Zum Inhalt der Seite

Erwärme mein frierendes Herz

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Wieder unter Freunden

Nach Tysons leisen Worten war es zuerst eine ganze Weile still, denn während der Blauhaarige noch einige Sekunden brauchte, um sich wieder völlig zu fangen, war Kai zu überrascht darüber, was sein Freund ihm gerade erzählt hatte.
 

Doch schließlich beugte sich der ältere Junge zu Tyson hinüber und wollte ungläubig wissen: „Du hast meine Vergangenheit gesehen? Aber...aber wie...was meinst du mit, du hast meine...ich...“ Völlig uncharakteristisch für ihn konnte Kai nicht in Worte fassen, was er empfand und dachte, als er mit der Möglichkeit konfrontiert wurde, daß sein Gefährte etwas über seine Vergangenheit wissen konnte.
 

Tyson sah die Verwirrung und Sorge in Kais Zügen, aber auch den Schatten aus Schmerz in den dunkelbraunen Augen, als sein Freund an seine Kindheit erinnert wurde. Mitgefühl wallte erneut heftig in dem Blauhaarigen auf und er griff nach Kais Hand. Ihre Finger ineinander verflechtend, riß er Kai aus seinen trüben Erinnerungen und lenkte dessen Aufmerksamkeit wieder allein auf sich. Tyson seufzte leise und traurig auf, bevor er versuchte, seinem Liebsten zu erklären, was er in seinem Traum gesehen hatte.
 

„Ich weiß nicht genau, wie ich es dir beschreiben soll, was ich sah, Kai“, gestand er dem Älteren ein. „Aber ich denke, man könnte es als eine Vision beschreiben. Es war fast wie vor ein paar Tagen in meinem Fiebertraum – und doch auf eine unerklärliche Art und Weise ganz anders.“
 

Kai hob eine Augenbraue und meinte leicht sarkastisch: „Nun, das erklärt alles.“ Doch gleichzeitig drückten seine Finger die seines Freundes in einer stummen Ermutigung, es weiter zu versuchen. Kai würde zuhören und versuchen zu verstehen, was Tyson ihm vermitteln wollte.
 

Der blauhaarige Junge lächelte kurz, als er Kais Sarkasmus hörte und erwiderte den Druck von dessen Hand, bevor er sich mit der freien Hand abwesend durch die langen Haare fuhr. „Nun, als ich vor einigen Tagen Fieber hatte, war mir zuerst, als würde ich endlos fallen – ohne Möglichkeit, etwas dagegen unternehmen zu können. Den Fall zu stoppen. Du weißt schon, so wie in den Träumen, wo man läuft und läuft und doch nicht von der Stelle kommt.“ Kai nickte bestätigend.
 

„Danach fand ich mich von Flammen umgeben, die mich zu verbrennen drohten. Ich kann mich erinnern, daß mir, wohin ich auch blickte, meterhohe Feuerzungen den Weg aus dieser Flammenhölle versperrten...und ich glaubte fast, sie würden mich schließlich einfach mit ihrer Hitze verbrennen.“ Als Tyson von dieser Erinnerung überflutet wurde, schauderte er unwillkürlich zusammen und stockte in seiner Erläuterung. Kai verstärkte den Druck seiner Hand und zog seinen Freund in eine sanfte, schützende Umarmung.
 

„Das muß die Zeit gewesen sein, wo du so hohes Fieber hattest“, murmelte der ältere Junge nachdenklich vor sich hin und nun war es an ihm, bei der Erinnerung daran zu erschauern. Der Gedanke daran, daß Tyson fast an dem hohen Fieber gestorben wäre, welches er durch seine Verletzungen bekommen hatte, ängstigte Kai auch im Nachhinein noch zutiefst. Instinktiv festigte sich seine Umarmung noch weiter und Tyson wehrte sich auch nicht gegen diese Handlung, sondern legte seinen Kopf an Kais Schulter und ließ sich einfach festhalten. Dann sprach er leise weiter.
 

„Nun, diese Fieberträume mögen sehr lebendig gewesen sein – doch das, was ich diese Nacht sah und erlebte, war auf eine Art und Weise real, die ich fast mit Händen zu greifen vermochte. Es war fast, als hätte ich es wirklich erlebt, verstehst du? Als wäre ich bei jenen Ereignissen dabeigewesen – und würde mich nun an sie erinnern. Es war eine Vision der Vergangenheit, anders kann ich es mir nicht erklären.“
 

Als Tyson erneut verstummte und nunmehr seine Arme um ihn schlang, als wolle er ihn nie wieder loslassen, seufzte Kai gedanklich auf und drückte seinem Freund dann einen Kuß auf das weiche Haar. Er wußte nicht, was er von dieser „Vision“ halten sollte, doch gleichzeitig vertraute Kai Tysons Worten instinktiv. Der Blauhaarige hatte schon immer etwas Besonderes an sich gehabt, warum sollte er nicht auch auf unbegreifliche Weise etwas von Kais Vergangenheit erfahren haben?
 

„Erzähl mir, was du gesehen hast“, bat der Junge mit dem blaugrauen Haar.

Tyson versteifte sich unwillkürlich bei dem Gedanken, Kai Schmerz zuzufügen, indem er bei dem Älteren traurige Erinnerungen weckte, wenn er von dem berichtete, was er in seiner Vision gesehen hatte. Doch vielleicht war es ja im Endeffekt gut, wenn Kai mit ihm über diese Erlebnisse reden konnte? Vielleicht half es dem Älteren, wenn er wußte, daß Tyson über seine Vergangenheit Bescheid wußte und in Zukunft alles dafür geben würde, um ihn jene Ereignisse vergessen zu lassen? Vielleicht hatte er ja deswegen diesen seltsamen Einblick in Kais Kindheit erhalten – um zu verstehen und seinem Liebsten dabei zu helfen, das Vergangene zu überwinden und vorwärts zu blicken.
 

Bei diesem Gedanken angelangt, holte Tyson tief Luft und begann zu erzählen. „Zuerst waren es nur blitzlichtartige Bilder, die mir einen kleinen Jungen von vielleicht sechs oder sieben Jahren zeigten. Einen Jungen mit graublauem Haar und braunen Augen. Ich spürte sofort, das warst du, Kai. Du befandest dich an einem seltsamen Ort; die Räume dort waren aus Stein und sehr ungemütlich. Das Gebäude muß sehr alt gewesen sein... vielleicht ein Schloß oder ein altes Herrenhaus...“
 

„Eine Abtei“, unterbrach Kai Tysons nachdenkliche Rede kaum hörbar, und sein Freund spürte einen Schauder durch den Körper des älteren Jungen laufen, als dieser an jenen wirklich sehr unfreundlichen Ort zurückdachte. Daher festigte der Blauhaarige seinen Halt an Kai und blickte ihn für einige Momente besorgt an, folgte jedoch Kais stummen Hinweis, weiterzuerzählen.
 

Tysons dunkelblaue Augen verloren ihren sanften Ausdruck, als er zum nächsten Teil seiner Vision kam: „Nicht nur der Ort war kalt und ungemütlich, auch die Leute dort waren hart zu dem Jungen. Einer von ihnen, ein Mann mit lila Haar, stach besonders in seiner Grausamkeit hervor. Er... er verspottete und... verhöhnte den kleinen Jungen; er quälte ihn förmlich mit seinen Lügen, daß er schwach sei und niemand... niemand ihn...“
 

Unmerklich füllten sich Tysons Augen mit Tränen, als er daran zurückdachte, wie sehr der Junge in seiner Vision unter den Reden des Mannes gelitten hatte – wie sehr Kai gelitten haben mußte, als jener Mann ihm wieder und wieder erzählte, niemand würde ihn lieben oder sich um ihn sorgen. Es war kein Wunder, daß Kai einen Schutzwall um sein Herz und seine Gefühle gezogen hatte, um nicht weiter so verletzbar wie als kleiner Junge zu sein. Es mußte eine äußerst bittere Lektion gewesen sein – und es machte Tyson um so glücklicher, daß Kai sich ihm endlich geöffnet hatte. Das Vertrauen, welches der Ältere ihm damit bewies, war um so höher zu bewerten, da Tyson nun wußte, warum es seinem Liebsten so schwer gefallen war, seine Gefühle zu zeigen. Sie zuzulassen.
 

„Niemand ihn jemals lieben würde.“ Kais Stimme war kontrolliert und stetig, jedoch war ein rauher Ton darin, welcher Tyson spüren ließ, wieviel Emotionen sich hinter der sorgfältigen Kontrolle verbargen. Wieviel Schmerz, wieviel Trauer. Und Sehnsucht.
 

Sich aufrichtend, nahm Tyson Kais Gesicht behutsam in seine Hände und blickte dem älteren Jungen direkt in die braunen Augen, in denen heftige Gefühle mit der Kontrolle rangen, die sich Kai so lange auferlegt hatte. Langsam und deutlich sagte Tyson: „Er hat gelogen. Es gibt so viel an dir, was ich liebe, Kai. Du bist wie ein Teil von mir. Ein Teil, ohne den ich nicht mehr leben könnte. Es ist, als hätte ich in dir die andere Hälfte meiner Seele gefunden, von der ich nicht wußte, daß sie fehlte, bis ich dich traf. Ich liebe dich. Und nicht nur ich, auch Maxie, Ray und Kenny empfinden sehr viel für dich – sie lieben dich als einen Freund, einen Teamgefährten. Dieser Mann, welcher dir in deiner Kindheit so wehtat, Kai – er hat gelogen.“
 

„Ich weiß.“ Zwei einfache Worte und doch war so viel an Emotionen in ihnen verpackt. Hoffnung, Vertrauen. Ein Gefühl von Wärme, da Kai die tiefe Liebe nicht nur in Tysons Worten vernommen hatte, sondern auch in dessen dunkelblauen Augen leuchten sehen konnte. Der Junge mit dem graublauen Haar war sich in diesem Moment absolut sicher, daß Tyson die Wahrheit sprach, wenn er sagte, er liebte ihn.
 

Es war, als würde ihn diese Erkenntnis von einer schweren Last befreien; als würde es Kai endlich erlaubt, die letzten Reste seines Schmerzes und seiner Einsamkeit hinter sich zu lassen und dafür all die wundervollen Gefühle anzunehmen, die sein Liebster ihm so freigiebig anbot. Er wurde geliebt – und damit wurde all das, was Boris ihm einst angetan hatte, wiedergutgemacht.
 

Während er wortlos seine Arme um Tysons Körper schlang und diesen dicht an sich zog, erinnerte sich Kai an den Traum, den er gehabt hatte, bevor die Trainingstour begann. Und als sich Tysons Arme warm und sicher um ihn schlossen, erschien ein Lächeln auf Kais Gesicht, während er die Augen schloß, um diesen Augenblick zu genießen. Jetzt verstand er, was jener Traum ihm hatte sagen wollen – und wen jene warme Präsenz dargestellt hatte. Unterbewußt hatte er schon vor wenigen Tagen die Verbindung hergestellt, als er erkannte, daß Tysons Augen jenes faszinierende sanfte Dunkelblau besaßen, das in seinem Traum so freundlich und voller Liebe auf ihn herabgestrahlt hatte.
 

Und nun lag er endlich in den Armen dieser Person, welche ihm versprochen hatte, stets für ihn dazusein. Er hatte den sicheren Hafen erreicht, als welcher ihm in jenem Traum – jener Vision – die Arme der Person erschienen war, die ihn tröstete nach Boris vorheriger Grausamkeit. Nun hatte er seine andere Hälfte gefunden und würde nie wieder einsam sein, denn Tyson liebte ihn.
 

„Ich hab’ von diesem Augenblick geträumt“, gab Kai nach mehreren schweigsamen Minuten zu, in denen sich die beiden Jungen einfach nur festgehalten hatten. Ein leiser fragender Laut von Tyson ließ Kai deutlicher werden und dem Blauhaarigen von dem Ereignis erzählen. Als er geendet hatte, blickte Kai Tyson tief in die sanften Augen und fügte hinzu: „Danke. Für deine Geduld mit mir. Deine Beharrlichkeit. Und vor allem für deine Liebe.“ Der warme, tiefe Kuß, mit dem er danach Tysons Mund verschloß, verdeutlichte all die Dinge, welche Kai nicht mit Worten auszudrücken vermochte und die er dennoch nicht ‚ungesagt’ lassen wollte.
 

Auf den einen Kuß folgten ein zweiter und dritter, lang und warm, voller Zärtlichkeit. Kai hielt die Leidenschaft, die er in sich aufsteigen fühlte, zurück, denn Tysons Verletzungen würden diesem Schmerzen bereiten, wenn sie ihren Gefühlen jetzt zu sehr ihren Lauf lassen würden. Daher beschränkte er sich darauf, seinem Liebsten seine Liebe mit tiefen, sinnlichen Küssen und sanften Händen kundzutun, die über den Rücken des Jüngeren zu streicheln begannen. Tyson konnte gar nicht anders, als sich den Zärtlichkeiten auszuliefern, mit welchen Kai ihn überschüttete und ergab sich willig dessen Handlungen. Der blauhaarigen Junge spürte, wie nah Kai und er sich durch das Mitteilen ihrer Träume oder Visionen gekommen waren – jetzt existierten keine Schranken mehr zwischen ihnen.
 

Es verging eine geraume Weile, bis die beiden Jungen ihr zärtliches Schmusen wieder beendeten. Atemlos und mit heftig pochendem Herzen schmiegte sich Tyson in Kais starke Arme und genoß es in vollen Zügen, wie der Ältere daraufhin gedankenverloren mit seinen Haaren zu spielen begann. Anscheinend mochte es Kai wirklich, ihm nahe zu sein und ihn zu berühren...und sei es nur, ihm durch die Haare zu streicheln. Tyson hatte nichts dagegen einzuwenden, ganz im Gegenteil.
 

Minutenlang herrschte zufriedene Stille, bis Kai diese widerwillig brach. „Wir sollten uns langsam wieder auf den Weg machen, Ty. Der Morgen ist inzwischen angebrochen und durch das Gewitter gestern abend wird der Weg heute noch schwieriger für dich werden. Je eher wir losgehen, desto weiter gelangen wir Richtung Tal und desto größer ist die Chance, daß wir auf jemanden stoßen, der uns in die Stadt bringen kann. Du brauchst einen Arzt, der sich dein Bein und deine anderen Verletzungen gründlich ansieht“, meinte der Junge mit dem blaugrauen Haar.
 

Tyson seufzte auf, doch dann nickte er und befreite sich sanft aus Kais Armen. „Dann laß uns frühstücken und danach aufbrechen.“ Gesagt, getan. In zufriedenem Zusammensein nahmen sie ihr Frühstück zu sich und räumten dann ihr Lager auf, um aufzubrechen.
 

Als Kai sich erhob, wollte Tyson seinem Beispiel folgen. Doch kaum stand er halbwegs aufrecht - wobei er nur sein gesundes Bein mit seinem Gewicht belastete – überfiel ihn Schwäche und ließ ihn gefährlich schwanken und nach Halt an der Felswand neben ihm suchen. Alles verschwamm vor Tysons Augen, als trotz der Vorsicht, die er beim Aufstehen hatte walten lassen, heftige Schmerzen von seinem gebrochenen Bein aus durch seinen gesamten Körper fuhren. Sein Atem beschleunigte sich schlagartig, als der Blauhaarige den Schmerz niederzukämpfen versuchte, der durch den geschwächten Zustand, in dem er sich befand, doppelt intensiv wirkte. Nur Sekundenbruchteile später spürte Tyson Kais stützende Hand um seine Taille und klammerte sich dankbar an seinen Freund, bis der Schmerz nachließ und er einen Teil seiner Kraft zurückkehren spürte.
 

Für einen Moment zögerte Tyson, doch dann siegte seine Ehrlichkeit über seinen Stolz und er gab leise zu: „Ich glaube nicht, daß ich ohne deine Hilfe weit kommen werde, Kai. Mein Bein tut ziemlich weh und...“, Tyson biß sich auf die Lippe und verstummte. Kais freie Hand legte sich an seine Wange und hob das Kinn des Jüngeren, damit sie sich in die Augen blicken konnten. „Und...?“, wiederholte er fragend, Sorge in den warmen, kastanienbraunen Augen, aber auch sanfte Ermunterung für Tyson, weiterzusprechen.
 

„Ich...ich schätze, daß ich gestern zu voreilig war, als ich sagte, ich würde versuchen, mich heute weniger auf dich zu stützen, Kai. Statt dessen werde ich wohl...“, Tyson seufzte hörbar auf, „...werde ich wohl das genaue Gegenteil tun müssen.“
 

Aufblickend fuhr der Blauhaarige fort: „Kai, ich werde allein kaum einen Schritt machen können, selbst mit der Krücke, die du mir gegeben hast. Ich bin einfach zu...“, Tyson zögerte und ein Muskel zuckte in seiner Wange, bevor er kaum hörbar hervorpreßte, „...zu schwach. Es tut mir l...“, das letzte Wort blieb unausgesprochen, da Kai Tysons Mund mit einem liebevollen Kuß verschloß, während er gleichzeitig unauffällig mehr vom Körpergewicht seines Freundes stützte, um diesen zu entlasten.
 

Erst, als er spürte, wie sich Tyson vollkommen in ihrem Kuß gefangen gegen ihn lehnte, beendete er diesen wieder und lehnte seinen Stirn gegen die des Blauhaarigen. Dem Jüngeren direkt in die dunklen Augen blickend, meinte Kai: „Weißt du nicht mehr, was ich gestern zu dir gesagt habe, Tyson? Dann werde ich es wiederholen: du bist sehr tapfer, da ich mir vorstellen kann, wie sehr dein Bein dir wehtut. Daher besteht auch überhaupt kein Grund, daß du dich bei mir entschuldigst oder dir gar Gedanken machst, ob du mir eventuell eine Bürde bist. Ty, ich helfe dir gern. Zusammen schaffen wir es runter von diesem Berg und zurück zu unseren Freunden. Ist es nicht das, was du mir von Anfang an immer gepredigt hast – daß gemeinsam nichts unmöglich ist?“, tadelte der Junge mit dem blaugrauen Haar sanft.
 

Tyson errötete, lächelte dann jedoch. „Du hast Recht, Kai“, gab er verlegen zu. „Es ist wohl zum großen Teil mein Stolz, der mich vor dir nicht schwach erscheinen lassen will. Ich weiß, es ist unsinnig...“, Tyson verstummte und senkte den Blick.
 

„Das ist es“, stimmte Kai leise zu. „Nur, weil du verletzt bist und daher nicht allein laufen kannst, bist du noch lange nicht schwach. Ty, du bist einer der stärksten Menschen, die ich je getroffen habe – vielleicht nicht körperlich, aber dein Wille ist unbeugsam. Stärke hat nichts damit zu tun, immer alles allein schaffen zu wollen – sondern vielmehr damit, Schwäche zugeben zu können und Hilfe anzunehmen. Das hast du mich gelehrt.“
 

Tyson blickte auf und Kai sah das warme, dankbare Schimmern in den seelenvollen Augen. Dann brach ein schelmisches Lächeln über die Züge des blauhaarigen Jungen, als er meinte: „Du hast mir also doch zugehört. Und dabei dachte ich immer, du würdest ignorieren, was ich sagte.“ Kai erwiderte das Lächeln. „Nicht alles.“
 

Dann verlagerte er seinen Halt an Tysons Körper und lehnte diesen vorsichtig an die Felswand, damit er nach seinen Rucksack greifen konnte. Mit einem raschen Blick durch die Höhle vergewisserte sich Kai, daß sie diese ordentlich verlassen würden und nichts vergessen hatten. Danach trat er wieder zu Tyson und geleitete diesen vorsichtig nach draußen, damit sie ihren Abstieg ins Tal fortsetzen konnten.
 

Wie von Kai befürchtet, war der Weg naß und rutschig vom Regen der letzten Nacht, was für Tyson eine zusätzliche Belastung war. Der steinige Untergrund war glitschig und bot damit das erhöhte Risiko, daß einer von ihnen ausrutschte und fiel. Daher mußten sie sich ihren Weg sehr vorsichtig und langsam suchen, was an ihrer beider Kraft zehrte. Tyson akzeptierte dankbar Kais stützende Schulter, teils wegen dessen Ermahnung, teils aber auch, weil er wirklich nicht mehr genug Kraft dazu hatte, sich allein aufrecht zu halten. Dennoch nutzte er jedes Quentchen Energie und Willen, das er noch in sich finden konnte, dazu, seinem Freund so gut es ihm möglich war, zu helfen.
 

Es war eine langwieriger, mühseliger Abstieg, den die zwei Jungen Meter für Meter hinter sich brachten. Es war ihr eiserner Wille, der ihnen bis jetzt so viele Siege bei Beyblade-Kämpfen beschert hatte, und nun auch bei der Überwindung dieses Hindernisses half. Kai hatte nämlich bemerkt, daß die Unbeugsamkeit in Tysons Charakter, was das Aufgeben betraf, erneut zum Vorschein gekommen war, seitdem sie unterwegs waren. Kostete es Tyson auch seine allerletzte Energiereserve, er würde nicht aufgeben, bevor sie entweder diesen Berg allein hinuntergelaufen waren oder sie jemanden trafen, der ihnen helfen konnte, in die Stadt zu gelangen.
 

Am frühen Mittag machten sie eine dringend benötigte Rast, um wieder zu Atem zu kommen und ein bißchen Kraft zu schöpfen. Tyson hatte inzwischen starke Schmerzen nicht nur in seinem gebrochenen Bein; auch sein Brustkorb schmerzte bei jedem Atemzug höllisch. Er befürchtete, daß auch eine oder zwei seiner Rippen geprellt waren. Die in allen Regenbogenfarben schillernden Flecke auf seinem Oberkörper waren ein guter Indikator für diese Annahme.
 

Kai bestand darauf, daß Tyson versuchte, ein wenig zu schlafen, um Kraft für den weiteren Weg zu schöpfen. Und obwohl der blauhaarige Junge wußte, daß er aufgrund der Schmerzen dazu nicht in der Lage sein würde, widersprach er nicht und lehnte sich statt dessen an seinen Freund und schloß die Augen. Die sanfte Hand, welche Kai kurz darauf streichelnd durch seine langen Haare gleiten ließ, entspannte Tyson trotz seiner Schmerzen und er döste tatsächlich ein wenig weg.
 

Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, bis Kai behutsam an seiner Schulter rüttelte und meinte: „Wir müssen weiter, Ty. Wie fühlst du dich?“
 

Der Blauhaarige blieb für einen Moment still, bevor er antwortete. Er wollte ehrlich zu Kai sein und checkte daher mental seinen Zustand. „Nun, es ging mir schon besser“, sagte er schließlich trocken. „Mein Bein tut am meisten weh, wie zu erwarten war. Die Prellungen tun ihr übriges – doch ich werde es überleben. Laß uns weitergehen.“
 

Kai schüttelte nur den Kopf, als er Tysons Worte hörte, doch ein feines Lächeln flog über seine Züge, gepaart mit Stolz wegen der inneren Kraft seines Freundes. Dann stand er auf und half dann Tyson auf die Füße, der eine Schattierung blasser wurde, als er für einen Moment sein verletztes Bein belastete. Doch der Blauhaarige unterdrückte den Schmerz so gut er konnte und stützte sich zu gleichen Teilen auf Kai und auf die Krücke, welche dieser ihm am Vortag gegeben hatte. Dann machten sich die Beiden wieder auf den Weg Richtung Tal.
 

Etwa eine Stunde später ging der Weg von Gestein auf erdigen Boden über, welcher weniger hart war. Tyson wußte jedoch nicht, ob er dies positiv bewerten sollte, denn die Hangneigung nahm zu und machte es somit noch risikoreicher, auszurutschen und hinzufallen. Der blauhaarige Junge betete im Stillen, daß sie jemandem begegnen würden, der ihnen helfen konnte, denn inzwischen war es wiederum wie am Vortag nur noch sein Wille, der ihn vorwärtstrieb. Ohne seine Entschlossenheit und Kais Hilfe hätte er schon lange aufgegeben. Doch auch so spürte Tyson, wie seine Schwäche weiter und weiter zunahm und Dunkelheit an seinem Bewußtsein zerrte.
 

Noch hielt er durch – doch wie lange würde ihm das noch gelingen?
 

Es sollte fast zwei weitere Stunden dauern, bis ihre stillen Gebete endlich erhört wurden. Kai half Tyson gerade so vorsichtig wie möglich einen steileren Teil des Weges hinunter, der zu einer großen ebenen Fläche führte, die wie ein Plateau etwa die Hälfte des Weges den Berg hinab markierte, als sie plötzlich aufgeregte Rufe ertönen hörten.
 

Kai wartete, bis er sicher war, daß Tyson eben stand und genug Halt an ihm hatte, bevor er sich herumdrehte, um den Ursprung der Rufe herauszufinden. Und was er sah, ließ ihn einen leisen, erleichterten Seufzer ausstoßen. Es waren ihre Freunde.
 

Ray, Max und Kenny kamen ihnen eilig entgegengelaufen und weiter im Hintergrund sah Kai auch Mr. Dickensen. Der Chef der BBA war dem kleinen Bus entstiegen, mit welchem die Bladebreakers unterwegs waren und kam nun ebenfalls auf sie zu. Anscheinend hatte er es sich nicht nehmen lassen, an der Suche nach ihnen teilzunehmen.
 

Ein gewispertes „Gott sei Dank. Endlich“ von Tyson lenkte Kais Aufmerksamkeit gerade noch rechtzeitig wieder auf seinen jüngeren Freund zurück, um den blauhaarigen Jungen auffangen zu können, als dieser den Kampf gegen die schon länger drohende Bewußtlosigkeit verlor. Kai schwankte kurzzeitig unter dem plötzlichen Gewicht, als Tyson völlig gegen ihn fiel, doch dann hatte er sich wieder gefaßt und ließ sich zu Boden sinken. Er achtete nicht auf die angstvollen Ausrufe von „Tyson!“ von ihren Freunden, sondern konzentrierte sich nur darauf, zu checken, ob der Blauhaarige regelmäßig atmete.
 

„Hab keine Sorge, Ty“, flüsterte er diesem zu, während er den bewußtlosen Blauhaarigen behutsam an seine Schulter lehnte, „wir bringen dich jetzt sofort in ein Krankenhaus. Ich bin sehr stolz auf dich, Liebster, daß du so lange durchgehalten hast. Jetzt kannst du dich endlich ausruhen, während du im Krankenhaus behandelt wirst. Ich liebe dich, Tyson, vergiß das nicht.“
 

Dieses geflüsterte Geständnis, das Tyson auf irgendeine Weise trotz seiner Bewußtlosigkeit gehört haben mußte, ließ die Linien, die Schmerz und Erschöpfung in das Gesicht des Blauhaarigen gegraben hatte, ein wenig weichen. Doch er wachte nicht wieder auf, denn er hatte trotz seiner Schmerzen nur so lange durchgehalten, bis Hilfe in Sicht war. Jetzt, wo ihre Freunde Kai unterstützen konnten, hatte selbst Tysons große Willenskraft ihn nicht mehr davor bewahren können, der Ohnmacht nachzugeben, die schon so lange mit Sirenengesang gelockt hatte.
 

Mittlerweile waren Max und Ray, mit Kenny im Schlepptau nicht weit hinter ihnen, bei Kai und Tyson angelangt und wollten besorgt wissen, was mit ihrem blauhaarigen Gefährten passiert war. Die drei Jungen blickten hellauf besorgt in das ungewöhnlich blasse und von tiefer Erschöpfung geprägte Gesicht ihres Freundes, welcher bewußtlos in Kais stützenden Armen lag. Sie registrierten auch bei ihrem Teamcaptain eine Veränderung, ganz abgesehen von der Tatsache, daß auch Kai erschöpft wirkte, was durchaus ungewöhnlich für ihn war.
 

Normalerweise würde der Junge mit dem blaugrauen Haar dies zu verbergen suchen, doch heute war er entweder nicht dazu in der Lage oder es interessierte ihn nicht. Was Ray und seine zwei Freunde erstaunte, war, daß sie eher zu letzterer Variante neigten, was wiederum Fragen nach dem warum aufwarf.
 

Was war geschehen, daß Kai nicht wie sonst den Kühlen, Unnahbaren spielte? Was hatte sich zwischen Tyson und ihm abgespielt, daß der Teamchef der Bladebreakers den anderen Jungen so sorgsam und schützend in seinen Armen hielt, als wolle er jedes weitere Unheil von Tyson abhalten?
 

Max und Ray tauschten einen erstaunten, aber auch um ihren blauhaarigen Freund sehr besorgten Blick, kamen jedoch nicht dazu, etwas zu fragen, denn Kenny hatte mittlerweile Tysons geschientes Bein entdeckt. Ein erschrockener Ausruf entfuhr dem Computergenie und er sank neben Tyson in die Hocke, um sich die Verletzung näher anzusehen.
 

Doch ein warnender Laut von Kai ließ Kenny innehalten und den Älteren mit großen Augen anschauen. Kais braune Augen sandten ebenso eine Warnung aus, Tyson eventuell durch eine Unvorsichtigkeit neue Schmerzen zu bereiten und Kenny zuckte instinktiv zurück. Ein Schatten huschte über Kais Züge und er seufzte kaum hörbar, bevor er, an den Chef gewandt, meinte: „Ich wollte dich nicht erschrecken, Kenny. Doch Tysons Bein ist mindestens einmal gebrochen und ich wollte vermeiden, daß du ihm unbeabsichtigt noch mehr Schmerzen bereitest als er bisher erdulden mußte.“
 

Braune Augen senkten sich kurz auf Tysons Gesicht und Max hätte schwören können, daß für einen Augenblick eine liebevolle Wärme in Kais Blick erschien, die der ältere Junge bis jetzt noch nie gezeigt hatte. Doch als sich Kais Blick wieder hob, stand neben Erschöpfung nur Entschlossenheit in seinen Augen geschrieben.
 

„Tyson muß ins Krankenhaus“, sagte Kai in dem Tonfall, den er stets dann benutzte, wenn er keinen Widerspruch hören wollte. Und in diesem Fall würde er auch keinen zu hören bekommen, denn seine drei Teamgefährten stimmten mit ihm völlig überein.
 

Als Ray und Max jedoch Anstalten machten, Tyson aus Kais Armen zu holen, um ihn zum Bus der Bladebreakers zu bringen, erstaunte Kai sie ein weiteres Mal in wenigen Minuten. Der Junge mit dem blaugrauen Haar hatte seinen Rucksack abgesetzt, ohne Tyson loszulassen und erhob sich nun äußerst vorsichtig mit dem Blauhaarigen auf seinen Armen.
 

Es schien für einen Moment, als würde er schwanken, doch sofort hatte er sich wieder im Griff und begann, langsam auf den Bus zuzugehen. Kenny, Ray und Max wechselten einen verwirrten, besorgten Blick wegen der Geschehnisse, beschlossen jedoch, mit ihren Fragen zu warten, bis Tyson im Krankenhaus versorgt wurde. Daher griff Ray nach Kais Rucksack und folgte seinem Teamchef mit seinen Freunden Richtung Bus.
 

Dort begegneten sie auch Mr. Dickensen, der Kai auf halbem Wege entgegengekommen war und beim Anblick von Tysons Verletzungen zu seinem Telephon gegriffen hatte und nun mit dem nächstgelegenen Krankenhaus telephonierte, um ihre baldige Ankunft anzukündigen.
 

Kai war nach einem dankbaren Nicken zu dem älteren Mann mit seiner bewußtlosen Last in den Bus gestiegen und saß, als sich der Rest des Teams zu ihm gesellte, noch immer mit Tyson in seinen Armen ungeduldig wartend da.
 

Ray musterte seinen Teamcaptain für einen Augenblick und blinzelte verwundert, als er die Fürsorglichkeit erkannte, mit der es Kai Tyson so bequem wie möglich gemacht hatte. Das war ein Zug an Kai, den bis jetzt keiner der Bladebreakers zu sehen bekommen hatte. Ebensowenig wie der Ausdruck von Sorge in den braunen Augen, da Tyson immer tiefer in Bewußtlosigkeit zu versinken schien, nun, da er den Kampf aufgegeben hatte.
 

Mr. Dickensen hatte inzwischen sein Telephonat mit dem Hospital beendet und gab dem Fahrer des Busses Anweisungen, wohin er fahren sollte. Dieser nickte bestätigend und gab sich Mühe, trotz des unebenen Weges möglichst Erschütterungen zu vermeiden, die Tysons Verletzungen eventuell verschlimmern konnten. Dankbare Blicke trafen ihn, bevor Ray, Max und Kenny ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre wiedergefundenen Freunde richteten.
 

Die Drei hatten sich große Sorgen um Kai und Tyson gemacht, als die Beiden nicht zum vereinbarten Zeitpunkt in ihrem Hotel erschienen waren. Und wie es aussah, hatten sie sich diese Sorgen auch zu Recht gemacht, denn Tysons Verletzungen sahen ziemlich übel aus und auch Kai schien mitgenommen. Und verändert, obwohl weder Max noch Ray oder Kenny genau hätten definieren können, was sich an ihrem Teamcaptain verändert hatte.
 

Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte nur wenige Minuten und doch schien es Tysons um ihn besorgten Freunden wie eine kleine Ewigkeit, bis sie schließlich vor dem Eingang des Hospitals anhielten. Man wartete schon auf sie, denn kaum verließ Kai mit Tyson auf den Armen den Bus, rollte eine Krankenschwester auch schon eine fahrbare Trage heran.
 

Widerwillig legte Kai seinen Freund darauf ab, doch er wußte, daß Tyson von einem Arzt gründlich untersucht werden mußte. Dennoch vermißte er den Kontakt mit seinem Liebsten in dem Moment, in dem er loslassen mußte und folgte der Trage ohne auf etwas anderes zu achten. Seine Teamgefährten tauschten einen weiteren verwunderten Blick angesichts von Kais ungewöhnlichem Verhalten, folgten ihm jedoch sofort mit Mr. Dickensen im Schlepptau.
 

Sie sahen nur noch, wie die Trage mit Tyson darauf in einem der Untersuchungszimmer verschwand. Dort hinein durften sie ihrem Freund nicht folgen, daher nahmen sie auf den harten Stühlen in der Nähe Platz, um ungeduldig auf Nachricht über Tysons Befinden zu warten.
 

Kai hingegen schien voller Unrast und lehnte es ab, Platz zu nehmen. Statt dessen begann er mit einem für ihn völlig untypischem Herumwandern, nur um sich wenig später sichtlich dazu zu zwingen, damit aufzuhören und lehnte sich an eine Wand gegenüber der Tür, hinter der Tyson verschwunden war.
 

Der Ausdruck in seinem Gesicht hielt Max, Ray und Kenny davon ab, Kai zu fragen, was genau während der Tour passiert war – sie merkten, daß ihr Teamchef jetzt nicht in der Stimmung war, ihnen Rede und Antwort zu stehen. Vielmehr registrierten die drei Jungen mit leichter Verwunderung, daß Kai genauso ungeduldig und besorgt – wenn nicht sogar noch mehr als sie – auf Nachricht von Tysons Zustand zu warten schien. Es mußte wirklich etwas von großer Bedeutung zwischen dem Blauhaarigen und ihm während der letzten Tage geschehen sein. Die Jungen wußten nicht, wie Recht sie mit dieser Annahme lagen.
 

Es schien ihnen allen wie eine Ewigkeit, bis sich die Tür des Untersuchungsraumes wieder öffnete und der Arzt herauskam. Graue Augen musterten die angespannten Gesichter und blieben schließlich an Kai hängen, dessen leicht mitgenommene Kleidung Zeugnis davon ablegte, daß er mit Tyson unterwegs gewesen sein mußte. Dann schenkte ihnen der Arzt ein beruhigendes Lächeln und winkte sie in das Untersuchungszimmer.
 

Kai musterte ihn für einen Augenblick lang durchdringend, dann ging er ohne ein Wort an dem älteren Mann vorbei in das Zimmer hinein und auf Tyson zu. Seine Freunde folgten ihm ein weiteres Mal schweigend, während Mr. Dickensen mit dem Arzt nahe der Tür stehenblieb, um dessen Bericht zu erhalten.
 

Tyson war noch immer ohne Bewußtsein, doch es schien ihm schon wesentlich besser zu gehen, ging man von dem entspannteren Gesichtsausdruck aus. Die Linien aus Schmerz hatten sich wieder geglättet und der Blauhaarige schien ruhig zu schlafen. Sein gebrochenes Bein war mittlerweile in Gips und mit Kissen leicht erhöht gelagert worden. Tysons Oberkörper zierten elastische Bandagen und auch das Wundpflaster an seiner Stirn war sorgfältig erneuert worden.
 

Nachdem Kai Tyson gründlich gemustert hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Arzt zu, der ihn nun seinerseits in Augenschein nahm. Anscheinend untersuchte er ihn auf Verletzungen, akzeptierte Kais angedeutetes Kopfschütteln jedoch ohne Widerspruch. Dann erklärte er ihnen, wie es um Tysons Gesundheit stand.
 

„Euer Freund hat noch einmal Glück im Unglück gehabt“, begann der Arzt, welcher sich als Dr. Kagesawa vorstellte. „Trotz der vielen Verbände sind die meisten Verletzungen nur gering – Schnitte, Prellungen und Ähnliches. Die Kopfwunde gehört dazu; wir haben sie nochmals gründlich desinfiziert, obwohl jemand schon zuvor gute Arbeit bei der Ersten Hilfe geleistet hatte. Ich nehme an, das waren Sie, junger Mann“, wandte sich Doktor Kagesawa an Kai, der schweigend nickte und dann fragte: „Was ist mit Tysons Bein?“
 

Hier wurde das Gesicht des Arztes ernster und Tysons Freunde versteiften sich unwillkürlich als Reaktion darauf. „Damit wären wir dann schon bei der schwierigsten Verletzung eures Freundes“, antwortete der ältere Mann. „Der Bruch war kompliziert, kein glatter Bruch, der leichter heilen würde. Das Bein war mehrfach gebrochen – ein Splitterbruch, was ziemliche Schmerzen bedeutet und auch länger brauchen wird als ein glatter Bruch, um wieder zusammenzuwachsen."
 

"Jedoch“, fügte Dr. Kagesawa bei dem Ausdruck von Sorge und Alarm in den Gesichtern der Jungen hinzu, „wurde auch der Beinbruch von eurem Freund den Umständen entsprechend gut versorgt, so daß ich bei genug Ruhe für meinen Patienten keinen Grund sehe, daß sein Bein nicht wieder völlig ausheilen wird. Es wird jedoch eine geraume Weile dauern. Splitterbrüche brauchen viel Geduld von Seiten des Patienten...“, hier stockte der Arzt, da er sah, wie Kenny, Ray und Max einen bezeichnenden Blick tauschten. Kai hingegen sah auf Tyson hinab und erlaubte ein kleines Lächeln auf seine Züge, als er daran dachte, wie ungeduldig Tyson sein würde, bis der Bruch endlich ausgeheilt sein würde.
 

„Herr Doktor“, meldete sich nun Max zu Wort, „was ist mit den Bandagen um Tysons Oberkörper? Hat er sich dort auch etwas gebrochen?“ Sorge um seinen besten Freund schwang deutlich in Max’ Stimme mit, als er diese Fragen stellte. Doch Dr. Kagesawa lächelte beruhigend und antwortete: „Nein, gebrochen hat er sich dort nichts, junger Mann. Doch zwei seiner Rippen war übel geprellt und das tat ziemlich weh, selbst beim Atmen. Der Verband soll ihm das Luftholen erleichtern, bis die blauen Flecke wieder verschwinden und euer Freund sich wieder freier bewegen kann.“
 

Kai hatte bei der Bemerkung des Arztes aufgehorcht und spürte sein Herz kurz stoppen, als er hörte, daß Tyson selbst beim Atemholen Schmerzen gehabt haben mußte. Daß geprellte Rippen höllisch wehtun konnten, wußte Kai nur zu gut aus eigener Erfahrung. Er hätte Tyson dieses Erlebnis zu gern erspart und sein Respekt vor dem Jüngeren wuchs weiter, daß dieser den Schmerz ohne zu klagen ertragen hatte. Tyson war tougher als Kai angenommen hatte. Der Blauhaarige war ein Kämpfer.
 

„Wann kann Tyson das Krankenhaus wieder verlassen?“, verlangte Kai dann zu wissen. „Ich will ihn über Nacht zur Beobachtung hierbehalten“, antwortete Dr. Kagesawa. „Doch ich denke, morgen nachmittag kann ich euren Freund guten Gewissens in eure Obhut entlassen, wenn ihr mir versprecht, daß er vor allem sein Bein so viel wie möglich schont. Möglichst wenig herumlaufen, am besten für die nächsten Tage Bettruhe, damit er sich wieder erholt. Er hat nämlich alle Kraftreserven aufgebraucht, wie es mir scheint – und er wird schneller wieder gesund werden, wenn er sich so viel wie möglich schont.“
 

Max schnitt eine Grimasse, denn er ahnte, daß es schwierig werden würde, seinen besten Freund mehr als ein-zwei Tage dazu bringen zu können, das Bett zu hüten. Tyson war eine viel zu quirlige Persönlichkeit, als lange stillzusitzen und nichts zu tun. Kais Stimme riß den blonden Jungen aus seinen Gedanken, als der Teamchef der Bladebreakers meinte: „Tyson wird sich schonen, Herr Doktor, so lange es nötig ist.“ ‚Und noch länger, wenn ich dabei etwas zu sagen habe’, setzte Kai in Gedanken hinzu.
 

Das Versprechen in seinen Worten ließ den Arzt zufrieden nicken, bevor der ältere Mann sagte: „Sehr gut. Doch nun geht, damit mein Patient die nötige Ruhe hat. Ihr könnt morgen früh wiederkommen, um ihn zu besuchen. Bis dahin dürfte er auch wieder aufgewacht sein. Ich habe ihm ein leichtes Sedativ verabreicht, damit sein Körper die Anstrengungen der letzten Tage überwinden kann – er wird die Nacht also durchschlafen.“
 

Für einen Moment sah es so aus, als wolle Kai dem Arzt wiedersprechen, doch Mr. Dickensen verhinderte dies, indem er meinte: „Dr. Kagesawa hat recht, Jungs. Wir sollten Tyson in Ruhe schlafen lassen; er ist hier in guten Händen. Und sollte sich überraschenderweise eine Änderung in seinem Zustand ergeben, kann der Doktor mich anrufen.“
 

Der Arzt nickte zu diesen Worten, woraufhin Kenny, Ray und Max widerwillig ihren Platz an Tysons Bett verließen. Kai hingegen verharrte noch einen Augenblick. Er mußte sich zwingen, sich nicht zu seinem Freund hinunterzubeugen, um ihm einen Kuß zum Abschied zu schenken. Doch die Beziehung zwischen Tyson und ihm wollte Kai erst preisgeben, wenn sein jüngerer Freund die Nachricht mit ihm zusammen überbringen konnte. Bis dahin würde er sich zurückhalten.
 

Daher sandte er Tyson auch nur gedanklich einen liebevollen Gruß und versprach ihm, bald wiederzukommen. Es gefiel Kai nicht, den Jüngeren ganz allein hier im Krankenhaus zurückzulassen, doch er beugte sich vorerst der Order des Arztes und verließ wenig später ebenfalls Tysons Zimmer.
 

Yep, vorletztes Kapitel geschafft! Jetzt kommt nur noch eines!

Bis dahin danke für die lieben Kommis!

Antalya



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Silver-san
2006-06-15T19:59:41+00:00 15.06.2006 21:59
Wow ein super Kapitel, da hat sich das warten ja gelohnt. Ich finde es super wie Kai zu seinen Ty-chan steht. Bin schon gespannt wie ihre Freunde die neue Nachricht aufnehmen. =^o^=
Freu mich schon wie wahnsinnig auf das neue Chapter. Schade das es das letzte ist.
Stell es bitte so schnell wie möglich on. *lieb schaut*

Silver-san
Von: abgemeldet
2006-06-13T17:09:18+00:00 13.06.2006 19:09
kai hat sich wirklich sehr verändert wenn das schon den anderen auffällt obwohl sie ja gar nicht wissen was passiert ist.
tyson muss ja wirklich einen sehr starken willen haben das er so lange durgehalten hat.
freu mich schon wieder wenns weiter geht.
Von: abgemeldet
2006-06-12T14:06:16+00:00 12.06.2006 16:06
Ô___ô WOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOW *begeistert is*
das ist ja der hammer *nick*nick*
und ich bin SO stolz auf den Drachen das er so lange durchgehalten hat ^^ ich hätte schon nach 5 minüten aufgegeben XD ach ja...kai und tyson sind schon das süßeste paar überhaupt und das die anderen nicht wissen was gesehen ist und sich deshalb über Kai verhalten wundern finde ich ja so putzig *gg*
freu mich schon mega riesig, wenn (hoffentlich bald) das letzte T^T Kapitel von dieser FF kommt. bin so gespannt was da noch so alles passiert ^///^ ALSO beeilung bitte!!!

BaBa


Zurück