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The Bloodless

von

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Pest&Cholera

Sobald er seine Augen erneut öffnete, war es, als hätte er die Welt gewechselt. Nichts erinnerte an die alten Hütten und schlammigen Wege aus seiner Heimat. Er stand auf einer grünen Lichtung, ein kristallklarer Bach floss am Rand entlang und unter die gewaltigen Bäume waren kleine Steinhütten gebaut. Teilweise sah man auch Holzbauten in den Gipfeln, oder Höhlen unter den Wurzeln. In der Mitte von all diesem war ein großer Steinkreis errichtet. Die Bänke aus Stein waren in die Erde eingelassen und bildeten eine Mulde, wohin die Sitzplätze immer weniger wurden, ehe am Grund nur noch Platz für zwei, drei Personen war.

„Unser Zirkel.“, erklärte Tomorin kurzerhand mit Blick auf den Steinkreis. „Die Hütte hier ist meine. Für die Zeit deiner Ausbildung wirst auch du hier wohnen. Bedenke Carmondaí, du hast dich uns verschrieben. Ich erwarte, dass du deine Ausbildung ernst nimmst. Ansonsten kann es sein, dass du sie nicht überleben wirst.“

Stumm nickte der Halbdrow und folgte seinem kleinen Meister in die Steinhütte. Sie war gemütlich eingerichtet, mit allem, was er sich bisher nur erträumen konnte. Das Bett war gefüllt mit Federn, der Tisch aus einem Stück und mit schönen Schnitzereien verziert. Die Stühle hatten Krallen statt einfachen Beinen, an den Wänden hingen Trophäen von den seltsamsten Bestien.

Starr blieb er in der Tür stehen und lies diesen Anblick auf sich wirken. Es war wie im Traum. Einen solchen Luxus hatte bei ihnen keiner gehabt. Selbst der Dorfälteste schlief auf einem Strohsack und hatte einfache gezimmerte Möbel.

„Richte dir deine Ecke ein wie es dir beliebt. Du wirst eine lange Zeit hier bleiben.“

„Wie lange Meister?“

„So lange, bis ich befinde, dass du genug gelernt hast.“

„Ihr gebt mir kein Ziel? Keine Zeitvorgabe?“, etwas irritiert war er jetzt doch. Wie sollte er seinen Fortschritt denn beweisen?

„Wenn du mich einmal triffst hast du bestanden.“, grinste Tomorin breit und verschwand im angrenzenden Wald.

„Was?“, verwirrt blickte Carmondaí ihm hinterher. Das war doch ein Scherz oder? Er sollte seinen Lehrer angreifen? Naja gut, wenn er es denn so wollte.

 

„Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass die Zeit meiner Ausbildung nur noch verschwommen in Erinnerung ist. Es war eine Hetzjagd über Monate hinweg. Ich probierte alles aus um ihn zu erwischen. Bogen, Speer, Messer. Zweimal habe ich sogar den Wald angezündet um den verfluchten Mistkerl in die Enge zu treiben. Er war wie eine Katze die mit der Maus spielt. Wir haben kaum geschlafen, wenn dann oft in den Wäldern. Zuerst war ich schon so weit, dass ich aufgebe. Aber der Ehrgeiz hat mich gepackt gehalten. Ich wollte ihn erwischen. Und wenn es nur ein kleiner Kratzer war. Gelungen ist es mir nie.“ Gedankenverloren rupfte er einen Grashalm aus und drehte ihn zwischen den Fingern. „Es war die glücklichste Zeit meines Lebens damals. Ich war frei. Und ich hatte zum ersten Mal einen wirklichen Freund. Wir lachten und scherzten zusammen. Saßen wir am Lagerfeuer, habe ich versucht ihn mit Ästen oder Steinen abzuwerfen, doch er hat es immer vorher gesehen.“

Durch die Erinnerung fing er an zu lachen und ließ sich auf den Rücken ins Gras fallen, verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Wir hatten Spaß. Ich hatte vor allem einmal Spaß. Mein ganzes Leben war voll mit Hass und Verstecken, aber in diesem Wald hat meine Herkunft niemanden interessiert. Ich kam mit Tomorin, also war ich Teil der Gemeinschaft. Ich sah andere Zirkelmitglieder kommen und gehen, die einen aufgeschlossener, die anderen eher weniger, aber keiner war unfreundlich.“

Geduldig wartete der Schreiber, bis er fortfuhr. Wohl wissend, dass er noch mehr zu sagen hatte.

„Schon komisch, dass die Anhänger eines Chaos-Gottes die freundlichsten Wesen waren, die ich bis dahin kannte, findet ihr nicht?“

 

„Wieder daneben Carmondaí.“, grinste der Halbling gut gelaunt und pflückte das Wurfmesser aus dem Baum neben sich. Bis vor einem Sekundenbruchteil hatte er selbst noch dort gestanden.

„Das war der wievielte Versuch?“, fragte sein Gegenüber erschöpft.

„Ich habe nicht gezählt, wär das nicht deine Aufgabe gewesen Schüler?“

„Pff.“

Schnell sprang er nach vorne, versuchte es erneut seinen Meister zu fassen zu bekommen, doch erneut entwischte ihm dieser um Haaresbreite.

„Das reicht jetzt.“, beschied dieser auf einmal mit ernster Stimme.

Irritiert blieb der Halbdrow stehen. War seine Zeit etwa abgelaufen? Er hatte ihn nie erwischt. Kurz bekamt er Panik, als sein Meister ihn mit ernster Stimme dazu aufforderte ein Feuer zu entfachen und sich zu setzten.

„Zwei Jahre hast du mich jetzt gejagt Carmondaí. Du bist gut geworden.“

„Ich habe euch noch nicht erwischt Meister.“, meinte er mit zerknirschter Stimme. Er hatte gar nicht gemerkt, dass bereits so viel Zeit ins Land gezogen war.

„Wenn dir das gelungen wäre, müsste ich an meinen eigenen Fähigkeiten zweifeln Junge. Es war der Anreiz für dich. Und du hast nie aufgegeben. Das alleine spricht für dich.“

„Wie meinst du das Meister?“

„Seit drei Jahrzehnten habe ich keinen Schüler mehr aufgenommen. Du bist mein sechster Schüler gewesen.“ Kurz huschte ein ärgerlicher Ausdruck über das Gesicht des Kleinen, ehe er wieder sein übliches Grinsen aufsetzte.

„Und wie viele haben bestanden?“, interessiert blickte der Halbdrow auf ihn hinab. Nur zu gerne würde er einen anderen Schüler seines Meisters kennenlernen.

„Kein einziger. Ich musste sie alle umbringen.“

Sprachlos starrte er ihn an. „Wieso?“

„Sie gaben auf. Teilweise schon nach einem Monat. Andere haben über meine Methoden gemeckert, nicht merkend, wie ich sie gestählt habe. Keiner von ihnen hatte es verdient in den Zirkel aufgenommen zu werden.“

Plötzlich fühlte sich sein Mund staub trocken an. War es das jetzt für ihn? Er hatte nicht aufgegeben, hatte sich nicht beschwert, aber er hatte doch auch seinen Auftrag nicht erfüllen können.

„Ich bin wirklich froh, dass ich mich noch einmal dazu aufgerafft habe und dich als Schüler angenommen habe. Du hast im Übrigen bestanden Carmondaí.“

„Habt vielen Dank Meister.“, leicht verneigte er sich bei seinen Worten. Konnte es immer noch nicht so ganz fassen.

„Es ist an der Zeit dein Totemtier zu wählen Junge. Deinen Aspekt. Du wirst Eigenschaften von diesem erhalten, es wird dein Dasein beeinflussen. Sei vorsichtig bei deiner Wahl und überdenke sie genau. Als dein Meister darf ich dir eine Eigenschaft von meinem Totemtier übertragen. In abgeschwächter Form, aber auch das macht dich stärker.“

„Die Katze. Eures ist die Katze nicht wahr?“, fragte er einer Eingebung folgend.

Überrascht blickte Tomorin zu ihm auf, eher er ein ehrliches Lächeln an den Tag legte.

„Ja in der Tat. Mein Totem ist die Katze. Schnell, wendig, leise und verspielt. Der perfekte Jäger. Meine Glöckchen trage ich im Übrigen nur, um meiner Beute eine kleine Chance zu lassen.“

Kurz hingen beide noch ihren Gedanken nach, ehe der Halbling wieder seine Stimme erhob.

„Geh und schnitze dir deinen Stab Junge. Ein Druide braucht einen Stab. Und überlege dir in der Zwischenzeit gut, welches Tier du wählst. Ich erwarte dich im Steinkreis.“

 

Grübelnd marschierte er leise durch den Wald. Noch immer war er überrascht, wie schnell auf einmal der Abschluss seiner Ausbildung gekommen war. Er hatte das Gefühl nicht wirklich etwas gelernt zu haben. Doch jetzt, wo er wirklich alleine unterwegs war, bemerkte er die Unterschiede. Er bewegte sich lautlos und schnell. Selbstsicher. Der Wald war seine Heimat geworden. Die leisesten Geräusche konnte er zuordnen und einstufen ob sie eine Gefahr waren oder nicht.

Welchen Ast er wollte wusste er bereits. So führte ihn sein Weg direkt zu einer gewaltigen Trauerweide. Irgendwie liebte er die ausladenden Äste dieses Baumes. Natürlich, nahezu alle würden eine Eiche oder Ulme wählen, aber er war nicht wie all die anderen. Mehr beschäftigte ihn die Frage nach seinem Totemtier. Irgendwie würde er gerne eine Katze oder einen Wolf wählen, aber das Gefühl es sei nicht richtig, hielt ihn davon ab. Die Gewissheit jetzt, dass sein Meister eine Katze gewählt hatte, hielt ihn noch mehr davon ab. Er wollte seinen eigenen Weg gehen.

So saß er wenig später bereits unter der Trauerweide und schnitzte seinen Stab. Er fing vom unteren Ende her an, wollte die Entscheidung, wie er den Kopf gestaltete noch etwas aufschieben.

So kamen auch seine Erinnerungen an seine Kindheit wieder hoch. Verschwommen zwar, aber es war da. Plötzlich wusste er, was er wählen würde und wie sein Stab aussehen musste.

Schnell warf er den bereits angefangenen weg und suchte sich einen passenderen aus. Schnitzte ihn so, wie er in seinen Gedanken bereits Formen angenommen hatte. Knorrig, das untere Ende stabil. Das obere Ende verzweigt, mit zwei Querstreben.

Sobald er mit dem Ergebnis zufrieden war, machte er sich auf den Weg zurück.

 

„Wie ich sehe hast du deine Entscheidung getroffen?“ Tomorin stand am Rand der Lichtung und erwartete ihn bereits. Den Steinkreis im Rücken.

„Das habe ich Meister.“

„Dann komm und verkünde Malakai deine Wahl.“ Mit einer Handbewegung deutete er ihm an, in den Steinkreis zu treten.

Selbstsicherer als er sich fühlte, suchte sich Carmondaí seinen Weg nach unten. Sobald er in der Mitte angekommen war konnte er eine Präsenz fühlen die ihn beobachtete.

„Ich, Carmondaí habe die Prüfung als Mitglied des Zirkels unter der Aufsicht von Meister Tomorin bestanden. Als sein Schüler stehe ich hier und erbitte die Aufnahme in den Zirkel des Malakai.“, setzte er an. Irgendwie empfand er es als richtig, auch wenn kein anderer als sein Meister anwesend war. „Meinen Stab habe ich geschnitzt, aus den Ästen der Trauerweide. Als Totemtier erwähle ich den Raben! Die Schwingen der Nacht sollen meine Vertrauten sein.“

Kaum verhallten seine Worte in den Bäumen, so konnte er fühlen, wie die Präsenz stärker wurde. Eiskalt lief es ihm den Rücken hinab. Das Gefühl, als würde ein Raubtier in seinem Rücken sitzen raubte ihm fast den Verstand. Trotzdem zwang er sich dazu, ruhig stehen zu bleiben. Es hielt nur drei Herzschläge, dann verschwand es so schnell, wie es gekommen war.

Erst das Krächzen zweier Raben ließen ihn wieder Aufsehen. Geschmeidig glitten die Beiden durch die Luft auf ihn zu. Kreisten kurz über ihm und landeten dann auf seinem Stab. Blickten ihn aus intelligenten Augen an.

„Meinen Glückwunsch Carmondaí. Meinen Glückwunsch zur Aufnahme als Druiden in den Zirkel.“, lächelte Tomorin breit. "Gib ihnen Namen und überleg dir, wie sie dir dienen können. Vertraute sind mächtige Wesen. Sie sind mehr als nur einfache Raben.“

Was als nächstes passierte konnte er kaum beschreiben. Es war als würde Wissen in seinen Kopf gespült werden. Regeln des Zirkels, genauso wie Wissen zu den Vertrauten und Fähigkeiten die er auf einmal erlangt hatte. Es war eine Gabe, das wusste er. Eine Gabe von Malakai für ihn.

„Pest.“, sagte er schließlich. „und Cholera.“

Wie zur Bestätigung krächzten die beiden Raben auf, akzeptierten ihre Namen. Akzeptierten ihr neues Sein. Fasziniert betrachtete er seinen Stab, als sich dieser leicht veränderte und, kaum sichtbar, das Zeichen seiner Raben in den Ästen erschienen. Erneut war es merkwürdig für ihn, aber er wusste, dass kaum etwas seine beiden Vertrauten töten würde können. Sie waren gebunden. Gebunden an ihn und an seinen Stab. Solange eines von beidem existierte, würden auch sie immer wieder zurückkehren.

Davon abgelenkt merkte er erst verspätet, dass sich sein einfaches Gewand verändert hatte. Ein langer Mantel ruhte auf seinen Schultern. Auf der Brust reichte er weit nach vorne und verdeckte im normalen Stand auch seine Arme. Ein Mantel aus Rabenfedern. Auf der Innenseite bemerkte er extra Federn, welche an der Spitze scharf wie ein Rasiermesser waren.

Ein irres Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als er den Blick zu seinem Meister hob.

Wahrlich. Von allen Göttern zu denen er bereits gebetet hatte. Dieser hier war ihm mit Abstand der liebste!

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Boahencock-
2021-07-22T04:15:16+00:00 22.07.2021 06:15
Wenn du mich einmal triffst hast du bestanden.
Das kann ja ewig dauern bis er dich trifft oder schnell.

Zwei Jahre hat es gedauert, aber er hat dich nicht erwischt.
Er ist schon besser geworden.
Also ist es nur darum gegangen das er nicht aufgibt? Und deswegen hat Carmondaí bestanden.

Wie keiner seiner Schüler haben bestanden und er mußte sie umbringen 😱😱 also hätte Carmondaí aufgegeben dann hättest du ihn getötet. 😱😱😱

Sein Toten Tier ist der Rabe.
Pest.und Cholera sollen seine Raben heißen.
Naja gewöhnungsbedürftig.

Er muss herlich ausehen.
Mit seinem Mantel mit Federn .
Das wäre ein Bild werd.

Wird immer Interesanter.
Bin gespannt wie es weiter geht.
😼😉😼
Antwort von:  Cuddlytoy
22.07.2021 10:31
Genau. Lern etwas und gib nicht auf! Ansonsten pech gehabt. So war es gedacht 😉
Irgendwie finde ich es schade, dass keiner etwas mit den rabennamen anfangen kann. Hoffe das verändert sich mit der zeit. Das hat schon seinen grund 😶
Das nächste kapitel wird ziemlich düster, hoffe ich verschreck dich damit nicht.
Antwort von:  Boahencock-
22.07.2021 11:47
Na jetzt bin ich neugirig drauf.
Kann es kaum erwarten.
Bin neugirig.

😼😉😼
Von:  Vigeta_Lord_d_T
2021-07-21T09:51:08+00:00 21.07.2021 11:51
Na das sind ja tolle Aussichten die Ausbildung nicht überleben wo ist er da nur hin geraten. 😱😱😱😱
Aber das Dorf und die Landschaft stellen ich mir traumhaft schön vor.  🤗🤗🤗🤗

WAS er muß nur Tomorin einmal treffen und hat bestanden hört sich leicht an ABER das wäre zu einfach. 🤔🤔🤔🤔

Dennn Wald abgefackelt wau die haben es krachen lassen 🤣😂🤣😂🤣😂🤣

Raben! Die Schwingen der Nacht.:
Wau da läuft es mir eiskalt denn Rücken runter. 🥶🥶🥶🥶 Finde Raben hervorragende Tiere ich mag sie trotz ihres schlechten Ruf's. 😈😈😈😈

Na ja an die Namen Pest und Cholera. Muß ich mich noch gewöhnen. 🤔🤔🤫🤫

Ein Chaos-Gottes muß nicht unbedingt böse sein.  😈😈😈😈

Innenseite extra Federn, an der Spitze scharf wie Rasiermesser.
Wurfmesser würde mir gleich in denn Sinn kommen.
😈😈😈😈
Das wird immer besser

😈😈😈😈
Antwort von:  Cuddlytoy
22.07.2021 10:28
Hehe, danke für deinen kommi 😁
Es war zwar etwas kürzer, aber sonst würde das nächste kapitel etwas lang werden.

Pest&cholera. Irgendwie hat noch keiner den hinweis verstanden, kann das sein 🤔
Egal, ich hab das damals so gespielt und hab denen wirklich diese namen gegeben 😂 du liest hier ne darkfic, nicht vergessen
Antwort von:  Vigeta_Lord_d_T
22.07.2021 19:49
Pest und Cholera hinweiß ????

🤔🤔🤔🤔

💡💡🕯🕯

Ich hab da so ne Idee. Aber das wäre gemein 😈😈😈😈


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