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Die Hoffnung von Aranii - Zerstörung -

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Prolog

Prolog
 

„Wenn ich gewusst hätte, was aus dir wird, hätte ich dich niemals geboren! Ein undankbarer Schnorrer. Das bist du.“

Anna zuckte zusammen. „Aber… aber ich brauche die Bücher. Mama, wie soll ich denn sonst lernen…?“

„Du bist 18, kauf de denen Krempel gefälligst selbst! Wenn de was brauchs sieh zu das de arbeiten gehst.“ Brie Hoffmann zog an ihrer Zigarette und starrte auf den flackernden Fernseher. Das fahle Licht des Bildschirms ließ ihr stumpfes blondes Haar gräulich erscheinen.

„Wenn de unbedingt Abi machen willst, dann besorg dir deinen Scheiß selbst!“ Anna wandte den Blick zu ihrem Vater. Georg Hoffmann lehnte sich mit dem Arm über die Lehne des Sofas, einen Zigarettenstummel im Mundwinkel. Er aschte beim Sprechen auf den Teppichboden. Sein kalter Blick forderte sie auf ihm zu widersprechen. Und obwohl Anna wusste, dass sie sich auf sehr dünnes Eis begab versuchte sie es ein weiteres Mal.

„Was ist…was ist mit dem Kindergeld?“, sie schluckte als ihre Mutter sich mit aufgerissenen Augen zu ihr umwandte und beide Eltern sie mit Entrüstung ansahen. „Ich meine, das Geld ist doch eigentlich für sowas da…“, mit jedem Wort war Annas Stimme leiser geworden.

„Wie bitte was?!“, Brie kreischte fast. Ungläubig warf sie Anna an den Kopf: „Das ist deine Miete an uns.“

Georg schob die blonden Augenbrauen zusammen, die sich über zwei eisblauen Augen befanden und ergänzte: „Und das reicht nich mal dafür. Nebenkosten, Lebensmittel. Dafür bezahlen wir schließlich. Wie kann man nur so raffgierig sein?“ Brie nickte bestätigend.

Anna kamen Zweifel. War sie wirklich undankbar? Es stimmte ja, dass das Kindergeld die Kosten nicht deckte. Aber waren ihre Eltern nicht für sie verantwortlich?

„Aber ihr seid für mich verantwortlich.“, Tränen traten in Annas Augen. Ihre Beine wurden weich und sie verlagerte ihre Stellung. Mit aufeinandergepressten Kiefern erwartete sie die Antwort auf ihre unerhörte Feststellung.

Sowohl Brie als auch Georg saßen mit offenen Mündern da und starrten Anna für einen Moment an. Die Luft war so schneidend, dass es Anna eine Gänsehaut bereitete.

Annas Mutter ergriff das Wort: „Was glaubst de eigentlich wer de bis Johanna? De Prinzessin der alles auf‘m Silbertablett serviert wird? De bis volljährig un damit kannste für dich selbst sorgen. Wenn de das nich passt dann schwing denen Arsch hier raus! Du undankbares Gör.“

Der Kiefer begann Anna zu schmerzen und sie verlagerte die Spannung auf ihre Lippen, auf denen sie jetzt zu kauen begann. Mit zitternden Händen strich Anna sich das braune Haar hinter die Ohren, drehte sich um und flüsterte so leise, dass Anna selbst es kaum verstand: „Bin oben.“

Sie hatte sich gerade zur Zimmertür umgedreht, als hinter ihr der Orkan losbrach.

„WAS HAST DE…!?“, atemlos kreischte Brie diese Worte. „WIE KANNSTE ES WAGEN MICH BLÖD ZU NENNEN?!“ Sie sprang vom Sofa auf und ihr Mann folgte ihrem Beispiel.

Irritiert und zitternd drehte Anna sich um. „Nein, ich habe nicht…“ Mit Schreckgeweiteten Augen starrte sie auf ihre Eltern. Brie wirkte trotz ihres schmalen Körpers bedrohlich. Wie ein Bollwerk, stand ihr Vater daneben, schnaubend, wie ein Teekessel kurz vorm Siedepunkt. „Entschuldige dich bei deiner Mutter!“, forderte er und hob drohend die Hand.

„Nein! Ich meine, ich habe nicht…EHRLICH“. Anna ging einige Schritte rückwärts. Sie hatte schon öfter gedacht, dass ihre Eltern widerliche, großkotzige, dumme und unangenehme Menschen waren. Aber niemals hätte sie es gewagt das laut auszusprechen. Sie stieß mit dem Rücken an die Kante der Zimmertür, die noch halb offenstand. Sie zuckte zusammen, sah sich hektisch um und noch bevor sie sich bewusst dazu entschlossen hatte, rannte sie hinaus.

Doch genau das, was ihre Flucht ausgelöst hatte verfolgte sie nun. Georg und Brie waren hinter ihr her. Sie trampelten und polterten als sie die Verfolgung aufnahmen. Anna hörte, wie sie donnernd hinter ihr schrien: „BLEIB HIER!“ und „DAS WIRSTE BEREUEN!“

Anna dachte nicht weiter darüber nach. Sie rannte weiter. Durch den Flur zur Treppe des Hauses. Eilig nahm sie die Stufen. Sie rutschte ab, ihre Verfolger immer noch hinter sich hörend. Sie waren nah. Anna rappelte sich eilig wieder auf und rannte weiter. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihre Eltern waren noch auf der Treppe. Aber sie schrien weiter, zeterten und drohten.

Anna machte den letzten Schritt in ihr Zimmer, warf die Tür hinter sich zu und griff nach dem Schlüssel. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus. Der Schlüssel! Er war weg! Wo war der Schlüssel?

„Nein. Nein! NEIN! Neinneinneinneinnein!“, stammelnd presste sie sich mit ihrem gesamten Körper an die Tür. Aber sie wusste, dass ihr schmaler Körper, dem ihres Vaters nichts entgegensetzen konnte. Sie sah sich nach etwas um, mit dem sie die Tür verriegeln konnte, doch weder der Drehstuhl vor ihrem Schreibtisch noch die Bücher über Mechanik, die ihr am nächsten auf dem Boden lagen, würden ihr helfen können. Und um das Bett zu verschieben hatte sie nicht genügend Zeit. Anna hörte wie die Schritte ihrer Eltern näher grollten. Das würde die schlimmste Abreibung werden, die sie je bekommen hatte.

Sie war ihnen schutzlos ausgeliefert. Ihre Mutter hatte dafür gesorgt. Sie hatte den Schlüssel genommen. Da war Anna sich sicher. Den Schlüssel, der sie vor Schmerz bewahren konnte. Er war nicht da, um die Riegelplatte zu bedienen und damit den Riegel in Bewegung zu setzen. Dieser einfache Vorgang. Riegelplatte bedienen und damit den Riegel betätigen. Es war nur eine dämliche Platte, die sie nicht erreichen konnte. Einfach nur die Platte bedienen und der Riegel würde sich in die Türzarge schieben.

Zwei Dinge passierten nahezu gleichzeitig. Es klickte, was aber niemand hörte, denn im selben Augenblick ertönte ein RUMS und die Tür mitsamt Anna zum Erzittern brachte. Anna fiel auf den Boden. Sie presste die Augen zusammen, umschloss ihren Kopf mit den Armen und zog die Beine an. Mit zusammengepressten Zähnen wartete sie auf die ersten Schläge. Jeder Muskel war zum Zerreißen gespannt und wartete auf seinen Einsatz. Doch es kam nichts.

Der tosende Lärm war immer noch da. Ihre Eltern keiften und drohten immer noch. Doch sie waren auf der anderen Seite der Tür. Irgendjemand ruckelte an dem Griff und versuchte die Tür zu öffnen. Anna hörte, wie der Türgriff energisch, aber erfolglos runtergerissen wurde. Es hämmerte an der Tür. Schläge mit der Faust, Tritte gegen den unteren Teil der Tür. Aber sie kamen nicht herein.

Durch einen schmalen Spalt lugte Anna zwischen ihren Armen hindurch zu ihrer Zimmertür, die tapfer der Gewalt standhielt. Anna hielt die Luft an und wartete. Sie wartete darauf, dass ihr Retter aus Holz nachgab. Doch sie hielt stand.

„KOMM MIR UNTER DIE AUGEN FRÄULEIN!“, schrillte es von ihrer Mutter her. Und auch Annas Vater meldete sich donnernd zu Wort: „MACH AUF! WIR KRIEGEN DICH EH!“

Sie würden Anna bestrafen. Doch wenn Anna lange genug wartete, würden sie sie anders bestrafen. Vielleicht würden sie ihr verbieten sich Essen zu nehmen oder sie würden Anna ihre Bücher wegnehmen, sie vielleicht vor ihren Augen zerstören, aber sie würden sie nicht mehr schlagen.

Brie und Georg tobten immer noch. Doch der Orkan war abgeflaut. „Wie konnte sie die Tür abschließen? Ich hab‘ doch den Schlüssel.“, flüsterte Georg seiner Frau zu. Halbherzig klopften sie noch an die Tür und letztlich hörte Anna einen letzten Tritt gegen das standhafte Holz.

Anna machte einen tiefen Atemzug als sie hörte, wie die beiden polternd und fluchend die Treppe hinabstiegen. Tränen liefen Anna über die Wangen und tropften auf den harten Boden. Ihr Körper schüttelte sich. Anna zitterte so stark, dass sie nicht aufstehen konnte.

Sie verbrachte einige Minuten auf dem Fußboden, bevor sie sich mit verquollenen Augen und Schluckauf hinsetzen konnte. Mit tränenverschleiertem Blick schaute sie auf die Tür. Nicht dass sie der Tür nicht dankbar für ihren Einsatz war, aber wieso war die Tür nicht einfach aufgesprungen?

Mühsam stand Anna auf und mit wackeligen Beinen schlich sie zur Tür. Sie legte ein Ohr daran. Doch sie hörte nichts. Sie griff nach dem Drücker und bewegte ihn langsam nach unten. Als der Anschlag erreicht war zog Anna, doch die Tür widersetze sich. Hatte sich die Tür beim Zuschmeißen verzogen und ging deshalb nicht auf? Oder war der Riegel durch den Knall zugefallen? Beides erschien Anna unmöglich. Sie beugte sich vor und lugte durch den schmalen Spalt zwischen Zarge und Tür. Als sie die Höhe des Schlosses erreichte stutzte Anna. Tatsächlich war es der Riegel, der die Tür geschlossen hielt. Aber wie war das möglich? Nicht das Anna sich große Sorgen darum machte in ihrem Zimmer eingesperrt zu sein, irgendwie würde sie schon wieder rauskommen. Aber wie hatte der Riegel einrasten können?

Anna ging zu ihrem Schreibtischstuhl. Das Türschloss ließ sie dabei nicht aus den Augen. Fahrig griff sie nach der Lehne des Stuhls und drehte ihn so, dass sie sich mit der Sicht auf die Tür hinsetzen konnte.

Wie war das möglich?



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