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Morgensonne

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Nerfgun widme ich WeißeWölfinLarka. Das ganze Ding ist für die Supportgroup, auch wenn sie um den Zuckerschock sicher nicht gebeten hat. Ist mir egal, ich liebe euch alle. Hier. Liebe. Komplett anzeigen

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Yuriy wachte davon auf, dass Boris sich von hinten an ihn schmiegte. Er öffnete die Augen noch nicht, sondern atmete nur tief ein, aber er bekam dennoch mit, dass die Sonne schon aufgefangen war und ein paar Strahlen wie immer ihren Weg um ihre dunklen Vorhänge gefunden hatten. Seine Nase war voll mit weichem, heimeligen Bettgeruch und Boris‘ ganz spezieller Note. Er atmete in einem wohligen Seufzer aus, als Boris einen Arm um ihn schlang, dann legte er eine Hand über Boris‘ Finger auf seiner Brust.

„Guten Morgen. Du bist zu warm“, murmelte er halb ins Kissen, ohne Anstalten zu machen, sich sonderlich zu rühren.

„Mhmmm“, sagte Boris, verbal wie immer um diese Uhrzeit und ebenfalls ohne sichtliche Intention, sich zu rühren. Er küsste sanft seine oberen Nackenwirbel, so sanft und langsam, dass sich ein kaum spürbares Prickeln in Yuriys Bauch ausbreitete, das nur wenig mit der Tatsache zu tun hatte, dass Boris ein lebender Kachelofen war, was die Körperwärme anging.

Einen Moment lang war es still. Zwischen der halb übers Gesicht gezogenen Decke, dem Händchenhalten und Boris‘ Wange zwischen seinen Schulterblättern schaffte Yuriy es noch einmal, wegzudämmern und im Halbschlaf einige seltsame Träume zu haben, nicht unangenehm, aber irgendwo auf dieser beunruhigenden Bewusstseinsstufe zwischen Wachzustand und Schlaf, wo ein Traum sich gerade deshalb so real anfühlte, weil man sich während des Träumens bewusst darüber war, dass es sich nicht um die Realität handelte.

„Ich kann mich nicht bewegen“, murmelte Boris irgendwann gegen ihn, der Kopf so eng an Yuriys Rücken geschmiegt, dass dieser seine Stimme auf der Haut vibrieren spürte. Seine unrasierten Wangen kratzten Yuriy ein wenig, aber es war nicht unangenehm. „Zweihundertzwanzig Squats am Stück. Das war vielleicht wirklich ein Fehler. Ich glaub’, bei den letzten paar hab‘ ich sogar ein bisschen geweint und die Himmelstore gesehen. Einer der Engel sah aus wie Gorbatschow.“

„Ich habe dir gesagt, mach Schluss bei zweihundert“, sagte Yuriy und hob Boris‘ Hand, um dagegen zu gähnen, was ihm ein mehr als halbherziges Protestgrunzen einbrachte. „Aber was weiß dein ehemaliger Teamleader schon von deinen Grenzen.“

„Sei lieb zu mir, ich habe Schmerzen.“

„Ich bin lieb zu dir, indem ich jetzt nicht volle Kanne auf deine Oberschenkel schlage, obwohl du es verdient hättest.“

Aber Boris hatte die Hand unter das T-Shirt geschoben, in dem Yuriy schlief, und streichelte jetzt so sanft und nett seinen Bauch, dass Yuriy sich tatsächlich ungewöhnlich zuvorkommend fühlte. Also drehte er sich in Boris‘ Armen um und positionierte sich neu, bis ihre Gesichter nah genug beieinander waren, dass er Boris‘ ruhigen Atem auf seiner Wange spüren konnte. Einen Moment lang sahen sie sich an, still lächelnd in geteilter, unausgesprochener Freude darüber, gemeinsam aufzuwachen. Er streichelte über Boris‘ Wange, dann hinab über seinen Hals und seine nackte Brust, um schließlich die Augenlider zu senken, als Boris begann, ihn seinerseits zu berühren: ungewöhnlich zartes Fingerspitzenstreifen über seine Wangenknochen und das Kiefer, die Schulter und den Arm.

„Na was?“, fragte Yuriy leise und freundlich, als Boris ihn auf diese Weise anschaute, auf die er niemanden sonst ansah und nicht einmal Yuriy besonders oft, nur manchmal, wenn er sich besonders herzwarm fühlte.

Boris gab nur ein Brummen von sich, dann rieb er die Nase an Yuriys Wange und atmete tief ein. „Nix. Nur du.“

Yuriy lächelte, wobei er nicht einmal Anstalten machte, das warme Gefühl in seiner Brust zu verbergen, das auf seinem Gesicht abzulesen sein musste, und zauste sachte seine Haare. „Du schläfst ja noch halb.“

„Mmmh. Es ist Samstag und wir haben beide frei. Ich darf.“ Sein Arm legte sich erneut um Yuriy und zog ihn an sich wie ein schlaksiges Kuscheltier. „Frühstück im Bett?“

„Und ich schätze mal, das muss ich holen? Wie willst du heute die Wohnzimmerregale aufbauen, wenn du dich kaum bewegen kannst?“

„Deswegen brauche ich ja ein ausgewogenes Frühstück in Ruhelage. Und wenn du das Frühstück machst …“ Yuriy spürte federleichte Küsse auf seinen geschlossenen Augenlidern und atmete tief aus. Boris‘ Fingerspitzen strichen über seine Wirbelsäule, drückten sachte in die Punkte hinein, wo Yuriy besonders sensibel war, bis er ein Bein um Boris‘ schlang. „Dann bringe ich nachher den Müll raus.“

„Papier und Glas auch?“

„Wenn ich zum Kaffee auch Saft kriege.“

„Hmmm. Ich leg‘ sogar noch ein Spiegelei drauf, wenn du auch die Dosen mitnimmst.“

„Deal.“ Als Yuriy Anstalten machte, sich aus der Umarmung zu lösen und die Matratze zu verlassen, wurde er von Boris zurückgehalten und erneut an die Brust gezogen. Er strich sich wirre rote Strähnen aus dem Gesicht, hob eine Augenbraue und sah Boris an. „So funktioniert das aber nicht.“

„Ich mag dich noch nicht gehen lassen.“

„Softie“, sagte Yuriy, aber der Schlaf kratzte noch an seinen Augen und er war selbst weich in diesem frühen Morgenlicht, also ließ er sich wieder zurücksinken. Boris strich ihm langsam, fast verträumt über die Haare, dann küsste er ihn auf Stirn und Schläfe. Es wurde langsam wirklich sehr warm, aber Yuriy löste dieses Problem gewohnt pragmatisch, indem er sehr zur Freude seines Gefährten das T-Shirt auszog und neben sich fallen ließ, um sich dann wieder von Boris‘ Armen einfangen zu lassen.

„Besser“, wurde gegen sein Ohr gemurmelt, „das macht - wie hießen die Hormondinger nochmal, die durch Körperkontakt entstehen? Oxytitten.“

Yuriy verbiss sich ein Lachen. „Oxytocine, du Affe. Und ich glaub nicht, dass wir die noch brauchen.“

„Kann nicht schaden, mehr davon zu machen. Ich kann nie genug von dir haben.“

„Wir sind in eine eigene, gemeinsame Wohnung gezogen. Mehr kann ich dir glaube ich nicht geben.“

„Hm.“ Boris‘ Fingerspitzen streichelten seinen Nacken, bis Yuriy die Augen zufielen. „Du könntest mir noch dein Ja geben.“

„Ja?“, wiederholte Yuriy und erstickte ein Gähnen gegen Boris‘ Schulter. „Und was ist die Frage dazu? Wenn es jetzt wieder um die Nerfgun geht, ist die Antwort nämlich immer noch Nein.“

„Es geht nicht um die Nerfgun. Es geht darum, ob du mich heiraten würdest.“

Yuriy blinzelte. Dann blickte er zu Boris auf. Einen Moment lang musterten sie sich stumm - Boris mit einem leichten, verlegenen Grinsen, Yuriy mit offener Verwirrung. Aber Boris wirkte nicht so, als ob er etwas anderes meinte als das, was Yuriy gehört hatte. Automatisch lag Yuriy eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, Überbleibsel einer Zeit, in der er nichts anderes gewollt hatte, als sich und sein Herz zu schützen.

Er schluckte sie herunter und legte stattdessen eine Hand auf Boris‘ Wange. „Hab‘ ich irgendwas verpennt? Haben sie Putin abgestochen und irgendeine linkslinke Bazille zum Präsidenten gemacht?“

Boris verdrehte die Augen, lehnte sich vor und biss sachte in seine Nase. „Ich weiß schon, dass es legal nicht machbar ist. Aber würdest du?“

„Du meinst abgesehen von der Tatsache, dass die Ehe generell nur ein wirtschaftlich orientiertes, soziales Konstrukt ist, das sich aus gewissen historischen Gegebenheiten gebildet hat?“, erwiderte Yuriy. Als Boris nur erneut die Augen verdrehte und dabei sehr schwer seufzte, drückte er einen Kuss auf seine Wange. „Warum fragst du mich das auf einmal, Borja?“

„Hat sich angeboten. Also? Würdest du?“

Yuriy atmete tief ein, dann wieder aus. „Blöde Frage. Ich weigere mich, dir eine Antwort zu geben, die du schon kennst.“ Er hob den Kopf, bis er einen sanften Kuss auf Boris‘ lächelnde Lippen drücken konnte. Trotz des Lächelns war da immer noch eine Falte auf Boris‘ Stirn, also fügte Yuriy nach einem Moment leise, aber fest hinzu: „Du weißt, dass ich für dich morden würde. Du hast alles von mir gesehen.“

Boris nickte. Seine Augen, oszillierend zwischen Grün und Grau, lagen mit stiller Leidenschaft auf Yuriy, als ob er ihn das erste Mal sah. Er hob seine Hände und drückte sie gegen seine Brust, und Yuriy ließ ihn gerne.

„Woher kommt das auf einmal?“, fragte er nach einem Moment leise.

„Nicht auf einmal, aber ich habe davon geträumt“, gab Boris zu und fuhr mit den Fingern durch Yuriys Haar. „Also, davon, dass wir unsere Hochzeit feiern. Du hast dich sehr aufgeregt, weil Kai, Takao und Hiromi in aufeinander abgestimmten, rosafarbenen Scheußlichkeiten erschienen sind, obwohl sich das mit deiner Haarfarbe beißt.“

„Wie können sie auch“, sagte Yuriy nur, um Boris‘ Lachen gegen seine Haut vibrieren zu spüren. „Ich wusste immer, dass Kai keinen Geschmack hat, aber zumindest von Hiromi hätte ich Besseres erwartet. War wenigstens das Essen gut?“

„Ziemlich gut“, stimmte Boris zu, „Ich glaube, Ivan hat von irgendwo eine vierstöckige Torte geholt und dann erklärt, wie das bauphysikalisch machbar ist. Sergei und Mathilda waren auch da. Und ich glaube, wir haben am Strand geheiratet, frag mich nicht. Ich weiß nur, dass du dich über den Sand beschwert hast und einen Sonnenbrand hattest, aber du hast die ganze Zeit dabei gelächelt, deswegen glaub‘ ich, dass es nicht zu schlimm war.“

Yuriy glitt mit den Fingerspitzen über Boris‘ Brust. „Waren wir glücklich?“

„Sehr.“

„War es also ein guter Traum?“

Erneut fühlte er Boris‘ warmes Lächeln auf seiner Haut. „Der beste.“

„Das ist gut“, sagte Yuriy sanft und schloss die Augen. In Träumen war alles möglich, aber in der Realität musste man wissen, was man erleben konnte und was nicht. Das war eine harte Wahrheit, die er nicht aussprechen wollte - nicht jetzt, nicht hier, nicht, solange er glücklich war in einem Leben, das so, wie es war, auch gut war.

Er atmete noch einmal durch, dann drückte er einen Kuss auf Boris‘ Wange und löste sich endgültig aus seinen Armen. „Ich hole dir jetzt diesen Kaffee.“

Boris summte und strich noch einmal über seine Schulter, dann gähnte er herzhaft und blinzelte ihn zwischen Kissen und Decken heraus treuherzig an. „Beeil dich.“

„Wieso, hast du es eilig?“

„Nein, aber ich vermisse dich jetzt schon.“

„Oh Gott, das ist zu viel“, sagte Yuriy und drückte einen Kuss auf deine Schläfe, dann rollte er von der Matratze und stand auf. Er streckte sich, während Boris mit einem Schmerzenslaut seine vom Workout malträtierten Oberschenkel massierte, und ließ seinen Blick durch das Schlafzimmer schweifen - ihr neues Schlafzimmer, in ihrer neuen Wohnung, die nur von ihnen beiden bewohnt wurde. Er dachte an all die Arbeit, die sie noch in ihre vier Wände stecken musste, dann dachte er daran, dass es keine Heirat brauchte, um ihm das Gefühl zu geben, angekommen zu sein.

„Ich bin gleich zurück“, versprach er und schlüpfte auf nackten Füßen hinaus in Richtung Küche, um Boris in der Morgensonne zurückzulassen, wo er ihn bei seiner Rückkehr genau so finden würde, wie er ihn zurückgelassen hatte, so sicher wie das Amen im Gebet.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  kylara_hiku_Lamore
2020-06-03T18:59:33+00:00 03.06.2020 20:59
Da möchte man sich doch selber nochmal im Bett rumdrehen und in die Bettdecke kuscheln!
Die beiden sind so cute!!! 😍 Wie schön du ihre Gefühle hervorbringts und dies neckerrein untereinander sind so liebenswert! Unter all dem fluff auch einiges zum lachen!

Nur yuriy könnte ihm doch einfach um den Hals fallen und ja sagen aber so ist er eben ^^

Antwort von:  Mitternachtsblick
03.06.2020 23:28
Danke dir! Ja, es ist überwiegend unterhaltsamer Fluff, aber das muss halt auch mal sein, besonders in Zeiten, wo es weniger zu lachen gibt XD Und ja, so ist Yuriy, aber ich glaube schon, dass er auf jeden Fall gerührt ist ❤️
Von:  LittleLionHead
2020-05-24T06:48:37+00:00 24.05.2020 08:48
Aaaaawww ❤️ Das ist sooooo schön. Ich liebe die kurze Konfusion zwischen Nerfgun und Heiratsantrag. Ich würde auch gern mal wieder länger als bis acht Uhr schlafen, aber ich fürchte die senile Bettflucht weiß das zu verhindern.
Antwort von:  Mitternachtsblick
25.05.2020 22:31
omg ich musste sehr über die senile Bettflucht lachen XD Freut mich wenn es dir gefallen hat <3
Von:  Phoenix-of-Darkness
2020-05-24T06:28:59+00:00 24.05.2020 08:28
Geschenktem Gaul guckt man nichts Maul....und ich nehme die Liebe sehr gern an. Auch wenn es BoYu ist 😅

Ich liebe die ruhige Atmosphäre des Morgens und würde sie gern auch haben.
Boris Traum ist einfach niedlich..ich kann es nicht anders beschreiben und die kleinen Details dabei sind sehr liebenswert.
Wirklich sehr gelungener Fluff
Antwort von:  Mitternachtsblick
25.05.2020 22:30
danke dir, freut mich wenn‘s gelungen fluffig war :3
Von:  WeißeWölfinLarka
2020-05-22T21:34:00+00:00 22.05.2020 23:34
Du hast nicht zu viel versprochen mit dem Zucker, but I have a sweet tooth und einen soft spot für boyu (krass, was man so bei entdeckt).
Die kleinen Randbemerkungen zur politischen Situation in Russland in Bezug auf gleichgeschlechtliche Ehe machen das ganze auch Bittersüß...

Oh aber ich hätte Yuriy auch ein wenig hauen wollen, weil er Boris Frage ständig ausweicht. Die Traumerzählung ist wundervoll und sie ist heimelig.
Hach.

Ach und
"Oxytocine, du Affe"
Beste Stelle XD (oxytitten - ich kann nicht mehr!!!!)

Vielen Dank für sie Nerfgunwidmung. Ich fühle mich slightly genötigt, weiterzuschreiben?

Danke für diese tolle gute Nacht Geschichte!
Antwort von:  Mitternachtsblick
25.05.2020 22:29
Freut mich, dass es dir gefallen hat, die Oxytitten gehen an die Herzensdame, die sich den Begriff Oxytocine einfach nicht merken kann XD
Von:  FreeWolf
2020-05-22T21:29:32+00:00 22.05.2020 23:29
SO VIEL FLUFF. AAAH. UND KAKAOMI.
Antwort von:  Mitternachtsblick
25.05.2020 22:28
I TOLD YOU ALL THE FLUFF


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