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Wenn die Chemie stimmt

von

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Freitag, 05. April

„Ohhhh….“, mit einem Stöhnen wachte Leonora am Morgen auf. Ihr Kopf dröhnte und ihr war übel. Warum ist mir nur so schlecht? Ich habe doch gar nicht so viel getrunken. Oder?

Sie richtete sich langsam auf, stand auf und trottete ins Badezimmer. Als erstes nahm sie eine Kopfschmerztablette aus dem Spiegelschrank, die sie einnahm, bevor sie sich frisch machte und die Zähne putzte.

Wie bin ich eigentlich nach Hause gekommen? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Das Letzte, das ich weiß, ist, dass Irina mit Jörg und Max die Tanzfläche gestürmt hat.

Nachdem sie angezogen war, ging sie in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel.

 

 

Falls du mit Kopfschmerzen bzw. Erinnerungslücken aufwachst, dann wird das an den Drogen liegen, die dir jemand in den Drink geschüttet hat. Ich habe dich nach Hause gebracht - BEVOR dir jemand etwas tun konnte. Trink viel Wasser, dann werden die Schmerzen vergehen.

 

Aber in Zukunft solltest du vielleicht besser auf deine Drinks aufpassen, ich kann schließlich nicht jedes Mal vor Ort sein...

 

 

Leonora drehte den Zettel herum, um zu sehen, ob auf der Rückseite noch etwas stand, doch sie war leer. Kein Name? Kann das stimmen? Hat mir wirklich jemand Drogen gegeben? Ihre Hand griff an die Stirn, als sie versuchte die letzte halbe Stunde vor ihrem Blackout zu rekonstruieren. Möglich ist es wohl. Ich hatte unsere Gläser nicht die ganze Zeit im Blick, weil ich die Drei beim Tanzen beobachtet habe. Scheiße… Leonora klappte ihren Laptop auf und fuhr ihn hoch. Sofort öffnete sie das Chatprogramm und schrieb Irina.

 

Leo:    Hallo

IriGirl: Hey…. Na, schon wieder fit? Du warst gestern plötzlich weg.

Leo:    frag lieber nicht, ich habe einen totalen Filmriss und mir ist immer noch übel

IriGirl: Was hast du denn noch getrunken?

Leo:    Nichts. Das ist es ja.

IriGirl: Was ist dann passiert?

Leo:    Ich glaube, mir hat jemand k.o-Tropfen in meinen Cocktail geschüttet. Zumindest sagt das der Zettel, den ich auf dem Küchentisch gefunden habe

IriGirl: Zettel?

Leo:    In der Küche war ein Zettel, auf dem stand, ich solle das nächste Mal auf meinen Drink aufpassen und dass der Schreiber mir geholfen hat, bevor etwas passieren konnte

IriGirl: Wow

Leo:    Das kannst du laut sagen

IriGirl: Und stand auch der Name deines Helden drauf?

Leo:    Leider nicht …. Ich hoffe nur, dass es auch wirklich stimmt

IriGirl: Na, hast du denn irgendwie Schmerzen oder blaue Flecken oder so, die drauf hindeuten könnten, dass dir was angetan wurde?

Leo:    nein

IriGirl: Dann ist ja schon mal gut

Leo:    Wie konnte mir das nur passieren?

IriGirl: Zur falschen Zeit am falschen Ort

Leo:    Hmmmm

            Hast du eine Idee, wie ich ihn finden kann, um mich zu bedanken?

IriGirl: Puh

            Wie wäre es mit der caz?

Leo:    Einfach eine Anzeige?

IriGirl: Schaden kann es bestimmt nicht

Leo:    Okay

IriGirl: Sehen wir uns gleich beim Balfanz?

Leo:    Eigentlich sagt mein Kopf nein, besonders zu allgemeiner Didaktik, aber ja

IriGirl: Alles klar, dann bis gleich

Leo:    Bis gleich

 

***

 

„Mensch Leo, wo warst du denn gestern auf einmal?“

Max, der sich durch die Reihen des Hörsaals zu ihr, Irina und Jörg durchgekämpft hatte, ließ sich auf den Sitz fallen.

„Frag lieber nicht.“

„Warum? Was ist denn passiert?“, hakte Max nach.

„Wenn ich das nur wüsste. Mir muss jemand k.o.-Tropfen gegeben haben, ich kann mich an nichts erinnern. Ihr seid auf die Tanzfläche und ich habe euch zugesehen, ab da verschwimmt alles.“

„Ach du Schande. Geht es dir wieder gut? Hast du irgendwelche Verletzungen?“, sofort wurde seine Stimme besorgt.

„Nein. Ich habe nur noch Kopfschmerzen. Mir hat jemand geholfen, sagt der Zettel in meiner Küche.“

„Wie jetzt? Zettel?“, fragte Jörg, der ebenfalls zugehört hatte, und Leonie berichtete vom Zettel des unbekannten Helfers.

„Der war in deiner Wohnung?! Aber vergewaltigt wurdest du nicht, oder?“

„Ich war komplett angezogen, also eher nicht. Oh man, wenn du das aussprichst, dann schüttelt es mich gleich nochmal. Was alles hätte passieren können!“

Tränen stiegen ihr in die Augen und Irina nahm sie tröstend in den Arm.

„Bei unserer nächsten Party wird das Glas nicht mehr aus der Hand gegeben und wir haben immer ein Auge aufeinander!“

 

 

Dienstag, 09. April

Die Cafeteria Zebradiele, die zur Alten Mensa gehörte, war zu dieser frühen Uhrzeit wenig besucht, trotzdem erfüllte ein Gemurmel den Raum. Einige Tische waren von einzelnen Personen besetzt, die einen Kaffee tranken oder etwas frühstückten und dabei ihre Mitschriften lasen oder Hausaufgaben machten, an anderen saßen zwei oder mehrere Studenten, die sich unterhielten, lachten oder gemeinsam an Aufgaben arbeiteten. Am Fenstertisch saß ein junger Mann, der an seinem Laptop schrieb. Manchmal kamen einige Studenten hinein, holten sich ein belegtes Brötchen oder einen Salat und verließen die Cafeteria wieder.

Auch Leonora saß mit Irina in der Cafeteria und besprach mit ihr das nächste Chemiepraktikum. Es ging um einen Anionennachweis aus einer unbekannten Substanz.

„An sich müssen wir für die Carbonat-Ionen doch nur eine Säure zugeben. Kohlenstoffdioxid steigt auf und das leiten wir in Kalkwasser ein. Ist es wirklich Kohlenstoffdioxid aus den Carbonat-Ionen, dann fällt ein weißer Niederschlag aus“, meinte Leonora.

„Schon. Aber ich habe etwas davon gelesen, dass es auch Störungen durch die anderen möglichen Ionen geben kann. Ich glaube durch Thiosulfat- und Sulfit-Ionen“, erwiderte Irina. „Wo hatte ich das nur her?“

„Ja, aber wenn das stört, was machen wir dann?“

„Ich weiß es nicht mehr.“

„Mädels, tut mir leid, dass ich mich einmische, aber ihr müsst vorher einige Tropfen Wasserstoffperoxid zufügen. Damit umgeht ihr die Störung und Kohlenstoffdioxid kann ausgetrieben werden.“

Der junge Mann mit dem Laptop, der am Nebentisch gesessen hatte, hatte sich zu ihnen herübergebeugt. Leonora und Irina sahen ihn mit großen Augen an.

„Wenn wirklich Carbonat-Ionen enthalten sind, dann müsst ihr vor den weiteren Versuchen Essigsäure zugeben, um das Carbonat auszulöschen.“

„Das ist total logisch. Vielen lieben Dank!“

„Ich helfe gern, wenn ich kann. Das ist wirklich kein Ding“, antwortete der junge Mann.

„Wie heißt du eigentlich? Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Leonora und das ist meine Freundin Irina.“

„Ich bin Felix. Schön, euch kennen zu lernen.“ Ein Lächeln umspielte seinen Mund.

„Bist du Chemiker oder Chemieingenieur oder Lebensmittelchemiker?“, wollte Irina wissen.

„Chemiker, 4. Semester. Ich saß im letzten Jahr genauso hier wie ihr zwei und habe weder ein noch aus gewusst für das Anorganik-Praktikum. Der Jander-Blasius weiß viel, aber manchmal versteht man es doch nicht ganz.“

„Das ist wohl wahr.“

Im Gespräch wurde es um sie herum immer lauter. Mehr und mehr Besucher kamen in die Cafeteria, um sich etwas zum Frühstück zu holen. Irina blickte auf die Uhr.

„Verdammt, der zweite Block fängt gleich an. Wir müssen los.“

Beide Frauen fingen an, ihre Sachen zusammen zu klauben und im Rucksack zu verstauen.

„Entschuldige, dass wir so abrupt losmüssen, aber die Vorlesung beim Gloe sollte man besser nicht verpassen. Man sieht sich sicher mal wieder.“

„Man sieht sich immer zwei Mal im Leben“, antwortete Felix mit einem Augenzwinkern.

„Danke nochmal für deine Hilfe!“

Damit waren sie auch schon aus der Cafeteria. Felix sah ihnen mit einem Lächeln im Gesicht nach und widmete sich dann wieder seiner Ausarbeitung.

 

***

 

Die Vorlesung zu den Nebengruppenelementen bei Professor Gloe verging, ebenso das Seminar Schule als Institution aus der Fakultät Erziehungswissenschaften. Zur Mittagszeit startete das Physikpraktikum, das jedoch weniger schwere Versuche bereithielt im Vergleich zur Anorganik. Am späten Nachmittag trennten sich Irinas und Leonoras Wege.

„Wo musst du jetzt hin?“

„Ins Hörsaalzentrum zu Sherlock Holmes and Literary Theory“, antwortete Leonora.

„Ach ja, das coole Seminar. Ich habe nur Angewandte Linguistik.“ Irina verzog das Gesicht bei dem Gedanken an die kommende Doppelstunde.

„Das schaffst du schon noch. Und Jörg steht dir sicher auch zur Seite, um dich nebenbei etwas zu unterhalten.“

„Ja, schon. Wenn nicht noch das fertig machen des AC-Protokolls für Donnerstag anstehen würde.“

„Daran lass uns noch nicht denken“, meinte Leonora, verzog aber auch das Gesicht beim Gedanken daran.

 

***

 

Ein starker Arm, der sie festhielt. Ein frischer Duft, der an die salzige Meeresluft erinnert. Leonora lag mit geschlossenen Augen im Bett und versuchte nach dem langen Tag einzuschlafen, doch die Erinnerungsbruchstücke vor ihrem inneren Auge hielten sie wach. Wer ist der Mann nur gewesen? Ich würde ihn so gern kennenlernen. Ihm danken und ihn fragen, warum er mir geholfen hat. Woher er überhaupt wusste, dass ich Hilfe brauche. Oder war er es doch selbst, der mir die Tropfen verabreicht hat? Sie drehte sich von der linken auf die rechte Seite, knüllte das Kissen noch etwas zusammen unter ihrem Kopf, doch der ersehnte Schlaf ließ auf sich warten.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  CaveJohnson
2021-03-01T19:45:13+00:00 01.03.2021 20:45
Am nächsten Morgen.
Ich hoffe, dass die Tabletten, die Leonora genommen hat, keine Paracetamol sind, von denen ist ja bei Kater-Kopfschmerzen abzuraten.^^

Finde es komisch, dass beim Chatverlauf Leonora den Anfang macht, man würde denken, dass sich Irina sofort nach ihrer Freundin erkundigt, wenn sie am Abend zuvor so plötzlich verschwunden ist. Nur so ein kleines Detail.

Bei diesem ganzen Chemie-Gerede musste ich schon wieder schmunzeln, aber du hast es ja diesmal ganz clever gemacht, indem du den Typen mit hineingebracht hast, dadurch wirkt es nicht so überflüssig.

Wir haben zwar bereits darüber geredet, aber ich geh noch mal darauf ein.
Es ist ja davon auszugehen, dass der Helfer am Mittagstisch auch Leonoras Retter ist, und ich finde es einfach seltsam, dass er sich nicht nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. Und ja, natürlich liegt es daran, dass die Geschichte sonst recht schnell ihr Ende finden würde, aber das muss ja nicht so offensichtlich sein.

Ich pflichte Irina natürlich bei, ALi ist wirklich ziemlicher Schrott. Frag mich nur, woher die Inspiration zu dieser Zeile kommt. ;P

Was mir jetzt gerade wieder auffällt, ist, wie sehr du diese Art von Ende für ein Kapitel mag. Damit meine ich diesen kleinen Einblick in die Gedanken des Charakters, mit dem du das Kapitel schließt. Ist mir nur so aufgefallen.^^

Das wäre es jetzt erst mal, mal schauen, wie es weitergeht. :)

Liebe Grüße

CJ
Antwort von:  Atina
02.03.2021 11:22
Vielen Dank! Siehst du, immer wenn man keinen Kommentar mehr erwartet, kommt er. :D

Meinst du Ibuprofen oder Aspirin wären besser? ^^

Dass mit dem Chat ist richtig. Ich werde einfach noch an einer Stelle ergänzen, dass Leo verpasste Anrufe und Nachrichten auf dem Handy hat.

:D :D :D Lies mal weiter.... zum Thema Chemiegequatsche. :D :D :D

Hmm. Also, an sich sieht Felix ja, dass es Leo gut geht. Ist auch schon fast zwei Wochen her, dass die Party stattfand. Mit dem Anfang des nächsten Kapitels weißt du dann auch, dass ihre Suchaktion bereits einen Tag vorher in der caz stand. Mehr Erklärung dann später im Verlauf von Felix....

Danke für deinen Kommentar. :)
Antwort von:  CaveJohnson
03.03.2021 16:16
Ich weiß auf jeden Fall, dass Paracetamol auch von der Leber abgebaut wird, und dass deshalb die Verarbeitung des Alkohols verlangsamt wird.

Laut Datum ist es doch nur 5 Tage her, weil der Tag nach der Party ja der 5. April ist, demnach war die Party am 4., und in der Cafeteria sind sie am 9. April.
Antwort von:  Atina
03.03.2021 20:22
Ha, du hast recht.... Aber die Anzeige in der caz ist schon geschalten. Naja, wird sich dann klären.... Wenn wir bei WhatsApp wären, würden ich den Affen mit den Händen vorm Gesicht als Smiley setzen. :D
Von:  NovemberGirl
2020-08-28T09:56:25+00:00 28.08.2020 11:56
Ein guter und spannender Einstieg! Und ich muss sagen ich hab nen leichten flashback an mein erstes Semester Chemie. Damals war noch alles so einfach ^^ nur so Begriffe wie AC würde ich ausschreiben oder durch anorganic ersetzen, weil nicht jeder der in der Materie ist versteht was gemeint ist.
Antwort von:  Atina
29.08.2020 13:34
Danke für deinen Kommentar. Das kam völlig unerwartet. :)

Und ich fand gerade das erste Semester schwer, weil man neu war und überhaupt nichts wusste. Aber so ist die Wahrnehmung immer unterschiedlich. ^^

Mir wurde gesagt, ich erkläre und umschreibe immer zu viel. Wenn der Leser etwas genauer wissen möchte, dann soll er selbst recherchieren. Das habe ich mal versucht, in dieser Geschichte umzusetzen. Wie man es macht, man macht es falsch. ;)
Von:  Umimugi
2020-03-09T10:58:30+00:00 09.03.2020 11:58
Oh, die Fakultät Erziehungswissenschaften, ein Flashback :D Und natürlich ein Sherlock Holmes and Literary Theory Seminar in deiner Geschichte ;D

Finde den weiteren Verlauf bisher gut, interessant wurde es auch, dass sie wirklich eben absichtlich mit K.o. Tropfen ausgeknockt wurde. Ist auch ein interessanter Gedankengang, ob es wirklich der ominöse Retter (höchstwahrscheinlich Felix?)war, der ihr die Tropfen gegeben hat oder der eine Kerl aus dem vorherigen Kapitel. Es ist schon etwas unwirklich, wie stark er sie beobachtet. Entweder ist er in sie verliebt und will sie so auf sich aufmerksam machen oder er ist ein Stalker xD
Immerhin hat er sie auf der Party scheinbar nicht aus den Augen gelassen; das kann nun positiv oder negativ sein, das hängt davon ab wie du die Geschichte weiterführst :3

Freue mich auf jeden Fall drauf!

ps. Was ist caz? XD Man erkennt schon aus dem Kontext, dass es eine Zeitung ist, aber ich grübele trotzdem darüber nach, was bedeuten kann^^
Antwort von:  Atina
09.03.2020 16:36
Hehe. Ja, Sherlock muss sein und es gab dieses Seminar wirklich an der Uni in Dresden.

Was meinst du mit dem Beobachten? Bist du jetzt bei dem Retter von der Party? Der hat es vielleicht einfach nur mitbekommen, dass ihr etwas in den Drink geschüttet wurde und wollte schauen, wie sich die Situation entwickelt. ;)

caz ist der Name der Campuszeitung in Dresden und auch gleichzeitig die Abkürzung für Campuszeitung. Aber ich habe im Zuge der Geschichte die Onlineausgaben gesichtet, sie ist nicht mehr das, was sie bei uns mal war....


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