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Erwärme mein frierendes Herz

von

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Offene Gefühle

Die Fahrt zu dem kleinen Hotel, wo die Bladebreakers untergebracht waren, bis sie sich auf die Reise nach Russland machen würden, wurde schweigend zruückgelegt. Obwohl Ray, Max und Kenny sehr neugierig waren, was während der letzten Tage zwischen Kai und Tyson passiert sein mochte - wie es zu den Verletzungen des Blauhaarigen gekommen war - verhielten sie sich ungewohnt zurückhaltend. Doch auch wenn sie ihren Teamchef am liebsten mit Hunderten von Fragen überfallen hätten, so reichte doch ein Blick in Kais müdes Gesicht und den abwesenden Ausdruck in seinen braunen Augen, um sie vorerst Abstand davon nehmen zu lassen.
 

Kai machte auf sie den Eindruck, in einer völlig anderen Welt zu sein und die drei Jungen wussten nicht, ob dies daran lag, daß er ebenfalls vollkommen erschöpft von den Ereignissen der letzten Tage sein musste - oder ob nicht vielleicht noch etwas anderes geschehen war, was zu dieser Veränderung in Kai geführt hatte. Eine Veränderung, die sowohl Ray als auch Max und Kenny deutlich spüren konnten, auch wenn keiner Drei genau hätte sagen können, woraus diese Wandlung ihres Teamchefs bestand.
 

Jedenfalls ließen sie Kai vorerst in Ruhe, was dieser dankbar zur Kenntnis nahm. Er fühlte sich wirklich sehr müde; nachdem Tysons Verletzungen nunmehr von einem Arzt ordentlich versorgt waren und damit der Genesung seines Gefährten nichts mehr im Wege stand, konnte er sich das erste Mal seit dem Unfall richtig entspannen. Die Sorge um Tysons Wohl hatte schwer auf Kais Schultern gelegen - und auch wenn es eine Last war, die er gern getragen hatte, so war er doch froh, daß sie nunmehr soweit erleichtert war, daß er sich selbst ein wenig ausruhen konnte. Und Ruhe brauchte er, ging dem Jungen mit dem blaugrauen Haar auf, da er während der Fahrt zum Hotel kaum die Augen offen halten konnte. Die letzten Tage hatten nicht nur Tyson sehr viel abverlangt, wie nun überdeutlich wurde.
 

Als sie etwa eine halbe Stunde später vor dem Hotel anhielten, war es mittlerweile später Abend geworden und die Sonne ging in einem prachtvollen Farbenspiel aus Rot, Orange und Gelb unter. Dieses Schauspiel erinnerte Kai daran, wie Tyson ihn während ihrer Tour immer wieder auf die Schönheiten der Natur um sie herum aufmerksam gemacht hatte. Damals hatte er sich gefragt, wie sich der jüngere Blader nur so sehr über solche Kleinigkeiten freuen konnte, doch seitdem er sein Herz nicht mehr verschlossen hielt, wurde auch Kai mehr und mehr bewusst, wie viel Schönheit es auf der Welt gab. Manchmal waren es nur kleine Dinge, voll scheinbarer Nichtigkeit. Und doch konnte Kai ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, als er sich vorstellte, wie sehr Tyson zum Beispiel diesen Sonnenuntergang genießen würde.
 

Im nächsten Moment riß eine vorsichtige Berührung an seiner Schulter Kai aus seinen liebevollen Gedanken an seinen Gefährten. Sich umblickend, erkannte der Teamcaptain der Bladebreakers, daß es Ray war, der ihn auf sich aufmerksam machen wollte und hob fragend eine Augenbraue. Der junge Chinese schien wegen irgendetwas leicht verwirrt zu sein, doch vor allem erkannte Kai stille Sorge in den goldenen Augen seines Teamgefährten.
 

Als er diesen Ausdruck von Besorgnis sah, verspürte Kai einen Stich der Reue. Hatten sich die anderen Jungen schon immer solche Gedanken um sein Wohl gemacht? Ihn trotz seiner manchmal mehr als abweisenden Art stumm in die freundschaftliche Sorge mit einbezogen, welche sie sich untereinander so deutlich zu zeigen vermochten und welche Kai zuvor stets als Schwäche hatte abtun wollen?
 

Das Bedürfnis, sich bei ihnen für sein früheres Verhalten zu entschuldigen, stieg in dem Teamcaptain der Bladebreakers auf, doch wurde ihm gleichzeitig klar, daß jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Kai war sich sicher, daß er Ray, Max und Kenny einen Riesenschrecken einjagen würde, wenn er sich jetzt plötzlich - scheinbar ohne jeglichen Grund - ihnen gegenüber ganz anders benehmen würde als sonst. Dennoch nahm er sich im Stillen vor, den drei jüngeren Bladern von nun an freundlicher zu begegnen; sie näher an sich heranzulassen und ihnen zu zeigen, daß er ihre geduldigen Bemühungen um seine Freundschaft durchaus zu schätzen wusste.
 

Kai würde nicht seine tiefsten Geheimnisse mit ihnen teilen - dieses Geschenk des Vertrauens würde nur Tyson erhalten, dessen Liebe Kai von seiner Einsamkeit und Sehnsucht befreit hatte. Aber der Junge mit dem graublauen Haar beschloß, ihnen von nun an ein Freund und wahrer Teamcaptain zu sein.
 

Kai wusste nicht, daß zwar durch jahrelange Übung seine Züge nichts von seinem Beschluß verrieten, seine Augen jedoch umso beredeter von seinen Gedanken kündeten. Für Ray war das warme Leuchten in den kastanienbraunen Augen seines Teamchefs, in denen überwältigende Müdigkeit geschrieben stand, zuerst ein ziemlicher Schock. Die ungewohnte Offenheit war neu für den jungen Chinesen, der kaum glauben konnte, wie viele Emotionen sich in den bis jetzt stets so abweisend blickenden Tiefen spiegelten.
 

Es dauerte daher einen langen Moment, bis er sich dazu aufraffen konnte, Kai anzusprechen und ihn zu fragen, wie er sich fühlte. Eigentlich erwartete er, daß der Ältere ihn wie üblich kurz abfertigen würde, obwohl er innerlich hoffte, daß diese seltsame Veränderung in Kais Verhalten bedeutete, daß dieser vielleicht endlich die freundschaftliche Sorge seiner Teammitglieder um ihn annehmen würde. Doch was er als Antwort auf seine Frage bekam, hatte er nicht erwartet. Kai erwiderte zwar nichts, doch für einen Augenblick spielte ein sanftes Lächeln um die Mundwinkel des Älteren, bevor er Ray kurz nickte und dann nach einem letzten Blick auf den Sonnenuntergang auf den Eingang ihres Hotels zuschritt.
 

Leicht fassungslos sah Ray dem anderen Jungen hinterher, bis Max' Stimme nach ihm rief, er solle endlich kommen. Sich aus seiner Verblüffung befreiend, eilte der schwarzhaarige Junge auf seinen Freund zu und betrat mit diesem gemeinsam hinter Kai, Kenny und Mr. Dickensen ihr Hotel. Er beobachtete jedoch sehr aufmerksam Kais weiteres Verhalten, als würde ihm dies Aufschluß darüber geben, was mit dem älteren Jungen geschehen war. Ray spürte, daß während der letzten Tage eine ziemliche innere Wandlung mit Kai vor sich gegangen war und war sich ebenso instinktiv darüber im Klaren, daß diese Veränderung mit Tyson zusammenhing. Kai hatte sich so fürsorglich gegenüber dem Blauhaarigen verhalten, wie es Ray ihm gar nicht zugetraut hätte. Es schien, als hätte es Tyson endlich geschafft, das wahre Selbst ihres Teamchefs ans Tageslicht zu bringen.
 

Als ihm dieser Gedanke durch den Sinn fuhr, huschte ein zufriedenes Lächeln über Rays Gesicht, was Max ihn fragend ansehen ließ. Doch vorerst legte der junge Chinese seinem Gefährten nur einen Arm um die Taille und flüsterte ihm zu, er würde es ihm später erklären. Max' hellblaue Augen funkelten neugierig, doch er geduldete sich, denn er wusste aus Erfahrung, daß Ray erst über seine Entdeckung sprechen würde, wenn er es für richtig hielt. Daher wandte sich der blonde Junge auch nur gemeinsam mit Ray wieder dem Rest ihres Teams zu, wodurch sie beobachten konnten, wie Kenny Kai seinen Zimmerschlüssel überreichte. Der ältere Junge neigte dankbar den Kopf und wandte seine Schritte dann mit einem kurzen Gruß an Mr. Dickensen in Richtung der Treppe, die ihn zu seinem Zimmer bringen würde.
 

Die restlichen Bladebreakers blickten ihm nach, doch sie spürten, daß Kai Schlaf dringend nötig hatte. Die vergangenen Tage hatten ihm anscheinend viel abverlangt; dies war jedoch verständlich, wenn er sich um den verletzten Tyson hatte kümmern müssen. Keiner der Jungen wusste, wann genau Tyson seinen Unfall gehabt hatte und daher konnten sie auch nicht ermessen, wie viel der Wegstrecke der Blauhaarige auf Kais Unterstützung angewiesen gewesen war. Daher war es nur natürlich, wenn Kai sich jetzt ausruhen wollte und so ließen sie ihn unbehelligt gehen, obwohl sie sich daher mit der Klärung ihrer Fragen bis zum nächsten Morgen gedulden mußten.
 

Kai spürte ihre besorgten Blicke in seinem Rücken, als er sich entfernte und war erneut dankbar für ihre Rücksichtnahme. Ihm war bis jetzt nie aufgefallen, wie verständnisvoll sein Team sein konnte. Für ihn waren sie bisher immer nur kindisch und nervend gewesen, wenn sie ihn in ihre Aktivitäten einbeziehen wollten. Ihre sensibleren Seiten hatte er ignoriert, was ihn innerlich die Augen über sein eigenes Verhalten verdrehen ließ. Auch wenn er durch seine freundlose Kindheit durchaus seine Gründe für sein Benehmen anführen konnte, so war es doch nicht recht von ihm gewesen, so arrogant und abweisend zu ihnen zu sein. Sie hatten eigentlich nie etwas getan, um dies zu verdienen. Und das würde er ihnen bei Gelegenheit auch zu verstehen geben.
 

Doch jetzt war er viel zu müde, um irgendetwas zu erklären. Daher lenkte er seine Schritte so rasch es ging in Richtung seines Zimmers, wo er nach einer erfrischenden Dusche nur noch auf das weiche Bett fiel und wenig später eingeschlafen war. Kai bekam nicht mit, daß etwa eine Stunde später Ray, Max und Kenny vorsichtig die Tür öffneten, um nach ihm zu sehen. Als die drei Jungen ihn jedoch friedlich schlafen sahen, nickten sie sich gegenseitig erleichtert zu und gingen dann selbst zu Bett.
 

Es waren einige weitere Stunden vergangen, als Kais Schlaf langsam unruhiger wurde. Und so dauerte es auch nicht mehr lange, bis er schließlich lange vor Sonnenaufgang erwachte und unwillkürlich die Hand ausstreckte, um nach Tyson an seiner Seite zu suchen. Als seine forschende Hand ins Leere griff, war Kai sofort wieder hellwach und fuhr empor, besorgt um seinen Gefährten. Im nächsten Moment fielen dem Jungen mit dem blaugrauen Haar jedoch die Ereignisse des letzten Tages wieder ein und er legte sich in sein Bett zurück, als seine instinktive Sorge um den anderen Jungen wieder nachließ. Ein wenig amüsiert über seine Panikattacke schüttelte Kai den Kopf und starrte dann an die Decke empor.
 

Tyson hatte ihn wirklich verändert - und das innerhalb von wenigen Tagen. Ein sanftes Lächeln schlich sich in Kais Züge, als er über seinen Liebsten nachdachte und sich an dessen Zärtlichkeiten erinnerte. Der Teamcaptain der Bladebreakers seufzte leise auf, als er erkannte, wie sehr er Tyson schon vermisste. Die letzten Tage waren sie sich ständig so nah gewesen, daß er die Anwesenheit des Blauhaarigen an seiner Seite schon fast wie die Luft zum Atmen brauchte. Ein weiches Licht ließ Kais Augen schimmern, als er aufgrund dieser Sehnsucht nach Tyson erneut erkannte, wie sehr er den Jüngeren liebte. Es war, wie Tyson gesagt hatte: der andere Junge war wie ein Teil von ihm, von dem er nicht gewusst hatte, daß er fehlte, bis er dem Blauhaarigen begegnete.
 

All die sehnsüchtigen Gedanken ließen es Kai danach verlangen, bei seinem Freund zu sein. Er warf einen Blick zu der Uhr auf seinem Nachttisch und seufzte auf, als er erkannte, daß es erst drei Uhr morgens war. Viel zu früh, um ins Krankenhaus zu gehen. Kai ließ sich zurück in die Kissen sinken und versuchte sich zu entspannen. Doch die Unruhe in ihm ließ ihn nicht wieder einschlafen - ohne Tyson an seiner Seite, dessen gleichmäßiger Atem ihn während der letzten Nächte in den Schlaf gelullt hatte, gelang es ihm einfach nicht, die nötige Ruhe zu finden.
 

Nach einer weiteren halben Stunde des Hin- und Herdrehens in seinem Bett gab Kai es auf, hier noch Schlaf zu finden und erhob sich, um sich anzukleiden. Es hatte ja doch keinen Sinn mehr. Daher hatte er vor, sich trotz der noch immer nächtlichen Stunde im Krankenhaus in Tysons Zimmer zu schleichen. Wenn er schon nicht selber Schlaf finden würde, konnte er vielleicht wenigstens den seines verletzten Gefährten bewachen. Kai war sich außerdem instinktiv sicher, daß ihm Tysons bloße Gegenwart mehr Erholung bringen würde als eine Nacht allein hier im Hotel.
 

Eine Viertelstunde später war der Junge mit dem blaugrauen Haar auf dem Weg zum Krankenhaus, welches er ohne Probleme wiederfand. Sich durch langjährige Praxis möglichst unauffällig bewegend, gelangte Kai schließlich zu dem Zimmer, in dem Tyson schlief. Der Arzt hatte ihnen am vorherigen Abend noch gesagt, in welchen Raum sie den Blauhaarigen verlegen würden, damit sie am Morgen ihren Freund besuchen konnten.
 

Leise die Tür wieder hinter sich schließend, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß niemand ihn gesehen hatte, ging Kai langsam durch das von Mondlicht durchflutete Zimmer auf seinen Freund zu. Der Blauhaarige war der Einzige, der das Doppelzimmer zur Zeit belegte, was Kai sehr entgegenkam. Er trat geräuschlos an Tysons Bett heran und blickte für mehrere Minuten einfach nur in das entspannte Gesicht seines Gefährten. Tyson strömte im Schlaf einen ruhigen Frieden aus, der Kai unwillkürlich gefangennahm. Er hatte Recht mit der Annahme gehabt, daß er sich in der Gegenwart seines jüngeren Freundes sofort wohler fühlen würde.
 

Kai beugte sich über den schlafenden Jungen und küsste ihn sanft auf die Stirn, bevor er zärtlich seine Hand an die Wange des Blauhaarigen legte. Und obwohl Tyson tief und fest schlief, entwich ihm wie ein Hauch der Name des älteren Jungen und sein Kopf neigte sich Kais Hand entgegen, als Tyson sich instinktiv näher an die Quelle der warmen, sanften Berührung drückte.
 

Ein Lächeln huschte über Kais Züge, als er diese Geste sah und sich nach einem weiteren Kuß auf Tysons Stirn wieder aufrichtete. Der schlafende Junge murmelte protestierend, als Kai seine Hand zurückzog, doch der Ältere hatte sich nur einen Stuhl näher an das Bett geholt und ergriff nun Tysons linke Hand, um sie mit der seinen zu umschließen. Seine Rechte begann, behutsam die mitternachtsblauen Haare, die das Mondlicht seidig schimmern ließ, aus Tysons Stirn zu streichen. Diese sanften Streicheleinheiten ließen Tyson zufrieden murmeln, doch er wachte nicht auf. Vielmehr schien ihm Kais Anwesenheit eine neue Art von Sicherheit zu vermitteln, denn der Junge seufzte leise wohlig auf und schlief weiter seiner Genesung entgegen.
 

Auch bei Kai sorgte die entspannte Stille des Raumes dafür, daß er langsam wieder müde wurde. Die wenigen Stunden, welche er zuvor geschlafen hatten, hatten zwar dafür gesorgt, daß er die Erschöpfung durch die körperlichen Anstrengungen der letzten Tage schon wieder fast ganz überwunden hatte - dennoch ließ er sich willig von Tysons gleichmäßigem Atmen in einen leichten Schlummer ziehen.
 

Er bemerkte daher nicht, wie die Nacht voranschritt und schließlich ein neuer Morgen hereinbrach. Erst das Gefühl von sanften Fingern, welche zärtlich durch seine Haare streichelten, weckte Kai aus seinem traumlosen Schlaf. Für ein paar Minuten blieb er mit geschlossenen Augen liegen und genoß einfach nur die Fürsorge, welche durch die liebevolle Geste vermittelt wurde. Dann öffnete er die Augen und sah damit direkt in ihre dunkelblauen Gegenstücke hinein, die ihn voll Wärme und Liebe betrachteten, während Tyson weiterhin seine Hand mit Kais zweifarbigem Haar spielen ließ.
 

Der Jüngere lag Kai zugewandt auf seiner linken Seite, so weit es ihm sein hochgelagertes verletztes Bein erlaubte und schien ihn schon eine geraume Weile zu beobachten, bedachte man den wachen Ausdruck in den tiefblauen Augen. Als Tyson bemerkte, daß sein Freund aufgewacht war, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht und er flüsterte: "Hey." Kai erwiderte das Lächeln und flüsterte zurück: "Selber hey. Wie fühlst du dich?"
 

Die besorgte Frage ließ Tysons Lächeln sich vertiefen, während er seine Hand aus Kais Haaren zurückzog, damit dieser sich aus seiner halb liegenden Haltung auf der Bettkante aufrichten konnte. Statt dessen legte der Blauhaarige seine Hand auf die Kais, welche schon die ganze Zeit über mit seiner anderen Hand verschlungen gewesen war und drückte leicht zu.
 

"Es geht mir gut, Liebster", beruhigte er den älteren Jungen, der diese Beteuerung mit einer gehobenen Augenbraue in Frage stellte und die Stirn runzelte. Tyson rollte die Augen, gab jedoch nach. "Es geht mir auf jeden Fall schon besser als während der letzten Tage, Kai. Mach dir nicht so viele Sorgen um mich."
 

"Einer muß es ja tun", erwiderte Kai scheinbar grollend, doch lehnte er sich gleich darauf über Tyson, um diesem erneut einen Kuß auf die Stirn zu drücken. Und auch wenn Tyson diese Geste sehr genoß, wollte er doch einen richtigen Kuß von seinem Freund und hob daher die Hände, umschloß mit ihnen Kais Gesicht und zog diesen zu sich herunter, um ihre Lippen miteinander zu verschmelzen.
 

Der ältere Junge wehrte sich nicht, sondern genoß ganz im Gegenteil die Liebe, welche in dem sanften Kuß zum Ausdruck kam. Erst eine geraume Weile später trennten sie sich wieder und Kai nahm nun auf der Bettkante Platz. Zärtlich strich er Tyson eine verirrte Strähne dunkelblauen Haares aus der Stirn und wiederholte seine vorherige Frage: "Ganz ehrlich, Ty, wie geht es dir?"
 

Der Angesprochene seufzte geschlagen auf, lächelte dann jedoch. Er liebte Kais zutage gekommene beschützende Natur, seine Fürsorge, die der Ältere ihm nicht mehr vorenthielt. Es verdeutlichte dem Blauhaarigen, wie viel er Kai bedeutete. Daher antwortete er dieses Mal auch ganz ehrlich: "Besser. Aber lange nicht so fit wie ich es gern hätte. Meine Rippen schmerzen nicht mehr so und ich kann leichter atmen. Das Schwächegefühl ist ebenfalls weg, auch wenn das wahrscheinlich damit zu tun hat, daß ich völlig still liege. Wer weiß, ob ich einen Schritt machen könnte, ohne umzufallen."
 

Tysons Ehrlichkeit ließ Kai dessen Hand beruhigend drücken, als wolle er ihm damit etwas von seiner Kraft abgeben. Dann fragte er: "Und dein Bein?" Tyson blickte auf sein eingegipstes Bein und grollte leise vor sich hin, als er daran dachte, wie lange er sich nicht würde frei bewegen können. Dann jedoch erinnerte er sich daran, daß ein gebrochenes Bein ein geringer Preis dafür war, daß Kai bei dem Erdrutsch nicht verletzt worden war und seufzte auf. "Es tut nicht mehr weh, Kai. Weißt du, wie lange der Gips dranbleiben muß? Und wie bin ich überhaupt hierher ins Krankenhaus gekommen?", wollte der blauhaarige Junge von seinem Freund erfahren.
 

Kai antwortete mit einer Gegenfrage: "Was ist das letzte, an das du dich erinnerst, Ty?"
 

Tyson blinzelte kurz und versuchte sich zu erinnern. Der nachdenkliche Ausdruck ließ seine Augen ein noch tieferes Blau als sonst annehmen, während er überlegte. "Ich erinnere mich daran, wie wir den Berg runter sind und zwischendurch eine Pause gemacht haben, weil ich nicht mehr weiterkonnte. Dann kamen wir irgendwann zu einem Plateau und ich hörte plötzlich Maxies Stimme...und Ray und Kenny waren auch da. Sie kamen uns entgegen und..." Tysons Stimme verklang für einen Moment, als ihm aufging, was danach passiert sein musste und der blauhaarige Junge stöhnte auf. "Sag nicht, ich bin einfach so abgeklappt!"
 

Kai hob eine Augenbraue, leicht amüsiert über die verlegene Röte, welche Tyson ins Gesicht stieg. "Ich würde nicht sagen, daß du einfach so abgeklappt bist, Ty", erwiderte er dem Jüngeren, "vielmehr hattest du an jenem Punkt schließlich die Grenze deiner Belastbarkeit erreicht. Als du Ray und die Anderen sahst, wusstest du wohl, daß Hilfe da ist und bist bewusstlos geworden. Wir haben dich hierher ins Krankenhaus gebracht, wo ein Arzt dich untersuchte und uns dann in unser Hotel schickte, damit du die Nacht in Ruhe durchschlafen kannst. Er meinte, du hättest all deine Energiereserven aufgebraucht, um so lange durchzuhalten, wie du es getan hast."
 

Tyson wollte zu einer Entschuldigung ansetzen, doch der Ausdruck in Kais Augen hielt in davon ab. Der blauhaarige Junge erkannte, daß sein Freund stolz auf ihn war und nicht etwa gering von ihm dachte, da er sozusagen kurz vor der Ziellinie zusammengebrochen war. "Danke", flüsterte er daher nur und lächelte Kai warm an. Dieser hob daraufhin nur schweigend ihre noch immer ineinander verschlungenen Hände an seine Lippen und drückte einen sanften Kuß auf Tysons Handrücken, was die Augen des Jüngeren glücklich leuchten ließ.
 

Für einen Moment herrschte Stille, dann kam Tyson auf seine ursprüngliche Frage zurück: "Also, was hat der Arzt gesagt? Wann kann ich hier raus und wann kommt der Gips wieder ab? Und wo sind Max und die Anderen?" Ehe Kai auf diese vielen Fragen etwas erwidern konnte, erklang aus Richtung der Tür eine neue Stimme. "Wenn unser lieber Teamcaptain die Güte besessen hätte, uns mitzunehmen, wären wir schon eher hier gewesen", ließ sich Max vernehmen.
 

Kais Kopf fuhr herum und auch Tysons blaue Augen richteten sich auf seinen besten Freund, welcher mit Ray und Kenny in der Tür stand und sie anscheinend schon eine Weile beobachtete. Kai versteifte sich leicht, rührte sich jedoch nicht von seinem Platz auf Tysons Bettkante. Sein Gesicht nahm einen abwartenden Ausdruck an, da er nicht wusste, wie die drei Jungen auf Tysons und seine neuentstandene Beziehung reagieren würden. Tyson jedoch spürte keine Bedenken, denn er wusste, seine Freunde würden Kai und ihm ihr Glück nicht neiden. Vor allem, da ihm ein Blick auf den Arm, den Ray um Max geschlungen hatte, anzeigte, daß der junge Chinese die letzten Tage anscheinend wie versprochen gut genutzt hatte. Das freute Tyson.
 

Daher konzentrierte sich der blauhaarige Junge ganz auf die Worte seines besten Freundes und blickte dann Kai fragend an. "Was meint Max, Kai? Seit wann bist du denn schon hier?", wollte er wissen. Kai wandte ihm seine Aufmerksamkeit zu und meinte: "Genau weiß ich es nicht, Tyson. Seit ungefähr fünf Uhr." Dies entlockte Tyson ein verwundertes Blinzeln, da er wusste, daß zu dieser Zeit eigentlich keine Besucher erlaubt waren - doch er fragte nicht nach, sondern drückte nur dankbar Kais Hand, daß dieser ihn nicht so lang allein gelassen hatte.
 

"Nun, das erklärt, warum du uns nicht mitgenommen hast", erklang nun Rays Stimme, bevor dieser leicht tadelnd hinzusetzte: "Ein Zettel wäre jedoch nett gewesen, Kai. Wir haben uns Sorgen gemacht, wo du abgeblieben bist, als wir dein Zimmer leer vorfanden." Bei diesen Worten stieg erneut Reue in Kai empor, doch er war es einfach noch nicht gewohnt, daß sich jemand eventuell Sorgen um ihn machte, wenn er ohne ein Wort zu sagen verschwand. Früher hatte dies niemanden gekümmert, doch seine Freunde waren da anders. Sie interessierte sein Wohlergehen. Daher war es auch unerwartet leicht für Kai, sein Versäumnis zuzugeben.
 

"Entschuldigung." Das eine Wort, gesprochen voll ehrlichen Bedauerns, ließ drei Augenpaare groß vor Erstaunen werden, während Tyson nur leise vor sich hinlächelte. Er wusste, was für ein Schock Kais verändertes Benehmen für ihre Freunde sein musste, doch daran würden sie sich gewöhnen müssen. Sein Liebster hatte seine Eishülle abgelegt und die darunter verborgene freundliche Seele an die Oberfläche gelassen.
 

"Wow", flüsterte Max, bevor er den Kopf schieflegte und Kai für einen langen Augenblick musterte. Ungewohnt ernsthaft hafteten die hellblauen Augen auf dem älteren Jungen, bevor Max' übliches sonniges Lächeln dessen Züge erhellte. "Dir sei vergeben", meinte er großzügig, bevor er die Angelegenheit anscheinend als erledigt betrachtete und sich Tysons Bett näherte. Auf der anderen Seite des Bettes Platz nehmend, richtete sich sein Blick neugierig auf seinen besten Freund. "Ich glaube, du hast mir etwas zu beichten, Ty", stichelte er dann gutmütig mit einem Blick auf Tysons mit Kais Hand verflochtene Finger.
 

Der Angesprochene schenkte ihm einen völlig unschuldigen Blick und meinte dann: "Ach ja? Und was sollte das sein?" Max grollte, doch spielte er nur den Verärgerten. Er sah, wie glücklich die dunklen, tiefblauen Augen seines Freundes strahlten - und er konnte auch fühlen, daß Kai ebenso viel Glück empfand, auch wenn er in seinem Teamchef nicht so gut zu lesen verstand wie in Tyson. Die beiden Jungen hatten offenbar tiefe Gefühle füreinander entdeckt und es machte Max froh, daß es seinem blauhaarigen Freund gelungen war, Kai aus seinem Schneckenhaus hervorzulocken.
 

Eigentlich hätte er es schon eher bemerken müssen, fuhr es Max durch den Sinn. Kai und Tyson hatten von Anfang an die intensivste Beziehung von allen fünf Bladebreakers gehabt. Bei ihnen konnte man durchaus das Sprichwort 'Was sich neckt, das liebt sich' anbringen, obwohl 'necken' ein eher harmloser Begriff für manche der fast explosiven Zusammenstöße der Zwei früher war. Wie zum Beispiel die Szene vor dem Beginn ihrer Tour letzte Woche.
 

Doch jetzt bestand ein Band zwischen Max' bestem Freund und seinem Teamchef, welches intensive Wellen aussandte und von starker Liebe zeugte. Sehr gut. Max war sich sicher, daß die Beiden gut füreinander waren. Tysons offenes, optimistisches Naturell würde Kai mehr aus sich herausgehen lassen und im Gegenzug würde der ältere Junge dem Blauhaarigen die ernsteren Wesenszüge entlocken, von denen bis jetzt nur wenige wussten, daß Tyson sie besaß.
 

Bevor Max Tyson jedoch weiter mit Fragen löchern konnte, grinste dieser auf einmal schelmisch und meinte zu dem blonden Bladebreaker: "Maxie, du darfst nicht erwarten, daß ich bei dir die Beichte ablege, wenn du nicht vorhast, Gleiches mit Gleichem zu vergelten." Nach diesen leicht kryptischen Worten sah Tyson zu Ray auf, der inzwischen ebenfalls an das Bett des Blauhaarigen herangetreten war und dessen Blick mit einem leichten Nicken und funkelnden goldenen Augen erwiderte. Max blickte zwischen Ray und seinem besten Freund hin und her und schien nicht so ganz zu wissen, was er von deren schweigendem Austausch zu halten hatte. Auch Kai und Kenny wirkten etwas verwirrt, was die beiden Geheimnisträger zu einem verschwörerischen Grinsen veranlasste.
 

Doch alle weiteren Gespräche wurden unterbrochen, als sich die Tür zu Tysons Krankenzimmer öffnete und Dr. Kagesawa eintrat. Der ältere Mann stoppte kurz, als er das gesamte Team der Bladebreakers um Tyson herum versammelt sah, doch dann lächelte er seinen Patienten freundlich an. Mit wenigen Schritten stand auch er am Bett des Blauhaarigen und meinte: "Guten Morgen an euch alle, Jungs. Wie ich sehe, ist inzwischen auch der Rest deiner Freunde eingetroffen, junger Mann", fuhr er an Tyson gewandt fort, woraufhin dieser unwillkürlich nickte, dann jedoch dem Arzt einen fragenden Blick wegen der Formulierung seiner Worte zuwarf.
 

Auch die anderen Jungen sahen Dr. Kagesawa neugierig an, was diesen zum Schmunzeln brachte, bevor er Tyson mit einem Hinweis auf Kai erklärte: "Die Nachtschwester hat auf einer ihrer letzten Runden bemerkt, daß es dein Freund wohl nicht lange ohne dich ausgehalten hat. Doch da sie sehen konnte, daß er dich nicht störte, sondern seine Anwesenheit im Gegenteil vielmehr dazu beitrug, daß du gut schlafen konntest, hat sie eine Ausnahme gemacht und ihn auch außerhalb der offiziellen Besuchszeit bei dir bleiben lassen, junger Mann. Sie meinte, sie hätte selten ein solch friedliches und harmonisches Bild wie euch beide zusammen gesehen...ihr wäret ein schönes Paar. Und ich gebe ihr Recht."
 

Flammende Röte schoß Tyson bei den letzten Worten ins Gesicht und auch Kai verfärbte sich leicht vor Verlegenheit. Doch keiner der beiden Jungen bestritt die Wahrheit in der Aussage des Arztes. Es entlockte Ray, Max und selbst Kenny ein belustigtes Lächeln, die Verlegenheit ihrer Teamgefährten mitzuerleben, doch auch sie konnten nicht widersprechen, daß Kai und Tyson sich wunderbar ergänzten. Gegensätze ziehen sich halt an.
 

"Nun, dann will ich euch mal nicht weiter in Verlegenheit bringen, Jungs", meldete sich Dr. Kagesawa erneut zu Wort, während es in seinen dunklen Augen amüsiert funkelte. "Statt dessen möchte ich dich nur noch einmal kurz untersuchen, bevor ich dich der Obhut deiner Freunde übergebe, Tyson." Der Angesprochene nickte zustimmend, woraufhin der Rest seines Teams Platz für den Arzt machte und abwartete, was dessen Untersuchung erbringen würde.
 

Der ältere Mann verrichtete seine Arbeit routiniert und behutsam, jedoch gründlich. Dann richtete er sich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wieder auf. "Du hast eine erstaunlich gute Konstitution, junger Mann", lobte er Tyson, "Das wird dir helfen, rasch wieder ganz gesund zu werden. Die Prellungen an deinen Rippen heilen schon wieder, so daß die blauen Flecke in wenigen Tagen soweit nachgelassen haben dürften, daß dir nicht mehr jede Bewegung Schmerzen bereitet. Auch die Schrammen an deinen Händen und Handgelenken heilen zufriedenstellend; dein Freund hat gute Arbeit geleistet, als er sie erstversorgte. Nur dein Bein wird noch etliche Zeit brauchen. Wie ich deinen Freunden gestern Abend schon mitteilte, hast du dir einen mehrfachen Splitterbruch zugezogen, was viel Geduld und vor allem Ruhe benötigt, um vollständig abzuheilen. Du darfst dich während der nächsten Tage nicht überanstrengen, sondern solltest dich möglichst erholen, um deine Kraftreserven wieder aufzufüllen."
 

"Aber was ist mit dem anstehenden Turnier?", entwich es Tyson angesichts dieser Prognose seiner Gesundheit entgeistert."Wir sind für die World Champion Ships in Russland gemeldet, Doktor, da kann ich doch nicht einfach daliegen und nichts tun!"
 

"Du kannst und du wirst, Ty, wenn es dir hilft, schnell wieder gesund zu werden", unterbrach Kai den Protest seines Freundes. Tyson wollte aufbegehren, doch als er die Sorge und eiserne Entschlossenheit in Kais braunen Augen sah, seufzte er und biß sich auf die Lippe. Alles in ihm sträubte sich dagegen, seinen Freunden zur Last zu fallen - und wahrscheinlich würde er noch nicht einmal in den Champion Ships mitkämpfen dürfen.
 

Eine Aura von Traurigkeit und Resignation legte sich um den blauhaarigen Jungen, welche seine Teamgefährten bestürzte. So kannten sie ihren sonst so energischen Freund gar nicht. Doch war es auch ein Hinweis darauf, wie viel seine Verletzung dem Blauhaarigen abverlangt hatte. Auch Kais Augen verdunkelten sich, als er spürte, wie Tyson resignierte und damit den Anordnungen des Arztes nachgab. Er fühlte die ungewohnte Mutlosigkeit seines Liebsten und das gab ihm einen heftigen Stich ins Herz, da er Tyson nicht traurig sehen wollte.
 

Ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, eilte er wieder auf Tyson zu, setzte sich auf die Bettkante und zog den Jüngeren behutsam in die Arme. Den blauhaarigen Jungen fest und zugleich unglaublich zärtlich umarmend, flüsterte er ihm ins Ohr: "Sei nicht traurig, Liebster. Ich weiß, es fällt dir schwer, gerade jetzt so kurz vor den World Champion Ships verletzt zu sein - doch bin ich mir sicher, daß du es schaffen wirst, wenigstens ein Match bestreiten zu können. Ich werde dich solange vertreten und gemeinsam mit unseren Freunden dafür sorgen, daß wir in die Endrunde gelangen. Und wie ich dich und deine Willenskraft kenne, bist du bis dahin wieder so fit, daß du für unser Team bladen kannst. Laß also den Kopf nicht hängen, Ty."
 

Das Versprechen in Kais emotionalen Worten wärmte Tysons Herz und er erwiderte die Umarmung so fest es ihm mit seinen geprellten Rippen ohne Schmerzen möglich war. Dann holte er tief Luft und nickte dankbar, schon wieder mit einem guten Teil seiner alten Entschlossenheit in den dunkelblauen Augen, als er sich ein wenig in Kais Armen zurücklehnte. "Danke", flüsterte er leise.
 

"Schon okay", erwiderte Kai. "Ich weiß, mir würde es ähnlich ergehen, wäre ich an deiner Stelle." Dies lockte ein Lächeln auf Tysons Züge, als er sich vorstellte, wie Kai reagieren würde, wäre er durch eine Verletzung verhindert, an den anstehenden World Champion Ships teilnehmen zu können. Es würde seinem älteren Freund garantiert noch weniger gefallen als ihm selbst, ging es Tyson durch den Sinn.
 

Sich wieder auf die anderen Personen im Zimmer besinnend, blickte Tyson Dr. Kagesawa forschend an. "Ich werde mich bemühen, Ihren Anordnungen zu folgen, Herr Doktor", meinte er, "doch ich hoffe, ich muß nicht länger hier im Krankenhaus blieben. Ich kann mich doch schließlich sicher auch in unserem Hotel ausruhen, nicht wahr?"
 

Der Angesprochene lächelte. Er konnte verstehen, daß der blauhaarige Junge möglichst rasch aus dem Krankenhaus verschwinden wollte - und schließlich war sein Zustand ja auch nicht mehr bedenklich. Daher erwiderte der Arzt: "Wie ich schon sagte, steht deiner heutigen Entlassung nichts mehr im Wege. Ich werde die Papiere fertig stellen und dann können sie dich mitnehmen. Ich verlasse mich jedoch darauf, daß du wenigstens die nächsten zwei Tage viel ruhst und dich schonst, junger Mann." Als Tyson nachgiebig den Kopf neigte und der Arzt auch in Kais kastanienbraunen Augen ein gleichartiges Versprechen erkennen konnte, verließ er zufrieden das Krankenzimmer, um seinen vorherigen Worten die Tat folgen zu lassen.
 

Somit befanden sich die fünf Bladebreakers wenig später auf dem Weg zurück zum Hotel. Tyson hatte sich das kurze Stück bis zu ihrem Tourbus trotz seiner durch die erholsame Nacht zurückgekehrten Kraft ziemlich stark auf Kai und seine Krücken stützen müssen, um aufrecht zu bleiben. Dies zeigte dem blauhaarigen Jungen, daß der Arzt Recht hatte, als er sagte, daß er viel Ruhe brauchen würde, um wieder ganz gesund zu werden. Jedenfalls fühlte er sich ziemlich erschöpft, als er es mit Hilfe seiner Freunde endlich geschafft hatte, im Hotel bis zu Kais Zimmer zu gelangen, wohin ihn der Teamcaptain der Bladebreakers ohne zu zögern geführt hatte. Kai hatte nicht vor, Tyson aus den Augen zu lassen, solange es diesem nicht wieder besser ging und würde daher mit seinem Freund das Zimmer teilen. Vorsichtig geleitete der Junge mit dem blaugrauen Haar seinen Gefährten in Richtung des Bettes, ließ sich jedoch von Tysons bittendem Blick erweichen und bettete ihn statt dessen behutsam auf die nahestehende Couch. Tyson entfuhr ein erleichterter Seufzer, als er saß und sein verletztes Bein wieder hochlagern konnte, welches zwar nicht mehr so stark schmerzte, ihn aber trotzdem stark behinderte.
 

Eine weitere stumme Geste des Blauhaarigen ließ Kais Intention, sich neben der Couch in einen Sessel zu setzen, in sich zusammenbrechen und der Ältere nahm statt dessen hinter Tyson Platz, so daß dieser sich bequem gegen ihn lehnen konnte. Instinktiv legte Kai schützend seine Arme um den schlanken Körper seines Freundes und zog diesen nah an sich heran. Tyson schmiegte sich an Kai, schloß die Augen und entspannte sich sichtlich.
 

"Ihr habt das mit der stillen Kommunikation wirklich gut drauf", klang Max' Stimme auf einmal in die entstandene Stille hinein und zwei Augenpaare richteten sich fragend auf den blonden Bladebreaker. Dieser grinste nur und schüttelte den Kopf. "Tut nicht so unwissend, ihr Beiden. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, ihr wärt schon Ewigkeiten zusammen, da ihr euch ohne Worte zu verstehen scheint." Mit diesen Worten setzte sich Max in den Sessel, in welchem Kai zuvor hatte Platz nehmen wollen, gefolgt von Ray, welcher sich mit einem zustimmenden Lächeln auf der Sessellehne niederließ.
 

"Max hat Recht. Du hast Kai nur mit einem Blick klargemacht, was du willst, Ty", wandte er sich an seinen blauhaarigen Teamgefährten, "das ist schon ein ziemlicher Gegensatz zu dem, was sich vor der Tour zwischen euch abspielte. Ich finde es schön, daß ihr euch jetzt so gut versteht - und übrigens noch herzlichen Glückwunsch, ihr Beiden."
 

"Yeah", ließ sich Max erneut vernehmen und auch Kenny nickte zustimmend zu Rays Worten, während der Blonde neugierig fortfuhr: "Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen, wenn ich fragen darf? Und was ist passiert, daß Tyson jetzt verletzt ist?"
 

Bei Max' letzter Frage verdunkelten sich Kais vorher dankbar wegen der Glückwunsche blickende Augen und er festigte unwillkürlich seine Umarmung, als könne er Tyson damit noch nachträglich vor dem bewahren, was seine Verletzungen verursacht hatte. Schuldbewusstsein flackerte erneut in dem älteren Jungen auf. Hätte er nicht...
 

"Hör sofort auf damit", klang auf einmal Tysons energische, aber dennoch sanfte Stimme in seine trüben Gedanken hinein und Kai hob den Kopf, um dem Jüngeren in den Augen schauen zu können. Tyson hatte sich halb in seiner Umarmung umgedreht, obwohl ihm das sicher wegen seiner geprellten Rippen nicht leicht fiel und sah Kai nun halb tadelnd, halb liebevoll verzeihend an: "Ich hab' dir schon vor einigen Tagen gesagt, daß es nicht deine Schuld war, Kai. Und wir können sowieso nicht mehr ändern, was geschehen ist. Außerdem hat es doch für unsere Beziehung eine glückliche Wendung bedeutet. Also hör' auf, dir irgendwelche Schuldgefühle einzureden."
 

Kai antwortete nicht, doch die Schatten in seinen Augen lichteten sich wieder und ein feines Lächeln hob seine Mundwinkel, während er sein Gesicht in Tysons dunkelblauem Haar vergrub. Er fühlte die Liebe seines Gefährten und die verzeihende Seele des Jüngeren half ihm dabei, endgültig loszulassen. Tyson hatte Recht, es brachte ihnen nichts, wenn er sich wegen seiner Unaufmerksamkeit am Tag des Erdrutsches anklagte - und auch wenn er gut darauf hätte verzichten können, daß sein Freund jetzt einen komplizierten Beinbruch auskurieren musste, so hatte es sie doch ihre tiefe Liebe füreinander entdecken lassen. Und daher waren diese vergangenen Tage eine größtenteils positive Erfahrung.
 

Ray, Max und Kenny hatten die Reaktionen ihrer zwei Teamgefährten neugierig beobachtet und sowohl den Ausdruck von Selbstanklage in Kais Augen gesehen wie auch den von Verzeihen in denen Tysons. Sie konnten daraus folgern, daß etwas zu Tysons Verletzung geführt hatte, was Schuldgefühle an ihrem Teamchef hatte nagen lassen, die sein blauhaariger Freund für unnötig hielt. Nun wollte Max jedoch endlich wissen, was genau passiert war und blickte das Paar auffordernd an.
 

Während Tyson seinen Kopf daraufhin wieder bequem an Kais Schulter legte, begann der ältere Junge zu berichten, wie es zu ihrer Verspätung gekommen war. Die drei Bladebreakers hörten aufmerksam zu und bemerkten, daß ihr Teamcaptain ihnen nicht alle Details erzählte. Das machte ihnen aber nichts aus, denn es war schon ungewöhnlich genug für sie zu erleben, daß Kai ohne lange gebeten zu werden Informationen preisgab. Sie erkannten, daß sich der ältere Junge wirklich verändert hatte.
 

Nachdem Kai seinen Bericht beendet hatte herrschte Stille, während Ray, Max und Kenny über die abenteuerlichen Ereignisse nachdachten, welche ihre beiden Freunde zusammengebracht hatten. Sie hatten zusammen eine gefährliche, komplizierte Situation gemeistert und dabei ihre tiefen Gefühle füreinander offenbart - und waren stärker als zuvor aus ihr hervorgegangen. Wenn man ihr zärtliches Miteinander und instinktives Aufeinandereingehen beobachtete, wurde rasch klar, daß niemand sie wieder würde auseinander bringen können. Hier hatten sich zwei Seelen gefunden, die vom Schicksal füreinander bestimmt waren.
 

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2 Monate später in Moskau, Endrunde der World Champion Ships:

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Atemlos und gebannt beobachteten die Zuschauer in der riesigen Beyblade-Arena, wie Dragoon auf Tysons Kommando hin einen tobenden Wirbelsturm aus blauglänzender Energie heraufbeschwor, welcher Spencers Angriff wirkungslos abprallen ließ. Doch der mächtige Drache und sein menschlicher Partner ließen es damit nicht bewenden, sondern setzten sofort nach und beendeten daher das Match wenige Sekunden später auf ebenso stürmische, furiose Weise, wie es das Publikum von dem blauhaarigen Bladebreaker inzwischen gewohnt war. Spencer hatte nicht den Hauch einer Chance gegen die Power von Tysons folgendem furiosen Angriff und so musste sich der Demolition Boy kurz darauf geschlagen geben.
 

Dragoon brüllte triumphierend, bevor er sich für einen Moment schützend um Tyson herumwand und die beiden Partner gemeinsam den Jubel des Publikums genossen, welches seine Bewunderung über den Sieg der Zwei nicht verhehlte und in donnernden Applaus ausbrach. Kai hatte gemeinsam mit Max, Ray und Kenny dem von Anfang an von Tyson dominierten Match mit leuchtenden Augen zugesehen, denn er hatte spüren können, daß Tyson gerade nicht nur ein normales - wenn auch wichtiges - Match bestritten hatte.
 

Nein, es war dem blauhaarigen Jungen nicht nur darum gegangen, dazu beizutragen, daß ihr Team die Weltmeisterschaft gewann. Vielmehr war dieser Sieg für Tyson eine persönliche Sache gewesen, denn immerhin bestand ihr gegnerisches Team aus von Boris trainierten Bladern aus der Abtei. Und Kais Freund hatte keinen Zweifel daran gelassen, wer am Ende als Sieger auf dem Platz stehen würde...diesen Kampf bestritt er auch für seinen Liebsten, damit dieser sich endgültig von seiner Vergangenheit befreien konnte. Wärme durchfloß Kai wie ein heller Strom aus Licht, als er dieses stumme und doch so beredete Zeugnis von Tysons Liebe für ihn miterlebte.
 

Als Tyson nun mit einem zufriedenen Ausdruck in den strahlenden dunkelblauen Augen das Tableau verließ und auf seine Teamgefährten zuschritt, kam Kai ihm auf halbem Wege entgegen. Und ehe es sich der blauhaarige Junge versah, hatte ihn sein Gefährte in eine feste Umarmung gezogen und küsste ihn voller Dankbarkeit, Liebe und Zärtlichkeit. Es scherte Kai nicht, daß sie sich inmitten eines randvollen Stadions befanden. Es war ihm egal, was Andere über ihn denken mochten. Er war glücklich und frei - und dies verdankte er dem Jungen in seinen Armen, welcher gerade den Kuß mit solch liebevoller Intensität erwiderte, daß Kai fühlte, wie ihm die Knie schwach wurden.
 

Widerwillig beendete er daher den Kuß und konnte Tyson nur zustimmen, als dieser leise hauchte: "Oh, wow." Sanfte Augen von der Farbe des Ozeans strahlten Kai voller Freude an, als der ältere Junge leise sagte: "Danke, Ty. Du warst unglaublich - das war ein sehr beeindruckendes Match."
 

"Gern geschehen", erwiderte Tyson mit einem verständnisvollen Lächeln, bevor er meinte: "Doch jetzt solltest du ihre Niederlage perfekt machen, meinst du nicht? Ray und ich haben dir mit unseren siegreichen Kämpfen eine gute Vorlage geliefert - zeig' ihnen das Feuer, das in dir steckt, mein Captain. Laß Dranzer die Vergangenheit zu Asche verbrennen."
 

In Kais kastanienbraunen Augen glomm ein entschlossenes Feuer auf, als er diese ermutigenden Worte seines Freundes hörte. Dieses Feuer glich in seiner Intensität dem Sturm, welcher in Tysons dunkelblauen Augen tobte, als der jüngere Blader seinen Liebsten anfeuerte. "Geh und hol' dir deinen Sieg über das Eis, Kai", flüsterte Tyson.
 

Damit bezog sich der Blauhaarige nicht nur auf die Tatsache, daß Tala, der Captain der Demolition Boys mit Wolborg über ein Bit-Biest mit der Macht über das Eis verfügte. Es gab vielmehr seiner Hoffnung Ausdruck, daß Kai sich mit Hilfe seiner Gefühle - seiner inneren Wärme - von seiner Vergangenheit befreien und diese hinter sich lassen konnte.
 

In Kais Augen begann es zu schimmern, als er den Glauben an ihn in Tysons Rede erkannte. Doch bevor er seinem Freund antworten konnte, zog der blauhaarige Junge ihn plötzlich eng an sich heran, tupfte ihm einen zarten Kuß auf die Nase und flüsterte: "Ich liebe dich, Kai. Zeig allen, wie stark du bist." Dann trat Tyson wieder zurück und schenkte ihm ein wunderschönes Lächeln.
 

Kai erwiderte ohne Scheu das Lächeln seines Gefährten und nickte dann dem Rest ihres Teams bestätigend zu. Max gab ihm einen hochgereckten Daumen als Anfeuerung mit, während Ray, welcher seinen blonden Freund umarmt hielt, ihm ein ermunterndes Nicken schenkte und Kenny seinen Teamchef nur vertrauensvoll ansah. Gestärkt durch das Vertrauen seiner Freunde und Tysons Liebe wandte Kai sich um und trat auf das Beyblade-Tableau, wo Tala inzwischen schon auf ihn wartete, um ihr Match zu beginnen.
 

Und als Kai sein Blade startete und Dranzer diesem wenig später flammensprühend und mit einem herausfordernden schrillen Schrei entstieg, senkte sich Frieden über Kais Seele und Herz. Er wollte dieses Match gewinnen, gewiß - doch selbst sollte der äußerst unwahrscheinliche Fall eintreten und er verlieren...den größten Sieg seines Lebens konnte er schon für sich verzeichnen.
 

Er hatte sein gefrorenes Herz von der Liebe erwärmen lassen und würde den Rest seines Lebens für die Gefühle dankbar sein, die sanfte ozeanblaue Augen und ein willensstarker, geduldiger Geist ihn hatten erfahren lassen.
 

ENDE --- FIN --- END



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Destiel
2007-05-11T18:49:22+00:00 11.05.2007 20:49
Ich bins noch ma ich geb zu ich hab diese Pat erst ma nur überflogen..*hihi* aber ich les es gleich (muss no ma kurz weg XD) richtig aber das Ende kenn ich so noch nich..und bin froh darüber hab ich wider was zum lesen..
Der schluss is sehr schön so gefühlvoll und zärtlich und überhaupt einfach nur WOW..
Also Bitte hör nie auf FF zu schreiben XDDD'..das were echt ne schande bei deinem Talen und der ganzen art wie du FF schreibst wenn du wieder mal eine Ty/Ka FF schreibst bitte bittte..*große kuller augen mach* sag mir dan bescheid ja...
*seufz*..
*einfach nur..*
Mir fehlen die Worte..^^

Ganz Liebe grüße omiw~chan^^
Von: abgemeldet
2006-09-04T18:34:34+00:00 04.09.2006 20:34
hipp hipp hurra
endlich sind sie offizell zusammen. aber sag nicht das nun diese tolle geschichte nun aus ist wo sie mich immer wieder fesselt vor lauter spannung.
wenn schon dann kann man woll nichts machen.
aber es war toll.


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