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Krokodilverwandlung

es wird mal wieder psychologisch
von

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Nachdem er sich auf offener Straße in ein Krokodil verwandelt hatte, wurde er in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Nun saß, oder besser, lag er auf einem großen und kalten Metalltisch, der von mehreren Stühlen gesäumt war und wartete darauf, dass seine Ärzte ihn konsultierten. Mehrere Minuten verstrichen, die er dazu nutzte seinen von schrecklich harten und steifen Schuppen bedeckten Körper im warmen Sonnenlicht zu baden, dass durch die wandhohen Fenster hereinschien und so die langsam vergehenden Sommerstrahlen hereinließ. Er war darauf vorbereitet, dass sie ihm nun unangenehme Fragen stellen würden, aber er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen, was er nicht hätte rational erklären können. Angst hatte er also nicht vor der Untersuchung, die ihm bevorstand. Warum man ihn aber in eine Psychiatrie eingewiesen hatte, begriff er immer noch nicht, schließlich beruhte seine Transformation in ein Reptil nicht darin, dass er eine geistige Blockade durchlebt hatte, sondern in einem rein somatischen Problem.

Plötzlich wurde die Türe energisch aufgeschlossen, mehrere Mediziner in ihren weißen Kitteln rasten wie eine Ansammlung von verschreckten Legehühnern auf ihn zu, nahmen aber ihre Plätze ihm gegenüber auf. Im Nu hatte jeder Gelehrte sich niedergelassen als hätten sie sich vorher abgesprochen, wer dem Patienten am nächsten sitzen durfte und sich an diesem Unikat der Geschichte einen wissenschaftlichen Orgasmus verschaffen durfte, indem er ihm intimere und tiefgründigere Fragen stellen durfte. Schnell hatte das Krokodil, wie er ab jetzt betitelt wurde, gemerkt, wer in dieser illustren Runde aus Fachgenies das Sagen hatte. Es war wie immer in der Natur. Der Pascha, ein alter, vielleicht auch weiser, dicklicher Mann mit Bart, ähnlich eines gutmütigen Opas, der aber die Augen eines ausgehungerten Aasgeiers hatte, hatte jeweils an seiner Seite zwei Doktorinnen sitzen. Beide sahen aus, wie die Karikatur einer alten Jungfer. Strenger Haardutt samt verschrumpelten Lippen, die mit dem letzten Rest eines uralten, karminroten Lippenstifts betupft waren. Ihren letzten Höhepunkt hatten die Waschweiber in ihren Kitteln vermutlich vor Jahren hinter sich und dann vermutlich nur mit dem Pascha. Ihnen an der Seite standen, wie die Herzbuben eines Roméspiels, zwei Junge Ärzte, an deren überschwänglich euphorischen Gesichtern man erkennen konnte, dass sie erst kürzlich aus ihrer eigenen Irrenanstalt entlassen worden waren und das Medizinstudium erst in der Tasche hatten. Natürlich mit Empfehlungsschreiben sämtlicher Professorinnen. Diese Art von Ärzten, die so besessen von ihrem Beruf waren, kannte man nur zu gut, sie versuchten die Welt besser zu machen, solange es ihr noch ganz gut ging. Sobald aber nicht ihr Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte, also sie mehr tun mussten, als dass sie dafür entleistet wurden, konnte man sie ihre Schwänze einziehen und lieber am Hosenbein eines reichen Kaufmanns ihren Geifer absondern sehen. Um so länger er die fünf Ärzte betrachtete, um so mehr musste er feststellen, dass sie alle wie eine billige Kopie der Emergency-Room Belegschaft aussahen.
 

Der Pascha räusperte sich, rückte seine schwere Brille auf die Nase, schob ein paar Blätter, die er mitgebracht hatte, auf dem Tisch vor sich zurecht und musterte das Krokodil wie jemand, der schon von Vornherein wusste, dass er sich nicht in die Suppe spucken lassen würde.

"Krokodil, sie äh...", er machte eine nicht unnötige Pause, wohl überlegt, in seinem Großhirn verursacht und machte dann weiter, schwer und wichtig, "sie behaupten also, sie wären ein Mensch?" Ehe das Krokodil antworten konnte, schnappte der Arzt schon wieder nach seinem Satz und fuhr fort: "Ich will damit sagen, dass es nicht besonders oft vorkommt, dass ein Krokodil sich einbildet, ein Mensch sein zu wollen. Wissen sie, wir haben hier sehr viele Patienten, die sich einbilden, sie wären Jesus...", seine Stimme driftete in ein schwermütiges und pseudobesorgtes Timbre, "George Washington, die Königin von England...", "Queen Elizabeth I.", fiel ihm einer der überhitzen jungen Ärzte ins Wort und erntete einen missmutigen und warnenden Blick des Paschas. "Das ist das selbe", brummte er nach rechts, wollte weiterreden, wurde aber wieder in seiner Autorität untermauert. "Ja, aber Patient 35 besteht darauf mit Queen Elizabeth I. bezeichnet zu werden, außerdem kann man die Königin von England auch mit Queen Elizabeth II. verwechseln, deswegen dachte ich...", "Sie sind nicht hier um zu denken, sondern um zu analysieren, also lassen sie dieses penible Getue", zerstörte der Pascha dem Jungen den ersten Enthusiasmus, aber was ein echter Weltverbesserer -bzw. Psychopathenversteher- war, war in der Lage sich in den nächsten 10 Sekunden zu regenerieren. Mögen die irren Unbelehrbaren ewig leben.

Das Oberhaupt der Ärzterunde wandte sich wieder dem Krokodil zu: "Entschuldigen sie unsere interne Meinungsverschiedenheit", und lächelte wie ein gutmütiger Werbeopa. "Also, was ich sagen will, wir haben hier in unserer Klinik viele Patienten, aber bisher ist uns noch kein... Tier untergekommen", er wollte dem Krokodil nicht zu nahe treten, "Noch dazu ein Tier, dass behauptet einfach NUR ein Mensch zu sein. Das soll nicht heißen, dass ihre Krankheit nicht schwerer als die der anderen wäre"

"Aber ich bin ein Mensch!", protestierte das Krokodil und klatschte wütend mit dem Schwanz auf den Tisch. Die Ärztinnen erschraken etwas, klimperten dann aber gleich leicht empört mit den Wimpern und setzen wieder ihre kühlen Masken auf.

"Beruhigen sie sich", beschwichtigte der Pascha, "Es ist ja nicht so, dass wir ihrer Geschichte nicht glauben wollen, aber es ist nun mal nicht von der Hand zu weisen, dass sie - und ich habe hier bei mir ein Tierlexikon, da können wir gerne nachschlagen- ein Krokodil sind und alle körperlichen Merkmale eines solchen vorweisen", er warf einen Blick zu der Ärztin rechts neben sich, die sich sofort versteifte und ihre Augen, wie einem grandiosen Auftritt nahe, aufblitzen ließ, dann nach einem dicken und schweren Buch griff, das sie vor sich auf dem Tisch liegen hatte. "Das ist eine Spezialistin für Amphibien und Reptilien, Dr. Med. Frosch, bitte, Frau Dr. Frosch", er lächelte ihr gütig zu und überließ nun ihr das Wort. Froschs Blutlippen zogen sich in die Breite, bis die schrumpelige Haut so weit zur Seite geschoben war, dass ihr Gesicht wie ein alter und luftleerer Lederball aussah, dessen Zähne ihm wie ein Reißwolf entgegenblitzten und durchaus mit seinem Gebiss konkurrieren konnten. Irgendwie hätten sie beide, Frosch und Krokodil, sich eher damit auseinandersetzen sollen, wer von ihnen beiden das bessere Krokodil abgegeben hätte.

"Guten Tag! Wie der Herr Oberarzt gerade erwähnt hat, bin ich eine studierte Amphibien- und Reptilienwissenschaftlerin, kenne mich also aus mit ihrer Sorte und nach dem, was mir über ihr Aussehen berichtet wurde und ich sie nun auch in natura begutachten kann, kann ich nur bestätigen, dass sie ein leibhaftiges Krokodil sind und zwar genau ein brasilianisches Leistenkrokodil, das sich vermehrt in kleineren Tümpeln aufhält und bis zu drei Meter lang werden kann. Ich schätze sie aber nur auf höchstens 1,30m. Sie weisen wirklich alle Merkmale auf, die ein solches brasilianisches Leistenkrokodil besitzt". Sie lächelte selber, wie ein Krokodil und blickte den Pascha wie ein glücklicher Schoßhund an, der gerade ein Kunststück fabriziert hatte, für das er ein Leckerlie erwartete. Der Arzt bedankte sich aber nur mit einem leichten Kopfnicken und wandte sich wieder dem Krokodil zu. "Sehen sie nun? Es wurde bestätigt, sie sind eines dieser brasilianischen Krokodile!"

"Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich eins bin!"

"Seien sie nicht albern, schauen sie sich doch an, sie sind grün, haben Schuppen, Stilaugen und einen lange Schwanz. Soll ich etwa einen Spiegel holen?", warf der Arzt übelgelaunt entgegen. Das Krokodil verdrehte die Augen und senkte den Kopf. "Danke, sie müssen mich nicht an mein Aussehen erinnern, ich weiß, dass ich wie ein Krokodil aussehe, aber ich sehe eben nur so aus. In Wirklichkeit bin ich ein Mensch, mein Name ist Herbert Krawuttke, wohnhaft in Berlin Schlüterstraße 23a, meine Telefonnummer ist 450983 und meine Handynummer ist..."

"Veräppeln sie uns nicht, Herr Krawuttke! Krokodile haben keine Handys und erst recht keine Telefone!", entgegnete der Pascha ihm wirsch und fuchtelte mahnend in der Luft.

"Wenn ich eins hinzufügen darf?", fragte Frosch freundlich und wandte sich an den Arzt, der ihr zunickte, "Ich halte es persönlich auch für höchst fiktiv, dass ein brasilianisches Krokodil einen so europäischen Namen wie Herbert führt"

"Da! Hören sie, Herr Krawuttke!", purzelte der Arzt heraus und verwies auf die strahlende Frosch, die sich höchst geschmeichelt fühlte einen so intelligenten Kommentar abgegeben zu haben.

"Ich habe auch nicht behauptet aus Brasilien zu kommen!", fauchte das Krokodil.

Der Pascha beruhigte sich wieder ein wenig und richtete seine Brille. "Nun gut, Herr Krawuttke, gegeben dem Fall, sie kommen wirklich aus Deutschland, wohnhaft Berlin Schlüterstraße 23a und so weiter, wieso sehen sie dann aus wie ein Krokodil?", fragte er lauernd und wusste, dass er seinen schizophrenen Patienten damit in der Tasche hatte, schließlich gab es solche tierischen Verwandlungen nicht.

Herr Krawuttke holte tief Luft und fing dann an zu erzählen: "Eines morgens, ich wollte gerade frische Brötchen kaufen gehen, wurde es mir sehr kalt. Zum Glück schien die Sonne gerade so warm auf mich, also blieb ich stehen, um mich ein wenig von ihr wärmen zu lassen. Es war ganz seltsam, ich erstarrte mit einem Mal und hatte das Gefühl, mich nur noch bewegen zu können, wenn es wärmer wurde, verstehen sie, als würde mein Blut erfrieren, wenn ich keine Wärme mehr bekommen würde. Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass alles plötzlich so groß war und ich flach auf meinem Bauch dalag und mich kaum bewegen konnte. Die Leute warfen mir empörte Blicke zu als ich sie fragte, was denn los sei. Ja, sie machten einen schrecklichen Bogen um mich herum, der mich ziemlich irritierte. Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn man plötzlich nur noch zum nächsten Spiegel KRIECHEN kann. Es hatte mir einen gewaltigen Schock versetzt, müssen sie wissen, als ich dann nach Hause gekommen bin und gemerkt habe, dass mein ganzer Körper sich verwandelt hatte. Da will man einfach nur kurz rausgehen, um Brötchen zu kaufen und verwandelt sich in ein Krokodil!"

"Sehr interessant", bemerkte einer der jungen Ärzte, "aber ihre Geschichte ist sehr Lückenhaft" Der Pasche nickte zur Abwechslung solidarisch zu.

"Sagen sie, können sie uns nicht noch mehr erzählen? Ich will ihnen ja nicht zu nahe treten, aber ihre Geschichte klingt an den Haaren herbeigezogen"

"Was soll ich den noch erzählen? Es hat sich so abgespielt!", antwortete Herr Krawuttke verzweifelt und wedelte mit seinem grünen Anhängsel.

"Nun, zum Beispiel, haben sie an diesem Morgen irgendwelche mutagenen Stoffe zu sich genommen?" Das Krokodil blinzelte ihn perplex an "Ich meine damit, haben sie etwas gegessen, dass zu ihrer Verwandlung hätte führen können?"

"Nein! Ich wollte mir doch Brötchen holen gehen!", schnappte das Krokodil verärgert nach dem Arzt.

"Klares krokodilisches Verhalten...", bemerkte Doktor Frosch und schnaubte verächtlich.

Sofort schritt der Pascha wieder ein und versuchte zu vermitteln zwischen den Parteien. "Meine Damen und Herren, benehmen wir uns doch bitte alle wie zivilisierte Menschen und Krokodile und bleiben objektiv!", er lächelt Herrn Krawuttke freundlich zu, "Sie werden bemerkt haben, dass Dr. Stein", er verwies auf den jungen Mann, der seine Geschichte an den Haaren herbeigezogen hielt, "nicht von ungefähr an der Glaubwürdigkeit ihrer Verwandlung zweifelt. Dr. Stein ist nämlich ein Genspezialist, der seine Habilitation auf dem Gebiet der Genmanipulation erworben hat. Herr Dr. Stein, ich denke, sie wollen selber mehr dazu sagen", seine Stimme köchelte in etwas Angewidertes.

"Danke, ja", er sprach zu Krawuttke, "Aus medizinisch-genetischer Sicht, ist die Begebenheit, die ihnen angeblich widerfahren ist, unmöglich. Niemals könnte das menschliche Genom über das eines Reptils verfügen. Der Mensch gehört schließlich zu einer völlig anderen Art als das Krokodil, selbst die Chromosomenanzahl ist verschieden und solche Spontanmutationen, wie die, die sie uns geschildert haben, sind faktisch Irrsinn. Aber na gut, ich will ihnen eine Chance geben! Beantworten sie mir eine Frage: Hatte einer oder mehrere ihrer Vorfahren oder Verwandten jemals Kontakt, sexuellen Kontakt, zu Reptilien, namentlich der brasilianischen Rasse, von der sie uns berichten könnten?"

"Sie sind ja übergeschnappt!", rief Krawuttke aus, "Wie soll denn so etwas möglich sein?"

"Tut mir leid, dann muss ich ihre Geschichte leider als bloßes Lügenmärchen abtun, denn wenn kein Reptiliengen dabei ist, ist eine Mutation auszuschließen!", er lächelte triumphierend und blickte zum Pascha, den das Getue seines jungen Schützlings ankotzte.

"Herr Krawuttke!", wandte sich der Arzt wieder an das Krokodil und wirkte beschwörend, "Sehen sie es endlich ein! Alles spricht gegen sie! Sie sind und waren auch schon immer ein Krokodil, dass sie nun glauben ein Mensch zu sein oder gewesen zu sein, kann sich nur um eine psychische Störung ihres Zerebralhirns handeln"

"Vielleicht auch Klein- oder Stammhirns", warf die Ärztin zu seiner Linken ein und taxierte Herrn Krawuttke wie ein Schlachter das zu schlachtende Tier, "Ich kenne mich zwar nicht mit der Psyche eines Reptils aus, aber ich bezweifle nicht, dass auch solche Tiere unter psychischen Störungen leiden können, schließlich kann das jedem passieren, der ein Hirn besitzt... und Krokodile besitzen doch ein Gehirn!", sie warf einen unsicheren Blick zu Frosch, die ihr zustimmend zublinzelte, dann verwandelten sich ihre Augen wieder beruhigt in die versnobbte Gleichgültigkeit eines Menschen, den nichts mehr schocken konnte, weil er mit sich selber im Unklaren war und deswegen seine Augen nicht offen halte konnte für seine Außenwelt.

"Danke Fräulein Dr. Neu", sprach der Pascha, "Sie können unseren Patienten gerne weiter aufklären!"

Neu machte einen leicht gelangweilten Augenaufschlag und rezitierte das Wissen, dass sie eingetrichtert bekommen hatte: "Ich schätze, in diesem Fall handelt es sich um eine manische Schizophrenie, verursacht in den ersten Stadien des Ödipuskomplex, aus dem der Patient nicht herausgewachsen ist und bis heute sowohl neurotisch-psychotische Schäden, als auch somatische Schäden davonzutragen hat. Wir müssen aufpassen, dass er nicht in einen kathatonisch-pathologischen Zustand verfällt, aus dem wir ihn dann nicht mehr befreien können. Auch sollten wir nach Ursachen in der Kindheit forschen, z.B. ob die Krokodilmutter eine Beziehung mit einem Menschen eingegangen war, die Herr Krawuttke bis heute nicht verarbeiten konnte und sich dann in einer Art Schutz seines eigenen Geistes in einen Wahn gestürzt hat, ein Mensch zu sein, um das Fehlverhalten seiner Mutter zu billigen. Placebos werden hier nicht helfen, ich weise darauf hin dem Patienten starke Psychopharmaka, sowie Morphin und leichte Dosen Halluzinogene zu verabreichen, um ihn einer heilenden Hypnose zu unterziehen, aus der wir mehr über die wahren Ursachen seines Leidens erfahren können"

Die letzten Worte schalten noch nach, Herr Krawuttke starrte völlig verwirrt die Ärztin an, die wie ein menschlicher Kassettenrecorder ihren Text abgespielt hatte und nun, da die Kassette abgelaufen war, darauf wartete, dass jemand eine neue in sie hineinschob. Der Oberarzt räusperte sich geräuschvoll, um aufmerksam zu machen, dass immer noch er hier das sagen hatte und das Fräulein Dr. Neu ihr Fachwissen wohl ihm zu verdanken hatte. "Vielen Dank, für ihre Diagnose, mir schwebte das selbe vor"

"Ich bin nicht irre!", protestierte Herr Krawuttke krächzend und war außer sich, "Ich bin kein Krokodil, ich bin ein Mensch!"

Die Ärzte ignorierten ihn und standen allesamt, wie auf einen heimlichen Befehl hin, auf. Der Oberarzt schüttelte resignierend den Kopf: "Herr Krawuttke, ich sehe keinerlei Möglichkeit als sie der Wiedereingliederungs-und-Authentizitäts-Methode zu verschreiben, damit haben wir schon unsere größten Erfolge erzielt, nicht wahr?", er lachte den anderen Ärzten zu als forderte er Beifall und Bewunderung. Die anderen antworteten mit erfreutem Lächeln und nickten zustimmend. Plötzlich stürmten zwei Pfleger das Zimmer, packten auf einen schiefen Wink des Oberarztes Herrn Krawuttke am Schlafittchen und zerrten ihn unter seinem Zetern und Schwanzschlagen aus dem Zimmer.

"Warten sie! Stopp!", rief er verzweifelt, so dass die Pfleger stehenblieben, "Was sagt dedn der Arzt da?! Der hat sich überhaupt nicht richtig zu Wort gemeldet! Ich will auch seine Meinung hören!", rief er flehend und hoffte, das war jemand, der ihm glauben schenkte und sich nur nicht traute unter diesen ganzen Wahnsinnigen seine eigene Diagnose zu stellen. Der angesprochene Arzt stutzte, machte große Augen und wusste nicht so recht, was er sagen sollte, bis ihm der Oberarzt zu Hilfe kam.

"Ach, wissen sie, das ist ein Arzt, der gerne ein normaler Mensch wäre!", sprach er ruhig und klopfte dem strahlenden Psychopathen wie ein alter Freund auf die Schulter.

"Und was macht der hier?", jammerte Herr Krawuttke und zweifelte langsam an seinem menschlichen Verstand.

"Wir versuchen unseren Herrn Dr. Irrt, der offensichtlich unter einer Art Phobie zu leiden scheint, wiedereinzugliedern, damit er wieder ein normaler Arzt wird", wieder klopfte der Pascha dem Kranken auf die Schulter, der ihn leicht dümmlich angrinste.

"Und was haben sie mit mir vor?", zitterte Herr Krawuttke.

"Sie kommen natürlich in ein Terrarium mit Genossen ihrer Art!", plauderte Irrt und hielt sich plötzlich beschämt eine Hand vor den Mund.

"Acha! Da! Sehen sie, Herr Krawuttke, unsere Methode hilft! Herr Irrt macht gesunde Fortschritte!", dann wandte er sich mit einem Wink an die Pfleger, die Herrn Krawuttke kreischend und schreiend den langen Krankenhausgang entlang zerrten. Vorbei am "Kreuzigungszimmer", in dem Jesus saß und täglich 10 Abhandlungen über das Laster und seine Vorteile auswendig lernen musste und warum Religion heutzutage unnötig sei, da sowieso alle nur an sich dachten, vorbei an George Washington, dem eingebläut wurde, dass so etwas wie Demokratie in einem Kapitalismusstaat unbrauchbar war, denn man konnte nicht jedem die gleichen Rechte geben und vorbei an einer Frau, die man in Lumpen gehüllt hatte und ihr beibrachte, dass weibliche Wesen sich nicht in der Öffentlichkeit zu betätigen hatten, schon gar nicht, um etwas gutes zu tun.
 

Während der nächsten paar Jahre war an der Diagnose der Ärzte kein Fehler zu entdecken, denn zwar beteuerte Herr Krawuttke immer wieder in seinen kläglichen Lauten, er wäre ein Mensch und weigerte sich manchmal aus Protest, das rohe Fleisch zu verzehren, dass ihm in sein Terrarium geworfen wurde, aber es geschah auch keine Rückverwandlung, die seine Geschichte hätte bestätigen können. Schließlich hatte das Krokodil keine andere Wahl mehr als sich seinem Schicksal zu fügen und ein richtiges Reptil zu werden. Es schloss neue Freundschaften mit den anderen Krokodilen und gewöhnte sich auch an das nahrhafte und vor allem gesunde Essen. Zu Weilen konnte er seinen Krokodilkollegen auch einige menschliche Laute beibringen, wie z.B. "Ungerechtigkeit" und "Willkür", was sie dann zusammen im Chor ihren Wertern zuschimpften. Das Letzte, was Herr Krawuttke seinen krokodilischen Nachkommen -denn er hatte sich mit einer Krokodildame gepaart- mitgeben konnte, waren die Worte: "Versucht niemals anders zu sein als ihr seit"
 

See you later Aligator! ^.°



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Xell
2005-07-06T20:25:28+00:00 06.07.2005 22:25
Deine Geschichte war wirklich... ironisch-absurd. ^_^" Aber sehr unterhaltsam. Wie kommst du eigentlich auf solche Ideen? Ich wundere mich dass hier so wenig Leute Kommis schreiben.
Ich hab mich die ganze Zeit gefragt wie konnten die Ärzte mit ihm reden wenn er angeblich ein Krokodil sei? O_O
Und dass einer der Ärzte selber aus dem Irrenhaus kommt muss man sich ebenfalls auf der Zunge zergehen lassen.
Ich fang an deine Geschichten zu mögen. ^^


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