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Freiheit

von

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Mittlerweile hatte die Sonne ihren Zenit überschritten, noch immer war es heiß und unerträglich. Die langen Bergketten der freien Marschen, nicht unweit von Kirkwall entfernt, waren frei von Überhängen oder schattenspendenden Bäumen, was den Weg durch das Vimmark Gebirge nicht gerade leichter machte.
 

Die Gruppe aus vier Helden schwitzte unter ihren schützenden Rüstungen unerträglich und war mehr als einmal gewillt gewesen, das Lederwams oder die schweren Roben abzulegen, tat es aber aus Vorsicht vor Überfällen nicht. Marian Hawke als Anführerin der Gruppe hatte die Spitze der kleinen Karawane übernommen, gefolgt von Isabella, Anders und Fenris, wobei Letzterer die Nachhut bildete.
 

“Irgendwo hier müsste der Eingang sein, wenn man dem Ältesten glauben schenkt”,murmelte Hawke vor sich hin und fing an, die steile Felswand neben sich auf Besonderheiten abzutasten. “Würden wir dem Alten keinen Glauben schenken, wären wir nicht hier”, grummelte Isabella und machte sich ebenfalls ans Werk den rauen Fels zu untersuchen. “Ich glaube, hier ist meine Wenigkeit gefragt“, gab der einzige Magier der Gruppe zu bedenken, wofür er von Fenris ein verächtliches Schnauben kassierte. Genervt blickte sich Anders zu dem Krieger um, ehe er die Augen schloss und sich auf die Magie um sich herum konzentrierte.
 

Der Schleier, der ihre Welt von der des Nichts trennte, war dünn um sie herum. Anders wusste, der Älteste hatte nicht gelogen - sie waren am richtigen Ort und mussten lediglich die richtige Stelle finden. Je mehr er sich konzentrierte, desto weniger nahm er von seiner realen Umwelt war. Die Hitze ebbte zu einer angenehmen Wärme ab, die Geräusche wurden dumpf und der Boden unter seinen Füßen schien sich in Luft aufzulösen. Der Magier öffnete seinen Geist für magische Einflüsse und betastete die Wand mit seinen Sinnen, wie es zuvor die beiden Schurken mit ihren Händen getan hatten.
 

„Da”, sagte er lediglich und lächelte leicht, als er endlich die Stelle im Fels gefunden hatte, aus der besonders alte und mächtige Magie strömte. Mit einem Ruck brachte er sich wieder zurück in die Realität, wo er jedoch das Gleichgewicht verlor und mit seinem Rücken gegen eine Stahlplatte prallte. Ein ebenso mit Stahl verstärkter Handschuh schloss sich unsanft um seine Schulter und drückte die empfindlichen Nerven und Knochen schmerzhaft zusammen.
 

„Pass auf wo du hinfällst, Magier”, knurrte Fenris bedrohlich, während er Anders stabilisierte und wieder von sich stieß, sobald er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Unbegeistert rieb sich Anders die schmerzende Stelle, während er auf Marian zutrat, um ihr den Eingang in die Ruinen zu zeigen. Es dauerte nicht lange, ehe sie mit vereinten Kräften den versteckten Mechanismus entschlüsselt hatten und der Eingang zu den elfischen Ruinen sich öffnete.
 

Unter dem knirschenden Geräusch von aneinander reibenden Steinen, öffnete sich ein steinernes Tor, welches bis vor kurzem nur ein simpler Fels gewesen war. Die Luft, die ihnen in einem Schwall entgegen kam, war muffig und abgestanden. Es roch nach Moder und verwesten Tieren. Der Weg in das Innere der Ruinen war für elfische Verhältnisse äußerst unspektakulär. Statt langen Reihen aus Fackeln oder leuchtenden Mineralien, gab es lediglich eine steinerne Treppe nach unten, sowie einen schmalen Bogen auf dem das Wort “Setheneran” eingemeißelt war.
 

„Land der wachen Träume”, übersetzte Anders die steinernen Worte. „Das klingt ja sehr einladend.” „Immerhin ist es besser als ‘Land des Todes’ oder ‘Land aus dem niemand wiederkehrt’. Davon hatten wir genug für ein ganzes Leben”, witzelte Isabella. Die Piratin trat furchtlos durch den Bogen und fischte im Gehen vier Fackeln aus ihrem Gepäck, die sie Anders unter die Nase hielt. „Hast du mal Feuer”, fragte sie und grinste. Anders seufzte nur und zündete die Fackeln mit einer einzelnen Handbewegung an.
 

Der Abstieg in die Ruinen war einfacher als der Marsch über die Gebirgsketten. Die ersten zwei Stunden stapfte die kleine Gemeinschaft durch niedrige Tunnel und enge Passagen, ehe sie das erste große Gewölbe betraten. Hier zeigte sich zum ersten Mal deutlich, dass es sich um elfische Ruinen handelte.

Die Wände der unterirdischen Kuppel waren mit steinernen Särgen gesäumt, in die elfische Runen eingemeißelt worden waren. Drei schmale Wasserrinnen waren in drei unterschiedlich großen Kreisen in den steinernen Boden eingelassen. Das Wasser in ihnen war trüb von Staub und die Ränder der Rinnen von einem leichten Moosfilm besetzt.
 

In der Mitte des Raumes und des Wasserspiels war ein steinernes Pult aufgebaut worden, auf dessen Oberfläche ein zugeschlagenes Buch thronte. Alles in allem wirkte die Szenerie trotz der Toten in den steinernen Särgen ungemein friedlich und beruhigend. Leise stieß die Gruppe den Atem aus, den sie aus Ehrfurcht kurzzeitig angehalten hatte.
 

„Das muss es sein, das Buch von Fen’Harel”, flüsterte Marian, die sich nicht traute, die Stimme in diesem Raum zu erheben und die friedliche Atmosphäre zu durchbrechen. Auf der Hut nach Fallen, ging sie vorsichtig auf das Pult zu, dicht gefolgt von Isabella, die fette Beute witterte. Auch Anders zögerte nicht lange und ging auf das Podest zu, seine Augen glühten förmlich vor Wissbegier. Erneut wurde er an der Schulter gepackt. Dieses Mal lies die Hand jedoch nicht los und hinderte ihn am Vorankommen.
 

„Lass deine Finger von dem Buch. Ihr Magier habt schon genug mit eurem Wissen angerichtet”, knurrte Fenris. Normalerweise konnte Anders den Krieger und seine offene feindselige Art durch schnippische Kommentare und wohl platzierten Sarkasmus gut händeln. Dieses Mal jedoch war sein Durst nach unerschöpflichen Geheimnissen und Wissen so groß, dass seine Selbstkontrolle nicht funktionierte.
 

Anders Augen begannen bläulich zu glühen, als Gerechtigkeit, der Geist, mit der er sich eine körperliche Hülle teilte, in den Vordergrund seines Bewusstseins rückte. „Lass los. Ich habe jedes Recht dieses Buch zu lesen. Die Magier könnten von dem Wissen des Rebellion-Gottes profitieren. Auch wir müssen uns gegen unsere Unterdrücker erheben”, polterte Gerechtigkeit los und legte seine eigene Hand auf die des Kriegers.
 

Bevor der Streit weiter eskalieren konnte, gab es einen lauten Knall und eine Druckwelle schleuderte die Gefährten durch die Luft. Zum zweiten Mal an diesem Tag spürte Anders, wie er gegen Fenris Brustschutz gedrückt wurde, als die beiden mit dem harten Tunnelboden kollidierten. Stöhnend und ächzend rappelten sich Anders und Fenris auf und nahmen instinktiv eine Kampfhaltung ein, bei der sie sich gegenseitig den Rücken deckten.
 

Nachdem der Staub sich gelichtet hatte und das Klingeln in den Ohren abgeflaut war, konnten die beiden sich wieder orientieren. Von Isabella und Marian fehlte jede Spur. Ohne ihre Verteidigung zu vernachlässigen, zündete Anders erneut die beiden erloschenen Fackeln an und die beiden Männer eilten in den großen Raum zurück, aus dem sie geschleudert wurden.
 

Fenris rief laut die Namen der beiden Frauen, erhielt jedoch keine Antwort. Währenddessen inspizierte Anders das steinerne Pult und die Umgebung. „Das Buch ist auch weg. Marian muss einen Schutzzauber ausgelöst haben, als sie versuchte das Buch zu öffnen. Hier, schau”, sagte Anders, den Streit von vor wenigen Momenten vollkommen verdrängt. Er zeigte auf eine der Wasserrinnen und fuhr mit dem Finger vorsichtig am Rand entlang. „Siehst du? Kein Moos und kein Dreck. Irgendetwas stimmt hier nicht.”
 

Zustimmend brummend ging auch Fenris in die Hocke, um sich das Wasser genauer anzuschauen. Dann hob er den Kopf und betrachtete die Särge eingehend, während Anders mit seiner Analyse fortfuhr: „Ich tippe darauf, das wir in einer Illusion oder einem Traum hinter dem Schleier gefangen worden sind, der ein Abbild der Realität darstellt. Finden wir keinen Weg hinaus, werden wir hier elendig verhungern und sterben. Fen’Harel war nicht dumm.“ Während der Magier sprach war der Elf mittlerweile aufgestanden und zu den Särgen hinübergegangen.
 

„Ich glaube, bevor wir hier verhungern, werden wir eher getötet”, gab Fenris zurück, der die feinen Risse im Sarg betrachtete, die sich immer weiter durch die Steinplatten fraßen. Mit einem großen Schritt nach hinten brachte er Abstand zwischen sich und das steinerne Gefängnis der Toten, denen man die letzte Ruhe durch Magie verwehrte.
 

„Mach dich bereit” , sagte Fenris, ehe er die Fackel vor seine Füße fallen ließ und hinter sich nach seinem Zweihänderschwert griff. Mit einem Ruck glitt die Klinge aus ihrer Scheide und beschrieb einen langen Bogen über den Elf hinweg. Die Muskeln des schlanken, hochgewachsenen Körpers spannten sich sichtbar an und der Griff der behandschuhten Hände verstärkte sich um den Griff des Schwertes.
 

Während Anders noch voller Staunen die bizarre Kampfästhetik des Elfs registrierte, reagierte sein Körper bereits ohne sein mentales Zutun. Seine Füße nahmen einen breitbeinigen, festen Stand an, während er die Knie leicht beugte und die Finger klauenartig verkrampfte. In seinen Händen spürte er, wie sich das Mana zu Formen und Elementen verband und nur darauf wartete, von ihm aus der Luft gegriffen zu werden.
 

Während die beiden Kämpfer ihre Position einnahmen, hatten die ersten knöchernen Hände die Steinplatten ihrer letzten Ruhestätte zerbrochen und hievten sich aus den Särgen. Die leeren Augenhöhlen der Totenschädel leuchteten unheilvoll in einem tiefen Blau.
 

Da die magischen Skelette keinerlei Bewusstsein besaßen, warteten sie nicht auf ihren Gefährten, sondern stürmten einfach auf die Eindringlinge los. Klackend schlugen die knochigen Füße auf den Boden auf, als die Untoten immer schneller auf Fenris und Anders zuhechteten, bis ihr Weg von einer summenden Klinge oder einem zischenden Feuerball gestoppt wurden.
 

Je mehr Untote aus ihren Gräbern kletterten, desto näher kamen sie an die beiden Gefährten heran, die mit jedem fallenden Skelett umso verbissener kämpften. Fenris und Anders rutschten unterbewusst immer weiter zusammen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, viel half es ihnen jedoch nicht, die schiere Anzahl an Skeletten war erdrückend. Anders spürte, wie nicht nur bei ihm, sondern auch bei dem Elfenkrieger erste Anzeichen von Erschöpfung einsetzten.
 

Obwohl Fenris sich nicht beschwerte oder deutlich langsamer in seinen Attacken wurde, hörte Anders, wie der Atem des anderen Mannes immer lauter und schwerer wurde. Wenn sie dem Kampf nicht bald ein Ende setzten, würden die Skelette sie einfach überrennen. Der letzte Feuerball verließ Anders Hände und noch während er in die nächste Skelettgruppe krachte, hatte der Magier bereits die Augen geschlossen und sammelte Energie.
 

Fenris bemerkte den abrupten Taktikwechsel und änderte auch seine Strategie, indem weiter in die Defensive ging und mit seinem Zweihänder lediglich die Skelette abwehrte, die ihnen zu Nahe kamen. Wie ein Tänzer bewegte er sich um Anders herum, parierte Angriffe und schlug fleischlose Köpfe ab.
 

Gerade als der Krieger sein Limit erreicht hatte und seine Bewegungen schwerfälliger wurden, öffnete Anders die Augen. Mit einem tiefen Schrei stieß er die kanalisierte Magie in einer Druckwelle von sich, wobei er darauf achtete, Fenris nicht zu treffen. Um die beiden Kämpfer herum wurden die Skelette durch die Luft geschleudert und zersprangen an den steinerne Wänden der Höhle.
 

Schlagartig war es für wenige Sekunden Still in der Höhle, ehe Anders aufstöhne und erschöpft zu Boden sank. Auch Fenris stieß hörbar Luft aus und verstaute sein Schwert in der Scheide auf seinem Rücken. Dann drehte sich der Elf zu seinem Gefährten um, der auf dem kalten Steinboden kniete. Anstatt Anders aufzuhelfen, zündete Fenris eine neue Fackel an und wartete, bis der Magier selbst das Wort ergriff.
 

„Erinnere mich daran, dass wir niemals wieder Hawke vorschicken, wenn es um magische Artefakte geht”, sagte Anders und schaute mit einem müden Lächeln zu Fenris auf, der gar nicht auf den Kommentar einging. „Wie kommen wir nun hier raus? Ich habe keine Lust den Rest meines Lebens mit einem Magier im Nichts festzusitzen.”
 

„Wir sind hier nicht im Nichts. Sonst wärst du nicht körperlich hier. Wir sind in irgendeiner Zwischenwelt, die dem Schleier gleicht. Genau kann ich es aber nicht sagen, es fühlt sich komisch und ungewohnt an. Fen’Harel muss das hier persönlich erschaffen haben, anders kann ich es mir nicht erklären. Ich habe nie einen Magier getroffen, der zu so etwas fähig wäre.”
 

„Es ist mir egal, was das hier ist, ich will wissen wie wir hier rauskommen”, brummte Fenris, woraufhin Anders genervt seufzte. „Natürlich interessiert dich nicht, dass wir hier in einem Konstrukt gefangen sind, welches vermutlich vom Schreckenswolf höchstpersönlich erschaffen wurde. Aber gut, ich gebe zu, dass ich trotz aller Faszination ebenfalls nicht darauf erpicht bin, mehr Zeit als nötig hier zu verbringen.”
 

Mit seinem Zeigefinger malte Anders einen Kreis aus magischem Licht auf den Boden. „Wenn ich richtig liege, ähnelt diese Zwischenwelt ihrem Aufbau her einer magischen Illusion oder einer Traumreise ins Nichts. Wir kommen hier nur raus, wenn wir das Portal finden”, erläuterte er und zeichnete ein Kreuz in den Kreis. „Vermutlich wird der Ausgang aber von irgendeinem lästigen Dämon oder Sonstigem bewacht. Wer weiß, was der Herr der Täuschung sich Feines ausgedacht hat für diejenigen, die eines seiner Bücher stehlen wollen.”
 

„Dann sollten wir keine Zeit verlieren. Je eher wir hier rauskommen, desto besser”, sagte Fenris und wandte sich zum Gehen. Als er jedoch hörte, wie Anders sich ächzend und schwankend aufrappelte, blieb er stehen und drehte sich zu dem Menschen um, der mit wackeligen Schritten auf ihn zu kam. „Wir werden erst rasten müssen. Ich habe zu viel Magie auf einmal benutzt und ohne mich bist du hier ziemlich aufgeschmissen. Du könntest Tage durch die Gänge laufen ohne zu bemerken, dass du keinen Schritt voran kommst”, gab Anders zu bedenken, woraufhin sich Fenris Miene verdunkelte. „Ihr Magier seid so arrogant und geht mit eurer Kraft so verschwenderisch um, dass ihr anderen nur ein Klotz am Bein seid”, zischte der Elf, machte aber keine Anstalten, Anders zurückzulassen.
 

„Ach wirklich? Also hättest du diese ganzen Skelette noch eigenhändig in den nächsten drei Stunden zu Staub zermahlen und wärst danach fit und frisch weitermarschiert? Sprich nicht über die Arroganz anderer, wenn du nicht deine eigene überwinden kannst”, zischte Anders gereizt zurück, ehe er quälend langsam auf einen der steinernen Särge zuging und sich an dessen Seite niederließ. „Wir sollten hier für eine Zeit sicher sein. Die Skelette kommen nicht wieder, aber wer weiß, was in diesen Kammern sonst noch haust”, erläuterte er ohne zu wissen, ob Fenris ihm überhaupt noch zuhörte.
 

Der Krieger war bis zu einem der Tunnelgänge gegangen und spähte in die tiefe Dunkelheit. Ob und wie viel seine elfischen Augen dort sehen konnten, wusste Anders nicht. Für den Moment war es ihm aber auch egal. Sein Kopf hatte schmerzhaft zu pochen begonnen und sein Körper verlangte nach Ruhe. Er schloss die Augen und sank in einen traumlosen Schlaf mit dem Gewissen, dass Fenris trotz ihrer Differenzen Wache halten würde.
 

Als Anders erwachte, hatte er jegliches Gefühl für Zeit verloren, wenn Zeit in dieser Zwischenwelt überhaupt eine Rolle spielte. Das Problem an der Sache mit Illusionen und Parallelwelten war, das man nie wusste, in welchem Verhältnis die reale Zeit sich mit der magisch Erzeugten verhielt. Gefühlt waren sie seit mehreren Stunden gefangen, in der Realität wiederum könnten es bereits mehrere Tage oder lediglich wenige Sekunden gewesen sein.
 

Für Fenris Verhältnisse schien jedoch jede gefühlte Sekunde, unabhängig von ihrem realen Maßstab, zu viel sein. Kaum hatte der Magier die Augen aufgeschlagen, traf sich sein noch verwirrter Blick mit den unnachgiebigen Augen des Kriegers, der ihn unverhohlen mit finsterer Miene anstarrte.
 

„Habe ich in der Zeit meiner Erholung irgendwelche Auswüchse im Gesicht entwickelt oder warum starrst du mich so an, als ob ich vor wenigen Sekunden einen Hundewelpen erdolcht hätte?”, fragte Anders zynisch. Fenris, der einige Meter weiter ebenfalls an einem Sarg lehnte, schnaubte abfällig. „Ich gehe sicher, dass das Ding in dir nicht Besitz von dir ergreift, während du schläfst”, brummte der Weißhaarige und traf damit unbewusst einen wunden Punkt.
 

Erst als Anders die Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste, konnte er leichte Verwirrung in Fenris Augen sehen. Der andere hatte anscheinend nicht damit gerechnet, einen Wunden Punkt zu treffen. „Lass uns aufbrechen”, sagte Anders nach einigen Momenten unangenehmer Stille. Ohne auf eine Antwort des Elfs zu warten, rappelte er sich auf und schlug den Weg in den naheliegendsten Tunnel ein.
 

Eine ganze Weile gingen die beiden Gefährten schweigend nebeneinander durch den endlosen scheinenden Tunnel, bis Anders die Stille nicht mehr aushielt. In seinem Kopf hatte er Fenris Worte hin- und hergewälzt. Der Elf hatte ihm nur eine bissige Antwort auf seine Frage zurückwerfen wollen und dabei unbewusst einen Punkt getroffen, der Anders schon lange beschäftigte. Anders war nicht nur bei seinen Feinden gefürchtet, sondern auch bei seinen Freunden. Seitdem Gerechtigkeit in ihm hauste, war er nicht mehr er selbst und – viel schlimmer noch – manchmal nicht Herr über seinen Körper.
 

„Weißt du, so dumm war deine Idee gar nicht. Wer weiß, vielleicht wache ich eines Tages auf und Gerechtigkeit hat es endlich geschafft, meinen Geist zu verdrängen und dauerhaft meinen Körper zu übernehmen. Dann wärst du vermutlich einer der Ersten, den er heimsuchen würde”, witzelte Anders, um die Stille endlich zu durchbrechen.
 

„Warum hast du dich überhaupt darauf eingelassen, Gerechtigkeit in dich aufzunehmen, wenn du am Ende nur darum kämpfst, nicht wahnsinnig und besessen zu werden”, ging Fenris überraschenderweise auf Anders sarkastischen Gesprächsversuch ein. Als Antwort erhielt der Krieger einen tiefen Seufzer. „Du musst wissen, Gerechtigkeit war nicht immer so dunkel und böse. Als wir ihn vor vielen Jahren kennengelernt haben, stand der Geist für eine ehrliche Gerechtigkeit. Wir hatten beide den selben Traum: Die Magier vom Zirkel zu befreien”, erklärte Anders und schüttelte resigniert den Kopf. „Ich dachte wir tun uns beide einen Gefallen, wenn wir unsere Kräfte vereinen und ich sein fleischlicher Wirt werde. Doch meine Bitterkeit und mein Hass auf die Templer und die Magier-Mörder war anscheinend zu stark. Ich spüre, wie er sich immer weiter in einen Dämon verwandelt.” Freudlos lachte der abtrünnige Magier auf und schüttelte den Kopf. „Mein Leben lang habe ich erst für meine und dann für die Freiheit anderer gekämpft, nur um am Ende wieder gefangen zu sein.”
 

Obwohl Fenris weiter schweigend neben ihm herging und keine Anstalten machte, auf das Gesagte zu reagieren, empfand Anders einen gewissen Trost darin, dass der Elf ihm nicht widersprach. Was hätte Fenris auch sagen sollen? Anders wollte kein Mitleid von dem Krieger und würde sicherlich auch keines bekommen. Umso erstaunter war er, als Fenris schlussendlich doch das Wort erhob. „Freiheit ist ein Luxus, für den wir uns immer wieder aufs neue erkämpfen müssen.“ Obwohl die Stimme des ehemaligen Sklaven neutral war, verstand Anders mit einem mal, dass sie gar nicht so unterschiedlich waren: Auch wenn Fenris seinem ehemaligen Herren Danarius entkommen war, würde er trotzdem immer in der Angst leben, eines Tages gefunden zu werden. Er würde niemanden an sich heranlassen aus Angst, diesen jemand mit ins Verderben zu ziehen. Genau wie Anders, der zwar auch erfolgreich vor dem Zirkel der Magi geflogen war, nun jedoch mit Gerechtigkeit in sich die viel größere Gefahr darstellte.
 

„Ich beneide dich dafür, dass du jeden Tag so weitermachen kannst”, gab Anders nach eine Weile zu. „Ich habe schon oft darüber nachgedacht, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Diese ewige Flucht und die ständige Angst, manchmal glaube ich, es wäre besser, wenn ich einfach tot wäre.” „Selbstmord ist eine Sünde”, gab Fenris mit fester Stimme zurück und blieb stehen. Anders tat es ihm gleich, sodass sich die beiden Männer Gegenüberstanden und einander studierten. „Daran glaubst du?“, fragte Anders ungläubig. Er hatte Fenris nie für jemanden gehalten, der besonders religiös war. Der Elf zuckte mit den Schultern „Ich versuche es. Darüber hinaus wären deine Taten sinnlos, wenn du dich einfach umbringen würdest.“
 

„Hast du mir da gerade ein Kompliment gemacht?”, neckte Anders ihn, der seine Verwunderung und die unbekannten Gefühle überspielen wollte, die sich in seiner Brust wie ein Flügel entfalteten. Er wollte es sich selbst nicht eingestehen, aber die Erkenntnis, das er und der Krieger sich ähnlich waren, entfachte Freude und Hoffnung, mit der er noch nicht viel anfangen konnte. Fenris wandte das Gesicht von Anders ab, bevor der Mensch die Mimik im elfischen Gesicht deuten konnte.
 

Schweigend setzten sich die beiden Gefährten wieder in Bewegung, ehe Anders abrupt stehen blieb. Auf seiner Haut breitete sich ein unangenehmes Prickeln aus, dass von starken magischen Schwingungen zeugte. „Irgendetwas ist hier in der Nähe. Bleib wachsam”, wandte er sich an Fenris, ehe er seine Sinne magisch verstärkte.
 

Anders nahm nur noch am Rande wahr, wie der Elf neben ihm seine Muskeln anspannte und nach seinem Schwert griff. Viel prägnanter war der magische Druck, der mit jeder Sekunde zunahm. Er konnte spüren, wie eine gewaltige Macht immer näher kam. Die Tunnelwände begannen zu flackern und durchsichtig zu werden.
 

„Anders, was passiert hier?”, fragte Fenris mit angespannter Stimme. Mit einem Ruck riss er das große Schwert von seinem Rücken und nahm eine Abwehrhaltung ein. Anders antwortet ebenso angespannt: „Wir haben den Torwächter gefunden oder vielmehr er uns. Er verändert diese Zwischenwelt nach seinen Bedürfnissen. Vergiss nicht, das wir uns immer noch irgendwo kurz hinter oder vielleicht sogar im Schleier befinden, hier gelten andere Gesetze als in Thedas.“
 

Die beengenden Tunnelwände um sie herum waren beinahe vollkommen verschwunden, standen die Gefährten eben noch in einem langen Gang, waren sie jetzt der Mittelpunkt eines großen Gewölbes, das dem vorherigen glich, aus dem sie vor einigen Stunden aufgebrochen waren.
 

Angespannt warteten Anders und Fenris auf einen Angriff, doch nachdem sich der Raum verändert hatte, passierte einige Minuten nichts. Gerade, als Anders das Wort wieder an Fenris richten wollte, spürte er die drängende Präsenz von Gerechtigkeit in seinem Kopf. „Anders, der Dämon ist hier, ich kann ihn spüren wie er nach unserem Bewusstsein greift“, hallte die Stimme des Geistes durch seinen Kopf. Während Anders schon zu einer sarkastischen Antwort ansetzen wollte, dass sein Kopf schon durch eine andere Präsenz besessen sei, brach die Erkenntnis wie eine Welle eiskalten Wassers über ihn herein.
 

Wenn der Dämon es bei ihm bereits versucht hatte, würde es Fenris genauso ergehen. Im Gegensatz zu ihm war der Elf aber kein Magier und auch nicht der Wirtskörper eines anderen Geistes. Je nachdem, um welche Art Dämon es sich handelte, hatte der Torwächter leichtes Spiel mit dem ehemaligen Sklaven.
 

Mit diesem Wissen drehte sich Anders langsam zu seinem Gefährten herum, der noch immer sein Schwert in beiden Händen hielt. Mit Schrecken stellte Anders fest, dass sich Fenris Blick langsam verschleierte, die bernsteinfarbenen Augen waren bereits trüb und unfokussiert. Langsam drehte sich auch Fenris zu Anders um, die sonst so grazilen Bewegungen des Elfs wirkten nun ungelenk und hölzern. Der Dämon war erfolgreich gewesen.
 

Von Furcht und Schock gelähmt verfolgte Anders, wie der besessene Krieger langsam sein Schwert über seinen Kopf hob und zum Schlag ausholte. Kurz bevor die Klinge am Zenit ihres Bogens angekommen war, spürte Anders wie Gerechtigkeit die Kontrolle über ihren Körper übernahm und rechtzeitig reagierte. Die Wut, die in Anders dank des Geistes aufkeimte, war so überwältigend, dass sie die lähmende Angst verdrängte. „Töte ihn nicht!“, befahl Anders dem Geist, der zum Gegenschlag ansetzte und Mana in ihren Handflächen sammelte.
 

„Der Dämon hat von ihm Besitz ergriffen, Anders. Wenn ich ihn nicht töte, wird er es tun“, warf Gerechtigkeit ein und schleuderte den Feuerball, der sich aus dem Mana heraus manifestiert hatte, zwischen die beiden Kämpfenden, um kurzzeitig an Abstand zu gewinnen. „Wir befinden uns nicht in Thedas, sondern hinter dem Schleier. Es besteht noch Hoffnung, dass wir den Dämon aus Fenris austreiben können“, argumentierte Anders, während Gerechtigkeit ihren Körper erneut um das tödliche Schwert des Besessenen herum manövrierte.
 

„Fenris, kämpf' dagegen an. Ich bin nicht dein Feind!”, schrie Anders, indem er sich für einen Moment an Gerechtigkeit vorbeidrängte, eher kurz die Kontrolle wiedererlangte. Der innere Kampf zwischen dem Magier und seinem Geist über die Vorherrschaft ihres Bewusstseins, lies Anders und Gerechtigkeit straucheln, sodass der Dämon seine Chance nutzte, um erneut zu einem tödlichen Manöver anzusetzen. Dieses Mal holte er nicht zum Schlag aus, sondern stach mit der Schwertspitze zu. Der Angriff zielte genau auf Anders Herz ab. Wie in Zeitlupe registrierte Anders, dass er keine Zeit zum Ausweichen oder Wirken eines Zauberspruches hatte. Angsterfüllt blickte er in Fenris milchige Augen, während er wahrnahm, wie die Schwertspitze auf ihn zusauste.
 

Noch in der Bewegung konnte er deutlich sehen, wie sich der Blick des hochgewachsenen Elfen für den Bruchteil einer Sekunde klärte und die Schwertspitze ihren Weg änderte und somit ihr Ziel verfehlte. Ein heißer, stechender Schmerz durchzuckte Anders, als die Klinge durch seine Haut stieß und am Brustkorb entlang schrammte. Anders schrie auf, hielt sich dank Gerechtigkeit jedoch auf den Beinen und bei Bewusstsein.
 

„Gerechtigkeit! Fenris ist noch da drin!“, schrie Anders den Geist verzweifelt und trotz der starken Schmerzen erleichtert an. „Vermutlich hat das Lyrium in seinem Körper etwas damit zu tun. Wenn wir Fenris dazu kriegen, das Lyrium in seinem Körper zu aktivieren, könnte es den Dämon aus ihm heraustreiben“, analysierte Gerechtigkeit, der wieder die Kontrolle über ihren Körper übernommen hatte und die verletzte fleischliche Hülle vor weiteren Attacken durch den Krieger schützte.
 

„Lass es mich versuchen“, bat Anders den Geist, dessen Skepsis und Abscheu er förmlich spüren konnte. „Warum willst du einen Elf retten, der nichts als Hass für die Magier übrig hat? Du kommst auch ohne ihn hier raus und es wäre nur angemessen, wenn sein Untergang das ist, was er nie verstehen wollte“, fragte Gerechtigkeit, während er weiter an der Kontrolle über ihren Körper festhielt. Gerne hätte Anders dem Geist gesagt wie bedeutsam die Erkenntnis für ihn gewesen war, dass er und Fenris auf eine skurrile Art und Weise das gleiche Schicksal teilten und dass er sich auf eine Weise mit dem Elf verbunden fühlte, die er selbst noch nicht ganz zu greifen wusste. Stattdessen sagte Anders: „Um das zu verstehen, müsstest du menschlich sein“, und ergriff mit reiner Willenskraft die Kontrolle über ihren Körper.
 

Der Schmerz an seiner Seite intensivierte sich, als Anders wieder volle Kontrolle über seinen Körper erlangt hatte. Trotzdem biss er die Zähne zusammen und wich dem nächsten Schwerthieb aus. „Fenris, benutzdein Lyrium! Ich weiß, du kannst mich hören”, rief Anders dem besessenen Elfen zu, der erneut zum Schlag ausholte. Doch dieses Mal wich der Magier nicht aus. Die Klinge traf mit einer solchen Wucht das magische Schild, das Anders aufgebaut hatte, dass die Klinge aus der Hand des überraschten Elfen geschleudert wurde und einige Meter weiter klirrend auf dem Steinboden landete.
 

Anstatt seine Waffe wiederzuholen, ging Fenris in den Nahkampf über. Der hastig aufgebaute Schild war durch die Stärke des Angriffs zerbrochen und so konnte der Elf sich problemlos auf den wehrlosen Menschen stürzen und ihn zu Boden drücken. Lyrium-durchzogene Hände schlossen sich um Anders Kehle und drückten schmerzhaft zu. „Du hast dich schon mal befreit, das kannst du wieder”, krächzte der Gewürgte und starrte verzweifelt in die trüben Augen seines Gefährten, während er gleichzeitig innerlich gegen Gerechtigkeit kämpfte, um die Kontrolle über seinen Körper zu behalten.
 

„Du bringst uns um, du Idiot“, donnerte die Stimme des Geistes in seinem Kopf, die Anders jedoch gar nicht mehr wahrnahm. Stattdessen starrte er weiter Fenris an. „Zeig mir, dass du nicht wieder zum Sklaven wirst”, flüsterte Anders mit dem letzten Rest Luft, der sich noch in seiner Lunge befand. Um sein Sichtfeld herum bildete sich ein dunkler Kreis in dem helle Lichtpunkte tanzten. Nicht mehr lange und er würde das Bewusstsein verlieren.
 

Durch seine verminderte Wahrnehmung konnte Anders erkennen, wie sich die Pupillen in Fenris Augen erneut aufklärten. Die Adern an seinem Körper begannen zu glühen und der Griff um Anders Hals lockerte sich. Endlich strömte wieder Luft in die Lunge des Magiers, der aber weiterhin von Fenris Körpergewicht zu Boden gedrückt wurde. Anders konnte spüren, wie die dunkle Energie, die von Fenris ausging an Intensität zunahm. Die langen Lyriumadern an den nackten Armen des Kriegers glühten so hell, dass Anders gezwungen war, die Augen zu schließen.
 

Mit einem ohrenbetäubenden Knall setzte Fenris die angestaute Energie frei. Die Geisterwelle schleuderte nicht nur den Dämon aus Fenris Körper heraus, sondern presste Anders noch tiefer in den Boden. Erneut wurde Luft aus seiner Lunge gepresst, während Gerechtigkeit in seinem Kopf ebenfalls vor Schmerzen aufschrie. Dann kehrte Ruhe ein, die lediglich von dem schweren Atmen beider Männer durchbrochen wurde. Erschöpft kippte Fenris zur Seite und von Anders herunter, der jedoch noch nicht die Kraft hatte, die neu gewonnene Freiheit zum Aufstehen zu nutzen.
 

Mit starken Kopfschmerzen und blutender Wunde drehte Anders den Kopf zu dem Elf herum. Obwohl der Magier gerade so dem Tod entkommen war, stahl sich ein mattes Lächeln auf seine Lippen. Eines der wenigen, die er jemals an Fenris gerichtet hatte. „Willkommen zurück”, begrüßte er den Elf,der jetzt wieder Herr seines Kopfes und Körpers war. Obwohl er das Lächeln nicht erwiderte, konnte Anders Dankbarkeit und Erleichterung in den Augen des Kriegers lesen.
 

Viel mehr Zeit zur Erholung blieb den beiden Gefährten jedoch nicht, denn kaum hatte Anders wieder den Mund zum sprechen geöffnet, fing der Boden an zu beben. Alarmiert rappelte Anders sich trotz seiner Verletzungen auf. „Die Höhle stürzt ein, weil wir den Torwächter vertrieben haben. Wir müssen hier raus!”
 

Vom Überlebenstrieb angestachelt, schaffte es auch Fenris, seinen Schock über das Geschehene zu überwinden und kam auf die Beine. „Wie stellen wir das an?”, fragte Fenris und hob seine fallengelassene Waffe wieder auf. „Lyrium. Ich kann mit Hilfe von Lyrium das Portal finden. Es muss ganz in der Nähe sein, sonst wäre der Wächter nicht hier gewesen”, schlussfolgerte Anders, während seine Gedanken rasten und sein Blick verzweifelt nach einer Lyriumader suchte. Um sie herum brach die Felswand auf und erste Brocken stürzten von der Decke und er spürte, wie der eine Teil seines Brustkorbes langsam taub wurde.
 

Fenris hob seinen Arm, in dem noch immer die Lyriumadern schimmernd pulsierten. „Reicht das?”, fragte er und sah Anders eindringlich und furchtlos an. Erschrocken wich Anders kurz zurück. „Das…ist Blutmagie”, hauchte der Magier. „Ich habe dich gefragt, ob das reicht, um uns hier rauszubringen”, riss Fenris ihn aus seiner Starre. Anders nickte vorsichtig. „Das könnte funktionieren”, sagte er unsicher und ging schwankend auf Fenris zu.
 

Als er vor dem Krieger stand, sah dieser ihn eindringlich an. „Wenn wir hier raus sind, werden wir uns ordentlich besaufen.”, scherzte Fenris unbeholfen, woraufhin Anders nicht anders konnte, als lächelnd den Kopf zu schütteln. Die lähmende Angst lies langsam von ihm ab. „Ich würde dich ja beim Wort nehmen, wenn deine Imitation von Humor nicht genauso grauenhaft wäre, wie das Bier, welches sie im gehängten Mann servieren.“, schwor er, ehe Fenris sein seinen Unterarm an der seiner Schwertklinge aufschlitzte.
 

Helles Lyrium und tiefrotes Blut vermischten sich, als beide Flüssigkeiten am Arm des ehemaligen Sklaven herunterliefen und er vor Schmerz ächzte. Anders wusste, dass jegliche Berührung für Fenris dank des Lyriums unangenehm war, er konnte sich jedoch nicht vorstellen, wie intensiv die Pein bei offenen Wunden sein mochte. Hastig schob er diesen unangenehmen Gedanken beiseite und konzentrierte sich darauf, mit Hilfe von Fenris, Lyrium und Blut das Portal zu finden.
 

Die fremde Kraft, die von Fenris Blut ausging, wirkte auf Anders wie ein magischer Verstärker. Zusammen mit seinem eigenen Blut, welches er als Grundpfeiler seiner Blutmagie nutzte, verbannd ihn diese Kraft in auf eine Weise mit dem Elf, die er nicht zu beschreiben vermochte. Es dauerte nur wenige Momente, bis er einen Riss in ihrem Gefängnis gefunden hatte.
 

„Da!”rief Anders und bündelte die Blutmagie so, dass sie das Portal zum Öffnen zwang. Da seine ganze Konzentration auf ihren Fluchtweg fokussiert war, spürte er nur vage, wie ein unversehrter Arm sich um seine Hüfte unterhalb der Wunde legte und ihn langsam in Richtung Portal zog. Schweißperlen bildeten sich auf Anders Stirn, der vor Anstrengung und Konzentration den Rest seiner Umgebung ausblendete. Erst, als sie das Portal durchquert hatten, spürte er, wie fest Fenris ihn an seinen eigenen Körper gedrückt hatte und ihn nur noch mitschleifte, weil er anscheinend irgendwann aufgehört hatte, seine eigenen Beine zu benutzen.
 

Die Konturen der zusammenstürzenden Höhle verschwanden und wurden durch das vertraute Bild des Gewölbes mit dem steinernen Podest in der Mitte ersetzt. Erleichtert stellte Anders fest, dass sie endlich wieder in ihrer realen Welt angelangt waren, als er die Moosränder am Wasserlauf entdeckte und zwei Frauenstimmen hörte, die ihren Namen riefen.
 

Kaum waren die beiden Gefährten erschöpft zu Boden gesunken, kamen Marian und Isabella in die Höhle gestürzt. „Dem Erbauer sei dank, ihr lebt!”, rief Marian erleichtert und kniete sich vor die beiden Männer. „Was ist denn mit dir passiert?”, wollte sie von Anders wissen, als sie dessen Wunde begutachtete. „Das war Fenris, frag nicht, lange Geschichte”, gab Anders abgehackt zurück und schaute zu dem Elf hinüber. „Ich wusste ja, dass ihr euch eines Tages gegenseitig umbringt”, seufzte Isabella und schüttelte den Kopf.
 

Fenris zog den Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen hoch. „Sagen wir einfach, ich bin dem Magier etwas zu trinken schuldig”,antwortete er und löste damit wieder einen Schwall von lästigen Gefühlen in der Brust des Magiers aus. Er sollte lernen, diese Dinger schnellstmöglich in den Griff zu bekommen, dachte er, während er einfach nur froh war, am Leben und erneut entkommen zu sein.



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