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Kigan

– The crime scene of Gotamo City –
von

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Kapitel 11
 

15 Jahre zuvor
 

Schüchtern sah ich zu dem Jugendlichen, der wenige Meter entfernt vor mir stand, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, und mich aus schmalen Augen finster anstarrte. Seine kurzen, dunklen Haare standen vom Kopf ab, auch generell machte er eher einen wilden Eindruck, obwohl er sogar etwas kleiner war als ich. Beinahe wäre ich einen Schritt zurückgetreten, doch hinter mir stand mein neues Kindermädchen, das meinen Fluchtversuch erfolgreich verhinderte.

„Shinya-kun, das ist Kyo. Mein Enkel.“

Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Der sollte ihr Enkel sein? Frau Sumida sah immer so nett und freundlich aus – ganz anders als der dort. Und was wollten wir überhaupt hier?

Obwohl mich der andere einschüchterte, gab ich mir einen Ruck, straffte die Schultern, so wie ich es von Mama gelernt hatte, und ging einen kleinen Schritt auf ihn zu, um mich zu verbeugen.

Als ich wieder aufsah, stand er immer noch ungerührt da, nur seine fast schwarzen Augen lagen auf mir und folgten jeder meiner Bewegungen.

„Kyo!“, hörte ich Frau Sumidas Stimme hinter mir. „Sei höflich.“

Endlich löste sich sein Blick von mir. Seine Kiefer war fest zusammengepresst, während er zu Frau Sumida sah. Alles an ihm zeugte von seinem Widerwillen, dass ich hier war. Hätte sie mich nicht vorgewarnt, dass ihr Enkel etwas schwierig war, wäre ich noch mehr in mich zusammengeschrumpft und am liebsten weggerannt.

Das konnte ja was werden.
 

Das Lächeln hatte sich automatisch auf meine Lippen geschlichen, während ich in Erinnerungen schwelgte. Schmunzelnd nahm ich einen Schluck aus meiner Teetasse und beobachtete meinen Freund aus Kindheitstagen, der wiederum seinen düsteren Blick auf die Zeitung vor sich gerichtet hatte. Viel hatte er sich seit unserem ersten Aufeinandertreffen nicht verändert – jedenfalls was die Art und Weise seines Auftretens anging, das auf viele durchaus abschreckend wirkte. Und das war pure Absicht, denn ich wusste, er konnte auch anders sein, wenn er denn wollte. Meistens wollte er nur nicht.
 

Es war früher Morgen und damit die einzige Zeit, in der das Inosan leer war und ich mich aus meinem Versteck wagte. So sehr ich die Abgelegenheit der Hinterzimmer schätzte und die damit eingehende Ruhe und Sicherheit, desto sehr erdrückte sie mich auch. Eigentlich war es fast das Gleiche wie in meinem Elternhaus – auch wenn es hier dennoch besser war. Wie gerne wäre ich raus auf die Straße gegangen, um etwas anderes zu sehen als diese vier Wände und den kargen Innenhof. Aber es ging nicht. Die Gefahr, dass mich irgendjemand erkannte und an meinen Stiefvater verpfiff, war einfach zu groß. Der ganze Aufwand sollte nicht umsonst gewesen sein.
 

„Was starrst du so?“

Die harschen Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd ließ ich die Tasse sinken und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.

„Entschuldige bitte. Das war nicht beabsichtigt.“

Ein Murren antwortete mir, ehe er zu seiner Kaffeetasse griff und einen kräftigen Schluck daraus nahm.

Unwillkürlich musste ich wieder schmunzeln. Ich war froh darüber, dass wir wenigstens morgens zusammen frühstückten, solange die Bar noch geschlossen war. Das bedeutete zwar, dass Kyo noch weniger Schlaf bekam, da die Bar meist bis 3 Uhr in der Früh geöffnet hatte, aber ich war ihm unheimlich dankbar für unsere kleine Tradition, die sich in den letzten Wochen eingeschlichen hatte. Obwohl seine Laune durchaus zu wünschen übrig ließ, aber damit konnte ich leben. Es war ja nicht so, dass ich ihn dazu zwang. Außerdem wollte er mich vermutlich auch nicht in meinem winzigen Zimmer versauern lassen und freute sich insgeheim über Gesellschaft. Nicht, dass er das jemals zugeben würde.

„Ich habe mich übrigens vorhin an unsere erste Begegnung erinnert.“

Wie erwartet rutschten Kyos kaum vorhandene Augenbrauen nach oben.

„Bist du gerade auf einen nostalgischen Trip?“

Lächelnd schüttelte ich den Kopf.

„Nein, keine Angst.“

Trotz seiner manchmal recht rüden Art wusste ich mittlerweile nach all den Jahren, wie ich ihn zu verstehen hatte. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten waren wir dann doch zu so etwas wie Freunden geworden. Ob es ausschließlich Frau Sumidas Beharrlichkeit zu verdanken war, mich immer wieder zu ihrem Enkel mitzunehmen, damit ich mal etwas anderes als das Familienanwesen zu sehen bekam und mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen konnte, wusste ich nicht. Irgendwann war es wie selbstverständlich gewesen, einmal in der Woche im Hof zusammenzuhocken und zu spielen, obwohl Kyo einige Jahre älter war. Es hatte sich für mich normal angefühlt, einfach nur einem Ball hinterherrennen zu dürfen, ohne die finsteren Blicke der Gärtner zu befürchten, die den Rasen auf den elterlichen Grundstück mit ihrem Leben verteidigten. Hier war ich zum ersten Mal frei gewesen. Keine kritischen Bemerkung, wenn etwas nicht der Etikette entsprach, keine Forderungen, keine Angst etwas falsch zu machen. Da waren nur Frau Sumida, Kyo und ich gewesen. Und auch wenn die Wohnung, in der Frau Sumida mit Kyo, nach dem Tod von dessen Mutter lebte, sehr klein war und bei weitem nicht dem entsprach, was ich gewohnt war, hatte es sich wie ein Zuhause angefühlt. Dass diese wöchentlichen Besuche ohne die Erlaubnis meines Stiefvaters stattfanden, war mir damals als Kind nicht klar gewesen. Es war selbstverständlich gewesen, diese Ausflüge zu verschweigen und nur etwas von Spaziergängen zu erzählen, wenn ich gefragt wurde. Frau Sumida hatte es immer »unser kleines Geheimnis« genannt und das war es bis heute geblieben. Und es war meine Rettung gewesen, denn sonst hätte mein Stiefvater mich vermutlich schon längst aufgespürt.
 

Leider war diese kleine, heile Welt irgendwann für mich zerbrochen. Mit 15 Jahren war ich schließlich zu alt für ein Kindermädchen geworden. Frau Sumida wurde entlassen und der Kontakt beschränkte sich nur noch auf vereinzelte Briefe, die auf wundersame Weise, an den wachsamen Augen meines Stiefvaters vorbei, zu mir gelangt waren.

Umso größer war meine Bestürzung, als ich nach meiner Flucht vor knapp einem Monat das erste Mal wieder einen Fuß in dieses Gebäude gesetzt hatte, das mir früher wie ein zweites Zuhause vorgekommen war. Die Wohnungen waren inzwischen alle leergezogen oder waren komplett zur Bar umgebaut worden. Kyos Bar. Die nun, wie schon Jahre zuvor, zu meinem persönlichen Unterschlupf wurde.
 

Seufzend stand ich auf, griff nach meiner Tasse.

„Möchtest du auch noch einen?“

Augenblicklich wurde mir die leere Kaffeetasse entgegengestreckt.

Erneut zuckten meine Mundwinkel, als ich mich abwandte, um an der Bar für Nachschub zu sorgen. Obwohl wir uns jahrelang nicht gesehen hatten und ich auch ein wenig Furcht davor gehabt hatte, Kyo wieder zu treffen, war alles recht gut vorlaufen. Zwar hatte er mich nicht unbedingt freudestrahlend empfangen, aber dennoch nie das Gefühl gegeben, anders zu sein als die anderen, obwohl ich der Adoptivsohn einer seiner Widersacher war.
 

„Hier, bitte schön.“

Mit einem leisen Klonk setzte ich die Tasse auf ihren Unterteller.

Kyos „Danke.“ war wie immer unhörbar, wurde aber dieses Mal von einem „Was willst du jetzt eigentlich wegen Nikawa… Niikaru… also wegen dieses Detektivs machen?“ ergänzt.

Mir einen Kommentar verkneifend schob ich mich auf die Sitzbank zurück. Kyo würde sich den Namen wohl nie merken, beziehungsweise er wollte einfach nicht.

Aber generell war es eine gute Frage, auf die ich keine Antwort wusste. Seit Niikura-San hier gewesen war, waren drei Tage vergangen. Kyos Männer war es inzwischen wenigstens gelungen an diesen beiden Polizisten, die ständig in der Detektei vorbeikamen, dranzubleiben ohne entdeckt zu werden. Doch schlauer waren wir nicht geworden. Sie liefen Streife in der Nordstadt, erstatten anscheinend dreimal die Woche im Revier Bericht und das war's. Wären sie nicht jeden Abend in Niikuras Büro zugegen, hätte ich sie nicht mal beachtet. Aber da jener anscheinend viel mit ihnen zu tun hatte und sie duldet und ich obendrein auf Frau Sumidas Menschenkenntnis vertraute, war ich allmählich soweit, sie nicht als unmittelbare Bedrohung zu sehen – wie so viele andere aus ihrem Berufsstand. Niikura-San schien ihnen schließlich auch etwas abgewinnen zu können.

„Ich würde ihn gern treffen.“

Kyos Lippen wurden zu einem schmalen Strich.

„Willst du direkt zu dieser Detektei?“ Ich sah ihm an, wie wenig ihm dieser Gedanke gefiel.

„Ich hatte eher daran gedacht, ihn hierher einzuladen. Oder was meinst du?“

Begeisterung sah definitiv anders aus, verübeln konnte ich es ihm nicht.

„So wenig ich irgendwelche Schnüffler in meinem Laden sehen will, so schlecht werden wir wohl drum rum kommen, wenn du nicht ewig im Hinterzimmer hausen willst. Und wenn ich mir den Scheiß in der Zeitung angucke…“ Mit einer unwirschen Geste schob er sie zu mir hinüber, damit ich einen Blick darauf werfen konnte. Allerdings wusste ich schon, was darin stand. „… sollten wir langsam mal etwas tun.“

Ich fuhr mich seufzend durchs Haar und schloss für einen Moment die Augen. Einen konkreten Plan, wie es weitergehen sollte, hatte ich nicht, nur eine vage Ahnung. Irgendwie mussten wir schließlich weitermachen.
 

Generell war meine Flucht eher überstürzt gewesen, aber eine weitere Chance hätte ich nicht bekommen.

Nachdem ich mich vor zwei Jahren geweigert hatte, in das Geschäft meines Stiefvaters einzusteigen, war die Stadtvilla zu meinem persönlichen Gefängnis mutiert. Ich hatte gar nicht mehr nach draußen gedurft, meine zwischenmenschliche Kontakte waren auf das Nötigste reduziert worden. Bis schließlich meine Chance gekommen war, zu verschwinden.

Und seither war ich eigentlich nur damit beschäftigt gewesen, herauszufinden, wem ich vertrauen konnte, wer nicht für meinen Vater und dessen Freunde arbeitete und mir irgendwie helfen könnte. Kyo und Frau Sumida waren meine einzigen Vertrauenspersonen. Letztere war es auch gewesen, die mir in einem Brief kurz vor meiner Flucht, Niikura-Sans Karte geschickt hatte, für weitere Unterstützung.

»Auch wenn er mal bei der Polizei gewesen ist, kannst du ihm vertrauen können.«

Das waren ihre Worte gewesen, nur leider hatte sie mir nicht mehr darüber erzählt. Nach meiner Flucht hatte ich sie nur zweimal getroffen und dann –

Wir hatten es nicht verhindern können. Es war ein Schock gewesen, als die Nachricht über ihren Tod im Inosan angekommen war. Für alle, schließlich kannte sie hier jeder als die gute Seele zwischen all den dubiosen Gestalten. Für mich war sie immer ein fester Bestandteil meines Lebens, unabhängig davon, wie sporadisch der Kontakt in der Zwischenzeit gewesen war. Und Kyo – er hatte nur kurz das Gesicht verzogen, ansonsten keine Schwäche nach außen hin gezeigt. Nur in einem kurzen, ruhigen Moment, als wir nachts wieder einmal in meinem Zimmer zusammen hockten und jeder seinen Gedanken nachhing, da war die Wut über den Verlust aus ihm herausgebrochen. Wir wussten inzwischen, wer sie ermordet hatte und sobald wir alle Details beisammen hatten, würde derjenige kein sonderlich langes Leben mehr haben. Kyos Worte und diese waren niemals nur eine leere Drohung.
 

Bevor ich weiter in düstere Gedanken versinken konnte, holte mich ein leises „Hey.“ zurück. Blinzelnd sah ich auf, begegnete Kyos dunklen Augen, die ruhig und warm auf mir lagen.

„Ich werde Enzo mit einem Brief bei Niika-, dem Detektiv eben, vorbeischicken, okay? Dann entscheiden wir weiter.“

Ich schluckte, spürte, wie sich mein Puls nervös beschleunigte. Dennoch nickte ich.
 

*
 

Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich den großen Kerl, der beinahe den ganzen Türrahmen zu meiner Detektei einnahm. Niemals hätte ich mit ihm hier gerechnet, dennoch hatte ich ihn gleich erkannt: Es war der Türsteher des Inosans. Warum tauchte der plötzlich in meinem Büro auf?

Mein Herz machte einen kleinen Spruch, als ich mich an die Worte erinnerte, mit denen mich dieser kleine, blonde Kerl das letzte Mal verabschiedet hatte. Wollte der etwa -?

Ich setzte mich ein Stück weit gerader hin und verfluchte mich im Stillen dafür, heute Rina in der Wohnung gelassen und sie nicht mit ins Büro genommen zu haben.
 

Doch anscheinend war meine Sorge unbegründet, außer ich ging davon aus, jemand wollte mich mit einer persönlich überbrachten Briefbombe in die Luft sprengen. Irritiert blickte ich von dem etwas zerknitterten Umschlag, der mir wortlos entgegengestreckt wurde, zu dem Koloss, der sich unaufgefordert vor meinem Schreibtisch aufbaute.

„Was ist das?“

Seine linke Augenbraue zuckte.

„Ein Brief.“ Ach ne… „Soll ich Ihnen geben.“

Ich schnaubte über die detaillierte Aufklärung und nahm zögerlich den Umschlag entgegen. Er war eindeutig zu flach, um irgendetwas anderes außer Papier darin zu verstecken. Es stand kein Absender darauf, aber ich konnte es mir schon denken.

„Und wieso -“

Ich hatte noch nicht einmal zu Ende gesprochen, da hörte ich die Tür ins Schloss fallen. Mit offenem Mund starrte ich sie an und war im ersten Moment zu perplex, um mich über diesen rüden Auftritt ernsthaft aufzuregen. Dass die Leute auch ständig in mein Büro stürmen mussten!
 

Gedanklich zählte ich langsam bis zehn, um mich so etwas zur Ruhe zu zwingen, während ein kleiner Teil in mir darauf wartete, ob erneut die Tür aufgestoßen wurde und irgendwer hereinpolterte. Doch alles blieb ruhig.

Tief durchatmend klemmte ich mir einen Glimmstängel zwischen die Lippen, ehe ich den Umschlag öffnete und ein schmales Blatt Papier herauszog. Unwillkürlich machte sich wieder eine gewisse Nervosität in mir breit. Mittlerweile klammerte ich mich an jedes kleinste Zeichen, denn in den letzten Tagen waren wir wie erwartet kein bisschen vorangekommen. Und das hier war doch so etwas wie ein Zeichen, oder nicht?
 

Die Schrift war ordentlich und fein geschwungen und umfasste nur wenige Zeilen. Stirnrunzelnd las ich sie erneut, während meinen Puls einen ungesunden Zahn zulegte. War das -?

»Kommen Sie bitte morgen früh, halb vier, allein zum Inosan.«

Kein Absender. Mit leicht zitternden Fingern wendete ich das Blatt, doch es war nichts weiter zu entdecken. Dennoch - Ich konnte nicht verhindern, dass der kleine Funken Hoffnung, den ich schon für erloschen erklärt hatte, wieder neu entfacht wurde. Ich wollte nicht zu viel hineininterpretieren oder gar mehr Informationen erwarten, aber es gelang mir nur schwer. Diese Ausdrucksweise und Schrift traute ich dem kleinen Blonden nicht zu, aber wer hatte diese Nachricht dann geschrieben?

Kurz überlegte ich, Hara und Andou Bescheid zu sagen, damit sie mitgingen, aber verwarf den Gedanken gleich wieder Schließlich stand dort »allein« und ich wollte nicht gleich wieder diese überraschende Chance verspielen, nur weil ich diese Anweisung ignorierte.

Dann würde ich wohl oder übel dort im Alleingang aufkreuzen. Blieb zu hoffen, dass ich zu dieser unsäglichen Uhrzeit nicht auch noch überfallen wurde.
 

*
 

Wurde ich nicht.

Vermutlich schliefen selbst die letzten Gangster zu dieser Uhrzeit, mal abgesehen von den beiden Schnapsdrosseln die gerade durch die Tür des Inosans nach draußen wanken. Irgendwo schlug eine Uhr. Halb vier Uhr morgens.

So fühlte ich mich auch: wie gerädert. Ich hatte gerade einmal zwei Stunden geschlafen, ehe ich mich wieder aus dem Bett gequält hatte. Meine Augen juckten und meinem Kopf herrschte dröhnende Leere. Keine Ahnung, ob ich überhaupt aufnahmefähig war. Doch gleichzeitig hielt mich die Aufregung auf den Beinen, die seit Stunden durch meinen Körper jagte. Ich wollte nicht hoffen, aber tat es dennoch. Wehe, ich käme hier nicht wenigstens ein bisschen schlauer raus. Sonst würde ich ausrasten.

Gleichzeitig fragte ich mich, wie tief ich gesunken war, sofort zu springen, nur weil irgendwer mich ohne Begründung zu einer dubiosen Bar rief und ich nicht mal in Erwägung gezogen hatte, dass diese Einladung eine Falle sein könnte. Aber warum sollte man mich dafür extra einladen, wenn man doch wusste, wo ich arbeitete?
 

Ich trat die Zigarette aus und ging langsam über die Straße auf den Eingang zu. Ein bekanntes Gesicht sah mir entgegen und nickte mir nur schweigend zu, bevor er die Tür aufzog. Der Kerl schlief wohl wirklich nie. Erst stattete der mir am Vormittag einen Besuch ab, nun stand er hier die halbe Nacht.
 

Gedämpftes Licht und der Geruch von abgestandenen Qualm begrüßte mich hinter der Tür. Selbst ich als ambitionierter Raucher musste kurz die Nase rümpfen. Bei meinen letzten Besuchen hatte ich den Geruch nicht als dermaßen penetrant empfunden. War heute einfach mehr los gewesen oder lüfteten die sonst den ganzen Tag über durch?

Prüfend sah ich mich um. Bis auf die Mitarbeiter hinter der Bar war niemand mehr zu sehen. Auf unangenehme Weise fühlte ich mich plötzlich unfreiwillig in den Mittelpunkt. Ich ging langsam weiter, sah mich immer wieder um, in der Hoffnung denjenigen zu entdecken, der mich hierher eingeladen hatte. Doch die rothaarige Frau hinter dem Tresen warf mir nur einen flüchtigen Blick zu, die anderen ignorierten mich völlig. Ob ich fragen sollte?

Plötzlich nahm ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahr und blieb unwillkürlich stehen. Mit klopfenden Herzen beobachtete ich den Blonden, der sich langsam von einer der Sitzecken erhob und auf mich zu kam. Mein Fluchtinstinkt meldete sich, doch ich blieb standhaft. Seine Haare waren diesmal nicht so streng nach hinten gekämmt, die Zigarre vom letzten Mal war einer Zigarette gewichen. Wenige Schritte vor mir blieb er stehen, musterte mich auf eine Art, die die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Äußerlich blieb ich gelassen, während ich mich bemühte, diesem Blick standzuhalten. Keine Ahnung, ob es ein Test war oder was er damit bezwecken wollte, aber anscheinend bestand ich. Denn schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit, bildete sich so etwas wie ein Grinsen in seinem Mundwinkel und er wandte sich ab.

„Los, komm mit. Wir haben nicht ewig Zeit.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  yamo-chan
2022-04-18T07:08:20+00:00 18.04.2022 09:08
Langsam lichtet sich der Nebel :)
Ich bleibe dran. 💕
Antwort von:  QueenLuna
21.04.2022 23:26
Na das freut mich, dass du noch dabei bist ❤️ allmählich muss sich ja mal der Nebel lichten xD


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