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the strength to be courageous

MatsuHana
von

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the strength to be courageous

„Ich schwöre es, irgendwann werde ich ihn schlagen!“

 

„Wieso bist du eigentlich so versessen darauf?“
 

„Huh? Es geht hier um’s Prinzip. Um meine Ehre!“

 

„Hm. Weißt du was?

Wenn du es schaffst, werde ich dir einen Wunsch erfüllen, egal wie dumm er ist.“


 

**
 

Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Er biss die Zähne hartnäckig zusammen, die Augen entschlossen auf den Punkt gerichtet, an dem sich ihre Körper berührten. Sämtliche seiner Muskeln waren angespannt und die Luft, die er einatmete, war heiß und stickig. Ein grimmiger Blick war auf ihn gerichtet, einschüchternd und genauso verbissen.

Zähnefletschend stemmte er sich gegen die unnachgiebige Kraft, krallte seine verschwitzten Finger in den Stoff seiner Hose und verzog sämtliche Gesichtsmuskeln. Keuchend spürte er, wie der Widerstand sich wandelte – und zwar in noch mehr Druck, gegen den er sich nicht wehren konnte. Schmerz zog sich durch seinen Arm und ein erstickter Laut drang aus seiner Kehle, als er ihm unterlag.

Mit einem dumpfen Geräusch kam sein Handrücken auf dem Tisch auf und das Ziehen seines Muskels wurde so unangenehm, dass er vom Stuhl aufsprang.

„Ah! Schon gut, schon gut!“, japste er ergeben, während um ihn herum schadenfrohes Gelächter ertönte.

Sein Arm wurde aus der Verrenkung freigelassen und mit einem bitteren Geschmack der Niederlage auf der Zunge, rieb sich Hanamaki Takahiro das strapazierte Körperteil. Verdammt, dabei hatte er diesmal wirklich geglaubt, dass er eine Chance hatte!

„Er hat dich pulverisiert“, gackerte Oikawa, der lässig gegen den Fenstersims lehnte und das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtet hatte.

„Tatsache“, pflichtete Matsukawa ihm bei, was Takahiro frustriert das Gesicht verziehen ließ. Er fing den triumphierenden Blick seines Gegners auf und seufzte tief.

„Müsst ihr noch Salz in die Wunde streuen?“, beschwerte er sich, während Iwaizumi sich für einen Moment den Nacken massierte und dann aufstand, als wäre ihr Wettkampf ein Zuckerschlecken für ihn gewesen. Nur an seinem leicht geröteten Gesicht merkte man, dass er sich tatsächlich angestrengt und Takahiro nicht geschont hatte. Noch mehr als zu verlieren, hätte er es gehasst, nicht ernst genommen zu werden, weshalb er seinem Teamkameraden dankbar war. Es war ein bitterer, stummer Dank… aber ein Dank.

„Der Coach wird schimpfen, wenn ihr euch weiter so verausgabt“, gab Watari zu bedenken, der sich bereits auf die Tür des Klassenzimmers zubewegte, doch seine Worte kamen zu spät – Takahiro hatte längst das Gefühl, seinen Arm heute nicht mehr bewegen, geschweige denn einen Aufschlag ausführen zu können.

Manchmal fragte auch er sich, wieso er sich das eigentlich antat. Es war schließlich nicht so, als wäre es sein allergrößter Traum, Iwaizumi beim Armdrücken zu schlagen. Er mochte die Herausforderung, aber so verrückt war er nicht. Es reichte jedoch ein verstohlener Blick über die Schulter, als Matsukawa sich ihm schmunzelnd von hinten näherte und seine Schultern massierte, als wäre er ein Boxer, der vor der nächsten Runde aufgepäppelt werden musste, um ihn an den Grund zu erinnern.

Takahiro war froh, dass sein Gesicht bereits rot war.
 

**
 

„Irgendwann wird sich der Wind drehen“, versprach er seinem Spiegelbild, welches ihm entschlossen entgegenstarrte. Takahiro drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht, während Matsukawa, der ihn zu den Toiletten begleitet hatte, mit verschränkten Armen dastand und ihn dabei beobachtete. Er wirkte so, als läge ihm eine Frage auf der Zunge, doch Takahiro konnte sich denken, dass er nur die übliche wiederholen wollte und sich deswegen zurückhielt.

„Das würde ich wirklich gerne sehen“, kommentierte Matsukawa schließlich, worauf Takahiros Ego sofort ansprang. Oder vielleicht war es auch sein Herz – es kannte sich zu wenig damit aus, um den Unterschied feststellen zu können.

„Das wirst –“, setzte er an, doch dann erinnerte er sich an sein letztes Kräftemessen gegen Iwaizumi und plusterte empört die Wangen auf. „Oi! Wieso hast du dann gelacht, huh?!“

Ein faules Grinsen zupfte an Matsukawas Lippen und er zuckte mit den Schultern. „Weil es lustig war. Das heißt nicht, dass ich dir nicht die Daumen drücke.“

Takahiro spritzte sich ganz schnell noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht, bevor dieses sich wieder erhitzen konnte. Nichtdestotrotz fühlte er sich gerade eklig verschwitzt und zupfte mit angewidert verzogenem Gesicht an seinem Hemd, welches unangenehm an seinem Körper klebte.

„Hier“, sagte Matsukawa, der seine Sporttasche auf dem Boden abstellte und ihren Reißverschluss öffnete. Heraus holte er sein Trikot mit der Nummer zwei und hielt es Takahiro entgegen.

„Huh?“ Perplex starrte dieser das Kleidungsstück an, doch dann verstand er, was Matsukawa damit bewerkstelligen wollte. „Wenn ich es anziehe, wird mein Schweiß daran haften“, warnte er, während sein Herz unbeholfen in seiner Brust stolperte, weil der Gedanke, Matsukawas T-Shirt anzuziehen, dumme Gedanken in seinem Kopf ankurbelte.

„Na und?“ Matsukawa runzelte die Stirn und sein Blick aus müden Augen war voller Unverständnis. Takahiro hasste und liebte diesen Blick zugleich, denn einerseits fragte er sich, ob Matsukawa ihn damit einfach nur ärgern wollte und andererseits raubten ihm die Schlafzimmeraugen den letzten Nerv. „Dann musst du mir im Gegenzug einfach dein Trikot geben.“

Takahiro, der bereits den Mund geöffnet hatte, um etwas zu erwidern, schloss ihn überrascht. Er blinzelte Matsukawa an und knüppelte seine aufsteigende Verlegenheit so hartnäckig nieder, dass sie gar keine Chance hatte, ihn zu verraten – oh Mann, wenn er doch nur so stark gegen Iwaizumi wäre! Takahiro begann über beide Ohren zu grinsen. Diese Art des Schabernacks war für sie beide nicht neu und er hoffte inständig, dass diese Aktion zu einem unterhaltsamen Resultat führen würde.

„Meinst du, sie werden uns verwechseln?“, gluckste er und nahm Matsukawa das T-Shirt ab. Seine eigene Sporttasche würde er erst aus dem Spind im Erdgeschoss holen müssen.

„Unwahrscheinlich“, holte Matsukawa ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. „Wir sehen uns nicht unbedingt ähnlich.“

„Na, ein Glück“, erwiderte Takahiro triezend, am letzten Knopf seines Hemds herumfummelnd und schälte sich schließlich aus dem verschwitzten Kleidungsstück. Anschließend zog er sich Matsukawas T-Shirt über den Kopf, welches aufgrund einer ungünstigen Position in dessen Sporttasche ein wenig zerknittert war, aber daran störte sich Takahiro nicht. Er genoss den frischen Geruch von Waschmittel und die Tatsache, dass er Matsukawas Kleidung trug, in vollen Zügen.

„Wie sehe ich aus?“, fragte er und wandte sich grinsend dem Spiegel zu.

„Nun, es liegt auf der Hand, dass meine Nummer viel cooler ist“, erwiderte Matsukawa, was Takahiro beinahe schon erwartet hatte – ewig hätte sein bester Freund den vorherigen Kommentar nicht auf sich sitzen lassen.

Er… konnte dieser Aussage nicht wirklich widersprechen, weshalb er nur schief lächelte. Matsukawa war wirklich der Coolere von ihnen beiden und für Takahiro sowieso – er hatte es nicht nötig, ein dummes Armdrücken zu gewinnen, um den Mut aufzubringen, sich etwas Bedeutsames von seinem besten Kumpel zu wünschen. Je länger er darüber nachdachte, desto armseliger kam es ihm vor, aber es lag nicht in seiner Natur, aufzugeben. Nein, er würde es durchziehen.

„Na komm, lass uns gehen“, sagte er und nickte in Richtung der Tür. „Und wenn du weiter gemein zu mir bist, dann lasse ich dich heute oben ohne trainieren. Du bist auf mein T-Shirt angewiesen!“

„Unsinn. Ich müsste nur meins zurückgewinnen“, antwortete Matsukawa unbeeindruckt und nahm Takahiro in einen lockeren Schwitzkasten. Lachend versuchte dieser sich zu befreien, während er hinaus in den Flur bugsiert wurde.

„Du würdest mich ausziehen?!“, empörte sich Takahiro gespielt, wobei sein Herz viel zu aufgeregt schlug, um es auf die Anstrengung zu schieben, Matsukawas Griff zu entkommen.

Er erhielt als Antwort nur ein undeutliches Brummen. Takahiro hatte keine Ahnung, ob das flaue Gefühl in seinem Magen Hoffnung oder Enttäuschung war.
 

**
 

Es war nur ein gottverdammtes T-Shirt, wirklich. Wieso brachte es ihn so sehr aus dem Konzept, Matsukawa mit seiner Trikotnummer durch die Sporthalle laufen zu sehen? Das, was für die anderen aus ihrem Team wie ein Scherz wirkte – Oikawa hatte ganze fünf Minuten darüber gelacht und vorgeschlagen, dass sie das bei einem der nächsten Spiele versuchen sollten, bis Iwaizumi ihm eine Kopfnuss verpasst hatte – war für Takahiro bitterer Ernst. Allein der Gedanke, dass er das T-Shirt, welches Matsukawa getragen hatte, heute nach dem Training nach Hause nehmen würde, schnürte ihm vor Aufregung die Kehle zu.

„Sorry, meine Schuld!“, rief er, als er eins von Oikawas perfekten Zuspielen nicht so nutzte, wie es angebracht gewesen wäre. Der Ball schlug zwar auf der anderen Seite des Netzes auf dem Boden auf, aber der Punkt hätte geschmeidiger und effektiver erlangt werden können.

„Hmm“, stieß Oikawa nachdenklich aus. „Du wirkst abgelenkt, Makki.“

Ertappt zuckte Takahiro zusammen. Er hatte nicht bedacht, dass Oikawas Beobachtungsgabe so weit ging, dass er diese kleinen Details aufschnappte – aber natürlich tat er das. Es sollte ihn nicht wundern.

„Ah, wirklich?“, erwiderte er und räusperte sich. „Es ist sicher nur die Erschöpfung in meinem Arm…“

Er versuchte sich herauszureden, doch an Oikawas durchleuchtendem Blick merkte er, dass die Ausrede nicht zog. Dennoch hakte der Teamcaptain nicht weiter nach, sondern setzte sein übliches Zahnpastalächeln auf.

„Vielleicht habe ich dich auch nur mit Mattsun verwechselt“, säuselte er und Takahiro spürte einen alarmierenden Stich in der Brust. Er konnte nicht einmal verbal zurückschießen, ohne Gefahr zu laufen, sich zu verraten, sodass er nur gequält das Gesicht verzog und Oikawas viel zu selbstgefälligem Blick auswich.

„Nochmal, bitte“, gab er sich geschlagen und joggte zurück zur Linie, um einen neuen Anlauf zu starten.
 

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„Das sollten wir wiederholen“, sagte Matsukawa und obwohl sich seine Mundwinkel nur minimal hoben, erkannte Takahiro den Schalk in seinen Augen, der seinen Puls zum Flattern brachte. Wer auch immer behauptete, Matsukawa wäre einschüchternd und ernst, gehörte an einen Stuhl gefesselt und mit einer Feder gekitzelt. Er war der humorvollste und lockerste Mensch, den Takahiro kannte – und er kannte immerhin sich selbst seit siebzehn Jahren.

„Oh, hat es dir gefallen, mein T-Shirt zu tragen?“, triezte Takahiro feixend, während er sich nicht entscheiden konnte, ob er die Antwort auf diese Frage wirklich hören wollte. „Die Nummer drei ist viel toller, wundert mich also gar nicht“, fügte er schulterzuckend hinzu, bevor Matsukawa den Mund aufmachen und all seine armseligen, stummen Hoffnungen kaputtmachen konnte.

Ächzend ließ sich Takahiro auf der Bank im Umkleideraum nieder. Für heute hatte er wirklich genug und er würde ein paar Tage Pause machen müssen, bevor er Iwaizumi erneut herausfordern konnte.

„Träum weiter“, erhob Matsukawa die Stimme, gelassen und unbeeindruckt. „Die verwirrten Blicke waren es wert. Auch wenn der Coach nicht allzu froh darüber war, dass wir in unseren Trikots trainiert haben. Er meinte, dass diese nur für offizielle Spiele gedacht sind.“

Takahiro, der sich hinabgebeugt hatte, um seine Schnürsenkel neu zu binden, hielt inne. Oh, richtig. Er hatte sein Trikot dabei gehabt, weil seine Mutter es frisch gewaschen und er es im Spind hatte ablegen wollen, aber…

„Wieso hattest du deins überhaupt dabei?“ Er blinzelte Matsukawa an, der seine Tasche schulterte. Er war Takahiro lediglich einen vielsagenden Blick zu, ehe er sich abwandte.

Takahiros Mund klappte auf.

„Oi! Warte!“, rief er und beeilte sich, um den Kampf gegen seine Schnürsenkel zu gewinnen, während Matsukawa bereits aus der Umkleide marschierte. „Sag nicht, dass du geplant hattest, Trikots zu tauschen? … H-Hey! Jetzt warte doch! Und beantworte meine Frage!“

Takahiro stolperte Matsukawa mit merkwürdig feuchten Handflächen hinterher. Seine Gedanken überschlugen sich und er hätte ihnen gerne Einhalt geboten, aber dafür kurbelte Matsukawas hartnäckiges Schweigen seine Fantasien viel zu sehr an.

Er wünschte sich nichts mehr, als dass das geheimnisvolle, aber neckende Lächeln, welches Matsukawa ihm über die Schulter hinweg schenkte und die fehlende Bestätigung seiner Vermutung etwas bedeuteten.
 

**
 

Eine Woche später behauptete Yahaba, dass er seine Lektion immer noch nicht gelernt hatte, doch das war Takahiro völlig egal. Er hatte nach wie vor nur ein Ziel und dieses saß, in Form von Iwaizumi, herausfordernd dreinblickend vor ihm.

„Bereit?“, fragte er seinen Teamkameraden, der sofort nickte und seinen Ellenbogen auf dem Tisch zwischen ihnen ablegte. Takahiro tat es ihm gleich und umfasste Iwaizumis Hand mit seiner.

„Makki, wieso trittst du eigentlich nicht zur Abwechslung gegen jemanden anderen an?“, mischte sich Oikawa ein und Takahiro kräuselte säuerlich die Lippen. Seit dem Training, bei dem Matsukawa und er die T-Shirts getauscht hatten, kam es ihm vor, als würde er Oikawas Adleraugen öfter auf sich spüren. Er fühlte sich beobachtet und er mochte dieses Gefühl nicht.

„Gegen wen denn? Dich? Das wäre viel zu einfach“, schnaufte er verächtlich, woraufhin Oikawa zusammenzuckte.

„Hey! Das ist gemein!“, empörte er sich, fasste sich jedoch schnell und setzte eine süffisante Miene auf, als würde er sich daran erinnern, dass er ein Ass im Ärmel hatte. „Ich meine Mattsun… zum Beispiel, natürlich.“

Die letzten Worte waren viel zu auffällig, um ein Versehen zu sein und Takahiro biss die Zähne zusammen.

„Wieso sollte ich gegen ihn antreten?“, fragte er angespannt, obwohl er gar nicht wollte. Er wollte lieber schweigen. Es wäre jedoch untypisch für ihn, sich nicht mit Oikawa anzulegen, weshalb er gar keine Wahl hatte.

„Hm, weiß nicht“, meinte Oikawa und schnalzte mit der Zunge, während sein Blick sich vielsagend auf Takahiros und Iwaizumis Hände legte. Er sagte nichts weiter, doch Takahiro hatte Mühe, Ruhe zu bewahren. Verdammter Oikawa! Mit brennenden Ohrenspitzen starrte Takahiro auf den Tisch und spürte Panik in sich aufsteigen. Wenn Oikawa etwas ahnte… wusste der Rest des Teams dann auch Bescheid? Und die wichtigste Frage: Wusste Matsukawa etwas? Er hatte doch so sehr aufgepasst, um sich nicht zu verraten!

Gerade, als der Fluchtinstinkt übermächtig wurde, legte sich eine schwere Hand auf seine Schulter. Fast so, als wüsste sie, dass man ihn an Ort und Stelle halten musste.

„Ich würde haushoch gegen ihn verlieren“, gab Matsukawa nonchalant zu und drückte seine Schulter. „Ich würde wirklich lieber sehen, wie du dich anstellst, Oikawa.“

Erleichterung durchströmte Takahiro, als er diese unerwartete Unterstützung erhielt. Er konnte nicht anders, als einen dankbaren Blick über die Schulter zu werfen und Matsukawa kurz anzugrinsen. Es tat so unglaublich gut, jemanden auf seiner Seite zu haben.

„Iwa-chan, du bist dran! Verteidige meine Ehre!“, stieß Oikawa erhaben aus, doch alles, was er damit erreichte, war ein blauer Fleck, der sich morgen auf seinem Schienbein bilden würde. Jauchzend krümmte er sich und rieb sich die Stelle, gegen die Iwaizumi gekickt hatte.

„Bereit?“, fragte Iwaizumi, als wäre nichts gewesen und Takahiro nickte. Mit Matsukawa an seiner Seite fühlte er sich sicher, selbst wenn es ihn nervös machte, dass er direkt hinter ihm stand. Seine Konzentration jedoch völlig auf die Herausforderung richtend, die vor ihm lag, zogen sich seine Augenbrauen fest zusammen und er atmete einmal tief durch.

„Drei… zwei… los!“, zählte für sie Watari ab, dem man als Einzigem vertrauen konnte, dass er unparteiisch war und wie auf Kommando spannten sich Takahiros Muskeln an. Er war glatt ein wenig überrascht, wie sehr sich sein Arm bereits daran gewöhnt hatte, gegen die Naturgewalt, die Iwaizumi war, zu kämpfen.

Zähneknirschend gab Takahiro alles. Dieses Mal versuchte er erst gar nicht, sich seine Kräfte aufzusparen, sondern stemmte sich mit allem, was er besaß, gegen den Widerstand. Röte stieg wie üblich in sein Gesicht und Schweiß sammelte sich in seinem Nacken, doch anhand von Iwaizumis Gesichtsausdruck erkannte Takahiro, dass auch er Mühe hatte, die Oberhand zu erlangen. Allein diese Tatsache schickte zuckersüße Euphorie durch Takahiros Körper und mit einem zusätzlichen Schub Energie, begann sich Iwaizumis Hand, die er krampfhaft festhielt, dem Tisch entgegenzubewegen.

„Wow!“

„Woah!“

„Iwa-chan!“

Takahiro hörte die beeindruckten Stimmen seiner Freunde, aber er hatte keine Zeit, darauf zu reagieren, denn er kam sich wie in einem Rausch vor, als er Iwaizumis Handrücken mit allerletzter Kraft auf den Tisch drückte. Mit weit aufgerissenen Augen ließ er ihn los und sackte auf seinem Stuhl zusammen. Jemand schüttelte seine Schulter und er ging davon aus, dass es Matsukawa war, doch Takahiro war zu baff, um sich darüber zu freuen.

„Ich…“, setzte er an, doch statt zu sprechen, konnte er nur immer wieder hektisch nach Luft schnappen. Er… hatte Iwaizumi besiegt! Er hatte es wirklich geschafft! Ihm war schwindelig – ob vor Sauerstoffmangel oder Überraschung, ließ sich nicht feststellen, doch er erhob sich trotzdem, als Iwaizumi es tat und ihm grimmig, aber anerkennend dreinblickend, die Hand hinhielt.

Takahiro schüttelte sie, während die Situation langsam wirklich zu ihm durchsickerte. Er begann wie ein Verrückter zu grinsen. Die erste Person, mit der er einen Sieg teilen wollte, stand noch immer dicht hinter ihm und er wirbelte herum.

„Hast du das gesehen?!“, rief er begeistert, die leuchtenden Augen auf das lächelnde Gesicht Matsukawas gerichtet. Dieser nickte stolz.

„Das habe ich. Ich wollte dir mein T-Shirt als Glücksbringer anbieten“, schmunzelte Matsukawa, „aber das hast du ganz offensichtlich nicht gebraucht.“
 

**
 

„Ich kann es immer noch nicht glauben“, murmelte Takahiro zum gefühlt zwanzigsten Mal, während er sich den schmerzenden Arm massierte, der ein eindeutiger Beweis dafür war, dass das wirklich passiert war.

„Ja, das sehe ich“, erwiderte Matsukawa, der gerade aus dem Seven Eleven kam und ihm einen Müsliriegel reichte. Geistesabwesend nahm Takahiro ihn entgegen, starrte aber immer noch fassungslos ins Nichts.

„Es würde mich durchaus interessieren, was du diesmal anders gemacht hast“, sagte Matsukawa, neben ihm auf dem Bordstein vor dem Laden Platz nehmend.

„Das wüsste ich selbst gerne. Ich habe keine Ahnung“, gestand Takahiro und richtete seinen Blick nachdenklich auf seine Hand. Er hatte wirklich nichts anders als sonst getan. Hatte Iwaizumi einen schlechten Tag gehabt? Das war nicht ausgeschlossen, aber kein angenehmer Gedanke und würde Takahiros Genugtuung um Welten senken. Es gab aber keine Möglichkeit, um dies herauszubekommen, weshalb es keinen Sinn machte, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.

Matsukawa brummte und zuckte schließlich mit den Schultern. Takahiro, der seinen Müsliriegel immer noch regungslos festhielt, sah sich plötzlich mit Matsukawas schlanken Fingern konfrontiert, die die Verpackung für ihn öffneten. Schnaufend ergriff Matsukawa sein Handgelenk und führte den Snack so an Takahiros Mund.

„Du stehst völlig neben dir“, merkte er besorgt an. „So hab ich dich noch nie erlebt. Ich bring dich heute nach Hause, sonst läufst du mir noch vor ein Auto.“

„Wäre das nicht der perfekte Einstieg in dein Berufsleben?“ Takahiro riss sich aus seiner Starre, um Matsukawa breit anzugrinsen, denn trotz seines Schocks, überwog letzten Endes eindeutig die Freude über seinen Sieg. Auch wenn diese den winzigen, spitzen Stich in seinem Herzen nicht überschatten konnte, den Takahiro nur ungerne als Furcht identifizierte.

Er hatte sich diesen Moment herbeigesehnt – und nun, wo er hier war, jagte er ihm eine Heidenangst ein. Iwaizumi, als ein unbesiegbarer Gegner, war seine Absicherung gewesen, dass er seine Gefühle für immer für sich behalten konnte. Es wäre einfacher gewesen, niemals zu gewinnen.

„Überlass den Galgenhumor mir“, sagte Matsukawa, gluckste aber trotzdem, ehe sein Blick wieder ernst wurde. In diesem Moment war für Takahiro klar, welche Frage auf ihn wartete – und obwohl er sich die Antwort unzählige Male versucht hatte bereitzulegen, war sein Kopf vollkommen leer.

„Also, was wünschst du dir von mir?“

Wie ein apokalyptischer Klang hallten Matsukawas Worte in seinen Ohren wider. Takahiro stopfte sich den Müsliriegel in den Mund, um sich Bedenkzeit einzuräumen, aber er machte sich nichts vor – er hatte genügend Zeit gehabt, um sich vorzubereiten, auf die paar Sekunden kam es nicht mehr an.

Er hatte sich diesen Augenblick romantischer vorgestellt. Nicht mit vollem Mund, kauend und seinem pochenden Weisheitszahn, der Süßes nicht vertrug. Matsukawa drängte ihn nicht, aber sein neugieriger Blick reichte aus, um Takahiros Magen nervös verkrampfen zu lassen.

Was wollte er wirklich? Oh, die Antwort war so klar und doch ließ sie sich nicht in Worte fassen. Also schielte Takahiro unsicher in Matsukawas Richtung, den letzten Bissen kräftig herunterschluckend. Er könnte einen Schluck Wasser gebrauchen, doch dafür war es nun zu spät.

„Ich –“, begann er, was genauso gut wie jeder andere Anfang war und hoffte, dass sein Herzschlag seine Worte nicht übertönte. Er zumindest konnte ihn bis hinauf im Rachen hören. „Ich würde… gerne weiterhin meine Kleidung mit dir teilen.“

Er… was?! Takahiro war so geschockt über seine eigenen Worte, die fernab derer waren, die er jemals hatte aussprechen wollen, dass seine Augen sich weiteten. „Ich… ich meine…“ Nun geschah das absolut Schlimmste: Er stammelte. Hastig schlug er die Augenlider nieder und starrte auf den Asphalt zwischen ihnen. Oh, da war ein Grasbüschel in der Asphaltkerbe. Interessant.

„Das lässt sich einrichten“, erwiderte Matsukawa nach ein paar endlosen Sekunden des Schweigens.

„Okay, aber du… du verstehst nicht…!“ Nun sprudelten die Worte aus Takahiro heraus, da er den Gedanken nicht ertrug, dies könnte in einem Missverständnis zwischen ihnen enden. Er würde seine Gefühle entweder mit ins Grab nehmen – haha, auch diesen Witz würde Matsukawa wertschätzen – oder er würde dafür sorgen, dass er verstanden wurde. Es gab für ihn keine Option dazwischen. „Ich möchte, dass wir sie uns auch in Zukunft teilen. Ich möchte sie mir außerhalb der Schule und des Trainings teilen. Ich möchte…“ Takahiro brach ab und hielt die Luft an, ehe er sie geräuschvoll wieder ausstieß. „Verstehst du, was ich meine?“

Er traute sich nicht, den Blick wieder zu heben, doch er tat es trotzdem. Matsukawas Gesicht war dasselbe wie immer – und dieser Umstand erleichterte Takahiro, der sich vorkam, als würde er sich zum Affen machen.

„Ich denke schon“, nuschelte Matsukawa stirnrunzelnd. „Aber ich verstehe nicht, wieso du zuerst Iwaizumi besiegen musstest, bevor du das sagen konntest.“

„Gegen ihn zu gewinnen, ist wie sich Mut anzutrinken“, erklärte Takahiro beschämt, während seine Finger die Grashalme suchten, die er entdeckt hatte und sie nervös aus dem Beton zupften. Er erstarrte, als sich kurz daraufhin eine warme Hand auf seinen Handrücken legte, um ihn davon abzuhalten, weiter mit dem Unkraut zu spielen.

„Meine Kleidung gehört dir“, versprach Matsukawa, was Takahiro zusammenzucken ließ.

„Das hört sich furchtbar kitschig und seltsam an“, beschwerte er sich.

„Tja, selber Schuld. Du hast damit angefangen.“

Takahiro ächzte, denn… dagegen konnte er nichts sagen. Gleichzeitig versuchte sein Kopf die surreale Situation zu verarbeiten, denn in seiner Vorstellung hatte dies stets anders ausgesehen. Er hatte Matsukawa, so wie es sich gehörte, um eine Verabredung gebeten und dieser hatte zugesagt – was auch immer das hier war, war weit davon entfernt. Aber es fühlte sich trotzdem so unfassbar gut an, dass Takahiro warme Schauer über den Rücken liefen.

Er beschloss, nichts weiter zu sagen. Stattdessen rührte sich seine Hand. Er drehte der von Matsukawa seine Handfläche zu, um sie sanft umfassen zu können. Das Feuerwerk in seinem Inneren machte ihn verrückt, aber glücklich. Er erinnerte sich an Oikawas vielsagenden Blick und würde ihm nun am liebsten ins Gesicht lachen. Er brauchte das Armdrücken nicht, er konnte – und durfte – Matsukawas Hand auch so halten!

„Deine Finger kleben“, durchbrach Matsukawa die Stille – und auch die angenehm-angespannte Atmosphäre.

„Soll ich dich loslassen?“, schnaufte Takahiro und verdrehte die Augen, aber es erschien gegen seinen Willen ein Lächeln auf seinen Lippen.

„Nein“, antwortete Matsukawa ruhig. „Meine Schuld. Ich habe dir den Riegel gekauft.“

Takahiro lachte auf. „Verstehe. Du wirst also mit den Konsequenzen leben.“

„Klar“, bestätigte Matsukawa, seinen Blick in den sich langsam rötlich färbenden Abendhimmel richtend. „Ich muss mich schließlich daran gewöhnen, wie es ist, eine so starke und mutige Hand zu halten, nicht wahr?“

Takahiro war sprachlos. Seine Gesichtshaut kribbelte an den Stellen, an denen sie an Farbe zunahm und er nickte verlegen.

„Ja. Ja, das ist mein Wunsch“, murmelte er schließlich das, was er wirklich hatte sagen wollen.
 

**
 

„Iwa-chan, ich kann nicht glauben, dass du verloren hast!“

„Na und?! Kommt vor.“

„Nein, ich meine… bist du dir sicher, dass du nicht absichtlich verloren hast?“
 

„Halt die Klappe, Shittykawa.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kai-nyan
2023-06-25T08:11:07+00:00 25.06.2023 10:11
Vielen Dank Swanlady für diese schöne Wichtelgeschichte!
Es ist gibt nicht viele Fanfictions zu dem Pairing Hanamaki und Matsukawa, aber die beiden sind einfach nur süß zusammen. Die Charaktere der beiden sind so toll von dir getroffen und man kann die Geschichte kaum lesen ohne die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht zu haben ^__^
Toller Schreibstil, super zum lesen zwischen der inneren Verzweiflung von Hanamaki und der puren Gelassenheit von Matsukawa. Und natürlich muss Oikawa seine Finger im Spiel haben! Ich kann nur sagen wow, bin wirklich begeistert und hatte super viel Spaß beim lesen.
Antwort von: Swanlady
25.06.2023 10:46
Danke für dein Feedback! Ich bin sehr erleichtert, dass ich die zwei Chaoten halbwegs getroffen habe und du Spaß beim Lesen hattest. :')


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