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Spiel ohne Limit

von

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"Rieche ich da etwa Lachs?" Den Kopf in die Küchentür gesteckt, grinste sie Lumina an.

"Den Guten", entgegnete Rin, die den Fisch vorsichtig in der Pfanne schwenkte. "Wir haben ja schließlich was zu feiern." Sie sah zu ihrer besten Freundin, die sich langsam an die junge Frau heran gepirscht hatte. In ihren Händen hielt sie jeweils eine Flasche ihrer Lieblingsgetränke.

"Sake?", Rin hob eine Augenbraue, dann wandte sie sich dem Reis zu und stellte die Herdplatten aus. "Ich dachte, du wolltest mit >Jackie< anstoßen."

Daraufhin wedelte Lumina mit der zweiten Flasche vor Rins Gesicht. "Aber erst nach dem Essen. Ich dachte, etwas Stil kann nicht schaden." Sie schwenkte den Sake und betrachtete das Logo.

"Du willst mich heute wohl unter den Tisch trinken." Rin lachte auf.

"Ich sagte dir doch", trällerte Lumina und war so gut drauf wie seit Wochen nicht mehr, "dass ich dich beim nächsten Mal nicht entkommen lasse. Tja, Frau Yamamori, dieser Tag ist nun endlich gekommen." Sie stellte beide Flaschen auf die Arbeitsplatte ab. Die Teller aus dem Schrank gekramt, machte sie sich daran, den Tisch zu decken. Sobald sie an der improvisierten Kücheninsel vorbeilief, atmete sie den Duft des baldigen Abendmahls ein. "Ich beneide den Mann, der dich einmal bekommt", seufzte die Schwarzhaarige theatralisch und stupste sie von der Seite an.

"Keine Sorge", Rin goss das Wasser aus dem Gemüse, "du darfst gerne zum Essen vorbeikommen."

"Mal sehen", erwiderte Lumina und nahm abschließend zwei kleine Trinkbecher zur Hand, "bei deinem derzeitigen Männergeschmack weiß ich nicht, ob ich mich am Ende noch übergeben müsste."

"Lumina", Rin hielt drohend den Kochlöffel vor ihrem Gesicht, "suchst du Streit?"

"Ich halt ja schon meine Klappe", verbeugte sich ihre Freundin und half Rin beim Servieren.

"Heute geht es Mal nur um dich", sagte Rin und schob den schwarzhaarigen Wuschel in Richtung Stuhl, "es ist dein Ehrentag, also reden wir mal nicht über Duellwahnsinn und zwiespältige Firmenbosse."

"Abgemacht." Lumina nickte und setzte sich auf den angebotenen Stuhl. "Als zweiten Punkt setze ich fest, dass kein Wort über das Auslandssemester verloren wird. Wir wollen schließlich nicht, dass du nach einer halben Flasche Whisky noch anfängst zu heulen."

"Wer heult hier?" Rin stellte die Teller auf den Tisch ab und ließ sich ebenfalls nieder. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals sentimental geworden bin."

"Stimmt", Lumina nahm einen kleinen Bissen von dem Fisch, "aber trotzdem." Die Schwarzhaarige nahm die beiden Becher zur Hand und füllte sie mit einem großzügigen Schluck der durchsichtigen Flüssigkeit. "Konzentrieren wir uns lieber auf die Gegenwart."

"Einverstanden."

Die beiden Frauen hoben ihre Becher an. "Auf die bestandene mündliche Prüfung", sagte Rin und stieß mit der Schwarzhaarigen an, die stolz ihren Kopf zu recken versuchte. Schnell schluckte die junge Frau den Sake herunter. Sie schüttelte sich als der Alkohol in ihrer Kehle zu brennen begann. Sie war noch nie ein Fan von Reiswein gewesen - zumindest nicht außerhalb der Küche. Das Zeug schmeckte nach Nichts (und nach…Reis eben) und verursachte bloß einen schweren Kopf. Morgen würde sie sich richtig ausschlafen, damit sie für das stressige Wochenende gewappnet wäre. Wenn Lumina ihre Drohungen wahrmachte, würde es nicht nur bei einem Schluck Sake bleiben. Direkt in ihrem Sichtfeld schien sie der Jack Daniels suffisant anzulächeln. Sie musste ordentlich zulangen, wenn sie diesen Abend heil überstehen wollte. Es war erst kurz nach fünf. Rin hatte nach Luminas triumphaler Nachricht ihr Training vorzeitig abgebrochen und war - zusammen mit einem der Chauffeure der Kaiba Corporation - auf den Wochenmarkt der Stadt gefahren.

Sollte der Abend so enden, wie der Tag nach ihrer Abschlussfeier, dann konnte sich Rin auf eine trinkfeste Lumina gefasst machen. Ihre kleine Statur täuschte darüber hinweg, wie viel die Schwarzhaarige eigentlich vertragen konnte, ohne sofort taumelnd durch die Wohnung zu hüpfen. Nur das eine Mal hatte Rin ihre beste Freundin so wirklich betrunken erlebt, und auch nur, nachdem ein paar Kerle ihr und einer von Luminas Szene-Freunden etwas ins Glas gemischt hatten. Rin erinnerte sich noch genau an den unscheinbaren Typen, der die beiden Frauen auf ein Getränk eingeladen hatte, um sie anschließend irgendwohin mitzunehmen. Dabei hatte er die Rechnung nicht mit Rin gemacht, die nach einer starken Grippe eine Weile Antibiotika zu sich nehmen musste und keinen Schluck Alkohol an diesem Tag getrunken hatte. Am Ende brachte die junge Frau Lumina und ihre Freundin nach Hause. Noch nie war ihr der Heimweg so anstrengend vorgekommen. Die drei Frauen waren zu Fuß unterwegs gewesen und Rin hatte auf die zwei aufpassen müssen, die sich wie die kleinen Kinder vor der jungen Frau verstecken wollten. Immer wieder rannte Rin einer von ihnen hinterher, bis sie am Ende über eine Stunde am Zigarettenautomaten hockten, weil sie die Funktion der Ausweiskontrolle nicht kapiert hatten.
 

Kaum hatte sie das Glas abgestellt, schenkte ihre beste Freundin auch schon nach. Die junge Frau blickte auf die Uhr. In dem Tempo läge Rin flach, noch bevor sie das Dessert serviert hätte. Schützend legte sie eine Hand auf ihren Becher: "Da umarm' ich ja nachher die Schüssel." Als Antwort erhielt die junge Frau lediglich ein breites Grinsen.

"Keine Angst", lächelte Rin ebenfalls, "ich gehe heute nirgendwo hin."

"Gut, ich halt mich zurück", sagte der schwarzhaarige Wuschel, bevor sie die Flasche auf den Tisch stellte und sich ordentlich Nachschlag auf den Teller packte.

"Meinetwegen kannst du mich jeden Tag mit diesem Luxusessen füttern", Lumina blickte ganz verliebt auf ihren Fisch.

"Wenn wir eine neue Küche hätten, könnte ich dir die Sterne vom Himmel kochen", entgegnete Rin, die sich von ihrem Platz erhoben hatte und das restliche Gemüse aus dem Topf kratzte, um sich anschließend um den Abwasch zu kümmern. Während sie die Pfanne bearbeitete und das Geschirr säuberte, brachte sie Lumina auf den neuesten Stand in Sachen Liebesleben.

"Und ich dachte, Yamatos Kollege hätte es dir angetan", Rin spülte die Töpfe ab, während ihr von hinten der Rauch von Luminas Zigarette in die Nase wehte. Die Schwarzhaarige hatte sich vor das offene Fenster gebeugt. Der Wind blies jedoch so ungünstig, dass er sämtlichen Rauch zurück in die Wohnung wehte. Im Herbst passierte das ständig, dass Rin ab September regelmäßig wie ein zu schlecht gesäuberter Aschenbecher roch.

"Hattet ihr nicht Nummern getauscht?", hakte sie weiter nach und erhielt einen mehr als deutlichen Blick, der Luminas linke Augenbraue hochschnellen ließ.

"Ich dachte, dass sollte kein Verkuppelungsversuch werden." In ihrer Stimme schwang eine leichte Drohung mit.

"Sollte es auch nicht, aber er war doch genau dein Typ und es machte den Eindruck, als würdet ihr auf einer Wellenlänge sein. Du hattest doch erzählt, dass er sich bei dir gemeldet hatte. Er scheint also wirklich Interesse zu haben."

"Das heißt noch nichts", entgegnete Lumina knapp.

"Du hast ihn also ignoriert, stimmt's?!"

"Ich hatte einfach keine Lust, okay?!"

"Du meinst, du hattest Angst. Ich kenn' dich doch. Sobald ein Kerl in die Offensive geht, machst du einfach dicht. Aber mir immer eine Predigt halten... Wirklich, Lumina, ich versteh' nicht, wie du das in deinen Szeneclubs hinbekommst, aber außerhalb dieser anderen Welt vollkommen überfordert bist."

"Ich bin halt unsicher, was sowas betrifft. Du weißt doch, die >echte Welt< ist nicht so meins." Lumina spielte an ihrem Aschenbecher herum. Mit den Fingernägeln versuchte sie, die rosane Spinne abzupuhlen. "Machen wir einen Deal: wenn ich Lee zurückschreibe, probierst du es noch einmal mit Yamato."

"Vergiss' es", Rin warf ihr das Geschirrhandtuch ins Gesicht.

"Aber warum nicht?", quengelte Lumina, die sich langsam an die junge Frau heran geschlichen hatte. Die eine Hand um ihre beste Freundin gelegt, griff sie mit der anderen nach dem Whisky. "Yamato wäre perfekt für dich."

"Vielleicht ist er zu perfekt. Das wäre einfach zu schön um wahr zu sein", erwiderte Rin und beobachtete Lumina, wie sie die Flasche mit nur einer Hand aufzuschrauben versuchte. "Wie du dich erinnerst, gibt es keine perfekten Typen."

"Oh Gott, du heulst doch nicht etwa Takeshi noch hinterher?!"

"Was?! Auf keinen Fall", Rin schüttelte den Kopf - Takeshi hatte sie schon seit Jahren überwunden, "ich glaube seitdem nur nicht mehr an den perfekten Traummann.''

"Armer Yamato", Lumina hatte es geschafft, ihnen beiden einzugießen und schob eines der Gläser in Richtung Rin. "Irgendwann bekommt Blondie noch eine Standpauke von mir zu hören. Aber erstmal: trinken wir auf Yamato - den Kerl, der alles ausbaden muss."

"Das ist doch nur eine faule Ausrede", nuschelte Rin, nippte aber dennoch an ihrem Whisky. Er schmeckte nicht ganz so wie in ihrer letzten Erinnerung. Dafür hatte das teure Zeug, das ihr Lumina erst letztens nach ihrem Sieg gegen Insector Haga ausgegeben hatte, viel zu sehr ihren Gaumen verwöhnt. Zumindest war da noch dieses wohlige Gefühl, das sich langsam in ihr auszubreiten schien.
 

Mit den Gläsern in der Hand liefen beide schließlich ins Wohnzimmer. Die interessantesten Themen der letzten Wochen wurden von den beiden neu aufgerollt, dass Lumina ohne Vorankündigung vom Sofa aufsprang und sich Rins Smartphone schnappte. "Da krieg' ich doch glatt Heißhunger auf Pizza."

"Lumina, nein!" Rin versuchte, ihre Stimme etwas herrischer klingen zu lassen, "wir bestellen uns jetzt keine Pizza."

"Ich will aber eine Pizza von Katsuya Jonouchi!", fing jetzt Lumina an wie ein kleines, bockiges Kind zu reden. Sie wusste, wie sehr das Rin auf die Palme brachte. Damit versuchte Lumina nur, sie weich zu kriegen - meist mit Erfolg. Heute würde sich Rin hüten, klein bei zu geben.

"Ich will nicht, dass Katsuya Jonouchi in unsere Wohnung kommt. Außerdem trägt er nur jede tausendste Pizza aus - wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet er vor unserer Tür steht!?"

"Ach komm' schon! Biiiitte", sie faltete die Hände, Rins Handy steckte genau dazwischen - allzeit bereit, die Nummer des städtischen Lieferdienstes einzugeben. Die lauten Töne, die plötzlich aus dem Telefon dröhnten, ließen beide vor Schreck zusammenzucken. Die zwei Freundinnen starrten perplex auf das Telefon, als erfuhren sie zum ersten Mal, dass diese Geräte dazu imstande waren. Lumina öffnete ihre Hände. Die unbekannte Nummer leuchtete wie eine Warnmeldung auf.

"Diese blöden Industrial Illusion Heinis", stöhnte Rin und nahm einen Schluck von dem braunen Gold, "haben die denn nie Feierabend?"

Verschwörerisch weiteten sich Luminas Augen: "Und was, wenn das gar nicht Crawford ist?"

"Und wer soll es dann sein?"

"Dein Ich aus der Zukunf!" Lumina blickte zu Rin als wäre dies die brillanteste Eingebung der letzten Jahre. Das Lila ihrer Seelenspiegel begann zu glitzern.

"Warum sollte sich mein Ich aus der Zukunft melden?"

"Um dich zu warnen", die Schwarzhaarige mimte einen Geist nach - einen kränklichen Geist, dessen Laute eher wie das Gejaule eines kleinen Hundes klangen. Lumina war schon immer eine grauenhafte Schauspielerin gewesen.

"Wovor warnen?", fragte Rin.

"Vielleicht will es verhindern, dass du für die Kaiba Corporation arbeitest."

"Dann ist mein zukünftiges Ich aber ganz schön dumm und kommt einige Wochen zu spät…hey!" Rin riss die Augen auf. Ihre Freundin hatte doch tatsächlich auf abnehmen gedrückt, noch bevor Rin sich davor werfen und ihr das Telefon aus der Hand schlagen konnte. Mit einer zuckersüßen Stimme meldete sich Lumina als Rins Assistentin. Entsetzt blieb die junge Frau wie angewurzelt auf dem Boden sitzen, während Lumina der Stimme auf der anderen Leitung lauschte, dabei breit grinste als heckte sie bereits den nächsten Clou aus.

"Nein, Frau Yamamori ist derzeit beschäftigt und kann nicht ans Telefon gehen…ja…Sie können Ihrem Boss ausrichten, dass Frau Yamamori nur an einem persönlichen Gespräch interessiert ist…ach wirklich?!"

Lumina…

Rin knirschte mit den Zähnen. Gegenüber zwinkerte ihr Lumina zu und sprach weiter: "Dann Montag dreizehn Uhr im Seven Stars - Frau Yamamori erwartet von Pegasus J. Crawford nur das Beste…ich danke Ihnen…auf Wiederhören." Damit legte Lumina das Telefon zurück auf den Couchtisch.

"Gern geschehen", grinste sie die Schwarzhaarige an, dass sich Rin am liebsten über den Tisch gebeugt hätte und ihrem Wuschel an den Kragen gegangen wäre.

"Das wird Konsequenzen nach sich ziehen, Fräulein", entgegnete Rin mit rauer Stimme.

"Hab' dich doch nicht so", säuselte Lumina, "immerhin springt ein Essen in Dominos teuerstem Restaurant für dich raus."

"Das zehn Meter von der Kaiba Corporation entfernt ist!", ergänzte Rin, "soll ich da etwa zum Mittagessen vorbeischneien und anschließend in die Firma spazieren, als wäre nichts gewesen?!"

"Du kriegst das schon hin."

"Frau Lumina Phoenix. Sei froh, dass es heute um dich geht. Sonst hätte ich dich schon längst über's Knie gelegt."

"Ach naja, Spanking ist nicht so meins…au hey!" Rin hatte ihren Haargummi vom Handgelenk genommen und damit direkt auf Lumina gezielt. Diese versteckte sich hinter ihrem halbleeren Glas und kicherte, weil sie Rins Attacke nur knapp entkommen war. "Entschuldige", sie wischte sich eine Träne aus dem Auge, "aber das musste mal sein. Wie lange wolltest du den Mann noch warten lassen? Du hast selbst gesagt, dass er nicht locker lassen wird. Jetzt hast du die Chance, ihm direkt eine Abfuhr zu erteilen…oder noch besser: du hörst dir sein Angebot an und wenn es besser ist als das, was dir die Kaiba Corporation bietet, nimmst du es einfach an."

"Das könnte dir so passen", Rin kniff die Augen zusammen, "ich verzeih' dir nur, weil du schon total betrunken bist."

"Was?!"

"Lumina, du hast gerade mit einem Wildfremden telefoniert! Du bist definitiv betrunken."

"Verdammt, du hast recht. Ich hab doch erst-" Luminas Augen wanderten zu dem Handy herunter, das erneut zu klingeln begonnen hatte.

"Ich hab' nichts gemacht", verteidigte sich der schwarzhaarige Wuschel und lief rot an. Damit Lumina nicht wieder etwas Dummes anstellen konnte, packte Rin das Telefon und nahm den Anruf entgegen.

"Ist denn nicht langsam mal gut?!", blaffte sie in ihr Smartphone, wobei Lumina dabei war, sich den Mund vor Lachen zuzuhalten. Rin kam sich gerade wie der Protagonist eines schlechten Telefonstreichs vor.

"Frau Yamamori?", sprach eine trockene Stimme auf der anderen Leitung. Rin hatte das Gefühl, sie irgendwo schon einmal gehört zu haben.

"Ihr Wagen steht für Sie bereit."

"Mein Wagen?", Rin verstand gar nichts. Hatte Lumina nicht was von Montag dreizehn Uhr erzählt?

"Der Auftritt im Abendfernsehen. Ich soll Sie ins Studio fahren."

"Waaaaas!", Rin sprang von ihrem Platz auf. Die Erinnerungen an das letzte Meeting kehrten zu ihr zurück. Ihre Nasenflügel begannen zu beben: "Das soll doch wohl ein Scherz sein?! Nagawa hat eindeutig von Samstagabend gesprochen."

"Ich befolge nur meine Anweisungen", entgegnete der Mann trocken. Jetzt fiel Rin auch das passende Gesicht zu dieser Stimme ein. Vor Wut beendete sie den Anruf.

"Was ist passiert?", Lumina klang gar nicht mehr so angeheitert und stellte sich neugierig neben ihre Freundin, die hektisch eine Mail nach der anderen überflog. Als sie fündig wurde, starrte sie entgeistert auf den Text. "Dieser blöde Fernsehauftritt! Wurde der doch nicht ernsthaft vorverlegt und dieser Trottel von >Social Media Experte< kommt auf die glorreiche Idee, mir eine beschissene Mail ohne Betreff zu schicken. Der Typ kann doch sehen, dass ich sie nicht geöffnet habe! Kann man da nicht früher anrufen?!"

"Warte mal", Lumina beugte sich zu der Nachricht herunter, "du hast heute deinen Fernsehauftritt? Also jetzt gleich?!" Lumina begann zu prusten, dass das Glas in ihrer Hand zu wackeln begann. "Oh Mann, Rin, aus dieser Nummer kommst du nicht mehr heraus."

"Was mach ich denn nur?", zwischen der Wut kam allmählich Panik durch. Sie fasste sich durch die Haare "So kann ich doch nicht vor die Kamera treten!" Die junge Frau zeigte einmal auf ihre gesamte Aufmachung. Rin trug die dunkelblaue Leggings, die sie immer zum Kochen verwendete, dazu ein Top, auf dem ein, zwei Fettspritzer gelandet waren. Lumina versuchte sich zusammenzunehmen und musterte ihre Freundin. "Da muss auf jeden Fall ein Magier ans Werk."

"Das ist die rettende Lösung," Rin tippte auf ihrem Smartphone herum.

"Rufst du jetzt einen Magier an?"

"Besser", entgegnete Rin und drückte auf Wahlwiederholung. Die stoische Stimme meldete sich erneut.

"Ist Maki bei Ihnen?" Laut den Informationen, die sie Ende der Woche bekommen hatte, sollte sie zusammen mit dem Imagedesigner ins Studio gefahren werden.

"Ja."

"Schicken Sie ihn umgehend hoch!" Ohne seine Antwort abzuwarten, legte Rin auch schon wieder auf.

"Das wird lustig", Luminas Augen waren weit aufgerissen, "meine Liebe, dubist auch sowas von dicht-"

"Schwachsinn", Rin eilte ins Bad und griff nach der Zahnbürste - wenigstens den Geruch des Alkohols musste sie aus ihrem Mund bekommen.

"Aber hallo", Lumina lehnte am Türrahmen und sah ihrer besten Freundin dabei zu, wie diese hektisch mit der Zahnbürste im Mund herum schrubbte, "immer wenn du betrunken bist, kommt die Wahrheitsrin zu Tage, die jedem das ins Gesicht knallt, was sie gerade denkt."

"Isch bin nisch betrunken", nuschelte Rin. Lumina setzte zum Konter an, als es bereits an der Tür klingelte.

"Dasch isch Maki", zeigte Rin auf die Tür, dass Lumina davon eilte. Aus dem Bad hörte sie, wie die Schwarzhaarige die Tür öffnete und ein aus der Puste geratener Maki Kamizake die Wohnung betrat.

"Ihr solltet euch eine größere Bude zulegen, Mädels…am besten mit Fahrstuhl", hörte sie Makis Stimme näher kommen, "ich hoffe, es ist ein Notfall. Dass Rin mich hoch gescheucht hat-"

Rin lugte aus dem Badezimmer. Sie und Maki sahen sich in die Augen. Dem Imagedesigner fiel beinahe die Kinnlade herunter. "Hast du schon mal auf die Uhr geguckt?!" Er riss die Augen auf, sein Blick wanderte über seine Schultern Richtung Wohnzimmer. "Ihr habt doch nicht die eine Flasche auf Ex getrunken?!"

"In der Küche steht noch ein angefangener Sake", fügte Lumina ernst hinzu und zeigte auf die Küchentür.

"Rin, wie kommst du-"

"Wir haben jetzt keine Zeit für Diskussionen", entgegnete Rin, die den Schaum aus ihrem Mund ausgespült hatte, "Fakt ist: Nagawa ist ein Idiot und wir sind gleich am Arsch, wenn du dir nicht schnell was überlegst."

"Nagawa hat dir also auch erst kurz vor Feierabend geschrieben…", er stemmte die Hände in die Hüften, "fuck, das wird eine enge Kiste. Aber so können wir das nicht stehen lassen", entgegnete er, nachdem sein Blick Rins Panik widerspiegelte. Er fasste sich durch seine eigenen perfekt gestylten Haare. "Es hilft alles nichts. Wir müssen improvisieren. Wir haben keine Zeit, dir noch die Haare zu waschen." Er kam näher an Rin heran und zupfte unsanft an einer ihrer Strähnen. Als ob es noch eine Bestätigung bräuchte, dass Rins Frisur gerade eine Katastrophe war!

"Wenn deine Freundin so gut wäre", damit drehte er sich zu Lumina, die aus sicherer Entfernung Makis langen Haare anhimmelte (der Imagedesigner hatte aber auch eine lange, wallende Mähne, wofür ihn wohl jede Frau beneidete), "könntest du den Koffer holen, den ich vor eurer Haustür abgestellt habe? Wir brauchen eine ganze Menge von meinem Wunderpuder." Er spielte noch etwas mit Rins Haaren, zog hier und da, dass Rin die Zähne zusammenbiss, um nicht auf zu schreien. Sie konnte schon als Kind die Friseurbesuche nicht ausstehen - diese blondierten Damen, die skrupellos Rins Haare durchgekämmt hatten und dann auch noch so unhöflich mit ihr umgegangen waren, wenn Rin sich etwas anderes vorgestellt hatte als der Rest dieser dreizehnjährigen Teenies.

"Um das vorab zu klären", Maki wedelte mit dem Finger vor ihrem Gesicht, "aus deinem Standardlook wird heute nichts. Bei den Haaren können wir keinen hohen Zopf machen, das sähe scheußlich aus…und kostet mich womöglich den Job. Deshalb", als Lumina mit dem Koffer zurückkehrte, nahm er Puder- und Spraydose, sowie einen gezackten Kamm, mit dem er Rins Haare toupierte. Dieses Gefühl war ihr vertraut. Das hatte sie als Teenager immer mit ihrem Pony gemacht, wenn ihre Mutter nicht hingesehen hatte. Doch Maki nahm sich die gesamten Haare vor - Strähne für Strähne wurde in einem Tempo bearbeitet, mit dem sie nicht mithalten konnte.

"Der Mantel", setzte der Imagedesigner an, als Rin bereits die linke Hand hob.

"Ist in der Reinigung."

"Du weißt, dass er uns nachher killen wird, wenn wir das hier vermasseln." Die letzten Strähnen gingen deutlich schroffer durch den Kamm.

"Kaiba soll sich mal locker machen", entgegnete Rin trocken und schloss die Augen, "bisher hat er doch immer seinen Willen bekommen."

"Moment", funkte Lumina dazwischen. Sie hatte sich in der Zwischenzeit noch was von dem Sake eingeschenkt und war zu den beiden Panikmachern herangetreten. "Heißt das etwa, der reiche Saftsack wird auch da sein?!", Luminas boshaftes Kichern tauchte wieder auf - lange hatte sie es zurückgehalten, "Mann, Rin, das wird ja immer besser! Diese Liveshow werde ich mir sowas von reinziehen."

"Schon klar", grummelte Rin, die sich von Makis Haarspray benebeln ließ. Dieser verpasste ihrem Look gerade den letzten Schliff, während er links zu Lumina und dem Koffer blickte. "Wir können von Glück reden, dass sie sein Liebling ist."

"Oh", Luminas Blick wurde immer gehässiger, "sein Liebling also. Wie kommt sie denn zu dieser Ehre?"

"Lumina", knurrte ihre Freundin. Wenn die Schwarzhaarige auch nur ein weiteres Wort verlor…

Hinter ihr ließ Maki von ihren Haaren und antwortete: "Es hat bisher niemand gewagt, sich den Anweisungen des Bosses zu widersetzen, wenn er sich nicht freiwillig feuern lassen will." Er packte Rin an der Schulter und drehte sie mit dem Gesicht zu sich. Mit den Fingerspitzen bearbeitete er einzelne Stellen ihres Ponys. "Du weißt es vielleicht nicht, aber Seto Kaiba lässt dich so einiges durchgehen, wofür er andere längst gefeuert hätte. Du kannst dir sicher denken, dass deine Freiheiten nicht von allen so gern gesehen werden. Vor allem dein Kollege Yoshi kotzt gerade richtig ab, weil du ihm seinen Titel abspenstig gemacht hast. Schließlich war er bis vor Kurzem noch Kaiba Corps. Duellant Nummer eins."

"Klar bin ich gerade sein Liebling", entgegnete Rin, die sich glücklich schätzte, dass der Alkohol ihr Gesicht bereits genug zum Glühen gebracht hatte und es niemandem auffiel, wie sehr Makis Worte sie aus dem Konzept gebracht hatten (>Kaibas Liebling- etwas Besseres war ihren Kollegen wohl nicht eingefallen), "ich bin ja schließlich seine optimale Vermarktungsmaschine - das perfekte Mastschwein, das er sich geschaffen hat. Oder warum hängen überall Bilder von mir an jeder beschissenen Häuserwand Dominos?!" Sie schüttelte den Kopf "Nur keine Angst, ich bilde mir nichts auf meinem Status ein."

"Das darfst du ruhig, Schätzchen", nickte er ihr zu und lächelte siegessicher, "man sollte seinen Triumph so lange wie möglich genießen. Und wer weiß: mit etwas Glück schnappst du dir den Titel und wirst mehr als nur der Star der Saison. Aussehen tust du auf alle Fälle jetzt schon wie einer."

"Verdammt, Rin", grinste auch Lumina verschwörerisch, "du siehst verdammt scharf aus. Wie nach einer wilden Nacht heißem Sex' - nur ohne das schlechte Gewissen danach."

Rin drehte sich in Richtung Spiegel. Lumina hatte nicht übertrieben.

Rockerbraut trifft aus Sekretärin zum flachlegen

Die aufgebauschte Mähne ließ sie nicht ganz so wild wie Mai Kujaku erscheinen - dafür strahlte sie so viel Selbstbewusstsein aus, als könnte ihr nichts und niemand etwas anhaben. Sie musste breit grinsen.

"So, genug geschwärmt", holte sie Maki zurück in die Gegenwart, "zeig' mir dein Zimmer. Wir brauchen noch etwas Passendes zum Anziehen." Damit deutete ihre beste Freundin auf die gegenüberliegende Tür. Ohne Umschweife ging es in Rins Schlafzimmer. Der Imagedesigner begann ohne Rücksicht in ihrem Kleiderschrank herum zu wühlen. Shirts und Blusen fielen aus den einzelnen Fächern. Maki warf ein Oberteil nach dem nächsten aufs Bett. Zwei Teile behielt er bei sich. Aus dem Augenwinkel musterte er das Regal, auf dem vereinzelt Bücher und CDs scheinbar wahllos nebeneinander aufgestellt worden waren. ">Baburugamu Kuraishisu<?!", er zog eine Augenbraue hoch, "das erklärt so einiges", entgegnete er im bedeutungsschwangeren Ton. Nicht weit neben den CDs reihten sich Fotos aus ihren Jugendtagen. Die meisten Bilder zeigten sie und Lumina an einem ihrer gemeinsamen Wochenenden. "Du sahst ja aus wie Priss…und diese Klamotten…Nagawa hatte mir nur all den langweiligen Kram von dir geschickt. Wenn ich gewusst hätte, dass so ein Rockgirl in dir schlummert, hätte ich doch nie vorgeschlagen, deine Haare blond zu färben." Er zeigte auf eine weiße Bluse, die nicht nur den Eindruck erweckte, als wäre sie durchsichtig. "Mit einem passenden BH wäre sie perfekt. Nur nichts Unschuldiges", Maki war wieder ganz in seinem Element.

An Rins Stelle beugte sich Lumina zu dem Schubfach mit der Unterwäsche und kramte in ihrem Vorrat an Sonderstücken herum, welche die junge Frau seit Jahren nicht mehr getragen hatte. Rin, die eine Ahnung bekam, worauf es der schwarzhaarige Wuschel abgesehen hatte, ließ das Chaos von allen Seiten einfach über sich ergehen. Sie war bloß froh, nicht selbst noch das Denken übernehmen zu müssen; waren ihre Gedanken bereits bei dem bevorstehenden Gastauftritt, dass nichts mehr hinein gepasst hätte.

"Der hier?", Lumina hielt mit ihrem Zeigefinger einen schwarzen BH aus Lederimitat, der vorne mit einem goldenen Reißverschluss versehen war. Rin erinnerte sich noch sehr gut an den Anlass, der dieses Teil zum Einsatz gebracht hatte. An dem Abend hatte sie großartigen Sex mit dem damals heißesten Typen, den sie bis dahin gekannt hatte. Den Gesichtsausdruck ihres damaligen Freundes würde sie wohl nie vergessen.

"Ist genehmigt", erwiderte der Imagedesigner, ohne sich um Rins Meinung zu scheren. Aber Maki schien selbst auf jede Hilfe von außen dankbar, dass Rin nicht weiter protestierte. Vielleicht hoffte er somit, einer härteren Strafe entgehen zu können. Schließlich hatte er recht und Seto Kaiba würde ihm die Hölle heiß machen, sobald sie das Studio beträten.

Es war auch höchste Zeit aufzubrechen. Eigentlich sollten Maki und sie bereits im Backstagebereich sitzen, während Rin in letzte Instruktionen unterwiesen werden sollte. Dass Rin erst mit einkleiden beschäftigt war, hatte nicht auf dem Plan gestanden.
 

"Hier", Maki warf ihr eine der Lederhosen hin, während Rin bereits ihre Leggings abgestreift hatte. Der Rest ging schneller als gedacht. Auf Maki Kamizakes Anweisung ließ sie die obersten zwei Knöpfe ihrer Bluse geöffnet und legte sich anschließend Armschmuck und DuelDisc um.

"Wir schminken dich im Auto", sagte der Imagedesigner und hielt der jungen Frau ein paar hochhackige Stiefeletten hin. Er schloss seinen Koffer und schubste Rin Richtung Wohnungstür.

"Viel Spaß", rief Lumina vor der Türschwelle stehend, als Rin bereits die Treppenstufen hinunter sprang.
 

Der schwarze Luxusschlitten der Kaiba Corporation parkte direkt auf dem Fußweg. Maki riss die hintere Beifahrertür auf und ließ Rin als erste einsteigen. Vor ihr sah der Chauffeur finster auf seine Armbanduhr. Also beugte sich Rin nach vorne, bedankte sich fürs Warten und lächelte verschmitzt zu dem Fahrer, der lediglich durch den Rückspiegel erkennen ließ, dass er Rins Zuspätkommen bereits vergessen hatte. Mit einem finsteren Lächeln ließ sie sich auf ihrem Platz nieder. Sie hatte nur einmal ausprobieren wollen, ob ihr Auftreten auch wirklich die entsprechende Wirkung erzielte. Zufrieden schlug sie die Beine übereinander und drehte sich in Richtung ihres Stylisten, welcher bereits die gesamte Palette an Schminkutensilien ausgebreitet hatte. Noch nie hatte man ihr so schnell Makeup und Eyeliner aufgetragen. Maki betonte die Augen, dass Rin sich fragte, wie oft er noch mit dem Stift über ihre Lider gehen wollte.
 

Die Fahrt dauerte keine zwanzig Minuten. Obwohl der Fahrer in Zeitverzug gekommen war, bemühte er sich, die mit Backstein gepflasterten Straßen möglichst zu umgehen. Rins rauchige Stimme, die ihn darum gebeten hatte, war mehr als zweckdienlich gewesen.

"Ok", keuchte Maki, der sich einen Schweißtropfen von der Stirn abtupfte. In den letzten Minuten war seine Haut zu einer Kreidewand mutiert, er lächelte halbherzig als erwartete ihn eine Reise ohne Wiederkehr - und sie wusste, dass diese Option ständig im Raum stand, legte man sich mit Seto Kaiba an. Nur gerade war ihr das mehr als egal, der Alkohol entfaltete gerade erst seine Wirkung, dass ihre anfängliche Anspannung einfach so verpufft war.

"Ich habe getan, was ich konnte", sagte Maki und blickte zu seiner Improvisation. Rin sah angriffslustig aus, viel zu provokant. Die ursprüngliche Anweisung hatte Ersteres vorgesehen - nur ohne den ganzen Sexappeal, der eindeutig nicht auf der Liste gestanden hatte. Wie das Ergebnis bei der Firmenleitung ankäme, stand in den Sternen. Der Stylist sandte stumme Stoßgebete an den Himmel.
 

Der Wagen hielt und die beiden Beifahrer stiegen aus. Rins Augen sahen zu dem gewaltigen Studiogelände. Das größte Gebäude steuerte Maki Kamizake an, dass Rin ihm im Eiltempo folgte. Ihre Schritte klapperten auf dem Kopfsteinpflaster. Sie waren die einzigen auf dem Gelände, dass ihre Absätze zu allen Seiten widerhallten.

Kaum durch die Tür sprangen ihnen bereits ein halbes Dutzend Mitarbeiter entgegen. Alle konzentrierten sich auf Rin, redeten auf die junge Frau ein - wild und durcheinander - dass sie nur die Hälfte verstand. Einige stellten sich vor, andere wiederum erinnerten Rin an den Zeitplan, der nun hinfällig war. Ein schlaksiger Typ im Oversize-Pullover trat mit Mikrofon und der gesamten Kabelage an sie heran. Sie lief geradewegs an ihm vorbei, entriss dem Typen das Equipment und begann, Mikrofon und Zubehör an die entsprechenden Stellen festzustecken. So schwer hatte es beim letzten Mal nicht ausgesehen. Sie hatte jetzt überhaupt keine Lust, sich von einem Jungen betouchen zu lassen, der eindeutig mit der Situation überfordert schien und einmal zu lange auf ihre Aufmachung gestarrt hatte.

"Frau Yamamori?" Ein noch jüngerer, weitaus unbeholfener Kerl hatte die junge Frau eingeholt. Er stellte sich vor Rin, welche die Hände in die Hüften stemmte und herausfordernd zu dem Kleineren herunter sah. In seinen Händen hielt er mehrere Zettel. Sein Auftreten war mehr als unprofessionell, wie er mit zittrigen Fingern eines der Papiere an Rin zu übergeben versuchte.

"Das ist die Liste mit all den Fragen. Die entsprechenden Antworten sind rot markiert. Sie haben nicht auf meine Mail reagiert, also habe ich-" Giftige Blicke Iießen den Kerl, den Rin als Yosuke Nagawas Praktikanten wiedererkannte, augenblicklich verstummen. Sie entriss ihm das Blatt. "Wollen mich heute alle nur noch verarschen?!", fauchte sie leise und knallte ihm das Blatt an die Brust. "Jetzt soll ich auch noch Nagawas Fehler gerade bügeln." Die letzten Worte gingen in Gemurmel über. Dicht hinter ihr hatte sich nun auch Maki eingefunden. Sie standen an der Tür zum Backstagebereich. Die Show hatte bereits begonnen und Rin würde nach der nächsten Werbepause als Stargast vorgestellt. Wenn sie schätzen müsste, blieben ihr wohl noch acht bis zehn Minuten.

"Aber Frau Yamamori, Sie müssen sich das wirklich durchlesen. Ich habe strikte Anweisungen-"

"Denkst du ernsthaft, ich brauche diesen Wisch", Rin merkte, wie sie sich gerade erst warm machte. In ihrem Kopf wartete so Vieles, das ausgesprochen werden wollte, und dieser überforderte Praktikant, der sich in Nagawas Gegenwart immer wie der größte Wichtigtuer aufgespielt hatte, war nun zu einem Häufchen Angst zusammengeschrumpft, nachdem Rin ihm seine Unfähigkeit genüsslich vorgeführt hatte.
 

"Ihr kommt spät, Kamizake", hinter ihnen ertönte die Stimme Seto Kaibas, der erst jetzt dazugekommen war. Rin, die bereits damit fertig war, den jungen Burschen auf den Boden der Tatsachen zu befördern, drehte sich zu dem jungen Firmenchef um, der sich bereits das Gestammel seines Imagedesigners anhören musste.

"Schöne Grüße von deinem Social Media Experten", entgegnete Rin, als Maki wieder zu schwitzen begonnen hatte. "Scheinbar muss ihm jemand mal unterrichten, dass eine Message der Prio eins nicht als Spam-Mail rausgeschickt werden kann."

Kaiba wandte sich nun Rin zu. Die junge Frau konnte sich nicht erinnern, wann sie den jungen Firmenchef derart aus dem Konzept gebracht hatte. Sein stoischer Blick wich einem überraschten Ausdruck, seine Augen wanderten einmal über ihren gesamten Körper, während er kein Wort sagte, einfach nur perplex und überfordert wirkte. Das ging für mehrere Sekunden, bis er sich seines unprofessionellen Verhaltens bewusst wurde und ernst in ihre Augen blickte. Sein eiskalter Blick hatte in Rins derzeitigem Zustand keine Wirkung auf sie.

Ihre Unverfrorenheit, mit der sie dem jungen Firmenchef gegenübertrat, lockte die Mitarbeiter des Fernsehstudios an. Entgeisterte, teils ehrfürchtige Gesichter blickten zu Kaiba Corps. Duellantin, die in schroffen Tönen Nagawas Inkompetenzen aufzählte, allen voran den vorgefertigten Zettel, der für sie der Gipfel der Beleidigungen darstellte.

"Sie müssen das verstehen, Herr Kaiba", meldete sich kleinlaut Nagawas Praktikant, "der Moderator wird einige heikle Fragen stellen. Wenn Frau Yamamori sich nicht den Zettel durchliest-"

"Ich habe mir den Zettel durchgelesen", entgegnete Rin, die sich fragte, wann dieser Wicht endlich aufhörte zu reden, "denkst du, ich kann mir diese Schwachsinnsfragen nicht merken?"

"Naja-"

"Ich habe mir schon viel Dümmeres in noch kürzerer Zeit gemerkt."

"Dann hoffe ich für dich, dass du auf die Fragen sechs bis acht vorbereitet bist", erwiderte Kaiba, der ihr intensiv in die Augen blickte - etwas zu lang, wie Rin feststellen musste. Aber gerade belustigte es sie mehr, als dass es die junge Frau verwirrte. Aus dem Augenwinkel sah sie einen der Assistenten, der Rin das Signal gab, dass sie bald an der Reihe war.

"Nur keine Sorge" säuselte Rin und lächelte. Sie steuerte die Bühne an, "ich werde ganz brav sein."



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