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Privilegiencheck

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Privilegiencheck

Mittelstandsmutti an der Supermarktkasse hetzt über die bettelnde Alte vor der Tür.
 

Dass man da doch mal etwas unternehmen muss, findet sie:
 

Warum die nicht arbeiten gehen kann, fragt sie sich.
 

Ein Schandfleck in ihrem schönen, sauberen Stadtteil, urteilt sie.
 

Kassiererin, betreten, drückt murmelnd Mitgefühl für die Gescholtene aus.
 

Doch Mittelstandsmutti riskiert Schleudertrauma, so heftig schüttelt sie den Kopf:

Die Alte muss weg!

Eine Feststellung, gemeißelt in feinsten, weißen Marmor.
 

Und ich, Zeugin der Situation, den sauren Geschmack meines Ekels im Mund, will ihr entgegen brüllen:
 

Sei dankbar für den Benz vor deiner Tür, das Essen in deinem intelligenten Kühlgerät, zweimal im Jahr Ibiza, den Mohair-Pullover an deinem Leib und das beinahe bezahlte Häuschen im Grünen!
 

Sei dankbar, für die Eltern, die dich unterstützt, die Bildung, die du genossen, die offenen Türen, durch die du im Leben gegangen bist!
 

Sei dankbar, dass du mit der Alten, die dort in der Kälte friert, nicht tauschen musst!
 

Und wenn du gleich da raus gehst, zeig´ ihr diese Dankbarkeit, indem du ihr einen großen Schein und ein freundliches Lächeln schenkst.
 

All dies würde ich sagen, wenn ich nicht jetzt schon wüsste, dass keines meiner Worte sein Ziel erreichen wird, ganz gleich wie laut ich rufe.



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