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Libertalia

von

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Rubin

Die salzige Seeluft blies aus den kräftigen Lungen von Mutter Natur, unaufhörlich und beinahe beständig. Die Segel des großen Dreimasters wölbten sich voller Spannung nach vorne im Versuch den Wind einzufangen. Nach vielen Wochen auf der verschneiten Insel Avalugg setzte die Rothaarpiratenbande ihre Reise über die Grand Line fort. Die Schatzkammer war deutlich leerer, dafür ihr Lagerraum umso gefüllter mit Proviant, Schießpulver und vor allem Alkohol. Fässerweise an Vorrat des besonderen katerfreien Gebräus, welcher zum Abend hin sogleich angebrochen wurde.
 

Avalugg war inzwischen nur noch ein weit entfernter, winziger Punkt am Horizont, gerade mal mit einem Fernrohr noch ausmachbar. Zu ihr gesellte sich die Sonne, welche zur Dämmerung in die Fluten des Meeres hinab sank.
 

„Auf unsere Reise in die Neue Welt!“, rief einer der Piraten und hob seinen Krug feierlich in die Höhe.
 

„Auf die Neue Welt!“, prosteten ihm seine Kameraden zu und stießen wohlwollend mit ihm an.
 

„Wer in die Neue Welt will, muss an der Fischmenschen Insel vorbei“, verkündete der Kapitän belehrend, während sich ein Grinsen in seinen Mundwinkeln ausbreitete. „Und ihr wisst, was das heißt.“
 

„Meerjungfrauen!!“, jubelten die anderen.
 

Sogleich wurden Pläne geschmiedet, welche Aktivitäten sie dort als erstes abarbeiten würden. Ganz weit oben auf der Rangliste befand sich der Besuch eines Mermaid Cafés. Zudem würden sie vor der Überfahrt einige Tage im Sabaody Archipel ankern müssen um das Schiff beschichten zu lassen. Dort gab es einen Freizeitpark, welcher ebenfalls sehr beliebt unter den Seefahrern war.
 

Rege unterhaltend, lachend und voller Albereien im Kopf saß die gesamte Mannschaft an Deck versammelt, teilten sich Snacks und Alkohol. Es war zwar noch durchaus kalt, vor allem durch den eisigen Wind in ihrem Rücken, jedoch waren das Wetter und die Luft zu angenehm, um sich unter Deck in der Messe einzupferchen. Also hockte man etwas enger beieinander, und mit ausreichend Alkohol war auch genug Wärme für alle da.
 

Auch die junge Piratin zeigte sich deutlich kontaktfreudiger, ausnahmsweise sogar im nüchternen Zustand. Inbrünstig sang sie mit dem Musiker, welchem sie aufgrund seines Lieblingskleidungsstückes den Spitznamen Beanie gegeben hatte, und einigen anderen aus der Bande Binks‘ Sake und weitere Seemannslieder.
 

„Käpt’n Binks will einen Rum, ich bringe ihm die Flasche drum~!“
 

Dass sie seit Anfang der Feierlichkeiten schier am Boss klebte, musste selbst dem letzten Blitzmerker aufgefallen sein. Wenn sie nicht gerade gut angetrunken war, bewahrte die Piratin schließlich stets einen respektvollen Abstand. Während der Boss also wie üblich etwas erhöht auf seinem Fass saß und gut gelaunt den gefüllten Krug zu den Gesängen schwenkte, stand sie hinter ihm, die Arme locker um seinen Hals geschlungen und schaukelte mit von links nach rechts.
 

„Und der Wind weht übers Meer, das lieben wir so sehr~!“
 

Die dritte Runde wurde großzügig ausgeschenkt, damit bloß niemand auf dem Trockenen saß. Bevor die Stimmung zu ausgelassen und der Alkoholpegel zu hoch anstieg, neigte Kiara ihren Kopf zu Shanks‘ Ohr und versuchte möglichst neutral ihre Bitte zu nennen.
 

„Trink heut‘ Abend nicht zu viel.“
 

Der Kapitän zog die Stirn in Falten und sah fragend zu ihr auf. Ihre Augen betrachteten ihn so liebevoll, wie sie es sonst nur morgens nach dem Aufwachen tat. Sie löste sich von ihm, doch nicht ohne noch kurz durch seine roten Haare zu strubbeln.
 

„Ich geh‘ ein bisschen lesen“, verkündete sie und wandte sich den Quartieren zu.
 

„Hä? Aber wir sind doch gerade so gut dabei!“, protestierte einer ihrer Gesangskumpanen.
 

Die Piraten, welche näher um ihren Boss herum saßen, warfen sich hingegen wissentliche Blicke zu. Einer von ihnen gab dem Protestierenden einen bedeutenden Ellbogenhieb in die Seite.
 

„Lass sie doch“, zischte er ihn an.
 

Shanks fühlte sich wie auf einem Präsentierteller, als er bemerkte, wie erwartungsvoll er von seinen Offizieren und einigen Crewmitgliedern angesehen wurde. Was passierte hier gerade?
 

„Worauf wartest du noch, Boss?“, drängte Yasopp. „Geh ihr nach!“
 

Anscheinend hatte seine Crew eine höhere Auffassungsgabe und wusste die Situation besser zu deuten als er. Vielleicht war er auch gerade einfach nur zu überfordert. Aber wie auch die Sonne, so dämmerte es ihm allmählich.
 

„Na los, Boss. Wir können auch erstmal ohne dich feiern.“
 

Mit einer fließenden Bewegung stand Shanks auf, gab eine gemurmelte Entschuldigung von sich, drückte dem nächstbesten seinen Krug in die Hand und folgte der Piratin in seine Quartiere.
 

Tatsächlich hatte Kiara sich ein Buch genommen und saß damit an die Wand gelehnt im Bett. Dass er ihr so schnell gefolgt war, überraschte sie offenbar. Jedenfalls sah sie mit großen fragenden Augen von ihrer Lektüre zu ihm auf.
 

Shanks kniete sich auf das Bett und nahm ihr das Buch aus der Hand, um es anschließend achtlos zur Seite zu legen. Ihre freigewordenen Hände griffen an die Knopfleisten seines Hemdes und zogen ihn ungeduldig dicht zu sich heran. Es beeindruckte ihn fast, wie stürmisch sie die Lippen auf seine legte und wie begierig sie ihn küsste. Ein angenehmer Schauer fuhr seinen Rücken hinab und nachdem das Buch mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden landete, zögerte er nicht länger den Arm um sie zu schlingen und eng an sich zu drücken. Ihre Hände fuhren über seinen Oberkörper und seine Schultern. Sie streiften dabei den schweren Umhang ab, und legten sich anschließend zärtlich in seinen Nacken.
 

Innerlich fluchte er kurz auf. Er wollte sie berühren, über ihre Wirbelsäule, ihre Seite und andere Körperteile streicheln, sie erkunden – aber nun fiel ihm auf, wie eingeschränkt seine Möglichkeiten zum Multitasken waren. Egal, es gab immer Mittel und Wege! Umso bewusster konzentrierte er sich darauf die leidenschaftlichen Küsse vollends auszukosten. Ihr Atem war schnell und heiß an seiner Haut.
 

„Ich will dich“, hauchte sie und wurde gleich noch ein bisschen wärmer.
 

Ein weiterer Schauer durchfuhr Shanks. Nie hätte er erwartet, dass sie es tatsächlich, und auf so simple Weise, schaffen würde ihm den Verstand zu rauben. Jedoch machte er sich bewusst, dass er sich um Gewissenhaftigkeit bemühen musste, um ihrem Wunsch nachzugehen.
 

Die Gespräche und das Gelächter drangen dumpf durch die Holzwände. Draußen war die Party in vollem Gange und es bestand kein Zweifel, dass die lieblichen Töne, welche Kiara von sich gab nur für seine Ohren bedacht waren. Sie war wunderbar warm und weich, ihr Duft betörend und ihr Anblick gleichermaßen süß wie sexy. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden und wollte sich jede noch so winzige Kleinigkeit von ihr einprägen. Wie sie die Beine fest an ihn presste, wie sich ihr Oberkörper wölbte, wie sie seinen Namen seufzte, wie sich ihre Arme um seinen Oberkörper schlangen und wie sich ihre Fingerkuppen haltsuchend in seine Schulterblätter krallten.
 

Selbst als die große Ekstase bereits längst über sie geschwommen war, konnte er nicht anders als sie zu betrachten. Erschöpft lag sie in seinem Arm, das Gesicht glücklich an ihn geschmiegt. Ihre Brust hob und senkte sich im gleichen Takt wie seine eigene. Umsichtig zog er die Decke noch ein Stückchen über ihre Schulter. Zwar glühte ihr Körper noch förmlich vor Wärme, doch er wusste, wie schnell sich dieser Umstand ändern konnte und man mit einem Mal anfing zu frieren. Er wollte vermeiden, dass sie sich auf irgendeine Weise unwohl fühlte. Nachdem er sich vergewisserte, dass sie es schön bequem hatte, erlaubte sich Shanks für einen Moment die Augen zu schließen. Als er sie wieder öffnete, sah er kurzzeitig eine dunkelhaarige Frau neben sich liegen. Er kniff die Augen erneut zusammen und schüttelte kaum merklich den Kopf. Es war nicht fair gegenüber Kiara, wenn er jetzt an Makino dachte, egal welche Gefühle er auch hegen mochte.
 

Außerdem waren sie grundverschieden. Sie mochten zwar in etwa gleichalt und ungefähr gleichgroß sein, vom Charakter her unterschieden sie sich hingegen deutlich. Makino war das netteste, liebevollste Mädchen, was er kannte. Stets höflich, gut gelaunt und zuvorkommend. Zu jedem. Sie hatte das reinste Herz, das er sich vorstellen konnte. Wenn Kiara liebevoll war, stellte dies eine Ausnahme dar, die wahrscheinlich nur ihm galt. Zwar wusste sie sich zu benehmen, ließ sich dafür aber auch nicht alles gefallen und hatte immer einen Konter parat. Nein, sie waren absolut nicht vergleichbar. Und das war auch gut so.
 

„Bist du müde?“, fragte er die Piratin in seinem Arm und streichelte über ihre Wirbelsäule.
 

Sie hob den Kopf an und die wachen blauen Augen, die ihn ansahen, beantworteten seine Frage bereits. Scheinbar hatte sie sich während der kurzen Ruhepause gut erholt. Oder sie war trotz seiner Bemühungen vielleicht gar nicht so verausgabt, wie er dachte. Ob er sie für eine weitere Runde begeistern konnte? Von draußen drangen dumpfe Anfeuerungsrufe in die Kapitänskabine. Da veranstaltete jemand dem Jubel nach zu urteilen ein Wetttrinken. Shanks nickte zur Wand durch die das ausgiebige Gegröle zu hören war. „Willst du auch noch ‘was weiter Party machen?“, schlug er frei heraus vor.
 

Sie neigte den Kopf überlegend zur Seite. Er konnte verstehen, wenn sie keine Muße dazu verspürte, sich wieder anzuziehen und herzurichten. Ganz abgeneigt wirkte sie allerdings auch nicht. Plötzlich musste ihr etwas ganz Schreckliches bewusstwerden, denn sie starrte fassungslos einen unbestimmten Punkt an.
 

„Was ist los?“, hakte er nach.
 

„Die wissen das jetzt alle, oder?“
 

„Was, das?“ Shanks runzelte die Stirn. Dann ging ihm ein Licht auf. „Oh. Das? Ach, mach dir darum keinen Kopf. Ist doch nichts schlimmes.“
 

Kiara zog ihre Lippen schmollend vor. „Erinnerst du dich noch an den Tratsch als ich dir den Korb gegeben habe?“
 

„Die machen halt ihre Witze, na und? Du kennst die Jungs doch inzwischen. Als ob die irgendwas bringen, wo du nicht mitlachen würdest.“
 

Wo Shanks sich so daran erinnerte, bemerkte er, dass am meisten gegen ihn selbst geschossen wurde. Und das konnte er sehr gut ab.
 

„Oder bist du immer noch nachtragend wegen dem Brett?“, feixte er.
 

Herausfordernd zog Kiara eine Augenbraue hoch. „Nun. Es scheint dich ja nicht zu stören.“
 

Shanks lachte und zog sie noch etwas zu sich heran. „Du bist wunderbar weich und anschmiegsam. Es passt alles ganz ausgezeichnet zu dir.“ Als Dank für seine lieben Worte bekam er ein paar Küsse. Gerne gab er sich erneut ihren zarten Lippen hin. Doch konnte er ein schelmisches Grinsen nicht verbergen, als sich eine Ergänzung auf seine Zunge legte. „Nur für deine Ellbogen brauchst du einen Waffenschein.“
 

Kiara löste sich augenblicklich von ihm und starrte ihm aus verengten Augen entgegen. Dann knurrte sie neckisch und vergrub das Gesicht in seiner Halsbeuge, wo sie sanft die Zähne in sein Fleisch sank. Shanks lachte amüsiert auf. Das war es ihm wert. Der leicht bebende Oberkörper unter seinem Arm verriet ihm, dass es auch sie in Wahrheit amüsierte. Mit dem schönsten Schlafzimmerblick kehrte sie zurück in sein Sichtfeld und lehnte für ein liebevolles Schmiegen die Stirn an seine. Sanft strich er ihr die Haare aus dem Gesicht und hinter das Ohr. Mit der Fingerspitze zeichnete er die Wölbung ihrer Ohrmuschel nach und blieb an ihrer kleinen Creole hängen. Zum ersten Mal bemerkte er, dass sie darüber ein weiteres Ohrloch besaß, welches jedoch nicht mit einer Verzierung bestückt war. Prüfend verglich er die andere Seite, wo ein passendes Gegenstück fehlte.
 

Kiara schien zu bemerken, wie er sie inspizierte. „Das hab‘ ich mir selbst gestochen. Aber weil es so scheiße-wehgetan hat und fies blutete, hab‘ ich mich nie getraut das andere zu machen.“
 

Shanks musste schmunzeln. „Und dann lässt du deine Mühen einfach dahinvegetieren? Was ist mit den anderen beiden Löchern?“
 

„Die hab‘ ich schon als Kind bekommen. Ich erinnere mich nicht mehr so genau, aber ich denke, es ging viel schneller und weniger schmerzhaft.“
 

„Ist es denn durch?“ Er befühlte prüfend die Rückseite ihres Ohrläppchens. Sie wandte sich vor Empfindlichkeit und zog die Schultern an. Shanks verfasste eine mentale Notiz, dass er sich diese Stelle merken sollte.
 

„Ja und es wächst auch irgendwie nicht mehr zu. Deshalb lebe ich jetzt mit der Schande.“
 

Er lachte erneut. „Vielleicht hab‘ ich ja was für dich.“
 

Bevor er sich aufrichten wollte, zog er sie noch einmal für einen Kuss auf die Stirn zu sich heran. Auch Kiara setzte sich auf, die Decke weiterhin um sich geschlungen. Mühsam sammelte sie ihre Klamotten vom Boden auf und hielt sie schützend vor sich, als sie aufstand und zum Badezimmer tapste.
 

„Dann geh ich mich mal anziehen“, verkündete sie.
 

„Kannst du doch auch hier?“, entgegnete Shanks verwirrt. Wozu die Diskretion? Es gab nun wirklich nichts mehr zu verbergen.
 

„Und ich muss pinkeln!“, kam die forsche Antwort, ehe die Tür verschlossen wurde.
 

Verblüfft blinzelte der Rothaarige ihr hinterher. Dann lachte er auf und schüttelte amüsiert den Kopf. Ja. Sie war definitiv anders.
 

Auch Shanks nutzte die Zeit um sich wieder zu bekleiden, ehe er sich an einer Kommode zu schaffen machte und durch die dort verstauten Schmuckstücke kramte. Ungeordnet fanden sich dort einige Edelsteine, Ketten, Ringe verschiedener Größen und Verzierungen, eine Art Diadem, Armbänder, einzelne Ohrringe und Haarpinne in allen möglichen Gold- und Silbervarianten.
 

Er fischte einen Ohrstecker mit Rubinkopf heraus und betrachtete ihn im Kerzenlicht. Er war klein und unscheinbar, simpel jedoch wertvoll.
 

Kaum war die Piratin zurück in der Kabine, bot Shanks ihr das Schmuckstück auf der Handfläche präsentiert an. „Hier, wie wäre das?“
 

Vorsichtig nahm Kiara den Ohrstecker entgegen und studierte ihn eingehend von jeder Seite. Ein warmes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Er schien die richtige Wahl getroffen zu haben.
 

„Danke, Shanks“, säuselte sie. Eifrig verlagerte sie ihr Gewicht auf ihre Zehenspitzen um die Distanz zwischen ihnen besser zu überbrücken. Mit einer eleganten Bewegung war sie hinauf gewippt um ihm einen sanften Kuss auf die Wange zu geben. Mit ein paar geübten Handbewegungen hatte sie das Geschenk an ihrem Ohr befestigt.
 

Der Rothaarige betrachtete sie für einen Moment zufrieden, hob die Hand und drehte das filigrane Schmuckstück bedacht zwischen den Fingern. Ob sie die rötlich-violette Stelle an ihrem Hals schon bemerkt hatte? Vermutlich nicht, sonst hätte er dafür bestimmt schon eine Rüge kassiert. Shanks hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger an, beugte sich zu ihr hinunter für einen versöhnlichen Kuss auf die Wange und entschied, sie nicht auf den Knutschfleck aufmerksam zu machen. Einen kleinen Spaß wollte er sich schließlich doch noch erlauben. Dann schritt er zur Tür und griff verheißungsvoll nach der Klinke. Er spürte eine gewisse wohlbekannte Feierlaune wieder aufkeimen.
 

„Also dann, lassen wir die Jungs nicht länger warten.“



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