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The End of a Vampir

Hauptteil
von

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The End of a Vampir
 

Morticia sah aus dem Fenster. Es dämmerte bereits.

"Zeit zum schlafen gehen." sagte sie zu sich selbst und ließ die Rollladen hinunter.

In ihr Bett gekuschelt fiel sie in einen tiefen traumlosen Schlaf.
 

Als am Abend der Wecker klingelte wurde der ärmste durch das ganze Zimmer geschleudert um laut krachend an der Wand zu landen und um in seine Einzelteile zu zerbersten...

Morticia wollte nicht aufstehen. Aber sie musste in einer Stunde im >>Dreamland<< sein. Ihrem Arbeitsplatz. Es war eine Mischung zwischen Bekleidungsgeschäft und Café für die dunkle Szene. Es hatte 24 Stunden geöffnet. Ideal für sie.
 

Sie stand auf und tapste ins Bad um zu duschen und um sich fertig zu machen. Nachdem sie sich ihre Haare gefönt hatte ging sie zu ihrem Kleiderschrank. Für den heutigen Abend suchte sie sich ein einfaches schwarzes Samtkleid aus. Dazu ein breiter Miedergürtel und schwarze Samt High-heels. Nun kam das Schlimmste. Das Make up. Ohne Spiegelbild war das immer sehr schwierig. Aber Morticia hatte inzwischen Übung darin.

Als sie gerade damit fertig war, klingelte es an der Haustür. Ihr Arbeitskollege holte sie ab. Nicht das sie keinen Führerschein oder kein Auto besaß. Sogar beides! Aber wenn er Nachtschicht hatte, nahm er sie immer mit. Er wohnte ja nicht weit entfernt und ihre Wohnung lag auf dem Weg. Morticia ging zur Tür und drückte den Türöffner. Wenig später stand ein junger Mann in der offenen Tür.

"Warum bist du immer so unvorsichtig und lässt die Tür offen?" fragte er.

"Wer sollte mir hier schon was tun? Die ganzen alten Leute lassen mich in Ruhe und einige haben sogar Angst vor mir." Ein Grinsen huschte über ihr Gesicht. Wenn die wüssten, dachte sie sich.

"Nun komm aber erst mal rein, ich muss mir meine Schuhe noch anziehen."

Florian trat ein. Ihn empfing ein schwer-süßlicher Hauch von Zimt. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt. Zuerst fand er es übertrieben. Aber er hatte sich mit seiner Kollegin angefreundet und fand sie insgeheim sogar sehr anziehend. Was er ihr aber niemals gesagt hätte.

Morticia hatte sich inzwischen ihre Schuhe angezogen und ihre Handtasche gepackt.

"Von mir aus können wir los. Wir sind eh spät dran." sagte sie.

"Wieso hängt hier im Flur eigentlich kein Spiegel? Bei jeder Frau die ich kenne ist immer noch einer im Flur. Nur bei dir nicht."

"Wozu? Mir reicht der eine im Bad."

Florian zuckte mit den Schultern und ging hinaus in den Hausflur. Morticia folgte ihm und schloss die Tür zu. Sie stiegen in sein Auto und fuhren los.
 

"Ihr seid spät!" meinte Aranka, die Chefin. Mit einer theatralischen Geste deutete sie auf die große Schädeluhr.

Morticia seufzte. "Sorry, meine Fünf Minuten dauerten etwas länger." Sie verschwieg den Tankstopp, den Florian hatte einlegen müssen. Der Kerl war immer chronisch pleite. Daher hatte er sie um Benzingeld angepumpt. Ihr war es egal, denn in ihr reifte ein Entschluss....

"Morgen aber wieder pünktlich bitte." meinte Aranka nur.

Florian grinste und schlenderte hinter die Theke. Es war kurz vor Schichtwechsel und er erkundigte sich bei Holger nach dem neuesten Klatsch. Morticia seufzte wieder und ging hinterher.

"N Kaffe?" fragte die Neue. Morticia schüttelte verneinend den Kopf.

"Danke nein. Ich mag keinen Kaffe. Ich mach ihn, mehr aber auch nicht."

Sie setzte sich auf den Hocker hinter der Theke und betrachtete die Neue. Sie war klein, vielleicht 1,60m. Hatte blondierte Haare und stellte sich etwas ungeschickt an. Morticia ermahnte sich, dass sie erst seit vier Tagen hier arbeitete und das ihr erster Job war. Ihr viel auf, dass sie sich den Namen der Neuen einfach nicht merken konnte. Ob sie es überhaupt noch wollte?

"Morticia kommst du vielleicht mal? Hier möchte jemand mit dir reden!" Es war Florian, der sie rief.

Morticia sah auf und blickte in die kalten Augen von Severin. Er war auch einer von Ihnen.

"Was willst du hier?" fragte sie ihn unfreundlich.

Er grinste sie breit an, so dass seine großen weißen Zähne zu sehen waren. "Mir einen spezial Kaffee holen und mir ein paar neue Klamotten kaufen. Ich brauch doch was neues zum Anziehen." Er zupfte an seinem Hemd herum und machte eine mitleidheischende Miene. Er war sehr eitel.

"Spezial Kaffee kommt gleich, und danach gehen wir mal schauen, was wir für dich finden." Morticia kippte eine ordentliche Menge Wodka in den Kaffeebecher. Außer Blut vertrugen Sie noch Alkohol. Aber es war nur ein unzureichender Ersatz.

Während Severin seinen >>Kaffee<< trank musterte sie ihn. Er war groß, 1,90m, hatte lange weiße Haare, die er zu einem Zopf band und trug mehr den EGA Stiel. Er war blass und glatt rasiert und wirklich ausgehungert. Sie grinste, er hatte in letzter Zeit einfach kein Jagdglück mehr gehabt. Kein wunder, bei den Bars in denen er rumhing...

"Versuchst du heute hier dein Glück?" fragte sie ihn unvermittelt.

Severin sah auf. "Nein. Aber ich brauch heute mindestens drei. Und auf Nutten hab ich keinen Appetit. Mehr auf was kleines dummes."

Morticia grinste, sie wusste was er meinte. Er brauchte drei Liter Blut. Von jedem Mädchen einem. Sie sollten es als sexuelles Abenteuer auffassen. Er wollte sie ja nicht töten, sondern ihnen nur etwas von dem köstlichen Lebenssaft abzapfen. Außerdem durfte ein Vampir nur im Notfall einen Sterblichen ganz und gar aussaugen. Und die Erschaffung eines neuen Vampirs unterlag strengen Voraussetzungen und Regeln. Und man war für die ersten 6 Jahre für seinen Zögling verantwortlich. Morticia erinnerte sich noch ganz genau an ihre ersten 6 Jahre als Vampir. Sie waren furchtbar gewesen doch sie hatte sie hinter sich gebracht und war dann umgezogen.

"Geh doch mal im Sage Club Ausschau halten. Da rennt so etwas zu Dutzenden rum."

Morticia ging um den Tresen herum, nahm den Hünen beim Handgelenk und führte ihn zu den Kleiderständern. "Dann such dir mal in aller Ruhe etwas aus."

Severin stöberte in der ausgestellten Ware herum, bis sich sein Gesicht zu einem triumphalen Lächeln verzog. Er schaute auf um ihr von seinem Fund zu berichten, doch statt dessen machte er eine Geste Richtung Umkleidekabine. Morticias bester Freund war gekommen und Severin betrachtete ihn als Störung und mit einigem Ekel. Er fragte sich ohnehin, was sie an diesem Sterblichen fand. Er war Theologie Student. War kein Goth oder irgend etwas in der Richtung. Er war einfach furchtbar normal. Er war sogar blondhaarig und blauäugig.

Severin schüttelte sich vor Ekel. Doch sie schien ihm zu vertrauen... schlimmer noch, sie schien ihn zu mögen. Severin wurde speiübel.
 

Morticia rang nach Luft. So einen guten Witz hatte sie seit langem nicht mehr gehört. Der Theologie Professor glaubte zwar an Gott, aber nicht an den natürlichen Gegenpart. Was für ein Widerspruch.

Johannes hatte es ihr grad erzählt. Er hatte seinen Professor mal zum Thema >Vampire< angesprochen. Und der Professor hatte glatt behauptet, es gäbe keine und sie seien nur eine Ausgeburt der kranken Phantasie des Menschen. Doch Johannes wusste es besser. Seine beste Freundin war einer. Ein Vampir. Doch er musste für dieses Wissen bezahlen. Zwar nicht sehr teuer, aber er wünschte sich manchmal, er müsste es nicht.
 

"Es ist mir ja eigentlich unangenehm, euch stören zu müssen... Aber könntest du hier mal deiner Pflicht nachkommen Morticia?" Severins kalte Stimme war im ganzen Raum zu hören. Er war nicht laut, sondern einfach nur kalt.

Morticia drehte sich mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zu ihm um. "Was gibt es denn?" fragte sie knapp.

"Du sollst mich beraten." nörgelte der Vampir.

Morticia seufzte und machte sich auf den Weg zu ihrem Kunden.

"Also, was gibt es denn für ein Problem?"

"Dass du mit Sterblichen rumhängst und sie auch noch magst!" zischte er.

"Das ist deine Meinung, nicht meine." zischte sie zurück. "Aber ich meinte eigentlich bezüglich der Klamotten."

"Du sollst mich beraten!" nörgelte er weiter. "Steht mir das, oder eher das?"

Sie rollte mit den Augen. " Wie viel hast du mit?"

Severin grinste kalt. "Genug."

"Dann nimm beides. Denn leider sieht beides sehr gut an dir aus. .. ... Da werden wohl mehr als drei dran glauben. Die werden sich dir nur so an den Hals schmeißen!"

"Ja, ich denke auch!" Severin lächelte durchtrieben.

"Na, dann komm mal mit, bezahl und geh bitte. Sonst ist dein Essen längst wieder in seinem Bett."

Severin verzog das Gesicht. "Du bist gemein, so lange hab ich doch heute gar nicht gebraucht!"

Er war empört. "Sag mal Morticia, wie bist du morgen zu erreichen? Ich will mit dir reden!"

"So wie immer. Nach Dämmerung." Sie war es müde geworden, ihn nach seinen Gründen für irgendwelche Unterredungen zu fragen. Er antwortete eh nie darauf. Aber sie hasste diese Gespräche in denen es so wie so immer nur darum ging, sich doch von Sterblichen fern zu halten, oder zumindest keinen Kontakt mit ihnen zu pflegen. Man hatte sie gefälligst als Beute anzusehen. Und nicht als Freunde. Und sie solle sich doch gefälligst mit ihm einlassen. Er sei doch ohnehin der beste Vampir im näheren Umkreis.

Johannes lächelte schüchtern in ihre Richtung.
 

Stunden vergingen, ohne dass etwas aufregendes passierte. Johannes war nach einer guten Stunde schon wieder gegangen und heute Nacht flatterten keine weiteren Vampire ins >>Dreamland<<. Florian baggerte schon seit geraumer Zeit eine kleine Brünette an und Aranka schien sich mit Red Bull wach zuhalten. Gegen 1:00 leerte sich das Café nur um eine halbe Stunde darauf wieder zu brummen wie ein schwarzer Bienenstock. Die meisten aus der Szene legten jetzt erst richtig los. Und viele kamen vorher noch hierher um sich zu treffen oder einfach um sich einzustimmen. Morticia hatte zwar viel zu tun, aber trotzdem grübelte sie über ihren Entschluss nach. War es denn richtig? Gab es keinen anderen Weg? Morticia grinste bei dieser Frage. Nein, es gab keinen anderen Weg. So würde sie es machen. Kurz und schmerzlos und außerhalb von Berlin. An einem Ort, wo sie in ihrem früheren Leben nur ein einziges Mal gewesen war und sich sofort in ihn verliebt hatte.

Morticia fühlte plötzlich kalte Finger auf ihrer Hand ruhen. Erschreckt sah sie auf. Direkt in die Augen von ihm. Er war wieder da. Severin. Er sah sehr zufrieden aus. "Danke mein Mäuschen, dass du mich so toll beraten hast." lallte er. Er ging um die Theke herum und nahm sie in den Arm. "Du bist ja völlig berauscht!" schimpfte Sie. Vergeblich versuchte sie sich zu wehren. Er machte ein Gesicht und mit dem Zeigefinger tippte er sich auf die eigene Brust. "Ich? Im Rausch? Im Blutrausch??" Er zog die Augenbrauen hoch. "JAAAAAAA!" brüllte er. "Ich hab 5 oder 6 kleine Hühnchen gefunden. Ach war das schön... so jung, so naiv. Es war das reinste Besäufnis wenn du es so willst." Während all dem hielt er Morticia immer noch fest im Arm.

Florian, der seit dem Aufbrüllen des Kerls auf die beiden aufmerksam geworden war, nahm seinen ganzen Mut zusammen. Wie konnte dieser Typ es wagen, eine Angestellte so zu behandeln. Auch wenn sich die beiden zu kennen schienen. So etwas macht man doch draußen. Florian ging auf den Vampir zu. "Bitte entschuldigen Sie, aber so ein Benehmen können wir hier nicht dulden!" sagte er bestimmt. "Wenn Sie schon mit einer Angestellten flirten müssen, dann doch bitte außerhalb unserer Räume. Aber so wie es den Anschein hat, ist die Dame ohnehin nicht mit Ihrem Benehmen einverstanden." Florian wuchs über sich hinaus. Eigentlich war er ja mehr zurückhaltend. Aber das jemand einfach so Morticia anmachte, und dann noch offensichtlich im betrunkenen Zustand und so billig. Das war zu viel für ihn.

"Du meinst, ich darf sie" er deutete auf Morticia "draußen flach legen und du würdest nichts sagen?!" zischte Severin frech.

Florian wurde rot vor Wut. "Nein, aber sie können sich mit ihr draußen unterhalten wenn es um etwas persönliches geht." Er konnte sich nur noch schwer beherrschen. Sein Gegenüber schien schlagartig wieder nüchtern zu sein. Schlimmer noch, der Kerl wirkte sehr überheblich und arrogant.

"Wir können ja auch gleich mal rausgehen." bot Severin an.

Florian saß in der Zwickmühle. Er wollte sich nicht prügeln, aber für Morticia hätte er es getan. Was nun? Reden? Dem Kerl eine reinhauen? Eine Schweißperle rann ihm den Nacken hinunter...

"Ähm.. Severin, ich denke, wir gehen mal eine Runde um den Breitscheidplatz. Lass uns reden." Morticia wand sich in Severins Armen und hackte bei ihm unter. Sanft aber bestimmt führte sie ihn aus dem Café. "Sag Aranka bitte bescheid. Ich bin gleich wieder da. Es wird nicht lange dauern." meinte sie noch über die Schulter hinweg zu Florian. Er nickte und machte sich auf den Weg, seine Chefin zu suchen...
 

"Also, was willst du nun schon wieder?" fragte sie.

"Dich!" Severins helle Augen funkelten. Doch seine schwere Zunge konnte er nicht verbergen.

"Du bist total berauscht! So kann ich dich nicht ernst nehmen. Lass uns morgen weiter reden."

"Wenn du darüber nachdenken willst."

Sie machten kehrt und gingen zurück ins >>Dreamland<<. Ihr Entschluss wurde immer fester. Es würde bald kein Zurück mehr geben...
 

Es war fünf Uhr. Eine Stunde vor Dämmerung. "Endlich Feierabend!" Morticia seufzte. "Ich hab ihre Nummer!" Florian kam strahlend auf sie zugelaufen. Seit einer halben Ewigkeit bemühte er sich um eine Stammkundin. Morticia grinste. Sie freute sich ehrlich für ihren Kollegen. "Komm, ich will nach Hause. Ich bin total fertig. Severin hat einfach nur genervt und heute will er wieder mit mir reden. Ich glaub, ich mach die Nacht blau."

"Das kannst du nicht machen!" empörte sich Florian. "Wer hält mich denn dann zurück, wenn dieser Kerl hier wieder im betrunkenen Zustand auftaucht und die Gäste anmacht?" Severin war für Florian zu einem Roten Tuch geworden.

"Gut, aber nur deswegen." gestand sie ihm ein.

Er machte noch die Kasse fertig und Morticia wies grade Michaela und Sven von der Frühschicht ein. Sie erzählte von den Ereignissen der letzten Nacht und von den Dingen, auf die zu achten seien.

Zehn Minuten später waren die Beiden über alles Wichtige informiert und Florian und Morticia auf dem Weg zum Wagen. Dort angekommen gab es eine böse Überraschung. "Ein Knöllchen!" Florian fluchte "Schon wieder. Von was soll ich das bezahlen? Und nur wegen einer Stunde im Parkverbot. Die sind doch krank. Nicht mal Nachts kannst du am Bahnhof Zoo stehen ohne ein Knöllchen zu bekommen. Berlin ist Pleite und ich darf dafür aufkommen!"

Morticia seufzte. So würde es jetzt bis zu ihrer Wohnung gehen. Sie zückte einen Hundert Euro Schein und drückte ihn dem immer noch fluchenden Florian in die Hand. "Hier, für den Strafzettel und für den Tank. Müsste doch reichen."

Florian machte ein sehr verdutztes Gesicht, nahm sie in den Arm und küsste sie auf die Lippen. "Dafür werde ich dich immer lieben!"

"Du bist aber sehr schnell zufrieden zu stellen!" grinste sie.

"Ach Morticia.. " seufzte er. "Ab nach hause, ich bin jetzt auch hundemüde."

"Florian, hast du am Wochenende mal einige Stunden für mich Zeit? Ich möchte gerne mit dir reden. Abends wenn es geht."

"Ähm.. ja klar. Worum geht es denn? Etwa um diesen Severin?"

"Nein, um mich, uns... überhaupt... ach, wart einfach bis zum Samstag?"

"Ja, Samstag wäre nett. Dann kann ich mich noch ausschlafen um für Montag wieder fit zu sein."

"Komm steig ein. Ich bin müde und will ins Bett."

"Ja, ich auch.."

Die Fahrt zu Morticias Wohnung verlief schweigend. Keiner der Beiden hatten Lust zum Reden und beide hingen ihren Gedanken nach. Morticias Plan nahm immer mehr Gestalt an. Sie würde sich nächsten Abend mit einem alten Bekannten in Verbindung setzten.

Bei ihr zu Hause angekommen, nahm Florian ihre Hand. "Danke noch mal für den Hunderter. Wann soll ich ihn dir zurückzahlen?"

"Behalt ihn."

"Aber du brauchst doch was zu essen. Wovon willst du es dir kaufen?"

"Och, da mach dir mal keine Sorgen."

"Mach ich aber, weil ich dich ... sehr gern hab." Florian errötete. Er hatte es doch gesagt.

Morticia nahm seine Äußerung zur Kenntnis, mehr aber auch nicht.

"Einen schönen Tag denn noch Florian. Ich geh jetzt erst mal schlafen. Holst du mich morgen wieder ab?"

"Was? Ja, wie üblich. Gute Nacht denn." Er konnte es nicht verstehen, dass sie zu seinem Gefühlsausbruch nichts gesagt hatte.
 

Morticia schloss die Haustür auf, schlurfte durch den Hausflur, die Treppen hinauf bis zu ihrer Wohnung und schloss die Tür auf. Sie seufzte. Niemand wartete auf sie. Ihre Wohnung war einsam und leer. Und genauso fühlte sie sich auch. Morticia ging ins Schlafzimmer, zog sich aus und ging duschen.

Im Schlafzimmer setzte sie sich auf ihr Bett und schrieb auf einen kleinen Notizzettel >>Jan anrufen<<. Anschließend kuschelte sie sich in ihr Bett und schlief ein. Doch nicht einmal in ihren Träumen wollte Severin sie in Ruhe lassen.
 

Es musste kurz nach Dämmerung gewesen sein, als das Telefon klingelte. Morticia nahm den Hörer ab, blieb dabei aber im Bett liegen. Sie hatte einfach noch keine Lust, sich der Welt da draußen zu stellen. "Hallo Süße!" zischte es aus dem Hörer. Es war Severin. "Du kannst mich mal.... !"schrie Morticia und knallte den Hörer wieder auf. Vorsorglich stöpselte sie noch das Telefonkabel aus. Sie war überhaupt noch nicht bereit, sich der Welt da draußen zu stellen!! Sie sah verstohlen auf ihre Armbanduhr. Der Wecker war ja hin. "Mist, doch schon. Gut, eine neue Nacht, ein neues Mahl. Hoffentlich kommt Johannes heute wieder. Es wird Zeit." Mit diesen Worten stand sie auf und die übliche Prozedur ging ihren Lauf.
 

Im >>Dreamland<< angekommen, erwarteten sie schon zwei Herren. Johannes und Severin. Florian verschwand bei Holger hinter dem Tresen und wenige Minuten später erhielt die Neue einen Anschiss der Beiden. Sie hatte einen Gast zu lange warten lassen und ihm zu allem Überfluss auch noch eine falsche Bestellung serviert. Morticia sah ihre beiden Besucher an und wusste überhaupt nicht, mit wem sie nun zuerst sprechen sollte. Ihr Hunger nahm ihr glücklicherweise die Entscheidung ab. "Severin, sei so gut und warte bitte hier. Ich bin gleich wieder da." Mit einem eisigen Lächeln nahm sie Johannes an der Hand und verschwand mit ihm hinter einer Tür mit der Aufschrift: >>Privat. Zutritt nur für Personal<<.

Deshalb hasste Johannes es, zu wissen, was seine Freundin war. Er durfte ab und an ihr Mitternachtsmahl sein. "Sei unbesorgt." flüsterte sie und umschwärmte ihn dabei wie eine Motte das Licht. Sie nahm ihn zärtlich in die Arme und biss ohne jede Vorwarnung zu. Johannes, von dem Biss überrascht, keuchte auf. Er erwiederte die Umarmung, allein schon um sich an seiner Freundin festzuhalten. Ihm wurde schwindelig wegen dem raschen Blutverlust. Endlich, scheinbar nach einer Ewigkeit ließ sie ihn los. "Es tut mir leid, aber ich hatte schrecklichen Hunger. Ich denke, es ist besser, du setzt dich draußen erst einmal hin. Ich hab dir etwas mehr als die übliche Menge genommen." Johannes band sich mit einiger Routine ein Halstuch um die frische Wunde. Das war halt der Deal. Der Preis, den er zu bezahlen hatte, um mit ihr befreundet sein zu dürfen.
 

Im Café wartete immer noch Severin. Er hatte sich inzwischen die Telefonnummer der Neuen geben lassen und flirtete nun mit ihr. Kurz, er sicherte sich seine nächste Beute. Morticia erschien wieder frisch und voller Energie am Tresen. Johannes verabschiedete sich und verschwand aus dem Café. Nur um sich in einem anderen erst einmal einen ordentlichen Kaffee zu bestellen.

"Warum hast du vorhin so plötzlich aufgelegt?" fragte Severin etwas beleidigt. Er konnte Zurückweisungen nicht leiden.

"Weil ich keine Lust hatte, so früh am Abend mit dir zu telefonieren!" schimpfte Morticia. "Außerdem, was machst du eigentlich die Neue so an? Wenn die erzählt, du hättest sie gebissen und dass du hier Stammgast bist, können wir den Laden dicht machen!"

"Hey, die wird meine absolute Notration!" schimpfte er. "Oder denkst du, es fällt in der heutigen Zeit niemanden mehr auf, wenn man sich mehrere Sterbliche in seiner Vorratskammer hält?!" Er war außer sich.

"So meinte ich das nicht. Aber denk dran, das dass geschäftsschädigend sein könnte." ermahnte sie ihn.

"Ist ja gut. Aber eigentlich wollte ich über etwas ganz anderes mit dir sprechen." Er sah ihr fest in die Augen. "Morticia, ich bin nun schon sehr lange das, was ich bin..." er sprach absichtlich in einer Art Code, da man sie ohne größere Probleme belauschen konnte. "Aber um ehrlich zu sein, so jemand wie du ist mir lange nicht mehr begegnet. Ich habe mich in dich verliebt..... " er legte den Kopf schief und suchte nach den richtigen Worten. Denn ein Vampir kann nicht lieben. "Ich finde dich anziehend, hoch erotisch... ich brenne vor Verlangen nach dir. Und daher möchte ich, dass wir zusammen sind. Als Paar! Und für die Sterblichen auch gerne als Ehepaar. Ich will es so Morticia."

Inzwischen hatte der Vampir sie bei den Oberarmen gepackt und hielt sie fest.

Morticia war verblüfft. Sie betrachtete ihr Gegenüber. Vom Optischen her sah er gut aus. Aber der Charakter war für sie indiskutabel. Sie wollte ihn nicht. Nicht vor Jahren, nicht in Jahren und jetzt erst recht nicht. "Nein Severin. Wir passen einfach nicht zusammen. Es tut mir leid, aber meine Antwort ist und bleibt für alle Ewigkeiten Nein!"

Der Vampir war entsetzt. Wie konnte sie ihn ablehnen? Er hatte ihr seine Gefühle gestanden, sich menschliche Gefühle zugestanden. Und sie sagte Nein!? Wie konnte sie? Wusste sie denn nicht, wie viel sie ihm bedeutete, dass er das tat? Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. "Warum nicht?" hauchte er. "Warum willst du nicht an meiner Seite leben und glücklich werden. Warum nicht mit mir in alle Ewigkeit über die Sterblichen lachen? Warum nicht mit mir durch die Welt ziehen und die ewige Nacht leben? Morticia, warum nicht? Ich verstehe dich nicht." Für ihn brach eine Welt zusammen. Die Vampirin, die für ihn am schönsten und reizvollsten war, lehnte ihn ab. Ihn, den Grafen von Berlin. Wie konnte sie? In ihm brach das letzte bisschen Herz in tausend Teile. Und hätte er noch eine Seele gehabt, so wäre sie in diesem Augenblick gestorben.

Morticia, die seine Verzweiflung sah, ging auf ihn zu und umarmte ihn. "Weil ich einen geheimen Entschluss gefasst habe. Ich möchte dich nicht mit meinen Privatangelegenheiten belasten. Aber es ist einfach der falsche Zeitpunkt." log sie. Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Er liebte es, Vampir zu sein. Er liebte die Macht, die er dadurch hatte und er liebte die Nacht. Für Morticia war das kein Leben sondern ein Dahinvegetieren. Sie waren einfach zu unterschiedlich. Und sie wusste das. Nur, wie bringt man das einem begeisterten Vampir bei? Gar nicht, überlegte sie, man verschweigt es ihm.

"Es tut mir leid, Severin. Aber ich habe in nächster Zeit einiges zu tun. Und ich möchte auch erst mal Urlaub machen. Ich werde mich melden." Wieder eine Lüge. Zwar eher klein, aber sie hatte ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt.

"Gut." antwortete der Vampir verstört. " Ich denke, ich werde erst einmal gehen und über alles nachdenken.. bis bald meine Süße." Ohne große Umschweife ging er hinaus und verschwand im Zwielicht des Breitscheidplatzes.

"Was war denn los?" wollte Florian wissen.

"Ach nichts weiter." Morticia drehte sich zu ihm um. "Er hat mir lediglich einen Antrag gemacht. Aber keine Angst, ich hab ihn abgelehnt." grinste sie. "Nicht, weil ich nicht heiraten wollen würde, sondern weil ich ihn nicht mag."

"Na, denn ist ja gut." grinste Florian.
 

Der Rest des Abends verlief ohne weitere Vorfälle. Nach Feierabend fuhren Morticia und Florian wieder zusammen nach Hause. Dabei hing sie ihren Gedanken nach.

In ihrer Wohnung angekommen, setzte sie sich an ihren Schreibtisch und schrieb noch einige wichtige Briefe, die sie nächste Nacht versenden wollte.
 

Der Rest der Woche verlief ohne große Vorkommnisse. Johannes musste noch einmal als Mitternachtsimbiss herhalten und Severin meldete sich nicht mehr. Ihm war das alles noch viel zu unverständlich.

Endlich kam der von Morticia so sehr ersehnte Samstag. Nun wollte sie Florian so einiges beichten. Es passte nicht zu ihrem Vorhaben einen uneingeweihten Florian mitzunehmen. Danach würde sich ohnehin einiges ändern.

Es war 19:00, die Sonne schon seit einiger Zeit untergegangen und Morticia war schon geduscht und angezogen. Sie hatte ihre Wohnung aufgeräumt, eine Flasche Rotwein und ein paar Kekse bereitgestellt. Und sie hatte einen kleinen Handspiegel auf den Beistelltisch neben dem Sofa gelegt.

Zehn Minuten später klingelte es unten an der Haustür. Es war Florian. Morticia drückte den Türöffner und blieb an der Tür stehen. Wenige Augenblicke später trat er in die Wohnung ein und überreichte ihr einen Strauß rosé farbener Rosen.

"Die sind für dich." stotterte Florian und reichte ihr den Strauß.

"Oh, vielen Dank. Das wäre doch nicht nötig gewesen." meinte Morticia und roch an den Blumen. "Die duften aber gut." Ein Lächeln stahl sich über ihr Gesicht. Florian errötete...

"Ich stell sie in eine Vase. Nimm doch in der Zwischenzeit schon platz." Mit einer Geste deutete sie auf die Tür vom Wohnzimmer und in Richtung Sofa.

Florian nickte, hängte seine Jacke auf und kam der Aufforderung nach.

Kurze Zeit später kam Morticia aus der Küche und brachte die in der Vase stehenden Rosen mit. Sie stellte die Vase auf den Tisch und setzte sich auf das Sofa. Nun kam der schwerste und zugleich wichtigste Teil dieses Abends. Sie holte tief Luft und goss ihnen erst einmal den Wein ein. Er hatte schon eine Weile offen gestanden...

Sie nahm ihr Glas und stieß mit leicht zitternder Hand mit Florian an. Sie nahm einen großzügigen Schluck um sich Mut zu machen.

"Florian, der Grund warum du heute hier bist ist folgender..." sagte sie. "Ich trage seit längerer Zeit ein Geheimnis mit mir herum."

"Bist du etwa schwanger?" fiel er ihr ins Wort.

Morticia sah in verblüfft an. So einen Wunsch hatte sie in ihrem früheren Leben tatsächlich einmal gehabt. Aber seit damals war alles anders geworden.

Sie lächelte. "Nein, das nicht. Es ist etwas anderes auf das du von alleine nie kommen würdest." Sie seufzte. " Du kennst doch bestimmt Johannes. Der junge Mann der mich manchmal auf Arbeit besuchen kommt." Sie sah in fragend an.

"Ja." antwortete er. "Der geht meistens mit einem Halstuch obwohl er immer ohne ankommt. Ein seltsamer Typ. Aber netter als dieser Severin."

Morticia grinste. Ja, ja das Halstuch.

"Na ja," meinte sie. "Er hat dir was voraus. Er kennt mein Geheimnis schon seit längerem."

"Jetzt mach es nicht so spannend!" maulte Florian. "Komm zum Punkt."

"Gut, wenn du es so möchtest. Aber sag hinterher nicht, ich habe nicht versucht, es dir schonend beizubringen." Sie holte abermals tief Luft und löste das Rätsel um ihre geheime Existenz.

"Ich bin ein Vampir!"

Florian sah sie ungläubig an. Dann schnappte er hörbar nach Luft nur um kurz darauf einen Lachanfall zu bekommen.

"Das ist nicht dein Ernst. So etwas gibt es nur in Horrorfilmen und in Hollywood."

"Und wie erklärst du dir, dass du mich noch nie etwas anderes außer Alkohol hast trinken sehen, geschweige denn etwas essen?"

"Weil du hier zu Hause etwas isst? Und du auf Arbeit nie die Gelegenheit hast?"

"Gelegenheit haben wir genug. Das weißt du."

"Diät?"

"Weswegen? Bei der Figur werden andere neidisch."

Morticia griff nach dem Spiegel und setzte sich ganz dicht neben ihren Gast. Sie gab ihm den Spiegel in die Hand.

"Sieh hinein. Siehst du dein Spiegelbild?" fragte sie ihn.

"Ja natürlich." antwortete er.

"Und nun halte ihn so, dass wir beide uns sehen können."

Florian tat wie ihm geheißen.

"Und was siehst du?" fragte sie ihn.

"Mich und..." Florian erschauderte. Er sah nur sich. Er hätte doch auch seine Gastgeberin sehen müssen. Aber er sah sie nicht. Dabei saß sie doch so dicht neben ihm. Und der Winkel stimmte auch. Er hätte sie sehen müssen. Aber er sah sie nicht! Das war doch nicht normal. War der Spiegel ein Trickspiegel? Das musste es sein, dachte er in seiner Panik. So musste es sein. Das alles war nur ein Trick und gleich würde irgend so ein Typ um die Ecke kommen und was von >>Versteckter Kamera<< oder >>Verstehen Sie Spaß?<< erzählen. Und Morticia würde alles auflösen.

Doch die Sekunden flossen zäh wie Honig vorbei. Und keiner erschien grinsend in der Zimmertür und deutete auf die versteckte Kamera.

Florian wurde ganz langsam bewusst, das dass hier alles echt war. Echter ging es schon gar nicht mehr. Er drehte sich langsam zu seiner Gastgeberin um und sah ihr vorsichtig in das Gesicht. Er sah jedoch nicht, was er erwartet hatte. Er sah kein blutrünstiges Wesen mit überdimensionalen spitzen Eckzähnen, das sich gleich auf ihn stürzen würde um ihn auszusaugen.

Er sah immer noch seine Kollegin und Freundin. Und sie wartete auf eine Antwort.

Damit war er in eine gefühlsmäßige Zwickmühle geraten. Einerseits wollte er wegrennen und sich vor der Realität verstecken, ins Bett gehen um am nächsten morgen aufzuwachen und um sich zu wünschen, es wäre nichts gewesen. Andererseits wollte er irre loslachen und ihr erklären, dass das ein echt guter Witz sei.

Aber so, wie sie ihn ansah war das kein Witz. Sondern eine merkwürdig verdrehte Realität. Eine Realität in der Legenden und Horrorvorstellungen Wirklichkeit geworden waren. Florian seufzte. Hätte er doch niemals im >>Dreamland<< angefangen.

"Nun gut," seufzte er. "Du bist also ein Vampir. Und was willst du nun von mir? Mich ebenfalls zu deinem Mitternachtssnack erklären? Oder mich auch in einen Vampir verwandeln?" fragte er bissig. Es war unbeabsichtigt.

Seine Freundin schüttelte traurig den Kopf. "Nichts von beidem. Ich brauche dich als meinen Chauffeur. Ich möchte gerne an einen Ort fahren. Nur werde ich nicht mit zurückkommen. Ich kann nicht mit der Bahn fahren, da es keine Nachtverbindung dorthin gibt. Also bin ich gezwungen mit dem Auto zu fahren. Aber ich werde später kein Auto mehr benötigen. Also würde ich mir wünschen, wenn du mitkommen würdest und mein Auto wieder mit hier her bringen könntest."

"Gut, solange du mir versprichst mich nicht auszusaugen."

"Keine Angst, das werde ich schon nicht."

"Wann fahren wir los?"

"Morgen nach Eintritt der Dämmerung."

"Und wo geht es hin?"

"Nach Rügen zu den Kreidefelsen."

"Hm..."

"Ich habe dort einen Bekannten. Du kannst bei ihm übernachten, dich frisch machen und auch etwas essen. Ich weiß allerdings nicht, wie lange wir brauchen werden. Ob vier oder sechs Stunden."

"Jedenfalls denke ich, sollten wir vor Sonnenaufgang bei deinem Bekannten sein."

Ein Grinsen schlich über sein Gesicht. Er hatte es akzeptiert. Es war leichter es einfach so anzunehmen als darüber nachzudenken.

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

"Ist dieser Severin etwa auch einer?"

Morticia nickte nur. Sie hing schon wieder ihren Gedanken nach.

"Bist du mir böse, wenn ich jetzt gerne gehen möchte?" fragte Florian schüchtern. Er wollte nun doch gerne alleine sein und vor allem sich für die Fahrt nach Rügen ausschlafen.

"Nein, bin ich nicht. Geh ruhig. Bis morgen Abend dann. Gute Nacht." Sie brachte ihn nicht zur Tür sondern blieb gedankenverloren sitzen. Florian drehte sich noch einmal um, ging dann in den Flur um sich seine Jacke anzuziehen und ging dann.

Als er in seinem Auto saß und auf dem Weg nach Hause war, dachte er noch einmal über die Unterredung mit Morticia nach. Er hätte ihr nie zugetraut, ein Vampir zu sein. Aber so schien es nun einmal zu sein. Sie war ein Wesen aus den Legenden und Mythen. Er konnte es nicht begreifen aber er versuchte es zu akzeptieren. Er fragte sich, wie es nun weitergehen würde. Er hatte doch eigentlich etwas vorgehabt. Aber das musste scheinbar warten.
 

Das Telefonklingeln riss Morticia aus dem Schlaf. Noch im Halbschlaf nahm sie den Hörer ab. "Ja?" fragte sie verschlafen. Vom anderen Ende kam eine kalte zischende Stimme. "Ich will dich heute sehen. Bei mir zu Hause. In einer Stunde bist du da." Morticia war plötzlich hellwach. Es war Severins Stimme. Ein triumphierendes Lächeln zog über ihr Gesicht. "Es tut mir leid. Aber ich habe Urlaub und in einer Stunde bin ich auf dem Weg in meine Ferienwohnung."

Statt der erwarteten Antwort hörte sie lediglich, wie Severin den Hörer aufknallte. Morticia zuckte mit den Schultern. Er wusste nicht, wo sie wohnte, und eigentlich war es ihr egal, wie er sich ihr gegenüber benahm. Bald würde er es nicht mehr tun. Wieder grinste sie.

Zwanzig Minuten später war sie abreisebereit und Florian war auch gerade angekommen. Er hatte eine kleine Reisetasche mit dem Nötigsten mitgebracht.

"Brauchst du denn nichts?"

"Ich habe alles, was ich brauche."

"Wie lange bleiben wir eigentlich?"

"Nur ein paar Stunden."

"Und dafür so ein Theater?"

"Du wirst es später schon verstehen. Und jetzt komm bitte, sonst ist es zu spät."

Morticia drehte sich in der Tür noch einmal um und betrachtete ihre Wohnung. Sie seufzte, schloss ab und folgte Florian zu ihrem Auto. In der Zwischenzeit hatte er sich eingerichtet, Sitz und Spiegel gestellt und war bereit, sie bis an das Ende der Welt zu fahren. Ersatzweise auch bloß bis nach Rügen.

Die Zeit verging wie im Flug und die Fahrt mit Florian war sehr angenehm. Er war ein sicherer Fahrer. Sie redeten über belangloses oder auch mal über gute Bücher. Irgendwann erzählte Morticia auch von ihrem Leben bevor sie ein Vampir geworden war und von ihrer Zeit danach.

Florian merkte, dass sie kein Mitleid wollte. Und um ehrlich zu sein, fand er so ein Leben, das sie gehabt hatte doch sehr aufregend. Wenn er sich hingegen sein eigenes betrachtete. Aber das war eine andere Geschichte.

Es war irgendwann zwischen Mitternacht und Morgendämmerung als sie bei Morticias Bekannten ankamen. Sie stellte ihn als Jan vor.

"Hier kannst du dich nachher ausruhen und erholen. Aber jetzt wäre es nett, wenn du mich zu den Kreidefelsen begleiten würdest."

meinte Morticia. Jan schien etwas zu wissen, doch er nickte Florian lediglich aufmunternd zu und verschwand in der Küche um das Frühstück vorzubereiten.

"Na gut, wenn du meinst." Florian hatte keinen Schimmer, worum es hier überhaupt ging. Und er war etwas pikiert darüber, dass scheinbar alle etwas mehr wussten als er. Doch er folgte seiner Freundin ohne murren.

Sie gingen durch eine Gegend, die Florian nicht kannte und an die er sich später auch nicht mehr erinnern können würde. Nach einiger Zeit kamen sie an der Klippe der Kreidefelsen an. Die Aussicht auf das Meer war wunderschön. Es lag ruhig vor ihnen und sah aus, wie eine Platte aus schwarzem Hämatit. Lange Zeit standen sie so da und keiner sagte ein Wort. Wie viel Zeit vergangen war, konnte Florian später nicht mehr sagen. Er hatte auf Wunsch von Morticia keine Uhr mitgenommen. Aber er bemerkte mit einiger Unruhe, dass die Morgendämmerung einsetzte. Er konnte jetzt viele Dinge deutlicher erkennen und als er sich zu seiner Freundin umdrehte konnte er auch erkennen, dass ihr eine Träne über die Wange lief. Vampire konnten weinen? Morticia schien davon nichts zu merken und wenn doch, so zeigte sie es nicht.

Urplötzlich drehte sie sich zu ihm um und drückte ihm ihre Tasche in die Hand. "Da sind einige Briefe drin, die du bitte verteilst, wenn du wieder in Berlin bist."

Florian sah sie verdutzt an. Das alles, nur um Briefträger zu spielen? Er wollte ihr irgendetwas wütendes antworten, doch statt dessen wurde er sich der aufgehenden Sonne bewusst. Sie schien erst ganz langsam und dann immer schneller aufzugehen. Er verfiel in Panik. Morticia war doch ein Vampir. Sie vertrug doch kein Sonnenlicht. Aber warum stand sie dann noch hier? Warum flüchtete sie nicht?

Mit einem Mal wurde ihm alles klar. Nun fügte sich alles zusammen wie ein Puzzle. So war das also.

Morticia stand vor ihm. Ganz im Licht der aufgehenden Sonne gebadet.

"Du bist mein bester Freund. Ich danke dir für deine Freundschaft und bedingungslose Treue." flüsterte sie.

Eigentlich wollte sie ihm noch viel mehr sagen. Z. B. dass sie ihn liebte. Aber es gab kein zurück mehr. Ein Prickeln erfüllte ihre Haut. Es war, als würden überall Schmetterlinge landen und wieder davonfliegen. Oder als ob Tausende von Ameisen über die Haut laufen würden. In ihrer geschundenen Seele breitete sich ein unbeschreibliches Glücksgefühl aus. Es war erst wie eine Ahnung von Licht, es wuchs zu einer Kerzenflamme, leuchtete dann wie eine Fackel und strahlte dann schließlich wie ein Saal voller Kronleuchter.

Florian kam es wie eine Ewigkeit vor, doch es vergingen nur wenige Sekunden von ihren Worten bis zu ihrem Ende. Er hatte erwartet, dass sie wie eine brennende menschliche Fackel aussehen würde. Er sah noch einmal in ihr Gesicht. Sie schien glücklich zu sein und gefasst. Sie hatte die Augen geschlossen. Ihre Lippen bewegten sich und sie zerfiel in einem Funkenregen. Der aufkommende Wind trug ihre letzten Worte an sein Ohr. Zusammen mit einigen Funken und einer Ahnung von Asche. Sie war gegangen. Oder heimgekehrt? Florian wusste es nicht genau.

Eigentlich blieb nichts von ihr übrig. Der Wind verteilte ihre Asche über das gesamte Gelände.

Plötzlich wurde er sich ihrer Tasche gewahr, die er noch immer in den Armen hielt. Die Tränen, die über sein Gesicht rannen, bemerkte er nicht.

In Gedanken versunken ging er seinen Weg. Weg von dem Ort, den seine Freundin für ihren Freitod gewählt hatte. Als er wieder zu Sinnen kam, stand er vor dem Haus ihres Bekannten. Wie er dorthin gekommen war, konnte er nicht sagen.

Jan schien ihn erwartet zu haben. Ohne ein Wort führte er ihn in seine gemütliche Wohnküche und goss ihm eine Tasse Tee ein.

Florian nickte dankend.

Nachdem er den Tee ausgetrunken hatte stieg er in sein Auto und fuhr zurück nach Berlin. Er hatte keine Lust in einem fremden Bett zu schlafen. Er wollte nach Hause und sich in Alkohol und Trauer ersäufen.

Die ganze Zeit während der Rückfahrt rannen ihm immer wieder Tränen über die Wangen. Nach einer endlosen Fahrt kam er endlich bei sich zu Hause an. Er ging in seine Wohnung und holte sich aus seiner Vorratskammer mehrere Flaschen Wodka und Whisky. Er wollte die Trauer betäuben. Doch bevor er sich um den Verstand soff, nahm er sich noch die Tasche von ihr vor. Sie hatte was von Briefen erzählt. Ob auch einer für ihn dabei war? Und was würde drin stehen?

Doch zuerst fand er nur welche an ihre gemeinsame Chefin Aranka, an ihren Freund Johannes und an diesen Severin. Er durchwühlte ihre ganze Tasche doch er fand nichts. Erst, als er auf eine kleine Tasche im Futter stieß, fand er das wonach er gesucht hatte. Ein Kuvert, auf dem sein Name stand. Mit zitternden Fingern, ob vom Alkohol oder vor Aufregung, öffnete er den Umschlag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2004-11-23T11:03:02+00:00 23.11.2004 12:03
Hmm.. wieder mal gut geschrieben, auch wenn ich EINEN Rechtschreibefehler gesehen hab^^

Soo... scher süßlicher Zimt Geruch? Dann trägt sie entweder n Parfüm von Parfume Noire oder von Yves Rocher XDD

Und naja.. also der Severin.. Ein Name mit S... Lange, weiße Haare.. weiß.. blond? groß? EGA?
Ich würd mal sagen: Simo der Säufer XDDDD Ich wusste es schon immer: Power Metaller sind böse XDDD

Jaja.. Asö, mir fehlt eigentlich irgendwie ne Beschreibung von den Leutz. Wie sieht die Morti eigentlich aus? Der Johannes und Floz?
Von: abgemeldet
2004-11-10T19:27:15+00:00 10.11.2004 20:27
siehe prolog I:L:D:


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