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Schatten der Vergangenheit

von

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Liebe oder Verrat? Part 2

Nie wieder Alkohol, war das Erste, was Lucy am nächsten Morgen dachte, als sie total verkatert aufwachte. Was war gestern überhaupt noch alles passiert? Lucy hatte keine Ahnung, richtete sich langsam auf und fasste sich stöhnend an den Kopf. Ihr fehlten einige Details, es war ihr, als hätte sie einen Blackout.
 

„Wie spät ist es?“, nuschelte plötzlich jemand neben ihr und riss sie aus den Gedanken.
 

„Kurz vor neun“, erwiderte sie, dann aber merkte sie, dass die Stimme nicht die ihres Freundes war. Sofort sah sie unter ihre Bettdecke, stellte erschrocken fest, dass nicht nur sie, sondern auch er nackt waren. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen, was sie die Nacht getan, dass sie ihren eigenen Freund betrogen und hintergangen hatte. Lucy wurde schlecht, das Gewissen plagte sie wie eine Horde aggressiver Ameisen, in deren Nest sie sich gesetzt hatte.
 

„Scheiße, scheiße, scheiße“, entfuhr es ihr mehrmals und ihr wurde mit einem Male so schlecht, dass sie wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett sprang und rüber ins angrenzende Badezimmer. Verfolgen war der Kater, die Kopfschmerzen weggeblasen und nur der Inhalt ihres Magens entleerte sich unaufhaltsam. Röchelnd hing sie über der roséfarbenen Kloschüssel, würgte immer wieder, bis sie alles aus sich draußen hatte und langsam aufrichten konnte.
 

Ein Blick in den Spiegel reichte. Sie sah scheiße aus, fühlte sich schuldig, benutzt und dreckig. Lucy stöhnte auf, drehte das Wasser auf Kalt und ließ es einige Sekunden über ihre Handgelenke laufen. Wie sollte sie Jens je wieder unter die Augen treten, ohne sich schlecht zu fühlen? Lucy war ratlos und ängstlich zugleich. Lügen war noch nie ihr Ding, sie musste es sagen, ihr Gewissen erleichtern. Auch, wenn sie Gefahr lief, ihn zu verlieren.
 

Lucy drehte den Hahn zu, trocknete ihre Hände und lief zurück in ihr Zimmer, wo noch immer dieser Typ in ihrem Bett lag und sie anstarrte. „Ich sollte wohl besser gehen, oder?“
 

Auf die Frage nickte Lucy nur, hielt ihn nicht davon ab sich anzuziehen und aus ihrem Leben genauso schnell zu verschwinden, wie er aufgetaucht war. Sie wandte sogar den Blick ab, zeigte deutlich die kalte Schulter und erst, als er sie nochmals ansprach, zuckte sie kaum merklich zusammen.
 

„Tut mir leid für dich. Ehrlich“, murmelte er, dann hörte sie noch die Tür und er war verschwunden.
 

Verwirrt blickte sie diese an, verstand nicht, warum er diese Worte gesagt hatte und wie genau sie zu verstehen waren. Vielleicht war sie auch zu naiv, hatte sich diese eingebildet und am Ende hatte er nichts gesagt. Besser wäre es gewesen. Ihr Kopf arbeitete schon genug, legte sich bereits einen Plan für heute Abend zurecht. Auswandern war auch eine Möglichkeit, aber wo sollte sie mit 17 Jahren schon hin? Weglaufen war obendrauf feige, nicht mehr ihre Art und lieber stellte sie sich dieser schwierigen Aufgabe.
 


 

Mit Bauchschmerzen betrat Lucy an diesem Abend das Festzelt, sah sich nach ihrem Freund um, den sie schließlich hinter der Theke entdeckte. Tief atmete sie durch, wagte den Schritt und trat hinter diese.
 

„Können wir reden?“
 

„Was?“, brüllte er sie fast schon an und da merkte auch Lucy, dass sie viel zu leise gefragt hatte. „Ob wir kurz reden können?“, wollte sie nun lauter wissen und hoffte, er hätte wenigstens fünf Minuten für sie Zeit.
 

„Aber nur kurz“, erwiderte er, stellte das saubere Glas weg, nahm sich stattdessen zwei Flaschen Bier und sah Lucy auffordern an. „Hinter dem Zelt?“
 

Lucy nickte, folgte ihm nach draußen und unterdrückte die aufkommende Übelkeit. Ebenso versuchte sie ihren zitternden Körper zu kontrollieren, was ihr nicht gelingen wollte. Erst recht nicht, als er ihr eine der Flaschen reichte und ihre gesamte Hand zu zittern begann.
 

„Tut mir leid“, entschuldigte sie sich hastig, nahm rasch einen Schluck, als wollte sie das Gewissen wegspülen, in Alkohol ertränken. Auf den ersten Schluck folgte auch gleich der zweite und rasch war die Flasche zur Hälfte geleert.
 

„Alles okay?“, wollte ihr Freund wissen, der bisher nicht einen Schluck genommen hatte.
 

Lucy schüttelte den Kopf, ihr kamen die Tränen, die Bilder der verhängnisvollen Nacht vor Augen. Immer wieder versuchte sie zum Reden anzusetzen, schluckte und räusperte sich. Ihr fiel es sichtlich schwer, zu gestehen und ihre Sünde zu beichten. Es waren nur vier Worte, die ihr alles abverlangen, die im Hals steckten und blockierten.
 

„Lucy, ich muss gleich wieder rein.“ Jens seufzte, zog sie in seine Arme und strich über ihren Rücken. Der richtige Moment. Lucy fühlte es.
 

„Ich hab dich betrogen“, platzte es wie eine Bombe aus ihr heraus, ehe sie sich löste und es nicht wagte, ihn anzusehen. Zum einen versteckte sie ihre Tränen und zum anderen das schlechte Gewissen, was wie ein Parasit an ihr nagte, sie fast zerfraß.
 

Minuten schienen zu verstreichen, die ihr endlos vorkamen. War Jens noch da oder war er gegangen? Sie traute sich nicht, hinzusehen, wollte es nicht. Doch er war da, nahm sie von hinten in den Arm und murmelte ihr etwas zu, womit sie im Leben nicht gerechnet hätte.
 

„Ich hab es bereits geahnt.“
 

Zwei Jahre war das nun schon her. Zwei Jahre, in denen Lucy und Jens getrennt waren, wieder zusammenfanden und am Ende hatte sie die bittere Wahrheit erfahren. Jens hatte es nicht geahnt, er wusste es, hatte sie verwettet für einen Kasten Bier und sie war so dumm und war darauf hereingefallen. Für Lucy ergab inzwischen auch der seltsame Satz ihres Seitensprungs Sinn. Er hatte mitgespielt und am Ende tat es ihm wirklich leid um sie. Lucy war von Anfang an das Opfer, ihr wurde bewusst übel zugespielt und ausgerechnet der Mensch, den sie liebte, hatte sie selber noch sehr viel schlimmer hintergangen.



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