Klärende Gespräche Part II
Ganz allmählich realisierte Marron die Situation und die ganze Trauer und Verbitterung in alle den einsamen Jahren kamen ihr wieder in den Sinn. Langsam löste sie sich von ihrer Mutter, die gleich von ihrem Vater in den Arm genommen wurde, und griff Halt suchend nach Chiakis Hand.
Dieser sah ihr die Verkrampfung gleich an und lächelnd flüsterte er ihr ins Ohr:
"Sei unbesorgt! Sie haben all die Jahre genau so gelitten wie du. Gib ihnen eine Chance und hör einfach ihrer Erklärung zu. Ich bin mir sicher, du kannst ihnen verzeihen."
Immer noch ein klein wenig skeptisch, aber von Chiakis Worten wieder ermutigt und sorgloser, folgte sie ihm wieder zu einem Tisch, wo sich alle vier niederließen.
Wieder ergriff Takumi das Wort. Sanft lächelnd blickte er seiner Tochter in die Augen.
"Du fragst dich gerade sicherlich mit welchem Recht wir jetzt so plötzlich nach all den Jahren in dein Leben treten, wo du doch gerade alles wieder geordnet hattest. Und du willst bestimmt wissen, was wir für schreckliche Eltern sind und was du getan hast, dass wir dich einfach so verlassen und uns danach nie wieder bei dir gemeldet haben. Du hast allen Grund der Welt uns dafür zu hassen und zu verfluchen. Wir müssen deine Entscheidung akzeptieren und daher ist alles worum wir dich bitten, dass du zuhörst, was wir dir zu sagen haben und erst dann dein Urteil fällst.
Nun ergriff auch Korron das Wort.
"Wir können die Zeit leider nicht zurückdrehen, um all das ungeschehen zu machen. Und warum dein Vater und ich uns damals so furchtbar besonders dir gegenüber verhalten haben und wieso wir letztendlich getrennte Wege gegangen sind, dass können wir uns bis heute noch nicht erklären. Es erscheint uns alles wie ein Alptraum. Ein Alptraum aus dem wir vor fünf Jahren erwachten, nur um gleich wieder in den nächsten zu verfallen." Dann kamen Korron erneut die Tränen und sie brach ab.
"Denn vor fünf Jahren" fuhr Takumi fort "trafen wir uns zufällig in Frankreich wieder und sprachen uns aus. Wir wussten nicht wirklich, was geschehen war und gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach dir. Doch bereits wenige Tage später erreichte uns ein Brief aus Japan in dem stand, dass man uns leider mitteilen müsse, dass du 2 Jahre zuvor bei einem Unfall ums Leben gekommen seiest. Dabei waren das Bild von einem Grab und die Adresse, wo dieses zu finden sei.
Jedes Jahr an deinem Geburtstag und deinem angeblichen Todestag waren wir seitdem mindestens dort. Wir sind damals doch nicht im Traum darauf gekommen, dass dies alles gar nicht stimmt. Wir dachten all die Jahre, du wärst tot und wir hätten unsere einzige Tochter verloren...." Dann brach auch seine Stimme infolge der Tränen ab.
Marron saß noch einige Sekunden wie versteinert da, bevor sie aufsprang und sich ganz feste bei ihren Eltern in die Arme drückte.
Chiaki hatte sie während der Schilderung im Arm gehalten und Tränen waren ihr in Strömen die Wangen hinab gelaufen. Sie war genauso fassungslos wie er, als er dies alles zum ersten Mal gehört hatte.
"Aber .... Ich lebe!" war alles, was Marron leise hervorpressen konnte.
Keiner der drei wollte an diesem Moment etwas ändern, aber sie konnten ja nicht ewig so sitzen bleiben und so ergriff Marron das Wort.
"Ich glaube euch, dass ihr das alles nicht mit Absicht gemacht habt. Ihr seid unschuldig, was eure Trennung betrifft. Ich kann euch deswegen nicht böse sein und es gibt auch nichts zu verzeihen. Es war nicht eure Schuld. Ich bin ja so froh, dass ich euch endlich wieder hab!"
Immer noch überglücklich lag sie in den Armen ihrer Eltern, die sie scheinbar nie wieder loslassen wollten. Doch dann nahm sie ein klein wenig Abstand und sah sie ängstlich an.
"Und werdet ihr jetzt in Japan bleiben, oder müsst ihr wieder zurück?"
Takumi und Korron sahen sich lächelnd und Korron sprach:
"Nein mein Schatz, keine Bange! Wir müssen nirgendwo mehr hin! Wir haben viel zu viel von deinem Leben verpasst, da haben wir nicht vor, dich auch nur noch einmal unnötig und gleich wieder zu verlassen, wo wir dich doch gerade erst wieder gefunden haben. Wir haben schon alles längst geregelt. Frankreich muss jetzt ohne uns auskommen. Du bist uns wichtiger als irgendwelche Aufträge oder sonst was."
Beruhigt fiel sie ihren Eltern erneut um den Hals, als ihr plötzlich einfiel, dass sie ja gar nicht allein hier war, sondern dass Chiaki sie die ganze Zeit über beobachtete und sie ihm das wohl alles zu verdanken hatte. Sie löste sich von ihren Eltern und setzte sich auf seinen Schoß.
"Danke!" flüsterte sie, umarmte ihn überschwänglich und gab ihm einen zärtlichen Kuss. Mit Tränenverschleiertem Blick sah sie ihn wieder an. Ihre Eltern beobachteten das junge Paar nur lächelnd und Chiaki wischte ihr vorsichtig die Tränen weg.
"Wie ist das möglich? Wie hast du sie gefunden?" völlig überwältigt konnte sie nicht mehr sagen.
"Och, ich hab da so ein paar Beziehungen spielen lassen." Unschuldig grinsend erwiderte er ihren Blick. "Ich habe Kagura und Inspektor Toudaiji gebeten, mal etwas gründlicher nach deinen Eltern zu forschen und ich hab ein klein wenig im Internet über ihre Arbeit recherchiert. Und irgendwann war ich dann auf meiner Suche in Frankreich angelangt und hatte auf einmal eine gemeinsame Adresse vorliegen."
"Dann hat er uns angerufen und ganz lieb und nett gefragt, ob uns der Name Marron Kusakabe etwas sagen würde. Wir sagten natürlich sofort ja und fragten nach wer er ist, woher er dich kennt und warum er anrief..." fuhr Korron fort.
"Und dann war es mit dem nett und höflich auch schon zu Ende." Takumi grinste Chiaki dabei an, der ein klein wenig verlegen wegschaute. "Er war ganz aufgebracht, was wir denn für Eltern wären und was und denn einfiel, dich einfach so ganz alleine in Japan zurückzulassen und uns einfach nicht mehr zu melden."
"Dann kam nur ein verstörtes ,Wieso?' und ich schleuderte ihnen entgegen, dass du immer noch jeden Tag auf eine Nachricht von ihnen warten würdest." erzählte Chiaki weiter. "Deine Mutter fragte nur noch, ob es dir wirklich gut gehen würde und nachdem ich bejaht hatte, hörte ich nur noch, wie dein Vater versuchte, deine Mutter wieder aufzuwecken."
"Ich war vor lauter Schreck in Ohnmacht gefallen. Dein Vater unterhielt sich dann noch kurz mit Chiaki und dann mussten wir die Neuigkeiten erstmal verarbeiten. In den nächsten Tagen haben wir sehr oft telefoniert, E-Mails geschrieben und alles geklärt. Und da du dann ins Krankenhaus musstest, bekamst du auch nicht viel davon mit. Wir haben uns fürchterliche Sorgen um dich gemacht. Aber anscheinend ist ja wieder alles in bester Ordnung!"
Ihre Eltern waren immer noch gerührt, wie die beiden vor ihnen saßen und Marron drückte sich noch enger an ihren Verlobten und war von seinem Handeln zutiefst gerührt.
"Du hast wirklich eine sehr gute Wahl getroffen Töchterchen!" sprach Korron und zwinkerte den beiden zu. "Auf so einen Freund muss man aufpassen!"
"Nö! Er muss auf mich aufpassen! Und außerdem ist er gar nicht mehr mein Freund!... Wir sind verlobt!" Grinsend vernahm sie ein erleichtertes Aufseufzen ihrer Eltern.
"Musst du uns so erschrecken? Willkommen in der Familie, Chiaki!"
"Und das ist noch nicht alles! Ich hoffe ihr sitzt gut!" fuhr Marron fort. "Ihr werdet Großeltern!"
Das verschlug den beiden Erwachsenen vollkommen die Sprache und sie starrten das immer noch frisch verliebte Pärchen vor ihnen perplex an.
"Jetzt ist nicht nur unsere Familie wieder komplett..." fing Korron an.
"...nein, wir kriegen gleich noch eine ganze dazu!" beendete Takumi den Satz und beide freuten sich, nach einigen Minuten, in denen sie sich mit der neuen Situation angefreundet hatten.