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„Los jetzt, wir gehen aus.“ sagte Misato, und sah Haruka streng an. Die lag auf dem Sofa und zappte sich zum hundertsten Mal durch das langweilige Fernsehprogramm. Misato warf ihr eine schwarze Jeans und ein TShirt zu.

„Anziehen. Jetzt.“ befahl sie, baute sich vor Haruka auf und stemmte eine Hand in die Hüfte.

„Keine Lust.“ brummte Haruka nur und schob die Kleider auf den Platz neben sich.

„Ist mir egal. Du liegst seit drei Monaten nurnoch auf meiner Couch und jammerst. Damit ist jetzt Schluss. Wir gehen.“ antwortete Misato, nahm Haruka die Fernbedienung aus der Hand und machte den Fernseher aus.

Haruka seufzte, rappelte sich auf, griff nach den Sachen die man ihr hingeworfen hat und trottete ins Bad.

„Also dann.“ hörte sie Misato noch murmeln, bevor sie dieTür hinter sich ins Schloss zog.

Sie sah in den Spiegel, und was ihr da entgegenstarrte, hatte mit der Haruka von vor vier Monaten nichts zu tun. Sie hatte dunkle Schatten um die Augen, ihre Haare standen wirr vom Kopf ab, und sie sah aus als hätte sie die letzten drei Monate nicht geschlafen. Haruka seufzte. Vielleicht lag Misato nicht so falsch.

Sie stieg in die Dusche, und das heisse Wasser prasselte auf ihren Kopf. Ausgehen. Menschen treffen. Eigentlich nicht das was sie heute Abend vorgehabt hatte. Andererseits war sie Misato etwas schuldig, schließlich hatte sie sie einfach so ohne zu fragen bei sich aufgenommen, als sie mitten in der Nacht vor ihrer Tür stand. Hatte sich ihre Geschichte angehört, tausendmal, und ihr ein Glas Gin Tonic in die Hand gedrückt wenn Haruka kurz davor war die Fassung zu verlieren. Haruka wusch sich die Haare, und als sie ein paar Minuten später frisch geduscht mit einem Handtuch um den Körper im dampfigen Badezimmer stand, fühlte sie sich tatsächlich besser. Sie griff nach den Klamotten die Misato ihr rausgesucht hatte, zog sich an, rubbelte sich die Haare mit dem Handtuch trocken und kämmte sich. Eine widerspenstige Strähne ploppte sofort wieder hoch, doch Haruka kümmerte sich nicht darum. Ihre Haare hatten sowieso ein Eigenleben, es hatte keinen Sinn sie in irgendeine Form zwingen zu wollen.

Sie ging zurück zu Misato ins Wohnzimmer, die demonstrativ die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

„Oh mein Gott, du bist ein Mensch!“ rief sie, stand auf und klopfte Haruka auf den Rücken.

„Bin stolz auf dich. Los jetzt, die anderen warten.“ Sie zog Haruka an der Hand in den Flur, stellte ihre Stiefel vor sie hin und zog ihre eigenen Turnschuhe an. Brav schlüpfte Haruka in ihre Schuhe, griff nach ihrer Lederjacke und zog sie im Gehen an.

„Ah, halt, Geldbeutel.“ murmelte sie, wühlte in ihrem Rucksack danach und schob ihn in die Hosentasche.

„Bereit?“ fragte Misato und lachte als Haruka den Kopf schüttelte. Dann verließen sie Misatos Wohnung und machten sich auf den Weg.
 

Misatos Auto war alt und klapprig, es gab seltsame Geräusche von sich und knirschte wenn man den Gang wechselte. Haruka musste trotz ihrer miesen Laune grinsen.

„Wann bringst du die Kiste mal in die Werkstatt?“ fragte sie. Misato zuckte mit den Schultern.

„Garnicht. Wenn sie irgendwann mal hinüber ist, kauf ich mir ein neues.“

„Ja, das ist wirtschaftlich.“ gab Haruka zurück.

„Mir doch wurscht.“ maulte Misato. „Kann ja nicht jeder so ne Luxuskarre fahren wie du.“

„Im Moment fahr ich garnichts.“ sagte Haruka leise.

Misato gab einen missbilligenden Ton von sich.

„Oh nein, das machen wir jetzt nicht. Wir kriegen jetzt nicht wieder die Krise!“ Sie streckte den Arm aus und tastete hinter Harukas Sitz herum. Gerade als Haruka nervös wurde, zog Misato ihren Arm wieder hervor, in der Hand eine Dose Red Bull.

„Mach auf.“ befahl sie.

Es zischte und spritzte ein bisschen als Haruka die Dose öffnete, und sofort breitete sich der pappsüße Chemie-Geruch im Auto aus. Misato machte eine eigene Dose auf und jonglierte sie gekonnt in derselben Hand mit der sie das Lenkrad hielt. Gleichzeitig tippte sie auf ihrem Handy herum und suchte die passende Musik aus. Haruka trank ein paar Schlucke und ihre Laune wurde tatsächlich besser.

„Wo fahren wir überhaupt hin?“ fragte sie, während Misato knirschend einen höheren Gang einlegte.

„Viele Grüße vom Getriebe.“ sagte Haruka lakonisch.

„Das Getriebe kann mich.“ gab Misato zurück. „In´s Alpha, wenn du keine bessere Idee hast.“

Haruka schüttelte den Kopf. Ihr war alles recht. Sie trank weiter ihren Red Bull und sah aus dem Fenster. Es war bereits dunkel, die Straßenlaternen flogen an ihr vorbei und sie legte den Kopf an die Scheibe. Michiru war gern nachts gefahren, wenn alles ruhig und finster war.

„Wir denken jetzt NICHT darüber nach ob Michiru gern Auto fährt oder nicht.“ schimpfte Misato und stieß Haruka ihren Ellbogen in die Seite.

„Aua!“

„Stell dich nicht so an, das hat nicht weh getan.“ gab Misato zurück und fuhr auf die Autobahn zur Stadt.

„Ich WEISS wann du an sie denkst, also versuchs garnicht erst.“ fügte sie hinzu und sah Haruka streng von der Seite an.

„Yes Mam.“ antwortete Haruka.

„Du hattest genug Zeit dir leid zu tun, du solltest langsam mal in die Wut-Phase übergehen.“

„Yes Mam.“

„Sie hat dich abgeschossen, weil ihre Eltern nicht mit dir einverstanden waren! Hallo? Wo leben wir denn, 1890 oder was?“ schimpfte Misato weiter.

Haruka seufzte. Sie hatte ja Recht. Aber ganz so einfach war es eben nicht, jedenfalls nicht wenn man Kaioh hieß. Da galt es nicht nur den Ruf zu wahren, sondern eben auch die politisch richtigen Entscheidungen zu treffen. Mit ihr zusammen zu bleiben, wäre für die Kaiohs politischer Selbstmord. Das hatte Michiru schlussendlich einsehen müssen, und jetzt traf sie sich mit einer politisch einwandfreien Frau aus demselben Kreis aus dem sie selbst kam. Haruka konnte ihr nicht böse sein. Michiru war schon immer vernünftig gewesen, und hatte Opfer für ihre Familie gebracht. Sie hatte rational entschieden, und das konnte man ihr nicht vorwerfen.

Haruka trank den letzten Schluck aus und drehte die Dose in der Hand. Misato pfiff die Musik mit, hatte offenbar beste Laune und freute sich auf den Abend. Vielleicht war es wirklich Zeit mit dem Selbstmitleid aufzuhören. Haruka machte die Musik lauter und zog einen Fuß auf den Sitz.

„Ja Mann, so mag ich das.“ lobte Misato. Haruka grinste sie an, woraufhin Misato sich demonstrativ panisch an die Brust fasste.

„Oh mein Gott, sie lacht, das gabs ja schon lang nichtmehr!“ rief sie, und Haruka zeigte ihr den Mittelfinger.

Sie fuhren von der Autobahn ab und Misato lenkte die Schrottkiste durch die Stadt.
 

Kurze Zeit später parkten sie ein paar Querstraßen von der Bar entfernt. Haruka stieg aus und atmete tief ein. Die Nacht war kalt und sie zog den Reißverschluss ihrer Jacke zu. Misato sperrte das Auto ab, hakte sich bei Haruka ein und zog sie Richtung Bar.

„Setsuna wartet schon, die Frau ist so ungeduldig, echt.“ brummte sie nachdem sie ihr Handy kontrolliert hatte. „Ich habe ungelogen sieben Nachrichten von ihr!“ Sie hielt Haruka das Handy vor die Nase.

„Ja, Geduld war noch nie ihre Stärke.“ Haruka lachte als sie die vorwurfsvollen Nachrichten las.

„Ich antworte jetzt mal garnichts.“ beschloss Misato, steckte das Handy in ihre Hosentasche und lachte.

„Sie wird dich töten.“ wandte Haruka ein. „Die sieht doch dass du die Nachrichten gelesen hast.“

„Mir doch egal.“

Sie bogen um die letzte Straßenecke und sahen Setsuna schon von weitem genervt auf ihr Handy starren.

„Hallo schöne Frau.“ rief Misato ihr zu und Setsuna sah irritiert hoch. Misato winkte ihr zu und Setsuna riss die Arme hoch.

„Wir haben 22 Uhr ausgemacht!“ rief sie ihr vorwurfsvoll entgegen. Misato machte sich von Haruka los und lief die letzten Meter zu Setsuna. Haruka folgte ihr.

„Nicht meine Schuld. Miss Ich-hab-keinen-Bock wollte sich drücken.“ Misato umarmte Setsuna, die ein unzufriedenes Brummen von sich gab. Das stimmte zwar nicht, doch Haruka hütete sich etwas zu sagen. Sie wollte nicht dass Setsuna wütend wurde, nur weil Misato sich mal wieder in der Zeit verschätzt hatte. Also nahm sie die Schuld einfach auf sich, entschuldigte sich bei Setsuna für die Wartezeit und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

„Na gut, ich verzeihe dir.“ sagte sie. Dann gingen sie zum Eingang und schoben sich an einer Gruppe betrunkener Touristinnen vorbei hinein in die schummrige Bar.

„Wieso bist du eigentlich nicht reingegangen?“ wollte Misato wissen. „Du hättest schonmal was zu trinken bestellen können, jetzt müssen wir ewig warten.“

„Wenn du auf Nachrichten antworten würdest, anstatt sie zu ignorieren, hätte ich gewusst wann ihr kommt und hätte dementsprechend schon bestellt. Es bringt aber nichts, auf Verdacht zu bestellen und dann drei warme Gin Tonic mit geschmolzenem Eis zu haben.“ erklärte Setsuna betont ruhig.

„Da hat sie Recht.“ stimmte Haruka zu. Sie drängten sich zur Theke durch und bestellten drei Gin Tonic.

Mit den Gläsern in der Hand suchten sie sich einen Platz an einem der Stehtische und stießen an.

„Auf den Tag an dem Haruka aus der Höhle kroch.“ rief Misato, Setsuna lachte und ließ ihr Glas an Misato´s klirren.

„Wohl eher aus der Höhle gezerrt wurde.“ maulte Haruka, stieß ebenfalls an und trank einen großen Schluck. Der Alkohol brannte in ihrem Hals, und sie schüttelte sich. Dann nahm sie noch einen Schluck und sah sich in der Bar um. Sie erkannte ein paar Gesichter und winkte, hatte aber keine Lust hinüber zu gehen und mit ihnen zu reden. Sie lehnte sich an die Wand und sah den Leuten beim Tanzen zu. Langsam besserte sich ihre Laune, was hauptsächlich am Alkohol lag. Jedesmal wenn ihr Glas leer wurde, drückte ihr Setsuna ein neues in die Hand, und schon bald hatte Haruka den Überblick verloren.

„Wie kommen wir eigentlich wieder heim?“ rief sie Misato zu, die mindestens genauso viel getrunken hatte wie sie selbst. Misato zuckte mit den Schultern.

„Taxi? Uber? Beamen? Was weiß ich!“ rief sie zurück und Haruka lachte.

„Könnt ja bei mir schlafen.“ warf Setsuna ein.

„Bei?“ fragte Misato und rückte ein Stück näher an Setsuna heran, die ihr mit dem Zeigefinger an die Stirn tippte.

„Ja, bei. Nicht mit.“ sagte sie mich Nachdruck. Misato rückte wieder weg.

„Na dann, kein Interesse.“ sagte sie und trank ihr Glas aus.
 

Wenig später machte Haruka sich schwankend auf den Weg zur Toilette. Sie quetschte sich an ein paar Mädchen vorbei und wurde rot als eine Frau anbot sie zur Toilette zu begleiten. Sie schüttelte den Kopf und sah der Frau hinterher als sie in der Menge verschwand. Für sowas war Haruka noch nie der Typ gewesen, und sie konnte sich auch nicht vorstellen dass Sex auf einem schmutzigen Klo in einer Bar toll sein sollte.

Als sie die Toilette wieder verließ, traf sie die stickige Luft in der Bar wie ein Schlag ins Gesicht. Sie schob sich durch die tanzenden Leute wieder zurück in Richtung Theke, um sich noch etwas zu trinken zu holen. Zur Abwechslung mal ohne Alkohol. Suchend sah sie sich nach Misato und Setsuna um, die nicht mehr dort standen wo sie sie zurückgelassen hatte. Sie wurde hin und hergeschoben, die Musik dröhnte in ihren Ohren. Ein Lied das sie noch nie gehört hatte, das aber wirklich gut klang. Irgendwas mit „forget myself“, mehr verstand Haruka nicht. Trotzdem ließ sie sich von der Melodie mitreissen, und bewegte sich im Takt hin und her. Der Song ging in einen ruhigen Teil über, ein Klavier spielte die Melodie allein weiter. Plötzlich teilte sich die Menge vor Haruka, und gegenüber, auf der anderen Seite der Tanzfläche, stand sie. Sie lachte, hielt einen Cocktail in der Hand und sah wunderschön aus. Michiru trug ein weisses Kleid, das im bunten Lichtgewitter leuchtete. Sie wiegte sich im Takt mit der Musik, strich sich die Haare aus der Stirn und trank einen Schluck. Haruka stand da wie vom Donner gerührt. Niemals hätte sie damit gerechnet gerade hier auf Michiru zu treffen. Sie wollte im Boden versinken, sich unsichtbar machen und sich unter einem Stein verstecken. Doch es war zu spät.

Michiru drehte den Kopf und sah genau zu ihr herüber.
 

Der Bass setzte wieder ein, Haruka spürte ihn deutlich in ihrem Magen. Ihr ganzer Körper vibrierte, ein hoher Ton pfiff in ihren Ohren und sie war nicht sicher ob sie hätte weglaufen können wenn sie gewollt hätte. Wie versteinert sah sie Michiru an, die sich mittlerweile wieder ihrer Begleiterin zugewandt hatte. Sie tat als ob sie Haruka nicht gesehen hätte. Es tat weh. Gerade als Haruka ihre Beine wieder unter Kontrolle hatte und flüchten wollte, drehte Michiru sich wieder zu ihr um und kam näher. Sie bahnte sich einen Weg quer über die Tanzfläche und ging direkt auf Haruka zu.

Wo war Misato wenn man sie brauchte? Sie hätte sofort eingegriffen, Haruka weggezogen oder Michiru den Weg abgeschnitten. Doch Misato war nirgends zu sehen. Michiru kam näher, winkte Haruka zu. Schließlich stand sie vor Haruka, lehnte sich nah an sie heran und umarmte sie. Harukas Haut prickelte. Sie roch Michirus Parfüm, den Duft ihrer Haut und ihrer Haare und Bilder schossen ihr durch den Kopf. Michiru, nackt und müde, eingerollt in Harukas Armen.

Nie wieder würde sie sie so sehen dürfen, dieses Privileg gebührte einer Anderen.

„Hey. Was machst du denn hier?“ fragte Michiru, sie klang überrascht.

Was machte sie hier? Was hatte sie hier verloren? Ob Misato wusste dass Michiru hier war?

„Misato hat mich gezwungen.“ sagte sie mechanisch. Michiru lächelte. Dieses Lächeln, wie sehr es ihr fehlte. Ihr Hirn spielte ihr eine Zusammenfassung ihrer Beziehung vor, wie ein Film zogen die Momente vor Harukas innerem Auge vorbei. Faule Sonntage im Bett, gemeinsames Baden, Nachmittage in Michirus Atelier wo sie malte oder Geige spielte, während Haruka ihr entweder zusah oder las. Wie sie jeden Abend für Michiru gekocht hatte, und Michiru geschworen hatte dass sie nie besser gegessen hatte, in keinem Restaurant der Welt. Michiru, wie sie sich Abends an sie kuschelte, zufrieden einschlief und im Schlaf immer näher heranrückte. Michiru wie sie sich morgens die Haare kämmte. Lauter kleine Dinge die sie jeden Tag getan hatten, die so unwichtig erschienen waren und die sich jetzt wie feine Goldadern durch Harukas Gedächtnis zogen.
 

„Wie gehts dir?“ wollte Michiru wissen. Darauf hatte Haruka keine Antwort. Sie lebte, das war eigentlich alles. Wie es ihr ging. Das setzte voraus dass sie etwas fühlte, und seit dem Abend an dem Michiru ihr erklärt hatte warum sie nicht weiter zusammen sein konnten, fühlte sie nichtsmehr. Haruka aß wenn Misato ihr sagte sie sollte essen, trank wenn man es ihr sagte und tat ansonsten nichts um den Eindruck zu erwecken ein funktionierender Mensch zu sein.

„Geht.“ antwortete sie einsilbig. Sie spürte wie Michirus Anblick ihr die Kehle zuschnürte, und hoffte dass sie nicht die Fassung verlieren würde solange Michiru noch vor ihr stand.

Anscheinend verstand Michiru ihre Einsilbigkeit als Ablehnung, denn sie lächelte unsicher, wünschte ihr noch einen schönen Abend und ging wieder hinüber zu ihrer Freundin.

Haruka beobachtete wie sie die fremde Frau am Arm nahm und zum Ausgang zeigte. Wer Michirus Neue war wusste Haruka nicht, aber sie sah unverschämt gut und unverschämt reich aus. Neben ihr konnte Haruka nur verlieren, das war klar.
 

Michiru wandte sich noch einmal um, bevor sie und ihre Freundin die Bar verließen. Das war zuviel für Haruka. Alles verkrampfte sich in ihr, die Tränen schossen ihr in die Augen und sie drängte sich hektisch von der Tanzfläche herunter zu dem Platz an dem sie vorhin gestanden hatte. Misato und Setsuna waren wieder da, als wären sie nie weg gewesen.

„Was ist denn mit dir los?“ rief Misato ihr entgegen und Setsuna musterte sie mit gerunzelter Stirn.

„Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ sagte sie und blickte sich um. Doch Michiru war schon weg.

Haruka griff nach ihrer Jacke, und flüchtete aus der Bar. Misato rief ihr nach, doch Haruka ignorierte sie. Nur weg, das war alles was sie wollte.

Sie rannte praktisch aus der Bar, zog im Laufen ihre Jacke an und rempelte ein paar Leute an die lautstark protestierten. Haruka lief weiter, ohne zu registrieren wohin. Nach ein paar Minuten blieb sie stehen. Es regnete, bisher hatte sie das nicht einmal gemerkt. Ihre Haare hingen ihr klatschnass im Gesicht, und kaltes Wasser lief ihren Rücken hinunter.

Langsam ging sie weiter, durch einen Teil der Stadt den sie nicht kannte. Sie bog links und rechts ab ohne zu wissen wohin. Menschen, die so spät noch unterwegs waren, starrten sie an, doch das war Haruka egal. Sie kümmerte sich nicht darum wie sie aussah oder ob sie den Eindruck erweckte ein Penner zu sein, der eine teure Lederjacke gestohlen hatte.

Die Jacke hatte Michiru ihr geschenkt.

Michiru war untrennbar mit ihrem Leben verwoben, sie war überall. Sie hatte Haruka so stark beeinflusst wie kaum ein Mensch zuvor. Die Art wie sie sprach, wie sie sich anzog, sogar ihr Parfum hatte sie danach ausgesucht ob es Michiru gefallen würde.

Wieder blieb Haruka stehen. Niemals würde sie sich von Michiru trennen können. Dazu müsste sie sich in Stücke reissen und tausende Splitter sortieren. Und was würde dann noch von ihr übrig bleiben?

Die Welt begann sich um sie herum zu drehen. Ob der Alkohol daran Schuld war oder die plötzliche Erkenntnis dass sie niemals fähig sein würde ohne Michiru zu leben, wusste Haruka nicht. Bisher war sie nur traurig gewesen, jetzt stürzte ihr Leben zusammen. Wie in einem Katastrophenfilm brach alles in sich zusammen, es war als platzte die Blase in der Haruka bis jetzt gelebt hatte.

Sie setzte sich einfach auf den Boden, es war ihr egal dass ihre Jeans nass wurde und die Kälte durch den Stoff kroch.

Zwei Minuten. Länger dauerte das Treffen mit Michiru nicht, und trotzdem schaffte sie es, Haruka zu zerbrechen.
 

Plötzlich lag eine Hand auf ihrer Schulter. Eine kleine, warme Hand. Haruka hob den Kopf und war sicher, verrückt geworden zu sein. Vor ihr stand Michiru. Sie war nass bis auf die Knochen, ihr Kleid klebte an ihr wie eine zweite Haut, ihre Schuhe waren total ruiniert. Seltsamerweise schoss Haruka durch den Kopf dass diese Schuhe wahrscheinlich mehr gekostet hatten als sie im Monat verdienten.

„Da bist du.“ stieß Michiru hervor, kniete sich neben Haruka auf den Boden, schlang ihre Arme um Harukas Hals und presste sich an sie. Michiru zitterte und Haruka nahm sie ebenfalls in den Arm.

„Es tut mir leid. Ich weiß nicht warum ich auf sie gehört habe. Du fehlst mir so, ich liebe dich.“ flüsterte Michiru in Harukas Ohr, und erst jetzt merkte sie dass Michiru weinte. Sie schob sich auf Harukas Schoß, streichelte ihr Gesicht, legte ihre Hände an Harukas Wangen und küsste sie. Haruka ließ sich küssen, legte ihre Arm um Michirus Hüfte, zog sie noch enger an sich und wünschte sich nie wieder aufzuwachen, sollte das alles nur ein Traum sein.

„Willst du mich noch?“ fragte Michiru und Haruka fühlte wie ihr Herz einen Schlag aussetzte.

„Ich wollte nie etwas anderes.“ antwortete sie, und Michiru lachte erleichtert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Michiru_Kaioh_83
2023-01-03T14:22:14+00:00 03.01.2023 15:22
Eine wunderschön erzählte Kurzgeschichte :) sehr gefühlvoll und gut geschrieben. <3


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