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Apnoe

von

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Hydra

 

 

"Ich fasse es nicht - du hast wirklich die Wohnung ausgeräumt?" Moreno hielt sich mit seiner gesunden Hand die schmerzenden Rippen fest, während ein Lachkrampf nach dem anderen seinen bleichen dürren Körper schüttelte. Er wirkte nun ganz und gar nicht mehr wie im Delirium, sondern so klar wie ein unbewölkter Winterhimmel. "Sag nicht, du hast danach auch noch gefegt."

Alvaro spürte, wie ihn Morenos Worte und das wiehernde Lachen, das sogar die an ihm angeschlossenen Geräte übertönte, langsam aber sicher die Selbstbeherrschung kostete und sich Wut in seinem Magen wie Lava breit machte. So gefasst wie möglich sah er den Mann mit dem nun geröteten Gesicht im Krankenbett an. "Dafür hatte LaRue andere Leute."

"Nein, dafür hatte er dich." Moreno wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht. Er musste ein paar Mal durchatmen, bevor er Alvaro wieder ansehen konnte, ohne dass er erneut zu lachen begann. "Er hat dich nur zu lange verschont und dann war es zu spät."

Alvaros Wangenknochen schmerzten, so fest biss er die Zähne aufeinander. Wie lange es wohl dauern würde, Moreno zum Schweigen zu bringen? Um die Geräte abzustellen, war es ja leider zu spät, aber vielleicht konnte er ihn damit erschlagen?

"Du hast keine Ahnung, was LaRue wirklich mit dir vorhatte, richtig?" Morenos Hand suchte nach dem Haltegriff, der über ihm am Bett schwebte. Ächzend zog er sich in eine aufrechte Position, ohne dabei Alvaro aus seinen kleinen knopfartigen Augen zu lassen. Seine Stimme klang nun nicht mehr erheitert, sondern hatte einen lauernd listigen Tonfall angenommen, der Alvaro aufhorchen ließ. "Du solltest in Zukunft meine Arbeit machen, Junge."

Jetzt hatte Alvaro die endgültige Bestätigung dafür, dass Moreno wahnsinnig geworden war. Der Blutverlust, die Medikamente, das Trauma - alles hatte eben seinen Preis. Ein mitleidiges Schmunzeln huschte über Alvaros Lippen, das Moreno augenblicklich bemerkte und mit einem verächtlichen Lächeln seinerseits quittierte.

 

"Was dachtest du denn, wozu er dich hat? Zum Autofahren und Babysitten? Wie viele bewaffnete Chauffeure kennst du denn?" Moreno sah Alvaro einige Augenblicke schweigend an. Er hatte sich diese Worte Silbe für Silbe sorgfältig zurecht gelegt, seit er aus dem Koma aufgewacht war und wieder wusste, wie er hieß und wer ihm diese Riesenscheiße eingebrockt hatte. "Was meinst du, warum jemand so junges wie du so schnell einen begehrten Job wie diesen bekommt, für den es hunderte Bewerber gegeben hat?"

Alvaros aufeinander gepresste Lippen wurden einen Ticken schmaler.

"Genau deswegen. Du stellst keine unnötigen Fragen." Morenos Worte trieften vor Spott, während das Grinsen wieder auf sein narbenübersätes Gesicht zurückkehrte. Das raubtierartige Grinsen entblößte zwei Reihen Zähne, die sich nun teilten und den schwarzen Schlund dahinter präsentierten, aus dem ein gehässiger Satz nach dem anderen kam. Wie lange hatte er auf diese Gelegenheit gewartet! "Du warst der Einzige, der die Klappe gehalten hat. Von Anfang an - egal, was LaRue von dir verlangt hat. Und er hat dich oft genug getestet, das kannst du mir glauben."

Etwas an Morenos Blicken hatte sich verändert, aber er war noch lange nicht fertig mit seiner Predigt, die Alvaro stumm mit zu Fäusten geballten Händen über sich ergehen ließ.

"Du benutzt deinen Kopf, aber nicht deinen Mund und wenn ich dir einen guten Rat geben darf, dann hör jetzt bloß nicht damit auf, sonst gibt es bald einen Nachfolger für dich." Morenos Worte klangen nun wieder verwaschen. Die bleierne Müdigkeit lähmte seinen Körper und er ließ sich wieder zurück auf die Matratze sinken.

Gerade als Alvaro dachte, Morenos Monolog sei endlich vorüber und er könne gehen, fiel diesem wohl noch ein wichtiges Detail ein. Seine halb geschlossenen Augenlider flatterten noch ein letztes Mal auf und seine verächtlichen Blicke musterten Alvaro von oben bis unten.

"Eigentlich hättest du an dem Tag bei LaRue im Auto sitzen sollen - was mit mir passiert ist, war eigentlich für dich gedacht. Alles." Scheinbar hatte Moreno endgültig sämtliche Energie für heute aufgebraucht, denn seine immer ruhiger werdende Stimme wechselte bald darauf in regelmäßige Atemgeräusche.

 

Wie gelähmt stand Alvaro an der offenen Fahrertür seines Wagens und sah die Front des Krankenhauses hinauf, aus dem er gerade regelrecht geflohen war. Stock um Stock die Treppe runter, anstelle des Fahrstuhls. Das Adrenalin, das seinen Körper geflutet hatte, hatte ihn in Windeseile aus dem Gebäude getrieben, kaum dass sich die Tür zu Morenos Krankenzimmer hinter ihm geschlossen hatte.

Bis zum Parkplatz davor hatte seine Selbstkontrolle gereicht, die er sich bei Moreno bewahrt hatte. Aber den Triumph hätte er ihm nicht auch noch gegönnt, zu sehen, dass sein ganzer Körper zitterte, nachdem ihm Morenos Worte bewusst geworden waren.

Dafür hatte er dich!

Ein Frösteln durchlief Alvaros Körper, den er nur noch Stellenweise spüren konnte.

Das erste Mal, seit er diesen Job hatte, konnte er nicht fahren. Er wusste, wenn er es versuchte, würde er irgendwo dagegen fahren. Vorausgesetzt er schaffte es überhaupt, den Wagen zu starten.

Moreno log.

Er konnte sich nicht vorstellen, dass LaRue ihn dafür ausgewählt hatte, Leute, die ihm nicht in den Kram passten, zu- Alvaros Augen verfinsterten sich bei diesem Gedanken.

Auf keinen Fall hätte es LaRue überhaupt in Erwägung gezogen, dass Alvaro Menschen- Ein heftiger Krampf in seiner Brust zwang Alvaro in die Knie. Kalter Schweiß brach aus sämtlichen Poren seines Körpers hervor. Er konnte diesen Gedanken nicht mal beenden, so abwegig war das alles. Niemals hatte sein Chef so etwas wie Moreno in ihm gesehen. Nicht LaRue.

 

 

Dankbar versank Alvaro wieder in dem Sicherheit vorgaukelnden Strudel seiner Arbeit.

Moreno konnte im Krankenhaus versauern, er würde keinen Schritt mehr dort hinein setzen oder sonst wie in Kontakt mit diesem Psychopathen treten. Die Anrufe über dessen aktuellen Gesundheitsstatus reichten. Mehr musste er nicht wissen. Mehr wollte er nicht mehr wissen.

Die konstanten Gedanken, die er sich seit dem Besuch dort machte, ließen sich ohnehin nicht abstellen. Er fühlte sich jetzt nicht mehr nur schlecht, weil er in den finalen Momenten seines Chefs nicht anwesend war oder es von vorneherein nicht verhindern konnte, wie es sein Job verlangte, er fühlte sich sogar noch schlechter.

Wäre er anstelle von Moreno dabei gewesen, hätte alles vielleicht ein anderes Ende nehmen können. Immerhin sollte der ja sowieso ausgetauscht werden. Und das sicher nicht grundlos.

Die schiefen Töne diverser Musikinstrumente jagten einen Schauder über Alvaros Nacken. Er sah zur geschlossenen Tür vor sich und bedauerte die armen Musiklehrer dahinter, die sich tagtäglich die größte Mühe gaben, Menschen wie Ding 1 und Ding 2 ein paar nicht ganz so gequält klingende Noten aus den Instrumenten zu entlocken.

Moreno war sicher zwanzig Jahre älter als er selbst. LaRue musste sich was dabei gedacht haben, wenn er schon vorgehabt hatte, Moreno zu ersetzen. Weshalb hatte er also nicht auf seinen sonst unfehlbar arbeitenden Instinkt gehört und Alvaro fahren lassen?

 

Alvaro sah aus dem hohen bleiverglasten Fenster der Musikschule zur Straße darunter, wo sich der Feierabendverkehr wie ein nicht enden wollender Lindwurm aus Blech durch das ausgeklügelte Ampelsystem schob.

Tonleiter rauf, Tonleiter runter. Tonleiter rauf, Tonleiter runter. So ging das zwei Mal die Woche. Alvaro kam sich vor wie in einem Trickfilm. Und trotzdem war das hier viel besser als das, was ihn außerhalb seines Gedankenkarussells erwartete.

Er wusste, dass LaRue mehr Menschen beschäftigte, als er, Alvaro, jemals kennenlernen würde. Ein gutes Drittel davon im Außendienst, wie er es mal genannt hatte. Darunter Menschen wie Moreno und solche, die Moreno nicht aus den Augen ließen.

Für Letztere war Alvaro mehr als dankbar. Es ersparte ihm die Arbeit, sich selbst darum kümmern zu müssen.

Tonleiter rauf, Tonleiter runter. Tonleiter zur Hälfte rauf, ein paar Stufen vergessen und nach unten gepoltert. Einmal war man der Jäger und ein anderes Mal der Gejagte. Und wenn man nicht aufpasste, war man die Leiche.

 

Alvaro schaute auf sein Handy hinab. Er tippte den zuletzt gespeicherten Kontakt in der Telefonliste an, den er simpel als Nr. 17 eingetragen hatte, und wartete darauf, was sein erster Impuls sein würde.

Aus irgendeinem Grund hing alles mit einer kleinen, nicht mal mehr vollzähligen Familie zusammen, die zwei Stunden von hier entfernt in einem billigen Appartement wohnte und so gar keinen Berührungspunkt mit der Familie hier zu haben schien. Das letzte ihm bekannte Detail davon hatte er unter "erledigt" abheften können, als er Jules traf. Sie und ihr Bruder schieden als uneheliche Kinder seines Chefs aus. Das passte vom Alter her an keiner Ecke.

Aber was genau hatte LaRue von ihm erwartet? Entsorgen? Was? Die Möbel definitiv nicht. Die Menschen garantiert auch nicht, da war sich Alvaro auch nach Morenos Betäubungsmittelgeschwängertem Monolog über seine von LaRue geplante Zukunft immer noch sicher.

Wäre dieser Notizzettel im Kalender doch nicht gewesen - Alvaro sah auf. Der Zettel! Er passte nicht zu LaRues letzten Worten: Kümmer dich darum!

Das gerade erlöschende Display leuchtete wieder auf, als Alvaros Daumen den grünen Hörer berührte. Während er darauf wartete, dass sein Anruf angenommen wurde, dachte er darüber nach, ob LaRue etwa darauf vertraut hatte, dass Alvaro Mitleid bekam? Mitleid mit einer Mutter und ihren Kindern.

 

 

Nichts ergab einen Sinn. Oder kaum etwas.

Thomas war tot, das hatte ihm dieser Typ bestätigt und Gabe blieb nichts übrig, als ihm das zu glauben. Den Unfall aber kaufte er ihm nicht ab.

Die Tür zur Umkleide öffnete sich leise seufzend und obwohl er heute Abend völlig alleine im Gebäude war, schloss Gabe sie sorgfältig hinter sich. Ein Rahmen aus Glühlampen erhellte den Spiegel in seiner Mitte, der übersät mit bunten Notizzetteln und kleinen Glücksbringern war, die im Laufe der Zeit immer mehr Raum auf der spiegelnden Oberfläche eingenommen hatten.

Gabes Schlüsselbund flog auf die Tischplatte vor dem Spiegel und traf eine durchsichtige Schatulle, die durch die Wucht einen kleinen Satz machte. Eine handvoll künstlicher Edelsteine sprang funkelnd über den Tisch und kullerte über seinen Rand zu Boden, wo sie ihm Dunkeln verschwanden.

Stundenlang hatte er Nachrichtenartikel über Unfälle im in Frage kommenden Zeitraum nachgelesen. Keiner davon hatte den Namen LaRue auch nur ansatzweise erwähnt, was man eigentlich erwarten sollte, wenn ein Geschäftsmann auf welche Art und Weise auch immer verstarb.

Gabes Jeans flogen auf den Stapel seiner bereits abgelegten Kleidung, die über der Lehne eines Drehstuhls hingen.

Das letzte Mal, als er hier war, hatte er noch keine Ahnung davon gehabt, dass Thomas tot sein sollte. Er hatte sich nur darüber gewundert, dass er nicht zur Premiere erschienen war, was in den letzten knapp zwei Jahren noch nie vorgekommen war.

Aber das war es auch schon gewesen. Er hatte es auf kurzfristige Terminprobleme geschoben, die Thomas davon abhielten, sich zu melden. Er hatte die Show durchgezogen und war im Glauben daran, dass er sich schon melden würde, wenn es passte, nach zwei Wochen wieder nach Hause gefahren - wo ihn dann sein entrümpeltes Appartement, seine völlig depersonalisierte Schwester und zum Abschluss auch noch die Nachricht von Thomas' Tod erwartet hatte...

Gabe legte die Schwimmflossen zurück in den Schrank zu seinem restlichen Equipment und schloss die Tür dazu. Ihm war nicht danach, möglichst harmonisch durch das Wasser zu gleiten. Er wollte einfach nur darin versinken. Möglichst tief und möglichst ungestört.

Der Klingelton seines Telefons machte ihm den ersten Strich durch die Rechnung. Aus dem Augenwinkel nahm er die unbekannte Nummer wahr und war kurz davor, den Anruf abzuweisen, als ihm wieder einfiel, wem er sie gegeben hatte.

 

"Hast du kurz Zeit?", meldete sich Alvaro ohne unnötige Worte an eine Begrüßung zu verschwenden.

Gabe dachte an die zehntausende Liter Wasser, die auf ihn warteten. "Eigentlich nicht..."

"Bist du zuhause?", setzte Alvaro ungeachtet des Einwands nach. "Wir müssten uns unterhalten."

"So redselig? Hast du keine Freunde?" Gabe konnte sich die etwas spöttische Frage nicht verkneifen. Er wusste, selbst wenn er ablehnte, würde Alvaro eben einfach so auftauchen. Das wäre ja nicht das erste Mal. "Ist es dringend? Ich bin auf Arbeit und es wird ziemlich spät."

"Ja", war die knappe Antwort. Alvaro schwieg einige Sekunden lang. Ihm war klar, dass Gabe versuchte ihn abzuwimmeln. Dann hatte er einen Geistesblitz. "Ich bringe die Kiste mit."

"Na dann komm eben her", seufzte Gabe und ärgerte sich kurz über sich selbst. Manchmal war er zu leicht zu ködern. "Kennst du das Hydra?"

"Noch nie gehört." Geduldig wartete Alvaro auf die Adresse und legte dann direkt auf.

Als ob er immer auf dem Sprung war, dachte Gabe halb amüsiert und halb perplex.

 

 

Ein weiteres Puzzleteil aus Zahlen- und Buchstaben des Taschenkalenders wären damit nun auch geklärt, dachte Alvaro, als er später vor der Adresse stand, die Gabe ihm am Telefon genannt hatte. Dieses Mal waren es keine GPS-Daten, sondern ungeordnete Hausnummern und Straßenkürzel, die ihn zu diesem Gebäude geführt hatten.

Das Beste aber an dem Gebäude war, dass das Hydra ein normaler Club zu sein schien und nicht wieder irgendeine zwielichtige Bar, wie das The Gorge, wie Alvaro erleichtert feststellte. Allerdings war das Schild über dem Eingang unbeleuchtet, die Türen abgeschlossen und dahinter alles dunkel, wie er nach einem schnellen Rundgang feststellte.

Alvaro nahm sein Handy, wählte Gabes Nummer und hoffte, dass das nicht irgendein dämliches Ablenkungsmanöver war, auf das er hereingefallen war.

"Komm zum Seiteneingang", wies ihn Gabe an, was Alvaro auch tat, aber nicht ohne vorher die mit Mülltonnen zugestellte unbeleuchtete Gasse genauestens abzuchecken. Auf Überraschungen konnte er verzichten.

Es dauerte einige Minuten, dann öffnete sich die mit Plakaten irgendwelcher Barkonzerte zugekleisterte Tür. Im Halbdunkel stand Gabe da, der bis auf eine etwa knielange Neopren-Hose nichts trug.

"Ich habe keine Badehose dabei", witzelte Alvaro etwas hilflos auf die spärliche Bekleidung seines Gegenübers hin, der zur Seite trat und seinen Besucher eintreten ließ.

"Dann schwimmst du eben ohne. Mache ich auch manchmal." Gabes breites Grinsen traf auf Alvaros überrumpelten Gesichtsausdruck, der Gabe schließlich zum Lachen brachte. Jetzt bedauerte er seine Entscheidung doch nicht mehr, Alvaro eingeladen zu haben, auch wenn er lieber alleine gewesen wäre. Alleine mit allem, was er zuhause vor Jules nicht erwähnen wollte.

 

"Wann öffnet der Club denn?" Alvaro folgte Gabe einen dunklen Flur entlang, der lediglich von der grünen Notbeleuchtung erhellt wurde.

"Heute gar nicht", war die prompte Antwort.

"Hast du nicht gesagt, du bist auf Arbeit?" Alvaro sah sich um. Sie gingen durch eine kleine sorgfältig aufgeräumte Küche. Das Edelstahl der Geräte glänzte im Licht der Bar, das durch die Durchreiche zur Theke hereinfiel. Die Schwingtür, die Gabe nun öffnete, schabte über den Boden und gleich darauf standen sie hinter dem Tresen.

"Bin ich ja auch", bestätigte Gabe. Er ging um den Tresen herum und wartete dort auf Alvaro, der ihm vorsichtig folgte. "Warum warst du so schnell hier?"

"Ich hatte in der Nähe zu tun." Alvaro machte keinen Hehl daraus, dass er keine Lust hatte, seinen gesamten Tagesablauf mit einem immer noch relativ Fremden auszudiskutieren.

"Du bist irgendwie immer irgendwo in der Nähe." Gabe sah Alvaro herausfordernd an. Die vergangenen Ereignisse hatten ihn unweigerlich noch vorsichtiger werden lassen, als er es davor schon gewesen war. "Hast du keine Freizeit?"

"Mehr als mir lieb ist", war die kurzangebundene Erwiderung. Alvaro ließ Gabe stehen und ging ein paar Schritte weiter in den düsteren Raum hinein. Es sah aus, wie man es in so ziemlich jedem anderen Club auch erwarten konnte. Diverse Theken an den Wänden, eine riesige Tanzfläche in der Mitte und dazwischen immer wieder Sitzgruppen. Bis auf irgendwelche Lichteffekte, die eine Wand am Rand der Tanzfläche zum schimmern brachte, nichts besonderes. Er konnte jedenfalls nichts entdecken, was zu Gabes Kleidung und seiner Behauptung, hier zu arbeiten, passen würde.

 

Alvaro wandte sich zu Gabe um, der gerade eine Nische neben dem Tresen betrat. Kurz darauf flammten Lichter auf und Gabe kehrte vor den Tresen zurück.

"Du hast nicht so viel Ahnung von den Geschäften deines Chefs, was?", zog Gabe Alvaro auf, der sich jetzt erstaunt umsah.

"Muss ich auch nicht. Ich bin nur der Fahrer", murmelte der. Du bist mehr als der Fahrer!, hörte er Moreno lachen. Beeindruckt bestaunte Alvaro die Verwandlung des Clubs, dem erst durch die Beleuchtung Leben eingehaucht worden war. Seine Blicke schweiften über die Deckenhohen Regale hinter der Theke, in denen unzählige Flaschen in allen möglichen Formen aufgereiht waren. Am oberen Ende der Regale waren mehrere Bullaugen in die Wand eingelassen, hinter deren dicken Gläsern man das Wasser sehen konnte. Die Bullaugen selbst wirkten wie original von einem Schiff, aber bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass sie nur auf alt getrimmt waren - so wie der Rest des Clubs auch, der übersät war mit Schiffstauen, welche die verschiedenen Bereiche voneinander abgrenzten, Steuerrädern und Netzen an der Decke, in denen getrocknete Fische und Seesterne hingen.
 

"Ist schon witzig, dass wir so was wie Kollegen sind, auch wenn es nicht so aussieht...", unterbrach Gabe Alvaros Versuch, das Gesehene einzuordnen.

"Ja, wirklich witzig." Alvaro dachte an das, von dem Moreno behauptet hatte, dass es sein eigentlicher Auftrag wäre und wie leicht er den jetzt umsetzen könnte. Langsam ging er auf die schimmernde Wand zu, die gar keine richtige Wand war. Sie war aus Glas oder so etwas ähnlichem und dahinter war eine unfassbar große Menge an Wasser.

"Ist das echt?" Alvaro sah fragend zu Gabe, der noch an seinem Platz neben der Theke stand und lächelnd zu ihm hinüber sah.

"Wenn du was trinken möchtest, nimm dir was aus der Bar."

Alvaro schüttelte den Kopf und wandte sich wieder der Glaswand zu. Ein verdammtes Aquarium, dachte er und folgte der gewölbten Wand weiter auf die Tanzfläche.

"Du kannst hier unten warten", hörte er Gabes belustigte Stimme hinter sich. "Wir sehen uns gleich wieder."

 

 

 

 



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