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Die Zeit damals...

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Wer bin ich?

Heute, vor 13 Jahren zirka, habe ich meinen Realabschluss gemacht.

Früher haben wir immer gesagt, wir werden uns daran sicherlich gerne erinnern. An die Zeit damals. Nun... ich erinnere mich sehr ungern an diese Zeit. Denn außer, dass ich dort meine beste Freundin kennengelernt habe, hat mich die Zeit sehr geprägt, im negativen leider.
 

Ich war ein schüchternes, kleines, zierliches Mädchen. Habe versucht nie irgendwo anzuecken und bin trotzdem immer ausgegrenzt worden von Mitschülern. Es lag weder an irgendwelchen "Marken-Klamotten", die ich nicht hatte, an mein Aussehen, oder weil ich die "Lieblingsschülerin der Lehrer" war. Vielleicht auch. Aber selbst wenn ich das alles hätte, oder nicht gewesen wäre, hätten sie irgendeinen Grund gefunden, um mich auszuschließen.
 

Weil ich nun mal nicht wie sie war. Hab mein Mund nicht aufbekommen, mich nie gewehrt, es immer nur runtergeschluckt. Weil man Angst hatte. Ich hatte Angst vor so vielem. Vor der Reaktion? Von den nächsten dummen Kommentar? Ich war nicht schlagfertig. Bin ich heute auch noch nicht wirklich. Ich denke immer zu viel nach, bevor ich etwas sage. Was eigentlich eine gute Eigenschaft ist. Aber damit ist man eben schnell raus.
 

Mobbing war damals schon ein Tabu-Thema und ist es heute auch noch, leider. Wenn auch viel dagegen mittlerweile unternommen wird und sich viele verschiedene Organisationen einsetzen, dass die Schulen nicht mehr sagen können: "An unserer Schule gibt es kein Mobbing!"
 

Ich gebe zu, es ist schwer zu erkennen, wann Mobbing beginnt, da eben jedes Kind anders darauf reagiert und es eben nicht alles nach einem "Leitfaden" geschieht.
 

+ Bei mir fing es mit kleinen, dummen Bemerkungen an, die mit meinem Geburtsnamen zutun hatten. Reimsprüche wurden kreiert, die in der Wortwahl immer verletzender wurden. (Aus Datenschutzgründen, erwähne ich das hier nicht.)
 

+ Dann ging es los mit Sachbeschädigungen und Gegenstände wurden entwendet: Ich weiß noch von dem Vorfall, dass die Jungs-Gruppe mir meine Collage in Bildende Kunst, zerschnitten hatten. Warum? Keine Ahnung... das war noch nicht mal "gut". Jedenfalls haben sie das während der Pause gemacht und ich habe natürlich nicht direkt gewusst, wer es war. Aber ich konnte es mir vorstellen.

Das war das erste Mal, dass ich mich an die Lehrer gewandt habe. Musste ich auch, weil... die Arbeit wurde ja benotet und die gab es dann eben nicht mehr. Ende vom Lied war nur leider, dass sich ja keiner dazu bekennen wollte und der Lehrer nur eine "Verwarnung" aussprach.
 

+ Die nächste Stufe waren dann die Gerüchte, die man über mich absichtlich in die Welt setzte. Zum Beispiel, ich sei Magersüchtig. Ich bin sehr dünn gewesen, als Teenager. Keine Frage. Ich bin es auch noch heute, aber weiß mittlerweile, dass es an einer Überfunktion der Schilddrüse liegt, dass ich nicht so leicht zunehme, wie jemand der kerngesund ist. Nichtsdestotrotz ging dieses Gerücht soweit, dass die Beleidigungen immer mehr wurden. Immer verletzender, bis dieses Gerücht selbst bis zu den Lehrern vordrang und man mich deswegen beiseite nahm und daraufhin mich "befragte". Versteht mich nicht falsch. Ich finde es in der Hinsicht sehr gut, dass meine damalige Chemielehrerin nachfragte. Besser in der Hinsicht einmal mehr nachgehakt, als zu wenig. Nur, dass es in meinem Fall einfach nicht zutraf.
 

Aber klar, machte auch dieses "Beiseite nehmen" die Runde und alle haben es dann für Wahr gehalten, was meine Stellung in der Klasse nur noch verschlimmerte...
 

+ In der 9. Klasse ging das Ganze dann auf ein ganz anderes Level. Nämlich körperliche Angriffe. Schubsen im Gang, auf der Treppe, auf dem Schulhof anrempeln, so dass mir mein Pausenbrot runterfiel und man mich nur hämisch angrinste und begann darüber zu lachen. Ich konnte alles wegschieben. Die Beleidigungen, die Erniedrigungen, selbst wenn sie an mein Eigentum gegangen waren. Die Gerüchte habe ich einfach ignoriert, wenn auch es nie leicht war. Aber, dass was mich wirklich in Angst versetzte, was mich schier gelähmt hatte war, als sie mich nach der Schule, hinterhältig von hinten auf die Straße geschubst haben. Es kam natürlich ein Auto gerade angefahren, der Fahrer hatte zum Glück rechtzeitig reagiert und es kam nicht noch schlimmer.
 

Ab diesem Zeitpunkt wollte ich nicht mehr. Ich hatte so Bauchschmerzen bekommen, wenn es hieß, zur Schule zu gehen. So dass die Bauchschmerzen wirklich akut wurden und auch wirklich vorhanden. Leider wurde es damals nicht für voll genommen. Nicht mal von meinen Eltern. Ich habe einmal versucht, mit ihnen zu reden, aber das einzige was dabei kam war: "Du musst dich wehren." Super Tipp! Wirklich. Genauso wie: "Lass dir doch nicht alles gefallen.", oder "Du musst dich durchbeißen." Das sind Sätze, die helfen einem nicht, der in so eine Situation steckt. Ich hatte verdammt nochmal ANGST vor meinen Mitschülern. Dieser ständige Gedanke: "Was kommt heute?" - "Was denken sie sich jetzt aus?"

Beim Sport haben sie mir mal meine Klamotten geklaut und sie im Müllcontainer geworfen und später durch die Gänge gerufen: "Was stinkt hier denn so?"- und in meine Richtung geschaut. Plötzlich wollte dann auch niemand mehr neben mir sitzen. Selbst meine wenigen "Freunde", haben sich von mir losgeeist. Wollten halt nichts mehr mit mir zutun haben, weil sie vielleicht auch Angst hatten, von dem Mobbing betroffen zu werden, oder haben sich teilweise auch gut mit der Gruppe verstanden, mit der ich am meisten Probleme hatte. Da wurde dann plötzlich mit abgelästert.
 

Ich ging also ab diesem Zeitpunkt nur noch selten zur Schule. Ich hab auf Stur gestellt und auch teilweise auf "schwerstkrank". Meine Fehltage sprachen für sich aber keiner hat mich in dieser Zeit unterstützt. Es wurde einfach immer weiter draufeingeschlagen, im übertragenen Sinne. Ich war wohl die meist gehasste Person in der Klasse unter meinen Mitschülern. Oder einfach nur ein Mädchen, dass sich eben nicht wehrte, mit der man es ja machen konnte.
 

Fazit: Meine Noten gingen dadurch natürlich auch rapide ab. Unterirdisch. Ich war nie überragend gut. Keine Musterschülerin. Durchschnitt. Ende der Neunten, hatte ich fünf 4er und eine fünf im Zeugnis. Versetzung? Nö. Ich habe die Neunte wiederholt und es war ein SEGEN!

Die neue Klasse hatte in mir zwar auch irgendwie als die "durchgeknallte Irre" angesehen, aber sie ließen mich in Ruhe. Vielleicht lag es auch daran, weil ich älter war, als sie. Was so eins-zwei Jahre Unterschied ausmachen, ist bemerkenswert óÒ! - Aber... ich hatte endlich meinen Frieden.
 

Das einzige, was mich wirklich noch einmal einen Dämpfer verpasst hatte, war meine damalige Freundin, die ebenso wie ich, in der alten Klasse gemobbt wurde. Wir hingen ständig zusammen, aber sie konnte sich wehren. Zumindest ein bisschen Respekt hatte sie, was mir fehlte. Sie blieb auch sitzen und kam aber in die Parallelklasse. Tja, was soll ich sagen. Sie wurde am Ende von der Gemobbten, zur Mobberin.
 

Dieses Ereignis werde ich nie vergessen, als ich bemerkte, dass sie mir in den Pausen aus dem Weg ging. Ich, so naiv wie ich war, hab's nicht gecheckt. Bis ich sie mal ganz normal fragte, ob wir was am Wochenende machen wollen. Sie stand mit ihrer "neuen Gruppe" in der Pause zusammen. Sie sah mich abschätzend an, mit hochgezogenen Augenbrauen und sagte: "Mir dir? Was machen? Pff.", drehte sich wieder zu ihren neuen "Freunden" um und sie kicherten, gackerten wie die Hühner auf der Stange und ließen mich einfach stehen.
 

Da hab ich's dann auch gerafft.
 

Ab da... hab ich dicht gemacht, was "Freunde" anging. Ich hab das Vertrauen komplett verloren und blieb für mich. Mein Abschlussjahr war nichts besonders. Die Klassenfahrt... geht. Ehrlich gesagt, hing ich meistens mit den zwei Lehrern ab. Während meine neuen Klassenkameraden sich nur fürs Shoppen interessierten (Wir waren in Berlin, eine Woche), hab ich mit ihnen wirklich "Berlin" erkundigt. Geschichtlich eben. Wurde sogar eingeladen zum Pizza-essen. Da sagt man nicht "Nein" ;)
 

Ja, alles in allem... eher ernüchternd. Die gesamte Schulzeit, in der ich mich am liebsten nicht zurückerinnern wollen würde, es aber immer wieder tue. Weil ich nicht loslassen kann und man sich noch Jahre später, an die genaue Worte erinnert, während sie womöglich... alles vergessen haben.
 

Manchmal… tut es immer noch weh. Die Frage nach dem “Warum ich?” - “Was hab ich ihnen getan?” - “Weil ich nicht so war, wie sie?”
 

Ich werde darauf vielleicht nie die Antwort bekommen, aber das brauche ich auch nicht mehr. Denn ich weiß, wer ich bin! Und was andere von mir halten, ist mir so scheißegal geworden!

Die einzigen Menschen, deren Gesagtes mir wichtig ist, sind die, die jetzt meine Stütze sind. Die mich niemals fallen lassen würden und ich sie nie.
 

Meine Familie. Ich liebe euch ♥



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