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die Uhr

von

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Grausig, der Klang der Uhr. So gleichmäßig, ohne Melodie, ohne Farbe. So schön es früher erschien, war es lange nicht mehr. Es klang hohl. Es klang - sie überlegte nach einem passenden Wort, doch es fiel ihr keines ein. Sie starrte auf das Glas in ihrer Hand. Es war so klar, durchsichtig, so rein. Aber es war leer. Es war wie die Uhr.

Ihre Hände zitterten, sie sahen alt und verdorrt aus. Oder kam es ihr nur so vor? Er sagte immer, sie habe die schönsten Hände der Welt.

Was wußte er schon.

Er erzählte ihr auch, sie würde es schon schaffen. Es waren schon drei Jahre vergangen - und hatte sie es geschafft? Nein.

Drei endlos lange Jahre. Sie schaute wieder auf die Uhr. Nie war Zeit kostbarer für sie gewesen. Seit...

Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen.

Ihre Hand bewegte sich langsam auf die Flasche zu. Das Tropfen, wenn der letzte Schluck ins Glas fiel.

Seltsam, nie hätte sie sich träumen lassen einmal so etwas zu trinken. Vorsichtig setzte sie das Glas an ihre trockenen Lippen. Ihr zerzaustes Haar fiel über ihre Schulter, als sie den Kopf zurückwarf.

Tick, tack, tick, tack. Die scheiß Uhr ging ihr auf die Nerven. Sie warf das Glas nach ihr. Nicht mehr fähig es zu halten, glitt es ihr aus der Hand und viel zu Boden. Durch den unerwarteten lauten Aufschlag zuckte sie zusammen.

Vorsichtig beugte sie sich zu den Scherben. Viele kleine Splitter. Wie ihr Leben. An einem Stück schnitt sie sich in den Finger. Abwesend sah sie zu, wie das Blut über ihre Hand lief. In der anderen, hatte sie noch das Stück Glas.

Sie könnte doch...

Langsam setzte sie die scharfe Kante an den Puls. Alle hatten sie verlassen. Von den vier Kindern die sie gebar, starben drei schon als Babys. Das letzte vor drei Jahren bei einem Unfall. Ihr Mann hatte ihn nur knapp überlebt. Jetzt lag er im Krankenhaus mit schweren Herzproblemen. Wenn er Glück hat, lebt er noch einen Monat, hatten sie gesagt.

Was wollte sie hier?

Sie sah noch einmal auf die Uhr. Zeit ist so kostbar.

Tränen traten in ihre Augen.

Das Telephon klingelte. Der Anrufbeantworter sprang an. Alles konnte sie nicht verstehen, nur das zaghafte: "Es tut uns leid, wir konnten nichts tun..."

Ein unterdrückter, leiser Aufschrei und sie sah wie das Leben aus ihr herausfloß. Noch ein verschwommener Blick zur Uhr. Jetzt wußte sie wie sie klang - traurig. Ein wirres Lächeln umspielte ihre Lippen. Du mußt nicht traurig sein. Jetzt klingst du wieder wie früher, so klar, so warm.

Sie sackte in sich zusammen. Mit jedem Schwall Blut verlor sie ein Stück ihrer Angst.

Jetzt würden sie endlich alle zusammen sein.

Endlich eine Familie.

Sie lächelte noch einmal und schloß die Augen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Malin-Saturn
2004-01-29T16:04:25+00:00 29.01.2004 17:04
Wie gesagt, ich schreibe immer Kommis zu den Geschichten, die mir gefallen, diese finde ich wirklich gut. Suiziedgefährdet? Ich glaube, dann darf man gar keine FF lesen.


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