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Silberaugen

Wer kann nachts noch schlafen?
von

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2b

Und ob ich das habe, dachte ich sarkastisch. Wenn ich ihnen alles erzählt hätte, wäre ich am nächsten morgen nicht mehr aufgewacht. Vielleicht hätte ich sogar die kommende nacht nicht überstanden. So nickte ich nur kurz und schwieg.

Wir mussten nicht lange auf das essen warten. Magda kam mit wiegenden Schritten zum Tisch. Ich hörte etwas klappern, etwas wurde dumpf auf den Tisch gesetzt und dann das abschließende Scharren eines Stuhles.

"Lasst uns dem Herrn danken für dieses Mahl.", erklärte Magda. Ich senkte den Kopf und faltete die Hände. Nach kurzem Schweigen in dem jeder still für sein essen dankte legte sich Gidis große Hand auf meine. Er öffnete meine Finger und legte einen Löffel in meine Handfläche. Unmittelbar vor mir wurde eine Flüssigkeit in eine Holzschale gelöffelt. Ich ertastete den Rand der Schale und wartete.

"Guten Appetit.", wünschten mir meine Gastgeber. Ich brachte das essen ohne größere Peinlichkeiten hinter mich. Einmal hätte ich beinahe meinen Becher umgestoßen, griff aber noch rechtzeitig und zufällig in die richtige Richtung und bekam ihn zu fassen.

"Danke, die Suppe war ausgezeichnet." Und ich hatte bei weitem nicht gelogen. Wie lange hatte ich nicht mehr so etwas gegessen? Eine starke Hühnersuppe. Mit dem letzen Gemüse des Herbstes, saftigem, zarten Hühnchenfleisch und ein paar Kartoffeln.

"Das freut mich Junge. Solche Komplimente höre ich sehr gerne.", damit stand sie auf, räumte den Tisch ab. Wenig später hörte ich eine Tür zuschlagen.

"Sie tut so als würde ich ihr essen nie loben! Du hättest den giftigen Blick sehen sollen den mir meine Frau zugeworfen hat!", Gidi bemühte sich verärgert zu klingen, schaffte es aber nicht und ich hörte das unterdrückte Lachen aus seiner Stimme heraus.

"So, nun erzähl mal Junge.", forderte er mich auf.

"Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.", erklärte ich ausweichend und überwarf in Gedanken sämtliche Geschichten die ich mir während des Essens überlegt hatte.

"Wie wäre es mit deinem Namen? Ich kann dich schließlich nicht immer Junge nennen."

Ich lächelte. Wie lange war mein Name unausgesprochen geblieben? Sollte er jemals wieder ausgesprochen werden? Er passte absolut nicht mehr zu mir. Wenn ich zurück denke ist er der reinste Witz gewesen. Tychon. Meine Mutter hatte mir immer gesagt: , als dein Vater mit dir vor der Tür gestanden hat, du warst so winzig und sahst so krank aus, habe ich nur gedacht dich hat das Schicksal zu uns gebracht, du sollst unser Glück sein. Was für einen anderen Namen sollte ich dir geben als Tychon?`

Nein, den Namen wollte ich nicht mehr. Er würde mich nur immer wieder an eine längst vergangene Zeit erinnern. Hastig überlegte ich, ich hatte eh schon zu lange gezögert.

"Rus. Rus ist mein Name.", erklärte ich vielleicht eine Spur zu hastig.

"Rus, ein seltsamer Name. Den habe ich ja noch nie gehört."

Wie den auch, dachte ich grimmig, den habe ich mir eben ausgedacht.

"So also Rus und wie weiter?"

"Rus sollte erst einmal genügen." Ich hörte wie mein gegenüber unwillig brummte, aber nicht weiter darauf einging.

"Was machst du hier in so einer Gegend? Ohne Eltern, ohne Freunde oder sonst einer Begleitung? Ich meine nur, wie kann man einen blinden.."

"Ich bin blind, aber nicht dumm oder hilflos.", fiel ich ihm ärgerlich ins Wort. Ich seufzte leise und lächelte. "Gut, etwas Hilfe könnte ich schon gebrauchen."

"Entschuldige, ich wollte dich nicht beleidigen, Rus. Nur musst du gestehen das du nicht grad in der besten Verfassung warst al ich dich gefunden habe. Nun aber raus mit der Sprache! Was machst du hier?"

"Ich suche Arbeit." Ich wartete einen Moment und als ich hörte wie Gidi ansetzte mich wieder etwas zu fragen fuhr ich fort "Aber der Grund warum ich alleine hier bin ist, dass meine Eltern vor kurzer Zeit verunglückt sind. Wir waren nicht reich und so haben sie mir nichts hinterlassen. In unserem Dorf hat man sich zwar sehr um mich bemüht, aber ohne sie war es einfach nicht mehr das selbe. Irgendwann musste ich dann gehen. Seid dem versuche ich etwas von der Welt zu erfahren. Das heißt ich schlage mich so durch."

Es blieb eine Weile still.

"Hmm, diese Jugend von heute. Könnt ihr nicht einfach da bleiben wo ihr hingehört? Was soll den so toll an der Welt sein? Sie ist voller Mörder, Verbrecher und zwielichtiger Gestallten. Nichts was einen anständigen Burschen reizen sollte."

"Habt... gibt es hier vielleicht Arbeit für mich? Nur etwas das genug einbringt, damit ich mir ein zwei Sachen kaufen kann, um den Winter besser zu überstehen.", erkundigte ich mich und ging nicht weiter auf seinen Vortrag ein.

"Bei uns gibt es keine Arbeit für dich. Aber morgen kann ich mich mal im Dorf umhören." Er musste meine enttäuschte Miene gesehen haben, denn aufmunternd fügte er bei "Mach dir keine Gedanken. Irgendwo wird immer eine helfende Hand benötigt."

Dann knirschte wieder die Tür.

"Ich habe dir eine Decke und ein Hemd von meinem Mann mitgebracht. Nur weiß ich nicht wo du schlafen könntest." Magda kam auf mich zu und legte das Hemd und die Decke auf meinen Arm.

"Er heißt Rus, Magda. Und er kann dein lächeln und nicken nicht sehen."

"Oh, entschuldige Rus. Es ist nur so ungewohnt..."

"Schon in Ordnung. Es macht mir nichts. Nehmen sie keine Rücksicht. Und ich kann gerne auf dem Boden schlafen. Das macht mir nichts aus."

"Nein! So was kommt nicht in frage! Ich lass keinen unserer Gäste auf dem Boden schlafen. Normalerweise übernachten alle immer auf dem Heuboden, da steht unser altes Bett. Aber die Leiter nach oben, sie ist sehr schmal und wackelig, ich denke nicht das du es ..."

"Magda, du hast doch gehört wir sollen keine Rücksicht nehmen. Rus sieht nicht so aus, als wenn er es gewohnt sei in Daunen gepackt zu werden. Hab ich recht Junge?"

Ich legte den Kopf schief und lächelte verunglückt. "Auf einen Versuch kann man es ja ankommen lassen.", erklärte ich und war mir gar nicht mehr so sicher das ich es die Leiter hoch schaffen würde. "Wenn mir nur vielleicht einer den Weg zur Leiter zeigen würde."

Und so wurde ich von Gidi durch das Haus geführt. Und es kam mir sehr groß vor. Auf jedenfall größer als das Haus meiner Eltern. Gidi und seine Frau waren keine armen Bauern oder Handwerker. Das hätte mir schon vorher auffallen können. Jetzt wo ich noch einmal über die Decke strich, spürte ich die feine Wolle.

"So hier sind wir.", sagte der Mann, nahm meine Hand und führte sie zu einer Sprosse der Leiter.

"Wie weit ist es ungefähr bis nach oben?"

"Ungefähr zwanzig enge sprossen. Wird das auch wirklich funktionieren?" Ich konnte deutliche Sorge aus seiner Stimme hören.

"Sicher, ich bin ja nicht erst heute plötzlich blind geworden." Wie leicht mir doch schon diese Lügen von den Lippen gingen. Ich legte mir die Decken über die Schulter und griff mit beiden Händen um das Holz. Unsicher stellte ich meinen Fuß auf den ersten Tritt. Ich schluckte und bemühte mich selbstsicher zu wirken. Ich gewann mit jedem schritt weiter nach oben mehr Selbstvertrauen. Die letzten stufen schaffte ich beinahe so sicher, als hätte ich sehen können.

"Und jetzt geh einfach nach rechts, nur pass auf es liegt auch Heu da oben!", rief mir Gidi zu.

"Ich wünsche dir noch eine ruhige Nacht, Rus!" Damit ging er und zog die Tür zum Schober zu.

Ich atmete auf als ich alleine war. Das Bett hatte ich schon erreicht und setzte mich schnell. Ich wollte nichts anderes mehr als diese verfluchte Binde entfernen. Mein Puls ging schneller als ich den Knoten löste, zu langsam ging er auf. Endlich hatten meine nervösen Finger das Tuch entwirrt und die Dunkelheit schwand etwas. Ich blinzelte und erschrak tödlich. Es war immer noch dunkel. Angst umklammerte mein Herz und machte das nachdenken beinahe unmöglich. Erst als ich schemenhafte umrisse erkennen konnte beruhigte ich mich wieder. Ich schallt mich einen Narren, meine Augen mussten sich nach der langen Dunkelheit erst wieder an das Sehen gewöhnen.

Ich seufzte tief und betrachtete ruhig einige zeit meine Hände. Erst dann sah ich mich vorsichtig etwas um. Alleine das was ich nun von dem Dachboden sah war beeindruckend. Nur dieser war schon zweimal so groß wie die gesamte Wohnfläche meines Elternhauses.

Wo war ich nur gelandet? Und noch viel deutlicher bohrte sich ein Gedanke in mein Herz. Was zur Hölle machte ich überhaupt hier?

So hatte ich das aber alles nicht geplant gehabt.

Mein Herz schmerzte.

So hatte ich dies wirklich nicht geplant, aber jetzt wo ich auf dem alten Bett saß, mit vollem Magen, noch die wärme von Magdas Hand spürte, noch ihre Stimmen im Ohr hatte, wusste ich warum ich nicht den kleinsten Moment auch nur darüber nachgedacht hatte warum ich so bereitwillig mit gegangen war.

Es war nicht die suche nach Arbeit, es war nicht meine Unsicherheit.

Ich hatte es vermisst.

Hatte vermisst mich zu unterhalten, hatte vermisst mich respektiert zu fühlen.

Doch wie hatte ich nur die Gefahr vergessen können?

Das Letzte was ich wollte war diese Menschen unglücklich zu machen.

Ich hatte schon zu viele unglücklich gemacht.

Ich hatte wirklich aufstehen wollen.

Ich hatte wirklich beschlossen sofort aufzustehen, meine Sachen zu nehmen und schnellst möglich dieses Haus zu verlassen.

Nur hatte ich diesen Entschluss gefasst, meine Beine jedoch nicht.

Ich blieb sitzen, krallte die Hände ich die Decken und kniff die Augen fest zusammen.

Resigniert rollte ich mich auf dem Bett zusammen zog die Decke eng um mich und schlief augenblicklich ein.
 

Doch noch vor Sonnenaufgang wachte ich schweiß gebadet auf. Mein Mund war trocken meine Hände zitterten. Ich versuchte mich zu beruhigen und mich an meinen Traum zu erinnern.

Ich habe immer viel vom deuten eines Traumes gehalten. Meine Mutter hatte eine besondere Begabung dafür gehabt und ihre Deutungen haben mir immer geholfen. Doch nun war sie nicht da.

Auch wenn sie da gewesen wäre ich konnte mich nicht an meinen Traum erinnern.

So stieg ich in meine Stiefel und sah mich genauer auf dem Dachboden um.

Er war ungeheuer groß. Ich schätzte das alleine in diesem teil des Hauses unseres zweimal hineingepasst hätte.

Ich eindeckte ein kleines Fenster und stellte mich auf einen kleinen Hocker um nach draußen sehen zu können.

Ich blickte in einen großen Innenhof um dem sich Häuser mit hohen Fenstern schlossen.

Durch das offene Tor sah ich einen Mann auf einem Pferd kommen, schnell zog ich den Kopf ein damit man mich nicht entdeckte.

Ich wartete einige Sekunden und späte dann wieder hinaus.

Der Reiter hatte sein Pferd einem jungen Burschen übergeben der es nun wieder aus dem Innenhof führte.

Ich beobachtete den Mann der im Innenhof stehen geblieben war und sich die Handschuhe auszog.

Er war ein großer Mann, das konnte ich sogar aus der Ferne sehen. Seine Kleider waren ordentlich und zeigten deutlich seinen hohen Stand wieder. Die Haare trug er kurz geschoren und sein Gesicht war braun gebrannt.

Der Blick, den er über den Hof schweifen ließ, war streng und unzufrieden.

Ich zog mich ein Stück vom Fenster zurück, als ich merkte das er mit seiner Musterung in Richtung meines Fensters gelangte.

Trotzdem späte ich weiter am Rahmen vorbei in den Hof.

Ich sah einen Mann in mein Blickfeld hasten und sich eilig vor den Reiter verbeugen.

Ohne das ich ihn vorher gesehen hatte, wusste ich das der eifrig um Huldigung bemühte Mann Gidi sein musste.

Und die Frau, die nun ebenfalls auf den Hof kam und einen Becher in der Hand hielt, musste Magda sein.

Sie waren anders, als ich sie mir vorgestellt hatte.

Beide ausgesprochen schlank, beinahe schon hager.

Magda hatte ihre braunen Haare zu einem Zopf geflochten und aufgesteckt und Gidi neben ihr trug sein Haar lang und offen.

Ich hatte sie mir auch älter vorgestellt, tatsächlich waren sie sicher nicht älter als 30 Jahre.

Ich konnte nicht verstehen worum es bei dem kurzen Gespräch ging, welches dort unten auf dem Hof geführt wurde, bevor Gidi in eine Richtung deutete und die kleine Gruppe aus meinem Sichtfeld und im Haus verschwand.

Die Sonne war ein ganzes Stück über die Häuser gekrochen und ich beschloss mir die Augenbinde wieder anzulegen, bevor noch jemand plötzlich hereinkommen konnte und durch Zufall doch mein Geheimnis entdeckte.

Ich nahm mir Gidis Hemd und hielt es mir zur Probe an.

Es war ein älteres Hemd und für mich wahrscheinlich etwas zu kurz, aber sauber.

Ich streifte mein altes Hemd über den Kopf, um es dann in meiner Tasche zu verstauen.

Gidis Hemd fühlte sich seltsam rau ,im Gegensatz zu meinem langgetragenem Hemd, auf der Haut an.

Beim schließen der Knöpfe merkte ich, dass der Letzte fehlte und überlegte kurz ob ich einen von meinen annähen sollte, ließ es aber bleiben und steckte den Saum stattdessen in die Hose.

Ich setzte mich auf das Bett faltete meinen Umhang zusammen und band mir die Binde wieder um.

Danach wartete ich.

Erst hatte ich noch überlegt selbst hinunter zu steigen und mich irgendwie durch das Haus zu kämpfen und bemerkbar zu machen, war aber dann doch auf dem Heuboden geblieben, weil mir eingefallen war, das meine beiden Gastgeber Hohen besuch hatten.

Wenn meine Vermutung stimmte war es sogar der Hausherr selbst der heute morgen in den Hof geritten war.

Die Kleidung die er getragen hatte, waren die eines Landesherren oder die eines Großbauern.

Magda und Gidi dagegen waren zwar auch gut gekleidet doch unter dem stand des Reiters.

Ich vermutete das sie die Hausverwalter waren.

Ich wusste nicht mehr wie viel Zeit vergangen war seid dem ich mich auf das Bett gesetzt hatte. Jedenfalls hatte ich zeit gefunden mein Messer aus der Tasche zu nehmen, um mir meine Haare zu schneiden.

Ich erfühlte die Länge meiner Haare und nahm schultern und Gesicht zur Hilfe und schnitt dann lange Strähnen ab.

Später hatte ich gesehen das meine bemühen eigentlich nur noch alles verschlimmert hatten, aber ich sagte mir das ich so wenigstens meinen guten Willen gezeigt hatte mich menschlich wieder herzurichten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Alma
2008-08-15T19:07:15+00:00 15.08.2008 21:07
So, da wären wir (viel zu spät ;P)

Also, ich mag diese Geschichte. Man merkt dass du mit Leib und Seele dabei bist und es versucht authentisch sein zu lassen. Es hat mir Spaß gemacht zu lesen :) Du hast einen schönen Schreibstil, man kann sich sehr gut heineinversetzen und wird neugierig was sonst noch so passiert. Es war alles so schön detailliert – ich liebe das (z.B. die Einzelheiten des Fensters als er es aufbricht oder dass seine Beine schmerzen nachdem er seine Totenwache gehalten hat.) Allerdings hat es mich gewundert warum sie Angst vor ihm hatten – silberne Augen find ich jetzt nicht sooo schlimm. Aber vllt. Steckt ja noch mehr dahinter ;P Also, es war keine wirkliche Darkfic, es war eher Fantasy und Drama. Hätte es gepasst, hättest du allerdings zu meinen Favoriten gehört. Mach weiter so! :)
Von: abgemeldet
2005-11-19T16:06:11+00:00 19.11.2005 17:06
Hallöle^^
Nicht wundern ich bin´s Bara-chan^^ Ich bin nur zwei mal bei Animexx^^
Das ist ja echt super>_<
Da gehts echt weiter*juhuuuuu* *grübel* was will eigendlich ein Blinder arbeiten????? Und die noch viel wichtigere Frage: Was ist er jetzt eigendlich?????*wissen will* Das es noch so nette leute giebt freut mich^^
Doch sind die echt so nett wie sie tun???*misstrauisch ist* Ich freu misch schon wenns weitergeht und hoffe das das nicht all zu lange dauert^^
Ich werde mal meine Freunde anschreiben und sie bitten deine FF zu lesen und mit etwas glück und zeit bin ich nicht mehr die einzige die dir Komis schreibst^^
Baba
deine Bara-chan^^


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