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DEATH IN PARADISE - 01

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Heimkehr

Die Geburtstagsfeier für Florence Cassell fand nicht in dem überdachten Bereich am Strand statt, sondern hinter der eigentlichen Bar, auf der anderen Seite der Straße. Catherine Bordey hatte diesen Bereich für Florence und ihre Gäste reserviert. Dabei hatte die Besitzerin des LA KAZ sich nicht lumpen lassen und ein warmes Buffet aufgefahren. An Getränken gab es neben Bier einige Spirituosen und auf Wunsch konnten die Gäste auch Cocktails ordern.

Detective-Inspector Derrick Faulkner erschien etwas später, da er noch fieberhaft ein passendes Geburtstagsgeschenk für seine Kollegin gesucht hatte. Schließlich fand er, bereits halb verzweifelt, doch noch etwas Passendes für sie, nachdem er mit Céline telefoniert hatte.

So war die Geburtstagsfeier bereits in vollem Gange, als er mit dem kleinen Präsent in seiner linken Hand auf Florence zuschritt. Er bemerkte, dass Florence das Haar kunstvoll geflochten, und hinter dem Kopf hochgesteckt hatte. Er fand, dass ihr das fabelhaft stand. Sein Hemd trug sie natürlich nicht mehr, sondern ein anderes Kostüm mit passender Bluse.

Als Florence ihren Vorgesetzten erkannte, schritt sie lächelnd zu ihm. „Ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind, Chief.“

Der Inspector nahm sie bei den Schultern und hauchte ihr einen Kuss auf die rechte Wange. „Nochmals herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Das hier ist für Sie.“

Florence nahm das Geschenk entgegen und bedankte sich. Neugierig darauf, was es ist, packte sie es aus und ihre Augen begannen zu strahlen, als sie auf den sehr seltenen Gedichtband von Alexander Pope sah. Gerührt sagte sie: „Vielen Dank, Chief.“

Gemeinsam schritten sie zu den anderen Gästen und Florence stellte ihm die Leute vor, die er bisher noch nicht kennengelernt hatte. Als sie endlich damit durch waren, lachte Florence: „Ich überlasse Sie jetzt besser Céline, Inspector.“

„Das ist auch dein Glück“, meinte Céline scherzhaft, als sie zu ihnen kam. Vergnügt hakte sie sich bei Faulkner unter und zog ihn mit sich. Etwas abseits der anderen Gäste gab sie ihm einen flüchtigen Kuss und raunte leise: „Schön dich zu sehen.“

„Ja, das ist es“, gab der Polizist zustimmend zurück. „Besonders, nach diesem etwas turbulenten Nachmittag.“

„Ja, mir ist, als hätte ich davon gehört. Man darf also auch dir gratulieren.“

„Eher dem gesamten Team“, wehrte Faulkner bescheiden ab und es war auch so gemeint. Schnell das Thema wechselnd erkundigte er sich: „Tanzen wir?“

Céline sah den Inspector mit unbestimmbarem Blick an. „Nun ja, ich bin heute Abend mit einer Freundin hier. Du verstehst?“

„Ich verstehe“, erwiderte Faulkner und er fragte sich insgeheim, ob das vielleicht ein Test seiner tatsächlichen Gesinnung war. Wollte Céline wissen, ob er wirklich mit ihrem Arrangement klarkam?

„Du bist nicht verstimmt deswegen?“

Derrick Faulkner sah Céline nun direkt in die Augen. „Nein, ich habe es ernst gemeint, als ich dir gestern Nacht versicherte, dass ich kein Problem damit habe. Was du mir allerdings verraten könntest: Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen? Oder ist das geheim?“

Céline lachte amüsiert. „Nein, gar nicht. Ich heiße Durand. Céline Durand.

„Ein gut klingender Name. Zuerst hatte ich befürchtet, du würdest Dion sagen.“

Die Frau gab Faulkner einen derben Klaps auf die Brust. „Bist du noch zu retten? Vergleiche mich nie wieder mit dieser Schnulzen-Trulla!“

Derrick Faulkner grinste breit, enthielt sich aber wohlweislich jeglichen Kommentars. Stattdessen meinte er: „Dann wünsche ich dir und deiner Freundin heute Abend viel Spaß.“

Die Frau hob leicht ihre Augenbrauen. „Du willst gar nicht mehr über sie erfahren?“

Faulkner sah Céline wieder in die Augen. „Falls es dafür keine beruflichen Gründe gibt nicht. Ich denke, wenn du mir von ihr erzählen möchtest, dann wirst du es schon tun.“

Freude zeichnete sich auf dem Gesicht der Frau ab. „Ich bin wirklich glücklich darüber, dass du es so siehst. Wir werden uns auch zukünftig bestimmt gut verstehen.“

Sie gingen gemeinsam zurück zu den übrigen Gästen, wo sich Céline von Faulkner trennte und zu einer schlanken, dunkelhäutigen Frau mit langen, nussbraun gefärbten Haaren gesellte. Sie sprachen miteinander und die Frau bei Céline sah kurz zu ihm herüber.

Faulkner nickte der Frau zu, bevor er sich zu Sarah Dechiles begab, die er in der Menge entdeckt hatte. Als er sie erreichte, nickte sie unauffällig in Richtung Céline und erkundigte sich direkt, so wie es ihre Art war: „Ärger im Paradies, Chief?“

„Wie kommen Sie denn darauf, Sergeant? Nein, momentan läuft bei mir alles genau in die richtige Richtung.“

Sarah Dechiles sah ihn taxierend an und gestand dann etwas erstaunt: „Sie machen tatsächlich einen rundherum zufriedenen Eindruck, Inspector. Wer hätte das gedacht.“

Der Mann lachte vergnügt. „Mann kann Dinge auch kaputtdenken, Sergeant. Lassen Sie uns lieber tanzen.“

„Ihre…“

„Céline ist heute Abend in Begleitung hier und hat ganz bestimmt nichts dagegen.“

Sarah Dechiles lächelte zufrieden. „Na, wenn das so ist.“

Sie tanzten eine ganze Weile miteinander, bevor sich auch Wellesley Karr und Florence Cassell dazugesellten. Bei einem der etwas langsameren Songs reichte Florence dem Inspector die Hände. Derrick Faulkner nahm sie in seine und lachend legten sie einen improvisierten Phantasie-Tanz hin.

Während sie sich, mit dem gebotenen Abstand, im Kreis bewegten, sagte die Frau vergnügt: „Ich möchte Ihnen für die Worte danken. Sie wissen schon: An dem Morgen, als ich in Ihrer Hütte erwachte. Vielleicht wäre diese Feier sonst eher ein Trauerspiel geworden.“

Faulkner zwinkerte ihr zu. „Jetzt hätte ich fast geantwortet, ich würde verstehen, was Sie meinen. Tatsache ist, dass dieses Gespräch auch mir geholfen hat. Ich habe mich nämlich erst danach wieder daran erinnert, dass der Rat, den ich Ihnen an diesem Morgen gegeben habe, und den Ihnen auch ihr letzter DI gab, in demselben Maß auch für mich selbst gilt. Vielleicht sind wir irgendwann so weit, dass Sie mir von Patrice erzählen und ich Ihnen von Freya und Nancy. Das wäre bestimmt nicht verkehrt. Was denken Sie?“

„Für einen Moment bekam ihr Lächeln eine schmerzliche Note. Im nächsten Moment überwand die Polizistin es und meinte: „Ja, ich denke, das ist eine gute Idee, Chief.“

„Aber jetzt keine tiefsinnigen Unterhaltungen mehr. Heute ist Ihr Geburtstag, Florence. Da sollten Sie Spaß haben.“

Der Detective-Inspector lächelte Florence aufmunternd zu und sie lachten vergnügt, als Derrick Faulkner seine Kollegin erneut schwungvoll im Kreis drehte.
 

* * *
 

Zwei Tage nach der Geburtstagsfeier von Florence Cassell stand Derrick Faulkner, am Sonntagmorgen, auf der Terrasse seiner Hütte und blickte versonnen auf die glitzernde Wasserfläche des Meeres hinaus. Der Passatwind wehte angenehm frisch aus nordöstlicher Richtung und machte die bereits jetzt herrschenden 27 Grad etwas erträglicher.

Draußen im Wasser planschte Dayana Tanguy, im Bikini, ausgelassen herum. Als sie den Inspector auf der Veranda entdeckte, rief sie zu ihm herüber: „Kommen Sie auch rein! Das kühlt herrlich ab, Inspector!“

„Später, Dayana. Ohne meinen zweiten Kaffee läuft gar nichts!“ Dabei hielt er vielsagend die Tasse in seiner Hand über den Kopf. Lachend einen Schluck nehmend lehnte er sich gutgelaunt auf das Geländer. In Gedanken ging er nochmal die Ereignisse der letzten Woche durch und schüttelte dann sacht seinen Kopf. Heute schien es im beinahe surreal, wie schnell sein Leben, hier auf Saint-Marie, völlig auf den Kopf gestellt worden war.

Er leitete ein Polizeidezernat auf einer tropischen Insel, die zu den Kleinen Antillen gehörte. Er hatte ein verzweifeltes Mädchen des Diebstahls überführt, das in ihm eine Art Vaterfigur sah, und er führte eine locker-intime Beziehung mit einer der Insulanerinnen. Noch dazu war diese Frau bisexuell veranlagt.

„Verrückte Geschichte“, murmelte Faulkner in Gedanken.

„Guten Morgen, Chief. Welche verrückte Geschichte meinen Sie?“

Derrick Faulkner fuhr aus seinen Gedanken auf. Bei einem schnellen Blick zur Seite erkannte er Florence Cassell, die sich ihm lächelnd näherte. Sie deutete auf ein Herrenhemd, das sie an einem Bügel trug. Zum Schutz hatte sie eine Folie darüber geschoben. „Gewaschen und gebügelt, Sir. Keine einzige Falte mehr drin.“

Der Inspector erwiderte den Morgengruß und antwortete auf die Frage von eben: „Ich hatte gerade eben nur laut gedacht, Florence. Möchten Sie eine Tasse Kaffee? Ich habe ihn ganz frisch aufgebrüht.“

Die Frau deutete mit dem Zeigefinger der freien Hand über die Schulter. „Gerne. Ich bringe nur schnell das Hemd rein, oder…“

„Keine nackte Frau drin, Florence“, beruhigte Faulkner seine Kollegin. „Aber passen Sie auf Harry und Meghan auf.“

Ein helles Lachen erklang aus der Hütte. „Nur ein Brite konnte auf die Idee kommen, der Eidechsen-Freundin von Harry den Namen Meghan zu geben.“

„Ein Amerikaner hätte vielleicht Sally bevorzugt.“

„Auch nicht schlecht, Sir.“

Als Florence wieder zu ihrem Vorgesetzten auf die Veranda kam, reichte Faulkner ihr eine große Tasse Kaffee. „Sie trinken ihn ja schwarz, wenn ich mich recht erinnere.“

„Danke, Sir.“

Florence Cassell stellte sich, mit etwas Abstand, neben Derrick Faulkner an das Geländer der Veranda, nahm einen Schluck von dem Kaffee und sah dann zu dem vergnügt im Meer schwimmenden Mädchen. „Haben Sie Dayana eingeladen herzukommen?“

Der Mann sah zur Seite. „Nein, Florence. Sie kam von sich aus. Ich hatte Dayana zwar angeboten, dass sie mich jederzeit besuchen darf, doch ich hatte, um ehrlich zu sein, nicht wirklich damit gerechnet. Besonders deswegen, weil ich sie zu der Aussage von Ann-Doreen Watt befragen musste. Deshalb freue ich mich, dass sie es getan hat. Vielleicht noch mehr darüber, sie so glücklich zu sehen, denn als ich ihr das erste Mal begegnete, in der verlassenen Scheune, da wirkte sie so einsam und unglücklich.“

Florence entdeckte echtes Mitgefühl in der Stimme des Mannes und in seinen Augen. Etwas verlegen meinte sie: „Kaum zu glauben, dass ich sie anfangs für einen kaltschnäuzigen Macho-Typ hielt, Chief.“

„Ich denke, wir haben uns anfangs wohl gegenseitig falsch eingeschätzt“, erwiderte Faulkner offen. „Vergessen wir das.“

„Ach bevor ich es vergesse, Sir. Ich wollte Ihnen noch sagen, dass ich mich über den Gedichtband von Alexander Pope sehr gefreut habe. Wie haben Sie diese seltene Ausgabe denn auf dieser Insel gefunden?“

Der Inspector sah für einen Moment in die Ferne. Schnell wieder seinen Blick auf Florence richtend gab er zu: „Gar nicht. Das Buch gehörte meiner Frau. Wie die Uhr meiner Tochter hat es den Anschlag unbeschadet überstanden. Freya hat es nicht mehr lesen können, deshalb dachte ich, dass Sie es haben sollten.“

Florence sah ihren Vorgesetzten aus großen Augen an: „Aber… Aber das kann ich doch gar nicht annehmen. Es ist…“

„Es ist eine sehr schmerzliche Erinnerung, Florence“, unterbrach der Mann sie. „So, wie die Uhr von Nancy und der Ring meiner verstorbenen Frau. Ein solch schmerzliches Erinnerungsstück reicht - und um meiner Familie zu gedenken braucht es auch gar keine Erinnerungsstücke. Ich werde Freya und Nancy niemals vergessen, Florence.“

„Dann bedanke ich mich nochmal ganz herzlich. Woher…“ Florence unterbrach sich diesmal selbst und stellte fest: „Sie haben natürlich meine Freundin Céline gefragt.“

Der Mann nickte schmunzelnd.

Für eine Weile sahen beide zu Dayana, bevor Florence sagte: „Sie erwecken bei mir fast den Eindruck, als wäre Dayana Ihre Tochter, Sir.“

Fragend sah Derrick Faulkner zu seiner Kollegin. „Ist das falsch?“

Die Polizistin schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, Sir. Aber vielleicht sollten Sie sich nicht ganz so intensiv engagieren. Ich meine damit, vielleicht wäre ein gewisser emotionaler Abstand besser, Chief. Nachdem sie die Strafe verbüßt hat, wird sie vielleicht endlich auf eigenen Beinen stehen wollen. Möglicherweise verlässt sie Saint-Marie wieder.“

Der Inspector ahnte, worauf seine Kollegin hinauswollte und er nahm es ihr nicht übel. „Sie befürchten also, Dayana spielt mir momentan etwas vor? Das wäre möglich. Aber vielleicht auch nicht. Ich will auf keinen Fall die Möglichkeit verpassen, das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen. Vielleicht gelingt mir das nicht aber ich will es wenigstens versuchen. Dieses Mädchen hat, so wie wir zwei, schlimme Dinge erlebt. Andere schlimme Dinge. Dinge, durch die sie quasi ebenfalls ihre Familie verloren hat.“

Zu dem Mädchen hinaussehend meinte Faulkner nach einer Weile: „Vielleicht habe ich während meiner Zeit bei der NCA vergessen, warum ich ursprünglich zur Polizei gegangen bin. Es mag vielleicht etwas naiv klingen, doch ursprünglich wollte ich zur Polizei, um Menschen helfen zu können. Nur ist das bei einem so großen Polizeiapparat, wie der London Metropolitan Police, viel weiter von den Menschen weg, als ich mir einbildete. Später dann, bei der NCA, hatte ich es nur noch mit Schwerkriminellen zu tun.“

Als Faulkner wieder zu Florence Cassell sah, leuchtete ein helles Feuer in seinen Augen. „Das hier, Florence, das ist echt. Ich habe, seit ich zur Polizei ging, zum ersten Mal das Gefühl, jemandem wirklich zu helfen. Deshalb bereue ich es auch in keinster Weise, auf diese Insel gekommen zu sein. Vielleicht kann ich hier etwas bewirken, was ich in England nicht bewirken konnte.“

„Ich würde es Ihnen wünschen, Sir.“

Florence trank den Kaffee aus und brachte die leere Tasse ganz selbstverständlich ins Innere der Hütte. Gleich darauf wieder auf der Veranda, fragte die Polizistin: „Was halten Sie davon, wenn ich Sie in Ihrem Vorhaben unterstütze, Inspector. Vielleicht kann Dayana auch eine Freundin ganz gut gebrauchen. Für die ein oder andere Unterhaltung unter Mädchen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Dabei deutete Florence auf ihr buntes Minikleid. „Meinen Bikini habe ich drunter. Was halten Sie davon, wenn wir zunächst einmal gemeinsam mit Dayana schwimmen, Sir.“

„Gute Idee, aber zuerst brauche ich noch einen Kaffee. Das ist mein einziges Laster.“

Der Inspector verschwand in der Hütte, um sich eine weitere Tasse einzuschütten. Langsam wieder auf die Veranda hinaus gehend, bemerkte er, dass Florence ihr Kleid bereits abgelegt und über das Geländer der Veranda gehängt hatte. Etwa zwanzig Meter von der Hütte entfernt lag sie, im zartrosa Bikini, innerhalb der Wasserlinie auf dem Bauch und ließ sich, in regelmäßigen Abständen, von der Brandung überspülen. Dabei lachte sie, hob das linke Bein an und rief ihrem Vorgesetzten zu: „Das tut sehr gut, Chief.“

„Man sieht es Ihnen an, Florence.“

Der Inspector trank seinen Kaffee aus, schritt ins Innere der Hütte und zog sich um. Kaum eine Minute später sprang er, nur noch mit einer königsblauen Boxer-Badehose bekleidet, die Treppen der Veranda hinunter und lief ins Meer hinein. Als ihm das Wasser bis zu den Hüften reichte, warf er sich nach vorne und schwamm hinaus zu Dayana.

Florence Cassell, die es beobachtete schmunzelte bevor sie sich ebenfalls erhob, um ins Wasser zu laufen. Einige Momente später hörte man die drei so völlig verschiedenen Menschen vergnügt lachen, während sie im Wasser ihren Spaß hatten.
 

ende
 



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