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Raumschiff Hiroshi II

von

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Schicksalsschläge

Ein jeder auf der ,Hiroshi II' hatte mitbekommen, dass wohl irgendetwas im Fliegerhangar passiert sein musste, doch nach der anfänglichen Aufregung ging alles wieder einen ruhigen Lauf. Kapitän Johnson kam wieder auf die Brücke und antwortete auf die fragenden Blicke: "So wie es scheint, nichts Ernstes... eine mittelschwere Gehirnerschütterung, ein gebrochener Arm, einige Rippen angeknackst und diverse Schnitt- und Schürfwunden, aber es sah schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Sie wird es schon überleben". Der Kommandant seufzte: "Ich habe mir schon gedacht, dass es nicht leicht mit ihr sein wird, aber sie war eben die Beste für den Job, die ich kriegen konnte..." Ruby-Ann ließ sich erschöpft wieder auf ihrem Sessel nieder und meinte kleinlaut: "Also vielleicht bin ich nicht die Richtige für diese Aufgabe... ich merke schon, dass ich versagen werde, wenn so eine Aufregung öfters ist! Aber vielleicht war einfach nur der falsche Zeitpunkt..." "Ja, das denke ich auch!", machte der Kommandant ihr Mut, "Sie werden das schon schaffen, ich habe Vertrauen in sie". Er zwinkerte ihr aufmunternd zu. Ruby-Ann Johnson errötete und sah schnell in eine andere Richtung. Der Admiral beobachtete die beiden unauffällig. Es störte ihn. Nicht, dass die beiden eigentlich nichts miteinander anfangen durften, sondern dass er selbst sich nicht traute, zu Catherine zu gehen und ihr zu sagen, was er schon lange für sie fühlte. Er lenkte seinen Blick woanders hin und seufzte kaum hörbar. Dann versuchte er sich wieder auf wichtigere Dinge zu konzentrieren. Catherine Morrison war derweil noch immer auf ihrem Zimmer und langweilte sich. Sie saß nicht mehr auf ihrem Sessel, sondern lag ausgestreckt auf dem Rücken auf ihrem Bett und sah schweigend an die Decke. Sie schloss die Augen und versuchte ein wenig zu schlafen, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. So viele Gedanken in ihrem Kopf, die ihr einfach keine Ruhe lassen wollten. Erst der ganze Stress, der Start, der Unfall im Hangar und nun gähnende Leere in ihrem Zeitplan. Mit einem tiefen Seufzen rollte sie sich zu Seite und betrachtete das Bild auf ihrem Nachttisch. Es weckte Erinnerungen und längst vergessene Gefühle in ihr. Dinge, die sie vor langer Zeit verdrängt und vergessen hatte, wurden plötzlich wieder lebendig und es schien ihr so, als wäre es gestern gewesen, als sie die schreckliche Nachricht erfahren hatte. Als ihre kleine heile Welt in sich zusammenbrach, als sie erfuhr, dass ihre Mutter und ihre kleine Schwester gestorben waren. Den Grund hatte sie niemals erfahren, so oft sie nachgefragt hatte, ihr Vater hatte eisern geschwiegen. So oft hatte sie ihn gefragt und nie hatte er ihr eine Antwort gegeben. Immer war er plötzlich ganz still geworden und hatte immer eine andere Ausrede gewusst, um so schnell wie möglich von Cathy wegzukommen. Es war ihr noch immer ein Rätsel und nicht nur die Frage, was passiert war, sondern auch die, warum ihr Vater es ihr nie sagen wollte, brannte schmerzhaft auf ihrer Seele. Doch in diesem Augenblick wurden die Wellen ihrer Trauer von Wut beiseite geschwemmt. Sie biss die Zähne zusammen, drehte das Portrait um und schlug mit der Faust in ihr Kopfkissen.
 

Happy ging unruhig auf dem Gang der Krankenstation hin und her. Immer wieder fiel ihr Blick auf die Tür mit der Aufschrift ,Zimmer 4'. Sie wartete auf den Augenblick, an dem die Krankenschwester darin die Tür öffnete und sie zu Mizzy ließ. Hoffentlich würde sie überhaupt zu ihr dürfen. Hoffentlich war es nichts allzu Schlimmes. Diese Gedanken schwirrten unaufhörlich in Happys Kopf herum. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, doch schließlich wurde die Tür tatsächlich geöffnet und die Krankenschwester erschien. Sie ging zu Happy und sagte leise: "Sie warten auf Mizzy Black?", nach Happys heftigem Nicken fuhr sie fort, "Sie ist noch immer bewusstlos, aber alle Wunden und Verletzungen sind versorgt. Sie braucht viel Ruhe, aber wenn sie leise sind, dürfen sie zu ihr". "Vielen vielen Dank!", Happy bemühte sich trotz ihrer Begeisterung zu flüstern, "Aber sagen sie... was ist mit ihr passiert?!" "Nun ja", sagte die Schwester, "Das meiste sind belanglose Schnitt- und Schürfwunden, doch durch die Gehirnerschütterung und den gebrochenen Arm wird sie eine Weile nicht mehr fliegen können, außerdem sind einige Rippen zu Schaden gekommen..." "Aber sie wird wieder, oder?", fragte Happy besorgt. Die Krankenschwester lächelte: "Machen sie sich keine Sorgen, der Arzt gibt sein Bestes. Es wird schon alles gut gehen". Happy nickte, dann wurde sie von der Schwester ins Zimmer geschickt. Sie schluckte, als sie Mizzy dort in dem weißen Zimmer im weißen Bett liegen sah. Die Atmosphäre war typisch für ein Krankenhaus, obwohl sie sich noch immer auf der ,Hiroshi II' befand. Ihr war etwas mulmig zumute, als sie sich umsah. Diese Stimmung kannte sie nur zu gut. Wie oft war sie bei ihren Eltern in solchen Zimmern gewesen, hatte ständig diesen Wechsel der Geräuschkulisse zwischen piependen Geräten und unheimliche Stille gehört, Ärzte in weißen Kitteln, die sterile Umgebung. Eine weiße Zimmerdecke, weiße kahle Wände, weiße Stühle, weiße Tische, weiße Bettwäsche- die Farbe weiß erinnerte Happy grundsätzlich an das Krankenhaus und die Zeit in der sie oft dort gewesen war. Irgendwann hatte sie es nicht mehr ausgehalten Tag für Tag, Stunde für Stunde herumzusitzen, Hände zu halten und ihren Eltern beim Sterben zuzusehen. Erst ihr Vater, als sie noch ein Mädchen von knapp vierzehn Jahre war, von da an hatte ihr Mutter allein für sie gesorgt, doch auch sie starb im Krankenhaus, und zwar als Happy bereits eine junge Frau von siebzehn Jahren war. Zweimal die gleiche Tortur, zweimal dieser Schmerz, die Tränen, die schlaflosen Nächte. Happy hatte es versucht zu vergessen, sie hatte es verdrängt, doch nun kam alles wieder hoch. Die Erinnerungen waren lebhaft wie damals, Happy konnte sich noch so gut daran erinnern, als sie allein bei ihrer kranken Mutter, bei ihrem kranken Vater saß, schwieg und betete. Doch alles hatte nichts genützt. Das alles hatte sie so depressiv und traurig gemacht, nicht nur, dass sie nun allein war, sondern all die schmerzhaften Erinnerungen, doch Happy machte schon damals ihrem Spitznamen alle Ehre. Nie hatte sie das Lachen verlernt, sobald sie aus dem Krankenhaus gekommen war, in der Schule oder bei Freundinnen gewesen war, sie lachte, scherzte und hatte Spaß. Nicht, damit keiner etwas merkte und sie bemitleidete, sondern weil sie selbst nicht damit klar kam, traurig zu sein. Lieber wurde sie von allen als ignorant beschimpft. Oh ja, ihre Großmutter hatte es ihr übel genommen, als sie eines Mittags bei Tisch saß und über irgendetwas belangloses lachte, obwohl es gerade zu der Zeit war, in der alle um Happys Mutter trauerten. Doch was andere über sie redeten machte Happy nie viel aus. Sie ärgerte sich zwar über die Dummheit mancher Menschen, doch sie ließ sie reden- sie selbst wusste es ja doch besser! Leise seufzend schüttelte Happy den Kopf um all diese abschweifenden Gedanken daraus zu vertreiben. Lange hatte sie sich nicht mehr erinnern wollen und nun war es doch passiert. Doch in diesem Moment schien ihr das alles unwichtig. Die Geschehnisse waren nun einmal passiert, aber es war die Vergangenheit und diese lag weit zurück. Happy dachte sich, dass es Quatsch sei, dem Vergangenen hinterher zu hängen, sondern meinte, dass man sich viel lieber auf die Gegenwart und Zukunft konzentrieren sollte- die Dinge, die man noch beeinflussen konnte. Ihre Eltern waren tot. Doch Mizzy lebte noch! Deshalb hielt Happy es für das Beste, mit nachdenken aufzuhören und sich zu der blonden Pilotin im Krankenbett zu gesellen. Mit diesem Gedanken ging sie weiter ins Zimmer hinein und setzte sich auf einen Stuhl neben Mizzys Bett. Sie betrachtete sie lange, wie sie da lag. Friedlich, die Augen geschlossen, leise atmend, ruhig. Ihre dunkle Hautfarbe bildete einen Kontrast zu den weißen Laken, in welche sie eingehüllt war. An ihrem Kopf, der einzige Teil des Körpers, der zu sehen war, war kein Blut mehr zu erkennen. Ein Verband war um ihre Stirn gelegt, ein Pflaster an ihrer Wange, ansonsten sah sie so aus, als würde sie einfach schlafen. Happy nahm, aus alter Gewohnheit, ihre Hand zu sich und streichelte sanft darüber.
 

Cathy lag noch immer ohne Beschäftigung auf ihrem Bett. Sie hatte vielleicht einige Minuten geschlafen, doch nun lag sie wieder hellwach auf ihrem Rücken. Die Zimmerdecke, die ihr am Anfang so fremd erschien, kam ihr nun schon bekannt vor. Nach einer Weile hielt Cathy das sinnlose Herumliegen nicht mehr aus und stand auf. Sie setzte sich auf ihren Sessel an der Computerwand und ging ihrem geheimen Hobby nach, von dem keiner etwas wusste: Schon seit einiger Zeit hackte sie sich gerne in verschiedene Computersysteme ein, um an verborgene Informationen zu kommen. Ihr Vater war ihr mal wieder eindeutig zu geheimnisvoll zur Zeit. Cathy interessierte sich sehr für das eigentliche Ziel dieser Mission, bestimmt war schon etwas über die mysteriösen Angreifer bekannt, aber insgeheim hoffte sie auch darauf, vielleicht etwas über den Tod ihrer Mutter und Schwester in Erfahrung bringen zu können. Nach einigem Herumprobieren fand sie Zugang zu den allgemeinen Daten des Raumschiffes. Ihre Finger flogen nur so über die Tastaturen, betätigten Knöpfe, Schalter, ihre Augen huschten von einem Monitor zum nächsten und irgendwann spielte ein verschmitztes Lächeln um ihre Mundwinkel. Zwar hatte sie bis jetzt nichts Interessantes gefunden, doch nun wusste sie den Grund für ihre Pilotenausbildung. Es war ihr nie wirklich bewusst gewesen, doch sie schien wirklich schnelle Reflexe und auch allgemein in vielen Dingen schnell zu sein. Optimale Voraussetzungen für einen Piloten und aus irgendeinem Grund schien der Kommandant es zu wissen. Catherine biss sich auf die Unterlippe. Manchmal machte es ihr schon beinahe Angst, dass er so viel wusste und fast alles geheim hielt. Oberflächlich gesehen käme niemand auf die Idee, ihn als "mysteriös" oder ähnlich zu bezeichnen, er gab auf beinahe jede Frage eine Antwort, doch oft sagte er nicht alles, was er tatsächlich über etwas sagen konnte. Oftmals waren es belanglose Dinge, aber manchmal hatte Cathy wirklich das Gefühl, ihr Vater wisse mehr, als er zugeben wollte. Und dieser Sache wollte sie nun auf den Grund gehen. Nach einer Weile hatte sie es geschafft, zu den persönlichen Daten der Besatzung der ,Hiroshi II' und den wichtigen Personen auf der Erde durchzukommen. Ihren eigenen Lebenslauf überflog sie nur kurz und entschied sich, dass sie wohl besser den ein oder anderen Satz löschen würde. Manches ging ja nun wirklich niemanden etwas an! Nachdem dies geschehen und die Daten neu gespeichert waren, sah sie sich die weiteren Informationen an. Die registrierten Menschen waren so viele, dass man schnell den Überblick verlieren konnte. Schließlich hatte sie doch einiges über den Kommandanten gefunden. Etwas säuerlich stellte sie fest, dass bei den meisten Informationen das Wichtigste fehlte und der gesamte Lebenslauf gelöscht war. Sie wollte sich gerade an die Arbeit machen, etwas hinzuschreiben, als sie bemerkte, wie hinter ihr die Tür zum Zimmer geöffnet wurde. Cathy zuckte zusammen, schaltete blitzschnell den Computer ab und drehte sich mit dem Sessel zur Tür um. Das rothaarige Mädchen, welches dort stand, hob erschrocken die Hände nach oben und meinte: "Bitte entschuldigen sie... ich wollte sie nicht erschrecken, es tut mir leid!" "Wer sind sie?", fragte Cathy misstrauisch, "...und was machen sie in meinem Zimmer?" "Ich bin Mary Blair", meinte die Rothaarige und lächelte leicht, "Ich bin hier um ihnen mitzuteilen, dass Mizzy Black, ihre Zimmergenossin, wohl eine Weile nicht hierher kommen wird, da sie verletzt auf der Krankenstation liegt. Ich war gerade bei ihr und sie wird wohl noch etwas bleiben müssen". Cathy seufzte: "Dann verzögert sich das erste Pilotentraining wohl noch mehr?! Schließlich ist sie die Leiterin des Teams..." "Hm...", Mary Blair, besser bekannt als Happy, überlegte und sagte: "Daran habe ich noch gar nicht gedacht, aber sie haben natürlich recht. Aber wenn sie wollen, können wir ja solange zum Holodeck und die Simulatoren ausprobieren... ich wollte sowieso hin, warum sollten wir dann nicht zusammen gehen?!" Happy war schon wieder Feuer und Flamme für ihre neuen Pläne. Cathy meinte jedoch nur kühl: "Vielen Dank für ihr freundliches Angebot. Ihr bin leider im Moment beschäftigt, werde aber gegebenenfalls später darauf zurückkommen!" Nachdem Happy eine Weile gerätselt hatte, was die Worte der Braunhaarigen nun bedeutet hatten, fragte sie kleinlaut: "...das heißt, sie kommen nicht mit?" Cathy schüttelte den Kopf und sagte: "Und jetzt möchte ich bitte wieder meine Ruhe". "Schon in Ordnung!", sagte Happy schnell und ging wieder in Richtung Ausgang, "Wir sehen uns sicher beim ersten Meeting oder so..." Catherine Morrison nickte ihr nur kurz zu, dann wandte sie sich wieder zum Computer. Mit einem leisen Seufzen verließ Happy das Zimmer wieder und ging auf ihr eigenes. Cathy ärgerte sich, als sie den Computer erneut einschaltete und feststellte, dass sie nun noch einmal von vorn beginnen musste.
 

Im Hangar war derweil schreckliches Chaos. Mechaniker, Techniker und Roboter liefen durcheinander und versuchten von den beiden demolierten F-3400 zu retten, was noch zu retten war. Doch die Diagnose lautete eiskalt: "Totalschaden an beiden Maschinen", was den Chefmechaniker gar nicht erfreute. Er knurrte nur: "Ich hoffe diese Black hat eine gute Versicherung sonst wird es ganz schön teuer für sie!" Andere Männer und Frauen waren derweil beschäftigt, die Flieger auseinander zu klauben, unbeschädigte Einzelteile zu retten und die Schäden genau zu inspizieren. Roboter flitzten umher und speicherten alle Informationen auf ihre Datenbank. Der Kapitän sah sich dies alles über die Kameras an und sagte ihnen über den Lautsprecher: "Checkt gleich auch noch die anderen Jäger durch! Wenn bei dem einen etwas nicht stimmt ist es gut möglich, dass auch die anderen nicht ganz in Ordnung sind! Die Sicherheit der Piloten hat oberste Priorität, ich wiederhole..." Janet Dawson, eine junge Mechanikerin, kniete vor den Überresten von ,Blau 7' und versuchte, von unten in die Maschine zu gelangen. Leider war sie etwas ungeschickt und passte nicht genau auf, sie stieß sich den Kopf an einem der Metallteile an. "Autsch!", sie zuckte zusammen, fuhr schnell wieder zurück und presste die rechte Hand an ihren Hinterkopf, "Blödes Teil..." "Dawson!", hörte sie plötzlich die Stimme ihres Chefs. Sie dreht sich um und sah ihn näher kommen, "Was machen sie denn da hinten?!" "E-entschuldigen sie, Chef...", meinte sie kleinlaut, "Ich mache gleich weiter..." "Das will ich ihnen raten, Dawson!", er nickte ihr zu und entfernte sich wieder. "Puh...", Janet seufzte erleichtert und strich sich die schwarzen Locken aus dem Gesicht. Dann machte sie sich wieder an die Arbeit. Nach einigen Stunden Arbeit besah sich der Chefmechaniker die beiden Jäger ein weiteres Mal. Sie waren nun größtenteils auseinandergenommen, die Schäden genau untersucht und auf Datenbank festgehalten worden. Harry Watson, der Chef, sagte seinem Team: "Gut das reicht erst einmal... wir machen vielleicht später weiter, aber nun habt ihr euch eine Pause verdient!" Die anderen Techniker und Mechaniker verließen den Hangar während Watson sich an die Kommunikationswand setzte und die Roboter zu sich winkte. Er sah sie an und deutete auf den Computer: "Ich brauche alle Daten auf der Festplatte hier!" Als jeder der Roboter seinen Teil der Informationen übertragen hatte, schickte er sie fort und machte sich an die Arbeit, alle Daten an die Brücke zu schicken. Er funkte zum Kapitän: "Kapitän, hier Watson. Sende ihnen die Daten über die Schäden der Jäger". "Verstanden, Watson", hörte er kurze Zeit später, "Alles okay, Daten sind hier! Werde sie mir ansehen. Solange können sie wieder auf ihr Zimmer. Weitere Anweisungen werden folgen". "Ja, Sir", Harry Watson schaltete den Computer ab und stand auf. Zu den Robotern sagte er: "Sortiert die Einzelteile der Jäger, was noch brauchbar ist lasst ihr hier, denn Schrott werft ihr in die Müllpressen. Wenn ihr fertig seid, löscht die Lichter im Hangar". Dann ging auch er zurück auf sein Zimmer.
 

Nach Happys Besuch bei Cathy war sie nun wieder in ihr eigenes Zimmer gegangen. Jessica war nirgends zu sehen, sie war nun wohl fertig damit, ihre Sachen einzuräumen und ging vielleicht auf Erkundungsreise. Happy ließ sich mit einem tiefen Seufzen auf ihr Bett fallen, die Koffer einfach beiseite schubsend. Sie würde später aufräumen, nun brauchte sie erst einmal einen Augenblick Ruhe. Es wäre ihr so lieb gewesen, wenn in diesem Moment jemand da gewesen wäre. Dolly, Mizzy, ganz egal, wer. Hauptsache sie fühlte sich nicht mehr so allein. Happys Gedanken schweiften immer wieder zu der armen Mizzy ab, die nun ganz allein auf der Krankenstation lag und dort auch noch eine Weile sein würde. Bestimmt würde sie beinahe ausrasten, wenn sie erfuhr, dass sie nun eine Zeit lang nicht fliegen durfte. Niemand durfte das. Die F-3400 wurden nun noch einmal ganz durchgecheckt und verbessert. Happy fragte sich wessen schuld Mizzys Unfall war. War Mizzy selbst schuld daran, weil sie nicht auf Happy und den Kapitän gehört hatte? Waren die Techniker schuld, weil sie einen Fehler eingebaut hatten? Oder war gar Happy schuld an dem Unglück, da sie es nicht geschafft hatte, Mizzy davon abzuhalten. Ja, sie machte sich Vorwürfe. Sie hätte einfach hinterher steigen und die Blonde aus dem Cockpit ziehen sollen. Dann wäre das alles nicht passiert. Traurig sah Happy an die Decke. Diese Schuldgefühle quälten sie sehr, sie fragte sich, warum sie gegangen war. Es wäre eigentlich doch besser gewesen noch bei Mizzy zu bleiben. Doch sie hatte es einfach nicht mehr ausgehalten. Diese Atmosphäre, die Gedanken an früher, das unendliche Schweigen, das Warten. Und Mizzy, wie sie da so still lag, die Augen geschlossen, reglos. Happy seufzte wieder. Es war alles so schwierig. Sie hätte nie gedacht, dass so kurz nach ihrer Abreise schon ein solches Chaos auf sie zukommen würde. Die Ungewissheit, was nun aus den Piloten wurde, die Ungewissheit, was überhaupt geschehen würde, Mizzys Unfall, die Pflichten, die sie doch noch hatte, die vielen fremden Menschen, die fremde Umgebung... Happy wünschte sich so sehr jemanden um zu reden. Wäre doch bloß Dolly hier! Oder wenigstens jemand anders. Hauptsache irgendjemand hörte ihr zu. Doch stattdessen tat Happy das, was sie auch sonst immer tat, wenn sie sich so fühlte wie in diesem Moment: sie kramte in ihren Koffern nach ihrem kleinen Tagebuch herum, suchte einen Stift und fing an sich alles von der Seele zu schreiben.
 

"Liebes Tagebuch, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, es ist so viel passiert... ich kam gar nicht mehr dazu dir zu schreiben, aber jetzt will ich alles nachholen. Ich war bei diesem Meeting, es war gar nicht so schlimm, nur etwas zu lang. Der Abend ist aber ansonsten ganz schnell zu Ende gegangen und ich bin früh ins Bett. Am nächsten Tag hatten wir frei, ich war in der Stadt, ein Eis essen und dann wieder am nächsten Tag war schon die Abreise. Dolly hat sich so lieb von mir verabschiedet, ich vermisse sie sehr. Aber noch mehr machen mir ganz andere Dinge zu schaffen. Wie gesagt bin ich nun auf dieser ,Hiroshi II', als Pilotin. Ich bin auf Zimmer 284 mit einem anderen Mädchen, das ich nicht kenne, sie heißt Jessica Lewis und ist auch Pilotin. Ich hatte noch keine Zeit mir das Schiff anzuschauen, ich kenne nur den Hangar und die Krankenstation, aber ich fange besser von vorne an mit der Geschichte. An diesem Meeting habe ich eine Frau kennen gelernt, Mizzy Black. Sie saß neben mir, wir haben uns während der Besprechung ein wenig unterhalten, doch der Admiral hat uns ermahnt und uns Tische schrubben lassen. So habe ich Mizzy aber ein wenig kennen gelernt, sie ist die Leiterin des Pilotenteams, aber wir haben nicht viel gesprochen. Sie hatte mich lediglich neugierig auf sich gemacht, da sie so geheimnisvoll war. Am nächsten Tag traf ich sie dann durch Zufall wieder, an der Eisdiele. Sie war dort mit ihrer Freundin, die beiden hielten sich an den Händen, sie haben sogar dieselben Ringe! Aber die andere war ganz komisch, sie ist einfach fortgelaufen, Mizzy war sehr traurig, ich sprach sie an, aber sie ist dann auch ganz schnell wieder gegangen. So musste ich mein Eis allein essen. Es hat angefangen und regnen und ich fuhr mit der Straßenbahn zurück. Auf der Akademie war ich noch lange wach, da ich nicht einschlafen konnte, ich habe dann noch Mizzy besucht um sie ein wenig zu trösten, aber sie hat mir gesagt, ich solle wieder gehen. Am Tag der Abreise beim Frühstück habe ich sie dann auch gesehen und wir haben uns ein wenig unterhalten. Am Anfang wollte sie gleich wieder gehen, als sie mich sah, aber ich habe sie dann doch überredet und wir haben zusammen gegessen. Dabei alberten wir sogar ein wenig herum, es hat wirklich viel Spaß gemacht. Als wir vor dem Schiff warten musste und es so kalt war, hat Mizzy mir sogar ihren Mantel gegeben! Da ihr aber auch kalt war, habe ich mich einfach dicht neben sie gestellt und den Mantel über uns beide gelegt. Es war schön ihr so nahe zu sein und ich wäre gerne öfters mit ihr zusammen. Als wir dann auf der ,Hiroshi II' waren, haben wir uns die Flieger nach dem Start angesehen, aber da passierte es: Mizzy ist einfach ohne Erlaubnis losgeflogen und wollte nicht mehr zurückkommen. Es war ein schreckliches Chaos, die Brücke, Mizzy und ich funkten durcheinander und ich kannte mich mit den Geräten überhaupt nicht aus! Mizzy wollte schließlich doch zurück, aber sie konnte nicht bremsen und ist gegen einen anderen Jäger geknallt. Ich dachte schon sie wäre tot, aber nun ist sie nur verletzt und liegt im Krankenzimmer. Ich war schon bei ihr, aber sie ist immer noch bewusstlos. Ich habe solche Angst um sie. Die Schwester hat zwar gesagt, ich solle mir keine Sorgen machen, aber ich spüre, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ich mag Mizzy sehr, am liebsten hätte ich mit ihr zusammen ein Zimmer und würde die ganze Zeit bei ihr sein. So gerne würde ich sie näher kennen lernen, aber ich glaube sie ist ein wenig schüchtern. Eigentlich denke ich schon dass sie mich auch ein wenig mag, vielleicht traut sie sich nur nicht es mir zu sagen. Ich würde ihr gern helfen, über die Trauer hinwegzukommen, dass sie sich nicht von ihrer Freundin verabschieden konnte, darüber hat sie nämlich sehr geweint. Ich würde gerne einfach ganz locker mit ihr reden, aber sie verschließt sich immer so, wenn wir zusammen sind und vor allem wenn noch andere dabei sind. Sie ist auch ein bisschen egoistisch, sie denkt oft nur an sich, aber ich denke, dass ist alles nur die harte Schale. Ich habe ja schon gemerkt, dass sie einen weichen Kern hat, sie müsste ihn nur öfter zeigen. Oh ich weiß, ich nerve dich sicherlich schrecklich damit, aber ich muss darüber schreiben. Ich könnte so viel über Mizzy schreiben, da ich im Moment nicht mit ihr reden kann aber ich glaube, wenn ich es gerade könnte, würde ich gar nicht viel sinnvolles herausbringen. Ich würde so gerne ihre Freundin sein, ich glaube sie hat sonst niemanden an den sie sich wenden kann, zumindest ist mir niemand solches aufgefallen. Eigentlich habe ich sie bis jetzt nur allein gesehen. Aber bestimmt hat sie schon gemerkt, dass ich sie mag, schließlich war ich so oft wie möglich bei ihr, ich glaube sogar sie findet das zu aufdringlich... na ja vielleicht werde ich mich ja bessern, aber im Moment geht sowieso gar nichts, da sie noch ohnmächtig ist. Ich muss also warten. Dieses Warten gerade macht mich so nervös! Vom Feind ist nichts zu sehen, das hat der Kapitän gesagt, und ohne Mizzy können wir Piloten nicht einmal trainieren... geschweige den die Flieger ausprobieren, weil die ja eh nicht in Ordnung sind, außerdem brauchen wir dazu Mizzys Befehl. Hoffentlich ist bald ein Meeting oder so, damit ich endlich weiß wie es weitergeht! Na ja, ich glaube es wird schon alles wieder gut werden! Ich muss nun aber aufhören zu schreiben, schließlich habe ich meine Koffer noch nicht ausgeräumt... also mach's gut! Happy"
 

Ohne sich alles noch einmal durchzulesen klappte sie das Buch zu und legte es mit dem Stift auf den Nachttisch. Sie sprang vom Bett auf, streckte sich erst einmal und machte sich dann an die Arbeit. Sie war schnell fertig damit, ihre Sachen im Zimmer zu verstauen, die Kleidung schnell in den Schrank geräumt, Waschzeug ins Badezimmer und den Rest auf den Nachttisch. Happy war niemand, der alles piekfein säuberlich geordnet haben musste, Hauptsache die Dinge waren an einem Platz, wo Happy sie leicht finden konnte. Nachdem sie noch kurz im Waschraum gewesen war, beschloss Happy, sich das Schiff einmal genauer anzusehen. Auf dem Rückweg konnte sie ja noch einmal bei Mizzy vorbeischauen. Bevor sie ging suchte sie aus ihrem Schrank noch die zur Uniform passende Jacke heraus, da ihr die Temperaturregelung wie sie war nicht so ganz gefiel, und zog sie an. So verließ sie dann ihr Zimmer wieder und sah sich auf dem Flur um. Sie hatte versucht sich den Plan an der Tür zu merken, aber eigentlich hatte sie kein allzu gutes Gedächtnis. Da sie aber sowieso keine Idee hatte, wo sie zuerst hinwollte, machte es ihr nichts aus. Sie ging einfach der Nase nach, in irgendeine ansprechende Richtung. Die Korridore waren lang und beinahe alle sahen gleich aus. Nur an den Zimmernummern und den Schildern die an den Weggabelungen konnte man sich orientieren. Happy tippte darauf, dass hier der Teil des Raumschiffes war, in dem sich die Mannschaftsunterkünfte befanden. Ihrem Gedächtnis nach führte irgendwo ein Aufzug zu den Räumen, in denen Besprechungen, Meetings und Konferenzen stattfanden. Maschinen- und Lagerraum befanden sich auf der unteren Ebene, wie der Fliegerhangar, welcher dort ganz außen lag. Die Brücke lag im Herzen des Schiffes, der Funkraum gleich darunter. Küche und Kantine befanden sich in einem Seitenblock über den Unterkünften, das Holodeck darüber und die Krankenstation auf Höhe der Unterkünfte. Auf jedem Deck befanden sich an verschiedenen Stellen Geschütztürme, die man im Notfall manuell bedienen und sich so gegen Angreifer wehren konnte. Dies alles war mit Aufzügen verbunden, es gab viele Aufenthaltsräume in denen man nach Lust und Laune herumhängen konnte, eine Bar und noch viele sonstige Räume, die zum Vergnügen waren. Auf den Gängen befanden sich in regelmäßigen Abständen Bänke und Getränkeautomaten, alles in einem erinnerte sehr an das Hauptgebäude auf der Erde. Happy seufzte und ließ sich auf einer Bank nieder. Sie murmelte zu sich selbst: "Hm... also eigentlich habe ich gedacht, das Raumschiff ist dazu da, die unbekannten Angreifer abzuwehren, aber anscheinend sollen wir uns hier amüsieren... ich wäre zu gerne auf die Brücke gegangen, schade dass mich die Sicherheitsleute nicht durchlassen wollten..." "Na ja, wenn sie jeden auf die Brücke lassen würden, was meinst du, was das für ein Chaos gäbe?!", Happy hörte eine Stimme und sah auf. Sie blickte direkt in die fröhlich blitzenden braunen Augen einer jungen Frau, die vor ihr stand und ihr die Hand hinstreckte: "Hallo! Ich bin Janet Dawson. Ich habe mich schon gefragt, wann ich hier endlich ein menschliches Wesen zu Gesicht bekommen werde nach all den Robotern und Computern... Darf ich nach deinem Namen fragen?" Happy lächelte die fremde Frau fröhlich an, nahm ihre Hand und sagte: "Ich bin Mary Blair, aber eigentlich nennt man mich Happy!" Janet lachte: "Na das hat bestimmt einen Grund oder?", sie drückte Happys Hand und zwinkerte, "Na ja egal, ich bin froh, endlich jemanden kennen zu lernen! Darf ich dich vielleicht zu einer Tasse Tee einladen?" "Gerne!", Happy strahlte und stand auf, "Ich würde mich wirklich freuen! Vielleicht noch ein paar Kekse dazu..." Sie war ebenso glücklich, jemanden kennen zu lernen, außerdem war ihr die junge, schwarzhaarige Frau sehr sympathisch. Sie schien weder verklemmt noch verschlossen zu sein sondern einfach lebensfroh, was Happy sehr schätzte. Allein die Art, einfach auf einen Fremden zuzugehen und etwas Freundliches zu sagen kannte sie von sich selbst und hatte deswegen auch keinerlei Probleme damit. Da es nie schaden konnte, neue Kontakte zu knüpfen und da Happy sowieso eine Ablenkung brauchte, war sie sehr erfreut über die Einladung und nahm sie dankbar an. Zusammen gingen die beiden Frauen den Gang entlang bis zum Aufzug, der zur Cafeteria führte. Sie unterhielten sich auf eine lockere Art, als würden sie sich schon jahrelang kennen und gute Freundinnen sein. Happy war sehr froh, jemanden auf ihrer Wellenlänge getroffen zu haben und lächelte in sich hinein und aus sich heraus, während die beiden miteinander sprachen. Sie erfuhr sehr viel über Janet Dawson, welche Mechanikerin auf den Schiff war und gerade die Schäden der F-3400 inspiziert hatte. Sie erzählte von ihrem Beruf und erfuhr von Happy die Geschichte mit Mizzy. Beide ärgerten sich über die vielen identischen Gänge auf dem Schiff und rätselten miteinander, was wohl auf sie zukommen würde. Schließlich hatten sie die Cafeteria auf einem oberen Deck gefunden.



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