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366 Tage - 366 Geschichten

366 Tage Challenge 2024
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Heute direkt die Weiterführung der gestrigen Geschichte. Das Thema hat einfach direkt gepasst. Komplett anzeigen

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21.06.2024 - Vater

Ein paar Tage waren vergangen, in denen Leyla es nicht geschafft hatte, sich bei ihrer Mutter zu melden. Sie war enttäuscht und gleichzeitig überfordert mit der Tatsache, plötzlich doch einen Vater zu haben. Auch an diesem Tag saß sie wie schon in den Tagen davor auf der Couch in ihrer gemeinsamen Wohnung mit Cem und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Cem war noch auf der Arbeit und Leyla war die meiste Zeit alleine, aber das machte ihr nichts aus. Sie hatte viel darüber nachgedacht in der letzten Zeit und in der Zwischenzeit war sie sich sicher, dass sie unbedingt auch mit dem Mann reden wollte, der ihr Vater sein sollte. Sie wollte auch seine Geschichte hören, sie wollte von ihm hören, warum er sie damals im Stich gelassen hatte.

Aber sie wollte ihm auch nicht alleine gegenübertreten, sodass sie Cem gebeten hatte, nach der Arbeit mit ihr zu der Firma ihres Vaters zu fahren. Sie brauchte ihn einfach als Unterstützung.
 

Als sie den Schlüssel im Türschloss hörte, sprang sie sofort auf und lief ihrem Freund entgegen. Sie begrüßte ihn mit einem Kuss und griff gleichzeitig nach ihrer Jacke.

“Können wir gleich wieder los? Ich will das Gespräch einfach nur hinter mich bringen”, sprach sie ihren Freund an, woraufhin Cem verwirrt blinzelte.

“Wenn du mich vorher kurz ins Bad und eine Kleinigkeit essen lässt, können wir danach sofort los”, entgegnete der Dunkelhaarige und brachte seine Freundin damit zum Seufzen.

“Tut mir leid, natürlich”, erwiderte sie entschuldigend und lief in die Küche. “Ich habe noch etwas vom Mittagessen übrig. Ich mache es dir schnell warm, während du im Bad bist, okay?”, rief sie ihm von dort aus zu und stellte die kleine Auflaufform mit dem Auflauf bereits in den Backofen.

Bereits fünf Minuten später saß sie gemeinsam mit Cem am Küchentisch und beobachtete ihren Freund beim Essen.

“Bist du dir sicher, dass du dir seine Version der Geschichte wirklich anhören willst?”, wollte der Dunkelhaarige zwischen zwei Bissen wissen und Leyla nickte direkt.

“Ich muss einfach wissen, warum er damals wirklich gegangen ist und Mama und mich im Stich gelassen hat. Und vor allem, warum er mich nicht wollte oder nie irgendwelche Anstalten gemacht hat, seine Tochter kennenlernen zu wollen”, entgegnete sie und strich ihre dunklen Locken nach hinten.

Verstehend nickte der Cem und ass in Ruhe auf, bevor er den Teller an die Seite stellte und sich anschließend erhob. “Egal, was er dir sagen wird, vergiss nie, was für ein wundervoller und eigenständiger Mensch du geworden bist. Auch ohne ihn an seiner Seite”, sprach er sanft, nachdem er vor Leyla stehen geblieben war und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Leyla erwiderte den Kuss und lächelte kaum merklich. Die Worte ihres Freundes bedeuteten ihr unglaublich viel und sie wusste, dass sie sich immer auf ihn verlassen konnte.

“Komm, lass uns los”, schob Cem hinzu und schob seine Freundin anschließend aus der Wohnung.
 

Je näher sie der Firma ihres potenziellen Vaters kamen, desto nervöser wurde Leyla. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Hände waren schwitzig. Vor der Firma stieg sie aus dem Auto und sah an dem Gebäude empor. Erst als Cem ihre Hand ergriff, folgte sie ihm ins Innere des Gebäudes und klopfte an die Tür, die zum Büro ihres Vaters führte.

“Herein?”, erklang dessen dunkle Stimme, woraufhin Leyla kurz tief Luft holte und anschließend ins Zimmer trat.

“Leyla?” Überrascht sah der Grauhaarige auf und erhob sich hinter seinem Schreibtisch. Er trat auf die junge Frau und auch ihren Freund zu und reichte beiden die Hand. Leyla zögerte kurz, bevor sie den Händedruck erwiderte.

“Ich habe mit Mama gesprochen”, brachte sie es direkt auf den Punkt und sah kurz zu ihrem Freund. Das aufmunternde Lächeln, dass der Dunkelhaarige ihr schenkte, schenkte ihr das nötige Vertrauen und sie sah wieder zu dem Mann vor sich.

“Und? Was hat sie dir gesagt?”, hakte der Grauhaarige nach und lehnte sich gegen den Schreibtisch, hinter dem er bis eben noch gesessen hatte. Leyla schwieg einen Moment lang und biss sich leicht auf die Unterlippe, bevor sie das Wort ein weiteres Mal erhob.

“Sie hat mir gesagt, dass ihr euch schon vor meiner Geburt getrennt habt und du dich danach nie wieder gemeldet hast”, begann sie und konnte sehen, dass sich die Stirn des Älteren runzelte. “Und hat sie dir auch gesagt, warum ich das getan habe?”

Kaum merklich schüttelte Leyla den Kopf. “Nein.”

“Sie wollte nicht, dass ich dich kennenlerne. Sie hat mir jeglichen Kontakt untersagt, nachdem sie festgestellt hat, dass sie schwanger ist”, fing Bogdan an und wieder runzelte Leyla die Stirn. “Warum hätte sie das tun sollen?”

“Weil sie damals mit einem anderen Mann zusammen war und ihm längst versprochen war. Es hätte niemals an die Öffentlichkeit geraten sollen, dass das Kind nicht von dem Mann ist, den sie hätte heiraten sollen”, antwortete der Grauhaarige und diesmal war Leyla vollkommen durcheinander. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen anderen Mann an der Seite ihrer Mutter gesehen zu haben. Sie waren immer alleine gewesen und Leyla hatte nie erfahren, wie es war, mit ihrem Vater an ihrer Seite aufzuwachsen.

“Aber Mama hat nie geheiratet?”, gab sie direkt zu Bedenken, woraufhin Bogdan nickte und seine Arme vor der Brust verschränkte. “Er ist kurz vor der Hochzeit verstorben”, entgegnete er, was Leyla direkt leid tat.

“Aber warum hat Mama sich dann nicht einfach auf dich eingelassen? Und warum erzählt sie mir, dass du sie so sehr verletzt hast, dass sie nicht will, dass du wieder in unser Leben trittst? Sie hat sogar gemeint, dass sie versucht hätte, mir auszureden, mich hier zu bewerben, wenn sie gewusst hätte, wem die Firma gehört", sprudelte es aus Leyla heraus, wodurch sie ein Seufzen des Älteren zurück bekam. Es war nicht so, dass Bogdan die Reaktion seiner damaligen Freundin nicht hätte verstehen können, immerhin hatten sie nur eine Affäre gehabt. “Wir hatten damals nur eine kurze Affäre, aus der du entstanden bist. Sie wollte das Kind gemeinsam mit ihrem zukünftigen Mann großziehen. Ihre Eltern hätten nie akzeptiert, dass diese Hochzeit nicht stattfindet. Dass ist es letztendlich doch nicht hat, war Schicksal.”

Verstehend nickte Leyla und kaute wieder auf ihrer Unterlippe herum. Kurz sah sie zu ihrem Freund, bevor sie ein weiteres Mal tief Luft holte. “Warum hast du dann nie irgendwelche Versuche unternommen, mich kennenzulernen?”

“Das habe ich, Leyla. Nachdem deine Mutter mir gesagt hat, dass du das Licht der Welt erblickt hast, habe ich jedes Jahr zu sämtlichen Feiertagen Geschenke oder andere Dinge geschickt. Ich habe deine Mutter mit Geld versorgt, damit sie dir ein schönes Leben ermöglichen kann, aber sie hat mir nie gestattet, dich zu sehen”, antwortete Bogdan und diesmal machte sich sogar ein wenig Wut in Leyla breit. Wut auf ihre Mutter, dass sie ihr ihren Vater so lange vorenthalten hatte.

“Woher hast du gewusst, dass ich .. deine Tochter bin?”, hakte sie leise nach und strich sich mit einer Hand fahrig über den Oberarm hinweg.

“Deine Bewerbungsunterlagen lagen natürlich auch auf meinem Tisch. Ich habe dein Geburtsdatum und den Geburtsort gesehen und auch dein Foto. Du hast meine Augen und die Grübchen um deine Mundwinkel, wenn du lächelst”, hörte sie die Antwort des Grauhaarigen und automatisch schlich sich tatsächlich ein Lächeln auf Leylas Lippen. “Ich weiß, dass ich dir nie ein Vater sein konnte und es vielleicht sogar auch nie sein werde, aber ich würde mich wirklich darüber freuen, wenn du mir die Chance gibst, dich kennenzulernen. Als meine Tochter, auch wenn deine Mutter dagegen ist”, fuhr Bogdan fort und erwiderte das Lächeln der jungen Frau.

“Ich bin längst volljährig, Mama kann mir das eh nicht verbieten”, murmelte Leyla und sah kurz zu ihrem Freund. Als Cem lächelte und ihr aufmunternd zunichte, nickte auch Leyla. “Okay, aber zu meinen .. Konditionen. Ich möchte nicht nur einen Vaterschaftstest, sondern auch selbst entscheiden, wann wir uns treffen. Und ich möchte auch nicht, dass ich die Ausbildung - falls ich sie denn in ein paar Wochen wirklich noch will - nur bekomme, weil ich deine Tochter bin.”

Im ersten Moment war Bogdan von der Antwort Leylas überrascht, stimmte ihr aber schließlich zu. Auch, wenn er sich sicher war, dass der Test beweisen würde, dass er Leylas Vater war, aber er würde trotzdem seiner Tochter die weitere Vorgehensweise überlassen. Allein schon deshalb, um endlich eine Rolle im Leben seiner Tochter spielen zu können. Um ihr der Vater sein zu können, der er in den letzten neunzehn Jahren nicht hatte sein dürfen.

Der Rest lag an Leyla.



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