"Hitomi, bitte versuch es, wenigstens.." Er blickte sie verzweifelt an.
"Ich kann nichts tun..
wirklich"
"Soll ich gegen sie kämpfen?"
Sie schüttelte den Kopf, er würde einige (und bestimmt nicht wenige) besiegen können, aber gegen diese Horde von Riesenspinnen würde er gnadenlos unterliegen.
Ihre Chancen standen nicht gut.
Wie aus heiterem Himmel, verlangte sie von Van, dass er landen sollte.
"Lande." "Was?" "Lande." Ihre Stimme klang fester und selbstsicherer als sie sich fühlte.
Er vertraute ihr und seine Flügel schlugen langsamer und bewgten sich kaum noch.
Die Sonne schien sanft auf eine zierliche, weibliche Gestalt.
Sie befreite sich mühsam von dem Spinnennetz, das sie fast vollständig bedeckte.
Was war passiert, warum war sie an diesen Baum gefesselt gewesen?
Sie blinzelte der Sonne verschlafen entgegen, eben war es doch noch Nacht gewesen, oder täuschte sie sich? Was war passiert?
Sie hörte ein leises Rauschen.
Das Geräusch näherte sich ihr. Es wurde langsamer und zugleich entspannter.
Sie schloss ihre Augen. Ein kurzes und undeutliches Bild erschein ihr. Es waren Vögel. Sie wollten ihr helfen..
Vögel? Waren, dass etwa..?
Van war unsicher gelandet. Er war verunsichert, was sollte das bedeuten?
Er löste sich langsam aus Hitomis Umklammerung.
Er schaute sie zärtlich an.
"Ich..." "Ja?" "Ach, nichts. Ich hab' nur laut gedacht.." "Und was hast du gedacht?"
"Denkst du das Gleiche wie ich?" "Was wäre das?"
Er lächelte sie verschmitzt an. Sie antwortete ihm mit einem leicht ironischen Unterton. "Meinst du nicht auch, dass es übel für uns aussieht?"
"Wir müssen nur hoffen. Irgendetwas wird schon passieren." "Irgendetwas?" "Es ist doch immer etwas passiert."
Sie zuckte ihren Schultern und zwinkerte ihm zu. "Wenn du das so siehst. Sollten wir uns nicht hinsetzen und warten bis etwa passiert?" Sie betonte die letzten Worte übertrieben und zwinkerte ihm zu.
Er nickte nur und hockte sich mit einem kurzen freudigen Lächeln, auf den grauen, staubigen Boden. Sie setzte sich direkt neben ihn.
"Und was machen wir jetzt?" "Warten." "Schön."
"Majestät." Sie drehte sich entnervt um. "Was ist? Habe ich dich nicht gebeten, mich nicht zu stören." "Ja, aber.." "Aber was?"
Conceila hob ihr schwarzes, schweres Kleid und machte einen kurzen Knicks.
"Majestät, ich denke Ihr solltet euch beeilen. Es wird knapp."
Ihre Königin nickte nur kurz. Ihre Züge entspannten sich langsam und sie konnte seit langer Zeit wieder lächeln.
"Ich werde mich so sehr beeilen wie es geht. Du kannst gehen."
Hitomi hob ungläubig ihren Kopf. "Van,." Sie zupfte an seinem Hemd.
Er drehte sein Gesicht zu ihr um. "Ich habe etwas gesehen." "Und was?" "Sie schicken Vögel." "Sie?" "Frag' mich nicht. Die Vögel kommen." "Bist du dir sicher?"
"Du kannst Fragen stellen. Ich habe es einfach gesehen. Nicht mehr und nicht weniger."
Er nickte nur resignierend.
"Sind sie weit entfernt?" "Mir schien es nicht so." "Dann passiert ja doch etwas." Ein breites Grinsen stahl sich auf seine müden Züge.
"Majestät, schickt mich doch." "Warum willst du es unbedingt? Die Vögel fliegen auch ohne dein Beisein." "Aber jemand muss den beiden doch erzählen, was wir von ihnen wollen. Denkt Ihr nicht, dass sie sich wie Gefangene fühlen würden, wenn sie einfach ohne eine Erkläruing hierher gebracht werden?" "Gut, wir wollen ja, dass sie bereit sind uns zu helfen. Geh, aber beeil' dich. Sonst sind die anderen Vögel schneller als du." Die Königin wedelte hastig mit ihren Händen. "Du kannst dich entfernen. Mach schnell."
Hitomi und Van hatten sich bei ihren Händen gefasst und warteten. Warteten auf Hilfe, warum brauchten diese Vögel bloss so lange?
Hitomi wandte ihr Gesicht Van zu. "Meinst du, dass sie uns helfen werden?" "Helfen? Ich weiß es nicht und möchte mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Lass uns es doch einfach sehen." "Glaubst du, dass die Vögel etwas mit Runa zutaun haben?" Seine Augen traten erschrocken hervor. "Runa... Hast du sie gesehen." Hitomi antwortete ihm entspannt. "Ich weiß es nicht, aber es geht ihr gut." "Gut? Woher weißt du das?" "Ich spüre es, es klingt vielleicht albern. Aber ich fühle es. Es ist fast so wie bei Zwillingen, sie sollen es auch fühlen, ob es dem anderem gut oder schlecht geht." "Davon habe ich auch gehört. Meinst du, dass Runa und du, Zwillinge seid? Ich meine nur eure .. Ähnlichkeit." "Ich weiß es nicht, aber Runa hatte es versucht mir zu erklären. Gerade als sie es mir sagen wollte, hast du uns unterbrochen."
Er blickte sie verwundert an. "Ich wiederhole deine Worte ungern, aber ich soll euch unterbrochen haben?" "Ja, es war erst vor... 2 Tagen gewesen." Sie musste kurz stocken, es waren schon zwei Tage vergangen.. Wie die Zeit verging.
Plötzlich ertönte ein ansteigendes Rauschen.
Hitomi sprang auf und deutete Van mit einer kurzen Handbewegung an, ihr zu folgen.
Er sprang sofort auf und folgte etwas verzögert. Ein breites Strahlen zeichnete sich auf Hitomis Gesicht ab. Vor ihr waren drei große, schwarze Vögel gelandet. Ihre prachtvollen, schwarzen Federn wurden von nicht weniger prachtvollen, schimmernden, goldenen Daunenfedern unterbrochen.
Sie kannte diese Vögel, der Vogel, der sie erst vor kurzem gerettet hatte, war von dwer gleichen unglaublichen Gattung. Zwei zierliche, dunkel gekleidete Gestalten saßen auf einem der Vögel. Eine von ihnen ergriff das Wort. "Hitomi, ich bin erfreut dich wieder zu sehen." Die Bäume warfen dunkle, fast schwarze Schatten auf ihr Gesicht. "Du kennst meinen Namen? Wer bist du?" "Ich bin Conceila, wir haben uns schon gesehen. Wenn ich mich nicht täusche im Raum deiner Freundin und letzte Nacht. Erinnerst du dich?"
"Das warst du?" Conceila trat aus dem Schatten und ein heller Lichtstrahl brach sich auf ihren schwarzen Locken. "Erkennst du mich jetzt?" "Ja. Ich hebe eine Frage." "Stell sie ruhig. Mir gegenüber musst du nicht so höflich sein. Ich vertrage fast jeden Umgangston."
Sie hatte dieses "mir gegenüber" überdeutlich betont, was wollte sie Hitomi damit sagen?
"Weißt du was mit Runa passiert ist?" "Du musst dir keine Sorgen um sie machen." Sie deutete auf den Vogel, von dem sie gerade abgestiegen war. "Sie sitzt dort."
Hitomi blinzelte verwirrt. "Runa?" "Wir haben sie eben gerade erst abgeholt." Runa schwang sich nun auch von dem Vogel herunter und trat zu ihnen. "Hitomi, Van, ich freue mich, dass es euch gut geht. Wir haben uns lange nicht gesehen." Sie nickte den beiden grüßend zu und wandtze sich gleich in der gleichen Bewegung an Conceila. "Wollen wir jetzt nicht aufbrechen?" "Ja, es ist ja alles geklärt."
