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Change of heart

von

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Prolog

Es begann mit dem Schnee.

Seto Kaiba ging die Marktstraße entlang, die bloßen Hände tief in die Taschen seines perfekt gebügelten Mantels vergraben, in einem vergeblichen Bemühen um Wärme, die er nicht brauchte. Vor dem Hintergrund des dunklen Abendhimmels fielen weiße Flocken auf die Erde und landeten in dem Matsch, den die Passanten in ihrem zielstrebigen Schreiten hinterließen. Es war kalt, Anfang Dezember, und alle hatten es eilig, nach Hause zu kommen und ihre tauben Füße wieder aufzutauen. Alle, bis auf besagten Kaiba, der in einem für ihn ungewöhnlich langsamen Tempo an den zahlreichen Geschäften vorbeischlenderte.

Seto widmete den Schaufenstern nicht mal einen flüchtigen Blick. Die meisten waren schon überladen mit Weihnachtsdekoration, rot und grün und gelb, eine leuchtende Ansammlung Kitsch, die jedes Jahr aufs Neue aus dem Keller geholt und entstaubt wurde. Sogar einen Weihnachtsmann hatte er bereits gesehen, der mit einem aufgeklebten Grinsen und schlampiger Verkleidung den einfältigen Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen versuchte. Einen Moment lang hatte Seto mit dem Gedanken gespielt, ihn nach seiner Lizenz zu fragen, bloß, um das falsche Grinsen gerinnen zu sehen, aber dann hatte er die Idee wieder verworfen. Warum sollte ihn so etwas kümmern? Dieser Mann und seine Opfer gehörten nicht einmal der gleichen Welt an wie er. Zwar schritt er neben diesen Leuten daher, schnappte hier und da Wortfetzen auf, sah gerötete Gesichter und Atemwolken in der Luft, aber zwischen ihnen war eine Mauer, eine isolierende Schicht aus Eis, an die selbst der Schnee nicht heranreichte. Nichts konnte Seto Kaiba weniger kümmern, als das, was außerhalb geschah.

Mit einigem Erstaunen bemerkte Seto seine düsteren Gedankengänge und runzelte über sich selbst die Stirn. Was tat er hier eigentlich? Er hatte keine genaue Vorstellung davon, wie lange er bereits hier herumirrte, in die Anonymität der Masse versunken, die ihm doch nichts bieten konnte, nicht einmal die flüchtige Illusion von etwas, das er sowieso nicht brauchen konnte. Es war noch nicht so spät am Abend, dass er sich Muße leisten konnte – und er war ohnehin niemand, der mit dem Begriff Muße sonderlich viel anfangen konnte. Über sich selbst verärgert, überlegte Seto, seinen Chauffeur anzurufen und wieder zur Firma zu fahren. Jetzt, wo Mokuba abgereist war und es niemanden mehr gab, für den Seto zurück nach Hause gehen musste…

„Entschuldigung bitte, gnädiger Herr...“

Die dünne Stimme riss Seto aus seinen Gedanken. Unwillig blickte er auf und entdeckte ein kleines Mädchen, das mit einem zaghaften Lächeln neben ihm aufgetaucht war und nun an seinem Ärmel zupfte. „Gnädiger Herr, hätten Sie vielleicht ein wenig Geld? Es ist kalt und ich…“

Mit einem abrupten Ruck riss Seto sich von ihrem schwachen Griff los. Die Berührung ekelte ihn an und sandte einen scharfen Schauder seinen Arm hinauf. „Fass mich nicht an und zieh Leine“, zischte er. Gleich darauf verärgerte es ihn noch mehr, dass er so viel Unbeherrschtheit zeigte, bei einer solchen Kleinigkeit, und er wandte sich ohne weiteren Kommentar ab. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, was er zur Zeit an sich feststellen musste, und so ignorierte er das leise Weinen des Mädchens, das ihm mit den Schneeflocken zusammen hinterher wehte. Kontrolle war das Wichtigste, sagte er zu sich selbst, eine Maxime, nach der er sein Leben ausrichtete. Und wenn Mokuba es immer noch nicht verstand, so zeugte das bloß von seiner Unreife…

Eine Schneeflocke trieb an seinen Augen vorbei, einen Moment lang spürte er ihre feuchte Berührung. Dann verschwand sie, wie mit einem Radiergummi ausgelöscht. Seto tat noch einen Schritt und blieb dann verwirrt stehen. Er musste feststellen, dass er plötzlich allein war. Die Passanten, in deren Menge er sich noch vor einer Sekunde bewegt hatte, waren verschwunden. Die Straße selbst war noch da, auch die vielfältigen Läden an beiden Seiten, aber alle Fenster waren auf einmal dunkel und leer. Auch die Autos waren nicht mehr da, der Straßenlärm wie abgeschnitten. Die plötzliche Stille drückte auf Setos Ohren.

Verdutzt drehte er sich um und hielt Ausschau nach einer logischen Begründung des raschen Bildwechsels. Er fand keine. Stattdessen sah er sich mit der Verkörperung aller Unlogik konfrontiert.

„Guten Abend, Seto“, sagte diese ruhig. „Endlich begegnen wir uns.“

Einige Sekunden lang starrte Seto die junge Frau an, die einem DuelMonsters-Set entstiegen zu sein schien. Ihre Kleidung war einheitlich weiß, als wäre sie gerade aus einem Krankenhaus gekommen. Ihre Füße waren bloß, was aber für sie kein großes Problem darzustellen schien. Immerhin schwebte sie.

Seto runzelte die Stirn und sah sich wieder nach allen Seiten hin um. „Was für ein mieses Hologramm“, kommentierte er. „Mein System ist hundertmal besser. Ich bin nicht beeindruckt.“

Die geflügelte Frau musterte ihn mit einem reichlich kühlen Gesichtsausdruck. „Nun, ich auch nicht, Seto, glaub mir. Ich fürchte, wir beide müssen uns ernsthaft unterhalten.“

Ohne ein technisches Gerät auch nur auf dem Standard eines Game Cube zu entdecken, wandte sich Seto wieder seinem Gegenüber zu und begutachtete sie kritisch. Man musste ihr eine gewisse Realität zugestehen. In der dichten Dunkelheit, die übrig geblieben war, nachdem alle künstlichen Lichter verloschen waren, schien sie von innen heraus zu leuchten, mehr, als es selbst die weißeste Kleidung erklären konnte. Außerdem waren da noch die Flügel. Fast völlig transparent, aber dafür unglaublich groß, entfalteten sie sich hinter dem Rücken der jungen Frau und schienen sie in der Luft zu halten, ohne sich merklich zu bewegen. Seto kam zu dem Entschluss, dass der Effekt gar nicht so schlecht gewählt war, und überlegte sich geistesabwesend, wie man ihn wohl am besten programmieren konnte.

Die Frau seufzte. „Du änderst dich wohl nie, Seto. Mach dir ein anderes mal Gedanken über dein nächstes Game. Ich habe nicht so wahnsinnig viel Zeit. Und ich bin mir sicher, ausgerechnet du wirst verstehen, wie wichtig es ist, sich an Termine zu halten.“

Seto verschränkte seine Arme ineinander und maß die Frau mit einem nicht unbedingt freundlichen Blick. „Na schön. Was willst du von mir?“

„Was ich von dir will?“ Sie schnaubte. „Oh, es würde verdammt lange dauern, das alles aufzuzählen! Ich beobachte dich schon länger, Seto Kaiba, und du warst nie ganz der Vorzeigefall, wenn ich das mal so sagen darf. Aber in letzter Zeit entwickelst du dich in eine Richtung, die mir noch weniger gefällt als sonst, und daher habe ich keine andere Wahl, als persönlich einzugreifen.“ Tatsächlich sah sie ihn an, als würde sie gleich die Hemdsärmel hochkrempeln und handgreiflich werden. Allerdings hatte Seto Kaiba keine große Mühe damit, ihren erbarmungslosen Blick zu erwidern. Er hatte selbst einige beeindruckende Exemplare dieser Sorte auf Lager.

„Für wen hältst du dich, so mit mir zu reden?“, fragte er kalt.

Ihre Antwort klang ebenso unbeeindruckt: „Ich bin ein Weihnachtsengel.“

Seto Kaiba wollte sich umdrehen und seinen Weg fortsetzen, stellte dann allerdings fest, dass er sich nicht bewegen konnte, als wären seine Füße auf dem Boden festgefroren.

„Wir sind noch nicht fertig“, gemahnte der selbsternannte Engel ihn streng. „Ich habe es dir doch gesagt, Seto: es reicht mir langsam mit dir. Es scheint, dass du inzwischen vollkommen verlernt hast, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Schlimm genug, dass du deine Mitmenschen damit verletzt und abstößt – aber ich lasse nicht zu, dass du jetzt auch noch den letzten Rest Menschlichkeit in dir selbst abtötest.“

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst“, sagte Seto abweisend.

„Das glaube ich dir sogar.“ Jetzt kam sie näher – schwebte näher, immer noch ohne ihre Flügel sichtbar zu bewegen. „Es ist nie leicht für dich gewesen, Seto. Ich verstehe das. Und gerade deswegen gebe ich dir jetzt noch eine Chance.“

Direkt vor ihm kam sie zum Stillstand; ihr Blick durchbohrte Seto, als würde es die Mauer nicht geben, die er jahrelang mühsam um sich herum aufgebaut hatte. Er wollte zur Seite sehen, den Blickkontakt brechen, aber er konnte nicht einmal mehr blinzeln. Ihre Stimme füllte die ganze Welt aus.

„Ich gebe dir einen Monat Zeit. Wenn es bloß diese Mauer ist, die dich behindert, die dich wie dieser Mantel in deiner Rolle einzwängt – dann nutze diese Chance und zeige mir, was sich ohne diesen Zwang entwickeln kann.“

Seto wollte protestieren und sagen, dass sie keine Ahnung hatte und sich aus seinem Leben heraushalten sollte. Aber er fand die Worte nicht wieder. Alles zerstob, Wahrnehmung und Gedanken glitten ihm aus den schwachen Fingern und ließen ihn allein und leer zurück. Das letzte, was er zu hören meinte, bevor er selbst das Ich des Moments verlor, war ein leises Echo:

„Ich habe genug von Seto Kaiba… ich will einen Menschen kennen lernen.“
 

++++
 

So, ich habe den Prolog jetzt neu geschrieben, damit er zum Rest der Geschichte passt. Trotzdem gebührt der Dank dafür nach wie vor Cute_Riku, die mich mit ihrem WB erst zu dieser Story inspiriert hat ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-05-28T18:08:53+00:00 28.05.2007 20:08
wie romantisch *schwärm*
für kaibas verhältinsse nen guter anfang ^.^ hihi

yuugi und ryou... *snif* die situation der beiden is so traurig.
aber es ist schön das ryou wenigstens wieder glücklich is ^_^

tolle ff
dein stil is schön, ich finde irgendwie verträumt und romantisch
total süß -^.^-

l.g.
shiria
Von: abgemeldet
2007-05-28T18:06:29+00:00 28.05.2007 20:06
wie romantisch *schwärm*
für kaibas verhältinsse nen guter anfang ^.^ hihi

yuugi und ryou... *snif* die situation der beiden is so traurig.
aber es ist schön das ryou wenigstens wieder glücklich is ^_^

tolle ff
dein stil is schön, ich finde irgendwie verträumt und romantisch
total süß -^.^-

l.g.
shiria


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