Heart or hurt?

The Disaster Goes On

Kai starrte Tyson weiter an und hoffte sich verhört zu haben.

Ein Handy läutete hier irgendwo?

Der junge Russe schluckte schwer, die Farbe wich aus seinem Gesicht und er starrte ungläubig auf den Japaner vor sich.

Das konnte doch nicht sein, oder!?

"Zuerst haben wir ja vermutet, dass es unser Telefon ist, aber.. irgendwie ist das ziemlich zerdeppert!", redete Tyson weiter und wunderte sich plötzlich über Kais merkwürdigen Gesichtsausdruck.

"Äh.. Kai..?", fragte er dann unsicher.

Aber dieser schien im ersten Moment gar nicht ansprechbar zu sein.
 

Leicht irritiert über Kais Verhalten, guckte er zu Ray, welcher im Bett saß. Neben ihm lagen seine abgetrennten schwarzen Haare und er selbst hatte einen leicht verwirrten Ausdruck im Gesicht.

..Moment mal..

Tysons Gehirnzellen begannen sich in Bewegung zu setzen.

..Rays Haare lagen auf dem Bett..?!

Sekunden eisiger Stille verstrichen..

"AAAH!!!!", brüllte Tyson dann plötzlich und stürzte vollkommen überrumpelt einen Schritt zurück! "Ray!! ...Wa..WAAAS!?!", er deutete fassungslos auf die schwarzen Haare, die lose auf dem Bett lagen.

Abrupt fiel sein Blick wieder zu Kai, welcher noch immer die Schere in der Hand hielt!

Also eigentlich ließ das, laut Tyson, nur einen Schluss zu, oder!?

"..Kai.. wie..", begann er rumzustammeln. "..wie konntest du!?"

Er kam ein Stückchen näher, baute sich vor Kai auf und starrte ihn fassungslos, aber auch verärgert, an!

"Hackts da oben!? WIESO hast du ihm die Haare abgeschnitten!?!", der Japaner schnappte nach der Hand Kais, in der er die Schere hielt und riss sie ihm mit der anderen Hand weg.

"Kannst du mir das mal verraten?!!"
 

Aber Kai starrte Tyson weiter an. Es war, als wusste er im Moment gar nicht, was los war.. und das stimmte..

Kais Gedanken drehten sich allein um das Klingeln, dass Tyson erwähnt hatte.

..Er hatte gesagt, dass es noch nicht gefunden wurde und genau das machte ihm Angst. Was, wenn dieses Handy zum Schluss Boris gehörte?

Auszuschließen war es nicht, denn.. er und die anderen besaßen so etwas nicht.

"Hörst du mir überhaupt zu!?", schrie Tyson aufgebracht und riss Kai aus seiner Starre.

Langsam schaute der Russe auf seine Hand, die noch immer von Tyson gehalten wurde. "..Lass mich los..", flüsterte Kai, als er langsam wieder zu Sinnen kam.

Allerdings ließ der Japaner seine Hand nicht los, was Kai als Provokation deutete und nun gefährlich zu Tyson aufsah.

"Sag schon! Warum hast du das getan?!", knurrte der Japaner und versuchte mit seiner, teils gespielten, Aggressivität seine Angst vor Kai zu verbergen.

Erneut wollte er rumnörgeln, als Kai ihm plötzlich einen Schubs gab, sodass der Japaner zurückstolperte und schließlich unsanft auf den Boden plumpste.

"..Hey..", beschwerte sich der Junge und rieb sich seinen Hintern. "Kannst du nicht aufpassen?!", er sah wieder zu Kai auf und schluckte schwer, als dieser aufgestanden war und mit einem herrschenden Blick auf ihn herabsah.

"..Halt die Klappe, Tyson..", zischte er. "Du hast ja keine Ahnung!"
 

Der Japaner konnte Kai nur anstarren.. Er war vollkommen unfähig sich zu bewegen, denn Kais Worte hatten sich regelrecht unter seine Haut gegraben.. Eine unglaubliche Kälte lag in ihnen und es schien, als würde er etwas verheimlichen wollen! Nur die Frage: Was?

Tyson schluckte schwer und starrte perplex auf Kai, als dieser sich plötzlich zu ihm hinunter beugte und nach seinem Kragen griff.

Er zog ihn ein kleines Stückchen hoch, so dass Kai ihm ein gefährliches "..Verschwinde..", ins Ohr flüstern konnte.

Doch kaum hatte er das gesagt, stieß er Tyson erneut von sich!

Dieser torkelte zurück und knallte mit dem Rücken gegen die Wand. "Wa..was..", stotterte er perplex und starrte angsterfüllt auf Kai, welcher langsam auf ihn zukam.

Fast schon panisch schaute der Japaner zu Ray hinüber, welcher aber teilnahmslos auf dem Bett saß und das ganze aus der Entfernung beobachtete.. Er machte nicht einmal Anstalten sich zu bewegen!

Verdammt.. was sollte das ganze!?

Hier lief etwas ganz und gar falsch! Irgendetwas stimmte nicht..! Warum sagte Ray nichts?

Warum waren seine Haare abgetrennt?

Warum hatte Kai die Schere in der Hand gehabt?!

Warum rastete der Russe vollkommen aus, obwohl er eigentlich nichts getan hatte!?

"..K..Kai, wa..was soll das?!", brüllte Tyson und spürte, wie ihn Kais Blicke noch weiter an die Wand fesselten.

Der Junge schluckte schwer und stemmte sich so gut es ging gegen die Wand, in der Hoffnung, dass sie vielleicht nachgeben würde und er so entkommen konnte! Aber leider klappte das nicht, und so musste er ein paar Sekunden später feststellen, dass Kai direkt vor ihm stand!

Der Russe hatte seine rechte Hand direkt neben Tysons Gesicht gestemmt. Er beugte sich etwas vor, so dass er wieder zu Tysons Ohr reichte. "..Was das soll..?", flüsterte er fragend.

Der Japaner gab ein zögerliches Nicken von sich.

"..Ja, verdammt.. was geht hier ab..? Warum bist du so komisch und warum..", er verstummte, als er in Kais Augen sah.

"Ich sage es noch einmal: Verschwinde, Tyson. Geh mit den anderen raus und trainiert..!"

Tyson schluckte schwer. "..Aber.. es... es regnet.." -"Na und? Als ich noch in der Abtei trainiert habe, wurden wir sogar bei schlimmsten Schneefall rausgeschickt.. ein bisschen Regen ist im Gegensatz zu der eisigen Kälte nichts!"

Wie aufs Kommando, zuckte plötzlich ein Blitz vom Himmel, was Tyson eine Art Startschuss gab und er fluchtartig das Zimmer verließ!

Kai hingegen stand noch immer an derselben Stelle. Er lehnte sich gegen die Wand und ließ sich an ihr herabsinken.

"...Verdammt..", flüsterte der Junge, schlug die Hände vors Gesicht und kniff fest die Augen zusammen.
 

Ray saß noch immer auf dem Bett und hatte das ganze Szenario beobachtet. "..Kai..", flüsterte Ray und schaute traurig zu ihm rüber.

Er konnte sich richtig vorstellen, was gerade in ihm vorging, denn.. er hatte wieder von der Abtei erzählt. Ob da wieder Erinnerungen an Boris hochgekommen waren?

"..Alles in Ordnung?", fragte er zögerlich.

Aber Kai gab keine Antwort.. stattdessen zog er die Beine an und vergrub das Gesicht in den Armen.

Ray zerriss es fast das Herz, als er ihn so sah. Was sollte er nur machen? In seinem Zustand konnte er nicht wirklich viel ausrichten.. außerdem tat ihm alles, bei jeder kleinsten Bewegung, höllisch weh.

Aber er musste etwas unternehmen.. er konnte Kai nicht so hängen lassen! Vermutlich würde er dann wieder in Depressionen versinken und vielleicht sogar wieder versuchen sich das Leben zu nehmen..

Also griff Ray zögerlich nach den schwarzen Haaren, die auf der Bettdecke lagen und legte sie sorgfältig zur Seite.

Anschließend schlug er die Decke weg, krabbelte dann langsam aus dem Bett und wackelte zu Kai hinüber.

Bei jedem Schritt verfluchte er sich selbst, da es wirklich verdammt schmerzte.. schließlich tat ihm alles, ab dem Unterleib weh.. Es zog und brannte höllisch.

"Kai..", flüsterte Ray leicht schmerzverzerrt, als er endlich bei ihm angekommen war.

Er kniete sich vor ihn hin, zog den Russen an den Schultern zu sich und bettete dann dessen Kopf vorsichtig auf seinen Schoß.

Zärtlich fuhr er ihm durchs Haar, streichelte immer wieder eine Haarsträhne aus seinem Gesicht und wartete nur darauf, dass Kai endlich etwas sagen würde..

Es war ihm egal was! Hauptsache er sagte etwas..
 

Kai hatte die Augen geschlossen und genoss es, einfach so dazuliegen.. Es war ein angenehmes Gefühl und es wäre ihm am liebsten gewesen, wenn es ewig angehalten hätte.

Aber das konnte es nicht..

"Liebst du mich, Ray..?", flüsterte Kai plötzlich und öffnete zaghaft die Augen.

Gedankenverloren starrte er ins Nichts..
 

Der junge Chinese sah ihn verwirrt an, lächelte aber dann und strich ihm erneut durchs Haar. "..Ja, sehr sogar..", flüsterte er. "..Aber warum fragst du?"

Irgendwie war ihm das absolut nicht geheuer.. Warum fragte Kai plötzlich, ob er ihn liebte? - Natürlich tat er das! Mehr als alles andere und er könnte sich auch gar nicht vorstellen was wäre, wenn Kai nicht mehr hier wäre..

"..Aber ich hab deine Liebe nicht verdient..", sagte Kai vollkommen monoton.

Ray zuckte zusammen. "Wa..was? Wovon redest du?"

Doch Kai gab keine Antwort.. Er starrte mit ausdruckslosen Augen vor sich hin und versank in diesem schwarzen Nichts, das ihn umhüllte.

"..Ich hab dich nicht verdient..! Nichts.. absolut nichts..", redete er weiter und setzte sich hastig auf.

Jetzt war es ihm klar geworden..

"A..Aber ich brauche dich...", flüsterte Ray und griff zögerlich nach seinem Arm. "..Mehr als alles andere..!"
 

Kai starrte einfach auf einen Punkt vor sich. Ray brauchte ihn? Meinte er das ernst, oder sagte er das nur?

..Nein, das meinte er sicher ernst, aber.. konnte er ihm das geben, was er brauchte?

Kai hatte nie gelernt sich um andere zu kümmern. Er wusste nicht, wie man sich in dieser Situation verhält! Schließlich beruhte so etwas auf gegenseitigem Vertrauen.. - Ja, er vertraute Ray, aber war es andersrum genauso? Außerdem.. konnte er Ray blind vertrauen?

All diese merkwürdigen Fragen machten sich plötzlich in seinem Kopf breit.

Was, wenn Ray ihm gar nicht verzeihen konnte, dass er Boris umgebracht bzw. einen Mord begangen hatte?!

Was, wenn er ihn, nachdem er das erfahren hatte, hasste..?!

Kai fasste sich an die Stirn und kniff fest die Augen zusammen. Er wollte nicht schon wieder gehasst werden.. er wollte auch nicht mehr hintergangen werden..

Er wollte doch nur geliebt und verstanden werden. Aber konnte Ray sein Handeln akzeptieren?
 

"..Könntest du mir alles verzeihen..?", fragte Kai plötzlich. Aber er sah nicht auf, da er Angst vor der Antwort hatte.

"Was? ..Wie meinst du das?" -"Kannst du es, oder nicht?", fragte der Russe weiter.

Er wollte nicht näher auf das Thema eingehen, sondern einfach nur wissen, ob er ihm alles verzeihen konnte oder nicht und.. ob das notwenige Vertrauen für eine Beziehung vorhanden war.

Ray hingegen verstummte. "..I..ich weiß nicht..", flüsterte er. Woher sollte er das auch wissen?

Zwar liebte er Kai, aber ob er ihm alles verzeihen konnte, wusste er nicht genau..

"Verstehe.", sagte Kai und sah nun zu Ray auf.

Er wusste nicht genau, was er von dieser Antwort halten sollte, da sie auch nichts konkretes preis gab, aber.. es war immerhin kein direktes ,Nein'..
 

Ray sah ihn leicht verwirrt an, da er nicht verstand, was Kai damit eigentlich bezwecken wollte..

"Kai, hör mir zu..", begann der Chinese. Irgendwie fühlte er, dass er noch etwas dazu sagen sollte.. "Ich möchte nicht, dass du das falsch verstehst! I-ich.. ich weiß nicht, ob ich dir alles verzeihen kann, aber ich.. ich liebe dich und ich vertraue dir! Okay..?", er strich dem Russen zärtlich über die Wange und bemerkte erst jetzt Kais verzweifelten Blick.

"Du.. du solltest dich wieder hinlegen..", sagte Kai und lächelte ihn schwach an. "Schließlich solltest du dich erholen, denn.. wir..", seine Worte brachen ab, als Ray ihn zu sich zog und vorsichtig seine Lippen auf die seines Gegenübers legte.

"Ich hab zu dir gesagt, dass du nie wieder an meiner Liebe zweifeln sollst.", flüsterte Ray.

Kai stand langsam auf und streckte dem Chinesen die Hand entgegen.

"Vergiss es nicht..", Ray ließ sich von Kai auf die Beine helfen und kuschelte sich dann an dessen Brust.

,Wenn er wüsste..', dachte Kai niedergeschlagen. ,..Er liebt einen Mörder..'

"Mach dir deswegen keinen Kopf..", lächelte Kai gespielt.

Es war ihm klar, dass Ray ihn liebte und vertraute.. aber ob das reichte?

,Ich frage mich, wie lange ich ihm das noch verheimlichen kann.. und wie lange er mich wirklich noch liebt, denn..'

Der Russe schluckte schwer.

,..ich habe getötet..'

Ob er wollte oder nicht.. Das lag ihm schwerer im Magen, als er sich je zu träumen gewagt hätte.

Er marschierte mit Ray wieder zum Bett und legte ihn behutsam unter die Decke.

,War es Notwehr, oder doch Absicht?', fragte er sich, als er Ray auf die Stirn küsste.

,Habe ich ihn.. nur getötet, damit er endlich mit dieser Tyrannei aufhört, oder..'

"Du solltest noch etwas schlafen.."

,..oder wollte ich einfach nur meine Rachlust befriedigen?'

Ray gab ein Nicken von sich. "..Okay..", flüsterte er. Doch kaum wollte sich Kai vom Bett entfernen, packte der Chinese noch einmal nach seinem Handgelenk.

"..Du liebst mich doch noch, oder Kai..?", flüsterte Ray zögernd. "Ich.. ich meine, nachdem... was... Boris.."

Kai drehte sich noch einmal zu dem Jungen um und schaute ihn lange Zeit einfach nur an..

Natürlich liebte er ihn noch.. Sehr sogar.. Auch nachdem, was Boris getan hatte.

Der Russe lächelte etwas zögerlich, kniete sich dann vors Bett und streichelte Ray zärtlich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Der Chinese schloss die Augen und musste ebenfalls lächeln, als Kai seine Wange dabei berührte. "..Ja, ich liebe dich noch immer..", flüsterte er. "..Aber jetzt ruh dich aus."

Kai erhob sich und schaute noch einmal auf Ray herab, wie er da so friedlich und vollkommen unschuldig lag.

,..Ich liebe dich mehr, als du dir vorstellen kannst..', dachte er, und wandte sich dann zur Tür.

Kaum hatte er das Zimmer verlassen, sah er sich unsicher auf dem Gang um und ging dann, etwas zögerlich, in sein altes Zimmer..
 

~~~
 

Einige Stunden waren bereits vergangen, als sich Ray plötzlich im Bett herum zu wälzen begann.

"..nein..", flüsterte der Junge und hatte dabei vor Schmerzen das Gesicht verzerrt. Er krallte sich mit seinen Händen in die Bettdecke, zog an ihr und ließ dann wieder für einen kurzen Moment locker..

"..Kai..", keuchte der Chinese aufgeregt und drückte sich panisch ins Kissen, schlug seinen Kopf wie wild zur Seite und ließ dabei immer wieder ein lautes Keuchen aus seiner Kehle erklingen!

Doch mit der Zeit wurde es immer schlimmer, seine Bewegungen wurden noch hektischer, bis er schon mit den Beinen auszutreten begann, sich aber dann wieder zusammenkauerte und leise vor sich hinwimmerte..

"..Kai..", murmelte er keuchend und wand sich weiter in der Decke hin und her! Seine Augenbrauen zogen sich angestrengt zusammen und die Hände verkrampften sich weiter in dem weichen Stoff, als er schockartig seine bernsteinfarbenen Augen plötzlich aufriss und an die Zimmerdecke starrte!

Schweiß klebte an seiner Stirn, das Gesicht tränenübersät und sein gesamter Körper zitterte wie Espenlaub..

Ray schlang fest die Arme um sich, kniff die Augen zusammen und atmete keuchend.

Angsterfüllt öffnete er nach ein paar Momenten erneut seine Augen und starrte vor sich. "..Kai..", wimmerte er und kuschelte sich noch weiter in die Decke.

Er schniefte tränenerstickt auf und guckte ängstlich nach allen Seiten.

Kein Boris.. niemand.. er war ganz allein im Zimmer.

"..Kai..", flüsterte er und erneut bahnten sich ein paar Tränen über seine feuchten Wangen.

Er hatte Angst, denn gerade eben hatte er von letzter Nacht geträumt, wo Boris über ihn hergefallen war und..

Ray kniff die Augen zusammen, kuschelte sich noch fester in die Decke und weinte bitterlich.

Verdammt, warum ging ihm das einfach nicht aus dem Kopf?!

"..Kai..!", es war nur ein erstickter Schrei, welcher sofort wieder verblasste.

Schmerzhaft musste er sich an die Geschehnisse erinnern, welche sich tief in ihm vergraben hatten und ihn sogar bis in seine Träume heimsuchten. "..Ich.. ich will das nicht..", wimmerte er. "Kai, ich... ich kann nicht mehr..!"

Vor seinem geistigen Auge spielte sich plötzlich die Szene ab, wo Boris ihm am Haarschopf gepackt hatte und ihn dann vom Bett gestoßen hatte..

"..Kai.."

Es war, als würde er sich selbst von oben sehen. Sah, wie Kai verzweifelt versucht hatte, sich zu befreien und wie er geschrieen hatte.

Aber er sah auch Boris, welcher ihm die Klamotten vom Leib gerissen hatte und dann auf brutalste Art und Weise..

"AAAAH!!!!!", schrie Ray verzweifelt auf, krümmte sich schmerzhaft zusammen, hielt sich die Ohren zu und begann vor Angst, Schmerzen und Qualen zu schreien!

Denn er sah es direkt vor sich und spürte diese Schmerzen.. diese elenden Schmerzen..
 

"Ray?!!", die Zimmertür wurde aufgerissen und Tyson, Max und Kenny standen, vor Wasser triefend, im Türrahmen und starrten perplex auf Ray, welcher noch immer schrie und schluchzte!

"..Verdammt, was..!?", Tyson rannte sofort zu ihm und begann heftig an seiner Schulter zu rütteln! "Ray! Wa..was ist denn?!"

Aber der Chinese schrie weiter! Er schlug sich die Hände über den Kopf, so als wollte er von der ganzen Sache nichts mehr mitkriegen!

"..Kai..", wimmerte er verzweifelt. "..Kai!!!"

Tyson zuckte zusammen und wandte sich dann an Kenny und Max. "Wo ist Kai!?", schrie er die beiden an! Zwar verstand er nicht wirklich, warum er ausgerechnet nach dem Russen rief, aber wenn es half, dass er sich beruhigte?

Die beiden restlichen Jungs konnten aber nur mit den Schultern zucken! "Kai, wo steckst du!?!", schrie Tyson und rannte aus dem Zimmer, ins Erdgeschoss hinunter und begann verzweifelt nach dem Russen zu suchen!

Kenny blieb bei Ray und versuchte ihn zu beruhigen, während Max sich ebenfalls umsah.

"..Kai..", wimmerte Ray verzweifelt und zog sich noch weiter zusammen. "..Wo bist du.."
 

"Ray!", flüsterte plötzlich eine Stimme und Kenny sah verwundert auf.

Kai stand im Türrahmen und schaute fassungslos auf den Jungen, welcher sich zusammengekauert hatte und immer wieder seinen Namen flüsterte.

"..Was ist passiert?", fragte er Kenny.

"K..Keine Ahnung..! Wir waren draußen trainieren, als wir plötzlich Ray schreien hörten!", er ging hastig zur Seite, als Kai an ihm vorbeigestürmt war, sich auf die Bettkante setzte und dann den weinenden Jungen fest in die Arme schloss.

"Hey, Ray.. ich bin hier..", flüsterte Kai beruhigend und strich ihm zärtlich über den Kopf. "..Es wird alles gut!", redete er ihm gut zu und auch ein paar Augenblicke später wurde Ray ruhiger.. Das verzweifelte Schreien verstummte, doch die Tränen und das Zittern blieben.
 

Kai wandte seinen Blick zu Kenny, welcher fassungslos in der Gegend rum stand. "..Könntest du mal verschwinden?!", motzte er den Jungen mit der Brille an.

"..Äh.. ja..", stotterte dieser und rannte sofort aus dem Zimmer.

Kaum hatte Kenny das Zimmer verlassen, betraten Tyson und Max den Raum und sahen Kai, der Ray schützend in den Armen hielt.

"..Was ist passiert..?!", fragte er die beiden und sah sie entnervt an, da er von Kenny nicht die eigentlich erwartete Antwort bekommen hatte.

Aber Max und Tyson konnten nur mit den Schultern zuckten. "Wir waren draußen und haben trainiert, wie du es gesagt hast! Und plötzlich hat Ray so geschrieen..!", sagte Max und nahm Tyson somit die Worte aus dem Mund, weil der sich schon wieder aufregen wollte.

Kai wollte gerade eine genervte Antwort geben, als sich Ray plötzlich an seinem Hemd festkrallte und ein leises "Kai..", wimmerte. "..Ich.. ich hab es gesehen..", schniefte er. "..Und ich.. ich hab es gespürt..", fügte er mit einer weinerlichen Zaghaftigkeit hinterher.

Der Chinese öffnete die Augen und schaute mit einem verheulten Gesicht zu Kai auf. Es war ihm egal, ob Max und Tyson hier waren, oder nicht.. Er wollte einfach das ganze vergessen und verdrängen.. so als wäre es nie passiert.

"..Ich hab gespürt, wie er..", Ray verstummte.
 

Hastig wandte er sich von seinem Freund ab. "..Ach.. i-ist nicht so wichtig..", sagte er und wischte sich die Tränen weg.

Er fasste sich an die Brust und versuchte sein pochendes Herz zu beruhigen.

Genau jetzt.. in diesem Augenblick war es ihm klar geworden.

,Ich.. ich bin ein Schwächling!', dachte er plötzlich und schaute erstarrt vor sich hin.

,Kai hat das Jahre lang ausgehalten und ich..?', er schluckte schwer und schaute zu Kai. ,Ich schreie hier wegen einem Mal rum..!'

Der Chinese bemerkte Kais verwirrten Blick und wusste, dass er jetzt etwas erklären musste..

"Äh..", setzte Ray an. "..Es.. ist nichts..", stotterte er rum und guckte auf die Bettdecke.

Ja, er war ein Schwächling.. Eindeutig.. Er heulte hier rum, schrie wie am Spieß und dabei hatte das Kai viel länger ertragen müssen als er!

"Das hörte sich aber anders an, Ray!", sagte Kai besorgt und wollte ihm gerade an die Schulter fassen, als dieser zusammenfuhr und erschrocken Kais Hand zur Seite schlug.

"Ich sagte doch, dass nichts ist!", behaarte Ray ziemlich stur und schaute entgeistert auf seine Hand, mit der er gerade die von Kai zur Seite geschlagen hatte.

"..I..ich hab nur geschrieen, weil..", er überlegte fieberhaft. "..weil ich wissen wollte, wie lange ihr braucht, bis ihr hier seid..", Ray schluckte und quälte sich ein Lächeln ins Gesicht.

"Und ja.. äh.. es dauerte ziemlich lange.. Wenn ich in Gefahr gewesen wäre, wärt ihr vermutlich zu spät gekommen!"

Er sah unsicher in die Gesichter seiner Kameraden und bemerkte, dass sie ihm nicht glaubten. Vor allem Kai nicht..

"..Das ist die Wahrheit.. Wieso sollte ich auch lügen?", er grinste und krabbelte aus dem Bett.

Kaum stand er aufrecht da, zuckte er zusammen, da sich diese elenden Schmerzen in seinem Unterleib bemerkbar machten.

"..Außerdem hätte ich davon nichts..", er marschierte zu einem Stuhl, wo seine Klamotten drüber hingen. "..Soda.. und wenn ihr mich jetzt alleine lassen würdet? Ich will mich umziehen."

Aber keiner der Jungs bewegte sich. Sie schienen ihm noch immer nicht zu glauben..

Verdammt, was sollte er denn noch sagen? Sollte er etwa vor allen zugeben, dass er ein elender Schwächling war?!

"Ich mein das ernst.. Ich werde heute Abend nichts kochen, wenn ihr nicht sofort das Zimmer verlasst!", knurrte Ray sauer und Max und Tyson waren sofort verschwunden, da sie das auf keinen Fall riskieren wollten.

Nur Kai stand noch hier und fixierte Ray mit seinem durchdringenden Blick. "..Die anderen kannst du vielleicht täuschen, aber nicht mich.", sagte er und drehte sich kurz zur Seite, um sich zu vergewissern, dass die Zimmertür geschlossen war.

"..Meinst du etwa, ich weiß nicht, warum du wirklich geschrieen hast?", fragte er dann Ray, als er sicher war, dass die Tür zu war.

"Du brauchst nicht so zu tun, als würdest du keine Schmerzen haben! Man merkt es doch schon allein daran, wie du dich bewegst!"

Er kam näher und stellte sich vorsichtig hinter Ray. Etwas zögernd schloss er die Arme um ihn und lehnte seinen Kopf an Rays Schulter.

"Du musst niemandem etwas beweisen, in dem du sie verbirgst.. Damit ist keinem geholfen, vor allem nicht dir."
 

Ray erwiderte darauf nichts. War es denn wirklich so offensichtlich, dass er es verbarg?

Okay.. Kai konnte das vermutlich durchschauen, schließlich hatte er es selbst durchlebt und man sah es ihm wahrscheinlich wirklich an, auch, wenn er es nicht zugeben wollte.

,Ist es etwa falsch, was ich tue?', fragte sich der Chinese, schloss die Augen und lehnte sich an Kai.

"Meinst du etwa, ich kann es ewig mit ansehen, wie du dich quälst?", flüsterte der Russe und streichelte zärtlich Rays Bauch, wo er die Hände rum geschlungen hatte. Allerdings zuckte Ray zusammen und sein Körper begann leicht zu zittern.

Im ersten Moment stand er wie zur Salzsäule erstarrt und ziemlich verkrampft da.. Doch mit der Zeit, als er sich wieder an Kais Körper gewöhnt hatte, begann er sich zu entspannen und lehnte sich an ihn.

"Vielleicht?", entgegnete Ray flüsternd. -"Baka..", murrte Kai und klopfte dem Chinesen leicht auf den Kopf.

"So was kannst aber auch nur du denken.."

"Kai-chan.. du.. hast doch gesagt, du vertraust mir, oder?", sagte Ray plötzlich, um vom Thema abzulenken, nachdem er Kais Hand endlich abgeschüttelt hatte.

"..Ja, warum?"

Ray überlegte kurz. "..Dann vertrau mir einfach in der Hinsicht. Mir geht's wieder gut.. Keine Angst!", er drehte seinen Kopf leicht zur Seite und lächelte den Russen zuckersüß an. "..Mach dir bitte nicht so viele Gedanken..", mit diesen Worten löste er sich aus Kais Umarmung und schob ihn Richtung Tür.

"..Ich komme klar!", versicherte er ihm noch einmal und beförderte Kai widerwillig vor die Tür.

Sofort machte er hinter dem Russen die Tür zu und stand dann eine Weile lang tatenlos rum, bis er sich vor den Wandspiegel stellte, der in einer Ecke des Zimmers hing.

"..Narr..", flüsterte er leise zu sich selbst und blickte traurig in sein Ebenbild. Vollkommen fertig lehnte er seinen Kopf gegen den Spiegel und schaute bedrückt vor sich hin..

Kai war so lieb zu ihm und was machte er? Er hatte nichts besseres zu tun, als ihn aus dem Zimmer zu befördern..

Warum hatte er das bloß gesagt? Warum log er den anderen etwas vor, wenn sie ihm doch helfen wollten?

,Ich möchte niemandem zur Last fallen..', beantwortete er sich die Frage selbst und holte sich dann das Chinaoutfit, dass über dem Stuhl hing.

"..Weder Kai.. noch den anderen..", flüsterte er. ,Daher ist es besser, alles in sich hineinzufressen.. sich alles gefallen zu lassen..'

Sein Blick wurde immer trauriger. "..Auch, wenn ich dadurch zur Zielscheibe werde.."

Er zog sich das Shirt über den Kopf, schmiss es achtlos zur Seite und schaute in den Spiegel.

"..Warum...", flüsterte er plötzlich und kniff die Augen zusammen.

Warum konnte er nicht so stark sein wie Kai?

Warum war er der Schwächling den man einfach ausnutzen konnte?

,Boris hat es doch gestern bewiesen..', dachte er. Man konnte ihn ausnutzen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie er reagierte! Denn anscheinend erholte er sich doch schnell von so etwas!

"..Pah.. von wegen..", flüsterte er und schaute wieder in den Spiegel.

"..In Wirklichkeit lasse ich mir alles gefallen, bis es dann in einer Katastrophe ausartet..", murmelte er in sich hinein.

Er drehte sich etwas zur Seite, sodass er im Spiegel teilweise seinen Rücken sehen konnte.

Es waren einige rote Kratzspuren zu erkennen, die eindeutig von Boris stammten..

Der Junge stellte sich wieder gerade hin und griff sich dann bedrückt an die Stelle, wo eigentlich sein Haarzopf sein sollte.

Aber wie erwartet griff er ins Leere..

Ray drehte sich noch einmal zu seinem Bett um und musste sich fest auf die Lippen beißen, als er seine Haare dort liegen sah..

Schnell wandte er den Blick wieder an den Spiegel, holte ohne zu zögern aus und schlug seine Faust so fest er konnte neben dem Spiegel in die Wand!

Er hatte die Augen zusammen gekniffen, den Kopf leicht gesenkt und er spürte, wie seine Handknöchel leicht feucht wurden..

Er zischte einen chinesischen Fluch und sah dann wieder auf.

Sein Blick war leicht verschwommen, da seine Augen glasig von den Tränen waren..

Als er aber die weiße Mauer betrachtete, in die er seine Faust geschlagen hatte, bemerkte er, dass sie dort leicht gebröckelt war und man auch eine ganz feine rote Spur erkennen konnte..

"..Verdammt..", flüsterte er und ging langsam in die Knie. Er hatte eine Stinkwut im Bauch und am liebsten hätte er das ganze Zimmer klein gehackt!

Aber er hielt sich zurück.. niemand konnte etwas dafür, dass er sich so verdammt mies fühlte.. niemand.. Nur er allein! Schließlich hätte er sich ja wehren können! Aber nein.. er hatte es nicht getan! Zwar versucht, aber das hatte nichts geholfen..
 

Nachdem er sich endlich fertig umgezogen hatte, marschierte er aus dem Zimmer und war überrascht, dass niemand vor der Tür gewartet hatte.

Eigentlich hatte er vermutet, dass zumindest Kai noch hier stehen würde, aber tya.. scheinbar hatte er sich da geirrt.

Aber das war auch gut so. Im Moment wollte er nicht wirklich jemandem begegnen, denn vermutlich würde er alle ziemlich anschnauzen und jetzt, in der letzten Woche wo sie hier waren, wollte er die Atmosphäre nicht noch mehr strapazieren, als sie es sowieso schon war.

Ray marschierte also hinunter ins Erdgeschoss, wo er zuerst ins Badezimmer ging und sich dort seine Hand einbandagierte. Schließlich konnte er nicht mit einer blutenden Faust herumrennen.

Als er das endlich erledigt hatte, kam er in die Küche, wo Kenny und die anderen waren. Na ja.. außer Kai.

"..Wo ist Kai?", fragte Ray, als er ihn nirgends erblickte.

"Keine Ahnung.. Aber sag mal.. was war da eigentlich gestern?", fragte Tyson.

Ray warf dem Japaner einen kurzen Blick zu, wandte sich aber sofort von ihm ab. "Wer hat Lust auf einen Trainingskampf?", er guckte Max fragend an, um vom Thema abzulenken.

"Hm..okay.", meinte der dann und gemeinsam verließen sie das Haus.
 

"Willst du die Daten nicht aufzeichnen, Chef?", fragte Tyson und guckte ihn unwissend an.

"Eigentlich schon, aber..", der Junge seufzte. "Ach, ich weiß auch nicht.."

Kenny ließ sich auf einen Stuhl beim Küchentisch sinken und legte seinen Kopf auf die Tischplatte.

"Die ganze Sache ist irgendwie total verdreht.. Ich meine.. Ray hat seine Haare abgeschnitten - wer weiß wie.. Kai verhält sich merkwürdig und ist irgendwie vom Erdboden verschwunden.. Außerdem wurde Tala umgebracht..", er seufzte. "Ich kann mich auf keinen Beyblade-Kampf konzentrieren, wenn mir andere Dinge nicht aus dem Kopf gehen."
 

~~~
 

Der Tag neigte sich dem Ende entgegen. Ray hatte allen ein super Essen auf den Tisch gezaubert, das auch bald leer war, da Tyson sich sofort draufgestürzt hatte.

"Mampf! Lecker!", grinste der Japaner und schaufelte noch kräftig hinein.

Ray lächelte ihn an. "..Schön, dass es dir schmeckt!", er selbst konnte so gut wie nichts essen, da er die ganze Zeit besorgt auf den freien Platz neben sich schaute.

"Ich frage mich, wann Kai kommt..", flüsterte er und seufzte. "Ich hab ihn den ganzen Nachmittag nicht gesehen!"

Von Tyson kam eine schmatzende Zustimmung, was zur Folge hatte, dass alles im Umkreis von ein oder zwei Metern voller Soße war.

"Vielleicht trainiert er ja..", bemerkte Kenny.

Von Ray kam nur ein Seufzen. Als er und Max vorhin draußen waren, hatten sie jedenfalls nichts dergleichen bemerkt.

"..Vielleicht..", flüsterte Ray, schob aber dann seinen vollen Teller zur Seite. "Hier Tyson! Meins kannst du auch haben!", lächelte er den Japaner an, der schon die Hälfte von Max' Portion mitgemampft hatte.

"Arigaaatoooo!!! ^o^!!!", freute sich der Junge und fischte sich sofort die Portion.

"..Na ja.. ähm.. ich werd' gleich schlafen gehen.", sagte Ray und erhob sich von seinem Stuhl "..Ach ja.. Könntet ihr ausnahmsweise mal aufräumen? Und äh.. Tyson! Bitte iss Kais Ration nicht auf.", er deutete auf die Mikrowelle wo ein Zettel dranhing, dass da Kais Essen drin war.

Der Japaner gab ein Nicken von sich. "Geht klar..", sagte er und grinste breit.

"Also dann.. Nacht!", er wandte sich von den Jungs ab und marschierte sofort in das Zimmer, wo er heute Morgen aufgewacht war.

Er zog sich um und legte sich gleich ins Bett..

Ray kuschelte sich unter die Decke und guckte bedrückt in die Finsternis..

Es ging ihm einfach nicht in den Kopf, warum er Kai nicht mehr begegnet war..

Hatte er ihn etwa mit seinen Worten verletzt, als er gesagt hatte, dass er sich keine Sorgen machen brauchte?

"..Ach Kai..", flüsterte er und kuschelte sich in die Decke.

Warum musste das ganze nur so kompliziert sein? Könnten sie nicht einfach in Frieden leben und vielleicht noch einmal von ganz vorne anfangen..?

Denn genau in diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass Kai jetzt hier wäre...

Selbst, wenn es nur für kurze Zeit gewesen wäre. Er wollte einfach jemanden bei sich haben dem er vertrauen konnte und der ihm auch seine Angst nahm..

Schließlich hatte er in diesem Moment große Angst vor dem Einschlafen.. Was wäre, wenn er in dieser Nacht genauso ausflippen würde, wie heute Morgen?

Der Chinese schüttelte innerlich den Kopf und kuschelte sich noch etwas enger in die Decke. "..Kai.. Bitte komm bald zurück..", flüsterte er und schloss erschöpft die Augen.
 

~~~
 

Als Ray am nächsten Morgen die Augen öffnete, tastete er als erstes neben sich um zu prüfen, ob Kai endlich hier war.

Aber Fehlanzeige.. Der Platz neben ihm war eiskalt.

Der Chinese setzte sich auf und schaute bedrückt auf die Stelle neben sich. "..Kai..", flüsterte er und ließ den Kopf hängen. Ob er wohl die Nacht über hier geschlafen hatte, oder war er gar nicht gekommen?

"..Wo bist du bloß?"

Langsam machte er sich Sorgen. Schließlich hatte er Kai seit gestern nicht mehr gesehen und die Wahrscheinlichkeit, dass er sauer auf ihn war, ließ sich nicht vermeiden.. Denn er hatte ihn ja quasi angeschnauzt, obwohl es keine Absicht war.

Der Junge erhob sich langsam von seinem Bett und seufzte, weil er noch immer Schmerzen hatte. Zwar nicht mehr so viele wie gestern, aber immerhin.

Ray zog sich seine Klamotten wieder an, band sich sein Ying-Yang-Stirnband um und marschierte dann aus dem Zimmer..

Er schlenderte über den Gang, als er plötzlich bei seinem alten Zimmer ankam.

Also ehrlich gesagt fragte er sich, warum er nicht mehr dort war?

Ganz klar, Kai hatte ihn nachdem das passiert war, in das andere gebracht.. aber.. was war mit Boris?

Sein Blick verkrampfte sich augenblicklich. Den hatte er total vergessen! Was, wenn er sich hier in der Gegend noch irgendwo rum trieb und...

Hastig schüttelte er den Kopf. Ach was! Daran wollte er gar nicht denken!

Allein schon die Vorstellung war schrecklich, dass Boris Kai vielleicht erwischt hatte und er deswegen nicht zurückkam! Aber ehrlich gesagt hatte er keine Ahnung, was mit dem Kerl passiert war! Denn.. nachdem Boris ihn vergewaltigt hatte, hatte er absolut nichts mehr mitgekriegt...
 

Kopfschüttelnd und so schnell er konnte, rannte er die Treppen hinunter und in die Küche, wo er an den anderen vorbei ging und hin zur Mikrowelle.

"Puh..", sagte er erleichtert. Das Essen war weg. Kai musste es also gegessen haben!

"Äh.. das hab ich gegessen..", sagte Tyson verlegen.

Ray spitzte die Ohren. "..Was?!", schrie er und drehte sich zu dem Japaner um. "Spinnst du?! Was, wenn-!" -"Reg dich ab, Ray!", bemerkte Kenny. "Tyson hat es gerade erst gegessen. Es war nämlich nicht angerührt."

Ray schluckte schwer und ließ sich fassungslos auf einen Stuhl sinken. "..Kai hat.. er war..", stotterte er rum und guckte in seinen Schoß.

Sollte das etwa heißen, er war nicht hier gewesen und hatte nichts gegessen!?

"Das ist die Wahrheit.", sagte Max. "Tyson hat es gestern wirklich nicht mehr angerührt."

Okay, langsam glaubte er es! Was ihm aber nicht in den Kopf ging war, dass Kai..
 

"Dafür muss es eine Erklärung geben!", sagte Ray aufgebracht! Die musste es einfach geben!

"..Leute.. Ich.. ich werde Kai suchen gehen.", hastig stand der Chinese auf und ballte die Fäuste.

"Du weißt doch nicht mal, wo du anfangen sollst!", bemerkte Kenny.

"Ja, aber wer weiß, was passiert ist!", er rannte aus der Küche und zog sich seine Schuhe an.

Zum Schluss hatte Boris irgendetwas mit ihm gemacht?!

"..Ich werde jedenfalls nicht tatenlos hier rum sitzen und warten, bis er von alleine auftaucht.." ,Denn vielleicht ist es dann schon zu spät..'

Der Junge schaute noch einmal zu den anderen. "..Also dann!", sagte er zu ihnen und verließ in Gedanken versunken das Haus!
 

Die Tatsache, dass er nicht wusste, was eigentlich mit Boris war, machte ihn fast wahnsinnig.. Es konnte schließlich alles sein!

Kai verhielt sich merkwürdig und Boris war auch verschwunden.. Was, wenn Kai sich Boris wieder angeschlossen hat!?

Oh nein, daran wollte er gar nicht denken.. Denn ohne Kai wäre er vollkommen aufgeschmissen..

Was sollte er schließlich ohne ihn machen?

,Kai..', dachte Ray und wurde immer langsamer, bis er schließlich stehen blieb..

In seinem Kopf spukte eine Frage nach der anderen herum und er konnte sich keine beantworten..

,Wenn Kai nicht mehr hier wäre..', dachte der Chinese und schaute traurig auf seine Hände. ,Was würde dann aus mir werden?'

Würde er so weiterleben können, als wäre Kai nie in sein Leben getreten?

Könnte er sich in eine Frau verlieben und mit ihr glücklich werden..? - Nein, das ging einfach nicht.. Er brauchte Kai! Vor allem in dieser schwierigen Zeit..

Aber nicht nur jetzt, sondern für immer. Er liebte ihn doch so sehr, dass er nicht mehr ohne ihn konnte..

,Und.. was wäre, wenn er den Kontakt zu mir meidet und mich nicht mehr liebt..?', kam es ihm plötzlich in den Sinn.

Was, wenn er ihn sogar.. hasste..? Und sich aus diesem Grund von ihm fern hielt..?
 

"Was machst du hier, Ray?", sagte plötzlich eine bekannte Stimme und riss den Chinesen aus seinen Gedanken.

Sofort sah Ray auf und starrte auf Kai, welcher vor ihm stand und ihn leicht genervt ansah.

"..Kai..!", flüsterte der Junge und vergaß sofort seinen letzten Gedanken.

"I..ich..", er kniff die Augen zusammen, machte einen Satz nach vorne und klammerte sich sofort an den Russen.

"..Ich.. ich hatte..", stotterte er rum und drückte sich noch mehr an ihn. Gott, wie lange hatte es gedauert, bis er ihn endlich wieder festhalten konnte!?

"..Kai..", langsam begann er zu schluchzen und kuschelte sich weiter an ihn. ,Ich hab mir solche Sorgen gemacht..', dachte er, sprach es aber nicht aus und schmiegte sich noch enger an ihn. Endlich hatte er ihn wieder...

Kai hingegen schaute verwundert auf ihn herab, drückte den Jungen aber dann abweisend von sich und strich sich arrogant eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Mir geht's gut, falls du dir Sorgen gemacht hast.", er ging ein paar Schritte weiter. "Wir sollten zurück! Es fängt nämlich gleich wieder an zu regnen."

Ohne sich noch ein weiteres Mal umzudrehen, marschierte Kai Richtung Haus und ließ einen vollkommen verdutzten Chinesen zurück.

"..Was..", flüsterte Ray perplex.

Was war das denn jetzt? Warum hatte er ihn so eiskalt abblitzen lassen!?

"Kai! Wa..was..", seine Stimme verstummte, als sich Kai nicht umdrehte. Also entweder hörte er ihn jetzt nicht, oder wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Noch eine Weile lang schaute er dem Jungen ratlos hinterher, schüttelte aber dann den Kopf und rannte Kai nach, sodass er brav neben ihm herging.

"Ich hab dir was zu Essen gemacht! Aber irgendwie..", begann Ray bedrückt und starrte auf den Boden.

"Ich habs gesehen, aber ich hatte keinen Hunger.", war Kais knappe Antwort. Mehr sagte er dazu nicht.

"Was, aber.. wieso..?", Ray sah irritiert zu Boden. "Schmeckt.. dir mein Essen etwa nicht..?", fragte er zögernd.
 

Der Junge rechnete schon mit allen möglichen Antworten, aber eigentlich kam gar nichts zurück. Nichts.. kein Sterbenswörtchen.

Ray schaute zu Kai auf und sah ihn verwirrt an. Was sollte das..? Warum..

"Kai, was.. was soll das?", fragte er ihn irritiert.

"Nyach..", seufzte Kai genervt. "Ich hab jetzt grad keinen Nerv für das.. Könnten wir das ein andermal besprechen?", mit diesen Worten öffnete er die Haustür und verschwand auch sofort hinter ihr.

Ray hingegen starrte vollkommen perplex auf die Tür, welche sich direkt vor seiner Nase wieder geschlossen hatte.

"Aber..", flüsterte er und glotzte auf die Tür. "Kai, was.. wieso...", seine Stimme brach ab, als er merkte, dass eigentlich niemand hier war, der ihm zuhörte.

Der Chinese schluckte schwer. Was sollte das eben?

Warum ignorierte Kai ihn denn plötzlich!? Was hatte er getan!?
 

Ray streckte die Hand aus, um nach der Türklinke zu greifen, als er bemerkte, dass sein Körper zitterte..

Fassungslos starrte er auf seine Hände, presste sie dann fest an seine Brust und kniff die Augen zusammen.

Das konnte doch keine Einbildung sein, oder..? Kai hatte ihn jetzt wirklich abblitzen lassen, oder..!?

"..Kai, was.. wieso hast du.. warum..", ungewollt sank er auf die Knie und bemerkte, wie ein paar Regentropfen vom Himmel fielen..

Ray öffnete die Augen und schaute zum bewölkten Himmel empor, nachdem seine Klamotten vollkommen durchnässt waren.

Noch immer saß er auf dem Boden.. spürte, wie die Wassertropfen weiter auf seinen Körper niederprasselten und sein Herz bei jedem Tropfen schwerer wurde..

Er konnte es nicht fassen.. Warum hatte Kai ihn..

"..Hasst er mich etwa..?", fragte er sich und schaute auf seine Hände, welche noch immer zitterten.

"..Liebt er mich nicht mehr..?", ohne es eigentlich mitzukriegen, glitt plötzlich eine Träne über seine Wange.
 

"Ray? Mann, komm endlich rein!"

Die Haustür war aufgegangen und Max guckte heraus. Durch den Regen sah man Rays Tränen nicht, sondern einfach einen Jungen, der im Regen hockte und auf seine Hände starrte.

Der Amerikaner zog Ray auf die Beine und schleifte ihn ins Haus. "Kai ist gerade im Bad! Du solltest also noch ein bisschen warten, bevor du dich duschen willst!", mit diesen Worten ging Max wieder weg und ließ Ray somit einfach bei der Tür stehen.
 

Noch eine Weile lang stand Ray einfach nur so da..

Die ganze Zeit tropfte das Wasser von seinen Klamotten und hinter ließen schon eine regelrechte Wasserpfütze dort, wo er gerade stand.

,Wieso..', dachte der Junge, ohne eigentlich bemerkt zu haben, dass er wieder im Haus war.

Er verstand es einfach nicht. Warum hatte Kai ihn ignoriert?!

Zögernd begann er sich dann seine Schuhe auszuziehen und marschierte wie hypnotisiert die Treppen hinauf..

Als er sich in die Richtung des Zimmers begab, zuckte er plötzlich zusammen.

Wie erstarrt blieb der Chinese stehen und schaute hastig zur Seite. Er stand direkt vor dem anderen Zimmer, das Kai und er vor dem Vorfall bewohnt hatten..

Unsicher sah er auf die Tür und schloss zögernd seine Arme um sich.. Langsam kroch die Angst über seinen Rücken, breitete ein unruhiges Kribbeln in seinem Bauch aus und brachte Ray dazu, dass er sich vollkommen verstört umsah...

Augenblicklich begann der Chinese aufgeregt zu atmen, sah sich panisch um und flüchtete regelrecht in das andere Zimmer, das direkt neben dem alten lag.

Kaum hatte er den Raum betreten, knallte er die Tür zu und hockte sich zitternd auf den Boden.

Er hatte die Beine mit den Händen umschlungen und die Augen geschlossen. "..Kai..", flüsterte der Junge und musste ein Schluchzen unterdrücken..

Verdammt.. warum hatte er solche Angst?

Dabei war es doch nur ein Zimmer, dass.. wie sollte man sagen? Eigentlich keine Schuld an dem hatte, was passiert war.

"Warum kann es nicht endlich vorbei sein..", flüsterte er mit zitternder Stimme und sah sich unsicher im Zimmer um.

"Warum kann Kai nicht einfach..", er brach ab, als er daran dachte, wie kalt der Russe ihn vorhin abserviert hatte.

Doch plötzlich tat sich wieder die Frage auf, ob er ihn noch immer liebte. Was, wenn er ihn wirklich nicht mehr liebte!?

,Nein, er.. er sagte, dass er mich liebt und ich glaube ihm..!'

Ray versuchte alle Zweifel die er hatte zu verdrängen und rappelte sich nun wieder auf.

Langsam suchte er sich ein paar trockene Sachen zusammen..

Als er sie hatte, verließ er wieder das Zimmer und rannte regelrecht an dem alten vorbei, da er sich vor dem nicht zu lange aufhalten wollte.. Er hasste es, Zweifel zu besitzen.. Dabei lag es doch klar auf der Hand, dass sie noch immer das gleiche für einander empfanden, oder?
 

~~~
 

Kai hingegen stand unter der Dusche, lehnte an der Wand und ließ eiskaltes Wasser auf seine Haut prasseln.

Aber diese schneidende Kälte nahm er nicht wirklich wahr, da er mit seinen Gedanken und seinen Sorgen wo anders war.

Er fragte sich gerade, wie das ganze bloß weitergehen sollte.. Jetzt ging er Ray schließlich aus dem Weg, obwohl das eigentlich keine Absicht war.

Wenn nur diese Sache mit Boris nicht passiert wäre, dann würde jetzt alles vollkommen anders sein..

Ja, Boris hatte es schon wieder geschafft..

Noch vor ein paar Tagen war für den Russen klar gewesen, dass er sich von Boris nicht schon wieder austricksen lassen wollte! Und jetzt?!

Kai schlug sich die Hände vors Gesicht und atmete tief durch. Konnte es denn nicht endlich mal eine Wendung in diesem ,Stück' geben!?

Musste alles immer schief laufen..?

"Warum..", flüsterte der Russe und knirschte mit den Zähnen. Warum mussten die Leute, mit denen er zusammen war und er, immer leiden..?

Zuerst seine Eltern, die zwar durch seines Großvaters Hand gestorben waren.. aber dann Tala und jetzt Ray..!

Warum konnte man ihn nicht endlich in Frieden lassen?

Kai fuhr sich durchs Haar und schloss die Augen.

Warum konnte er nicht endlich glücklich werden und sich endlich der Person widmen, die er so sehr liebte..?

Selbst jetzt, nachdem Boris endlich tot war, konnte er es nicht.. Nein, es blieb ihm verwehrt.. schließlich musste er es noch irgendwie schaffen, seine Leiche weg zu bringen.

Natürlich war Ray für ihn das Wichtigste, aber.. na ja, wie sollte man sagen?

Er wollte ihm die Erklärung, was mit Boris war, einfach ersparen.. Er hatte viel zu viel durchgemacht und außerdem war da ja noch die Frage, wie er darauf reagieren würde, wenn er erfuhr, dass eigentlich Kai sein Mörder war?

Ray würde das sicherlich in seinem jetzigen Zustand nicht wirklich gut verkraften...

,Verdammt..', fluchte der Russe und seufzte schwer auf.

Aus diesem Grund musste er zuerst Boris Leiche wegschaffen und dann würde er sich sofort wieder Ray widmen, schließlich brauchte er ja gerade jetzt jemanden, dem er vertrauen konnte..
 

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Ray stand nun schon einige Zeit vor dem Badezimmer und guckte auf die Uhr. Eigentlich duschte Kai nie so lange, aber jetzt war es schon eine halbe Stunde vergangen!
 

Es verstrichen noch einige Minuten, bis sich plötzlich die Tür des Badezimmers öffnete.

"..'s Bad is' jetzt frei.", sagte Kai und marschierte einfach an Ray vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.

Es war schwer, so kalt und abweisend zu der Person zu sein, die man liebte, aber es blieb ihm nichts anderes übrig.

Auch wenn sein Kopf sagte, dass er nicht so abweisend zu ihm sein sollte, machte sein Körper es doch.

Aber als wäre die Selbstbeherrschung nicht schon schwer genug, packte Ray plötzlich nach seiner Hand, bevor er sich aus dem Staub machen konnte und hielt ihn fest. "Warum, Kai..?", flüsterte er fassungslos. "..Warum ignorierst du mich!?"
 

"Das bildest du dir ein!", war Kais schnelle Antwort und er wollte sofort weiter, aber Ray ließ ihn nicht los.

"..Hasst du mich etwa..!?", seine Augen wurden plötzlich glasig und er schaute Kai weinend an. "Was hab.. ich dir getan!? War es etwa wegen gestern, dass ich..", seine Stimme brach ab, als Kai sich plötzlich los riss und einfach wegging.

Ohne ein weiteres Kommentar zu verlieren, marschierte der Russe die Treppen hinauf und ließ Ray eiskalt stehen..