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Gegensatz und Vorurteil

- Ehemals Schubladenmagnet -
von

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~ 2 ~

 

Joshuas POV

 

Mit einer fahrigen Bewegung streiche ich mir die verschwitzten Strähnen aus der Stirn. Musik machen ist verdammt harte Arbeit und meinen Bandkollegen und mir sieht man es leider auch an. Bei einem Auftritt hat das ja noch einen gewissen Sexappeal, hier im Proberaum ist es einfach nur eklig. Helfen tut in beiden Fällen aber das Gleiche: Kühles Bier.

Ein solches wird mir just in diesem Moment von Sophie angereicht, ehe sie sich neben mich auf den Boden setzt und an die Wand lehnt.

„Prost.” Klirrend stoßen die Flaschen aneinander, ansonsten genießen wir die ersten Schlucke schweigend. Ich beobachte einen Tropfen Kondenswasser dabei, wie er erst langsam am Flaschenhals hinabläuft, immer mehr Tröpfchen aufnimmt, immer größer und schneller wird, nur um am Ende von meinem Finger gestoppt zu werden. Tragisches Schicksal. So ein Pech aber auch. Träge verwische mit dem Stopperdaumen die Feuchtigkeit auf der Oberfläche der Glasflasche.

„Ich fasse es immer noch nicht, dass ich bis heute gar nicht wusste, wer so in meinen Kursen sitzt...”, murmle ich, mehr zu mir selber. Sophie hört mich trotzdem, ihrem Schnauben nach.

„Mach dir nichts draus”, meint sie nach einem Moment. „Du bist ein Kerl, ab einem bestimmten Alter denkt ihr nur noch mit dem Schwanz und der hat offenbar beschlossen, das blonde Muttersöhnchen als 'nicht fickbar' und 'keine Konkurrenz' abzustempeln.”

Ich rolle genervt mit den Augen, als mir zum zweiten mal an diesem Tag so ein dämliches Klischee um die Ohren gehauen wird.

„Und mit was denkt ihr Frauen? Mit euren Brüsten?”, entgegne ich sarkastisch.

„Unter anderem.” Gleichmütig zuckt sie mit den Schultern. „Vielleicht denken wir deswegen mehr? Weil wir mehr und größere Bereiche als Kapazitäten haben?”

Stöhnend schüttle ich meinen Kopf und erhebe mich. Noch so ein dummer Spruch und ich werde wahnsinnig! In der Hoffnung auf etwas mehr Realitätsnähe und etwas weniger Schwachfug, geselle ich mich zu Olli und Alexis. Der große Kerl wirft sich die braune, gewellte Haarpracht hinter die Schulter und nickt zu den Ausführungen meiner Schwester, die sich um die Abstimmung von Gesang und Gitarrensolo drehen. Für mich zwar nicht ganz so relevant, aber interessanter als diverse geschlechtsspezifische Theorien.

Während die zwei über den perfekten Übergang diskutieren, schweifen meine Gedanken zurück zu Paul. Wie er hilflos und seltsam resigniert auf dem Boden gehockt hat, während die drei Vollpfosten seine Tasche und im Anschluss vermutlich auch noch ihn selbst auseinander nehmen wollten. Und im krassen Gegensatz dazu, das strahlende Lächeln, mit dem er mir für mein Eingreifen gedankt hat und das mir einfach nicht mehr aus dem Kopf will. Wir haben nicht mehr viele Worte miteinander gewechselt, ehe sich unser Weg trennte, aber jedes einzelne habe ich von seinen rosigen Lippen gesaugt. Diese helle Stimme alleine könnte mich vermutlich schon zu allen Straftaten der Welt verführen, aber in Kombination mit diesen blauen Seen, die er Augen nennt?

Unbewusst entweicht mir ein lautes Seufzen, während ich innerlich den Philosophen spiele.

Plötzlich trifft mich eine Schlag auf den Hinterkopf und holt mich in die Realität zurück.

„Aua! Was soll denn das?” Mit Schmollmund gucke ich meine große Schwester an und reibe mir theatralisch den Hinterkopf. Die Schnepfe hat aber auch einen Hau drauf!

„Nicht sabbern, du Idiot. Sag uns lieber deine Meinung.”

„Meinung?” Verwirrt blicke ich von einem zum anderen.

„Na, ob du meinst, dass 'One look into heaven' schon bereit für den Gig in zwei Wochen ist, oder nicht”, schreitet Olli erklärend ein. Vermutlich präventiv, bevor es zu einer unserer berühmten Rangeleien kommen kann. Ich bin nämlich mit einer sehr streitsüchtigen Schwester gestraft deren zukünftiger Ehemann sich leider überhaupt nicht dazu eignet, weshalb immer noch ihre Geschwister herhalten müssen. Und aus unerfindlichen Gründen fällt ihre Wahl bevorzugt auf mich. Völlig unverständlich!

„Sind doch noch zwei Wochen. Bis dahin bekommen wir die kleinen Macken noch raus und wenn nicht, fällt das live eh keinem auf”, gebe ich meine Meinung schulterzuckend kund.

Dank Vitamin B dürfen wir inzwischen schon zum dritten Mal an einem Wochenende in einer kleinen Szenebar auftreten. Da man uns die ersten beiden Male nicht von der Bühne gebuht oder mit faulem Gemüse beworfen hat, können wir wohl annehmen, dass es dem Publikum ebenfalls zusagt. Die Kasse stimmte an den Abenden immerhin, wie uns der Besitzer freudestrahlend mitteilte.

Für den dritten Auftritt wollen wir mehr auf eigene Stücke setzen und die Cover mehr als Zugaben und Stimmungsheber einbauen. Mal gucken, wie das wird. Ich freue mich auf jeden Fall schon wie ein kleiner Schneekönig. Also, das Negativbild eines Schneekönigs. Oder so.

„Ich will aber das es perfekt wird!”, beharrt meine Schwester ziemlich kindisch.

„Ach Schatz, ich weiß es wird perfekt”, mischt sich ihr Zukünftiger ein und ich weiß nicht, ob er sie damit ernsthaft beruhigen oder einfach nur hinterrücks Öl ins Feuer gießen will. So oder so ergreife ich mit unserem Wikinger lieber mal die Flucht.

 

Am nächsten Morgen bin ich – zur Überraschung aller – mehr als zeitig aus dem Haus gestürmt und stehe mir nun seit über zehn Minuten am Haupteingang der Schule auffällig unauffällig die Beine in den Bauch. Für gewöhnlich treffe ich mich mit meinen Leuten am Nebeneingang, weshalb mir von denen zum Glück keiner den unausgereiften Plan durchkreuzen kann. Nur für den Fall, dass um diese Uhrzeit überhaupt schon jemand von denen da sein sollte.

Nervös streiche ich mir meine Haare hinter das Ohr. Dank wohlig duftender Arganöl-Mandelmilch-Spülung sind die Strähnen wunderbar weich und fließen wie Seide durch meine Finger. Ich liebe das Gefühl! Damit ich aber nicht nur nach Haarpflegeprodukten rieche, habe ich noch ein dezentes Parfüm aufgelegt, schließlich muss ich ja nicht nach etwas riechen, nur weil ich es benutze. Als Kombinationsparter für mein schwarzes Hemd habe ich heute Ewigkeiten in meinem Schrank nach der passenden schwarzen Jeans gesucht. Schwarz ist nicht gleich schwarz! Das eine ist schon leicht grau, ein anderes tendiert ins rote oder blaue. Nicht auszudenken, wenn die Töne zu stark unterschiedlich sind! Wie sieht das denn aus!?

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich dezent eitel bin? Nein? Gut, denn es stimmt nicht. Also, das dezent. Die Eitelkeit muss ich leider unterschreiben. Und zu allem Überfluss muss ich mir morgens mit zwei Schwestern und einem Bruder das Badezimmer teilen, die alle noch viel schlimmer sind, als ich. Und ja, das geht.

Zu der Zeit, als ich noch über meine Wangen streiche und mich frage, ob ich mich vielleicht doch hätte rasieren sollen, taucht das Objekt meiner schlaflosen Nacht in meiner unmittelbaren Nähe auf. Verschlafen reibt er sich mit einer Hand die Augen, in der anderen hält er eine Bäckereitüte. Bei dem Anblick knurrt mein Magen und erinnert mich an das ausgefallene Frühstück.

Möglichst beiläufig schlender ich auf ihn zu. Ich hab keine Ahnung, was und wie ich hier mache. Und warum. Obwohl, doch, warum weiß ich.

„Hi, Paul”, quatsche ich den Blonden einfach mal dumm an. Irgendwo muss ich ja beginnen.

Erschrocken blicken mich blaue Augen an, getrübt von einem dunklen Schatten, der jedoch schnell einem freudigen Glitzern weicht, als er mich erkennt. Mit einem schüchternen Lächeln zieht er sich den kleinen, von Haaren verdeckten Kopfhörer aus dem Ohr.

„Oh, hallo Joshua”, begrüßt er mich mit seiner hellen Engelsstimme. Zumindest stelle ich mir eine solche auf diese Weise vor.

 

 

Pauls POV

 

Ein bisschen erstaunt blicke ich zu dem Schwarzhaarigen auf, der mich so unvermittelt angesprochen hat. Meine Hand greift die Papiertüte etwas fester, als könnten mir die Fasern Halt geben. Obwohl seine Erscheinung wirklich beeindruckend ist, vor allem aus meiner deutlich kleineren Perspektive, macht er mir keine Angst. Trotzdem ist er immer noch ein Fremder und vor denen scheue ich instinktiv zurück.

„Also, ich dachte-... Ich wollte nur fragen, ob alles in Ordnung ist”, setzt Joshua noch einmal neu an. „Wegen gestern. Ich glaube, ich hab gar nicht richtig gefragt, ob die Idioten dich verletzt haben.”

Bei der Erwähnung der mehr als peinlichen Geschichte röten sich meine Wangen und ich senke den Kopf, um sie zu verstecken. „Ne, haben sie nicht. Danke nochmal”, sage ich, während meine Hände das umgeschlagene Ende der Papiertüte kneten. Da kommt mir eine Idee. „Magst du vielleicht einen Kaffee? Also, es ist nicht viel und eigentlich als Dankeschön total lächerlich, aber...” Unsicher beende ich meine Stammelei und blicke wieder schüchtern zu ihm auf.

Doch statt mich auszulachen oder genervt von mir zu sein, wie es fast alle Menschen nach kurzer Zeit sind, lächelt er mich nur freundlich an und nickt.

„Klar, gerne”, stimmt er meinem Vorschlag zu. „Und mit Kaffee kann man mich eigentlich immer bestechen.” Sein verschmitztes Zwinkern zaubert auch mir wieder ein Lächeln ins Gesicht.

Froh um ein kurzweiliges Ziel, mache ich mich auf den Weg zum Schulkiosk, die große Gestalt wie einen überdimensionalen Schatten an meinen Fersen. Selbst um diese Uhrzeit stehen schon einige vor der halbhohen Mauer mit den bunt bestückten Glasfronten an und hoffen auf frische Heißgetränke und das ein oder andere süße Gebäckteil oder die belegten Brötchen. Um mich von meinem Schatten und den neugierigen Blicken um mich herum abzulenken, betrachte ich die Auswahl an belegten Stücken. Wie befürchtet, ein einsames Gouda-Brötchen, der Rest mit Frikadellen, Schnitzel und Co. Ich kann es dem Hausmeister wohl kaum verübeln, dass er sich an dem orientiert, was am Häufigsten gefragt wird, trotzdem ärgert es mich ein bisschen. Aber ich mag die kleine Familienbäckerei am Park eh sehr gerne und wenn ich die Wahl hätte, würde ich vermutlich trotzdem zu den selbstgemachten Teiglingen tendieren, anstatt zu vorgefertigter Fabrikware.

Meine Grübelei wird unterbrochen, als wir weiter vorrücken und ich anstelle auf Nahrungsmittel in das freundliche, ältere Gesicht unseres Hausmeisters blicke.

„Hallo. Einen Milchkaffee und äh...” Schon wieder peinlich berührt, blicke ich zu Joshua auf. Ich Dussel hab doch glatt vergessen zu fragen, was für einen Kaffee er gerne hätte.

„Einen normalen Filterkaffee, bitte”, springt er mir bei. Meinen Fauxpas übergeht er geflissentlich, seine Manieren sind eindeutig besser als meine.

„Beides in groß. Dankeschön”, vervollständige ich die Bestellung und lege schon mal das Geld bereit.

„Hier, bitteschön.” Der nette Herr stellt mir die Pappbecher vor die Nase und ich nehme beide, trage sie zum Beistelltisch, auf dem Zucker und Milch stehen. Doch noch bevor ich dort ankomme, streifen warme Finger die meinen und mir wird der zweite Becher aus der Hand genommen.

Erschrocken zucke ich zurück und hätte dadurch beinahe den kostbaren Inhalt über den Boden verteilt. Joshua reagiert schnell genug und kann das Schlimmste verhindern, trotzdem landen einige Spritzer Heißgetränk auf seinen Finger.

Zischend saugt der Größere Luft durch die Zähne und ich befreie mich aus meiner kurzen Schockstarre und greife nach dem Stapel Papierservietten.

„Sorry, sorry, sorry!”, gebe ich schuldbewusst von mir und tupfe hektisch an seinen Fingern herum, bis er mir die Tücher aus der Hand schnappt. Frustriert balle ich die Hände zu Fäusten und sehe zu Boden. Für nichts bin ich zu gebrauchen!

„Nein, nein. Alles gut, war meine Schuld. Hätte ja was sagen können”, wiegelt er ab, doch sein Unterton klingt komisch. Vermutlich will er mein schlechtes Gewissen nur nicht verschlimmern. Na super, erst überschütte ich meinen Retter mit seinem Danke-Kaffee und dann bringe ich ihn auch noch in eine unangenehme Lage.

Ein Knuff gegen meine Schulter lässt mich erneut zusammenfahren, diesmal aber ohne weiter Malheurs in die andere Richtung blicken, in das amüsiert grinsende Gesicht meines Kumpels Matthias, der von allen nur Matz genannt wird.

„Hier hast du dich versteckt!” Er würdigt meinen Stufenkollegen keines zweiten Blickes, dafür aber sehr wohl den Bechern. „Und mir hast du keinen mitgebracht!?” Gewohnt theatralisch klatscht er sich die Hände an die Wangen und sieht mich mit großen Augen an, die vermutlich einen traurigen Hundewelpen imitieren sollen. Bevor ich mich schon wieder schuldig fühlen kann, jetzt, weil ich nicht daran gedacht habe, dass es schon mehr oder weniger Brauch bei uns ist, allen einen Kaffee zu holen, wenn man als erster in der Schule und am Kiosk ist, schreitet auch schon ein vierter Junge ein.

„Matz, lass den Quatsch. Paul kann doch nicht ahnen, dass du auch einen willst.” Dabei mustert der dunkelblonde Charly verstohlen die Gestalt auf meiner anderen Seite durch die Gläser seiner Brille und wendet sich anschließend fragend an mich. Ich setze zu einer Erklärung an, doch Joshua kommt mir zuvor.

„Danke für den Kaffee, Paul. Ich... geh dann mal. Wir sehen uns später im Unterricht.” Noch während er spricht, hebt er grüßend die Hand und entfernt sich schließlich von uns. Etwas ratlos blicke ich ihm nach. Habe ich etwas Falsches gesagt? Nein, eigentlich habe ich gar nichts gesagt. Schulterzuckend wende ich mich wieder meinen Freunden zu, die allerdings immer noch dem anderen hinterher blicken.

„Wer war das denn?”, fragt auch schon Matz, neugierig wie er ist.

„Joshua, einer aus meiner Stufe”, erkläre ich bereitwillig.

„Komischer Typ.”

„Ach, ich glaube, der ist echt ganz okay”, erwidere ich lächelnd. Den peinlichen Vorfall von gestern verschweige ich lieber.

„Matz, hör auf Leute zu beurteilen, die du gar nicht kennst”, belehrt Charly ihn. Manchmal habe ich das Gefühl, er ist seine personifizierte Vernunft. Oder zumindest ein Erdungskabel.

„Ay, Chef!” Salutierend schlägt sich der Zurechtgewiesene die Faust vor die Brust.

„Und hör auf mit dem Quatsch.”

„Jawohl, Chef!”

„Und du fragst dich, warum dir niemand Kaffee holt...”

„Es ist mir völlig unverständlich”, kommentiere ich den albernen Austausch schmunzelnd.

„Mir auch”, schmollt Matz gespielt.

„Mir nicht.” Seufzend und kopfschüttelnd macht sich Charly auf den Weg zu unserem kleinen Stammplatz. Im innenliegenden Pausenhof der Oberstufe haben wir uns im Laufe der Zeit eine Bank gesichert, an die sich für gewöhnlich sonst niemand setzt. Zumindest im Sommer, wo sich alle draußen zwischen die lauten Unter- und Mittelstufen quetschen und wir hier drinnen die Ruhe genießen und jetzt zur kalten Jahreszeit ist der Platz einfach schon reserviert. Theoretisch hätten wir sogar die Möglichkeit uns in einen Computerraum zu setzen, aber die Rechner sind vermutlich wortwörtlich aus dem letzten Jahrhundert. Und obwohl ich schon vor Ewigkeiten einen Weg gefunden habe, die Zugangsbeschränkungen zu knacken, bringt uns das nicht viel, wenn das Laden einer Website die halbe Pause dauert. Und alle lauffähigen Programme verlieren schnell ihren Reiz, wenn man privat mit deutlich fortschrittlicher Technologie spielen kann. Und hier kann auch wirklich nicht das Argument 'Retro' geltend gemacht werden!

Am Platz wartet schon die Vierte aus unserer kleinen Runde.

„Da seid ihr Schnarchnasen ja endlich!”, begrüßt sie uns auf ihre übliche, etwas gemeine Art, die sie wie einen Schutzschild vor sich herträgt.

„Mussten noch unser Nesthäkchen einsammeln”, behauptet Matz und klopft mir auf die Schulter. Er spielt darauf an, dass ich im Gegensatz zu den drei angehenden Abiturienten erst in der zwölften Klasse bin. Ja, unsere Schule war eine der ersten, die dankbar zurück auf G9 gewechselt sind. Wenn es nach unserer Schulleiterin gegangen wäre, hätten wir uns nie am Projekt G8 beteiligt.

Spielerisch boxe ich ihm meinen Ellbogen in die Seite. „Danke, aber den Weg schaffe ich inzwischen alleine. Bin doch ein großer Junge.”

„Für uns wirst du immer unser kleines Bübchen bleiben.” Er schafft es tatsächlich, wie eine besorgte Glucke zu klingen. Ja, es war wohl richtig, ihm nichts von gestern zu sagen.

Ich stimme in das Lachen der anderen ein, auch wenn es auf meine Kosten geht. Doch ich weiß ja, wie es gemeint war.

„Bübchen? Aus welchem Jahrhundert hast du denn das Wort gekramt?”, will Kathi wissen und streicht sich ihre glatten, braunen Haare zurück.

„Das, meine Liebe, wird mein Geheimnis bleiben.”

„Also weißt du es auch nicht”, stellt sie nüchtern fest.

„Möglicherweise.”

„Ich bezweifle, dass es da einen genauen Ursprung für gibt”, werfe ich nachdenklich ein. „Aber ist ja auch egal. Habt ihr gestern Abend den Stream vom kommenden Shooter bei Samurai gesehen? Der Wahnsinn!” Immer noch begeistert, von dem, was mein Lieblingsstreamer gestern Abend der Welt recht exklusiv mit einer Handvoll anderer 'Influencer' schon vorab zeigen durfte, klatsche ich in die Hände und blicke in die Runde.

Charly nickt und grinst mich an, ein aufgeregtes Funkeln in den Augen. „Ja man. Wenn das wirklich alles so klappt, wie es da gezeigt wurde und die angekündigten Patches bis zum Release drin sind... also ich bin dabei.”

„Da dürfte sich meine neue Grafikkarte schon bezahlt machen. Ich hoffe, die kommt noch diese Woche. Ich will nur ungerne an meinem System basteln, während ihr schon loszockt”, steigt auch Kathi mit ein.

„Dafür, dass das ein Vorabmuster war, an dem eigentlich immer noch mal gepatched wird, waren die 120fps schon echt beeindruckend. Da lohnt sich deine GraKa auf alle Fälle”, stimmt Charly zu.

„Die Endfassung soll über 144fps schaffen und auch konstant dreistellig bleiben. Und das im Multiplayer mit hundert anderen Spielern”, schwärme ich weiter.

„Und das angeblich trotz der krassen Raytracing-Technologie. Bin gespannt, ob das wirklich so klappt”, wirft Matz ein.

„Selbst wenn nicht, das sah einfach nur Hammer aus. Und die anderen Spielmodi mit weniger Teilnehmern scheinen auch interessant zu werden.” Nicht ganz unwichtig bei der Flut an Battle Royal-Shootern, die aktuell die Spielelandschaft überfluten.

Bis zum ersten Klingeln des Tages dreht sich unser Gespräch um neue Engines, Hardwareanforderungen, Pro und Kontra gezeigter Gameplayelemente und bestimmt noch hundert andere Dinge, denen die meisten Menschen nicht mehr folgen können, in denen wie vier aber voll aufgehen. Manchmal frage ich mich, ob meinen Freunden bewusst ist, wie unpersönlich unsere Gespräche oftmals sind. Nicht im Sinne von distanziert und kalt, aber ich glaube, die einzigen die wirklich viele private Dinge voneinander wissen, sind Charly und Matz, die schon seit Ewigkeiten beste Freunde sind.

 

 

Joshuas POV

 

Langsam folge ich meinen Mitschülern in das Schulgebäude zurück. Obwohl ich eigentlich nicht kälteempfindlich bin, fand ich den kalten Novemberwind heute besonders eklig. Ähnlich eklig, wie den Zigarettenrauch, der mich hier im Raucherbereich stetig umweht, aber ganz alleine im Gebäude warten war mir auch zu doof. Dank des Kaffeebechers sind immerhin meine Finger schön warm. Der Becher, den ich dem armen Paul so ungeschickt aus der Hand gerissen habe, dass das schöne Getränk verschüttet wurde. Ich versuche nicht schon wieder daran zu denken, wie es sich angefühlt hat, als er mit seinen zarten Fingern versucht hat, die Flüssigkeit von meinen Pranken zu tupfen. Es hatte mich immerhin so aus dem Konzept gebracht, dass ich bei Ankunft seiner Freunde schlicht die Flucht ergriffen habe. Oh man, ich bin vielleicht ein Held. Ich hasse verknallt sein. Was finden die Mädels daran nur so toll? Vorher war ich noch neugierig, wie es sich wohl anfühlt, aber hätte ich geahnt, dass ich mich innerhalb von Sekunden zum Deppen machen werde, hätte ich mir eher Raupen in den Arsch gesteckt, um Schmetterlinge im Bauch zu haben. Es ist eindeutig einfacher, einen Menschen schlicht attraktiv zu finden und nur mal kurz miteinander anzubändeln und nach einer Weile wieder getrennter Wege zu gehen.

Doch in diesem Fall weigern sich diverse Funktionen von Hirn und Körper, den kleinen Blonden einfach links liegen zu lassen und eine andere Richtung einzuschlagen. Jetzt schon. Dabei kenne ich ihn peinlicherweise erst seit gestern so wirklich. War ja irgendwie klar: wenn es mich erwischt, dann auch bitte direkt mit allen Klischees. Liebe auf den ersten Blick, ich als Held in strahlender Rüstung, der die holde Jungfrau beziehungsweise in diesem Fall den holden Jungmann rettet, um es mal mit Ollis Worten zu sagen. Garantiert war da auch ein Sonnenstrahl, der direkt auf Paul hinabzeigte und Engelschöre sangen Arien während sie auf regenbogenpupsenden Einhörnern über den Himmel schwebten. Hätte ich denn mal den Blick von dem einzigen Engel genommen, der in diesem Augenblick für mich relevant war. Pfui. Mich schüttelt es, allein bei der Vorstellung an so viel rosaroten Glitzerkitsch. Was stimmt nur nicht mit Menschen, die auf so eine Scheiße abfahren!?

Und apropos Regenbogen: Es gilt ohnehin zunächst einmal herauszufinden, ob Paul überhaupt geneigt wäre, am männlichen Ufer zu fischen. Kann ja nicht jeder wie ich ziellos auf einem Floß herumtreiben und schauen, an welche Seite es einen diesmal zieht. Mit Pech hat er sich bereits ein festes Steinhaus auf der weiblichen Seite gebaut oder gehört mit richtig viel Pech zu denen, die sich in einer Burg mitten im Landesinneren verschanzt haben und erst gar nicht fischen wollen. Bislang ist alles möglich.

In dem Maße, wie meine Gedanken abdriften, sinkt auch meine Laune. Mist ey, wirklich! Wieso habe ich gestern nicht einfach den Bus genommen!? Und damit Paul seinem Schicksal überlassen? Nein, auf keinen Fall! Das war schon richtig so. Nur, wie es jetzt weitergeht, weiß ich auch nicht. Und zumindest Sophie wird mir da auch keine Hilfe sein, wobei es praktisch wäre, da sie das Objekt meiner Sehnsüchte kennt. Aber wozu habe ich noch andere Freundinnen und Freunde? Und zur Not noch eine kleine Schwester, die ohnehin jedes Mal ausflippt – im übertrieben positiven Sinne – wenn ich Interesse an einem anderen männlich anmutenden Geschöpf zeige.

 

Zusätzlich bemühe ich mich an diesem Tag erstmalig seit... langer Zeit, meinen Mitschülern mal etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Schnell stelle ich fest, dass die meisten sie immer noch nicht verdient haben. Die supercoolen Sportler, die Tussis, deren einzige Sorge eingerissenen Fingernägeln gilt und die sich unter einem halben Meter Schminke verstecken (Zugegeben, in meiner Szene ist das auch nicht unüblich, sogar bei Männern. Aber wir sehen wenigstens noch so aus, als läge unser IQ über Toastbrot.), die stillen, uauffälligen Mitläufer und dann die durch ihre schon zu unauffällige Art auffälligen Außenseiter, die oftmals das Gegenteil zu den Sportlern und Tussen bilden. Obwohl Sophie ihn in diese Kategorie einsortiert hat, würde ich Paul nicht direkt als Außenseiter bezeichnen. Er wirkt durchaus gepflegt, die Klamotten sind zwar nicht der aktuellen Mode entsprungen, aber auch nicht ganz schlimm aus der Art springend. Andererseits sucht er zu niemandem Kontakt, die beiden Jungs vom Morgen kann ich auch nirgendwo sehen. Entweder haben wir keine Kurse zusammen, oder sie sind in einem anderen Jahrgang. Schwer zu sagen.

Lustigerweise entdecke ich neben dem hübschen Blonden, der mir zu Anfang der Stunde kurz zugelächelt (und damit meine innere Maschinerie zum Erliegen gebracht hat) noch einen Emo, der mir bislang völlig entgangen ist. Wäre ich jetzt gemein, würde ich sagen '2005 hat angerufen und will seinen Style zurück'. Aber ich bin ja nicht gemein. Nur verwundert, wohin eigentlich diese jugendkulturelle Erscheinung verschwunden ist, die ich nur noch in den Endzügen bewusst mitbekommen habe. Jetzt weiß ich nicht, ob ich mich alt oder sehr jung fühlen soll.

Ein Ellbogen bohrt sich unangenehm spitz in meine Rippen. Verärgert blicke ich zur Seite und Sophie ins Gesicht.

„Was?”, raune ich leise. Reißt mich einfach aus meinen Überlegungen, das unverschämte Weib.

„Du wirst beobachtet”, flüstert sie mir schelmisch grinsend zurück.

Hoffnungsvoll blicke ich zu Paul, doch der ist in seine Unterlagen vertieft. Was komisch ist, denn der Lehrer lamentiert gerade über unwichtigen Kram, den man sich weder aufschreiben, noch parallel etwas nachlesen muss. Kurz hebt der Kleine den Blick Richtung Lehrer, dann blättert er sehr geschickt um. Kurz erhasche ich einen Einblick in die Seite. Das sah verdächtig nach Zeichnungen aus. Ein Comic? Der liest ernsthaft im Unterricht Comics? Interessant. Sofort will ich wissen, was für einen. Superhelden? Männlich oder weiblich? Düstere Kriminalgeschichten oder lustige Satire? Ich beuge mich etwas weiter vor, doch natürlich ist das von der anderen Raumseite aus vergeblich.

„Doch nicht das Muttersöhnchen, du Idiot!”, zischt meine Sitznachbarin verärgert.”Guck mal weiter nach links. Unauffällig diesmal.”

Seufzend gebe ich mich geschlagen und lasse meine Augen wie zufällig nach links schweifen, tue so, als würde ich aus dem Fenster sehen und die städtische Landschaft betrachten. Tatsache, eins von den Mitläufermädels senkt etwas zu hektisch den Kopf, als ich mich in ihre Richtung wende. Hellbraune, schulterlange Haare im Pferdeschwanz, kaum oder sogar gar kein Make-Up, 08/15 Pullover der weder besonders prüde, noch sonderlich offenherzig wirkt.

Genauso nichtssagend zucke ich mit den Schultern und beende meine Musterung. „Und? Vielleicht hat sie ja Angst, dass wir sie beim nächsten Vollmond an Satan opfern oder so Bullshit.”

„Quatsch! So, wie die guckt, steht die auf dich”, widerspricht Sophie ziemlich überzeugt.

„Warum sollte sie? Die sieht nicht aus, als könnte sie mit unserer Szene etwas anfangen”, brumme ich wenig überzeugt.

Die Rothaarige zieht eine fast komplett weggezupfte Braue hoch und scheint sich zu fragen, wie schwer von Begriff ich eigentlich bin. Wenn es um so Kram geht? Sehr schwer, die Frage könnte ich ihr ehrlich beantworten. Ansonsten behaupte ich aber mal, ziemlich intelligent zu sein.

„Nur weil sie nicht so aussieht, heißt das nicht, dass sie uns zwangsweise blöd findet. Und vielleicht ist es ihr auch egal und sie findet dich trotzdem heiß? Oder gerade deswegen, weil du eben kein normalo Sunnyboy bist?”, versucht sie mir auf die Sprünge zu helfen.

„Hm. Pech, ich hab aber kein Interesse an ihr.” Für mich ist das Thema damit erledigt, am genervten Stöhnen von Sophie merke ich jedoch, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt wohl wieder damit anfangen wird. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, ist die Offensive. „Es tut mir ja wirklich Leid für die Kleine, aber mir ist aktuell eher nach jemand anderem. Also tu mir den Gefallen und hör auf damit.”

Sie will mir gerade antworten, als sich ein Schatten über uns legt. Der Schatten gehört zu unserem ziemlich schlecht gelaunt dreinblickenden Lehrer.

„Wenn die Herrschaften bitte aufpassen würden? Sonst können Sie ihr Kaffeekränzchen gerne auf dem Flur fortsetzen, mich entsprechendem Vermerk selbstverständlich.”

Ich will den eigentlich schon längst in Rente gehörenden, herablassend näselnden Typen gerade darauf hinweisen, dass 'Herrschaften' zu sagen und damit auch eine Frau zu meinen, nicht mehr zeitgemäß ist und alles andere als genderneutral, aber ich werde von einem Tritt gegen mein Bein davon abgehalten. Ich klappe meinen vorlauten Mund wieder zu und setze mein unschuldigstes Gesicht auf, als könnte ich kein Wässerchen trüben und hätte nicht kurz davor gestanden, mit diesem altmodischen männlichen Chauvinisten zu diskutieren. Eigentlich schade, ich mag Diskussionen, in denen ich mich im Recht sehe.

Mit seinem eingebildeten Triumph zufrieden stolziert der alte Mann zurück zur fast genau so alten Tafel und setzt seinen ebenfalls nicht mehr zeitgemäßen Frontalunterricht fort. Was bin ich froh, dass unsere Schulleitung sich um viele Nachwuchslehrer bemüht, die mal frischen Wind in die verstaubten Lehrräume bringt.

Um mich nicht weiter mit Sophie beschäftigen zu müssen, widme ich mich wieder meinen neugierig dreinblickenden Mitschülern. Ein paar böse Grimassen und die meisten stecken ihre Nasen wieder in ihre eigenen Angelegenheiten. Lediglich das für mich noch namenlose Mädchen wartet für meinen Geschmack einen Moment zu lange. Und Paul, der im Gegensatz dazu sein Comic gerne noch einige Sekunden länger hätte unbeachtet lassen können.

 

 

~*~

 

Wer bei dem Gespräch der vier Chaoten irgendwann nur noch Bahnhof verstanden hat: Nicht schlimm, es war nichts Wichtiges für die Story xD eigentlich passt sogar das Nicht-Verstehen gut hier rein. Dann aber mehr auf die Seite von Josh und allen anderen Schülern.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Usaria
2020-09-27T00:42:43+00:00 27.09.2020 02:42
Hallo Ana

Computerzeugs eben, gut das mein Mann auch so ein Nerd ist, somit konnte ich mir etwas zusammen reimen.
Du triffst Josh super! Voll die Klischees über die schwarze Szene!
Wenn sich die Geschichte weiter entwickelt und du Infoos braucht, bezüglich der schwarzen Szene, kannst gerne nachfragen, ich bin eine schwarze nicht mehr ganz so junge Lady, Ja ich liebe Gothic, Mittelalter und Metal.

Über die Beschreibung von dem ganzen Einhorn-Gitzer-Rosa-Wolken-Zeug, von Josh perfekt. Das waren auch meine Gedanken früher!Farbe! Iiii! Und bei schwarz gibt es wirklich Unterschiede und es stimmt wirklich zu einem nachtscharzen Samtrock passt nun mal kein rötlich-schwarzes Oberteil.
Antwort von:  Ana1993
29.09.2020 11:57
Ich komme ursprünglich irgendwie auch aus der Szene, war aber immer zu... stur um mich festzulegen und das wurde nicht so gerne gesehen und irgendwie hat es sich im Laufe der Jahre mit Job und meinem Hof dann verlaufen. Aber bei Josh habe ich mich bemüht, ihn halbwegs authentisch aufzubauen.

Schwarz passend abzustimmen ist oft viel schwerer als halbwegs bunte Outfits. Aber sowas von!
Von:  z1ck3
2020-08-09T09:26:43+00:00 09.08.2020 11:26
Sooo erstmal: Charly die Vernunft in Person hahahahahaha... Aber ansonsten hat Paul eine gute Beobachtungsgabe. Die Gespräche sind echt shallow. Kein Wunder wenn er sich einsam fühlt.

Und ich muss mal sagen ich finde es total erfrischend und nett dass ein Protagonist offen Bisexuell ist. Männliche bisexuelle Menschen sind viel zu selten vertreten in den Medien! Chapeau Madame. Mir gefällt die Story.
Mit Sophie kann ich noch nix anfangen. Ziemlich eingeschränktes und kindisches Denken, scheint es jedenfalls. We will see!
Antwort von:  z1ck3
09.08.2020 11:27
Oh ja Kommas waren heute ausverkauft!
Antwort von:  Ana1993
09.08.2020 12:50
Macht nichts, ich hab immer Kommas zu viel ;)

Naja, wenn es um andere geht, ist Charly das vielleicht xD

Streng genommen ist Joshua Pansexuell (schon in HidSec hatte ich ihn so angedacht), allerdings kann man die Unterschiede in einem inneren Monolog nur schwer herausarbeiten, wenn es nicht unglaubwürdig werden soll. Aber ja, mich nervt es ungemein, dass Männern/maskulinen Personen (um selber mal auf meine Sprache zu achten) jegliche Diversität abgesprochen wird. STRESSPICKEL krieg ich, wenn ich ständig höre/lese "aBEr iCh StaND doCH vOrhEr iMmEr aUf FrAUeN". Ja, kann ja sein. Schonmal dran gedacht, dass du Bi/Pan/Omni/Poly bist und stärker zu Frauen tendierst? Das eine schließt das andere ja nicht aus! *aufreg* *rumbrüll* *stühle schmeiß*
Und dass Männer auch asexuell sein können, ist gefühlt völlig ausgeschlossen. Das sind ja typischerweise nur Frauen...

Irgendwie tat es mir Leid, schon wieder ein Mädchen so eklig anzulegen xD Kathi kommt ja auch nicht immer gut weg. Aber Sophie brauch ich für ein bisschen Dramalama. Frauen können das einfach besser veranstalten.
Antwort von:  z1ck3
09.08.2020 23:08
Ah okay, da muss ich mich man nochmal reinlesen. Die Unterschiede zwischen Bi und Pan und Poly wollen mir nicht ganz klar werden. Bei Omni bin ich ganz raus. Jaja ich weiß schande über mein Haupt. Muss mich da mal noch durch arbeiten.

Das "vorher stand ich doch aber auf Frauen" ist ja einfach dem Umstand geschuldet, dass Hetero als "Norm" gilt und alles andere ja erstmal speziell und somit eventuell sogar unbekannt ist? Ich weiß, dass für mich Bisexuell erst ziemlich spät überhaupt ein Begriff war.... Und ich bin nun wirklich noch nicht alt. Aber bei uns war das halt nicht präsent. Ich kann mich nicht mal erinnern jemand offen schwulen/Lesbisch gekannt zu haben in der Schulzeit. Bzw nur Leute, die dann nach der Schule ihr cominh out hatten, bei denen man dann nicht überrascht war.
aaaaaber das sind halt alles Probleme die die LGBTA+ Szene hält kennt, die nicht sein sollten, aber man versteht den Hintergrund bei so doofen Aussagen.

Dramalama xD Sophie das Dramalama.... Jetzt stelle ich sie mir echt haarig vor xD
Antwort von:  Ana1993
10.08.2020 08:46
Bei Leuten die nicht in der Szene sind, erwarte ich auch nicht, dass sie mehr als Schwul/Lesbisch/Bi und Trans kennen.
Kurzfassung, die ich kenne und die in meinem Umfeld gebräuchlich sind (für alle die die Kommis mitlesen):
- Bi: fühlt sich zu zwei oder mehr Geschlechtern hingezogen, allerdings auf unterschiedliche Arten. Ich reagiere auf Männer, die ich heiß finde anders, als auf Frauen die ich attraktiv finde und bei androgynen setzt mein Hirn und Hormonhaushalt völlig aus. Und ja, Geschlecht ist nicht gleich gendertypisches Aussehen blabla. Aber das führt hier zu weit.
- Pan: fühlt sich zu zwei oder mehr Geschlechtern hingezogen, zu jedem auf gleiche Art. Pans haben das Klischee, jeden heiß zu finden, was natürlich Quatsch ist. Es ist mehr ein: "Boah, DIE Person da!" Völlig egal, welches Geschlecht/Geschl.-Identität
Omni und Polysexuell (nicht Polyamurös!) beziehen sich noch stärker auf diverse Geschlechtsidentitäten, Omni ist grob gesagt "alle", Poly ist "viele, aber nicht alle", wobei ich bei beiden nicht weiß, wie es mit der Art der Anziehung aussieht.
Das Fass zu den Geschlechtsidentitäten mach ich jetzt nicht auf, das wird ein zehn Seiten Monolog.

Bi kannte ich schon sehr früh, dass es auf mich passt wusste ich immerhin schon mit... 12? Oder so?
Der Rest kam jetzt erst, seit ich mich vor allem international in der Szene bewege xD und so langsam verliere ich den Überblick über die ganzen Labels. Und wenn die dann noch eigene "Flaggen" zur Erkennung haben... zum Pride-Month haben viele queere Instagramseiten jeden Tag eine andere Gruppe vorgestellt, angefangen bei denen hinter LGBTQIA und was soll ich sagen... 30 Tage haben nicht bei allen gereicht.

Zum googeln empfehle ich englischsprachige Seiten, die sind da meistens akkurater. Ich finde jetzt auf Anhieb kein komplettes Glossar, was für meinen Geschmack vollständig wäre, aber ich hab schon welche gesehen.
Antwort von:  z1ck3
10.08.2020 17:18
Also in der Szene bin ich nicht. Bi bin ich trotzdem. Nach der Erklärung bleibe ich bei Bi... Und wohl Demi aber darf man Bi und Demi gleichzeitig sein? Ich hab keine Ahnung.
Muss ich "in der Szene" sein um nicht hetero zu sein? Fragen über Fragen.
Aber am Ende finde ich es toll dass der Protagonist mal nicht hetero oder homosexuell ist sondern queer :)
Antwort von:  Ana1993
10.08.2020 18:47
So blöd wie ich mich oft ausdrücke, ist es ein Wunder dass meine FF verständlich sind...
In der Szene "aktiv unterwegs" trifft es eher.
Klar, kannst du. Bi wäre sozusagen die Art deiner Sexualität, Demi die Intensität. Du könntest auch noch zusätzlich Non-Binär sein als oder Transgender als Geschlechtsidentität UND Intersex, weil du von Geburt an körperlich gesehen Merkmale hast, die eigentlich für einen Mann typisch wären (reicht von zu viel Testosteron über die Anlage entsprechender Organe bis hin zu XY-Chromosomen, obwohl du als Frau eigentlich XX haben müsstest. Ganz verrückte Sache)
Antwort von:  z1ck3
10.08.2020 19:45
Ana erklärt die Welt! Ach ich nehme nur alles sehr genau, was jemand sagt. Deswegen hinterfrage ich manchmal Sachen, die für andere eigentlich schon klar sind. Aber danke :) ich lerne gerne neues!
Antwort von:  Ana1993
13.08.2020 21:13
Vor allem muss sich Ana kurz korrigieren, da hab ich Faulpelz nämlich falsch Copy&Paste benutzt:

PAN umschließt natürlich ALLE Geschlechter, allerdings ist es für die Anziehung irrelevant

OMNI umschließt ebenfalls alle, hier spielt das Geschlecht aber für die Attraktivität eine Rolle.

So, das ließ mir jetzt keine Ruhe ^-^°
Antwort von:  z1ck3
14.08.2020 00:32
Aaaaaaah danke fürs korrigieren! Habe noch nicht die Zeit gefunden mich tiefergehend damit zu beschäftigen


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