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Oktobernacht

Gehört zu der 'Ernte was du sähst' Reihe
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Entstand aus einem 100-Wörter Drabble zum Thema Herbst oder Halloween.

Ich weiss, ein wenig spät (oder zu früh) für sowas, aber ich mag die Story wirklich sehr, deswegen lade ich sie jetzt hoch und warte damit nicht bis nächsten Herbst.
Enjoy^^
Kommentare dazu sind sehr gerne gesehen <3 Komplett anzeigen

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Genma, Raidou und die Kunst der Kürbisschnitzens

Als Raidou die Tür öffnete und das Apartment betrat, waberte ihm sofort der intensive, würzige Kürbisgeruch um die Nase. Er blieb einen Moment lang stehen und genoss es einfach wieder zu Hause zu sein. Die Mission hatte knapp zwei Wochen gedauert und hatte ihm vieles abverlangt. Da war es auch kein Wunder, dass ihm die Müdigkeit die Glieder hochkroch und sie bleischwer werden liess.

Raidou seufzte und zog erst seinen Umhang, dann seine Schuhe aus und betrat die kleine Küche am Ende des Flurs. Eine angenehme Wärme kroch in Raidou hoch und seine Mundwinkel zuckten nach oben, als er Genma betrachtete, der am Herd stand und ihn scheinbar noch nicht bemerkt hatte. Der Anblick war wie Balsam für Raidous müde Augen. Dieses einzigartige Gefühl, welches er nur bei Genma verspürte, erfüllte ihn voll und ganz.

„Genma“, sagte er leise und trat noch ein-zwei Schritte auf ihn zu. Der Angesprochene verharrte kurz, bevor er einen Topf auf eine andere Herdplatte stellte und sich dann umdrehte. Raidou hielt den Atem an, als er sich der vielen Emotionen in Genmas Gesicht gewahr wurde.

„Rai … Willkommen zurück“, flüsterte Genma mit stockender Stimme, bevor er die Wurfnadel aus seinem Mund nahm und sie weglegte.

„Ich bin froh …“, brachte Raidou noch mit einem schiefen Lächeln hervor, bevor sich zwei Arme um seinen Hals schlangen und ihn in einen Kuss hineinzogen. Raidou drückte Genma ebenfalls fest an sich und erwiderte den Kuss. Genmas sanfte Wärme und die Intensität seiner Umklammerung, liessen Raidou leise in den Kuss hineinseufzen. Endlich war er wieder da, wohin er gehörte. In Konoha. Bei Genma.

Sanft löste er schliesslich den Kuss und strich eine von Genmas braunen Haarsträhnen hinter sein Ohr, bevor er seine Stirn gegen seine drückte. Raidou schloss die Augen und genoss es Genma so nahe zu sein und ihn zu spüren.

Es brauchte keine Worte, um zu beschreiben, was Raidou in diesem Moment fühlte. Genmas Nähe gab ihm Sicherheit und die so dringend benötigte innere Ruhe, dass er die letzten Tage hinter sich lassen konnte.

„Du hast mir gefehlt“, murmelte Genma schliesslich kaum hörbar, bevor er seine Hände an Raidous Wangen legte. So als ob er sich vergewissern musste, dass Raidou wirklich wieder bei ihm war.

Raidous Mundwinkel zuckten nach oben und er spürte, wie er errötete. Im Gegensatz zu Genma fiel es ihm immer noch unglaublich schwer seine Gefühle offen zu zeigen, selbst wenn er mit ihm alleine war. Alles, was er tun konnte, war zu hoffen, dass Genma trotzdem wusste, wie viel er ihm bedeutete.

Sanft legte er eine seiner Hände auf Genmas und die andere an dessen Hals.

„Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein.“

Genmas Antwort bestand aus einem Lächeln, welches Raidou durch Mark und Bein ging und wieder stieg diese angenehme Wärme in ihm hoch.

Genma löste sich von ihm und widmete sich wieder dem Topf, der auf dem Herd stand.

„Wenn du vor dem Essen noch duschen willst, dann musst du dich langsam beeilen. Die Suppe ist bald fertig. Und danach würde ich dir gerne noch etwas zeigen, dass dir bestimmt gefallen wird“, sagte Genma, während er gleichmässig in dem Topf herumrührte.

Raidous Augenbraue zuckte nach oben, während er sein Konoha-Stirnband entknotete und es dann abnahm. „Mir etwas zeigen? Was denn?“

Genma drehte sich wieder zu ihm um, sein Lächeln hatte beinahe etwas neckisches, freches an sich. Er schnalzte mit der Zunge und stemmte eine Hand in die Hüfte. „Uh, uh, uh, Rai, nur Geduld. Das siehst du früh genug.“

Er überwand die kurze Distanz zwischen ihnen und gab Raidou einen kurzen Kuss auf die Lippen. Als Genma sich löste, konnte Raidou dessen warmen Atem auf seiner Haut spüren und er widerstand dem Drang, Genma wieder zu küssen und ihn in ihr gemeinsames Schlafzimmer zu ziehen.

Er schluckte und nickte schliesslich. „Ich komme gleich wieder. Pass auf, dass die Suppe nicht überkocht.“

Ohne Genmas Antwort abzuwarten, verliess Raidou den Raum. Eine Dusche klang wirklich nach einer guten Idee.
 

Nun wieder sauber und angezogen, betrat Raidou die Küche, setzte sich auf einen Stuhl und sah Genma kurz zu, wie dieser Teller aus einem der Küchenschränke holte.

„Kann ich dir helfen?“ Obwohl ihm die Erschöpfung in den Knochen steckte, fühlte Raidou sich unwohl dabei, einfach nur dazusitzen und nichts zu tun.

Genma hielt kurz inne, lächelte ihn an, bevor er den Kopf schüttelte.

„Ruh‘ dich aus, Rai. Ich mach' das schon.“

Raidou seufzte, nickte dann aber und schloss für einen Moment die Augen. Sein Magen knurrte lautstark und Genma gab einen leisen, amüsierten Laut von sich, bevor er ihm eine volle Schüssel vor die Nase stellte. Raidou lächelte verlegen, während er Genma dabei beobachtete, wie dieser eine zweite Schüssel auf den Tisch stellte und ihn stolz angrinste.

„Die Suppe ist mir heute echt besonders gut gelungen, glaub mir. Du wirst sie lieben.“

Raidou schüttelte nur schmunzelnd den Kopf. „Du weisst selbst, dass dein Essen bisher immer verdammt gut war, Gen. Du lobst dich vermutlich einfach ab und zu selbst gerne, oder?“

„Ich? Mich selbst loben? Niemals! Ich weiss gar nicht, wie du darauf kommst, Rai“, antwortete Genma mit einem gespielt empörten Blick und griff sich mit einer übertrieben theatralischen Geste an die Brust. „ Falls du etwas klirren gehört hast, das ist der Scherbenhaufen, den deine Worte hinterlassen haben. Ich denke, du solltest dir später noch etwas einfallen lassen, wie du mein Herz wieder zusammenfügen kannst. Das wäre nur fair, denke ich.“

Genma verstummte, blinzelte einmal unschuldig in Raidous Richtung und machte sich dann über seine Suppe her.

Raidou brummte leise, während er spürte, wie die Hitze ihm wieder die Wangen hochkroch. Verdammt, er hatte natürlich schon eine Idee, was er später noch mit Genma machen könnte, doch in diesem Moment war er zu hungrig und zu müde dafür. In der Hoffnung, dass Genma seine Verlegenheit vielleicht ausnahmsweise noch nicht bemerkt hatte, begann Raidou ebenfalls zu essen.
 

Das Abendessen hatten sie zum grössten Teil schweigend hinter sich gebracht. Genma fragte nicht danach, was Raidou wohl auf der Mission erlebt hatte und Raidou war dankbar dafür. Sie beide sprachen nicht oft darüber, was sie während Missionen sahen und taten.

„Also? Was möchtest du mir noch zeigen? Jetzt hab ich lang genug gewartet, oder?“, fragte Raidou, als sie sich schliesslich in das kleine Wohnzimmer zurückgezogen hatten und auf der bequemen Couch sassen. Genmas Kopf lag an seiner Schulter und er fuhr sanft in kreisförmigen Bewegungen über Raidous Oberschenkel. Diese Berührungen gaben Raidou ein Gefühl von Geborgenheit und Zuneigung. Er wusste, er konnte sich fallen lassen und Genma würde da sein, um ihn aufzufangen, egal was auch der Grund war. In diesem Moment war sein Inneres ruhig und zufrieden.

Genma schnalzte erneut mit der Zunge, bevor er zu Raidou hochsah und ihm wieder dieses Lächeln zeigte, welches Raidou so sehr liebte.

„Hm, ja, ich denke, du hast recht. Aber zieh dir noch was Warmes an, die Überraschung liegt draussen im Garten.“

Raidou zog die Augenbrauen hoch, liess es aber widerstandslos zu, dass Genma ihm einen kurzen Kuss auf die vernarbte Seite seines Gesichtes drückte, dann aufstand und ihn mit hochzog.

„Schau nicht so misstrauisch aus der Wäsche, Rai. Es ist auch nichts Schlimmes, versprochen.“ „Nicht? Na gut.“ Versöhnlich legte Raidou eine Hand an Genmas Wange und strich sanft darüber, bevor er ihm wieder eine Haarsträhne hinter sein Ohr strich. „Dann zeig mir mal diese Überraschung.“
 

Warm angezogen folgte er Genma schliesslich durch die Hintertür in den kleinen Garten hinaus, der hinter ihrem Apartment lag. Der Garten war einer der Hauptgründe gewesen, weshalb sie sich genau dieses Apartment ausgesucht hatten. Raidou verbrachte gerne Zeit auf der kleinen Holzbank, die unter einer Pinie stand, um zu lesen, oder einfach nur für einen Moment lang die Gedanken abzuschalten, die ihn oft nicht einmal in der Nacht in Ruhe liessen.

Raidou vergrub sein Gesicht noch etwas mehr in seinem Schal, als der kalte Oktoberwind seine Haut traf und vergrub die Hände in den Manteltaschen. Eine weitere Hand schlich sich dazu und umschlang seine rechte Hand und drückte sie für einen Moment. Raidou spürte, wie er wieder errötete. Die Luft fühlte sich noch eisiger als noch vor ein paar Sekunden an und Genmas Grinsen machte die Sache nicht viel besser.

„Genma …“, murmelte er verlegen, doch der Gedanke, ihm die Hand zu entziehen, verschwand augenblicklich, als Genma mit dem Daumen über Raidous Handrücken strich.

Raidou seufzte leise und schüttelte den Kopf. Genma hatte diese Wirkung auf ihn, die er manchmal nicht verstand. Und dennoch half ihm diese Anziehung zwischen ihnen über sich hinauszuwachsen; mehr Nähe zuzulassen, als er es je für möglich gehalten hätte.

Er drehte leicht den Kopf und drückte für einen Moment seine Stirn an Genmas, genoss den Kontakt, bis er sich wieder entfernte.

„Ich weiss, was du sagen willst, Raidou. Aber wir sind alleine, nur du und ich. Kein Grund, verlegen zu werden“, sagte Genma mit warmer Stimme. Doch bevor Raidou darauf antworten konnte, deutete Genma sichtlich stolz mit der Hand neben der kleinen Holzbank auf den Boden. „Schau mal. Sind die beiden nicht toll geworden?“

Raidou sah genauer hin. Als er erkannte, was da auf dem Boden lag, blieb ihm der Mund offen stehen. Er legte den Kopf schief, löste sich von Genma und ging ein paar Schritte auf die beiden Kürbisse zu, die neben der Bank am Boden lagen und betrachtete sie kritisch.

„Genma?“, sagte er leise und deutete mit dem Zeigefinger darauf, „was ist das?“

„Das sieht man doch, Rai. Das sind Kürbisse.“

Raidou seufzte leise auf, als er den unschuldigen Unterton in Genmas Stimme nur allzu gut heraushören konnte.

„Das ist mir klar, Genma. Aber wieso sehen die so aus?“ Raidou zog eine Augenbraue nach oben und sah Genma zweifelnd an. Der gluckste leise und zwinkerte ihm zu. „Wieso auch nicht? Die sind perfekt so und ich habe schliesslich auch eine meiner Wurfnadeln dafür geopfert.“

„Es hat niemand gesagt, dass du das tun musst. Das war alleine deine Entscheidung.“

Raidou rieb sich über die Schläfen und schloss die Augen. Irgendwie war er mit dieser Situation völlig überfordert und er konnte nicht verhindern, dass sich seine Wangen wieder heiss anfühlten.

„Ich wollte nicht die gleichen langweiligen Gesichter in die Kürbisse schnitzen, wie es alle anderen tun. Darum dachte ich … na ja … sie sind mir aber gut gelungen, oder?“

Genmas Stimme klang auf einmal etwas leiser, unsicherer, sodass Raidou leise seufzte und einen Arm um Genmas Schultern schlang. Sanft strich er mit den Fingern über den dicken Stoff der Jacke.

„Die Ähnlichkeit ist unübersehbar. Also ja, sie sind dir wirklich gut gelungen“, antwortete Raidou etwas versöhnlicher gestimmt, bevor er nochmals einen Blick auf die beiden Kürbisse warf. „Weisst du was? Wir verschieben die Bank nach rechts und setzen die Kürbisse direkt unter den Baum. Dann holen wir uns eine Decke und etwas Tee und setzen uns auf die Türschwelle. Was hältst du davon? Wir könnten noch ein wenig die Nacht geniessen, bevor wir ins Bett gehen.“

Genmas Antwort bestand aus einem Nicken und seinem einzigartigen Lächeln, bei dem Raidous Knie weich wurden.
 

Raidou nahm einen Schluck von seinem Tee und zog die warme Wolldecke etwas enger um sich und Genma, sodass dieser keine Wahl hatte, als noch näher an ihn heranzurutschen. Genmas angenehme Körperwärme lullte ihn ein, besser als jede Decke es konnte und leicht lächelnd schmiegte Raidou seinen Kopf an Genmas.

Dieser Moment war so friedlich und er fühlte sich so glücklich, dass Raidou sich wünschte, die Zeit würde stehen bleiben. Nur für Genma und ihn.

Raidous Blick fiel wieder auf die beiden Kürbisse und er schlang einen Arm um Genmas Hüfte.

„Wie lange hast du für die beiden Kürbisse gebraucht?“ Raidous Mundwinkel zuckten nach oben, als Genma leise gähnte.

„Hm, keine Ahnung. Drei Stunden vielleicht? Es war irgendwie ganz entspannend, darum habe ich mir auch die Zeit genommen.“

„Das sieht man. Von hier aus sieht die Arbeit wirklich sauber aus“, lobte er und strich, ungesehen von der Welt um sie herum, einmal kurz über Genmas Oberschenkel, bevor seine Hand wieder auf dessen Hüfte zur Ruhe kam.

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Du weisst schon, dass vor allem Aoba und Koji die Kürbisköpfe ziemlich lustig finden werden, wenn sie die zu Gesicht bekommen, oder? Diese Geschichte werden wir dann noch eine Weile zu hören bekommen.“

Genma brummte nur leise und Raidou beschloss es für heute sein zu lassen. Die Nacht war viel zu schön um sie wegen so etwas mit einer Diskussion enden zu lassen. Und irgendwie war die Idee doch ganz lustig.
 

Raidou wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit sie sich an der Türschwelle hingesetzt und zusammen die nächtliche Stille genossen hatten. Im Halbschlaf nahm er wahr, wie ihm jemand die Tasse aus der Hand nahm und ihn vorsichtig auf die Beine zog. Trockene, kühle Lippen streiften das Narbengewebe auf seiner linken Wange und hinterliessen ein warmes Kribbeln. Raidou lehnte sich ein wenig in die Berührung und seufzte leise. Er liess sich widerstandslos führen, bis er schliesslich auf etwas Weiches gedrückt und ausgezogen wurde. So gerne er auch helfen wollte, er konnte nicht. Die Müdigkeit hatte ihn fest in ihren Klauen und seine Glieder fühlten sich nun noch schwerer an. Kaum berührte sein Kopf das Kissen, schlief er schon tief und fest.
 

Draussen, dank der grossen Pinie vor dem kalten Oktoberwind geschützt, leuchteten die beiden Kürbisköpfe weiter. Der eine trug ein Stück Stoff über dem wieder eingesetzten Deckel und eine von Genmas Wurfnadeln steckte in einem Mundwinkel. Bei dem anderen Kürbis überzog ein Narben-ähnliches Wellenmuster die linke Seite des Gesichts. In dicken schwarzen Buchstaben stand ‚Happy Halloween‘ über den ausgeschnitzten Augen der beiden Kürbisköpfe geschrieben.
 

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