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Die etwas andere Legende

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Viel Vergnügen mit dem zweiten Teil des Specials, welches von der lieben GisaFan verfasst wurde.
Noch einmal ein herzliches Dankeschön dafür! Komplett anzeigen

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28. Special Teil 2 Akt I

Doom kam an einen weiten, dichten Wald vorbei, der einladend und unheimlich zugleich wirkte. Er spürte viele magische Kräfte von dem Wald ausgehen und seine Handlanger erfuhren, dass es sich um den sogenannten Irrwald handelte. Es war ein durchaus gefährlicher Wald, aber in der Mitte sollten sich viele mächtige Wesen aufhalten. Wenn Doom es schaffte, dort hineinzugelangen, vielleicht Wesen auf seine Seite zu bringen und andere zu zerstören, würden Thomas Chancen sinken, auf Erfolg zu stoßen. Doom konnte es kaum abwarten Thomas verzweifelten Blick zu sehen, kurz bevor er ihn mit eigenen Händen tötete.
 

Thomas lief so schnell er konnte, damit er es am besten in weniger als zwei Stunden schaffte, die Bahn zu erreichen. Jedoch hatte er sein Zeitgefühl verloren und hatte keine Ahnung, wie lange er bereits lief. Allerdings kam es ihn wie eine Ewigkeit vor und er hegte immer mehr den egoistischen Wunsch, endlich wieder zu duschen. Eine frische, kalte Dusche wäre genau das Richtige. Er konnte sich gar nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal geduscht hatte, geschweige etwas Vernünftiges gegessen zu haben. Sein Magen grummelte und Yilal hing ihm schwer auf den Schultern. Er war zwar im Vergleich zu einem Menschen sehr leicht, aber auf Dauer war auch Yilal gefühlt so schwer wie eine Tonne.

Natürlich hielt das Thomas nicht auf, weiterzugehen. Sein Ziel hatte er stets im Sinn und wenn der ganze Spuk vorbei war, würde er sich genug ausruhen können.

Aber jetzt war es wichtig, die Nixen aufzusuchen und so schnell wie möglich in den Westen zu gelangen. Alles andere musste warten.

Grarr! Grarr!

Bei dem Geräusch blickte Thomas hoch, erwartete schon das Schlimmste, sah aber dann möwenartige Vögel am Himmel fliegen, die ihre Runden drehten. Thomas kniff die Augen zusammen, um sich die Vögel genauer anzusehen, aber sie waren zu weit oben. Alles, was er erkannte, waren die Schweife, die aus Hinterflossen bestanden. So sah es zumindest aus.

Die Vögel schöpften in Thomas neue Energie. Er spürte, dass es nicht mehr weit sein konnte. Sanft weckte er Yilal, der die Zeit auf seiner Schulter geschlafen hatte und zeigte auf die Vögel.

„Ah!“, stieß Yilal aus. „Mersause! Sie leben an der Küste. Wir haben es fast geschafft.“
 

Tatsächlich dauerte es nicht mehr lange, da erreichten sie eine Küste, an der die Wellen gegen die Felsen schlugen. Diesmal ist es ein echtes Meer. Es schüttelte Thomas ein bisschen, als er daran dachte, wie er dem unendlichen Hügel hinaufgelaufen war. Ein Anfängerfehler für Leute, die sich in dieser Welt nicht auskannten.

„Wie schön!“, sagte Yilal, der genau wie Thomas auf das Meer blickte.

Das Meer glänzte in der Sonne, die sich langsam zum Horizont sank. Bis die Sonne unterging, war weniger Zeit als gedacht, aber noch war es nicht soweit.

Thomas ging einen Pfad entlang, der sie zu einem Strand hinunterführte. Das Wasser war nun zum Greifen nah und Thomas atmete die frische Salzluft ein.

Von Fernen hörte er ein Schnauben, das wie von einem Pferd klang und als er seine Augen über das Meer gleiten ließ, sah er sie.

„Hippokampen“, murmelte er. „Wir sind endlich da!“
 

„Juhuu!“ Yilal jubelte, obwohl er darauf schmerzhaft aufstöhnte. „Wir haben es geschafft.“ Die Bahn trieb gemächlich auf dem Wasser und die Hippokampen ruhten sich im schäumenden Gischt aus, bis ihr Einsatz wieder gefragt wurde.

Es gab sechs Wagons und jede hatte eine andere Farbe. Gold ganz vorne und Braun ganz hinten. Thomas schätzte, dass die Wagons nach Klassen einsortiert wurden wie es in Deutschland die erste und zweite Klasse gab.

Er fragte Yilal, aber der wusste es auch nicht so genau. Schließlich hatte er sein Heim nie verlassen und hätte nie gedacht, dass er mit dieser Bahn fahren würde. Er vermutete jedoch Ähnliches und falls sie es schafften die Nixen zu überzeugen, würden sie wahrscheinlich in den letzten Wagon einsteigen. Thomas war das egal, Hauptsache sie schafften es mitzufahren.

Thomas schaute sich um. „Wo sind die Nixen?“

Yilal blickte sich mit um, dann zeigte er aufgeregt auf einige Felsenplateaus, die im Meer lagen. Drei junge Frauen saßen oben drauf und betatschten gegenseitig ihre Haare. Sie hatten wider Erwarten keine Schwanzflosse, sondern normale Beine. Zumindest beim ersten Hinsehen.

Als Thomas nähertrat, erkannte er eine schuppige Haut, die Füße sahen wie Flossen eines Tauchers aus und zwischen ihren Händen gab es Schwimmhäute. (Nicht ganz, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber Yilal sagte ja auch, dass sie eher die bösen Zwillingsschwestern der Meerjungfrauen sind.)

Thomas konnte die Nixen reden hören, die hohe und schrille Stimmen hatten und gerade den nächsten fiesen Tratsch verbreiteten.

Er wusste noch nicht, was er tun sollte, aber als Moderator musste man durchaus auch in der Lage sein, zu improvisieren. Also tat er genau das.
 

Thomas räusperte sich. Die Nixen beachteten ihn nicht. Thomas räusperte sich ein weiteres Mal, diesmal lauter und eine der Nixen schaute auf.

„Sei vorsichtig“, warnte Yilal.

Thomas nickte. Natürlich würde er vorsichtig sein – sein Freund war in Lebensgefahr und er musste seine Welt beschützen. Es sollte nicht an drei tratschenden Nixen scheitern. Aber er wusste auch, dass er sie nicht unterschätzen sollte.

„Hallo, meine Damen!“, rief er ihnen zu und winkte beherzigt.

Die anderen Nixen wendeten sich ihm nun auch zu, aber sie wirkten wenig begeistert. Wahrscheinlich war Thomas ihr nächstes Tratschopfer, aber das störte ihn nicht.

Sie starrten Thomas mit ihren giftigen Augen an.

Thomas stellte sich vor, aber das interessierte sie gar nicht – sie wollten, dass Thomas gleich zum Punkt kam.

„Was willst du, Fremdling?“, fragte die eine Nixe und eine andere lachte hämisch.

Thomas antwortete ehrlich und direkt. „Ich will auf eurer Bahn mitfahren. Mein Freund braucht zudem dringend medizinische Versorgung. Ich erbitte euch um Hilfe.“

Die Nixen lachten wieder. Thomas sah in ihnen viel Böses, deshalb wusste er bereits, dass sie ihm nicht einfach helfen werden. Aber jetzt konnte er verhandeln. Er hoffte nur, dass er etwas hatte, dass sie wollten.

„Was wollt ihr, damit ihr uns mitfahren lässt?“, wollte Thomas wissen.

Da wurden die Nixen neugierig, sprangen von ihrem Plateau und schwammen zu ihm. Sie begutachteten Thomas genau und eine von ihnen bekam glänzende Augen.

Sie zeigte auf seine goldene Kette mit dem Rubin. „Das.“

Eine andere war ebenfalls entzückt. „Oh. So etwas sieht man selten.“

Die Dritte stimmte mit ein. „Sie enthält viel Magie!“

(Alles nur das nicht.) Thomas nahm seine Kette und versteckte sie unter seinem Hemd.

Er schüttelte den Kopf. „Die nicht.“

Eine der Nixen schnaufte und war schon dabei sich abzuwenden, doch Thomas flehte sie an. „Stopp. Bitte! Die Kette nicht, aber sonst alles andere.“

Die dritte Nixe schnüffelte durch ihre Nase und grinste verschmitzt.

„Schwestern“, sagte sie. „Das ist wirklich selten.“

Die anderen verstanden es erst nicht, aber dann schnüffelten sie auch und kamen näher. Und näher bis sie zur Thomas Schulter hoch glitten. Thomas ließ es sich gefallen und atmete ihren fischartigen Geruch ein. Als sie jedoch Yilal ein Tick zu nah kamen, zuckte er doch zurück. Mit ihm konnten sie machen, was sie wollten, aber Yilal sollten sie in Ruhe lassen.

Zum Glück sprangen alle drei zurück.

Sie starrten sich an und grinsten gierig. Dann tauchten alle drei plötzlich ab. Thomas war sich nicht sicher, was das bedeutete. Bis sie wieder auftauchten und alle eine leere, verschließbare Muschel in den Händen hielten.

„Was wollt ihr?“, fragte Thomas.

Eine legte ihren Kopf schief und sah auf Yilals Hals – dort, wo er gebissen wurde. Thomas blickte zur Wunde seines Freundes und entdeckte rotglänzendes Blut, dass durch den Stoff seiner Jacke durchtriefte. Alle drei Nixen fixierten ihre Augen auf das Blut.

„Es ist so rein“, sagte die Erste.

„Man soll sich so frei wie ein Vogel fühlen“, sagte die Zweite.

„Angeblich befreit es dich vom Meer. Jede Muschel voll mit seinem Blut“, sagte die Dritte.

(Jede Muschel voll mit seinem Blut!) Wie viel Blut würde das sein? Würde Yilal daran verbluten? Konnte Thomas das verantworten? (Nein.)Thomas schüttelte sich. Es sprach absolut gegen seine Prinzipen. (Nein, auf keinen Fall.)

„Thomas.“ Yilal lächelte ihm zu. „Ich tu es. Mach dir keine Sorgen. Ich werde nicht sterben.“

Aber er hatte doch schon so viel Blut verloren. Thomas könnte es sich niemals verzeihen, wenn er starb.

Er knirschte unglücklich mit den Zähnen. (Was soll ich tun?)

„Lass mich runter, Thomas“, bat Yilal. „Es ist meine Entscheidung. Nicht deine.“

Thomas gefiel das nicht und er wendete sich den Nixen zu.

„Wir dürfen mitfahren und er wird dafür geheilt, richtig?“, hinterfragt er.

Die Nixen kicherten. „Wenn er überlebt.“

Er ballte seine Hände zu Fäusten. (Diese miesen … !)

Doch Thomas tat es. Es war die Bitte seines Freundes und er glaubte daran, dass er es schaffte. (Wenn es nur ich wäre, der sich opfert.)

Als hätte Yilal seine Gedanken gelesen, sagte er: „Es ist gut so. Wenn du dich opfern würdest, könnte niemand mehr deine Welt retten.“

Widerwillig setzte er Yilal ab und die Nixen vergriffen sich an seinem Blut. Es war schwer mitanzusehen.

„Keine Sorge“, sprach die eine Nixe, als sie Yilals Blut abzapften. „Wir halten, was wir sagen.“
 

Sein Herz schlug nur noch schwach, aber es schlug. Yilal lebte und dank seines kostbaren Blutes schafften sie es sogar in den blauen Wagon, der in der Mitte der Bahn lag. Die Nixen informierten die beiden über zwei Meermänner, die sich mit Heilkunde auskannten und regelmäßig mit der Bahn fuhren. So auch an diesem Tag. Die Bahn sollte in einer halben Stunde abfahren, sobald die Sonne ihren Tiefpunkt erreicht hätte und Thomas war froh, dass er sich so beeilt hatte. (Vielleicht hätten wir die Bahn verpasst...)
 

Der blaue Wagon war nicht sehr groß und es gab insgesamt nur acht Mitfahrer. Auch von innen war der Wagon in verschiedenen Blautönen und die Sitzplätze konnten zu Betten umgestellt werden. Yilal lag auf einem der Betten, einer der Meermänner war über ihn gebeugt und beäugte seine Halswunde.

„Es sieht schlimm aus“, sagte der Meermann. „Aber es dürfte kein Problem sein. Wenn die Bahn euer Ziel erreicht hat, wird seine Wunde geschlossen sein.“

Geschlossen? Niemals heilte eine Wunde so schnell. Unsicher fragte Thomas nach, wie das möglich sein sollte.

„Wir sind auf Heilmagie spezialisiert“, antwortete er. „Vertrauen Sie uns. Lehnen Sie sich zurück, machen Sie eine Pause und wenn Sie da sind, stehen Ihre Chancen gleich viel besser, Mr. Gottschalk.“

Mehr konnte Thomas in diesem Augenblick sowieso nicht machen. Also stimmte er den Männern zu und ließ ihnen ihre Arbeit machen. Er setzte sich auf einen der Plätze und sah zu, wie die Bahn sich in Gang setzte.
 

Die Landschaft, die an ihnen vorbei rauschte, war wunderschön. Gebirge, Wälder und das fantastische blaue Meer. Thomas war fasziniert von der Aussieht, die es in seiner Welt so nie gäbe. Es war so viel Natur auf einmal, keine Abgase oder verschmutzte Städte. Diese Welt mag gefährlich sein, aber sie war genauso unglaublich. Zudem war es beeindruckend, wie schnell die Hippokampen sich fortbewegen konnten, während sie auch noch so eine schwere Bahn tragen mussten.

Yilal lag noch immer auf dem Bett und sah furchtbar blass aus, aber hatten die Meermänner tatsächlich die Wunde geschlossen und nur noch dicke, rote Striemen waren zu sehen. Wahrscheinlich würde eine Narbe zurückbleiben, aber wenigstens war Yilal am Leben und das war am wichtigsten.

Thomas lehnte sich zurück und schloss die Augen. Es konnte sicher nicht schaden, eine Runde zu schlafen, bis sie angekommen waren und vielleicht endlich seinen Auserwählten trafen.
 

Es war früher Morgen und Yilal erwachte genau zu dem Zeitpunkt, als die Bahn anhielt und sie ihr Ziel erreicht hatten. Die Meermänner hielten, was sie sagten. Und die Nixen auch. Sie hatten die Reise unbeschadet und lebendig überstanden und dabei noch eine tolle Aussicht genossen. Thomas würde die Fahrt zu den guten Dingen zählen, die er hier in der Welt erlebte.

„Er wird sich für die nächsten Tage wohl noch schwach fühlen“, sagte einer der Meermänner. „Er sollte viel Essen und vor allem Trinken, damit sein Körper neue Energie gewinnt.“

Thomas nickte. „Ist vermerkt. Vielen Dank für eure Hilfe.“

„Wir helfen gerne“, sagten beide und verabschiedeten sich.
 

Beim Ausstieg sah sich Thomas die Tasche an, die die Meermänner ihnen freundlicher Weise überlassen hatten. Sie hatten Medizin, Snacks und Wasser hineingetan, wofür Thomas ehrlich dankbar war.

Er schloss die Tasche wieder und drehte sich zu Yilal, der müde gähnte.

„Ist bei dir alles okay?“, fragte Thomas besorgt. „Wenn du zu erschöpft bist, trage ich dich.“

Yilal lächelte. „Das ist sehr nett. Aber ich denke, momentan kann ich selber laufen.“

(Zum Glück geht es ihm besser.)

Yilal blickte sich um und staunte über die Aussicht. „Wow! Hier sieht ist ganz anders, als Zuhause. Die Reise scheint sich wirklich zu lohnen.“

Thomas musste ihm zustimmen. Hier sah es im Gegensatz zum Süden um einiges grüner aus und belebter war es auch. Am Strand liefen mehrere Wesen entlang, hauptsächlich Wasserwesen, und viele waren entspannt und lachten fröhlich. Thomas gefiel es hier deutlich besser und er war froh, endlich ein paar Leute mehr zu sehen, die auch noch freundlich gesonnen zu schienen. So eine nette Atmosphäre.

Thomas blickte auf seine Kette, aber sie war unverändert. Hier war sein Auserwählter also auch nicht, was hieß, dass sie weitermussten.

„Am besten wir fragen jemanden“, schlug Yilal vor. „Ab hier kenne ich mich nicht mehr aus.“

Thomas nickte zustimmend. Das war der beste Weg, um voranzukommen.
 

Thomas und Yilal fragten herum und die Wesen waren allesamt sehr freundlich, aber kaum jemand wusste etwas über die Novio-Organisation, oder wie man zu ihr gelangte.

„Tut mir leid“, sagte ein Wasserwesen. „Ich kenne mich nur innerhalb des Meeres aus. Die Oberfläche interessiert mich nicht sehr.“

Ein anderes Wesen sagte: „Ja, die kenne ich! Aber fragt mich nicht, wo ihr sie findet. Ich glaube nur Mitglieder wissen, wie man dort hingelangt.“

Als sie jemand weiteren fragten, kamen sie ihrem Ziel schon näher. „Hm. Ihr müsst zum Irrwald. Der ist gar nicht weit weg von hier, aber einen Weg hindurch zu finden, ist nicht leicht.“ Das Wesen lachte. „Wahrscheinlich werdet ihr vorher gefressen.“

Yilal und Thomas sahen sich an. Gefressen? Wie sollte die Organisation einen helfen, wenn man gar nicht zu ihr gelangte?

„Wie gelangen wir zu diesem Irrwald?“, fragte Thomas, entschlossen auch dort einen Weg hindurch zu finden.

„Verlasst den Strand, dann werdet ihr in der Ferne einen riesigen, dunklen Wald sehen“, erklärte das Wesen. „Lauft dahin und ihr seid da. Viel Glück, Reisende!“

Thomas und Yilal bedankten sich und wandten sich ab.

Nun kannte er also sein nächstes Ziel – der Irrwald. (Ob sich dort der Auserwählte befand?)
 

Es brauchte nicht lange, da hatten Yilal und Thomas den Strand verlassen und wie das Wesen sagte, konnten sie in weiter Ferne einen dunklen Wald erkennen, der aus vielen hohen Bäumen bestehen zu schien.

„Wie lange brauchen wir wohl, bis wir da sind?“, fragte Yilal, der leicht in die Luft abhob, um einen noch besseren Blick zu haben.

„Ich bin nicht sicher. Weil der Wald so groß ist, könnte er weiter weg sein, als es auf den ersten Blick wirkt“, erwiderte Thomas.

Wenn sie es innerhalb eines Tages schaffen würden, wäre das super, aber vielleicht dauerte es auch länger.

Yilal landete neben ihm auf den Boden. „Worauf warten wir noch. Gehen wir los. Wenn wir mit zügigen Schritten vorangehen, müssten wir es noch heute schaffen, anzukommen.“

Thomas sah besorgt zu Yilal. „Vielleicht sollten wir es lieber langsamer angehen.“

Yilal schüttelte den Kopf. „Wenn ich fliege, habe ich keinerlei Probleme mit dir Schritt zu halten. Und ich kann uns Rückenwind geben.“

Thomas stimmte zu. Yilal war taff, das hatte er über seine Reise mit ihm gelernt. „Dann mal los.“
 

Hier im Westen war es deutlich einfacher für Thomas voranzukommen. Die Sonne knallte nicht so und es kamen immer wieder frische Brisen. Überall wuchsen schöne, unbekannte Blumen und Sträucher. Im Süden war überall nur weicher Sand, der sich barfuß sicher gut anfühlte, aber zum Fortbewegen vom Nachteil war. Hier gab es festen Boden, bei dem man spielend weiterkam. Dadurch war es viel weniger kompliziert und sie kamen wirklich schnell voran. Yilal, der in der Luft flog, trank hin und wieder etwas und wenn es zu anstrengend wurde, machten die beiden eine Pause.

Der Wald war schon erstaunlich nah und Thomas war sicher, dass sie am frühen Abend da sein würden.
 

Es lief tatsächlich alles glatt und sie waren am frühen Abend beim Irrwald angekommen. Er war gigantisch und starrte wie ein mächtiger Wächter auf Thomas und Yilal herab.

„Wollen wir hier bis morgen früh rast -“, setzte Thomas an, wurde aber schlagartig unterbrochen, als ein schmerzgeplagter Schrei die beiden erreichte.

Alarmiert sahen Thomas und Yilal in den Wald, von wo der Schrei stammte. Lautes Atmen war zu hören und die Blätter raschelten wild, als ein Mann aus dem Wald stolperte. Der Mann war schlimm verletzt, hatte überall blutige Kratzer und seine Haut war unnatürlich bläulich. (Was ist ihm passiert?)

Vor ihren Augen kippte der Mann um, doch davor schaute er einmal auf und Thomas erkannte seine Augen. Sie waren rot und Thomas Fähigkeit setzte sich ein, die ihm sagte, dass der Mann kein guter war. Ein Dämon. Aber nicht irgendein Dämon wie Thomas sofort klar war. Es war ein Handlanger seines schlimmsten Erzfeindes.

„Doom“, murmelte er.

Das konnte nichts Gutes heißen. Wenn Doom bereits von der Novio-Organisation wusste, hatte er dann vielleicht auch den Auserwählten gefunden? Thomas lief es kalt den Rücken herunter. Und wenn er ihn getötet hat? Thomas schüttelte sich, um einen freien Kopf zu bekommen. Es konnte nicht sein, dass Doom den Auserwählten getötet hatte. Wie sollte er wissen, wer es war? Schließlich war er nicht wie Thomas ein Sucher.

„Was ist ein Doom?“, fragte Yilal, der sich hinunter beugte, um den Mann zu untersuchen.

Thomas zögerte, bevor er antwortete. „Er … ist der Dämon, der meine Welt zerstören will. Wegen ihm bin ich hier.“

Yilal schnappte nach Luft. „Dann ist das hier …?“ Er zeigte auf den Mann.

„Es ist ein Handlanger von ihm“, antwortete Thomas. „Aber er muss ganz in der Nähe sein. Ich hätte niemals gedacht, dass er vor uns hier sein würde.“

Yilal richtete sich wieder auf. „Scheinbar haben sie es aber nicht geschafft, die Novio-Organisation zu finden. Ich glaube nicht, dass der Kerl hier durchkommt. Die Verletzungen sind toxisch und es sind viel zu viele.“

Thomas konnte nicht wirklich sagen, dass ihm der Mann leidtat. Vor allem ist von Glück zu reden, wenn sie es nicht geschafft haben, die Novio-Organisation zu erreichen. Trotzdem wäre es gut gewesen, wenn sie den Dämon hätten befragen können.

„Was tun wir jetzt?“, fragte Yilal. „Verfolgen wir diesen Doom? Oder gehen wir in den Irrwald?“

Thomas dachte nach. Dass Doom hier war gefiel ihm überhaupt nicht und er wollte auf keinen Fall den Feind in eine friedliche Organisation locken. Doch wenn er Doom jetzt verfolgen würde, hätte er keine Chance gegen ihn. Es lief auf dasselbe hinaus.

„Wir müssen dringend den Auserwählten finden“, sagte Thomas entschlossen. „Nur so können wir ihn aufhalten.“
 

Weil es schon spät war, entschieden Thomas und Yilal erst am nächsten Tag nach dem Auserwählten weiterzusuchen und den Irrwald zu betreten. Währenddessen war Doom aber nicht untätig und hatte etwas gesehen, was Thomas übersah.
 

Doom hatte Thomas und seinen Begleiter gefunden, aber er hielt sich noch im Hintergrund. Er wollte Information sammeln und nicht voreilig handeln. Thomas war unsterblich und deshalb würde es schwer werden, ihn zu besiegen. Aber damit er nicht weitere Kräfte sammeln konnte, beschloss Doom ihn zu verfolgen. Wenn seine Kette sich regte, würde Doom wissen, wo sich der Auserwählte befand und er konnte ihn vor Thomas auslöschen. Nebenbei würden seine Handlanger sich den Eintritt zur Novio-Organisation sichern.
 

Doom beobachtete, wie Thomas und Yilal den Irrwald erreichten und seinen Handlanger herausrennen sahen. Es gefiel Doom überhaupt nicht, dass sein Handlanger gescheitert war. Hätte der Wald ihn nicht getötet, hätte es Doom eigenhändig getan. Schwächlinge konnte Doom nicht gebrauchen.

Doch selbst wenn sein Untergebener gescheitert war, konnte Doom etwas anderes sehen. Thomas war von dem Handlanger abgelenkt, aber Doom sah es. Ein Leuchten, ein kleines Leuchten, das in eine Richtung zu zeigen schien. Es war nur ganz kurz da, dann hörte es wieder auf, aber Doom hatte es gesehen.

Er grinste breit und er wusste, was zu tun war.
 

Es war mitten in der Nacht, als Thomas erwachte. Ein knisterndes Feuer, das Yilal und er vorm Schlafengehen entzündet hatten, beleuchtete die Gegend und Sterne glitzerten hell am Himmel. Thomas weiß nicht, ob er schon so viele Sterne am Himmel gesehen hatte. Er erinnerte sich an den Süden, wo es überhaupt keine Sterne zu sehen gab. (Hier gefällt es mir um einiges besser.)

Weil Thomas auf den harten Boden schlief, fühlte sich sein ganzer Körper steif an und er dachte, dass das der Grund war, der ihn geweckt hatte.

Aber ein lautes Knallen, ganz in der Nähe, war der echte Grund. Als sich Thomas aufrichtete, knallte es wieder. Er sah zu Yilal, der noch gemächlich am Boden schlief, wo er ab und an von abhob. Thomas fragte sich, warum ihn das Knallen nicht weckte, wo es doch deutlich zu hören war. Oder war es das vielleicht doch nicht?
 

Da fiel Thomas etwas auf, worauf er seit Tagen wartete. Das Lagerfeuer war nicht das Einzige, das die Gegend beleuchtete. Seine goldene Halskette mit dem Rubin leuchtete rot auf. Sie leuchtet! Der Auserwählte muss hier sein! Das war es, was Thomas weckte und das Leuchten deutete direkt auf das Knallen.

Thomas konnte es nicht fassen. Er konnte nicht fassen, dass er es endlich geschafft hatte, den Auserwählten zu finden. (Damit bin ich Doom ein Schritt voraus!)

Aufgeregt rüttelte Thomas Yilal wach, der sich verschlafen die Augen rieb.

„Was ist denn los?“, murmelte er verschlafen, war aber sofort da, als er Thomas Gesicht sah. „Was ist los?! Ist der Feind hier?“

Thomas schüttelte belustigt den Kopf. „Im Gegenteil! Ich hab ihn gefunden. Ich hab den Auserwählten gefunden!“

Yilal riss die Augen. „Wo?“

Es knallte erneut und Thomas deutete auf das Knallen und als er in die Richtung schaute, sah er es auch aufleuchten. Er fragte sich, was dort vor sich ging und ob der Auserwählte vielleicht in Gefahr war. Aber für den Augenblick war er unglaublich froh, dass seine Suche erfolgreich war.

„Ich pack unsere Sachen zusammen und dann nichts wie los.“ Yilal sprang von seinem Platz auf.

Thomas löschte das Feuer und konnte es kaum erwarten, was für ein Wesen er begegnen würde. Das Knallen bereitete ihn nur Sorge. (Hoffentlich geht es ihm gut. Besser wir beeilen uns.)
 

„Bin ich froh, dass wir nicht durch diesen verfluchten Wald müssen“, sagte Yilal, als er fertig war und einen Blick zum Wald richtete.

Da konnte Thomas ihm nur zustimmen. Er wusste nicht, wie die Novio-Organisation sicher den Wald betrat und wieder verließ, deshalb war er froh, dass sie den Auserwählten zuvor gefunden hatten. Er konnte es immer noch nicht so richtig glauben. (Ich werde ihn gleich treffen.)

Thomas wünschte, er hätte einen Spiegel oder ähnliches, damit er sich halbwegs zurechtmachen konnte, aber ohne würde er auch schon klarkommen.

„Auf geht's!“, sagte Thomas und die beiden machten sich auf den Weg, von wo das Knallen herstammte.

Das Leuchten des Rubins wurde beim Laufen immer stärker und Thomas konnte es beinahe auf seiner Haut pulsieren fühlen. Er war definitiv auf der richtigen Fährte und auch Yilal starrte erstaunt auf das Licht der Kette.

Je näher sie kamen, desto mehr zeigte sich, wohin sie rannten. Es war eine Wiese mit vielen blauen Blumen, die wie der Mond selbst hell leuchteten.

Ein Schnaufen war zu hören, dann ertönte ein weiterer Knall und Flammen waren zu sehen, die sich in der Luft verteilten. Thomas spürte die prickelnde Energie, die eine Gänsehaut bei ihm verursachte. Alles schien voller Magie zu sein und Yilal wurde von der Energie beinahe umgeworfen.

„Nichts für schwache Knochen“, witzelte er und versuchte fest auf den Boden stehenzubleiben.

Als Sylphe hatte man es nicht immer leicht. Man kann zwar fliegen, aber schon kleine Schläge warfen einen um. Umso beeindruckender wie standhaft Yilal war.
 

Als sie noch näherkamen, sahen sie einen Jungen. Er war vielleicht 16 oder 17 Jahre alt und hatte lebhafte Augen. Seine Hände glühten und seine Beine waren von einem hellen Feuer umkreist. Der Junge hatte schwarze Haare, die in ständiger Bewegung waren und kleine Funken sprangen hin und wieder heraus. Es war als wäre der Junge mit dem Feuer eins.

Thomas Kette wirkte, als wollte sie ihm gleich vom Hals hüpfen und es war klar, dass er vor seinem Auserwählten stand.

Der Junge hatte die beiden noch nicht entdeckt und mit seinen Händen bildete er kleine Feuerbälle, die er geschickt jonglierte, bis er die Feuerbälle in alle Richtungen zerstreute.

Sie flogen in alle Richtungen und Thomas zog Yilal mit auf dem Boden, als ein Feuerball sie beinahe getroffen hätte.

Die Feuerbälle zersprangen und dabei knallte es wie Lichter bei einem Feuerwerk. Es war schön mitanzusehen, aber es war genauso gefährlich zugleich.

„Nicht genug“, sagte der Junge und sah auf seine glühenden Hände. „Ich muss besser werden.“

Er trainiert. (Warum er wohl mitten in der Nacht trainierte?)

„Er ist ein Magier“, flüsterte Yilal mir zu. „Und für sein Alter ein sehr talentierter. Anscheinend hat er sich auf das Element Feuer bezogen.“

Das war nicht zu übersehen. Thomas gefiel der Style von dem Jungen und er hatte das Gefühl, dass das Element Feuer auch gut zu ihm passte.
 

Es war Zeit auf sich aufmerksam zu machen. Thomas war etwas nervös, aber er würde sein Bestes geben, ein herzliches Auftreten zu haben.

Er richtete sich vom Boden auf und räusperte sich.

Der Junge blickte überrascht zu ihm und Yilal, sagte dann aber grob: „Wer seid ihr?“

Thomas lächelte freundlich. „Hallo. Mach dir keine Sorge, wir wollen dir nichts tun. Mein Name lautet Thomas Gottschalk und das ist Yilal Yeyran. Ich habe dich gesucht.“ Thomas trat ein Schritt vor. „Ich brauche deine Hilfe.“

Der Junge sah skeptisch aus und starrte die beiden stirnrunzelnd an. „Ihr kommt nicht von hier.“

„Nein. Wir mussten eine weite Reise hinter uns bringen, um hierher zu gelangen“, antwortete Thomas. „Ich brauche wirklich dringend deine Hilfe.“

Der Junge war wenig beeindruckt. „Womit sollte ich euch helfen? Habt ihr euch nicht einfach den Kopf angestoßen? Oder wart ihr im Irrwald, der eure Köpfe in Matsch verwandelt hat?“

(Er ist nicht gerade höflich...)

Thomas deutete auf seine leuchtende Kette. „Die Kette hat mich zu dir geführt. Ich bin ein Sucher, um Auserwählte zu finden, die mir helfen, meine Welt zu retten. Du bist einer von ihnen.“

Der Junge machte eine Grimasse, schien Thomas wenig zu glauben, aber die Kette hatte seine Aufmerksamkeit geweckt.

Er trat näher und Thomas ließ ihn. Er musste ihn überzeugen, dass er die Wahrheit sagte.

Der Junge sah sich die Kette genauer an und staunte nicht schlecht.

„Wow!“, stieß er hervor. „Die ist ja voller Magie.“

Er nahm sie in die Hand und betrachtete sie.

„Glaubst du mir jetzt?“, fragte Thomas hoffnungsvoll.“

„Du wirst zum Helden, wenn du ihm hilfst“, pflichtete Yilal bei.

Aber der Junge schüttelte den Kopf. „Nein. Kann sein das eure Geschichte wahr ist, aber ...“ Er grinste. „Es interessiert mich nicht.“ Dann zog er an der Kette und riss sie Thomas vom Hals.

Thomas riss schockiert die Augen auf und der Junge rannte unglaublich schnell davon.

„Dieser Mistkerl!“, fluchte Yilal.

Der Junge winkte belustigt zu uns. „Danke für die Kette!“ Dann verschwand er im Dunklen.
 

„Super“, sagte Yilal. „Dein Auserwählter ist ein Dieb.“

Thomas setzte zum Sprint an. „Nichts wie hinterher!“

Er durfte seine Kette auf keinen Fall verlieren – sie führte ihn zu seinen Auserwählten. Wenn sie fehlte, war alles verloren.

Thomas rannte so schnell er konnte, aber der Junge war wie im Nichts verschwunden. Yilal flog hinter Thomas hinterher und als er sah, dass der Junge nicht weiter zu sehen war, flog er ein Stück höher.

Thomas atmete schwer und stützte seine Hände auf seinen Oberschenkeln ab. Wie konnte der Junge so flink verschwinden? Doch Thomas würde nicht aufgeben. Er hatte seinen Auserwählten gefunden, also würde er es auch schaffen, seine Kette zurückzugewinnen.
 

Yilal kam wieder herunter und schüttelte mit dem Kopf. Thomas ließ enttäuscht die Schultern sinken. Jetzt mussten sie wohl die gesamte Gegend durchsuchen.

„Ich glaube aber, dass wir eine gute Chance haben.“ Yilal zeigte nach geradeaus. „Den Jungen habe ich zwar nicht gesehen, aber ein kleines Stück in die Richtung, befindet sich eine kleine Stadt oder ein Dorf. Ich wette, der Junge rannte dahin.“

Das war auf jeden Fall ein guter Ansatz und Thomas stimmte dem zu. „Dann nichts wie hin.“

Also machten sie sich auf den Weg. (Wir müssen den Jungen finden!) Thomas wusste nicht, wieso, aber er hatte bei der ganzen Sache ein ungutes Gefühl.
 

Unterwegs sah sich Thomas immer wieder zu Yilal um, der durch seine Wunde noch geschwächt war. Die Jagd nach dem Jungen hatte ihn sogleich erschöpft, was zeigte, welchen Einfluss die Verletzung noch auf ihn hatte. Thomas schlug deshalb vor eine Pause einzulegen, aber Yilal lehnte ab und aß, während sie liefen.

Da fragte Thomas, warum es ihm so wichtig war, so schnell voranzukommen.

Yilal zögerte. „Vorhin … als ich das Dorf gesehen habe … es wirkte, als würde dort etwas im Gange sein. Ich könnte mich auch irren, aber ich habe ein mulmiges Gefühl.“

Yilal irrte sich bestimmt nicht. Es konnte kein Zufall sein, dass sowohl Yilal als auch Thomas eine schlechte Vorahnung hatten.

Etwas war passiert.
 

Als sie das Dorf erreichten, wussten sie, was nicht stimmte. Die blauen Augen von Thomas trafen auf ein lichterlohes Feuer, das im ganzen Dorf loderte.

„Oh nein“, murmelte er. „Das ist furchtbar.“

Yilal war zu starr, um zu reagieren.

Thomas hatte eine Ahnung, wer es gewesen war. Doom. Er war sich ganz sicher – nur er hätte einen Grund so etwas Abscheuliches zu tun.

Die Dorfbewohner schrien und rannten panisch umher, einige lagen bewusstlos am Boden und bei anderen war sich Thomas gar nicht mehr sicher, ob sich noch lebten. Es war ein Anblick, der nur schwer zu ertragen war. (Damit wird er nicht durchkommen!)
 

Plötzlich griff Yilal nach Thomas Schulter und zeigte auf eine Hütte, die etwas am Rande des Dorfes lag. Zuerst verstand er nicht, aber dann sah er den Jungen. Er hatte Thomas leuchtende Kette in den Händen, seine sonstigen Flammen waren erlischt und er kniete hoffnungslos am Boden.

Thomas und Yilal rannten zu ihm.

„Hey!“ Thomas legte behutsam seine Hand auf die Schulter des Jungen. „Was ist passiert?“

Der Junge murmelte unverständliche Worte, aber Thomas verstand es auch so. (Er hat alles verloren!)

„Sie haben immer gesagt, dass ich nicht gut genug bin“, flüsterte er. „Deshalb habe ich trainiert, aber es war nie genug.“ Er schluchzte. „Manchmal habe ich meine Eltern gehasst. Aber ich wünschte … ihnen niemals den Tod!“

Vorsichtig beugte sich Thomas zu ihm herunter und umarmte ihn. Der Junge ließ es zu und weinte in Thomas Hemd. Thomas tröstete ihn und beruhigte ihn soweit es ging.

„Tilin“, sagte der Junge dann.

„Was?“, hakte Thomas nach.

„Ich heiße Tilin Igtas“, erklärte der Junge. „Ich werde dir helfen.“

Bei dem Namen durchzuckte es Thomas. (Den habe ich doch schon mal gehört...!) Er griff in seine Hosentasche und fischte einen zusammengefalteten Zettel hervor.

„Was ist das?“, fragte Yilal, als Thomas den Zettel auffaltete.

Auch Tilin guckte neugierig mit, was Thomas offenbarte. Auf dem Zettel standen Namen, die Thomas vor einer Weil aufgeschrieben hatte. Sie sprangen ihn einfach in den Kopf und er hatte den Drang sie unbedingt aufzuschreiben. Damals ergab es für ihn noch keinen Sinn, aber jetzt war es ihm klar.

„Das sind die Namen der Auserwählten.“ Thomas tippte auf einen Namen in der Liste. (Tilin Igtas.)

Falls es vorher noch nicht sicher war, wussten sie jetzt zu hundert Prozent, dass Tilin ein Auserwählter war.
 

Die drei wurden unterbrochen, als einige Dorfbewohner auf sie zu kamen. Sie sahen nicht freundlich aus. Ihre Blicke richteten sich auf Tilin.

„Du Mörder!“, schrien sie. „Du warst es, oder nicht? Du hast mit deinen Flammen gespielt und das ganze Dorf in Flammen gelegt! So ist es doch gewesen, oder!?“

Thomas stellte sich vor Tilin. (Sie können nicht klar denken.)

„Ich war es nicht!“, rief Tilin zurück. „Ich trauere genau wie ihr!“

„Lügner!“ Eine Frau warf einen Stein auf Tilin – der ihn zum Glück verfehlte.

Thomas half Tilin aufzustehen und Yilal sprang in die Luft.

„Nicht schon wieder“, murrte Yilal und erinnerte sich wohl an die Flucht aus seiner Stadt.

Thomas, Tilin und Yilal rannten aus dem Dorf so schnell wie sie nur konnten.

„Scheint als würden wir das anziehen.“ Thomas schnaufte.
 

Die Nacht schien kein Ende zu finden. Und im Moment sah es nicht danach aus, als würde sie bald enden.

Die drei fanden Unterschlupf in einer kleinen Höhle in der Nähe des Irrwaldes. Sie ruhten sich aus und erholten sich von dem Schock. An Schlaf war jedoch nicht zu denken.

Thomas spürte, dass Doom in der Nähe war und er fühlte den Hass auf ihn bis in die Zehnspitzen. Er konnte nicht länger warten – er musste Doom finden. Noch in dieser Nacht.

„Ich werde mich ihm stellen“, kündigte Thomas an. „Doom kann nicht weit sein, also werde ich es beenden.“

Yilal wirkte etwas besorgt, aber er sagte nichts.

Er blickte starr auf den Boden und nickte. „Wenn es das ist, was du tun willst.“

Tilins Augen glühten vor Wut und er war weitaus mehr enthusiastisch als Yilal. Er übergab Thomas seine Kette, die er noch immer bei sich trug und Thomas umschloss sie fest in seiner Faust.

„Wie kann ich dir helfen?“, fragte Tilin.

Thomas packte die Kette auf den Boden und legte seine Hand oben herauf. „Ich werde deine Kräfte übernehmen, um gegen Doom anzutreten. Dafür musst du deine Hand auf meine legen.“

Tilin zögerte.

Das konnte Thomas verstehen, es war trotz allem eine schwierige Entscheidung, jemanden seine Kräfte zu übergeben.

„Du musst ihn besiegen“, sagte er und legte seine Hand auf die von Thomas.
 

Wärme durchglitt Thomas, die Energie flutete durch seinen Körper und er fühlte, wie er von innen aufleuchtete. Er sah das harte Training von Tilin, dass seine Kräfte oft ausbrachen, wenn er verzweifelt war und dass seine Kräfte sowohl sanft als auch schädlich sein konnten. Thomas erkannte seine wachsende Macht und dachte sich, dass Doom keine Chance mehr hatte. Er dachte, dass Doom nie eine Chance hatte, weil er sich mit dem Falschen angelegt hatte.

Die Kräfte von Tilin waren voller Überzeugung.

Thomas zog seine Hand zurück und Tilin tat es ihm gleich. Yilal beobachtete das Spektakel gespannt und er sah das neue Glühen in Thomas.

„Es hat funktioniert, richtig?“, hakte Yilal nach.

„Hat es“, bestätigte Thomas und blickte auf seine Hände, mit denen er kleine Flammen bildete. „Die Fähigkeit funktioniert jedoch nur in dieser Welt. Sobald ich hier wieder weg bin erhältst du deine Kräfte wieder.“ Der Entertainer lächelte „Danke, Tilin. Du hast etwas gut bei mir.“

Tilin schüttelte den Kopf. „Schlag einfach den Mistkerl, der … der mein Dorf auf den Gewissen hat!“

Dem konnte Thomas nur beipflichten. „Natürlich.“

Thomas stand von seinem Platz auf, atmete tief ein und machte sich innerlich bereit.

„Wir begleiten dich.“ Yilal setzte an aufzustehen.

Aber Thomas stoppte ihn. „Nein. Ich gehe alleine. Wenn es vorbei ist, werde ich zu euch stoßen.“

Tilin sah Thomas an. „Kannst du uns das versprechen?“

In einer so gefährlichen Situation waren Versprechen vielleicht beruhigend, aber genauso unsicher, sie tatsächlich einhalten zu können. Ein Versprechen gab einen allerdings noch mehr Kraft, seine Tat durchzuziehen.

Also nickte Thomas zuversichtlich. „Ich verspreche es!“
 

Der Moment war gekommen. Thomas verließ die Höhle und lief zu der schönen Blumenwiese, an der sie Tilin das erste Mal getroffen hatten. Dort stand er, schloss die Augen und lauschte leise dem Wind. Es war erstaunlich ruhig, aber Thomas bekam das Gefühl nicht los, dass er nicht alleine war.

Er öffnete wieder seine Augen, sah jedoch nichts.

„Ich weiß, dass du hier bist“, rief er ins Leere. „Doom! Zeig dich.“

Einige Augenblicke war es still, bis im Schatten eines Baumes eine Gestalt erschien. Die Gestalt grinste und trat langsam hervor. Doom. Im Mondlicht hatte er etwas noch Finstereres an sich.

„Woher wusstest du, dass ich hier bin?“, fragte Doom.

Thomas wusste es nicht, er hatte es nur geahnt. Nachdem das Dorf von Doom zerstört wurde, hatte er vermutet, dass Doom sie seit einer Weile verfolgte. Also dachte sich Thomas, wenn er sich zeigte, würde Doom nicht lange brauchen, um aufzutauchen.

Er hatte recht.

„Instinkt“, antwortete Thomas. „Hier stank es nach Dämonen mit schlechten Absichten.“

Doom lachte. „Und du glaubst, du kannst mich aufhalten?“

Thomas wurde wütend und aus seinen Fäusten sprossen Flammen.

„Oh“, machte Doom. „Wie ich sehe, hast du den Auserwählten vor mir erreicht. Aber …“ Dooms Körper wurde von schwarzer Magie umhüllt. „Leider wird das nicht ausreichen.“
 

Der Kampf begann. Thomas und Doom standen sich gegenüber, der eine in roten und der andere in schwarzen Flammen.

Doom griff als Erstes an und schleuderte mehrere schwarze Flammen auf Thomas. Thomas wich schnell aus, rollte auf dem Boden und rannte auf Doom zu. Er erhitzte seine Fäuste soweit es ging und schlug auf Doom ein. Dieser entkam Thomas Angriffen als wäre es nichts, aber Thomas setzte noch einen oben drauf und schoss mit seinem Fuß Feuerbälle, als wären sie Fußbälle.

Das kam für Doom unerwartet und Thomas traf ihn mit voller Wucht. Doom fiel ein Stück zurück, kam aber schnell wieder zu sich.

„Das kriegst du zurück“, zischte er und verschwand vor Thomas Augen.

Thomas suchte wild mit den Augen die Gegend ab, doch plötzlich tauchte Doom hinter ihm auf und ehe Thomas reagieren konnte, war er auch schon getroffen. Schmerz geklagt stürzte er zu Boden und griff nach seiner Schulter, an der er getroffen wurde. Es brannte wie die Hölle, aber die Wut auf Doom brodelte in Thomas immer noch stärker. Also raffte er sich wieder auf und stürzte sich auf Doom.

Doom knallte auf den Boden, während Thomas auf ihm lag und in seinen Händen einen riesigen Feuerball bildete. Doom kniff die Augen zusammen.

Bevor Thomas den Feuerball abschießen konnte, umhüllte Doom sich mit der schwarzen Magie und Thomas sprang ruckartig zurück.

(Vergiss es! Du entkommst mir nicht!)
 

Thomas sammelte Energie in sich. Er sammelte alle Energie, die er hatte, steckte seine Wut hinein und seine Verluste, die er dank Doom zu ertragen hatte und spürte, wie die Kraft in ihm wuchs. Thomas leuchtete von innen auf, seine Augen glühten orange rot auf und Flammen entfachten bei jedem Schritt, den er tat.

Doom war nun doch beeindruckt und ging ein paar Schritte zurück. Auch er sammelte seine Magie, aber Thomas spürte, dass er die Überhand hatte.

„Du wirst niemanden mehr schaden“, sagte Thomas und dann rannte er auf Doom zu.

Doom machte sich auf Thomas Angriff bereit und hielt die schwarze Magie vor sich. Thomas feuerte seine gesamte Kraft auf Doom.
 

Die geballten Kräfte trafen aufeinander und es gab einen riesigen Knall, der die ganze Nacht erhellte. Erst war es nicht auszumachen, wer am Gewinnen war, aber dann wurden die Flammen von Thomas stärker und die von Doom schwächer. Thomas Flammen fraß die schwarze Magie von Doom auf – so sah es zumindest aus. Doom bemerkte seine Niederlage und fluchte laut.

Doch bevor der starke Angriff von Thomas Doom treffen konnte, tauchte hinter Doom ein dunkles Portal auf.

Doom grinste düster. „Mag sein, dass du diese Schlacht gewonnen hast. Aber mal sehen, wie du dich in der nächsten Welt schlägst. Es ist noch lange nicht vorbei, Thomas!“

Mit diesen Worten verschwand Doom im Portal. Thomas lief zum Portal, um Doom einzuholen, aber ehe Thomas da war, war das Portal schon weg.

Thomas schlug wütend mit geballten Fäusten auf den Boden. (Er ist entkommen!)
 

Nicht lange nach dem Kampf fing die Sonne an aufzugehen. Thomas kehrte zu seinen Kameraden zurück, die bereits ungeduldig auf ihn warteten.

Auf Tilins und Yilals war Erleichterung zu erkennen, als sie Thomas an getrottet sahen. Auch Thomas war froh, seine Freunde zu sehen und zu wissen, dass sie vor Doom jetzt in Sicherheit waren.

„Du hast es geschafft!“ Yilal kam angerannt, um sich Thomas verletzte Schulter anzusehen.

„Ist er tot?“, fragte Tilin nach.

Thomas senkte seine Augen. „Er … ist im letzten Moment in eine andere Welt geflüchtet.“ Er ballte seine Hände zu Fäusten. „Aber ich werde ihm folgen, den nächsten Auserwählten finden und mich ihm erneut gegenüberstellen.“

Yilal holte ein Verband und umband Thomas Schulter. „Ja, ich weiß, dass du es schaffen wirst.“
 

Die Sonne strahlte den drei ins Gesicht und kündigte einen neuen Tag an. Ein neuer Tag, eine neue Hoffnung und eine neue Mission. Für Thomas war es an der Zeit weiter zu ziehen. Er musste Doom folgen und wenn alles glatt lief, in seine eigene Welt zurückkehren.

Als Thomas fragte, was die anderen tun würden, antwortete Tilin: „Wir gehen in die Novio-Organisation. Ich kenne den Weg in die Organisation und es ist der perfekte Ort, um ein neues Zuhause zu finden.“ Tilin zwinkerte. „Und nebenbei können wir diese Welt vor dem Bösen retten.

Thomas lachte. „Ja, das klingt gut.“
 

Tilin erklärte Thomas, dass es ganz in der Nähe von der Novio-Organisation ein Portal gab, dass ihn in die nächste Welt führen konnte. Thomas nahm das Angebot an, als Tilin fragte, ob sie bis dahin gemeinsam hingehen wollten. (Das wird unsere letzte gemeinsame Reise sein.)

Es war tatsächlich sogar ganz einfach durch den Irrwald zu kommen. Man musste einfach nur die richtigen Wege kennen. Ab und versuchte der Wald die drei in die Irre zu führen, aber keiner von ihnen fiel darauf herein. Tilin erklärte ihnen, dass vor allem böse Wesen von den Mächten des Irrwaldes betroffen waren. Das erklärte, warum es für die Handlanger überhaupt nicht glimpflich verlaufen war – davon abgesehen, dass sie den Weg nicht kannten.
 

Schneller als sie vielleicht wollte, kamen sie an dem Portal an, das sich in einer Höhle befand. Die drei sahen sich an und wussten, dass es Zeit für den Abschied war.

„Wir werden uns ganz bestimmt wiedersehen“, sagte Thomas zuversichtlich.

„Bestimmt.“ Yilal nickte traurig.

„Ganz bestimmt sogar“, pflichtete Tilin bei. „Wenn nicht in dieser Welt, kommen wir eben in deine Welt. Eine Weltenreise würde sicher Spaß machen.“ Tilin grinste.

Thomas lächelte. „Ich kann es kaum erwarten.“
 

Die drei verabschiedeten sich und winkten sich ein letztes Mal zu. Dann stand Thomas alleine vor dem Höhleneingang und machte sich bereit für das nächste Abenteuer.

(Ich komme, Doom.)

Thomas betrat die Höhle, umklammerte seine Kette und das Portal öffnete sich. Instinktiv wusste er, in welche Welt er als nächstes zu suchen hatte und mit einem letzten Blick zurück, sprang er durch das Portal. Auf in eine neue Welt.

Doch beim Eintritt in die neue Welt verlor der Moderator all seine Erinnerungen an die zuletzt besuchte Welt. Der Namen Tilin Igtas, welcher auf dem Zettel stand verblasste und ein neuer Name formte sich. Weiss Frost. Doch ob dieser nun für immer dort auf dem Papier prangen sollte?
 

Ende



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