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Indestructible

Cato x Clove
von

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Teil 1: Der Mentor – Kapitel 2

Der Zug setzte sich gerade in Bewegung, da war das violette Jackett auch schon ausgezogen und gegen die nächste Wand gepfeffert. Er hasste die Klamotten aus dem Kapitol. Und auch wenn die Arbeit seines Stylisten halbwegs akzeptabel war fühlte er sich in diesen knallbunten Stofffetzen immer wie auf einem Kostümball. Im Ernst – violett?

 

Cato öffnete mit flinken Bewegungen den Knoten der Krawatte und warf sie ebenfalls beiseite. Das Hemd, das er trug, war wenigstens weiß. Die goldenen Knöpfe konnte er gerade noch ignorieren. Die schwarzen spitzzulaufenden Lackschuhe konnte er auch nicht weit genug von sich schleudern. Lola, seine Kapitolbegleiterin sah ihn mit gehobenen Augenbrauen tadelnd an. Ihr Mund war eine schmale Linie. Anscheinend kostete es sie all ihre Beherrschung die Worte, die sie ihm an den Kopf schmettern wollte, zu unterdrücken.

 

Er beachtete sie nicht. Er war ein Sieger, er konnte tun und lassen was er wollte. Schwer seufzend, als läge die komplette Last der Welt auf seinen Schultern, ließ er sich auf dem freien Platz neben seinem Mentor nieder. Schnell öffnete er noch die obersten zwei Knöpfe seines Hemdes, dann legte er die gekreuzten Beine auf den Tisch, woraufhin Lola nur frustriert den Kopf schüttelte, von ihrem Platz aufstand und das Abteil verließ. Endlich fühlte er sich wieder wie ein Mensch. Wie ein Mensch aus Distrikt 2. Und nicht wie so ein lächerlicher dahergelaufener Pimpf aus dem Kapitol. Auch wenn sie ihn so kleideten, als wäre er einer von ihnen, er würde nie einer von ihnen sein. Da konnten sie ihn in ach so lächerliche Klamotten stecken. Sie konnten vielleicht das Optische verändern, aber nie seinen Charakter.

 

Dass sich der Zug bewegte war kaum zu spüren, obwohl er mit rasender Geschwindigkeit über die Gleise sauste. Nicht ein Ruckeln oder Schaukeln. Schon in wenigen Minuten würden sie Distrikt 3 hinter sich lassen.

 

„Hast du ihn gesehen? Den Hass in ihren Augen?“, fragte Cato seinen Mentor mit monotoner Stimme. „Ich habe ihre Kinder ermordet und muss mein Beileid heucheln.“ Er schnaubte. „Ich bin froh, wenn dieser Quatsch vorbei ist.“ Trotzig verschränkte er die Arme vor der Brust. Auf dem großen Bildschirm, der an der Wand hing, liefen bereits die ersten Wiederholungen der heutigen Siegesfeier.

 

Die Hungerspiele lagen inzwischen sechs Monate zurück und wie für jeden Sieger endeten die Feierlichkeiten nicht mit der Krönung, sondern erst nach der Siegestour. Der amtierende Sieger reiste durch alle zwölf Distrikte, beginnend mit Distrikt 12, und näherte sich immer weiter dem Kapitol, wo die letzte Siegesfeier stattfinden sollte. Der Sieger hielt eine Rede, bekundete sein Beileid bei den Familien der verstorbenen Tribute und traf die amtierenden Sieger des Distriktes. So wurden die ersten Bande zu den anderen Siegern geknüpft. Alles wurde natürlich live übertragen und zu einem wichtigen Schauspiel erkoren. Alles nur, um den Sieger zu ehren, um das Kapitol zu ehren und, wie sollte es anders sein, um an die Hungerspiele zu erinnern.

 

Brutus, der die Siegestour selbst als Sieger und einige Male aus der Sicht des Mentors erlebt hatte, wusste, wie nervig diese Veranstaltungen sein konnten. Ob man Bock hatte oder nicht, man musste immer schön lächeln und irgendwelche Reden vorlesen, die man nicht einmal selbst geschrieben hatte und sich mit Leuten unterhalten, die man gar nicht kennenlernen wollte. Allerdings wusste er auch, dass man dabei auch durchaus seinen Spaß haben konnte.

 

„Distrikt 3 war langweilig“, stimmte er mit seiner tiefen Stimme zu, während er eine Flasche Whiskey öffnete und zwei Gläser damit füllte, in denen bereits Eiswürfel klirrten. Auch er steckte in der Garderobe, die ihm sein Stylist ausgesucht hatte: ein dunkelblauer, leicht schimmernder Anzug. Nicht so auffällig, wie der von Cato, aber schließlich war er auch nicht der Star des Tages. „Ich habe ehrlich gesagt auch nichts anderes erwartet.“ Brutus verschloss die Flasche, stellte sie in den Kübel voller Eiswürfel auf dem Tisch und reichte seinem Schützling eins der Gläser. „Als nächstes kommt Distrikt Eins“, sagte er, während er mit Cato anstieß. „Da geht immer die Party ab!“ Brutus leerte sein Glas in einem Zug. „Distrikt Eins weiß wie man feiert.“

 

„Aha“, antwortete Cato nur unbeeindruckt, ehe er auch seinen Whiskey trank. Distrikt 1 wäre morgen an der Reihe. Sie würden die Nacht über fahren und wenn er morgen aufwachte, wären sie bereits da. Kurz sah er die Gesichter von Marvel und Glimmer vor sich, seine beiden ehemaligen Verbündeten. Auch ihre Familien würden trauernd auf der Bühne stehen. Wie gerne würde Cato ihnen ehrliche Worte an den Kopf werfen – wie dumm ihre Tochter gewesen war, die Beeren zu essen oder wie schwach ihr Sohn gewesen war, der letztendlich keine Chance gegen ihn gehabt hatte. Als Cato am ersten Tag der Siegestour seinem Mentor gegenüber fies grinsend verkündete, er wolle seine Reden auf seine Art halten, hatte Brutus ihm nur einen Klaps auf den Hinterkopf gegeben und gebrummt: „Sei nicht dämlich, Junge! Regeln sind Regeln.“

 

Deshalb schrieb Brutus die Reden für ihn und Cato las sie brav vor. Das sarkastische Lächeln oder das arrogante Grinsen bei diesem oder jenem Satz konnte er sich trotzdem nicht verkneifen.

 

Cato musste schon zugeben, dass es interessant war, die anderen Sieger kennenzulernen. Die aus den äußeren Distrikten waren fast alle alt, verrückt oder drogenabhängig, aber in den kommenden Distrikten, die aus 1 und 2 wollte er unbedingt kennenlernen. Die beiden Distrikte hatten nämlich in der Geschichte der Hungerspiele mit Abstand die meisten Sieger hervorgebracht. Natürlich kannte er inzwischen die meisten aus seinem eigenen Distrikt. Doch mit der Siegesfeier hatte es irgendwie etwas … Offizielles. So wurde es noch deutlicher, dass er nun zu ihnen gehörte.

 

Kurz nach seinem Sieg hatte Cato sein Haus im Dorf der Sieger bezogen und er musste schon sagen, dass es sich dort aushalten ließ. Von nun an hatte er keine Sorgen mehr. Das Kapitol versprach ihm alles, was er begehrte: Reichtum (er besaß nun so viel Geld, wie er nie im Leben ausgeben könnte), Nahrung (das Kapitol versorgte ihn sein Leben lang – nicht, dass er je hatte Hunger leiden müssen) und die Freiheiten eines Siegers – er konnte reisen, wohin er wollte, er konnte machen, was er wollte – solange er sich an die Regeln hielt. Außerdem bekam er noch Schutz für sich und seine Familie.

 

Der Bildschirm zeigte die Sieger aus Distrikt 3. Gerade einmal fünf Sieger, drei Frauen und zwei Männer. Cato erkannte die beiden, die den Tributen, die er getötet hatte, als Mentoren zugeteilt gewesen waren.

 

„Man kann nicht gerade behaupten, dass sie einen guten Job gemacht haben“, behauptete Cato süffisant, bevor er auch sein Glas leerte und es auf den Tisch stellte. Manche der Mentoren hatten die Arena nur durch Glück überlebt, weil sie entweder am besten schwimmen oder sich am besten verstecken konnten. Solche Leute waren als Mentoren eigentlich unqualifiziert. Eigentlich. Die Regeln besagten jedoch, dass die Aufgabe des Mentors von einem ehemaligen Sieger ausgeführt werden musste. Distrikt 12 hatte sogar nur einen einzigen Sieger, sodass es gar keine Alternative gab.

 

„Hast du schon einmal darüber nachgedacht?“, fragte Brutus. Er hielt sein leeres Whiskeyglas immer noch in der Hand, schwang es gedankenverloren hin und her, sodass die halb aufgetauten Eiswürfel darin leise gegen das Glas klirrten. Sein Blick musterte neugierig seinen Tribut. „Willst du auch mal ein Mentor werden?“

 

Cato schnaubte. „Ganz bestimmt nicht!“ Natürlich hatte er schon mal darüber nachgedacht. Seine blauen Augen verengten sich leicht, als er es sich vorstellte. Vermutlich würde er schon nach einem Tag bei einem unfähigen Tribut die Beherrschung verlieren und ihm den Hals umdrehen. Ha, nein, für diesen Job war er viel zu temperamentvoll. Außerdem hatte er besseres vor, als seine Zeit mit dem Trainieren von mickrigen Tributen, die in seine Fußstapfen treten wollten, zu verschwenden.

 

„Wieso nicht?“, fragte Brutus ruhig. Vermutlich hatte er mit dieser Antwort bereits gerechnet.

 

„Wieso?“ Cato sah ihn stirnrunzelnd an. Das fragte der noch? „Ich habe keine Lust!“, sprach er die Wahrheit aus. Unbekümmert zuckte er mit den Schultern. Cato interessierte sich nur für sich selbst. In der Arena hatte er es ihnen allen erst bewiesen: Ohne mit der Wimper zu zucken hatte er seinen Verbündeten, na gut, ehemaligen Verbündeten, abgeschlachtet. Es hatte ihm nichts ausgemacht, den Tod von dreiundzwanzig anderen Kindern in Kauf zu nehmen, nur um den Ruhm und die Ehre zu erhalten, nach der er sich so sehr verzehrte. Er wollte nicht anderen helfen, die Spiele zu gewinnen. Er wollte nur sich selbst zufrieden stellen. Was in den nächsten Jahren in den Spielen passieren sollte, würde er nur milde interessiert auf dem Bildschirm beobachten. Er hatte seinen Teil erfüllt. Er hatte seinem Distrikt Stolz und Ehre gebracht.

 

„Ha!“, sagte Brutus. „Wenn jeder so egoistisch wäre wie du, gäbe es überhaupt keine Mentoren mehr.“

 

Cato zuckte abermals mit den Schultern. Natürlich war er egoistisch. Das wurde einem in Distrikt 2 in die Wiege gelegt.
 

„Stell dir vor, ich wäre kein Mentor geworden. Dann hätte ich dich nie trainiert. Dann wärst du nie so gut geworden.“ Brutus beugte sich zu ihm vor und flüsterte schon fast: „Dann wärst du jetzt kein Sieger.“

 

Aber das beeindruckte seinen Schüler nicht. „Das ist was komplett anderes. Du bist der perfekte Mentor. Ich kann mir keinen besseren vorstellen, als dich.“ Seit er Brutus kannte sah er zu ihm auf. Sein Mentor war mehr, als nur sein Trainer, er war ein Vorbild, ein Ansporn, eine Bezugsperson. Ja, Cato war ihm dankbar, für all das, was er ihm beigebracht hatte. Ohne ihn wäre er heute nicht hier. Und dennoch …

 

„Ist ja nicht so, als müsste ich das jetzt entscheiden“, sagte Cato. Er griff nach dem Whiskey und schenkte beide Gläser wieder voll. Als er die Flasche zurück in den Krug steckte griff er sich eine Handvoll Eiswürfel und ließ sie in die Gläser plumpsen. Cato lehnte sich mit dem Glas in der Hand wieder zurück und wollte es gerade an seine Lippen führen, als er die nachdenklichen Augen seines Mentors auf sich ruhen spürte. Cato sah ihn an und versuchte den Blick zu deuten.

 

„Wieso sprichst du das Thema überhaupt an?“, fragte er mit einem mulmigen Gefühl. Für Cato war das Thema erledigt. Er wollte kein Mentor sein. Punkt. Es gab in Distrikt 2 genügend lebende Sieger, die in den nächsten Spielen die Tribute betreuen konnten, sollte Brutus diesen Job nicht mehr machen wollen oder nicht mehr dazu in der Lage sein.

 

Brutus antwortete nicht. Er sah ihn nur an, seine Mimik undefinierbar.

 

„Brutus?“, fragte Cato mit bohrendem Unterton. Der Griff um sein Whiskeyglas verstärkte sich bereits.

 

„Ich werde als Mentor zurücktreten“, antworte er schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit. Seine grauen Augen begegneten vollkommen ruhig den blauen ihm gegenüber.

 

„Und?“, fragte Cato gepresst. Er wusste, dass das noch nicht das Ende der Geschichte war.

 

„Ich werde dich als meinen Nachfolger vorschlagen.“

 

Cato starrte ihn mehrere Sekunden an, ehe er sich mit geschlossenen Augen genervt die Nasenwurzel rieb, den Kopf schüttelte und dann den Whiskey hinunterkippte. „Nein“, antwortete er entschieden. Er schüttelte auch weiterhin den Kopf, während Brutus seinen ewig langen Monolog vortrug, von wegen „Du bist der Beste, Cato“ und „Ich kann mir keinen Besseren vorstellen als dich, Cato“.

 

Anscheinend stimmten die Gerüchte, die man sich im Distrikt über Brutus erzählte. Der einst so furchteinflößende und brutale Brutus war inzwischen alt und sesshaft geworden. Vor zwei Jahren hatte er geheiratet und seine Frau hatte kurz nach dem Ende der 74. Hungerspiele ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt gebracht. Jetzt stand wohl die Familie für ihn an erster Stelle.

 

Aber Cato dachte ja gar nicht daran! Sollte Brutus sich doch einen anderen Nachfolger suchen. Es gab genügend andere Sieger, die diesen Posten mit Kusshand übernehmen würden. Vielleicht würde er irgendwann auch mal Mentor sein wollen, sein Wissen an die nächste Generation weitergeben und sowas, aber doch noch nicht jetzt! Jetzt wollte er sich erst einmal amüsieren.

 

„Nein!“, sagte Cato entschieden. „Und hör jetzt endlich auf zu reden, ehe ich sauer werde.“ Die Ader an seiner Stirn pochte nämlich schon gefährlich.

 

„Sieh dir den Tribut wenigstens an“, beharrte Brutus, der sich von seinem Schüler nicht einschüchtern ließ. Auch wenn Cato stark war, Brutus war ebenso kräftig und gefährlich. „Er ist wirklich beeindruckend.“ Er sprach von dem Jungen schon, als wäre er bereits ausgelost, dabei war er nur ein Anwärter. In Distrikt 2 jedoch verlief die Ernte anders, als bei den anderen Distrikten. Hier gab es immer einen Jungen und ein Mädchen die sich freiwillig meldeten. Und diese beiden wurden vorher ganz genau ausgesucht. Schließlich wollte man keine Schwächlinge in die Arena schicken, sondern potentielle Sieger.

 

Cato warf seinem Mentor einen skeptischen Blick zu. Wenn Brutus von ihm schwärmte sollte das schon etwas heißen. Aber egal wie gut dieser Junge auch sein mochte, er konnte nie so gut sein, wie Cato. Das war klar.

 

„Tu mir den Gefallen“, fing Brutus mit einem leichten Lächeln an und er klopfte Cato freundschaftlich auf die Schulter, eine kraftvolle Geste, die jeden anderen in die Knie gezwungen hätte, „komm zum Training und lern Titus kennen. Schau dir an, was er drauf hat. Und wenn du dann sagst, dass du ablehnst“, er hob kapitulierend die Hände, „dann werde ich nicht noch einmal fragen. Versprochen.“

 

Einen Moment dachte Cato darüber nach. Sein Entschluss stand bereits fest. Er würde absagen. Ganz egal, wie gut dieser Titus sein mochte. Irgendetwas in den grauen Augen seines Mentors, ließ ihn jedoch einknicken.

 

„Na schön“, murmelte er resignierend.

 

Neben ihm grinste Brutus zufrieden. In einer väterlichen Geste wuschelte er Cato durchs blonde Haar, woraufhin der nur murrend die Hand seines Mentors wegschlug.

 

Vermutlich hatte er nach der Siegestour eh nichts Besseres zu tun. Dann würde er sich die beiden Anwärter für die nächsten Hungerspiele eben ansehen.

 

Ein Blick konnte ja nicht schaden …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2020-08-13T07:59:51+00:00 13.08.2020 09:59
jetzt bin ich gespannt wie sie aufeinander treffen ><
Ich meine wenn er SIE sieht muss er einfach Mentor werden :3
klang ja auch so in deiner Beschreibung dass er es sich wegen IHr auch anders überlegt XD
mmmh erinnert mich jetzt an das neue Buch <333 freue mich voll, wenn es weiter geht !!!!!!
Antwort von:  stone0902
13.08.2020 18:04
Huhu,

ja genau, so in etwa. Brutus erwähnt ja, dass Cato der Mentor von Titus werden soll. In der Inhaltsangabe steht jedoch, dass er der von Clove wird ...

Weiteres dazu im nächsten Kapitel ;)


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