dieses schmerzhafte Ziehen in der Brust.

"Warte!?, brüllte Cyan.

Er rannte erneut los.

Er wollte sie einholen, so schnell es ging doch plötzlich schien es, als wäre die Zeit erstarrt.

Er schien kaum von der Stelle zu kommen und auch sie bewegte sich, als wären ihre Glieder gefroren.

Langsam, wie in Zeitlupe drehte sie sich um.

Wunderschöne graue Augen.

Sie lächelte.

Ein unendliches trauriges Lächeln.

"Es tut mit leid...Ich wünschte, du wärst dort geblieben...Oder hättest es von selbst bemerkt...?, flüsterte sie leise.

Was?

Was meinte sie?

Und dann....

Cyans Augen weiteten sich, seine Beine schienen ihm nicht mehr zu gehorchen und er geriet ins Stolpern.

Ohne einen Laut zu verursachen entfalteten sich die blendend weißen Schwingen auf ihrem Rücken, füllten die Gasse mit strahlender Helligkeit.

"Es war trotzdem schön dich kennengelernt zu haben.? Noch immer melancholisch lächelnd, schlug sie die Augen nieder, die Flügel schlugen noch vorn, umhüllten ihren Körper und....sie verschwand.

Cyan stand vollkommen allein in dem schmalen Durchgang.

Der Schmerz in seiner Brust wurde unerträglich und dazu kam plötzlich eine alles verschlingende Sehnsucht.

Er stöhnte auf.

Ein Engel!

Sie war ein verdammter Engel!

Warum hatte er nichts bemerkt?

Wie hatte er so blind sein können?

Hatte sie seine Sinne so verwirrt?

Ein Engel....

Er musste das hier so schnell wie möglich vergessen!

Ob ihm das gelingen würde?

Bewegungslos starrte er auf die Stelle, an der Aires noch bis vor kurzem gestanden hatte.

Sie vergessen...

Es begann wieder zu schneien, der Schnee verwischte ihre Spuren.

Aires vergessen.

Unmöglich.

Wieder entrang sich seiner Brust ein qualvolles Stöhnen.

Teil 2

Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne krochen über den Horizont, lie0ßen den Schnee aufleuchten.

Gelb, Orange, Rot.

Für einige wenige Sekunden war der Schnee nicht mehr weiß und kalt, sondern bunt und warm.

Einige wenige magische Sekunden am Tag.

Aires lehnte am Stamm einer großen blattlosen eiche und beobachtete das wundervolle Schauspiel.

Der Fimmel war klar, noch dunkel, aber im Osten leuchtete er in einem hellen Blau.

Doch es würde nicht lange so bleiben.

Sie konnte den Schnee riechen, ihn in der Luft spüren.

Über Aires' Kopf stob ein Schwarm krähend laut krächzend und klagend auf.

Dunkle Schwarzen gestalten, die federn schimmernd im Sonnenlicht.

Schwarze Federn.

Aries schloss die Augen.

Cyan.

Es waren schon mehr als zwei Tage seit ihrer Begegnung vergangen.

Schon.

Oder besser nur.

Sie konnte nicht aufhören an ihn zu denken.

Sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, was sie in den vergangenen Stunden getan hatte.

Nur der Gedanke an den großen dunkelhaarigen Mann schien in ihrem Kopf zu existieren.

Zögernd hob die junge Frau ihre recht Hand, hielt sie vor ihr Gesicht und betrachtete sie.

Als er ihr die Hand gegeben hatte..

So groß, warm und kräftig...

Sie schüttelte heftig den Kopf.

Sie musste sich mehr Mühe geben ihn zu vergessen!

Er war ein Dämon!

Und das einer von ihnen so etwas in ihr auslösen konnte...

Unruhig stieß sie sich von dem mächtigen Baumstamm ab.

Ihre Füße trugen sie über den Schnee, durch den Park, bis an das Ufer des ovalen Sees, an dem sie auf die alte Frau gewartet hatte.

Eine dicke glatte Eisschicht umsäumte das Ufer, nur in der Mitte des Sees wartete noch das dunkle Wasser. Auch dort schwammen schon kleine Eisschollen, tanzten auf den Wellen, die einige Enten hinter sich herzogen.

Dunkles Wasser.

Heller Schnee.

Tag.

Nacht.

Alles schien so friedlich in einander über zu gehen, sich so leicht mit einander zu verbinden?

Warum musste es dann bei ihr so schwer sein?

Dabei kannte sie Cyan nicht einmal wirklich!

Wusste kaum mehr als seinen Namen.

Aber was machte das schon, bei dem, was sie empfand?

Aires seufzte leise.

Langsam sank sie auf die Knie.

Eine Hand grub sich in den eiskalten Schnee.

Vergessen.

Sie hatte Jahrhunderte Zeit dazu.

Es würden qualvolle Jahrhunderte werden...

Sie hoffte, dass es ihr bald gelingen würde.

Und gleichzeitig wünschte sie, es würde ihr nie gelingen, dass sie es gar nicht müsste, weil Cyan sie...
 

Das Licht der Morgensonne flutete durch die hohen Sprossenfenster in den großen Raum.

Das Ticken der Standuhr dröhnte in Cyans Ohren.

Mit großen Schritten lief er auf und ab.

Ein neuer Tag.

Ob er eine ebenso qualvolle Aneinanderreihung von Stunden, Minuten, Sekunden, Ewigkeiten bringen würde, wie der vorherige?

Zerbrochenes Glas knirschte unter Cyans Stiefeln, durch die zerbrochenen Fensterscheiben fuhr ein eisiger Windhauch.

Wann hatte er....?

Er wusste, dass er in einem Anfall von verzweifelter Wut nahezu alles Glas zerbrochen hatte, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann es genau geschehen war.

Hatte er überhaupt geschlafen, seit er ihr begegnet war?

Nein.

Aires.

Cyan stöhnte unterdrückt.

Aires.

Es waren schon mehr als zwei Tage seit ihrer Begegnung vergangen.

Schon.

Seit dem, hatte er an nichts anderes denken können.

Er war auf und ab gelaufen, hatte nicht einmal Schlaf finden können, denn sobald er die Lider schloss, sah er sie noch deutlicher als zuvor vor sich.

Nur der Gedanke an die wunderschöne junge Frau schien in seinem Kopf zu existieren.

Die Sehnsucht nach ihr, brannte in ihm, schmerzte von Minute zu Minute mehr.

Er hätte schreien können vor Qual.

Es war ihm egal, dass sie einer von ihnen war.

Was machte das schon?

Er brauchte sie!

Er wollte sie!

Nur sie!

Cyan erreichte die Seitenwand des Raumes und blieb stehen.

Ihre Augen, ihre Stimme....

Ihre Wärme und Sanftheit, als er sie berührt hatte...

Er wollte sie beschützen!

Er würde sie vor allem und jeden beschützen!

Sie sollte glücklich sein!

Und er wollte bei ihr sein.

Seine Hand ballte sich zur Faust.

Mit aller Kraft schlug Cyan gegen die Wand.

Einmal.

Zweimal.

Dreimal, bis Blut von seinen Knöcheln tropfte.

Er musste sie finden!

Und wenn er ewig nach Aires suchen musste!

Jede Minute ohne sie war eine Qual, aber so lange sie irgendwann in der unendlichen Zukunft ihm gehören würde...

Für sie würde er alles ertragen!

Nur ein Blick auf sie und er hatte gewusst, dass er sie liebte.

Er konnte ganz einfach nicht mehr ohne sie sein.

Er lachte rauh.

Wie banal die Wahrheit sein konnte.

Und wie schmerzhaft.

Aires.

Er musste sie finden!

Er würde sie finden!

Wie sie auf ihn reagieren würde...

Auch seine zweite Faust traf die Wand.

Für einen Augenblick überwältigten ihn Angst und Verzweiflung.

Wenn sie ihn ablehnen würde...

Wenigstens hätte er sie dann noch einmal gesehen!

Noch einmal in ihre Augen eintauchen und ihre Wärme spüren...

Er hoffte, dass er sie bald finden würde.

Teil 3

Es schneite wieder.

Dicht an dicht sanken die riesigen weichen Flocken zu Boden.

Sie schwebten aus dem dunklen Nachthimmel nieder auf die mit unzähligen Lichtern gespickte Stadt.

Es war still.

Nur in der Ferne schlug eine dunkle hallende Kirchturmuhr elf.

Es war Heiligabend.

Die Menschen würden nun in ihren Wohnzimmern sitzen und feiern, vielleicht auch schon im Bett liegen.

Die Welt war so ruhig, die Nacht so einsam.

Einsam, aber freudig.

Weihnachten!

Leise vor sich hin lächelnd schlenderte Aires über den nur von wenigen Laternen beleuchteten Platz.

Der Schnee lag hoch, außer den schwachen abdrücken, die sie selbst hinterließ waren keine anderen Spuren zu sehen.

In der Mitte des großen kreisrunden Platzes erhob sich ein riesiger Weihnachtsbaum.

Hunderte von elektrischen Lichtern schmückten die dunkelgrünen Zweige, große rote Kugeln und schleifen erstrahlten im warmen gelben Licht.

Ein paar Schritte von dem gewaltigen Baum entfernt blieb Aires stehen.

Sie schloß die Augen.

Der Schnee schien leise zu knistern und zu flüstern, wenn er auf dem Boden auftraf, die Luft roch nach Eis und schwach nach Harz und Tannengrün.

Sie öffnete die Lider wieder, legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf zur Spitze des Weihnachtsbaums.

Hoch über ihr in der vom Schnee durchwirkten Dunkelheit thronte ein rotgoldener Stern auf dem höchsten Punkt des Baumes.

Aires schlang die Arme um ihren Oberkörper und seufzte leise.

Dann drehte sie sich langsam um, wollte gehen.
 

Sie sah so einsam aus.

So verloren unter dem unendlichen schwarzen Himmel und unter der weiten weißen Schneedecke.

So klein und verletzlich.

Cyans Hände zuckten.

Er wollte zu ihr gehen!

Er wollte bei ihr sein!

Aires hob die Arme, schlang sie um ihren Körper.

Sein ganzer Körper war hart vor Anspannung.

Stumm und reglos stehen zu bleiben stellte eine fast unüberwindbare Anstrengung da.

Cyan schluckte mühsam.

Doch er hatte schon so lange gewartet!

Stunden um Stunden, hoch über den Dächern der Stadt.

Den eisigen Wind, der dort wehte, hatte er kaum bemerkt, ebensowenig wie den Schnee, der auf seine Schultern und haare sank.

Er hatte gewartet, mit brennenden Augen den Himmel und die Stadt beobachtet.

In jeder Sekunde hatte er auf ein weißes Aufblitzen gehofft oder auf dieses unbeschreibliche alles verschlingende Gefühl, dass ihn befiel, sobald sie in der Nähe war.

Wenn er so lange gewartet hatte...

Nur noch ein paar Minuten!

Seine Muskeln schmerzten.

Das sie tatsächlich in diese Stadt zurück gekehrt war...

Weihnachten...

Von nun an würde er dieses fest mit ihrem Anblick verbinden.

Die zierliche wunderschöne Gestalt vor den warm glühenden Lichtern, umgeben von dem weißen Glitzern des reinen Schnees.

Weihnachten...

War das nicht ein Fest der Hoffnung und der Wunder?

Für ihn war es das.

Ein Wunder, dass er sie so schnell gefunden hatte.

Hoffnung.

Ob er hoffen durfte...

Er musste sie ansprechen!

Er öffnete seinen Mund und im selben Augenblick drehte sie sich um und sah ihn.
 

Beide schwiegen.

Sie starrten sich an.

Ihr Herz klopfte, als wollte es zerspringen.

Cyan!

Was tat er hier?

Aires spürte, wie ihr die Knie weich wurden, ihre Beine zitterten.

Warum war er hier?

Wegen ihr?

Sie wagte nicht, daran zu denken.

Es war zwar dunkel, aber dennoch konnte sie seine Augen sehen.
 

Cyan hatte seien Hände zu Fäusten geballt, die Nägel krallten sich schmerzhaft in seine Handballen, die Haut über den verletzten Gelenken riss auf und begann wieder zu bluten.

Aus brennenden Augen sah er sie verlangend an.

Sie war ihm so nahe...

Was vor allem von Bedeutung war:

Weder drehte sie sich um und ging, noch verschwand sie einfach so.

Sie blieb einfach stumm stehen und blickte ihn an.

Ihre großen grauen Augen...

Sie irrte unsicher.

Aber...

Irrte er sich, oder...?

Entschlossen trat er einen Schritt vor.
 

Er kam näher und näher.

Schritt für Schritt.

Immer näher.

Erst jetzt bemerkte sie, wie groß er wirklich war.

Er überragte sie um fast zwei Köpfe, dazu war er muskulös und kräftig...

Aires schluckte.

Und sein Blick...

Ihr Zittern wurde stärken.

Sie wäre ihm so gerne entgegen gegangen!

Doch ihre Beine verweigerten ihr den Dienst.

Sie fühlte sich so schwach, konnte nichts anderes tun als ihn anzusehen.

Ihn ansehen und...
 

"Cyan!?

Ein leises warmes Flüstern.

Warm und ihn willkommen heißend.

Es durchzuckte ihn wie ein Blitz
 

Er sprang vor und mit einem Satz war er bei ihr.

Aires spürte, wie sich seine Arme um sie legten, wie er sie fest an sich zog.

Das Gesicht an seine Brust gepresst, atmete sie mit geschlossenen Augen seinen Geruch an.

Eine seine Hände lag auf ihrer Taille, die andere streichelte ihren Rücken.

So warm und beschützend....

Aires lächelte still.

Sie war noch nie so glücklich gewesen.

Weiß und Schwarz.

Im Grunde war es doch ganz einfach.

Vorsichtig hob sie den Kopf und sah zu ihm auf.
 

Liebevoll blickten ihre grauen Augen zu ihm auf.

Cyans Hand glitt ihren Rücken hinauf, grub sich in ihr seidigs Haar.

Die Kerzen des riesigen Weihnachtsbaums warfen glänzende warme Punkte auf die Strähnen.

Weihnachten.

Von nun an würde er sich wohl auch auf dieses Fest freuen können.

Cyan lächelte sanft.

Mit ihr.

Aires...

Seine Finger fuhren über ihre Schläfe bsi hinab zur Wange.

So zart...

Er beugte sich zu ihr hinunter.

Er sah noch, wie sich ihre dichten Wimpern senkten, dann berührten seine Lippen ihren Mund und er vergaß alles um sich herum.
 

Wunder.

Magie.

Oft liegen diese Dinge im Auge des Betrachters.

Und für das Auge verschluckte der dunkle Nachthimmel die schwarzen Schwingen und die weißen Flügel wurden eins mit dem strahlenden Schnee, ließen nichts zurück als ein in tiefer Umarmung versunkenes Paar.
 

ENDE



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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von:  Alondi
2006-03-18T11:26:03+00:00 18.03.2006 12:26
....
..
...
so schön! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll... O.o wirklich..total...*träum*
^^ ich bin grad noch ein bisschen benebelt!
Schade, dass die Story nur vier teile hat! aber es hat super gepasst! *nick* ich bin ja sooo beeindruckt!
Vor allem die Schlussszene... ich bin richtig danebengestanden! O.o wir immer mit unseren Schlussszenen xD *du weißt, was ich meine* *kicher*
irgendwie erinnert mich die story auch ein bisschen an 'In the Darkness' *nick* genauso schön..*hach*
^^
wenn du mal wieder eine in der art verfasst..denk an mich! ^^
*knuddl*
Von:  Lorelei89
2005-08-05T14:12:29+00:00 05.08.2005 16:12
hey ich habe deine ff heute entdecket und ich muss dir ein super großes lob aussprechen und ich habe natürlich auch die ff die hier im zusammenhang ist gelesen habe^^

bye deine lorelei89
Von:  Miyu-Moon
2005-02-28T19:16:52+00:00 28.02.2005 20:16
Die Geschichte ist ja so rührend, das es das Herz erwärmt. es scheint dir leicht zu fallen, die Gefühle deiner Figuren zur richtigen Zeit "auszuspeilen". Eine Fähigkeit die andere nicht besitzen....
Von: abgemeldet
2005-01-12T21:12:46+00:00 12.01.2005 22:12
GRATULIERE!!!!!
Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz!!!!
(obwohl mich schon mal interessieren würde wer da besser war...)

Die Story ist einfach soooo schön!!!
So richtig herzerwärmend...
*seufz*

Aber ich musste dabei ein bissl an Dream of Eternity denken...
War das beabsichtigt?

Na egal, ich finds jedenfalls toll!!!
Meine Meinung zu deinem Schreibstil kennst du ja eigentlich, ich wiederhol mich ja immer...
Aber du schreibst nun mal fantastisch!

Würde mich über eine Fortsetzung mir den beiden freuen...
Naja du machst das schon!
^^

Also bis denne *winkeeee*
*knuddel*

die Miyu
Von:  Caith
2004-12-26T10:31:00+00:00 26.12.2004 11:31
*heul* es wurde schon anspruch auf cyan erhoben *schnief* ich mach mir meinen eigenen, basta !
so und nun ... wuah, is das geil is das schön is das toll
*blumenstrauß hinhalt*
alles gute und herzlichen glückwunsch zum 2. Platz, wieso nich erster? is doch so toll, so fantastisch ... so ... *seufz*
um nochmal darauf zurückzukommen, kann man cyan vielleicht doch noch irgendwie aufteilen? so einmal in der woche würde mir ja für den anfang reichen *habenwill*
ach hast du das wie immer fein gemacht und übrigens, das ende, also die letzten paar zeilen, das klingt so toll, so ... *sprachlos is*
wenn ich cyan nich haben kann, geh ich eben wolfi knuddeln
*pitriauchknuddel*
*verbeug*
danke für die tolle geschichte ^_____^
Von:  Caith
2004-12-26T10:21:20+00:00 26.12.2004 11:21
also, eigentlich wollt ich ja nich meckern, aber da wa nur so ein kleiner, ein ganz klitzekleiner, verschreiber, der da irgendwie komisch wirkt ... machst du den Fimmel wieder weg? ... sorry ...
und jetzt zum angenehmen ... der geschichte ^^
*sabber* ich werd süchtig und geh weiterlesen
Von:  Caith
2004-12-26T10:16:18+00:00 26.12.2004 11:16
muss mal dem vorhergesagten zustimmen und außerdem ...
schön ... wie machst du das nur, eine stimmung so toll rüberzubringen? es is jedesmal toll ,wenn man was von dir lesen kann ^^
aber irgendwie isses ja net so toll ... also irgendwie traurig ... sie ziehen sich gegenseitig an und können doch nich zusammensein *seufz*
ich mag deine beschreibungen und den wundervoll gezielten einsatz von adjektiven ...
Von:  Caith
2004-12-26T09:46:38+00:00 26.12.2004 10:46
*reinhoppel*
na? seh ich recht? nur ein kommi? das muss geändert werden!!!
mir gefällt der anfang, also, dieses Kapitel halt ... ich find es schön beschrieben, wie sie da so steht und als würde sie auf die frau warten und dann das mit dem schal, das verleiht dem ganzen irgendwie eine richtig traurige stimmung, wenn der da so auf dem boden liegt und zertreten is ... *schnief*
und dann ne neue perspektive ... fein, fein, fein ...
hört sich total gemütlich an ^____^ kann man da auch einziehen?
nee, was ich damit ausdrücken will: es ist dir mal wieder super gelungen, eine tolle geschichte zumindest anzufangen ... geh jetzt weiterlesen
*raushoppel*
Von: abgemeldet
2004-12-25T08:03:24+00:00 25.12.2004 09:03
Diese Story hat Platz 2 im WB belegt! ^.^
Von:  Hotepneith
2004-12-19T14:36:08+00:00 19.12.2004 15:36
Hallo..

wie schon gesagt wurde..wunderschön...seufz. Und dabei hatte ich nach der vierten Seite langsam das Gefühl, das könnte schlecht ausgehen..Aber nicht doch zu Weihnachten!!!
Und siee AQdhektive..ich liebe sie...

bye


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