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Was einen Engel ausmacht

von

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Von Schein und Sein

Der lächerliche Vorschlag, Rowena anzurufen, schien für einen Moment vergessen.

Dean empfand Cas‘ Anblick als seltsam gewöhnungsbedürftig, und er konnte nur vermuten, dass es Sam ebenso erging. Castiel hatte seine drei Schichten Ärmel (vermutlich mit Sams Hilfe, der ihm vor dem Zubettgehen die Manschettenknöpfe seines Hemdes geöffnet haben musste) so gut es ging übereinander hochgerollt, was seine Unterarme unproportional bullig erscheinen ließ.

Und dem ungewöhnlichen Anblick noch die Krone aufzusetzen, kam Cas, erstaunlich zögerlich, auf Socken um den Weltkartentisch herum geschlichen.

Dean selbst zog es vor, mindestens in Hausschuhen im Bunker herumzulaufen, weil er genau wusste, wie kalt der Boden des unterirdischen Baus, trotz hervorragenden Heizsystems, mitunter werden konnte. Da Cas sich bisher einen feuchten Dreck um Dinge wie Temperaturen und dafür angemessene Kleidung geschert hatte, schienen Engel wohl die Fähigkeit zu besitzen, ihre fleischlichen Hüllen in dieser Hinsicht ähnlich beständig halten zu können, wie unter allen anderen irdischen Einflüssen auf ein menschliches vegetatives Nervensystem. Die nach wie vor blauen Lippen und das unruhige Treten auf der Stelle, nachdem Cas an der Kopfseite des Tisches stehen geblieben war, sprachen jedenfalls Bände, dass die Unempfindlichkeit gegenüber äußerlichen Temperaturen nun ebenfalls der Vergangenheit angehörte. Vielleicht hatte er nicht daran gedacht, seine Schuhe nach Verlassen des Bettes wieder anzuziehen, vielleicht war es ihm mit den gefesselten Händen auch schlicht und ergreifend nicht möglich gewesen. Schließlich gehörte sich die Schuhe anzuziehen nicht unbedingt zu den Dingen, die Cas bisher in seinem Dasein auf Erden regelmäßig begegnet wären. Er musste sich nicht waschen, niemals die Kleidung wechseln, schien, außerhalb von Kämpfen, nahezu immer wie frisch aus dem Ei gepellt – auf die eben so Cas-typische, etwas unordentliche und raue Art und Weise, die Dean normalerweise eher an von Flugwind zerzauste Schusseligkeit als an eine Bruchlandung beim Fall aus dem Bett erinnerte.

Auch das, eben jene Schusseligkeit, hatte Cas stets von den anderen Engeln unterschieden, die Dean bisher getroffen hatte – und die mit Sicherheit nie auf die Idee gekommen wären, ihre Krawatten falsch herum gebunden zu tragen. Besagte Krawatte fehlte in dem ungewohnt zerknautschten Anblick, den Castiel jetzt bot, übrigens gänzlich, und er hatte die obersten drei Knöpfe seines Hemdes geöffnet, was Dean einen kurzen, aber schmerzhaften Moment lang daran erinnerte, dass Lucifer, mit Cas als Hülle, ähnlich leger im Bunker herumspaziert war.

Dass Cas in diesem Moment aber immer noch Cas war, lag für Dean auf der Hand, obwohl sein bester Freund mit jeder verstreichendem Minute mehr von dem verlor, wovon sie alle gedacht hatten, dass es ihn, oder zumindest sein wahres Wesen, im tiefsten Kern ausmachte.

 

„War wohl nichts mit Schlaf“, stelle Dean betont lässig fest und zog den freien Stuhl neben sich zurück, damit Cas darauf Platz nehmen konnte.

 

Cas beäugte die angebotene Sitzmöglichkeit für einen Moment mit leicht geneigtem Kopf und halb zusammengekniffenen Augen, so als zöge er in Erwähnung, vielleicht doch lieber am Kopfende des Tisches stehen zu bleiben. Dean fühlte sich bei seinem Anblick unweigerlich an Popeye erinnert, wozu nicht zuletzt die merkwürdig aufgedunsenen Unterarme beitrugen. Das Übermaß an übereinander gekrempelter Kleidung ähnelte einem Paar altmodischer aufblasbarer Schwimmhilfen, die Cas knapp unterhalb des Ellbogens an beiden Armen zu tragen schien. Auf den zweiten Blick bemerkte Dean jedoch, dass diese lächerlich anmutende Illusion auch von einer beginnenden, nicht gerade gesunden Verfärbung von Cas‘ Haut und einer tatsächlichen Schwellung seiner Arme herrührte.

 

„Das ist viel zu eng, Alter, schnürt dir ja das ganze Blut ab“, brummte Dean und zerrte etwas ruppig an den aufgerollten Ärmeln, nachdem Cas endlich entschieden hatte, sich doch neben ihn zu setzen. Wortlos ließ er es über sich ergehen, dass Dean abwechselnd über seinen Schoß hinweg nach seinen Armen griff, die Hemdsärmel, nicht ohne etwas Kraftaufwand und Fummelei, unter den beiden anderen Kleidungsstücken hervorzog und sie herunter rollte, bevor er Jacke und Trenchcoat ebenfalls glatt ziehen konnte.

 

Die ganze Zeit über fühlte Dean dabei Sams kritischen Blick auf sich ruhen, was einen Hauch von Trotz in ihm aufsteigen ließ, den er sich nicht ganz zu erklären wusste. Was sollte Sam schon groß dazu sagen, dass Dean ihren Freund abhielt, dessen menschlichen Körper sofort bis auf die Knochen zu ramponieren?

Er spürte, wie Cas überrascht Luft durch die Nase ausstieß, als er den linken Trenchcoat-Ärmel zum Schluss vielleicht etwas zu grob glatt strich. Dean schluckte den Impuls hinunter, Cas für diese Art von Zimperlichkeit anzufahren – zusammen mit dem Bedürfnis danach, sich bei ihm für die eigene Grobheit zu entschuldigen. Sollte Sam doch denken, was er wollte! Sollte Cas doch denken, was er-

 

Nein!, ermahnte er sich selbst, was ihn diesmal einiges an Überwindung kostete; deutlich mehr als auf der Fahrt zum Bunker. Vielleicht lag es daran, wie lange er inzwischen schon ohne eine anständige Mahlzeit und eine Mütze voll Schlaf auskommen musste, aber die Verflucht!-Freikarte für Cas galt schließlich noch immer.

 

Cas kann nichts dafür, dass du dir Sorgen machst. DU bist derjenige, der sich zusammenreißen sollte!

 

Als Dean der Meinung war, sich genug für Sams mögliche Kommentare gewappnet zu haben, und er den Blick wieder von Castiels muskulösen Unterarmen und den großen, schlanken Händen unterhalb der Silberfessel zu heben wagte, die der Engel zu Fäusten geballt im Schoß hielt, sagte Sam jedoch nur: „Deine Gnade konnte den Blutstau in den Armen nicht mehr ausgleichen, Cas?“

 

Fuck, daran hab ich gar nicht mehr gedacht … Das wäre eine Katastrophe!

 

Denn es würde bedeuten, dass inzwischen auch die Fähigkeit zur Selbstheilung gelitten hatte, wenn sie nicht sogar schon zur Gänze verschwunden war. Zu seiner grenzenlosen Erleichterung schüttelte Cas jedoch den Kopf.

 

„Ich halte meine Gnade zurück, um sie nicht unnötig zu verschwenden. Das verbraucht allerdings zusätzlich Energie … mehr, als es der Fluch allein tun würde.“

 

Dean konnte Sam über den Tisch hinweg schlucken sehen, wusste, dass ihn die Information nicht weniger traf, als ihn selbst.

 

„Wahrscheinlich bist du deshalb so müde.“

 

„Wahrscheinlich“, sagte Cas und die bleierne Erschöpfung in seiner Stimme verlieh seiner Zustimmung auf äußerst beklemmende Art Gewicht.

 

„Kann ja sein, aber wieso hast du nicht gemerkt, dass du dir selber das Blut abschnürst?“, witzelte Dean in dem verzweifelten Versuch, seine eigene Müdigkeit in den Hintergrund zu drängen. Er durfte jetzt noch nicht schlapp machen! Nicht, wenn eine Lösung noch so fern schien, während sich die Probleme immer gewaltiger vor ihnen aufzutürmen begannen.

„Das Gesamtpaket da, gehört ja immer noch zu dir. Egal, mit wie viel Gnade.“

Dean zeichnete mit beiden Händen ein Viereck in die Luft, das Cas‘ Körper in sich einschloss.

Dessen Bewusstsein für die eigene Körperlichkeit in menschlichen Dimensionen schien an ihm jedoch ebenso abzuprallen, wie Deans lahmer Versuch von Ungezwungenheit; Cas sah mit einem Ausdruck von milder Überraschung an sich herab, als bemerkte er in eben erst diesem Augenblick, dass er überhaupt Arme besaß. Schließlich hob er sie unter dem Tisch hervor, um die gefesselten Handgelenke vor sich locker auf der Tischkante abzustützen. Die Kette klimperte dabei kaum hörbar, unschuldig und nichtssagend, und doch reizte Dean der Klang bis aufs Blut, so dass er kurz die Augen schloss, um sich zu sammeln.

 

„Ich habe das Gefühl von Taubheit für eine Folge des Fluches gehalten“, sagte Cas schließlich.

 

Dean öffnete die Augen wieder, nicht länger in der Lage, auf gute Miene zu machen.

 

„Du lebst seit …“, er rechnete schnell im Kopf zurück, „… seit über sieben Jahren in diesem Körper! Hat man da nicht irgendwann mal so ‘ne Art … ich weiß auch nicht. Kontrolle darüber entwickelt? Ein Bewusstsein, was alles dazu gehört und wie sich was wann anzufühlen hat?“

 

Nur am Rande nahm Dean wahr, dass Sam außerhalb seines Blickfeldes heftig den Kopf schüttelte. Er ignorierte die Warnung jedoch, konnte nicht anders, als sich weiter Luft zu machen. Die plötzliche Gereiztheit ließ sich einfach nicht länger zurückhalten; er war müde und erschöpft, er sehnte sich nach etwas zu Essen, einer heißen Dusche, und die Ausweglosigkeit von Cas‘ Lage brachte ihn langsam aber sicher zum Verzweifeln.

 

„Ich mein, wahre Form, Chrysler Building-Blabla hin oder her – du steckst Tag und Nacht da drin! Dir muss doch auffallen, wenn sich was verändert!“

 

Cas starrte Dean nach dieser kleinen Tirade unverwandt an, musterte ihn so scharf, als suchte er nach etwas Vertrautem in seinem Gesicht, das sich seinem Blick unerwartet entzogen hatte. Dean fühlte die Bedeutung seiner eigenen Worte und deren Wirkung unter Cas‘ forschen Augen mit plötzlicher Wucht auf sich niederprasseln. Mit der Hand fuhr er sich übers Gesicht, wie um das Gesagte fort zu wischen, vielleicht auch, um Cas‘ unnachgiebiger Musterung zu entgehen, doch weder das eine noch das andere wollte ihm gelingen.

 

„Ich bin kein Mensch, Dean“, sagte Cas und sprach damit genau das aus, was Dean in eben diesem Augenblick wieder einmal durch seine eigene Ungezügeltheit so schmerzlich bewusst geworden war.

 

„Dieser Körper gehört zu mir, aber ich trage ihn nur. Ich mag darin wohnen, aber ich bin nicht in ihm zu Hause, so wie ihr es in euren seid.“

Cas‘ Blick wanderte hinüber zu Sam, wohl, da er nun auch ihn mit ins Gespräch einbezogen hatte, und Dean bemerkte erstaunt, dass der Engel seinen Bruder mit annähernd ähnlicher Intensität musterte, wie gerade eben noch Dean.

 

Dabei hat Sam doch jetzt wirklich nichts verbrochen!

 

„Ich wurde nicht geboren und schon gar nicht in diese Form hinein. Ich bin körperlos, geschlechtslos, zwar nicht ungestaltlich, aber weder ist diese Dimension mein Zuhause, noch sind sieben Jahre Bestehen in ihr und in einer konstanten menschlichen Hülle genug, um eine Selbstwahrnehmung von Millennia einfach so zu überschreiben.“

 

Wie sich selbst zuvor, sah Dean nun auch Sam unter Cas‘ Blick auf seinem Stuhl in sich zusammenschrumpfen. Er konnte es ihm nicht verübeln. Cas‘ Worte hatten bei ihm eine regelrechte Gänsehaut ausgelöst, die ihm, von den Armen ausgehend, über den ganzen Körper zu kriechen begann. Ein wenig fühlte er sich an seine erste bewusste Begegnung mit Castiel erinnert – mit dem Engel, der ihn vor eben sieben Jahren aus der Hölle zurückgeholt hatte.

Angst war etwas Alltägliches für Dean und in all den Jahren hatte er längst gelernt, mit ihr zu leben. Aber Angst um seiner selbst willen, eine solche Angst wie damals, in der Scheune, in diesen Ausmaßen, hatte er noch nicht oft zuvor verspürt. Es war vielleicht nicht so, dass er sich in diesem Moment wieder vor Cas zu fürchten begann. Aber ihm wurde erschreckend bewusst, dass sein bester Freund ein fremdartiges Wesen, nicht von dieser Welt war, dessen wahre Macht und Größe von Deans lächerlich menschlichen Bewusstsein nicht einmal ansatzweise erfasst werden konnte. Wie hatte er das nur je vergessen können? Er sah eine ähnliche Erkenntnis und Ehrfurcht in Sammys weit geöffneten Augen dämmern.

 

„Selbst in meiner wahren Form wäre es ein … ein Schock, meine Gnade schwinden zu fühlen – schon wieder, so rapide. Aber in dieser Hülle … Es hat nichts damit zu tun, Mensch zu sein oder Mensch zu werden, denn ich bin weder das eine, noch werde ich zum anderen. Ich bin ein Engel, ob mit oder ohne Gnade, egal, in welcher für euch sichtbaren, äußerlichen Form. Was sich ändert, ist der Grad meiner eigenen Verwundbarkeit oder wie nützlich ich für euch sein kann und in welchem Maße erträglich dieser Umstand für mich ist!“

 

Der letzte Teil kam Cas mit ebenjener untypischen Bitterkeit über die bläulich verfärbten Lippen, die Dean schon im Auto an ihm aufgefallen war. Und vielleicht war es an der Zeit, den eigenen Frust zu vergessen, sich zusammenzureißen und sich daran zu erinnern, dass er ein himmlisches Wesen von der Größe eines Wolkenkratzers regelmäßig wie Dreck behandelte. Jetzt gerade, weil er sich zu sehr um dessen Überleben sorgte. Zu seiner großen Erleichterung räusperte Sam sich in diesem Moment.

 

„Ist dir kalt, Mann?“, fragt er und Dean stellte anerkennend fest, dass Sam nicht anders als sonst auch klang. Er war sich nicht allzu sicher, wie viel Verlass gerade auf seine eigene Stimme war.

„Deine Lippen sind ganz blau. Ich kann dir eine Decke holen, wenn du willst!“

 

„Es geht schon“, antwortete Cas ruhig, plötzlich einfach wieder nur ihr Freund; der merkwürdige Dritte im Bunde, bei dem Dean gar nicht anders konnte, als ihm zu vertrauen, ganz gleich, was oder vielleicht auch gerade wegen all dem, was schon zwischen ihnen vorgefallen war.

„Danke, Sam.“

 

Und Cas machte Anstalten, sich ihrer Recherchearbeit anzuschließen, denn er zog tatsächlich eines der staubigen, in Leder gebundenen Bücher zu sich heran.

 

„Glaubst du … glaubst du wirklich, dass wir da drin was finden?“, fragte Dean schließlich zögernd, als er seinen Stimmbändern wieder genug Funktionalität zutraute, um ihn nicht länger im Stich zu lassen. Er klang etwas heiser für die eigenen Ohren, aber er überspielte es mit einem groben Kopfnicken in Richtung des Wälzers, den Cas soeben aufgeschlagen hatte.

 

Die Frage war eigentlich überflüssig, und er wünschte sich verzweifelt eine ähnliche Unbekümmertheit im Umgang mit Cas zurück, wie Sam sie an den Tag legte.

 

Eben noch daran erinnert werden, dass man einen urzeitlichen Himmels-Transformer als besten Freund hat, dem man regelmäßig ans Bein pinkelt, und der nur zu gutmütig ist, um einem das übel zu nehmen. Und ihm direkt danach ‘ne Schmusedecke anbieten. Sam hat echt Nerven.

Aber okay, er versaut es auch deutlich seltener mit Cas.

 

Eigentlich nie.

 

Warum fällt Sam das alles immer so leicht?

 

„Sam hat eben vorgeschlagen, dass wir Rowena anrufen“, sprudelte es aus Dean hervor, da Cas mit einem niedergeschlagenen Lächeln den Kopf auf seine Frage geschüttelt hatte.

Die Tatsache, dass Cas ohnehin schon so gut wie niemals lächelte, hatte den Anblick nicht unbedingt leichter gemacht, und der Ausdruck in seinen Augen war schlichtweg zu viel gewesen. Dean konnte einfach nicht anders, so dämlich er selbst den Vorschlag auch ursprünglich gefunden hatte.

 

„Sie wird uns vielleicht nicht sagen, wie wir dir helfen und den Fluch brechen können“, meldete Sam sich zu Wort und hatte wenigstens den Anstand, auch vor Cas verlegen wegen seines Einfalls zu klingen.

„Aber vielleicht bekommen wir heraus, was sie eigentlich mit deiner Gnade vor hat! Und vielleicht haben wir sogar so viel Glück, dass wir ihren Standort zurückverfolgen können.“

 

Okay, vielleicht war Sams Ton mit dem letzten Satz ein oder zwei Oktaven zu hoch ins Spektrum des unverhohlenen Stolzes gerutscht, aber Dean beließ es bei einem Augenrollen. Für heute hatte er sich genug die Finger verbrannt und vielleicht hielt Cas Sams Vorschlag ja für nicht ganz so bescheuert, wie Dean es tat.

 

„Ich glaube, dass Rowena gut und gerne die derzeit mächtigste lebende Hexe ist! Ihr einziges Problem ist, dass sie keine Verbündeten hat und hinter all ihrem Getue einfach wahnsinnig … menschlich ist“, plapperte Sam in hoffnungsvoller Begeisterung weiter drauf los.

„Vielleicht kann sie nicht anders, als ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern, wenn wir die Sache richtig angehen ...“

 

Sam sah aus, als müsse er sich zusammennehmen, um sich nicht auch noch selbstgefällig die Hände zu reiben.

„Sie hat immer noch Crowley“, unterbrach Dean seinen Bruder deshalb. Er hielt Rowena zwar durchaus für eitel und mit ihrem Hang zur Dramatik auch einer gewissen Prahlerei nicht abgeneigt, wenn sich ihr die Möglichkeit dazu bot. Aber sie war sicher nicht so dämlich und allmählich fiel ihm Sam in seinem geradezu kindlichen Eifer gehörig auf die Nerven.

 

„Und woher hast DU überhaupt Rowenas Handynummer, hm?“

 

Die Ertapptheit, mit der Sam eben noch nach seinem Smartphone gegriffen hatte, breitete sich erneut in Form eines beeindruckenden Pinktons auf seinem Gesicht aus, und wenn die Zeit nicht weniger gedrängt hätte, hätte Dean es entschieden mehr ausgekostet, Zeuge dieser gigantischen Elch-Beschämung zu sein.

 

„Rowena ist mit Sicherheit die mächtigste lebende Hexe“, sagte Cas mit einem Kopfnicken in Sams Richtung, offensichtlich blind für dessen Zwickmühle, in die Dean ihn manövriert hatte.

„Aber Dean hat recht, Crowley macht sie, als ihr Verbündeter, zu einer noch größeren Bedrohung. Wir sollten sie beide nicht unterschätzen, weder zusammen, noch jeden für sich.“

 

Nach den vorausgehenden schwer verdaulichen Themen war Cas‘ einfache Zustimmung eine echte Wohltat für Deans gehörig angeknackstes Ego, so dass er sogar davon abließ, Sam weiter in Verlegenheit bringen zu wollen. Sie hatten beide schließlich auch Crowleys Handynummer und nur er allein wusste, wie es zu diesem nicht gerade freiwilligen Austausch gekommen war. Möglicherweise gab es eine simple (wenngleich auch übernatürliche) Erklärung dafür und ja, möglicherweise fand Sam Rowena auch attraktiv. Wogegen sich per se nicht einmal etwas sagen ließ. Die rothaarige Hexe war in ihrer geheimnisvollen, zeitlosen Extravaganz durchaus einen zweiten Blick wert, auch wenn Dean seltsamerweise übel wurde, wenn er sich zu viel mit ihr vorzustellen versuchte.

 

„Also, was hältst du von dem Vorschlag mit dem Anruf?“, fragte Dean und hielt es für eine ausgesprochen gute Idee, Cas zur Abwechslung wirklich einmal nach dessen persönlicher Meinung zu fragen, anstatt für ihn Entscheidungen zu treffen und damit regelrechte Katastrophen auszulösen. Erstaunlicherweise bestätigte Sam ihn in dieser Einschätzung, denn er wurde von seinem Bruder mit einem anerkennenden Nicken bedacht. Auch Cas schien überrascht, in die nähere Planung bei der Jagd miteinbezogen zu werden.

 

„Ich glaube nicht, dass sie sich auf diesem Wege finden lässt, wenn sie nicht gefunden werden will“, gestand er schließlich schlicht.

 

„Aber wenn alle Stricke reißen, sollten wir es versuchen?“, hakte Sam nach, offensichtlich noch nicht bereit, von seinem Einfall abzulassen.

 

„Wenn alle Stricke reißen“, wiederholte Cas langsam und Dean kam in den Sinn, dass er gerade vermutlich zum ersten Mal in seiner gesamten Existenz Gebrauch von dieser Formulierung gemacht hatte.

„Wenn ... alle Stricke reißen“, an dieser Stelle hatte Cas die gefesselten Hände gehoben, um mit Zeige- und Mittelfinger beider Hände Anführungszeichen in der Luft anzudeuten, „ … sollten wir Crowley in euer Verlies im Bunker beschwören und versuchen, die Feder von ihm zurückzubekommen, die er mir gestohlen hat.“

 

Die Feder.

 

Die Crowley Cas gestohlen hat.

 

Die …

 

WAS?!

 

Dean konnte in stummer Verzweiflung nur einen Blick mit seinem Bruder wechseln, dem es ganz ähnlich die Sprache verschlagen zu haben schien.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Immer noch kein Gespräch mit Rowena und garantiert ist das Thema ‚Human Vessel VS. True Form‘ damit auch noch nicht gegessen. Cas hat noch so einiges dazu zu sagen – und es gibt noch eine Menge Dinge, die Dean und auch Sam noch nicht kapiert haben.

Die Geschichte bleibt weiterhin PRE-Destiel, also Slash frei, und wer hier nichts interpretieren möchte, darf das natürlich auch gerne so halten.

Wer Destiel in die FF hineinlesen möchte, darf auch das tun, muss sich bis zu tatsächlichen Geschehnissen in dieser Richtung aber noch bis zur Fortsetzung gedulden, die ich an anderer Stelle schon angekündigt habe. Ich bin fies, ich weiß.

Und Samwena?
Wird es in dieser Geschichte nicht geben, auch, wenn ich das Pairing absolut unterhaltsam finde und Sam deshalb damit noch ein bisschen aufziehen werde.

Ich hoffe, euch haben die dramatischen Ausführungen meiner ganzen Überlegungen zu Engeln bisher gefallen. Ich bastele seit langem an meiner eigenen Engels-Logik herum und hoffe, sie ergibt auch für Außenstehende Sinn. In diesem Kapitel haben wir nämlich erst an der Oberfläche gekratzt … Immerhin geht es darum, was einen Engel ausmacht … Sofern ein Mensch das auch nur annähernd begreifen kann.

Und nun ist Dino erst mal wieder still, bedankt sich fürs Lesen und sagt:
Hoffentlich bis zum nächsten Mal! Komplett anzeigen

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