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My heart will wait

A Teddy Lupin x Scorpius Malfoy Oneshot
von

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My heart will wait.
 

[..]Es wäre mir niemals in den Sinn gekommen, dass sich das Leben so entwickeln könnte. 

Dass DU derjenige sein würdest, an den ich mein Herz verliere..ein zweites und letztes Mal in meinem Leben. [..]
 

Seit guten zwanzig Minuten starrte Teddy Lupin den Ring in seiner Hand an. Diesen Verlobungsring, den er eigentlich geplant hatte, Victoire zu schenken, seiner ersten und langjährigen Liebe. Zusammen aufgewachsen und gelebt, war es fast so, als wäre es ihnen vom Schicksal vorher bestimmt gewesen, irgendwann zu heiraten. Und bis vor kurzem war sich der junge Auror noch ziemlich sicher gewesen, dass sie dies auch tun würden. 

Doch jetzt, zwei Wochen nach dem Kauf des Schmuckstücks, hielt er es für unmöglich. Alles hatte sich verändert. Weil er wieder in sein Leben getreten war, nicht nur das, er war wie ein Wirbelsturm durch dieses gefegt und hatte alles durcheinander gebracht. Seine Gefühle, sein Denken, sich selbst. Alles, was er von sich zu wissen glaubte. 

Zwei Wochen früher..

Türkisblaue Haare schimmerten im schwachen Sonnenlicht des Märzmorgens und hoben sich vom Schwarz des Umhangs ab, den der sechsundzwanzigjährige Auror trug. Sein Blick galt dem imposanten Anwesen, das vor ihm aufragte und gleichzeitig beeindruckend und düster wirkte. Das Malfoy Manor. Seit gut zehn Jahren hatte Ted dieses Gebäude nicht mehr betreten. Einst war er hin und wieder dort zu Besuch gewesen, wenn seine Großmutter ihren Neffen besucht hatte. Die Familienzusammenführung hatte kurz nach dem Krieg stattgefunden und darüber hinaus war für ein paar Jahre ein enges Band entstanden. 

Doch dann hatte es einen großen Streit gegeben, kurz darauf war seine Großmutter verstorben und es hatte sich nicht mehr richtig angefühlt, dorthin zu gehen. Schon gar nicht alleine. Und jetzt stellte er sich die Frage, wie sich sein kleiner Cousin entwickelt hatte. Ein paar Mal hatte er ihn am Bahnhof gesehen zum Beginn des Schuljahres, doch gesprochen hatten sie nicht miteinander und der Lupin war sich nicht sicher, ob Scorpius sich überhaupt an ihn erinnerte. Immerhin war er erst sechs Jahre alt gewesen, als die Familie erneut zerbrochen war. 

Um seinetwegen war der Auror allerdings nicht hier, eigentlich rechnete er gar nicht damit, dass er überhaupt im Haus war. Schließlich war er sicherlich mit seiner neuen Ausbildung beschäftigt. Welche das wohl war? Von Lily wusste er, dass er wohl ein Quidditch-Ass war, vielleicht war er also Spieler geworden. Letztendlich stellte er seine Gedankengänge ab und trat auf das große Eingangstor zu. Er betätigte den Türklopfer und lauschte dem Hall des Klopfens in der geräumigen Eingangshalle. Es hörte sich irgendwie sehr vertraut an, als würden keine zehn Jahre dazwischen liegen. Nur wenige Sekunden später wurde die Tür aufgezogen und die piepsige Stimme einer Hauselfe erklang: "Ja bitte? Was kann Rini für sie tun, Sir?" 

"Guten Morgen, Rini. Ist Mister Malfoy zu Hause?", erkundigte er sich freundlich lächelnd, die dunkelbraunen Augen weiterhin auf dem kleinen Geschöpf liegend. Die Elfe nickte und fragte, wen sie ankündigen sollte, was der ehemalige Gryffindor mit seinem Namen beantwortete.

Rasch verschwand die Hauselfe im Salon, um Draco zu holen. Doch zu Teddys Überraschung brachte sie jemand viel Jüngeren mit sich. Niemand anderen als Scorpius. Im ersten Moment hätte er ihn kaum erkannt, wenn da nicht diese typisch grau-blauen Augen der Malfoys gewesen wären. 

"Teddy, was guckst du so überrascht?", sprach Scorpius ihn an, ein leichtes Lachen schwang in seinen Worten mit. Der Lupin war immer noch ein wenig zu überrascht, um sofort zu antworten. Er hatte den Jüngeren als blassen, schmalen Jungen in Erinnerung - natürlich, wenn man bedachte, wie jung er beim letzten Treffen gewesen war - in sich gekehrt und still. Und jetzt? Seine Haut war leicht gebräunt, seine Statur zeugte von regelmäßigem Training, er strahlte vor Lebendigkeit und sein Lachen wirkte echt, brachte auch seine Augen zum Strahlen. Das hier war eindeutig nicht mehr der selbe Junge, den er vor so vielen Jahren vor sich gehabt hatte.

"Tut mir leid", meinte Ted schließlich lächelnd, "ich hatte eigentlich mit deinem Vater gerechnet und nicht mit dir." 

"Er ist nicht da, verbringt die nächsten zwei Wochen in Frankreich", antwortete der Malfoy schulterzuckend und trat einen Schritt beiseite, "du darfst gern trotzdem eintreten, ich habe dich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen."

Es war, als wäre es nie zu einer so langen Trennung gekommen. Scorpius und Ted verstanden sich auf Anhieb wieder super. Es stellte sich heraus, dass der Malfoy sich zu Schulzeiten als kleiner Playboy hervorgehoben hatte, wie er grinsend und auch ein wenig stolz erzählte.

"Es gab kaum ein Mädchen, das mir widerstehen konnte. Das gilt auch für den Potter und Weasley-Clan", ließ Scorpius den Älteren wissen und trank einen Schluck Feuerwhiskey, "aber so genau wolltest du das jetzt wohl nicht wissen, nehme ich an?"

Lachend schüttelte Teddy den Kopf: "Nein, eigentlich nicht. Aber ich muss ehrlich zu geben, ich bin erstaunt, wie gut du dich entwickelt hast. Als ich dich zum letzten Mal gesehen habe, warst du noch das Ebenbild deines Vaters und jetzt.." Er ließ den Satz unbeendet und schmunzelte, während er den Inhalt seines Glases leicht schwenkte. Feuer prasselte im Kamin des Salons und hüllte den so kalt wirkenden Salon in angenehme Wärme. Es hatte sich nicht viel im Anwesen geändert, ein paar neue Gemälde waren dazu gekommen. Mehr nicht.

"Und jetzt?", hakte der junge Malfoy nach, die Augen interessiert auf seinem älteren Cousin hängend. Schalk blitzte in dem Sturm auf, den diese Augen so häufig bargen. Der Lupin suchte nach den richtigen Worten.

"Und jetzt siehst du einfach sehr verändert aus", nein, das traf es eigentlich nicht ganz, "jedenfalls ist es verständlich, warum die Mädchen dir nicht widerstehen konnten." Das klang irgendwie falsch in seinen Ohren. Aber es war eben wirklich so, er konnte es nachvollziehen. Jetzt rein aufs Äußerliche bezogen.

"Ich werte das jetzt einfach mal als Kompliment", lachte Scorpius und prostete ihm nochmal zu, ehe er das Glas in einem Zug leerte, "aber du hast dich nicht wirklich verändert.  Ich hätte gedacht, dass dir bunte Haare irgendwann zu kindisch werden."

"Solltest du auch so werten, genau so war es gemeint", gab der Ältere lächelnd zu. Immer noch ein wenig ungläubig, wie sehr er sich doch verändert hatte. Und wie gut er aussah. Von seinem Baby Cousin war nicht mehr viel übrig geblieben, stellte er abermals fest. Absolut nichts. Er würde sogar fast behaupten, er wäre in gewisser Weise attraktiv geworden. 

"Selbst wenn es kindisch sein sollte, ist mir das doch egal. Ich laufe nicht rum, um anderen zu gefallen", gab Ted schief grinsend zurück. Früher hatte das ein wenig anders ausgesehen, aber letztendlich machte es einen ja nicht glücklich, wenn man sich in irgendeiner Art und Weise verstellte.

"Finde ich gut. Du würdest mit einer normalen Haarfarbe vermutlich ganz schön langweilig aussehen", grinste Scorpius leicht, eigentlich würde er zu gern wissen, ob sie sich auch so weich und blau anfühlten, wie sie aussahen. Moment mal, wie sollte sich Blau denn bitte anfühlen? Kalt vielleicht? Was für ein Unsinn. Der Feuerwhiskey stieg ihm wohl schon zu Kopf.

Mit einer normalen Haarfarbe..irgendwie amüsierte Ted sich über diese Formulierung. Was war schon normal? Sein Blick schweifte abermals durch den Raum, es weckte Erinnerungen in ihm. Wie er Scorpius vorgelesen hatte, wenn die Erwachsenen damit beschäftigt gewesen waren, irgendwelchen langweiligen Kram zu besprechen. Wie der damals fünfjährige Malfoy ihm auf dem Klavier fehlerlos ein kompliziertes Stück vorgespielt hatte. Schon zu der Zeit hatte Ted das übertrieben gefunden und das tat er immer noch. Deshalb hatte er auch immer versucht, ihn ein wenig nach draußen zu locken. 

"Wie sieht's eigentlich aus?", fragte der Lupin anschließend, "Konnte dich jemand für sich gewinnen?" Das war zwar eher ein Mädchenthema, aber es interessierte ihn trotzdem. Immerhin musste er doch wissen, wie es bei seinem kleinen Cousin so aussah.

"Nein..also eigentlich nicht", antwortete Scorpius ein wenig zögernd, ehe er schon wieder grinste, "aber hey, ich bin noch jung, ich brauche mich nicht festzulegen!"

Dieser Enthusiasmus ließ Ted auflachen: "Wo du recht hast, hast du recht. Genieß dein Leben, es gibt Wichtigeres als das." Und der Kleine war ja wirklich noch jung, noch keine neunzehn Jahre alt, also konnte er sich ruhig noch Zeit damit lassen. Sich erstmal richtig austoben, wie man so schön sagte. 

"Bist du noch mit..Victoire zusammen?", hakte der Blonde nach, das war doch der richtige Name? Ob er sich recht erinnerte, wusste er nicht. Er hatte ihn nur einmal mit ihr zusammen gesehen, vor so vielen Jahren auf Gleis 9 3/4, als er sie zum Abschied geküsst hatte. Eine wirklich ziemlich schöne junge Frau und soweit er wusste, mit Veela-Genen. Kein Wunder, dass Ted ihr verfallen war. Dachte er sich jedenfalls.

"Ja, bin ich. Das wird sich so schnell wohl auch nicht ändern." 

 

[..]Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.[..]
 

Einige Tage später..

Scorpius stand in Hogsmeade. Es war einige Monate her, seit er zuletzt hier gewesen war. Der Abend seines Abschlusses war das letzte Mal gewesen, als er mit seinem Freundeskreis feiern gewesen war. Doch jetzt trieb ihn etwas ganz Anderes her..oder eher, jemand ganz Anderes. 

Er war tatsächlich hier, um sich mit Teddy zu treffen und darauf hatte er sich den ganzen gestrigen Tag so sehr gefreut, dass er kaum ein Auge zugetan hatte. Als Kind hatte er den Älteren immer sehr bewundert, hatte ihn cool gefunden und wollte so werden wie er. Seine Besuche waren irgendwie immer ein Lichtblick in seiner eher düsteren Welt gewesen, obgleich sie beinahe zehn Jahre trennten. Als seine Besuche plötzlich aufgehört hatten, war er untröstlich gewesen und hatte seinen Cousin wirklich ziemlich vermisst. Je älter er wurde, umso mehr. Was total paradox war, immerhin hätte er ihn eigentlich vergessen sollen. Doch konnte er das nie. Es war ihm schier unmöglich, die warme und doch rauhe Stimme zu vergessen, die ihm manchmal stundenlang vorgelesen hatte. Die dunklen Augen, die immer vertrauensvoll und voller Wärme auf ihn geblickt hatten und das immer bunte Haar, das ihn so deutlich repräsentierte. Es ging einfach nicht. Und nachdem er ihn am Bahnsteig wiedergesehen hatte, war das  noch mehr aufgeblüht. Es war nur schade, dass Ted ihn nicht gesehen hatte und letztendlich hatte Scorpius hier und da ein bisschen was über ihn aufgeschnappt, immerhin war er mit ein paar der Weasley im selben Jahr gewesen. Jetzt stellte er sich die Frage, warum er ihm nicht einfach geschrieben hatte. Es war ja nicht so, als wäre es ihm verboten gewesen. Ob er Angst gehabt hatte, dass ihm nicht geantwortet wurde? Oder eher vor dem, was in einer Antwort stehen würde? Das konnte er sich wohl nicht beantworten, stellte er seufzend fest und drückte die Zigarette an der Wand aus, ehe er sie in den Mülleimer beförderte.

"Zu spät ist zu spät, da kann man nichts machen", sagte er sich selbst und blickte auf, als er Schritte vernahm. Am anderen Ende der Straße tauchte der blaue Haarschopf des Auroren auf, jedoch trug er heute nicht seine Arbeitskleidung, sondern war in eine lockere Jeans und einen unauffälligen Pulli gekleidet. Natürlich..die Haare waren ja schon auffällig genug. Scorpius fragte sich, wie es möglich war, dass jemand in solch schlichten Klamotten so auffällig gut aussehen konnte.  Gut, der gebürtige Malfoy fand sich selbst auch ziemlich gut aussehend, das war überhaupt keine Frage. Trotzdem kam wieder dieses Gefühl von Bewunderung in ihm auf, als er das Lächeln des näherkommenden Lupins erwiderte.

"Entschuldige", war das erste, was Ted zu ihm sagte, als er nahe genug war um nicht schreien zu müssen, "wartest du schon lange?" Grinsend zerwuschelte er Scorpius die Haare, was dieser so gar nicht nett fand..es aber trotzdem durchgehen ließ, immerhin war es Ted. Und offensichtlich freute dieser sich, ihn zu sehen. 

Dessen Frage beantwortete er mit einem Kopfschütteln: "Nein, ich bin selbst eben erst angekommen. Ich freu mich, dass du Zeit hast." Das tat er wirklich, hätte es nicht für möglich gehalten, dass er ihn so schnell wiedersehen würde. Aber natürlich war das definitiv besser als wieder jahrelang zu warten.

"Klar doch..wenn mein Babycousin schon so lieb danach fragt, kann ich doch nicht einfach nein sagen", antwortete der ehemalige Gryffindor immer noch grinsend, doch der Jüngere verzog das Gesicht. Babycousin...er wollte nicht, dass Ted ihn als Kind sah, schließlich war er keins mehr! Schon lange nicht mehr.

"Ich bin kein Kind mehr, also nenn mich nicht so", beschwerte er sich dann also auch und ärgerte sich darüber, wie quenglig das klang. Kindisch. Super, hatte er toll unter Beweis gestellt. Er biss sich auf die Unterlippe und schüttelte leicht grinsend den Kopf, wirklich albern.

"Tut mir leid, eine alte Angewohnheit von mir", verteidigte Ted sich lachend, "also, wo willst du hin? Ins Drei Besen?" In den Eberkopf würde der Jüngere wohl eher nicht wollen. Der war schließlich ziemlich runtergekommen, das hatte sich in den letzten Jahren wohl kaum geändert.

"Mir an sich egal", antwortete Scorpius, solange er sich weiter mit Ted unterhalten konnte,  würde er sich auch hier und jetzt auf den Boden setzen, "aber Drei Besen klingt gut." 

Damit setzte er sich gleich auch schon in Bewegung. Ted folgte ihm direkt und ließ seinen Blick durchs Dorf schweifen.

"Es hat sich wirklich nichts verändert hier", stellte der Lupin fest. Wenigstens etwas hatte sich nicht verändert. Das hatte irgendwie etwas Beruhigendes, denn die meisten Veränderungen passierten doch viel zu schnell. Sein Blick lag auf dem Jüngeren, der wenige Schritte voraus lief. 

Scorpius lachte über seine Aussage: "Sicher? Ich denke schon, dass sich hier einiges verändert hat. Nicht zuletzt die Person, mit der ich unterwegs bin. Das letzte Mal war ich mit Schulfreunden hier..zu Schulzeiten." Sein Nacken kribbelte leicht, immer ein sicheres Zeichen dafür, dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit einer Person stand. Aber konnte das wirklich sein? Warum sollte Teddy ihn schon so genau mustern? Trotzdem ließ der Gedanke, es könnte so sein, sein Herz ein wenig schneller schlagen. Egal, wie albern das war, es hörte doch sowieso keiner. Er trat in das Lokal ein, das um diese Tageszeit recht rar besucht war, aber das war gut. Dann musste man nicht herumschreien, um sich zu unterhalten.

"Und ist das jetzt etwas Gutes oder Schlechtes?", hörte er den Älteren fragen, selbst ohne hinzusehen hörte der Blonde ein Lächeln in seiner Stimme. Man, der Name Teddy passte einfach perfekt, hatte ihm das wohl schon einmal jemand gesagt? Er war ja irgendwie niedlich wie einer. Oh man, das war natürlich eine sehr schmeichelnde Umschreibung für einen erwachsenen Mann. Der Malfoy raffte erst nach ein paar Sekunden, dass Ted eine Antwort von ihm erwartete. Schnell legte er eine Miene auf, als hätte er darüber erst nachdenken müssen, dann lachte er: "Etwas Gutes, ausnahmsweise. Solange du mich nicht Babycousin nennst, versteht sich." Damit setzte er sich an einen freien Tisch und grinste hoch zum Blauhaarigen.

Lachend setzte der Auror sich ihm gegenüber: "Du bist aber nun mal mein kleiner Babycousin. Nur nicht mehr ganz so klein." 

Ein wahnwitziger Gedanke ging Scorp durch den Kopf, doch den behielt er dann doch lieber für sich und sprach stattdessen etwas anderes aus: "Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber aus den Windeln bin ich auch schon draußen." Na hoffentlich war ihm das aufgefallen, sonst müsste er sich vielleicht doch Sorgen um seine Erscheinung machen. Wenn er immer noch den Eindruck vermittelte, Windeln zu tragen.

"Natürlich ist mir das aufgefallen. Ich habe Augen im Kopf", ließ Ted ihn wissen, "und steht dir auch gut..so ganz ohne Windeln." Das konnte er sich wohl nicht verkneifen. Scorpius verdrehte die Augen und ließ ein "Idiot" hören, ehe er zwei Gläser Feuerwhiskey bestellte.

Es war Abends, die Sonne war längst untergegangen und Ted und Scorpius saßen mittlerweile in einer Muggelbar in London. Seit Stunden unterhielten sie sich über die Vergangenheit, über das, was so passiert war in den Jahren oder redeten über irgendwelchen Blödsinn. Zwischenzeitlich heckten sie sogar Pläne aus, sich gegenseitig im Quidditch zu schlagen oder in irgendwelchen anderen Disziplinen. Der Alkoholpegel stieg und mit ihm auch der Wagemut. 

"Ach komm schon, Scorpius..sei doch nicht so schüchtern", lachte Ted und zerwuschelte dem Jüngeren die Haare, "es tut auch gar nicht weh."

Scorpius schüttelte ziemlich entschieden den Kopf, um die Nase rum war er rot: "Ich blamiere mich doch nicht freiwillig! Das gehört sich einfach nicht." Das konnte sein Cousin doch wirklich nicht von ihm verlangen.

Belustigt zog der Andere die  Augenbrauen hoch: "Ich dachte, ein Malfoy kann sich nicht blamieren?"

Der Blonde wurde noch eine Spur röter und murmelte etwas Unverständliches in sein Glas, welches er dann mit einem Zug leerte. Das war echt gemein, was Ted von ihm wollte. Das könnte ihn seinen guten Ruf kosten, wenn hier irgendjemand war, der ihn kannte. Er stellte das Glas auf den Tisch und stand auf: "Na schön. Unter einer Bedingung: Du kommst mit." Grinsend sah er auf den Älteren hinab. Glühten seine Wangen wirklich so sehr? Dabei konnte das wohl kaum so schlimm werden. Doch er hoffte trotzdem, dass Ted mitmachen würde. Schon allein, weil das bedeuten würde, noch was mit ihm zu machen. Selbst, wenn es absolut peinlich war. Aber dann blamierten sie sich wenigstens zu zweit.

Ted sah den Jüngeren kurz an, dann sprang er schon auf: "Klar, wieso nicht.  Wenn man sich nicht hin und wieder blamiert, lebt man nicht richtig. Aber ich warne dich, ich kann das überhaupt nicht."

Überraschung glitt über die Miene des Blonden, als der Lupin tatsächlich aufstand, dann lächelte er. Dadurch kam ihm die Aufgabe schon viel weniger schlimm vor. Er setzte sich in Bewegung und trat auf die kleine Bühne zu. Er konnte nicht fassen, dass er sich dazu hatte überreden lassen, aber was tat man nicht alles dafür, mit Ted Spaß zu haben? Er war sicher, dass der Lupin das auch gut konnte, in seiner Vorstellung konnte er einfach alles.

"Ich bin sicher, dass du das sehr gut kannst, du machst dich immer kleiner, als du bist..das hast du schon vor zehn Jahren gemacht", grinste Scorpius also überzeugt und drückte dem Älteren das Mikrofon in die Hand, welche er mit seiner eigenen kurz streifte. Selbst diese kleine Berührung sorgte beinahe dafür, dass die Funken sprühten. Zumindest von seiner Seite aus. Wie es sich wohl anfühlen würde, diese warme Hand mit seiner zu umschließen? Wäre sie weich oder doch eher rauh? Innerlich schüttelte der Malfoy den Kopf, was dachte er denn da schon wieder? Konnte er diese Gedanken nicht einfach mal abstellen? Seit Ted wieder in sein Leben getreten war, kam ihm das schlimmer als je zuvor vor. 

Als die ersten Klänge des Songs angespielt wurden, lachte Ted wieder: "Na hervorragend, der Song ist doch perfekt." Der ehemalige Slytherin blinzelte etwas verwirrt und verpasste fast seinen Einsatz, doch dann trällerten sie auch schon zusammen 'Walking on Sunshine' und Scorpius hätte nie gedacht, dass es solchen Spaß machen könnte, sich zu blamieren. 

 

[...]Liebe auf dem ersten Blick ist ungefähr so zuverlässig wie Diagnose auf den ersten Händedruck.[..]
 

Atemlos und lachend ließ Ted sich neben seinen kleinen Cousin auf die Bank fallen: "Man, ich hab jetzt wirklich keine Puste mehr, tut mir leid, das nächste Mal musst du wohl alleine los." Dafür, dass er den Jüngeren erst fast hatte zwingen müssen, mit ihm Karaoke zu singen, bekam er ihn jetzt gar nicht mehr davon weg. Der angestiegene Alkoholpegel war wohl einer der Gründe dafür, aber hey - Scorpius war erwachsen, er musste selbst entscheiden, was und wie viel er trank. Und irgendwie sah er auch ganz schön süß aus mit den roten Wangen, dem leicht glasigen Blick und diesem so typischen und unwiderstehlichen Dauergrinsen. Und wer  hätte gedacht, dass sie sich so gut verstehen würden, nach all den Jahren? Der Lupin jedenfalls nicht, er war darüber wirklich überrascht. Doch er fand es mehr als klasse. 

"Ich kann warten, Teddylein", versicherte Scorp ihm grinsend und strich sich durch die blonden Haare, "aber ich hab doch gesagt, dass du dich kleiner machst als du bist! Du singst gut." Er könnte ihm wirklich stundenlang zuhören, schon allein dafür lohnte es sich seiner Meinung nach, mit ihm dort oben zu stehen.

Ein etwas verlegenes Lächen zeigte sich flüchtig auf Ted's Lippen, das konnte der Kleine doch nicht wirklich ernst meinen: "Der Alkohol hat wohl deine Wahrnehmung verzerrt, mein lieber Scorpius. Eigentlich sollten dir die Ohren bluten." Aber natürlich war er froh, dass das nicht passierte, sonst wäre der Abend ziemlich schnell an seinem Tiefpunkt angekommen und im Moment war es einfach..perfekt. Schon lange nicht mehr hatte sich der Auror so unbeschwert gefühlt, das hatte er nicht einmal, wenn er mit Vic zusammen war. Was mitunter bestimmt daran lag, dass sie sich seit Jahren fast dauerhaft sahen. Ausnahme waren nur die vier Jahre gewesen, in denen er und dann sie allein in Hogwarts gewesen waren.

Apropos Vic..er warf einen kurzen Blick aufs Handy, es war kurz vor Mitternacht. Aber er hatte noch keine Nachricht von ihr, also hing sie wohl auch noch in der Arbeit fest. Als Heilerin hatte sie ziemlich viel zu tun und eigentlich wohnte sie halb im St. Mungos, so wie er halb im Ministerium wohnte.

"Tun sie aber nicht. Musst du gehen?", fragte der Jüngere nach, mit deutlichem Bedauern in der Stimme. Das wäre schade, wo es doch gerade so lustig war. Er trank einen Schluck aus der Bierflasche, eigentlich schmeckte ihm das Zeug gar nicht warm, aber er war wirklich durstig.

"Nein, ich hab morgen frei, also kann ich noch bleiben", sagte Ted lächelnd und schob das Handy zurück in die Hosentasche. Er hatte auch gar nicht das Bedürfnis, nach Hause zu gehen oder sonst wohin. Wenn es nach ihm ginge, könnte er gerade für immer und ewig hier mit ihm bleiben und einfach weiter Spaß haben.

Die Sonne ging bereits auf, als Ted und Scorpius die Straße hoch kamen, wobei es torkeln wohl besser traf. Die beiden Männer hatten noch ziemlich ordentlich getrunken, immerhin war das mehr oder weniger eine Wiedersehensfeier gewesen und da war das okay.

Einen Arm um die Schultern des jeweils anderen geschlungen, machten sie den Gehweg unsicher, wieder laut 'Walking on Sunshine' singend. Scorpius konnte sich noch weniger auf den Beinen halten als Teddy und schließlich verlor er den Halt und setzte sich geradewegs in einen Busch. 

"Huups, so war das aber nich geplant", lachte der Blonde, zwischenzeitlich entwischte seinen Lippen ein Hicksen. Auch der Lupin musste lachen, schnappte japsend nach Luft: "Und, is es begwem?" Es sah jedenfalls ziemlich bequem aus, musste er sich eingestehen. So weich wie ein Kissen. Immer noch lachend streckte er die Hand nach seinem Babycousin aus, um ihm hochzuhelfen.

"Es is bequem..solltest du auch mal probieren", brachte der Blonde nuschelnd zwischen dem Lachen hervor und ergriff dann Teddys Hand. Huch. Sie war weich und warm. Jetzt hatte er seine Antwort auf die Frage, die er sich vor geraumer Zeit gestellt hatte. 

Grinsend zog der Blauhaarige ihn hoch und verlor dabei beinahe selbst das Gleichgewicht, aber irgendwie schaffte er es, leicht schwankend, stehen zu bleiben. Durch den Schwung stand Scorpius ihm jetzt allerdings wirklich nahe, so nahe, dass seine Körperwärme auf ihn abstrahlte. Es war beinahe so, als wäre die Luft zwischen ihnen aufgeladen und knisternd, wie verrückt. Unter der Schicht aus Zigarettenrauch und dem deutlichen Dampf von Alkohol brach der ihm ganz eigene Duft noch hervor, den Ted mit Pfefferminz, Zitrone und Chili vergleichen würde und er konnte Scorpius' warmen Atem auf seinen Lippen spüren. Was ihm irgendwie ein ganz komisches Gefühl in der Magengegend bescherte. Aber so schnell, wie dieses Gefühl aufgekommen war, war es auch wieder weg, als der Blonde sich zur Seite lehnte, um tief Luft zu holen. Erst jetzt fiel Ted auf, dass der Malfoy immer noch lachte. 

"Lieber nicht. Pflanzen und ich, das war schon immer eine ungute Mischung", antwortete Ted endlich auf seine Aussage und grinste leicht. Wie gut, dass der Jüngere so neben der Spur war, sonst wäre ihm das lange Schweigen aufgefallen und so gut wäre das bestimmt nicht gewesen.

"Kann ich mir gar nicht vorstellen, warum das denn nicht?", erkundigte der Blonde sich belustigt und klammerte sich am Oberarm des Anderen fest, um irgendwie Halt zu bekommen, seinen Beinen traute er jetzt nämlich gar nicht mehr. Wie er sich leise lachend eingestehen musste. Denn irgendwie fühlten sie sich gummiartig an und seine Welt drehte sich zudem auch noch. Keine gute Kombination.

Teddy zuckte die Schultern: "Naja, bei mir sterben alle Pflanzen und in Kräuterkunde war ich auch nie gut. Kannst du denn laufen?" Es sah schon ein wenig ulkig aus, wie der Jüngere sich an ihn klammerte, die Wärme seiner Hände war durch den Stoff seines Hemds zu spüren, obwohl es eigentlich ziemlich kalt war, trug er seine Jacke nämlich nicht. Die Kälte sorgte auch dafür, dass er ein wenig nüchterner geworden war, je weiter sie gelaufen waren. 

"Bin mir ehrlich gesagt nicht sicher", gab Scorpius etwas peinlich berührt zurück und der rote Schimmer kehrte zurück in seine Miene, "oh man, wenn mein Vater nach Hause kommt wird das eine Katastrophe." Zwar war der  Blonde volljährig, dennoch musste er sich an gewisse Regeln halten, solange er im Malfoy Manor wohnte. Also für immer. Denn irgendwann würde er das Anwesen erben, wenn sein Vater ins Jenseits einkehrte. Dabei wollte er viel lieber ausziehen. In ein weniger pompöses, viel mehr gemütliches und kleines Haus. Der Malfoy mochte Luxus, ohne Frage, wer tat das nicht? Doch irgendwann wurde man selbst diesem überdrüssig, wenn man ihn stets um sich hatte und das Manor war einfach viel zu groß und zu kalt. Man fühlte sich dort einsam. Und seit er sich zu Schulzeiten mit Lily Potter angefreundet hatte, wusste er, dass Luxus auch etwas ganz Anderes sein konnte als Besitztümer. 

"Er hat sich also nicht verändert", stellte der Ältere fast ein wenig amüsiert fest. Draco Malfoy war schon früher ein strenger Vater gewesen, dem viel zu viel am Ruf und Image lag, wohin gegen Gefühle nicht seine Stärke waren. Es sei denn, sie betrafen Ärger, dann war er groß im Zeigen. Und dieser Gedanke beunruhigte den Lupin.

"Du kommst eben mit zu mir", fügte er daher an und schließlich ging er in die Hocke, "hüpf rauf, ich trag dich. Bevor du noch mal im Gebüsch landest, beim nächsten Mal kann ich dich vielleicht nicht mehr rausfischen." Das war ja jetzt schon kaum gut gegangen. Also eigentlich schon, aber wie auch immer. Seine Gehirnwindungen schienen gerade ein wenig im Stau zu stecken.

Scorpius sah ihn etwas verwundert an, ehe er den Kopf schüttelte, immer noch etwas rot um die Nase: "D-das geht doch nicht! Ich bin kein kleines Kind mehr,  ich kann gut alleine laufen." Er konnte sich doch nicht von Teddy Huckepack nehmen lassen, wie sah das denn aus? Aber frustrierend, dass er ihn scheinbar immer noch als Kind sah. Was musste er denn noch tun, um zu beweisen, dass er keins mehr war? Er hatte getrunken, mit ihm über ein paar sexuelle Erlebnisse gesprochen und scheiße man, sogar eine politische Diskussion geführt, wie erwachsen konnte man denn noch sein?

"Hat man ja gesehen", sagte der Auror leicht sarkastisch, "oder war es geplant, den Busch zu umarmen? Wenn ihr alleine sein wollt, ich kann auch ohne dich weitergehen." Ein spitzbübisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht, Scorpius konnte sich aber auch wirklich anstellen! Es ging hier doch gar nicht darum, ob er ein Kind war oder nicht, er wollte nur nach Hause und ihn heil dorthin bringen.

"Nein, aber- man, das geht nicht, ich bin auch viel zu schwer", erwiderte der Blonde immer noch ziemlich dagegen gestellt. Obwohl er ihm so wirklich nahe sein könnte, aber das wäre irgendwie demütigend..

"Stell dich nicht so an, ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich friere mir langsam alles ab und wenn du jetzt nicht machst, kommen wir gar nicht mehr nach Hause, dann musst du einen Eiszapfen rumschleppen", forderte der Blauhaarige ihn auf und sah ihn ebenso auffordernd an. Immerhin wollte er den Jüngeren doch in Sicherheit wissen. Nur, wer beschützte ihn vor ihm? Eine Frage, die ihn leicht grinsen ließ, was zu einem triumphierenden Lächeln wurde, als Scorpius wirklich auf ihn zutrat. Wenige Sekunden später erhob er sich mit dem Blonden auf dem Rücken und setzte sich wieder in Bewegung, die schlanken, aber doch etwas muskulösen Arme seines Cousins schlangen sich ein wenig zaghaft um seinen Hals, um besseren Halt zu haben. Auch jetzt bescherte ihm diese Nähe ein mulmiges, aber keineswegs unangenehmes Gefühl, zwischenzeitlich stellte er sich die Frage, wieso er sich auf dieses so einließ. Aber an Vic dachte er kein weiteres Mal an diesem Abend, während seine Beine sich anfühlten, als würde er auf Wolken laufen.

Scorpius hatte es also getan. Nun hielt er sich am Älteren fest, es war ihm trotzdem etwas peinlich, dass dieser ihn trug. Er müsste jedoch lügen, wenn er sagen würde, dass es ihm nicht irgendwie gefiel. Vor allem durch die Nähe. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er betete inständig, dass Ted das nicht mitbekam. Seine Wärme drang bis zu den Poren seiner Haut, selbst durch den Stoff seiner Kleidung, ein paar der blauen Haare kitzelten seine Wange. Durch die verschiedenen Gerüche der vergangenen Nacht stach auch Ted's eigener Duft hervor, der ihn an eine Mischung von Zimt und Schokolade erinnerte und obwohl er eigentlich von Beidem kein großer Fan war, fing er an, diesen Duft zu lieben.

Es war erstaunlich, wie gleichmäßig Teddys Schritte waren, trotz des vielen Alkohols in seinem Blut. Gleichmäßig und kraftvoll, wie schaffte er das? Sie waren gleich groß und der Malfoy würde drauf wetten, dass er schwerer war als sein Cousin und trotzdem schien es diesem kaum Mühe zu bereiten, ihn zu tragen. Wie war das möglich? 

"Bist du Superman?", fragte der Jüngere ganz unbedacht, im nächsten Moment schämte er sich schon für diese kindische Frage. So viel zum Thema erwachsen sein.

Teddy lachte leicht: "Ich wär's gerne, aber nein. Wieso fragst du?" Er blieb an einer Ampel stehen und drückte den Knopf, ehe er den Kopf leicht nach hinten neigte, um den Blonden ansehne zu können: "Sehe ich aus wie Superman?"

Scorpius schüttelte den Kopf: "Nein, viel besser. Aber weil du mich einfach so tragen kannst.." Bei Merlins Unterhose, er gab nur Blödsinn von sich! Zum Glück war er angetrunken, darauf konnte er es im Zweifelsfall immer noch schieben. Jetzt wollte er sich doch lieber erfreuen, an der ganzen Situation hier. Egal, wie peinlich sie teilweise auch war.

"Ich sehe also viel besser aus als Superman, coole Sache", grinste Ted selbstzufrieden und überquerte die Straße, "man sollte sich eben nie vom Äußeren täuschen lassen." 

Und da hatte er mal wieder recht. Unauffällig lehnte Scorp sich ein wenig weiter nach vorne, um näher bei ihm zu sein, während der restliche Weg mit Schweigen zurück gelegt wurde. Nach wenigen Minuten traten sie auf ein kleines Haus zu, das auf den ersten Blick aussah, als wäre es einem Kinderbuch entsprungen. Es war in himmelblau gestrichen, die Fensterrahmen waren weiss, ebenso die Haustür. Der Rasen vor dem Haus war gemäht und unter dem Fenster war ein Blumenbeet angelegt, die ersten Blumen des Jahres streckten sich zögerlich der noch etwas kalten Morgensonne entgegen. Ein Apfelbaum, von dem eine Schaukel hing. 

"Du bist eine Vorstadtfrau", rutschte es Scorpius raus und noch ehe er sich für diese gemein klingende Aussage entschuldigen konnte, lachte der Lupin. Man, war das schon wieder peinlich, aber wer würde bei so einem Anblick nicht auf so eine Aussage kommen? Da fiel ihm wieder ein, dass Ted doch eine Freundin hatte und das Herz sackte ihm in die Hose, vielleicht war das alles also ihr Werk. 

"Kann man so sagen, ja", gluckste Ted erheitert und setzte den Jüngeren vorsichtig ab, um seine Schlüssel aus der Hosentasche zu ziehen, "vielleicht sollte ich dem Frauenverein der Nachbarschaft beitreten." Als er die Haustür aufgeschlossen hatte, ließ er Scorpius den Vortritt und schloss hinter sich wieder ab.

"Ich kann auch auf der Couch schlafen, wenn es dir unangenehm ist", bot Teddy eine halbe Stunde später an. Nachdem sie beide duschen gewesen waren - nacheinander verstand sich - standen sie jetzt im Schlafzimmer. Das Gästezimmer war noch mitten im Aufbau und ins Wohnzimmer wollte er seinen Gast eigentlich nicht schicken, da würde er schon eher selbst gehen. Also hatte er ihm angeboten, bei ihm zu schlafen. Und was war da schon groß dabei? 

Eine ganze Menge, klang es in seinem Kopf, denn diese verdammte Anziehung war immer noch da, auch wenn er mittlerweile wieder fast ganz nüchtern war. Das war einfach kompletter Unsinn. Er liebte Vic und im Mai wollte er ihr einen Heiratsantrag machen, was sollte dieser Mist hier also? Es handelte sich hier um Scorpius, um seinen kleinen Cousin, der gar nicht mehr klein war, wie sich in diesem Moment wieder ganz deutlich zeigte. Dass er nur eine von Teds Jogginghosen trug, machte die Sachen nämlich ganz und gar nicht besser. Der Blick auf seinen Oberkörper war somit absolut frei und dieser lohnte sich absolut. Deutliche Muskeln zeichneten sich unter der gebräunten Haut ab und doch nicht so viele, dass es bodybuildermäßig wirkte. Genau richtig. Eigentlich hatte der Lupin gedacht, dass das alles nur eine Phase gewesen wäre, damals in Hogwarts mit Dustin Nott. Sogar ziemlich sicher war er gewesen, nach ihm hatte er nie wieder Interesse an einer männlichen Person gehabt. Und jetzt erwischte es ihn ausgerechnet bei ihm? Das Leben war nicht fair.

"Nein, es ist mir nicht unangenehm", antwortete Scorpius ihm grinsend, "ich meine, du heißt zwar Lupin, ich glaube aber trotzdem nicht, dass du ein böser Wolf bist. Oder hast du vor mich zu fressen?"

Ted's Gedanken brachen ab und er musste lachen, ehe er den Kopf schüttelte: "Nein, eigentlich nicht. Das wäre wohl eine ziemliche Sauerei." Obwohl er wirklich zum Anbeißen aussah. Nein, zum Anbeißen war, traf es noch besser. Er ging auf sein Bett zu und machte es sich anschließend auf diesem bequem, hob die Decke auf der anderen Seite hoch und blickte in stiller Aufforderung zu Scorpius. 

Der Malfoy zögerte einen Moment lang. Er hatte zwar gesagt, es wäre ihm nicht unangenehm, aber mit Teddy in einem Bett? Es machte ihn nervös, wenn er ehrlich war. Dass aus seiner stillen Bewunderung in so kurzer Zeit wirklich mehr geworden war, beunruhigte ihn etwas und doch  konnte er nicht aus seiner Haut. Ted war alles, was er sich von einer Person wünschte und das machte ihn schwach. Verletzlich. Scorpius hatte sich nie verliebt. Seine Bettgeschichten waren nichts anderes als das geblieben. Seine kurze Beziehung mit Lucy Weasley hatte er auch nur mehr als Mittel zum Zweck geführt, sie war eine Künstlerin im Bett, aber nach drei Wochen war selbst sie ihm langweilig geworden, sie konnte ihn innerlich auch nicht berühren. Und dann tauchte Ted wieder in seinem Leben auf und riss seine Mauern wie ein Orkan nieder. Machte ihn - irgendwie und in gewisser Weise - beinahe abhängig. Verursachte ihm Herzrasen, Bauchkribbeln, veranlasste ihn zu dämlichen Verhalten. Die ganzen Klischees. Das war auch nicht gerade fair. Er riss sich von seinen Gedanken los und trat aufs Bett zu, seine Beine fühlten sich wie Butter an. Zu seiner Erleichterung schaffte er es aber auf die Matratze zu klettern, ohne sich die Blamage eines Zusammenklappens zu liefern. Oh man. Zusammen im Bett, unter einer Decke, mit diesem Mann. Er musste doch träumen.

Eine Weile herrschte Schweigen und Ted musste sich ein Grinsen verkneifen. Es war schon ziemlich lange her, seit sie ein Bett geteilt hatten, elf Jahre, um genau zu sein. Und die Umstände hatten sich ganz schön geändert. Gewiss hatte er ziemlich viel verpasst im Leben des Jüngeren, doch er war froh, ihn jetzt wieder um sich zu haben. Das unangenehm angenehme mulmige Gefühl stieg an, als er sich bewusst wurde, wie nahe sie sich schon wieder waren, das Bett war nicht unbedingt groß und somit berührten sich ihre Schultern und ab und an ihre Hände, wenn sich einer von ihnen irgendwie umdrehte. Schlafen konnten sie aber anscheinend beide nicht. Die Atmosphäre zwischen ihnen war aufgeladen, man konnte es beinahe knistern hören. Sexuelle Spannung. Unbehagen. Sehnsucht. Dinge, die sie beide empfanden und dennoch beim Anderen nicht vermuten würden. Der Lupin schloss die Augen, versuchte, irgendwie einzuschlafen. Den Kopf bekam er allerdings wirklich nicht frei und die Anwesenheit des Jüngeren war einfach viel zu spürbar und präsent. Doch anscheinend musste er doch eingeschlafen sein und träumen, nach einigen Minuten spürte er etwas warmes, weiches auf seinen Lippen. Als er die Augen in Verwunderung aufschlug, befand sich Scorpius' Gesicht nah an seinem. Sehr nah an seinem. Er konnte jede einzelne Wimper sehen, obwohl die Vorhänge das Tageslicht zum Großteil absorbierten. Der lockere und ein wenig unsichere Ausdruck war aus den sturmgrauen Augen des Blonden verschwunden, er wirkte entschlossen.

"Was tust du da?", murmelte Ted etwas irritiert und auch ein wenig schläfrig, obwohl er sehr gut wusste, was er getan haben könnte und wohl auch hatte. 

"Ich bin kein Kind mehr."

"Das weiß ich."

"Gut."

Schweigen. 

Dann: "Siehst du mich als Kind?"

Ted zog die Augenbraue hoch und setzte sich halb auf, gestützt auf seine Ellebogen: "Wie kommst du jetzt darauf?"

"Du nennst mich immer Babycousin."

"..."

"Also?"

"Nein. Nein, ich sehe dich nicht als Kind. Aber das macht es irgendwie einfacher."

Nun war es Scorpius, der die Augenbrauen hochzog. Leichter? Wie sollte er das denn verstehen? Immer noch blieb er ihm nahe, wie in Lauerstellung, um jederzeit wieder in den Genuss seiner Lippen auf den eigenen kommen konnte. Was genau ihn dazu bewogen hatte, konnte der Jüngere wirklich nicht sagen, es war eine spontane Handlung gewesen. Und Ted hatte ihn nicht von sich gestoßen, das war doch gut, oder?

"Was macht es denn einfacher?", fragte er etwas leiser, fürchtete sich irgendwie vor der Antwort. Einfacher, ihn wieder aus dem Leben zu verdrängen möglicherweise?

Ted schwieg vorerst. Wie sollte er ihm dieses Gefühlschaos erklären, das Scorpius in ihm ausgelöst hatte? Wobei es andererseits nicht nur ihn betraf, wie es schien, immerhin hatte er ihn geküsst. Einfach so, aus heiterem Himmel. Neugier? Womöglich.

"Es macht es einfacher, einen gewissen Abstand zu wahren." 

Scorpius schluckte. Das war nicht die Antwort, die er erwartet hatte, es war..eine viel bessere Antwort und dennoch verwirrend. Doch er wollte keinen Abstand, sie waren beide hier und er wollte verdammt sein, wenn er das nicht nutzte. Ohne länger darüber nachzudenken, küsste er Ted wieder, leidenschaftlich, bestimmt, besitzergreifend. Und der Lupin wurde schwach, ging darauf ein. Erwiderte es, die Bedenken waren vorerst beiseite gefegt und aus dem geplanten Schlafen wurde ein miteinander Schlafen.

 

[..]An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.[..]

 

Heute

Seufzend schob Ted den Verlobungsring zurück in die Schatulle und klappte sie zu. Seit jener Nacht - oder eher jenem Morgen - hatte er Scorpius nicht mehr gesehen, eine Entscheidung, die von beiden Seiten gekommen war. Und er wusste nicht, was er machen sollte. Er konnte nicht leugnen, dass ihm all das etwas bedeutete, sogar viel bedeutete. Scorpius ihm viel bedeutete, aber es war so..falsch. Victoire war doch die Liebe seines Lebens, sie hatten alles zusammen durchgestanden, seit Jahren. Oder irrte er sich womöglich? Fühlte er sich vielleicht verpflichtet, bei ihr zu bleiben, lebte er in dieser Illusion, um sie glücklich zu machen? Belog er sich selbst?

Grimmig schob er sich die Zigarette zwischen die Lippen und nahm einen kräftigen Zug. Er rauchte selten. Aber heute brauchte er das einfach.

"Rauchen ist tödlich", vernahm er die Stimme seiner 'Cousine' Lucy, die ihm gegenüber saß und ihn angrinste, selbst einen Glimmstängel zwischen den Lippen. Die braunen Haare waren wirr, zeugten davon, dass er sie zu einem ziemlich blöden Zeitpunkt von Fred weggeholt hatte, aber er hatte einfach nicht gewusst, mit wem er sonst reden sollte. Lu war von allen noch am voruteilsfreisten, was solche Themen anging.

"Leben geht auch immer tödlich aus, also was soll's", zuckte der Lupin die Schultern, "ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll. Und ich weiß, du bist eigentlich nicht gerade die beste Ansprechpartnerin, wenn es um Gefühlskram geht, aber ich glaube, du verstehst das einfach noch am Ehesten."

Die Neunzehnjährige grinste immer noch und nickte: "Klar versteh ich das. Ich meine, jeder verfällt Scorpius Malfoy irgendwann. Vielleicht nicht unbedingt emotional, aber sexuell gesehen auf jeden Fall." Immerhin sprach sie da auch aus Erfahrung. Sie drückte den Zigarettenstummel aus und lehnte sich im Sessel zurück, fuhr sich durch die unordentliche Frisur: "Das ist eigentlich eine Entscheidung, die dir keiner abnehmen kann. Liebst du Vic denn noch?"

"Ich denke schon. Ich meine, ich bin seit fast vierzehn Jahren mit ihr zusammen, das kann doch nicht einfach verschwinden." Das war einfach total unlogisch und es konnte nicht verschwinden wegen..eigentlich nichts. Er wusste ja nicht einmal, was das mit Scorpius war, was er für ihn empfand, es war so anders als mit Vic. Und das nicht einmal, weil er keine Frau war.

"Statistisch gesehen wird im Durchschnitt nach etwa vier Jahren Liebe zur Gewohnheit. Vielleicht ist es also das. Gewohnheit", gab die Weasley zu bedenken, "und Scorpius ist neu und aufregend und alles."

"Super, das macht es ja noch schlimmer. Du glaubst also, ich bin Vic einfach nur gewöhnt?", fragte Ted verunsichert nach. Das passte so überhaupt nicht zu ihm, eigentlich wusste er immer, was vor sich ging, besonders in sich selbst! Aber das hier überforderte ihn maßlos. Niemals hätte er gedacht, dass er in so einer komplizierten Lage sein würde. Er strich sich durch die mausbraunen Haare, seufzte abermals auf, das Ganze war doch Mist. Sein Blick folgte dem aufsteigenden Rauch, der seinen Lippen entwich.

"Weiß ich nicht, aber du solltest es jedenfalls mal in Betracht ziehen. Wenn du dir so unsicher bist, ist das allerdings schon ein Indiz dafür", meinte Lucy, ehe sie einen Blick auf die Uhr warf, was Ted nicht entging. 

"Ich halte dich von Fred fern, tut mir leid", lächelte er entschuldigend. Keiner hätte gedacht, dass sich zwischen den Beiden etwas entwickeln würde, das über ihre unzertrennliche Freundschaft hinaus ging, doch tatsächlich führten sie seit einigen Monaten eine Art Beziehung miteinander. Wenn sogar Lucy Weasley sowas auf die Reihe bekam, sollte es ihm doch auch gelingen.

"Ich werd mir das mal durch den Kopf gehen lassen und dich nicht weiter aufhalten. Danke, Lu", lächelte er und umarmte sie kurz, ehe sie mit einem Winken apparierte. Nachdenklich starrte er noch eine Weile auf die Stelle, von der sie verschwunden war. 

"War's denn gut?"

Scorpius zog die Augenbrauen hoch, als er ihre Frage vernahm, fast wäre ihm die Zigarette aus dem Mund gefallen: "Das ist deine Frage? Lily.."

Die Rothaarige lachte und nickte: "Jap, das ist meine Frage. Komm schon, erzähl mir Details! Sonst prahlst du auch immer mit deinen Sexgeschichten und jetzt will ich sie einmal freiwillig hören und du schweigst drüber."

Kopfschüttelnd sah er die Jüngere an, die Potter änderte sich wohl auch nie. Was gut so war, schließlich war sie seine beste Freundin, weil sie war, wie sie war. Aber im Moment war das alles andere als hilfreich. Dennoch konnte der Malfoy sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Na schön, es war gut. Mehr als das, eigentlich war es der beste Sex, den ich je hatte", antwortete er ihr schließlich und das war ungelogen sein vollkommener Ernst. Eigentlich hatte er es immer für vollkommenen Unsinn gehalten, dass Gefühle so viel Unterschied machen sollten, doch jetzt wusste er es besser.

"Also ist er doch irgendwie ein Wolf", lachte Lily und ließ sich rücklings aufs Bett fallen, sie war gern hier im Manor, obwohl es fast jeder für gruselig hielt. Aber eigentlich war es das gar nicht.

"Darum geht's doch gar nicht, aber was mache ich denn jetzt? Ich meine..scheiße man, er ist fast verlobt", gestresst fuhr er sich  durch die Haare, "ich kann ihm doch nicht das Leben kaputt machen?!"

"Tust du doch gar nicht. Ted hätte nichts getan, was er nicht gewollt hätte, zum Sex gehören immer zwei. Du weißt, dass ich mit solchem Zeug nichts anfangen kann, aber ich würde dir raten, dass du einfach das tust, was dein Herz dir sagt", Lils verzog das Gesicht, "bäh, wie kitschig das klingt."

Scorpius musste lachen: "Sowas aus deinem Mund zu  hören ist tatsächlich eine eigenartige Sache, da stimme ich dir zu. Aber vielleicht hast du recht." Nur wusste er nicht, wie man das machte. Auf sein Herz  zu hören, das hatte er noch nie getan, er war immer darauf bedacht gewesen, zu seinem eigenen Vorteil zu handeln. Aber in dem Fall war das um einiges komplizierter. 

 

[..]Den Tod fürchten die am wenigsten, deren Leben den meisten Wert hat.[..]
 

Eine Woche später..

Unangenehmes Schweigen, während im Hintergrund Musik lief, vergnügtes Gelächter, Gläserklirren und andere Geräusche, die typisch für eine Party waren, erklangen. Es war Teds siebenundzwanzigster Geburtstag und die Potters ließen es sich, wie jedes Jahr, nicht nehmen, diesen auch gebührend zu befeiern. Davon war der Lupin noch nie ein großer Freund gewesen. Er liebte feiern an sich, aber nicht, wenn er im Mittelpunkt stand. Wie auch immer.

Jedenfalls hatte Lily Scorpius mitgeschleppt. Was an sich keine Überraschung war, immerhin standen sich die beiden nahe und hingen oft wie Pech und Schwefel zusammen. Und an sich wäre es auch kein Problem gewesen. Wenn da nicht dieser riesige pinke Elefant im Raum stehen würde. Die jüngste Potter hatte den Blonden dazu gezwungen, sich Ted zu stellen, tatkräftig unterstützt wurde diese Aktion von Lucy, die Ted zu selbigen gezwungen hatte. Mit vereinten Kräften hatten die jungen Frauen es geschafft, die Beiden ins Badezimmer zu schieben und jetzt hielten sie von der anderen Seite aus die  Tür zu, unterstützt von Fred und James.

"Ihr kommt hier nicht wieder raus, bevor ihr nicht geredet habt", ließ Lily die Männer dumpf wissen und der Ältere strich sich genervt durch die Haare. Er liebte die Rothaarige wie eine Schwester, aber im Moment wollte er sie erwürgen, obwohl es ihm sehr wohl klar war, dass dieses Gespräch notwendig war.

"Eigentlich hat sie recht", sagte Scorpius im selben Moment, als er es sich dachte und so seufzte Ted nur.

"Ich weiß."

Wieder breitete sich Schweigen aus, so recht wusste keiner von ihnen, was sie eigentlich sagen sollten. Die ganze Sache war doch wirklich irgendwie kompliziert, dabei könnte es so einfach sein. 

"Also-", fing Ted an, als von unten plötzlich ein Krach und Geschrei ertönte, der nichts Gutes heißen konnte. Sofort war er im Arbeitsmodus und drückte die Tür auf, die Jüngeren waren bereits nach unten gerannt und der Lupin tat es ihnen gleich, gefolgt von Scorpius.

Das Haus war verwüstet und leer. Teddys Blick huschte zum Kamin, das Gemälde über ihm hing schief. Das Signal für Gefahr und dass die Kleinen in Sicherheit gefloht waren. Scheiße, was war hier passiert?

"Scorpius, apparier sofort zurück ins Manor", wies er den Jüngeren an und trat auf die in den Angeln hängende Haustür zu.

"Nein."

"Geh zurück!"

"Ich habe Nein gesagt!" 

Ted fluchte lauthals und trat nach draußen, dieser verdammte sture Bock! Panisch sah er sich um und konnte erstmal niemanden seiner Verwandten entdecken, dafür stand allerdings die Scheune in Brand. Auf diese rannte er nun zu, oh Lord, hoffentlich war niemand drin! Um sich vor der Hitze ein wenig zu schützen, hob er den Arm hoch, der Rauch  ließ ihn husten: "Ist hier jemand?"

Scorpius folgte ihm auf Schritt und Tritt, selbst ganz in Sorge. Als er sah, dass Teddy in die Feuerhölle eintreten wollte, weitete er die Augen: "Bist du verrückt? Willst du draufgehen?" Er packte ihn hart an der Schulter und riss ihn zurück, im nächsten Augenblick fühlte sein Körper sich an, als würde er gleich in Stücke gerissen werden.

[..]Ein ganzes Unglück verdrießt uns nicht so sehr wie ein nur zur Hälfte eingetroffenes Glück.[..]

Als Ted wieder zu Bewusstsein kam, spürte er als allererstes Kälte. Sie umgab ihn wie einen schweren Mantel. Seine Glieder schmerzten vor Kälte und waren ganz steif. Mühsam setzte er sich auf und ließ seinen Blick schweifen. Schnee, so weit das Auge reichte und nichts anderes als das. Keine Häuser, keine Wälder, nur eine Gebirgskette. Wo zum Teufel war er gelandet? Und was war mit Scorpius? Diesen erblickte er wenige Meter von ihm entfernt, ebenfalls im Schnee sitzend und sich die Hände reibend. Der Lupin bewerkstelligte es, den Schmerz zu ignorieren und auf die Beine zu kommen, stakste auf den Jüngeren zu: "Bist du verletzt?" Besorgt musterte er den Blonden, dessen Lippen ganz blau angelaufen waren. Man, wie lange waren sie schon hier? Das schwache Sonnenlicht erlosch allmählich und ließ noch mehr Kälte zurück.  

Der Malfoy schüttelte den Kopf: "Abgesehen von der scheiß Kälte ist alles in Ordnung. Kannst du mit aufhelfen? Ich spür meine Beine nicht."

Ted nickte und griff ihm unter die Arme, zog ihn hoch. Schmerzverrert verzog der Jüngere das Gesicht, doch er gab keinen Laut von sich. Der Ältere bemühte sich, ihn festzuhalten, denn dieses Mal könnte er es nicht bewerkstelligen, ihn zu tragen.  Seine Augen scannten weiterhin die Umgebung und dann auch mit Erfolg: "Da oben ist eine Höhle, diese sollten wir erstmal ansteuern."

"Wenn wir überhaupt da hoch kommen. Wo sind wir überhaupt? Und wie sind wir  hergekommen?", fragte Scorpius, Verzweiflung in der Stimme, "ich hab meinen Zauberstab verloren."

Zauberstab. In dem Moment tastete Ted seine Klamotten ab, ehe er fluchte, seiner war auch weg: "Mist. Ich weiß nicht, wo wir sind..Nordpol? Südpol?" Er hatte wirklich keine Ahnung. Mühsam setzte er sich mit dem Malfoy in Bewegung, knirschte mit den Zähnen. Wie sie hergekommen waren..

"Ich schätze, der Schlauch neben der Scheunentür war ein gottverdammter Portschlüssel", presste er hervor, wütend auf sich selbst, weil er sie in diese Lage gebracht hatte. Er hätte nie so leichtsinnig sein dürfen!

"Wieso sollte deine Familie..oh. Du glaubst, es waren die Angreifer?", fragte Scorpius und blickte zweifelnd zu der erwähnten Höhle hoch, wie sollten sie da bloß hinkommen? 

Und doch hatten sie es irgendwie geschafft, mit viel Mühe und Schwierigkeiten, doch sie konnten in die Höhle eintreten. Beide Männer hatten einige Schürfwunden davon getragen, aber das war okay, immerhin waren sie oben.

"Und wenn hier ein Bär ist?" Scorpius' leise Stimme hallte von den Wänden wieder. Ted zuckte die Schultern und schob den Blonden weiter: "Das bezweifle ich. Hast du dich hier mal umgesehen? Es gibt weit und breit absolut nichts, das einen Lebensraum oder eine Nahrungsquelle darstellt."

"Abgesehen von uns."

"Ha ha."

Die Höhle stellte sich als nicht besonders groß heraus und schließlich setzten sich die Beiden auf den Boden. Es war immer noch arschkalt, natürlich, aber ein wenig besser als draußen war es, zumal sich dort ein Schneesturm ausbreitete. 

"Und was machen wir jetzt? Wir haben keine Zauberstäbe und kein Mensch weiß, wo wir sind", fragte der Malfoy bemüht gefasst, aber eigentlich hatte er Angst, so sehr, wie noch nie in seinem Leben. Er wollte hier nicht draufgehen und er wollte nicht, dass Teddy drauf ging, wie unfair war das denn.

Ted strich sich durch die Haare: "Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber es wird irgendwie schon werden. Es wird immer irgendwie." Er wusste nicht, wen er mehr davon überzeugen wollte, denn für ihn schien diese Lage genauso aussichtslos zu sein, wie Scorpius' Tonfall es rüberbrachte. Sie waren irgendwo im Nirgendwo und würden höchstwahrscheinlich erfrieren. Ganz ehrlich, so hatte er sich seinen Tod nicht vorgestellt. Außerdem machte er sich Sorgen um seine Familie, was war passiert? Hoffentlich waren die Kleinen in Sicherheit.

"Wir können doch jetzt nicht rumsitzen und warten, dass was passiert. Irgendwas müssen wir doch tun", sagte der Malfoy und raufte sich die Haare, "ich meine..das geht doch so nicht." 

Der Lupin schwieg zunächst. Ja, sie mussten etwas tun. Aber was denn? Sie waren machtlos, um nicht zu sagen hilflos, allem hier ausgesetzt. Der Naturgewalt da draußen und das einzige was sie hatten, waren dünne Klamotten und das war's.

"Als erstes müssen wir dafür sorgen, dass wir nicht erfrieren. Allerdings ist es nicht gerade ratsam, bei dem Wetter rauszugehen und Feuerholz zu suchen", zumal sie eh keins finden würden, die wenigen Bäume hier waren dürr und durchnässt, "also komm her. Körperwärme hält am ehesten warm." Und hatte den positiven Nebeneffekt seiner Nähe, die ihm jetzt wieder allzu verlockend vorkam. Eigentlich ein ziemlich blöder Zeitpunkt, um daran zu denken, aber es war ihm lieber, als sich unbehaglich zu fühlen. Er zog die Jacke auf, die er trug und schüttelte sie ab, während Scorpius in seine Nähe rutschte.

Der Blonde robbte halb auf den Lupin zu und wünschte, die Lage wäre eine andere. Dass er hier mit ihm zusammen vermutlich sterben würde, war seine Gesellschaft dann auch wieder nicht wert. Und egal, was er machte, er konnte nicht anders denken, als so. Im Ernst, wie groß waren die Chancen, dass sie überlebten? Sie würden entweder erfrieren oder verhungern.

Dennoch fühlte er sich ein kleines wenig besser, als sich die Arme des Älteren um ihn legten und bereitwillig schmiegte er sich an ihn. Zusätzlich dazu legte Ted ihm die Jacke um, die er gerade ausgezogen hatte: "Aber-"

"Kein Aber", würgte er seinen Protest direkt ab, "mir wird nicht so schnell kalt wie dir." Scorpius verkniff sich seinen weiteren Protest und nahm es widerwillig so hin, die Energie zum Diskutieren sollte er sich dafür sparen, warm zu werden. 

"Tut mir leid, dass dein Geburtstag so beschissen geworden ist."

Trotz der beschissenen Situation musste Ted lachen: "Erstens  ist das nicht deine Schuld und zweitens, darüber machst du dir jetzt Gedanken?"

"Ja..kann ich halt auch nicht ändern", verteidigte Scorpius sich leise, er fand es überhaupt nicht gut, dass es so gekommen war, "das ist aber nicht das Einzige, was mir gerade im Kopf herumschwirrt."

"Habe ich mir schon gedacht. Wir kommen hier wieder raus."

"Mhm.."

"Du könntest ruhig etwas optimistischer sein, Babycousin."

"Klappe!"

"Aber es stimmt doch."

"Ich meinte das Babycousin, du hast gesagt, du nennst mich nicht mehr so."

"..."

Scorpius grinste leicht. Man, die Situation war wirklich ziemlich scheiße. Aber wenigstens würde er die letzten Stunden seines Lebens mit Ted verbringen. Unwillkürlich rückte er noch näher an ihn heran, die Angst nahm ihm das allerdings nicht.

"Du bist nicht mehr mein Babycousin, ich weiß doch", erwiderte Ted schließlich leicht schmunzelnd, "du solltest versuchen, zu schlafen."

"Man soll bei Kälte nicht schlafen."

"Ich halte dich doch warm."

"..."

"Punkt für mich, was?"

Der Malfoy seufzte und verstummte. So hatte er sich das alles wirklich nicht vorgestellt. Er hatte gehofft, sich mit ihm aussprechen zu können, ihm sagen zu können, was er empfand und dass es dann eben einfach weiterging..irgendwie. Ob mit ihm oder ohne ihn. Andererseits, wieso sollte er jetzt schweigen? Das war vielleicht seine letzte Chance. 

"Ted?"

"Mh."

Der Blonde setzte sich etwas auf, sodass er ihm in die Augen sehen konnte. Er war sicher, dass seine Worte richtig waren. Er würde nicht lügen, wenn er das sagte. Zum ersten Mal im Leben würde er ganz und gar ehrlich sein. 

"Ich muss dir etwas sagen, ich will, dass du das weißt.."

Mist, er stockte. Ted sah ihn an und diese verdammten braunen Augen brachten ihn total aus dem Konzept. Schon immer. Und im Moment nervte ihn das ziemlich, wenn er ehrlich war. Weil er lieber darin versinken würde. 

"Ich glaube, ich liebe dich."

Kurz breitete sich Stille aus, die Scorpius fast vor Nervosität abdrehen ließ. Warum sagte er denn nichts? War es vielleicht wirklich dumm gewesen, das auszusprechen? Er war so ein Idiot, im Moment hatten sie doch wirklich andere Probleme.

Schließlich erklang ein weiteres Seufzen seitens des Aurors: "Ich hatte gehofft, dass es dich verschonen würde. Denn du solltest eigentlich jemanden haben, der dir gut tut."

Scorpius glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Konnte das wirklich sein? Konnte Ted wirklich das selbe meinen? 

"Wer sagt, dass du das nicht tust?", fragte der ehemalige Slytherin bemüht neutral, obwohl er sich wirklich zusammenreißen musste, um ruhig zu bleiben. Hoffnung keimte in ihm auf.

"Ich bin viel zu alt für dich."

"Alter ist nur eine Zahl."

"Ich bin dein Cousin."

"Großcousin. Und willst du mich eigentlich verarschen? Das ist kein Hindernis."

"Ich bin leichtsinnig."

"Das weiß ich und damit kann ich gut leben."

"Ich bin-"

"Komm mir jetzt nicht damit, dass du ein Mann bist, das weiß ich schon."

"..."

"Aber du hast Victoire."

"Hm. Ja. Ich weiß nur nicht.."

"Liebst du sie?"

Wieder breitete sich Stille aus. Mit der Frage hatte Ted sich die letzten Wochen permanent herumgeschlagen. Nie war er auf ein Ergebnis gekommen. Bis auf jetzt, denn nun wusste er es.

"Nein. Ich habe sie mal geliebt, aber nein. Schon ziemlich lange nicht mehr, eigentlich, aber ich habe es erst gemerkt, als du wieder in meinem Leben aufgetaucht bist."

Das reichte dem Blonden als Antwort und er lächelte. So hatte diese Misere also doch wenigstens etwas Gutes. Wenigstens das. Zu schade, dass es so spät gekommen war. Er zog das Gesicht des Blauhaarigen zu sich runter und küsste ihn, lange und innig.

 

[..]Unter allen Leidenschaften der Seele bringt die Trauer am meisten Schaden für den Leib.[..]
 

Scorpius schlug die Augen auf. Kalt. Das war sein erster Gedanke. Alles tat ihm weh. Und langsam kam die Erinnerung auch zurück. Shit. Er blickte auf.  Teddys Augen waren noch geschlossen und er war kalt. Furchtbar kalt.

"Teddy?", fragte der Blonde und rüttelte sanft an ihm. Keine Reaktion. Er griff nach seiner Hand, diese war eiskalt und ziemlich hart. Oh Merlin, nein! Panik kroch in ihm hoch und ließ ihn noch stärker zittern als ohnehin schon. Seine Hand glitt über das Hemd des Älteren, suchte nach seinem Herzschlag: "Wag es ja nicht, mich allein zu lassen! Ich schwöre, ich bringe dich um, wenn du jetzt stirbst!"

Er konnte spüren, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten, als er keinen Herzschlag fand, nein, nein, nein, nein! Diese verdammte Jacke, er hätte sie nicht annehmen dürfen, das wäre  nie passiert, wenn er weiter stur geblieben wäre.

"Ted, bitte..", flüsterte der Slytherin leise, rüttelte abermals an ihm. Da! Er spürte Puls, ganz ganz schwach, aber er war da. Erleichterung überkam ihn für einen Moment, doch trotzdem ließ die Panik nicht nach. Noch lebte er, aber wenn sie hier nicht weg kamen, nicht mehr lange. Das durfte er nicht zulassen. Er knöpfte sein Hemd auf und ebenso das des Lupins, ehe er näher an ihn heranrückte und die Arme fest um ihn schlang. Merlin, er war so eisig und Scorpius konnte sich vorstellen, dass er auch nicht viel wärmer war, aber das war besser als nichts. Er schickte unzählige Stoßgebete gen Himmel, dass man sie doch finden möge und er überleben möge. Irgendwann riss ihn die Erschöpfung zurück in den Schlaf.

Es war warm und weich. Und hell, aber nicht unangenehm hell. Verwirrt kämpfte Scorpius darum, seine Augen aufzubekommen und als ihm das gelang, schärfte sich sein Blick nur sehr langsam. Er nahm eine gekachelte Decke wahr und leises Piepsen. Irgendetwas war in seinem Handrücken befestigt. Und er roch Desinfektionsmittel, ganz viel davon. Entweder war er gestorben oder das hier war das St. Mungos. Der Malfoy fühlte sich schlapp, aber nicht mehr kalt. Als er den Kopf nach rechts wandte, sah er seine Mutter in einem Sessel sitzen und schlafen. Er war im St. Mungos. Und er lebte. Erleichterung durchströmte ihn in warmen Wellen, doch nur für einen Augenblick. Was war mit Ted? Mühsam setzte er sich auf, doch hier stand kein weiteres Bett, also hatte er ein Einzelzimmer. Seine Augen blieben an seinem Handrücken hängen, eine Infusion war es. Sein Blick folgte dem Schlauch und er stellte fest, dass es an einer tragbaren Stange befestigt war, was auch immer in seinen Körper tropfte. Also konnte er aufstehen? Er versuchte es. Seine Beine hatten so gut wie keine Kraft und er musste sich auf die Transfusionsstange stützen, doch langsam kam er voran. Irgendwann fand er das Zimmer, in dem Ted untergebracht war. Er wollte gerade eintreten, als er Victoire dort am Bett sitzen sah und so hielt er inne. Mit einem Mal kam es ihm so absolut falsch vor. Scorpius liebte ihn. Aber diese Frau tat es auch und sie war zuerst da gewesen. Mit plötzlicher Entschlossenheit und schweren Herzens wandte er sich ab.

"Scorpius", erklang eine ihm wohl bekannte Stimme und als er den Blick hob, sah er direkt in die braunen Augen seiner besten Freundin, "ich hatte solche Angst um dich!" Statt ihn, wie sonst, überschwänglich zu umarmen, drückte sie ihn kurz und sanft.

"Mir geht's gut. Was ist mit Ted?", wollte Scorpius wissen. Lilys Miene verdüsterte sich schlagartig und sie schlang die Arme um sich selbst.

"Er war für ein paar Minuten tot. Die Kälte  hat seine Organe angegriffen, er spuckt Blut. Aber die Heiler sagen, dass er wieder wird", der letzte Satz klang fast wie einstudiert, als hätte sie ihn sich schon tausend Mal gesagt, um sich zu beruhigen. 

"Gut", sagte der Malfoy wie betäubt und ging an ihr vorbei. In seinem Zimmer angekommen, ließ er sich aufs Bett sinken. Sein Entschluss stand fest, er würde gehen. Weit weg und vielleicht nie wieder zurück kommen. Er liebte Ted und der Gedanke, nicht bei ihm zu sein, brachte ihn fast um. Doch er konnte nicht noch mehr zerstören. Beinahe hätte es ihn das Leben gekostet..

 

[..]Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann.[..]
 

Zwei Jahre später..

Ted besah sich skeptisch im Spiegel. Er konnte nicht anders, als eine Grimasse zu ziehen, im Smoking sah er einfach zu bescheuert aus. Die einst immer bunten Haare trug er seit einem langen Zeitraum nicht mehr bunt..sie blieben einfach immer Braun. Eigentlich sollte er glücklich sein, immerhin würde er gleich Victoire heiraten. Doch er sah nicht glücklich aus. Und er war es auch nicht wirklich.

"Du siehst aus, als würdest du gleich an den Pranger gestellt", ließ sich seine Trauzeugin Lily vernehmen, als sie neben ihn trat und den Kragen seines Hemdes glatt strich. 

"So fühle ich mich auch. Aber sagt man nicht, die Ehe fühlt sich für den Mann wie ein Gefängnis an?", versuchte der Lupin zu scherzen, doch das Grinsen erreichte seine Augen nicht. Das tat es schon lange nicht mehr. Und Lily wusste ganz genau wieso. Auch sie vermisste Scorpius, wenn auch auf ganz anderer Ebene wie ihr Bruder. Seit er vor zwei Jahren aus dem St. Mungos abgehauen war, hatte keiner von ihnen etwas von ihm gehört, lediglich Astoria Malfoy hatte ihnen ausgerichtet, dass es ihm wohl gut ging.

"Ich verstehe noch immer nicht, warum du Vic heiratest, wenn du das doch eigentlich gar nicht willst", sagte die Rothaarige und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand.

"Ich muss es einfach wollen. Sie war alles, was ich immer wollte, bis.."

"Bis das mit Scorpius passiert ist. Und genau das ist der Punkt. Du willst doch eigentlich ihn. Am Ende verletzt du nicht nur Vic, sondern auch dich."

"So weit muss es nicht kommen. Ich habe sie einmal geliebt, ich kann es auch wieder. Mein Leben ist weitergegangen und es wird auch jetzt noch weitergehen, ich kann nicht für immer drauf warten, dass er sich mal meldet und er ist dazu auch überhaupt nicht verpflichtet", erwiderte Ted ruhig und strich die Ärmel des Jacketts glatt. Monatelang hatte er sich das jetzt schon eingeredet. Irgendwann musste er es nur noch glauben lernen. Die Potter seufzte und drückte ihm einen Kuss auf die Wange: "Du musst es wissen. Wir müssen raus." Ted nickte und folgte ihr nach draußen.

Die Kapelle war hübsch und schön geschmückt, alles auf Victoires Anweisungen hin. Die gesamte Familie war da. Freunde und ein paar Arbeitskollegen. Alles in allem etwa hundertzwanzig Leute. Teds Beine fühlten sich an wie Blei, als er der Kleinen zum Altar folgte. Und gleichzeitig war er wild entschlossen, es war richtig. Alles würde einfach so laufen, wie es immer geplant gewesen war. 

Victoire sah umwerfend aus, als sie von ihrem Vater den Gang entlang geführt wurde. Das rötlich-blonde Haar war kunstvoll hochgesteckt, ihr Kleid hätte prunkvoller kaum sein können, sie strahlte mehr als der Schmuck, den sie trug.

Es ist richtig, erinnerte Ted sich abermals, als sich sein Gewissen meldete. Die Musik verstummte, die Gäste setzten sich, der Pfarrer, Priester, was auch immer erhob sein Wort.

"Liebes Brautpaar! Ihr seid in dieser entscheidenden Stunde eures Lebens nicht allein. Ihr seid umgeben von Menschen, die euch nahe stehen. Ihr dürft die Gewissheit haben, dass ihr mit uns und ihnen allen verbunden seid. Sollte es jemanden geben, der etwas gegen diese Eheschließung vorzubringen hat, so möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen."

Stille. Teds Blick blieb an Lily hängen, die sichtlich damit rang nichts zu sagen, erkonnte förmlich sehen, wie sie sich auf die Zunge biss.

Der Pfarrer nickte und wandte sich Ted nun zu: "Nun frage ich dich: Bist du hier her gekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss, mit deiner Braut den Bund der Ehe zu schließen? Willst du deine Frau lieben und achten und ihrdie Treue halten, bis dass der Tod euch scheidet?"

Erneut Stille. Die Gedanken des Lupins rasten. Sag schon, ja!, hallte es in seinem Kopf. Das Schweigen hielt an. Langsam wurden die Gäste unruhig. Victoire sah ihn an und allein ihr Blick brach ihm das Herz. Und doch merkte er in diesem Moment, dass es wirklich falsch wäre. Er konnte es nicht. Lily hatte recht, er würde sie am Ende noch mehr verletzen. Und sich gleich mit. Sein mühsam erzwungenes Lächeln erlosch und er sah Vic mit einer gequälten Miene an, die noch nie jemand bei ihm gesehen hatte: "Ich kann das nicht. Es tut mir leid, Vic..ich wollte es wirklich, ich dachte, ich könnte dich wieder so lieben wie ich es früher getan habe, aber das kann ich nicht und ich will dich nicht mehr anlügen. Du hast etwas Besseres verdient." Im ganzen Saal herrschte betretene Stille, in Vic's Augen sammelten sich Tränen. Lily hingegen lächelte erleichtert. Und den Rest? Den bekam er nicht mit, als er durch den Seiteneingang nach draußen verschwand. Er fühlte sich wie das größte Arschloch der Welt. Und doch war es die richtige Entscheidung gewesen. 

"Da komme ich zurück, um eine Hochzeit zu sehen und stattdessen rennt eine komplett aufgelöste Braut aus der Kapelle und der vermeintliche Ehemann ist nirgends zu sehen", erklang wenige Minuten später eine männliche Stimme hinter ihm. Ted hatte die Jacke ausgezogen und das Hemd halb aufgeknöpft, um das Gefühl der Erstickung etwas zu vertreiben. Eine Zigarette hing in seinem Mundwinkel. Als er diese so bekannte Stimme hörte, wandte er den Kopf um. Tatsächlich, Scorpius stand hier, die Hände in den Hosentaschen seiner Jeans vergraben und mit einem etwas grimmigen Gesichtsausdruck. Der Lupin war über sein plötzliches Erscheinen dermaßen perplex, dass er nichts zu sagen wusste, also wandte er seinen Blick wieder ab und rauchte weiter. Seine Gedanken rasten. Was zum  Teufel machte er jetzt hier?

"Dumm gelaufen, was? Der ganze Weg vollkommen umsonst", sagte er schließlich gelassen und er tötete die Zigarette aus. 

"Wieso  hast du sie stehen lassen?"

"..."

Scorpius setzte sich neben ihn ins Gras und biss sich auf die Unterlippe. Er fühlte sich unsagbar schuldig, schon ein paar Tage,  nachdem er gegangen war, hatte er gewusst, dass es falsch gewesen war. Doch seine Angst hatte ihn davon abgehalten, zurück zu kehren. Oder zu schreiben. Erst, als er von der Hochzeit Wind bekommen hatte, war sein Mut wiedergekommen.

"Ich konnte es nicht. Es wäre falsch gewesen, wenn ich sie nicht liebe."

"Und hasst du mich jetzt?"

"Nein." 

Der Mund des Jüngeren klappte ungläubig auf: "Wieso hasst du mich nicht? Ich hab deine Beziehung mit Vic zerstört und bin abgehauen."

"Du hast sie nicht kaputt gemacht. Sie war schon vorher kaputt, ich habe es nur nicht gemerkt..aber ja, du bist abgehauen und das war ziemlich scheiße von dir."

"Es tut mir leid."

"Ich weiß. Und deshalb hasse ich dich auch nicht. Dafür wäre schon mehr notwendig"

"Hab ich ein Glück."

"In der Tat."

Der Malfoy lächelte leicht. Und das selbe tat auch Ted.

 

Liebe: die Kraft, nicht nur die eigene, sondern auch die Unvollkommenheit eines anderen lebenslang zu ertragen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Fünf Jahre ist es her, seit ich diesen Oneshot geschrieben habe und jetzt will ich ihn auch der breiteren Menge präsentieren. Ich fand dieses Pairing zunächst etwas ungewöhnlich, als ich auf AO3 FF's gelesen habe, aber ich war sehr schnell ein Fan davon XD.
Ich hoffe, euch berührt diese Geschichte ein bisschen, ich hatte beim Schreiben damals ein paar Tränchen in den Augen. Komplett anzeigen

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