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Spiel ohne Limit

von

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Rin erhob sich zusammen mit Yamato, dessen Pausenzeit gleich beendet war. Warum konnten sich dreißig Minuten manchmal so zäh anfühlen und im nächsten Moment wie eine Rakete an ihr vorbeischießen? Aber sie wollte nicht undankbar sein. Schließlich war sie über jede Minute froh, die sie mit dem Schwarzhaarigen verbringen konnte. Tatsächlich hatte er Wort gehalten und sich irgendwie die Zeit nehmen können, dass er Rin nach ihrem täglichen Gang zur Kaiba Corporation abpassen konnte, um mit ihr auf einen Kaffee in ihr inzwischen Lieblingscafé zu gehen. Die junge Frau fragte sich, ob Yamato wohl extra seine Pausenzeiten geschoben hatte, um sie zu sehen. Bei dem Gedanken wurde ihr ganz kribbelig im Magen, sie musste lächeln, dass Yamato sie mit erhobener Augenbraue ansah.

"Nichts", schüttelte sie grinsend den Kopf, "ich musste nur an etwas Schönes denken."

"Na wenn das so ist", begann auch Yamato breit zu grinsen und zog sich sein Jackett über. Wie Rin vermutet hatte, sah der Schwarzhaarige im Anzug einfach himmlisch aus. Er trug einen dunkelblauen Anzug, der perfekt auf seine Figur geschnitten war, sowie ein weißes Hemd, dessen letzter Knopf offen stand, dass es nicht ganz so streng wirkte wie bei den Mitarbeitern der Kaiba Corporation, die mehr als verbohrt und spießig aussahen. Die Krawatte hatte er sich gelockert, nachdem sie sich auf Rins Stammplatz niedergelassen hatten, dass sie seine Finger dabei beobachtete, wie diese durch die Schlaufe gingen. Rin konnte einfach nicht anders, dass sie schließlich von Yamato breit angelächelt wurde und dadurch die Hitze in ihren Kopf gestiegen war.
 

"Sag`mir beim nächsten Mal wieder Bescheid, wenn du in der Nähe bist", er blieb vor der Glastür stehen und sah sie eindringlich an, dass die Wärme zurück zu ihrem Gesicht kehrte. Stumm nickte sie und verkniff sich einen Kommentar. Lieber erwiderte sie seinen Blick, dass der Wunsch seine Lippen auf ihren zu spüren ins Unermessliche stieg. Ihr Puls begann an ihrem Nacken zu pochen als er sich leicht zu ihr herunterbeugte. Trocken wurden ihre Lippen, dass sie am liebsten mit der Zunge drüber gefahren wäre. In letzter Sekunde beherrschte sie sich. Das Gefühl beobachtet zu werden schlich sich so stark in ihr ein, dass sie ihren Kopf leicht neigte und ihre Wangen zu glühen begannen. Makoto betrachtete die beiden aus dem Augenwinkel. Mit einem verschmitzten Lächeln polierte sie scheinbar unschuldig die Gläser, dass für Rin der besondere Augenblick verflogen war. Yamato sah in die Richtung, in welche die junge Frau blickte und schien zu verstehen. Warmherzig wurde sein Blick.

"Dann hoffentlich bis bald."

"Ja", hauchte sie ungewollt, dass ihre Wangen noch stärker glühten. Schließlich riss der Schwarzhaarige die Tür auf und verschwand mit einem letzten Wink. Rin seufzte.

"Wer ist denn der süße Typ?", feixte die Kassiererin und stellte die Gläser zurück in ihre Vitrinen.

"Ein Freund", murmelte Rin und lief auf den Kassenbereich zu, dass sich Makoto sofort daran machte, eine frische Tasse Kaffee aufzubrühen. Dabei füllte sie den Behälter mit frischen Bohnen auf, dass der Geruch in Rins Nase stieg. Sie liebte den Geruch des schwarzen Goldes, besonders an späten Nachmittagen wie diesen, dass sie das Gefühl von Wochenende überkam, obwohl sie gerade frisch in die Woche gestartet hatte.

"So so", entgegnete Makoto und schaltete die Kaffeemaschine ein, "ein Freund also. Dann wirst du bestimmt nichts dagegen haben, wenn ich ihn das nächste Mal anspreche."

"Mach`doch", ging Rin auf die Stichelei ein. Sie wusste dass Makoto mit Kaito, dem Schaffer dieser leckeren kleinen Meisterwerke, zusammen war. Aus ihren Gesprächen wusste sie, dass die beiden bald ihr Zehnjähriges feierten.

"Was fest steht", Makoto überreichte ihr die volle Tasse, "dass er eindeutig auf dich steht."

"Meinst du", tat Rin so als probierte sie die brühend heiße Flüssigkeit.

"Das sieht ein Blinder mit Krückstock."

"Trotzdem", die Aussage der Kassiererin machte sie etwas verlegen, "ich möchte nichts überstürzen. Ich hab in der Vergangenheit immer viel zu impulsiv gehandelt. Das war nicht immer die beste Entscheidung. Diesmal soll es anders sein."

"Wenn er der Richtige ist, dann spielt das Tempo keine Rolle", erwiderte Makoto und stemmte die Hände in die Hüften.

Davon habe ich auch schon mal gehört

Scheinbar die Aussage ignorierend setzte sich Rin zurück an ihren Platz. Sie hatte ihre DuelDisc auf dem Tisch liegen gelassen, dass sie wie eine stumme Androhung wirkte. Sobald sie diese um ihr Handgelenk befestigt hatte, leuchtete der obligatorische Punktestand auf. Sie war bereits bei knapp siebzig Punkten. Heute morgen erst hatte sie ein paar Schüler der West-Domino-City-Oberschule abgepasst. Sie hatte festgestellt dass die Schüler immer zu einem Duell bereit waren; selbst wenn sie nur noch fünf Minute bis Schulbeginn hatten. Manchmal reichte die Zeit sogar aus, sie zu besiegen. Zwei Züge waren ihr bisheriger Rekord gewesen. Nicht, dass sich die junge Frau damit brüstete, gegen Jugendliche zu gewinnen. Aber jeder von ihnen brachte ihr einen weiteren Punkt - sie konnte keine Herausforderung abschlagen. Schon gar nicht von denjenigen, die darauf brannten gegen einen richtigen Berufsduellanten anzutreten.

Vorsichtig verriegelte Rin das dünne Metall, dass die DuelDisk bequem einrastete. Die modernste Version war ein gewaltiger Unterschied zu ihrem eigenen veralteten Modell. Die Monster wirkten noch lebendiger, mit jeder aktivierten Karte spürte sie ein angenehmes Kribbeln im Handgelenk.

"Wie läuft`s eigentlich", rief Makoto und deutete auf das auffallende Schmuckstück an ihrem Unterarm.

"Ist okay", entgegnete Rin. Solange sie in der Amateurliga versauerte, wollte sie noch nicht zu viel Euphorie aufbringen. Noch war sie mit ihren Leistungen nicht zufrieden. Duelle gewinnen war ja schön und gut, aber bisher war noch kein richtiger Gegner dabei gewesen, bei dem sie das Gefühl hatte, ihren Sieg hart erarbeitet zu haben. Ihr Blick schweifte zur Seite. Dort war die aktuelle Spitzenliste aufgeführt. Die dreißig besten Duellanten, die später in die nächste Runde kämen. Noch sah sich Rin weit von ihnen entfernt. Der Punktestand der hiesigen Spieler waren jenseits ihrer Möglichkeiten. Allen voran die Spitze der Duellliga, mit Katsuya Jonouchi oder Mai Kujaku, deren Erfolge nicht mehr von Kindern abhingen, dass ihr Punktestand bereits im dreistelligen Bereich lag. Der Anblick deprimierte Rin, obwohl sie sich geschworen hatte, sich nicht runter ziehen zu lassen. Wenn sie es heute richtig anstellte, hatte sie die Chance, die letzten dreißig Punkte zusammen zu bekommen, um in die nächste Liga aufzusteigen. Sie war heute extra früh auf den Beinen gewesen, um vorher bei der Kaiba Corporation nach einem Trainingsausweis nachzufragen. Rin wusste, dass sie mit ihren bisherigen Gegnern kaum an Erfahrung dazugewonnen hatte - zumindest nicht im Bereich DuelMonsters. Mokuba hatte ihr einmal gesagt, dass sie die Möglichkeit für die virtuellen Trainingseinheiten nutzen könnte, welche die Kaiba Corporation jedem ihrer Duellanten zur Verfügung stellte. Nach langen Diskussionen am Empfang hatte man ihr schließlich eine dieser Karten ausgehändigt, dass Rin sofort losgelegt hatte. Es tat gut, einmal einen schweren Gegner vor sich zu haben, auch wenn es sich dabei nur um eine KI handelte.

"Kopf hoch", riss Makoto sie aus ihren Träumereien, dass Rin augenblicklich hoch sah, "die Turniere gehen noch nicht einmal eine Woche. Da bleibt noch viel Zeit aufzuholen."

"Zumindest ist das der Plan", lächelte Rin halbherzig und nahm einen Schluck Kaffee. Sie bemerkte nur noch wie Makoto eine straffere Haltung einnahm und sich zu der Kaffeemaschine drehte, als die Tür zum Café geöffnet wurde. Rin hatte sich bereits daran gewöhnt, ihren Chef gegen sechzehn Uhr im Cafè vorzufinden. Scheinbar war dies seine gewohnte Pausenzeit. Sie begegneten einander mit stummen Blicken, bevor sich jeder seinem eigenen Getränken zu wandte. Bisher war es dreimal vorgekommen, dass sie ihren Chef abpasste. Rin hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, tägliche ihren Punktestand mit dem auf der elektronischen Anzeige der Kaiba Corporation abzugleichen. Sie vertraute nicht darauf, dass wirklich jeder Punkt mitgezählt wurde. Es kam schon einmal vor, dass die einzelnen Punkte aus Duellen mit Hobbyspielern verzögert aufgelistet wurden. Rin wollte einfach sicher gehen, dass sich keine Fehler einschlichen. Sie brauchte jeden Punkt, und außerdem zählte jedes Duell zu ihrer offiziellen Arbeitszeit, die sie sich auf jeden Fall gut schreiben lassen wollte.

Nachdem sich der Chef der Kaiba Corporation an seinen Platz gesetzt hatte, erhob sich die junge Frau und holte sich aus dem Fach neben dem Tresen eines der Tablets hervor. Als Mitarbeiterin der Kaiba Corporation hatte sie nicht nur kostenloses Wlan, sondern konnte auch sämtliche Laptops und Tablets ohne Aufpreis nutzen. Makoto hatte sie neulich darauf aufmerksam gemacht, dass Rin die Chance dazu nutzte, sich die täglichen Duellrouten zusammenzustellen. Ein Blick auf den Stadtplan zusammen mit einer App, die sämtliche laufende und kommenden Duelle aufzeigte, genügte, dass sie sich an die Arbeit machte. Mit flinken Fingern notierte sie sämtliche Punkte, die sie bisher noch nicht erkundet hatte. Ein baldiges Duell im tiefsten Nordbezirk erweckte ihre Aufmerksamkeit. Dort spielten Duellanten, die zumindest erfahren in dem Spiel waren. Vom Hörensagen wusste Rin, dass diese Spieler nicht zu unterschätzen waren. Aber wenn sie es richtig anstellte, könnte sie sich ihren Platz in der dritten Profiliga sichern.

Ob es überhaupt jemanden interessiert, wie ich spiele?

Bisher hatte Rin noch kein Feedback Seitens ihrer Vorgesetzen erhalten. Andererseits fand das erste Turnier-Meeting erst am Mittwoch statt. Diesmal würde sie Fragen stellen, damit sie sich nicht wieder so blamierte; das hatte sich Rin fest vorgenommen. Kurz huschte ihr Blick zu dem jungen Firmenchef herüber. Er würde ihr sicher alle Fragen beantworten können. Rin wäre nur nie auf die Idee gekommen, ihn jemals danach zu fragen. Sie schätzte Seto Kaiba so ein, dass er während seiner Kaffeepause nicht gestört und schon gar nicht mit sinnlosem Geplapper belästigt werden wollte. Insgeheim fand sie es schon schade. Dieser Mann kannte sich schließlich wie kein anderer in DuelMonsters aus. Er war jemand, mit dem sie sich richtig darüber unterhalten könnte, ohne mit platonischem Wissen überhäuft zu werden. Obwohl der junge CEO nicht in ihre Richtung blickte, glaubte sie kurz seinem eiskalten Blick zu begegnen, dass sie sich schleunigst wieder ihren Plänen widmete. Als sie damit fertig war, stellte sie das Tablett zurück in das Fach und verabschiedete sich von Makoto, welche noch das Geld für den letzten Kaffee bekam.

"Und?", lächelte Makoto und nahm die Scheine entgegen, "geht´s jetzt in den Feierabend?" Rin bemühte sich nicht laut los zu prusten.

"Sicher nicht", schüttelte sie mit dem Kopf und deutete auf ihre DuelDisc, "heut Abend findet ein Duell statt, das ich nicht verpassen darf. Aber vorher", sie drehte sich in Richtung Ausgang, "nehme ich einen Umweg mit der U-Bahn, dass ich noch ein paar Oberschüler abpassen kann...und grins`nicht so breit, ich weiß, dass sie keine ernst zu nehmenden Gegner sind. Dafür finden die es absolut Spitze, wenn sie meinen Armschmuck wider erkennen und glauben, ich bin nur zu ihrer Unterhaltung gekommen."

"Sie glauben, du wurdest dazu angeheuert?" Rin schüttelte den Kopf.

"So wie ich gehört habe, werden sie von den meisten Duellanten nur abgewimmelt. Es scheint ganz gut anzukommen, dass ich ihre Herausforderungen annehme und ich glaub´ein bisschen Sympathie bei den Leuten kann nicht schaden."

"Das stimmt", nickte Rin, "und wo geht`s dann hin? Wie ich gehört habe, finden die Amateur-Duelle in den Nordbezirken statt."

"Hauptsächlich ja", bestätigte Rin.

"Ich hätte da so Angst im Dunkeln. Ich traue mich nicht einmal tagsüber dort hin, außer mir bleibt keine andere Wahl."

"Anfangs schon", erinnerte sich Rin an den ersten Duelltag, "aber wenn man die Leute erst richtig kennt, sind sie plötzlich nicht mehr so unheimlich." Makoto hob eine Augebraue, dass Rin anfing zu lachen. "Nein, wirklich. Natürlich sind da noch echt unheimliche Wesen unterwegs und alleine traue ich mich da auch nicht mehr nach Mitternacht. Aber mittlerweile hab ich ein paar Leute gefunden, die auf mich acht geben." Das aus ihrem eigenen Mund zu hören, kam Rin ebenfalls seltsam vor. Doch es stimmte. Nachdem sie in der ersten Kneipe jeden Duellanten besiegt hatte, war die Reaktion nicht so gekommen wie sie zu Anfang befürchtet hatte. Statt Androhungen und Hass hatte sich Rin den Respekt der Männer verdient, die einen guten Duellanten zu würdigen wussten. Dieselben Männer hatten ihr auch geholfen als Rin eines Nachts durch die Gassen herumspaziert war und beinahe Bekanntschaft mit einer Gruppe gewalttätiger Junkies gemacht hätte.

Letztendlich musste sie ihren ersten Eindruck revidieren. Viele der Amateurduellanten waren freundlich und einfach nur daran interessiert ein gutes Spiel abzuliefern. Auch wenn es die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihnen und Rin war, reichte er ihr aus, um sich mit ihnen auf einer Ebene zu verständigen.

"Ich bewundere deine Unerschrockenheit", schüttelte Makoto mit dem Kopf als könnte sie nicht glauben, was ihr Rin da gerade erzählte.

"Nicht dafür", winkte Rin ab bevor sie sich von ihrer neuen Freundin verabschiedete und lediglich aus den Spiegelungen der Türscheibe Seto Kaibas Gesicht ausmachte, der sie nicht angesehen, jedoch ganz bestimmt zugehört hatte.



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