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Tagebuch eines potenziell Wahnsinnigen

oder: Laws Leid
von

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One Shot

Law merkte sehr schnell, dass die Thousand Sunny gleichbedeutend mit einem Irrenhaus war. Eigentlich hatte er sich für sehr widerstandsfähig gehalten, immerhin würde er seine eigene Crew auch nicht als sonderlich gesellschaftsfähig beschreiben, aber im Gegensatz zu den Leuten, die Mugiwara manisch lachend um sich geschart hatte, konnte man seine Crew nur als handzahm bezeichnen.

Bereits die ersten paar Minuten an Bord waren augenöffnend gewesen und machte ihm klar, dass er diese Reise vielleicht nicht überleben würde. Das schiere Chaos, das auf diesem Schiff herrschte, ließ ihn die wenigen Dinge anzweifeln, an die er tatsächlich noch glaubte. Um nicht wirklich den Verstand zu verlieren, musste er sich also eine Methode überlegen, mit dieser ungewollten und höchst unangenehmen Situation zurechtzukommen.

Vor vielen Jahren hatte Law gelesen, dass das Führen eines Tagebuchs dabei helfen sollte, Gedanken zu ordnen und ein Gefühl von Struktur und Ordnung zu schaffen, auch wenn um einen herum alles in die Brüche ging. Also besorgte er sich ein Notizheft und einen Stift, begab sich auf die lange Suche nach einem ruhigen Ort an Bord und schlug das Heft auf. Noch etwas skeptisch schrieb er zunächst das Datum auf und hielt kurz inne, bevor er seufzte und seinen Gedanken freien Lauf ließ.

Was hatte er – ausgenommen seiner mentalen Gesundheit – schon groß zu verlieren?
 

Tag 1 seit der dümmsten Entscheidung meines Lebens

Die Aufgabe eines Kapitäns ist es, alles zu überwachen, Abläufe zu steuern und darauf zu achten, dass niemand stirbt. Die Aufgabe eines Schiffsarztes ist ebenfalls darauf zu achten, dass niemand stirbt. Nun bin ich auf diesem Schiff aktuell weder noch, und genau darin liegt das Problem, denke ich. Als sich nämlich vorhin das Wetter schlagartig geändert hat, konnte ich nicht einmal einen Befehl brüllen, weil ich a) nur Ahnung davon habe, wie man ein U-Boot bedient und das b) nicht mein Schiff ist.

Mir ist zwar klar, dass ich in dem Moment nicht hilfreich war, aber anders als die Navigatorin bin ich nicht der Ansicht, dass ich im Weg stand und ›meinen dürren Hintern zur Seite schieben sollte‹. Allerdings hat von ihr angeschnauzt zu werden hier wohl zur Folge, dass man auch vom Koch angeschnauzt wird, und auch, wenn Kuroashi-ya weitaus weniger furchteinflößend ist als die Navigatorin, gefallen mir die Konsequenzen davon gar nicht. Wie kann er mir deswegen nur Brot zum Mittag vorsetzen? Hat denn niemand auf diesem Schiff je etwas von Gastfreundschaft gehört?
 

Tag 2, nach dem Mittagessen

Es liegt vielleicht daran, dass wir auf der Polar Tang niemanden haben, der sich Erfinder schimpft, aber weder der Scharfschütze noch der Roboter sind mir ganz geheuer. Beim Schützen kann ich mir zwar nicht vorstellen, dass er mir gefährlich wird, aber wenn ich noch einmal sehe, wie der Roboter ein Sandwich aus seinem Rumpf holt und isst, als wäre es das Normalste auf der Welt, verfolgt mich das mit Sicherheit bis in meine Albträume.
 

Tag 2, nach dem Abendessen

Nico-ya ist potenziell gefährlicher als alle anderen Strohhüte zusammen. Ich weiß die Ruhe zu schätzen, die sie ausstrahlt, aber die Linie zwischen Ruhe und gut verdecktem Wahnsinn ist dünn. Und ich bin vieles, aber bestimmt nicht lebensmüde.
 

Tag 3, mit einem Haufen Watte in den Ohren

Heute hat mich der Musikant den ganzen Tag quer übers Schiff verfolgt, um mein Leben zu besingen. Als ihm die Ideen ausgingen, war er aufrichtig entrüstet, dass ich ihm nichts von meiner Vergangenheit erzählen wollte. Hat was gejammert von wegen ›Da bleibt mir vor Schreck doch gleich das Herz stehen – wenn ich noch eines hätte, yohohoho!‹ und hat danach gleich ein paar Verse darüber gedichtet, wie ich zum Shichibukai geworden bin.

Es wäre ja alles halb so schlimm gewesen, wenn Mugiwara-ya danach nicht angefangen hätte, laut und schief Shanties zu brüllen und mit seinem Musikanten übers Deck zu rennen. Vielleicht sollte ich mich einfach ins Meer stürzen…
 

Tag 4, der erste Tag, an dem die Entspannung überwogen hat

Wenn ich es genauer bedenke, kann ich mich nicht ins Meer stürzen, weil Tony-ya mir sonst hinterherspringen würde, um mich zu retten. (Und ich weiß nicht, ob Zoro-ya uns beide aus dem Wasser fischt, oder sich nur mit seinem eigenen Arzt begnügt.) Da er fast das einzige Crewmitglied ist, das noch nicht versucht hat, mich direkt oder indirekt umzubringen, möchte ich ihm das ersparen – vor allem, weil er allmählich zutraulich wird. Anfangs hat er sich noch gehütet, in meine Nähe zu kommen (seine Instinkte funktionieren gut), aber mittlerweile traut er sich, längere Unterhaltungen mit mir zu führen.

Die paar Stunden, die wir täglich in der Bibliothek verbringen, um uns auszutauschen, tragen erheblich zu meinem Seelenfrieden in diesem Höllenloch bei.
 

Tag 5, nach einer Nahtoderfahrung

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Zoro-ya einer von den normalen Insassen sei, aber diese Annahme hat mich heute beinahe das Leben gekostet. Auf meiner konstanten Suche nach Ruhe auf diesem Schiff bin ich dazu übergegangen, mich mit einem Buch in der Hand in Zoro-yas Nähe zu setzen, weil er meist einen Platz zum Schlafen wählt, an dem sich der Lautstärkepegel in Grenzen hält. (Oder er schläft direkt neben seinem kreischenden Kapitän. Eins von beidem.)

Für gewöhnlich klappt das ganz gut, aber heute konnte ich ja meinen Mund nicht halten. Mugiwara-ya ist wieder einmal laut brüllend übers Deck gesprungen und hat mir den letzten Nerv geraubt, also habe ich ein paar zugegeben beleidigende, aber noch völlig harmlose Dinge gemurmelt. Sein Name war noch nicht einmal komplett über meine Lippen, da hatte ich schon ein Schwert an der Kehle – dabei war Zoro-ya noch im Halbschlaf! Loyalität schön und gut, aber das geht doch wirklich zu weit!
 

Mit einem Seufzen, das leidender klang als nötig, lehnte Law sich zurück und massierte sich die Schläfen. Er würde sich zwar nicht als umgänglich oder als guten Gesprächspartner bezeichnen, aber mittlerweile war er der Meinung, dass seine Sozialkompetenzen die der meisten von Mugiwara-yas Leuten bei weitem überstieg.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er an die vergangenen Tage zurückdachte und sich noch einmal vor Augen führte, wie viele Nerven ihn das konstante Geschrei und Lachen dieses Gummiballs gekostet hatte. Eigentlich sollte er Schadensersatz dafür fordern. Was hatte er schon davon, dass er kostenlos auf ihrem Schiff mitfahren konnte? Das war die seelische Anstrengung nicht wert, die er hier tagtäglich durchlitt.

Zumindest wurde er immer besser darin, den größten Gefahrenquellen aus dem Weg zu gehen. Er hielt sich überwiegend an der Reling auf, um niemanden zu behindern, verkroch sich so oft es ging in die Bibliothek und sagte in Gegenwart des Schwertkämpfers nichts mehr über seinen Kapitän.

Law seufzte erneut und schlug das Notizheft zu. Nur noch ein paar Tage. Was war das Schlimmste, das passieren konnte?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2022-03-24T15:54:42+00:00 24.03.2022 16:54
So und nicht anders stelle ich mir Laws Erlebnisse auf der Sunny vor XD
Wunderbar beschrieben! :D
Antwort von:  Schangia
24.03.2022 19:29
Law lebt und leidet, besonders auf der Sunny xD
Danke dir! :D <3


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