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Ein letztes Geheimnis

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Freitag euch allen^^

Ja, nachdem die ersten Kapitel so ein bisschen rekapituliert haben, was die letzten zwei Jahre geschehen ist, geht es nun jetzt langsam richtig los! Ich hoffe ihr habt alle euren Spaß und wir sehen uns nächste Woche ;-)

LG
eure Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 3 - Unzufriedenheit

Kapitel 3 – Unzufriedenheit

 

-Sanji-

„…bestimmt man über verschiedene Testseren. Je nachdem welches Blut mit welchem Serum verklumpt…“

„Ja, Chopper, schön, meinetwegen. Das ist mir aber echt egal“, unterbrach der schlechtgelaunte Moosschädel den jungen Doktor, während sie hinter Sanjis Rücken durch die Kombüse zum Krankenzimmer schlenderten. „Du wolltest eigentlich sagen, was man dafür braucht und ob du sowas hier an Bord überhaupt machen kannst.“

„Natürlich!“

Sanji konnte die Entrüstung in Choppers Stimme hören, nicht, dass er wirklich drauf achtete. Trotz der Dunkelheit draußen, war es bald Zeit fürs Mittagessen und trotz der ausschweifenden Feier der vergangenen Nacht wusste Sanji genau, dass sein Kapitän in wenigen Minuten hereinstürmen und Nahrung verlangen würde.

Im Hintergrund hörte er noch, wie Chopper Zorro im Detail erklärte, wie er die Blutgruppe eines jeden Crewmitgliedes bestimmen konnte und Sanji wunderte sich beiläufig was der Schwertkämpfer wohl angestellt hatte, dass Chopper ihm schon wieder eine Predigt hielt.

Aber eigentlich konnte ihm das gestohlen bleiben. Es missfiel Sanji wie sich der andere benahm und daher wunderte es ihn nicht, dass Chopper wohl das gleiche empfand.  Während des Kampfes am vergangenen Tag hatte er Zorro eindringlich beobachtet, hatte bemerkt, dass der andere immer noch genauso leichtsinnig wie eh und je kämpfte und immer noch jegliche Hilfe ignorierte. Er hatte sich kein bisschen verändert.

Nein, das stimmte nicht, selbst ein Einzeller wie die Moosbirne hatte sich in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt, aber nicht zum Positiven. Er war noch arroganter als zuvor, noch stolzer, noch mürrischer und noch unausstehlicher. Zorro benahm sich so, als wäre die G6 nie passiert, als würde er ihnen allen nicht eine Entschuldigung oder zumindest eine Erklärung schulden.

Zorro tat so, als wären sie damals nicht vernichtend geschlagen worden, als hätten sie ihn damals nicht verloren, als wäre er nicht zumindest schlimm verletzt worden und wie sein verdammtes Getue Sanji ankotzte. Er wirkte noch abweisender als früher, beteiligte sich kaum an Gesprächen und verschwand recht zügig aus geselligen Runden, wie bei der Feier am vergangenen Abend.

Daher überraschte es Sanji kaum, dass Chopper sich seiner angenommen hatte und ihn für sein unvernünftiges Verhalten belehrte, so wie er es auch früher oft getan hatte. Neben Ruffy war Chopper so ziemlich der einzige, dem Zorro zuhörte, wenn dieser ihn schalt.

Seufzend entschied Sanji sich auf die Arbeit vor ihm zu konzentrieren. Er wusste gar nicht warum er sich so viele Gedanken um den anderen machte. Eigentlich sollte er sich einfach nur darüber freuen, dass die Crew wieder vereint war – inklusive des Vollidioten einer Alge – und dass sie die neuesten Ereignisse gut überstanden hatten.

Eigentlich sollte er gerade auf Wolke sieben schweben, schließlich hatten sie vor wenigen Stunden erst die Heimat der wunderschönen Meerjungfrauen hinter sich gelassen und es war schon seit langer Zeit einer seiner Sehnsüchte gewesen, diesen Ort eines Tages zu besuchen.

Aber die Wahrheit war nun mal, dass er nicht aufhören konnte an jenen Tag zu denken, als er geglaubt hatte Zorro sterben zu sehen und nun stand der andere so lebendig wie eh und je vor ihm, als wäre das alles nicht passiert, und tat auch noch so als wäre Sanji derjenige, der sich unpassend verhielt.

Plötzlich ging die Türe hinter ihm auf und Lysop kam hereingestürmt.

„Hast du sie?“, murrte er aufgebracht und kam zu Sanji in die Kochnische hinüber.

„Habe ich was?“, entgegnete Sanji nicht minder unzufrieden. Warum auch immer hatte er wirklich schlechte Laune und von einem Crewmitglied grundlos angepflaumt zu werden steigerte sie nicht gerade, erst recht nicht, wenn er gerade am Kochen war und keine Ahnung hatte, worum es ging.

Nein, das Einzige, was seine Laune wohl heben würde, wäre ein kleiner Schlagabtausch mit dem Moosschädel und dieses Mal würde Sanji vielleicht ausnahmsweise mal ernst machen.

„Mir fehlt ein Dial. Ich kann es nirgends finden“, beschwerte Lysop sich lauthals. „Ich war mir sicher, dass es in meinem Spind war, aber da ist es nicht. Du bist der…“

„Lysop, ich habe dein Dial nicht“, unterbrach Sanji ihn. Er hatte gerade wirklich wichtigere Probleme als ein verdammtes Spielzeug.

„Aber du bist der Einzige, der wusste…“

„Hattest du es bei dir als wir Bartholomäus Bär gegenüberstanden?“ Er erinnerte sich ungerne an jenen Tag zurück. „Vielleicht hast du es im Kampf verloren oder während der letzten zwei Jahre.“

„Hörst du mir überhaupt zu?!“ Lysop stand nun neben ihn und fuhr ihn wütend an. Es schien ihm offensichtlich wichtig zu sein, auch wenn Sanji nicht wirklich wusste warum. Es war nur eines von Lysops gefühlt hundert Dialen, die er damals auf Skypia erstanden hatte.

Skypia… das schien schon so lange her. Auch damals hatte Zorro absolut unbesonnen gehandelt und…

„Es liegt immer in meinem Spind, ich nehme es nur zum Schlafen gehen raus, und jetzt ist es weg.“

Ach, jetzt erinnerte er sich wieder daran, warum es so wichtig für Lysop war; er hatte Ewigkeiten daran getüftelt die Aufnahmezeit möglichst zu verlängern und Sanji wusste, dass er es bei wildem Wellengang immer hörte, um sich zu beruhigen. Seufzend legte Sanji ihm eine Hand auf die Schulter.

„Lysop, wer weiß, wer während unserer Abwesenheit hier an Bord war. Ich will nicht sagen, dass es geklaut wurde, aber vielleicht ist es einfach verschwunden.“

„Aber wie?“

Nun zuckte er mit den Achseln.

„Ich weiß es nicht, Lysop. Aber manche Dinge können wir nicht erklären und so schmerzhaft es auch sein mag, wir müssen die Dinge dann einfach so akzeptieren wie sie sind. Wenn das Dial noch irgendwo an Bord ist, werden wir es mit der Zeit schon finden und wenn nicht, dann ist es wohl an der Zeit loszulassen.“

Missmutig senkte der Kanonier den Blick.

„Es war ein ganz besonderes Dial“, murmelte er, „ich hatte mir so viel Mühe damit gegeben.“

„Ich weiß, aber du hast doch so viele, mit deinem Geschick wirst du sicherlich nochmal eine so gute Aufnahme schaffen.“

„Glaubst du wirklich?“ Für einen Moment strahlte Lysop ihn so an, wie sonst nur Ruffy gucken konnte, wenn man ihm Fleisch hinhielt.

„Natürlich“, bestärkte er den anderen und klopfte ihm wohlwollend auf die Schulter, „wenn es einer schafft dann du.“

„Du hast recht“, stimmte Lysop ihm zu und zeigte sein neugewonnenes Selbstbewusstsein. „Ich kann das!“

„Genau und könntest du mir jetzt beim Tischdecken helfen?“

Der andere rollte mit den Augen, fügte sich aber dann seinem Schicksal und begann fröhlich drauflos zu schnattern, welches seiner anderen Diale er umfunktionieren könnte.

Sanji hörte ihm nur mit halbem Ohre zu.

Eine leise Stimme in seinem Kopf fragte ihn, ob er nicht vielleicht seinem eigenen Rat folgen sollte. Vielleicht sollte er die Sache mit der G6 einfach ruhen lassen und einfach akzeptieren, dass Zorro nicht drüber reden wollte, auch wenn Sanji selbst noch keinen Abschluss gefunden hatte.

Aber nein, je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich. Anders als jenes unbedeutende Dial, war Zorro nicht einfach verschwunden, sondern vor seinen eigenen Augen vernichtet worden, und anders als jenes unbedeutende Dial, war Zorro wieder aufgetaucht. Anders als Lysop hatte Sanji also noch die Möglichkeit herauszufinden was genau passiert war und deshalb würde er die Dinge nicht einfach so akzeptieren wie sie waren.

Zorro schuldete ihm noch eine Erklärung und die würde Sanji sich auch einholen, wenn nötig auch mit Gewalt.

 

-Zorro-

Augenrollend ignorierte Zorro ihn.

Obwohl er wirklich versuchte sich nicht stören zu lassen, war es ihm unmöglich diese auffällig unauffälligen Blicke des Kochs nicht zu bemerken.

Immer wenn der andere dachte, dass Zorro es nicht mitbekommen würde, starrte der andere ihn regelrecht nieder und wenn Zorro nur etwas besser gelaunt wäre, würde er dieses nervige Geglotzte als Aufforderung sehen mit dem anderen noch mal das Deck zu schrubben.

Aber er war nun mal nicht gut gelaunt und hatte erst recht kein Interesse daran sich mit dem Smutje auseinanderzusetzen, also ignorierte er das Gegaffe des anderen und konzentrierte sich auf das Essen vor sich, während Ruffy ihm ganz aufgeregt von seinem Kampf gegen den Fischmenschen Hody erzählte, als ob Zorro den nicht mitbekommen hätte.

Laut Nami würden sie am späten Nachmittag die Oberfläche erreichen und man konnte diese leise Anspannung zwischen ihnen fühlen. Endlich, in wenigen Stunden würden sie endlich die neue Welt erreichen, in der neue Abenteuer sie erwarten würden.

Auch Zorro sah der neuen Welt erwartungsvoll entgegen. Nach dem enttäuschenden Kampf des vergangenen Tages hoffte er, dass dies ein einmaliges Ereignis bleiben würde und die nächste Auseinandersetzung diesen fahlen Beigeschmack überdecken würde. Er sehnte sich nach einem echten Kampf und nicht nach langweiliger Zeitverschwendung. Verdammt, jetzt klang er fast schon so abgehoben wie dieser verdammte Mistkerl eines Samurai.

Gleichzeitig sah er der Zukunft nicht mehr so naiv entgegen wie noch vor zwei Jahren. Damals hatte er die Gefahren dieser Welt unterschätzt und beinahe seinen Kapitän und seine Crew verloren. Zorros Unvorsichtigkeit hatte dazu geführt, dass sie Hakkai und dessen Soldaten der G6 unvorbereitet in die Hände gefallen waren. Sein unüberlegter Kampfstil hatte dazu geführt, dass er nach Bartholomäus Bär so angeschlagen gewesen war, dass er die Verletzungen, die Homura ihm im Kampf zugefügt hatte, nicht hatte überstehen können. Zorro hatte seine Fehler gemacht und dafür bitter bezahlt, nun würde er Gefahren nicht mehr so blauäugig ignorieren, nicht ein zweites Mal riskieren alles zu verlieren.

Er hatte eine zweite Chance bekommen mit seinen Freunden weiterzureisen und dieses Mal würde er sie alle beschützen, seine Crew, seinen Kapitän und auch sich selbst. Aus diesem Grund freute er sich auf die neue Welt. Er freute sich auf die Abenteuer und die Kämpfe, aber auch darauf, wie er sich all dem stellen würde. Er wollte sich beweisen, beweisen, dass er nicht mehr der naive Kerl von damals war, der sture Muskelprotz ohne Plan. Er wollte beweisen, dass er aus seinen Fehlern gelernt hatte, dass er diese zweite Chance verdient hatte.

Aber manchmal wünschte er sich diese Ignoranz zurück, vielleicht würde er dann auch nicht die nervigen Blicke des Koches merken, der ihn schon das ganze Essen über komisch beäugte, als ob Zorro jede Sekunde dessen geliebte Tischdecke vollbluten würde.

Der andere war unglaublich nervig und Zorro wusste nicht was sein Problem war. Wenn der Koch irgendetwas von ihm wollte, dann sollte er es gefälligst ausspucken oder ihm den Buckel runterrutschen.

Zorro war zu schlecht gelaunt, um sich mit dem anderen auseinanderzusetzen. Er hatte keinen Bock sich mit ihm zu streiten und sich sein Gezeter anzuhören, nicht heute, dafür fehlte ihm heute die Geduld.

Noch einen Moment wartete er bis Ruffy seine Geschichte zu Ende erzählt hatte, dann stand er auf und brachte seinen Teller zur Spüle, ehe er mit einem leisen Murmeln erklärte, noch etwas trainieren zu wollen und die Kombüse verließ. An der Türe zögerte er für einen kleinen Augenblick, als würde er auf etwas warten, ein Wort, einen Blick, aber die Crew setzte ihr munteres Mahl fort und Zorro schüttelte das seltsame Gefühl ab und schloss die Tür hinter sich.

Er war sich nicht ganz sicher, was seine schlechte Laune verursachte, aber die vergangenen zwei Jahre hatten ihn gelehrt, dass Training ihm immer helfen konnte. Während er sein eigenes Monster geworden war, hatte er sich mit sich selbst auseinandersetzen müssen und hatte mit nervigen Stimmungsschwankungen umgehen lernen müssen, aber dieses Wissen heiterte ihn nicht gerade auf.

Natürlich wusste er, dass seine schlechte Laune teils dem langweiligen Kampf vom Vortag und seinem leisen Appetit nach mehr zu verschulden war. Auf der anderen Seite war er so viele wild durcheinander laufende Gespräche nicht mehr gewohnt und nun hatte er Kopfschmerzen. Er war sich sicher, dass die wilden Mahlzeiten dieser Crew ihn früher nicht so sehr gestört hatten, aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Heute schien er besonders leicht reizbar zu sein.

Aber auch da würde ihm das Training helfen, zumindest hoffte er das.

„Ähm Zorro, hättest du vielleicht einen Moment?“

Nicht so überrascht wie er vielleicht sein sollte wandte er sich um, schon auf halbem Wege zum Ausguck. Hinter ihm hatte Brook das Mittagessen ebenfalls verlassen. Sein Totenschädel offenbarte keinerlei emotionale Regung, aber seine sonst eher fröhliche Stimme hatte ungewohnt ernst geklungen.

Zorro hatte erwartet, dass Brook früher oder später ihn ansprechen würde, also nickte er nur und deutete dann rauf zum Ausguck, woraufhin das Skelett ebenso nur nickte.  Während Brook ihm folgte überlegte Zorro was er sagen sollte, sich bewusst, dass Lügen ihn wohl nicht wirklich weit bringen würde. Eigentlich sollte er dankbar sein, dass Brook ihn jetzt ansprach, während eines Momentes der Ruhe, ohne die anderen miteinzubeziehen. So ziemlich jeder andere aus der Crew – vielleicht mit Robin als Ausnahme – würde nicht so viel Taktgefühl an den Tag legen, wie Brook gerade und Zorro fragte sich, ob ein solches Verhalten typisch für das Skelett war oder ob es eine Warnung sein sollte.

Sie kannten einander eigentlich kaum. Brook war nach Thriller Bark zu ihrer Crew hinzugestoßen, nur wenige Tage bevor sie von den Soldaten der G6 gefangen genommen worden waren, nur wenige Tage bevor Zorro von ihnen getrennt worden war.

Ein bis zwei richtige Gespräche hatte er vielleicht mit dem Musikanten geführt und doch hatte Zorro tiefen Respekt vor dem Älteren, der so unnachgiebig sein Ziel verfolgt hatte und sich im Kampf gegen die Zombies nicht hatte geschlagen geben wollen.

Zorro erinnerte sich gut an den Moment, als er mit Sanji in die Zelle eingebrochen war, in der Franky und Brook gefangen gehalten worden waren. Brook hatte so wissend gewirkt, wie er Zorro damals aus seinen leeren Augenhöhlen angestarrt hatte, als hätte er gewusst was in Zorro damals vorgegangen war.

Oben angekommen wartete er auf den anderen, der wenige Sekunden später auch durch die Luke stieg.

Er wünschte dieses Gespräch wäre nicht notwendig, aber er wusste, dass er es nicht verhindern konnte. Er wusste, dass er die Wahrheit nicht auf ewig verheimlichen konnte. Je nachdem wie diese Unterredung ausgehen würde, würde die ganze Crew bald Zorros Geheimnis wissen, noch bevor sie überhaupt die neue Welt erreicht hatten.

„Danke, dass du dir Zeit nimmst“, bedankte sich Brook etwas zu höflich für unter Crewmitgliedern und verbeugte sich knapp.

Zorro zuckte nur mit den Schultern und verschränkte die Arme.

„Worum geht’s?“, fragte er und spielte den Unwissenden.

Als Brook sich wieder aufrichtete konnte Zorro die Ernsthaftigkeit auf seinem Totenschädel sehen.

„Kannst du es auch sehen?“, fragte er und bestätigte damit Zorros Befürchtung.

Er hatte es schon vermutet, aber nun wusste er, dass Brook ihn tatsächlich sehen konnte, Zorros Schatten. Es überraschte ihn nicht wirklich, schließlich sah auch er den des Musikanten.

Langsam nickte er.

„Was ist das?“, hakte Brook nach.

„Das weißt du mit Sicherheit“, entgegnete Zorro kühl. „Der Schatten des Todes.“

Der andere trat einen Schritt zurück.

Es stimmte, wie jeder andere Wiedergeborene – wie die Menschen sich nannten, die gestorben waren und in einem fremden Körper aber mit den eigenen Erinnerungen zurück ins Leben gekommen waren – verfolgte auch Zorro der Schatten seines alten Lebens, wohin er auch ging.

Für die meisten Menschen war dieser Schatten unsichtbar. Am Anfang hatte Zorro gedacht, dass nur andere Wiedergeborene ihn sehen konnten, so wie Zorro ihn bei Fremden sehen konnte, nur nicht bei sich selbst.

Als er damals, vor zwei Jahren, seiner Crew wieder gegenübergestanden hatte, war es ihm sofort aufgefallen, aber er hatte es ignoriert, weil er dringendere Probleme gehabt hatte. Er konnte Brooks Schatten sehen, denn auch Brook war jemand, der hinter den Schleier des Todes gesehen hatte und dann zurück ins Leben gekehrt war, wohl wissentlich wie der Tod aussah.

Daher überraschte es ihn nicht im Mindesten, dass der andere auch Zorros Schatten sehen konnte. Ein nebliges Gebilde, das immer wieder verschwamm und schärfer wurde. Anders als Brook, dessen Schatten seinen Körper vor seinem Tod zeigte, wusste Zorro, dass sein eigener Schatten – obwohl er selbst ihn nicht sehen konnte – seinen jeweils anderen Körper zeigte.

Jeder Wiedergeborene wusste, dass Lady Loreen in Wirklichkeit Lorenor Zorro war und nun konnte Brook den Schatten Lady Loreens hinter Zorro sehen und wusste es somit auch.

Der andere sah ihn lange an und sagte überhaupt nichts, überlegte gerade wohl ob Zorros Aussage seine Vermutungen und Theorien bestätigte, überlegte vielleicht auch was dies bedeutete und was er mit diesem neuen Wissen anstellen sollte. Zorro entschied abzuwarten, während Brook nachdachte.

„Also“, murmelte der andere nach einer Weile, „du hast Ruffy damals die Wahrheit gesagt. Deshalb hat er dir deine Schwerter mitgegeben?“

Zorro nickte nur.

„Und du hast entschieden uns anderen nichts zu sagen?“

Wieder nickte Zorro. Erneut waren sie beide für einen Moment still.

„In Ordnung“, sprach Brook aus und nickte ebenfalls, „dann möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Deine Worte erklären mir einiges, aber ich versichere dir, dass ich nicht absichtlich in deine Intimsphäre eindringen wollte, mir war schlicht nicht bewusst was ich gesehen habe.“

„Brook, was du…“

„Es ist schon in Ordnung.“ Das Skelett winkte ab. „Du brauchst dich mir nicht zu erklären. Ich respektiere deinen Wunsch und deine Privatsphäre. Ich werde mir nicht herausnehmen Dinge auszusprechen, die du für dich behältst.“

Der andere wandte sich zum Gehen, schien absolut ehrlich und ernsthaft in seinen Worten und Gedanken.

„Natürlich möchte ich nicht anmaßend sein und ich möchte auch gar nicht so tun, als wüsste ich was für Umstände deine Handlungen beeinflussen, aber dürfte ich dir dennoch einen Rat geben?“ Brook war an der Luke stehen geblieben und sah ihn ruhig an. „Ich weiß nicht warum du dich entschieden hast uns andere nicht einzuweihen, aber ein Geheimnis dieses Ausmaßes solltest du nicht zu lange allein schultern. Nicht wenn du Freunde hast, die gerne etwas deiner Last tragen würden.“

Es überraschte Zorro wenig, dass der andere ihm dies riet, so wie auch der Samurai es ihm geraten hatte und dennoch überraschte Brook ihn.

„Ich danke dir, Brook.“

Das Skelett nickte erneut und zeigte ihm dann das unbestimmbare Lächeln eines Totenkopfes, doch das Grinsen seines Schattens verriet kaum mehr.

„Ich danke dir, Zorro. Wir alle stehen tief in deiner Schuld und ich werde mein Möglichstes tun, um dir deine Last zumindest etwas zu erleichtern.“

Damit begann der andere die Luke hinunter zu klettern und ließ Zorro zurück. Für einen Moment war er verwundert über die anhaltende Stille, obwohl er doch jetzt alleine war, dann wandte er sich kopfschüttelnd um.

Das Gespräch war etwas anders verlaufen als er erwartet hatte. Natürlich hatte er damit gerechnet, dass Brook eins und eins zusammenzählen würde und herausgefunden hatte, dass Zorro und Lady Loreen ein und dieselbe Person waren, aber er hatte nicht erwartet, dass Brook Stillschweigen über dieses Wissen bewahren wollte und darüber hinaus Zorro auch noch seine Hilfe anbot.

Hätte Brook entschieden die anderen einzuweihen, hätte Zorro ihn nicht aufhalten können und er hätte es hingenommen, daher war er dankbar, dass Brook sich dagegen entschieden hatte.

Zorro wusste, dass er den anderen über kurz oder lang die Wahrheit sagen musste, aber nach Möglichkeit wollte er dies noch so lange wie möglich hinausschieben. Zum einen, weil er keine Lust hatte sich mit ihren nervenden Fragen, ihren nervenden Blicken und ihren nervenden Problemen zu befassen und zum anderen, weil er bis dahin noch etwas anderes regeln musste und dafür wäre es besser, wenn die Crew unwissend blieb.

Die Weltkonferenz stand bevor. Ein Ereignis, das Zorro bis vor kurzem hätte gestohlen bleiben können. Aber Eizen hatte sichergestellt, dass Zorro – Lady Loreen – kommen würde, um den Politiker bei dessen zwielichtigen Plänen zu unterstützen.

Aus diesem Grund hatte Zorro entschieden, dass seine Freunde noch nichts wissen durften, auch wenn er noch nicht genau wusste, wie er sich für ein paar Tage von ihnen abseilen sollte, ohne dass es auffallen würde. Aber er war sich sicher, je weniger die anderen wusste, desto sicherer waren sie, desto weniger waren sie eine Gefahr für Eizen und desto weniger würden sie Ziel etwaiger Angriffe werden.

Er unterbrach seinen Gedankengang und schaute nach draußen als sich das erste Licht durch die Wassermassen kämpfte und die Dunkelheit um sie erhellte. Bald würden sie auftauchen.

Seufzend ging Zorro zur Lautsprecheranlage hinüber und gab die Neuigkeit durch, ehe er selbst den Ausguck verließ. Er hatte sich sehr darauf gefreut zumindest für eine halbe Stunde trainieren zu können und die Sorgen des Alltags und der anderen hinter sich zu lassen.

Aber das konnte er nun vergessen. Unten angekommen konnte er hören wie Nami erklärte, dass sie in weniger als einer Stunde die Oberfläche erreichen würden, während nach und nach die anderen ebenfalls nach draußen kamen. Was auch immer für trübsinnige Gedanken Zorro geplagt hatten, er musste sie nun in den Hintergrund schieben, denn wer wusste schon, was sie auf der anderen Seite der Welt erwarten würde.

Konnte es sein, dass noch jemand fehlte? Nein, sich den Nacken reibend begutachtete er einen nach dem anderen. Sie waren alle da, die ganze Crew hatte sich mittlerweile um Nami herum versammelt, dennoch blieb dieses seltsame Gefühl.

Während Zorro den Erklärungen und den Anweisungen der Navigatorin mit halbem Ohr zuhörte, spürte er wie sich die kleine, weiße Teleschnecke in seiner Hosentasche an ihn schmiegte und erst dann bemerkte er, dass er sich abwesend über die Halsbeuge gestrichen hatte, auf der Suche nach einem kleinen Schmuckstück, welches nicht da war, sicher verwahrt in einer Falte seiner Bauchbinde.

Verdammt!

Er hatte nicht erwartet, dass es so schwierig sein würde. Er hatte nicht erwartet, dass er jemand war, dem so etwas zu schaffen machen würde, aber er konnte schon nicht mehr zählen, wie oft er sich in den vergangenen Stunden umgewandt hatte, nach jemandem der nicht da war. Viel zu oft hatte er jemanden ansprechen wollen, der nicht da war, hatte die Meinung von jemandem hören wollen, der nicht da war.

Als Zorro vor zwei Jahren auf Sasaki, der Heimatinsel des Samurais, gestrandet war und auf die anderen gewartet hatte, da hatte er seine Freunde vermisst. Fremde Menschen mit ähnlichen Charakterzügen hatten ihn schmerzlich an das ein oder andere Crewmitglied erinnert. Er war früh morgens aus dem Schlaf geschreckt, weil er sich eingebildet hatte, dass sein Kapitän ihn rufen würde. Viele Nächte hatte er wachgelegen, weil die Träume ihn an das erinnert hatten, was er verloren hatte, und an das Leid, welches seine Freunde wegen ihm hatten durchstehen müssen.

Ja, auf Sasaki hatte Zorro viel und oft auch wehmütig an die anderen gedacht. Aber nachdem Rayleigh ihm von seinem Plan erzählt hatte und Zorro entschieden hatte für zwei Jahre mit dem Samurai zu dessen Wahlheimat Kuraigana zu reisen, um dort zu trainieren, hatte diese Wehmut abgenommen. Er hatte gewusst, was das Ziel war und er hatte gewusst, dass er seine Freunde nach zwei Jahren wiedersehen würde und auch wenn es geschmerzt hatte, hatte er auch gewusst, dass es für das beste gewesen war.

Nun jedoch war er zurück bei ihnen und sollte eigentlich einfach glücklich sein. Aber während er das heller werdende Meer um sie herum beobachtete, umgeben von seinen Freunden, für die er zwei Jahre lang trainiert hatte, konnte er dieses seltsam ungekannte Gefühl der Einsamkeit kaum ignorieren und er verstand noch nicht mal warum er so fühlte.

So sollte er sich nicht fühlen, so sollte das Wiedersehen mit seinen Freunden nicht sein. Er hatte mit den Sorgen, die er wegen Eizen hatte, gerechnet. Er hatte mit dem nervigen Problem Lady Loreen, welches er über kurz oder lang mit seiner Crew teilen musste, gerechnet. Er hatte sogar mit einem gewissen Misstrauen, aufgrund seines offensichtlichen Todes und seiner unerklärten Auferstehung, gerechnet. Mit all dem hatte er gerechnet, hatte noch mit viel mehr gerechnet, aber auf eine Sache war er nicht vorbereitet gewesen.

Zorro vermisste tatsächlich diesen verdammten Mistkerl eines Samurais. Er vermisste wie der andere sich neben ihn stellen und mit seiner ruhigen – nervig gelangweilt klingenden – Stimme irgendetwas bemerken würde, irgendein Wissen mit ihm teilen würde oder sich über irgendetwas beschweren würde. Er vermisste wie der andere über einen blöden Kommentar eines anderen eine blasierte Augenbraue hochziehen aber sich nicht mal zu einer Antwort herablassen würde. Vielleicht würde er auch Zorro einen Blick zuwerfen, der mehr sagen würde, als selbst der andere in Worte fassen konnte.

Natürlich hatte er von Anfang an gewusst, dass er Kuraigana nach zwei Jahren verlassen würde und so hatte er es auch von Anfang an gewollt. Die letzten zehn Tage, die er auf dem Sabaody Archipel verbracht hatte, um Eizen zu treffen und um auf seine Freunde zu warten, hatte ihn das alles auch nicht wirklich gestört. Er hatte immer wieder mal einen Gedanken an seinen Lehrmeister verschwendet, aber eigentlich war Zorro viel aufgeregter gewesen, endlich seine Freunde wiederzusehen.

Aber jetzt, hier und jetzt, da sich alles langsam wieder einzupendeln schien in dem gewohnten Chaos dieser Crew, jetzt merkte Zorro, dass irgendetwas fehlte, ohne dass Zorro gegen diese seltsame Leere irgendetwas tun konnte.

Mit einem Seufzen nahm er hin, dass sie durch die Wasseroberfläche brachen und über ihnen der strahlendblaue Himmel der neuen Welt auf sie wartete. Nicht mal darüber konnte er sich freuen, wobei zumindest für diesen Moment die nervigen Augen des nervigen Kochs mal nicht auf ihn geheftet waren.

Missmutig entschied Zorro, dass das Wasser auf dieser Seite der Red Line nicht wirklich anders aussah als auf der anderen und er die Zeit besser nutzen konnte, als hier dumm rumzustehen, indem er doch noch etwas trainieren ging.

Bevor er jedoch auch nur den Ausguck erreicht hatte, ließ ihn Namis laute Stimme aufhorchen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen wuchs am Horizont ein Wolkenkoloss, der immer näher kam und selbst Zorro konnte sehen, wie stürmisch das Meer dort war, obwohl es bei ihnen noch friedlich vor sich hin plätscherten.

Im nächsten Moment brüllte Nami bereits Befehle, um das Schiff zu sichern, doch bevor Zorro auch nur damit beginnen konnte seine Aufgabe in die Tat umzusetzen hatte der Sturm sie bereits erreicht und schien sie weit fortzubringen, weit weg von ihrem eigentlichen Kurs, weit fort in die Neue Welt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2021-09-05T09:28:21+00:00 05.09.2021 11:28
Sehr gut durchdacht, der Schatten des Todes. Ich habe gar nicht daran gedacht, dass auch Brook ihn tragen könnte, aber logisch XD Ich mag es sehr, wie du seinen Charakter eingefangen hast *___*
Und ich freue mich, wenn Sanji endlich mal anspricht, was ihm auf der Seele brennt O.o Zorro wird ja nur noch von ihm angegafft :'D
Antwort von:  Sharry
10.09.2021 08:04
Hay^^
Danke für deine lieben Worte und es freut mich, dass Brook gut rübergekommen ist. Tatsächlich hatte ich am Anfang echt so meine Sorgen ihn zu schreiben, aber er macht mega Spaß.
Und ja, ich freue mich auch, wenn Sanji endlich mal Klartext spricht, aber ein bisschen wird das wohl noch dauern ;-)
LG


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