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Nachhilfe

von

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Ich war mehrmals wach geworden. Das komische Gefühl, wenn mich Connor im Arm hatte beim Schlafen, war nicht verschwunden. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, hielt es aber dann beim Frühstück kaum noch aus. Lustlos stocherte ich mit dem Löffel in meinem Müsli herum und ließ den Kopf hängen.
 

„Möchtest du mir vielleicht nicht doch sagen was los ist?“, fragte Connor vorsichtig und lehnte sich in seinem Stuhl ein wenig zurück. „Danny, ich weiß genau, dass dich etwas belastet. Ehrlich gesagt hasse ich es, wenn du so drauf bist.“
 

Ich ließ den Löffel frustriert in die Müslischale sinken und vergrub das Gesicht in den Händen.
 

„Ich habe doch selbst keine Ahnung, Connor. Mir tut das mit Nicky weh, dann das mit dir und ich weiß nicht wo mir der Kopf steht.“
 

Ich rechnete schon fast damit, dass Connor mich in den Arm nehmen oder berühren würde, doch nichts davon passierte. Zwischen meinen gespreizten Fingern konnte ich erkennen, wie er mir zwar einen äußerst mitfühlenden und besorgten Blick zuwarf, aber sonst keine Anstalten machte, irgendwie zu reagieren.
 

„Für dich ist doch alles anders geworden. Warum heulst du nicht oder siehst aus als würde dich ein Geist besuchen?“, wollte ich wissen und sah auf.
 

„Danny, ich kann es mir gerade einfach nicht leisten, dass ich dir auch noch zumute, dich um mich zu kümmern oder besser gesagt, dass du wegen mir ein schlechtes Gewissen hast. Mir geht es auch dreckig, nur musst du das nicht mitbekommen. Außerdem…“ Connor streckte nun doch seine Hand aus und legte sie auf meine. „Du bist bei mir. Auch wenn das weh tut, so lindert es den Schmerz. Ich weiß nur nicht, was ich wegen dir machen soll.“
 

Ich schüttelte seine Hand ab und bedachte ihn dann mit einem wütenden Blick: „Ich bin kein kleines Kind mehr. Das schaffe ich schon alleine.“
 

„Danny, ich bin fast 22 und schaffe es nicht alleine. Ich habe nur mit Liebeskummer zu kämpfen, deine Situation ist weitaus schwieriger. Lass mich dir doch helfen, wenn ich es denn irgendwie kann.“
 

„Du kannst mir aber nicht helfen“, fuhr ich ihn an. „Eigentlich bist du ja auch das Problem. Nicky wäre sicher irgendwann mit mir zusammengekommen, wenn du dich nicht eingemischt hättest!“
 

Connor schlug die Augen nieder. Das hatte gesessen. Genau bei diesem Anblick verflogen mein Ärger und meine Wut wieder und ich fühlte mich schuldig.
 

„Es… tut mir leid, das war nicht so gemeint.“
 

„Doch, es war so gemeint“, murmelte Connor. „Du hast es dir so gewünscht und ich habe es dir verbaut.“
 

„Hast du nicht, es ist nur…“ Ich seufzte leise. „Keine Ahnung. Ich bin irgendwie wütend, aber nicht so richtig auf dich. Dieses Gefühlschaos macht mich noch irre.“
 

„Ich bin auch sauer, aber auf deinen Freund.“ Connors Miene verfinsterte sich. „Und irgendwie auf deinen Bruder auch.“
 

„Was hat denn Caleb mit der ganzen Sache zu tun?“
 

„Hätte er besser auf dich aufgepasst, wäre ich nicht dazu verleitet gewesen, mit dir herumzumachen.“
 

Das verstand ich jetzt nicht. Wieso hätte Caleb auf mich aufpassen sollen? Das tat er ja auch, bis zu einem gewissen Grad.
 

„Wie meinst du das?“
 

„Naja, schau – ich hatte so riesigen Schiss, dass du doch zu Magnus gehst oder etwas ähnlich Fragwürdiges machst wie in dem Nachtclub damals, da fiel mir nichts anderes ein als nachzugeben.“
 

„Das heißt, du hast nur mit mir geschlafen, weil du Angst um mich hattest?“
 

In meinem Hals bildete sich ein Kloß und ich hatte erneut das Gefühl, dass man mir den Boden unter den Füßen wegzog.
 

„Nein, Danny.“ Connor zögerte und schnappte sich dann wieder meine Hand. „Ich wollte mit dir Sex haben, glaube mir. Es war das Schönste und Beste was mir jemals im Leben passiert ist, wie auch du, nur war es viel zu früh. Wir hätten warten sollen. Das ist alles.“ Er schob seine Finger zwischen meine und drückte meine Hand fest. „Wobei, nein, das ist es nicht. Danny, ich habe von dir geträumt.“
 

Das hatte ich auch. Unwillkürlich schob ich meine Knie zusammen und verkrampfte mich. Wenn jetzt so eine peinliche Geschichte kam, dass er von mir auch einen feuchten Traum hatte, dann würde ich abhauen.
 

„Was hast du?“, fragte er misstrauisch.
 

„Nichts“, log ich und versuchte mich zu entspannen. „Also, was hast du geträumt?“
 

„Du lachst aber nicht, ja?“
 

„Würde ich nie“, grinste ich schwach, was ich mit einem sanften Schulterboxer vergolten bekam. „Jetzt sag schon!“
 

„Also, wir…“ Connor rieb sich verlegen den Nacken. „Nein, Danny, es geht nicht darum was ich geträumt habe, sondern wie. Du hast mir eigentlich nur gesagt, dass du mich liebst, aber wie du es gesagt hast, das ist der springende Punkt. Es war so wunderschön, denn es war ehrlich. Du hast es mit dem gleichen Funkeln in den Augen gesagt wie bei Nicky. Ein flüchtiges Fragment meines größten Wunsches. Wenn ich es doch nur real machen könnte.“
 

Connor seufzte leise und legte mir den Zeigefinger auf den Mund, als ich etwas erwidern wollte.
 

„Nichts was ich sage, wird etwas an deiner Einstellung ändern, dafür ist deine Wunde zu frisch, aber es war das Schönste, was mir passiert ist. Schöner, als mit dir zu schlafen. Ich habe es genossen dich über mir zu sehen, dir anzumerken, dass es dir gefallen hat, wenn wir Sex miteinander hatten, aber das ist nicht vergleichbar. Du hast so glücklich gewirkt, so frei und so unschuldig. Ich glaube, für diesen einen Moment würde ich jemanden umlegen.“ Unweigerlich war er ein wenig näher zu mir herangerückt, hatte sich über die Tischplatte gebeugt und meine Hände in seine gelegt. „Wenn ich es dir erklären könnte, würde ich es tun. Ich kann es aber nicht. Meine Worte würden dich nur verletzen. Alles was ich sage würde dir weh tun. Es reicht, wenn ich dir sage, dass ich mein Versprechen, immer bei dir zu sein, nicht aufgeben werde, egal wie du dich entscheidest.“
 

„Warum hast du es mir eigentlich nicht früher gesagt?“, wollte ich wissen.
 

„Danny, du bist so verschossen in Nick gewesen, so verliebt, das bist du ja heute auch noch. Wie sollte ich dagegen ankommen? Ich kann es ja auch jetzt noch nicht. Du bist in Gedanken noch immer bei Nicky, das merke ich dir an.“ Connor seufzte leise.
 

„Das stimmt nicht so ganz“, gab ich zögernd preis. „Connor, ich…“ Auf seinen fragenden Gesichtsausdruck hin nahm ich meinen ganzen Mut zusammen. „Was ist, wenn ich mich nicht in dich verlieben kann? Dann können wir doch keine besten Freunde mehr sein, oder?“
 

„Es würde schwierig werden, aber nicht unmöglich.“ Er löste unsere Hände aus ihrer Verschränkung schob seine eigenen hinter dem Kopf zusammen. „Ich würde es aber versuchen. Nur wäre es mir lieber, wenn wir doch zusammenfinden könnten.“
 

„Und wie stellst du dir das vor? Dass du mich als deinen Freund vorstellst? Ich bei dir bleibe?“
 

Connor nickte bejahend. „Das wäre wünschenswert, ja. Für dich mag es wenig verändern, aber für mich wäre es… ich würde dich gerne vorstellen als Danny, meinen Freund. Natürlich bedeutet das auch, dass ich auf dich aufpasse, und für dich aufkomme.“
 

„Aufkommen? Connor, ich wohne zuhause, Caleb und mein Papa sorgen für mich.“
 

„Tun sie, aber…“ Connor zog die Hände hinter seinem Kopf hervor und grapschte wieder nach meinen. Das tat er außerordentlich gern. Sie waren weicher und sanfter als meine und er hatte einen ernsten Blick aufgesetzt, als er sprach: „Weißt du, ich möchte dir ja auch was bieten können. Die Sachen, die dir dein Vater oder dein Bruder nicht bieten können. Mal abgesehen von körperlicher Nähe.“
 

Ich atmete tief durch und dachte nach. So wie Connor vor mir saß und sich bemühte, da war ich es ihm doch fast schon schuldig, dass ich es versuchte, oder? Er war bisher immer nett zu mir gewesen und er schien mich ja wirklich zu lieben. Ein Teil von mir liebte ihn ja auch, nur nicht so wie Nicky. Würde sich das ändern? Konnte sich das ändern?
 

„Und wenn es schiefgeht?“, fragte ich leise.
 

„Dann geht es eben schief.“ Connor hob die Mundwinkel an. „Ich bin bereit dieses Risiko einzugehen, wenn es bedeutet, dass ich dich bei mir behalten kann. Umzuziehen wird schwer möglich sein, aber du hast ja meinen Schlüssel und meine Nummer.“
 

„Was ist mit Caleb?“
 

„Ich rede einmal mit ihm, okay? Auch wenn das sehr selbstverliebt klingen mag, ich bin wahrscheinlich die beste Möglichkeit erste Erfahrungen zu sammeln, mehr noch als ohnehin schon. Ich würde dich nie zu etwas drängen, dich nie zu etwas zwingen und versuchen dich mit Liebe und Zuneigung zu überhäufen.“ Seine Finger strichen über meine Handrücken. „Das mit Annabelle war schön, ja, sehr sogar, aber mit dir ist es ganz anders. Es ist als hätte ich das Stück meines Herzens wiedergefunden, das ich verloren geglaubt habe. Du musst nicht eifersüchtig sein, oder dir Gedanken machen was ich mit wem hatte, denn alles ist bedeutungslos neben dir.“
 

Mein Herz machte tatsächlich einen kleinen Sprung als Connor den letzten Satz sagte. Es klang nun ein wenig anders, anders als damals beim Picknick, anders als beim Üben, anders als überhaupt.
 

„Dann… dann versuchen wir es?“, nuschelte ich zögernd.
 

„Möchtest du?“
 

Ich nickte leicht. Ja, ich wollte es versuchen. Nicky zu vergessen und bei jemandem zu sein, der mich tatsächlich liebte, das war den Versuch wert. Zumal ich dann mit Nicky vielleicht doch wieder Freundschaft schließen konnte, sich die Spannungen zwischen Caleb und mir lösen könnten und ich einen coolen Freund hatte.
 

„Darf ich dich küssen, Danny?“
 

Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte dann erneut. Es war doch nichts dabei, wenn Connor mich küsste, oder? Er hatte mich bisher immer anfassen dürfen. Kaum, dass ich mit der Geste fertig war, war er schon neben mir, hatte sich hingehockt, sodass wir auf Augenhöhe waren und mir eine Hand in den Nacken gelegt. Unsere Lippen berührten sich, nur ganz flüchtig. Er zögerte, bis ich den Kuss erwiderte. Bilder stiegen in mir hoch: Wie wir im Auto saßen und lachten, wie er mich aus dem Club getragen hatte, wie wir Essen gewesen waren und wie er neben mir schlief, den Arm um mich gelegt. Ja, es war wirklich einen Versuch wert und der Kuss fühlte sich nicht schlecht an. Nur nicht schlecht bedeutete keine Liebe. Was wenn ich mich nie in Connor verlieben würde? Panik machte sich in mir breit. Worauf hatte ich mich nur eingelassen?



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