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Bissspuren

von

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Der Wahrheit ein Stück näher. (Laws POV)

Schlaftrunken und desorientiert suchen meine Augen am nächsten Morgen den Wecker. 14:21 Uhr. Verdammt...

Mich nur langsam aufrichtend und absolut nicht bereit für Irgendwas treibt mich mein Pflichtgefühl aus dem Bett.

Und auch nach einigen Minuten auf der Bettkante ist weder meine Laune erheblich gestiegen, noch meine Motivation auf jegliche Aktivität.
 

Trotzdem stehe ich auf und auf meinem Weg ins angrenzende Bad fällt mir eine kleine Papiertüte ins Auge.

Ach ja, -gestern war ich ja in der Stadt, um auf dem Markt einzukaufen. Allerdings nicht etwa alleine oder auch in Begleitung von Bepo. Nein...
 

Woran ich mich nämlich zu meinem Leidwesen im Gegensatz zu allem anderen natürlich hervorragend erinnern kann, ist dass mein Allianzpartner ein bekanntermaßen distanzloses Wesen hat und mir gefühlt über die halbe Insel gefolgt ist, auf der ich die ein oder andere Besorgung tätigen wollte.
 

Selbsterklärend bin ich zu fast nichts gekommen. Das wusste Luffy auf wundersame Art und Weise am laufenden Band durch irgendwelche unnötigen Aktionen zu vereiteln. Und ich kann mich auch gut an meine nervliche Verfassung erinnern, in der mich schließlich der Vize der Kid-Piraten erwischte.
 

„Hey Trafalgar!“
 

Der Typ hatte mir auch gerade noch zu meinem Glück gefehlt. In meiner Weltanschauung ist er die Ruhe vor dem Sturm. Wo der auftaucht, ist Stress eher früher als später vorprogrammiert.
 

Er sah uns quer über den Marktplatz und kam mit schnellen Schritten direkt auf uns zu, sodass ich das Weitergehen einstellte und auch Luffy neben mir Halt machte. Mein angepisster Blick sagte wohl alles, als er mir letztendlich gegenüberstand. Ganz anders als mein Allianzpartner, der neben mir gut aufgelegt ein riesiges Eis in sich reingestopft hatte. Ich selbst habe es ihm ausgegeben, ein moderater Preis für einen Moment Sendepause.
 

„Trafalgar, ich möchte nur mit dir sprechen. Ich habe ein Anliegen und bin wirklich nicht auf Stress aus“, eröffnete mir der blonde Maskenmann eher vorsichtig. Gut für ihn, dass er meinen Ausdruck zu deuten wusste.

Es ist auch nicht so, als hätten wir uns das erste Mal gegenübergestanden. Bei Weitem nicht.

Der ’große’ Eustass Captain Kid und seine Freakshow waren mir von zahlreichen Aufeinandertreffen wohlbekannt.
 

Wäre es ein anderes seiner Crewmitglieder gewesen, hätte ich dem sicherlich kein Gehör geschenkt. In meinen Augen war der Massakersoldat Killer so etwas wie der Aufseher in dieser Irrenanstalt.
 

„Ja, ich höre...?“

Inzwischen weiß ich es besser. Ich hätte gehen sollen. Allerdings habe ich genau das nicht getan. Nein, stattdessen hatte ich mein Gegenüber abwartend gemustert.

Killers Gesichtsausdruck konnte ich zwar nicht sehen, jedoch verriet mir die Art, wie er kurz inne gehalten hatte, dass er nicht unbedingt damit rechnete, dass ich mich so schnell auf diese Unterhaltung einlassen würde. Es war offensichtlich, dass er kurz mit sich selbst gerungen hatte.
 

Hatte Eustass ihn etwa nicht geschickt? Wie interessant.
 

„Wir haben Verletzte an Board. Unser Schiffsarzt ist k.o. Wärst du dazu bereit, dir die Verwundeten anzusehen und zu behandeln, wenn das notwendig ist?“, schilderte er die Situation kurz und bündig, ganz die Art, die ich zu schätzen weiß.
 

Allerdings wurde mir jetzt auch klar, woher der Wind wehte und weshalb man sich erst dazu hatte durchringen müssen, mich das zu fragen. Das Ganze hörte sich viel zu vernünftig an, als dass es eine Anordnung seines Kapitäns sein könnte. Im Gegenteil. Der hatte seinen Vizen mit zweifelloser Sicherheit nicht in die Stadt geschickt, um einen Arzt aufzutreiben. Gewiss hielt es jemand wie Eustass Kid für ein Eingestehen von Schwäche, Kränkung des Stolzes oder unmännlich, jemanden um Hilfe zu bitten.
 

Erstmal habe ich garnichts erwidert, sondern zog nur eine Augenbraue in die Höhe, den Blick nicht von meinem Gegenüber abwendend.

Innerlich hatte ich die Situation abgewogen. Aber umso mehr ich darüber nachdachte, desto mehr konnte ich dem Ganzen abgewinnen. Kurz zuckte einer meiner Mundwinkel amüsiert nach oben. Der Typ vor mir musste echt verzweifelt sein.
 

Letztendlich richtete ich das Wort an meinen Begleiter und so hatte ich ihm die Tüte mit den unvollständigen Besorgungen in die Hand gedrückt. Der hatte jedoch nur verdutzt seinen Kopf schief gelegt und mich mit einem seiner geistesleeren Blicke bedacht.

„Mugiwara-ya, bring du bitte schonmal die Sachen an Board meines Schiffes. Gib sie einfach Bepo. Machst du das?“
 

Augenblicklich war es wieder da. Dieses allgegenwärtige strahlende Grinsen. Ich nahm mal an, dass der Grund dafür die Überzeugung gewesen ist, was für ein gutherziger Mensch doch in mir schlummerte, weil ich dazu bereit war, die Kid-Piraten zusammenzuflicken, wo es doch sonst niemand getan hätte.
 

Als ich dann mit Killer mitgegangen bin, konnte ich ihm dann doch anmerken, dass er wohl so seine Zweifel hatte, ob das tatsächlich eine seiner besten Ideen gewesen ist. Doch das kümmerte mich nicht.

Für meinen Teil konnte ich so mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Luffy hatte wirklich meine Nerven strapaziert, ja. Doch mir war im Endeffekt klar, dass es dies niemals mit der Absicht tat, mich bewusst zu provozieren und ja, ich gebe es zu. Ich schätze ihn auch.

Das mochten wohl auch Gründe dafür sein, weswegen ich so einige Albernheiten einfach immer und immer wieder hinnehmen würde. Jedoch war der wohl ausschlaggebendste Grund, dass jeglicher Widerstand bei ihm absolut zwecklos ist und es mich am Ende nur noch mehr aufregen würde, gegen eine immerzu gut gelaunte Wand anzudiskutieren.

Monkey D. Luffy ist vollkommen immun gegen meine schlechte Laune. -Und eben den bin ich in diesem Moment losgeworden.
 

So ergab sich mir jetzt die Gelegenheit, all meinen über den Tag angesammelten Frust bei Eustass loszuwerden. Der war zweifelsohne für soetwas empfänglich und sein angefressenes Gesicht zu sehen bei der Tatsache, dass sein eigener Vize ausgerechnet mich mit auf seinen Seelenverkäufer schleppen würde, um seine lädierte Mannschaft zu verarzten, könnte meinen Tag dann doch um einiges aufwerten. So war das jedenfalls ursprünglich geplant.
 

Nachdem wir relativ zügig das fremde Schiff erreicht hatten, führte mich Killer zunächst zu dem besagten Schiffsarzt, dem ich eine gebrochene Schulter repositionierte und diverse kleinere und größere Wunden nähte.

Die gesamte Prozedur spielte sich selbstverständlich unter Killers wachsamen Augen ab. Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn nicht. Danach behandelte ich noch zwei weitere mäßig- bis schwerverletzte Crewmitglieder.

Dabei ist mir natürlich nicht entgangen, wie sehr das medizinische Equipment nach einer Überholung schrie. Wohlbemerkt, das Equipment, das es hier überhaupt gab. Darüber konnte ich nur den Kopf schütteln.

Daran kann ich mich noch gut erinnern und ich weiß auch noch, was als nächstes folgte.
 

Mein blonder Beobachter atmete schwer durch, ehe er mich auf den Gang rausbedeutete.

„Kid hat es auch erwischt. Der hat ziemlich stark die Seite entlang geblutet. Kannst dir sicher denken, dass er nicht gerade begeistert sein wird... Mir ist klar, was du von Kid hältst und ich rechne es dir hoch an, dass du bedingungslos mitgegangen bist. Bitte behandle ihn noch. Ich verspreche dir, dass ich dir einen Gefallen erwidere. Ebenso bedingungslos.“

Und so ein Gefallen konnte in unserer Welt viel wert sein.
 

Killer ist vor einer schweren Holztür stehen geblieben, hinter der ein Gewirr aus Stimmen und klirrenden Gläsern dumpf hervortraten. Kurz hat er vor der Tür halt gemacht, drehte sich dann nochmal zu mir um, seufzte schwer und trat dann mit mir im Schlepptau hinein. Hier war ich also. In der Höhle des Löwen.
 

Mein Blick hatte einmal quer den Raum durchmessen. Gleichzeitig zog ich mit meinem Gastauftritt in Eustass Kids hauseigener Spelunke die Blicke aller Anwesenden auf mich, während mein Augenmerk auf dem Kapitän dieses Schiffes lag. Wo sonst hätte er es sich bequem machen sollen, wenn nicht in der Mitte des Raumes?

Auf eben jenen Kapitän ist der Maskierte auch promt zugegangen und redete kurz auf ihn ein. Worum es da ging, konnte man sich ja schnell zusammenreimen.
 

Bald darauf drehte er sich wieder in meine Richtung und bedeutete mir mit einer Handbewegung nun näherzukommen.

Meiner Erwartung entsprechend, hatte Eustass auch alles andere als glücklich über meinen Besuch ausgesehen.

Aber dennoch hielt ihn das nicht davon ab mir ein Glas in die Hand zu drücken. Dem Geruch nach zu urteilen ein Glas voll mit Whisky, das ich als nächstes auf dem Platz gegenüber dem anderen Kapitän abgestellt habe. Widerwillig hatte ich den Stuhl zurückgezogen und Platz genommen.
 

Mein Blick richtete sich auf mein Gegenüber und eigentlich hätte mir auch klar sein sollen, dass genau dieser Jemand, der abwechselnd mich und das Glas vor mir anvisiert hatte, nicht im Traum auf die Idee gekömmen wäre, so ganz ohne Drama einfach meine Behandlung über sich ergehen zu lassen oder überhaupt irgendwelche Anstalten in diese Richtung zu machen.

Sowas Bescheuertes. Möglicherweise war ein Schluck Whisky für den Moment doch die bessere Alternative als jetzt und hier einen Streit anzuzetteln. Man beachte nur all die Blicke seiner abgerichteten 'Wachhunde'.
 

Mir war in dem Moment wirklich nicht bewusst, wohin mich das noch führen sollte und das war innerhalb meiner Erinnerungen dann auch so ziemlich die letzte Sequenz, die ich noch vollkommen lückenlos nachvollziehen kann und die für mich irgendeinen Sinn ergibt.
 

***
 

Der wohlbekannte Geruch des Desinfektionsmittels steigt unmittelbar in meine Nase, als ich zunächst die Bisswunde an meinem Schlüsselbein und anschließend die doch überraschend tiefen Kratzer an meinem Becken behandle. Gewiss besteht absolut kein Interesse daran, dauerhafte Spuren dieser Nacht an meiner Haut mit mir herumzutragen. Also habe ich mich nach meinem morgendlichen Waschritual vor den Spiegel gestellt, mir Handschuhe übergestriffen und tunke den nun den Tupfer immer wieder in die sterile Flüssigkeit ein.
 

Schließlich fahre ich seicht mit dem Zeigefinger Eustass’ Bissspuren entlang, folge mit meinen grauen Augen jedem Millimeter meiner lädierten Haut. Es brennt. Doch nicht etwa unter meinem Finger, sondern tief in mir. Ein Gefühl, das ich nicht so recht zuordnen kann und das Stück für Stück mehr Raum fordert, umso länger mein Blick auf den Spuren der letzten Nacht liegen.

Also schließe ich die Augen, in der Hoffnung, dass diese Unruhe in mir vorübergeht. Jedoch...
 

***
 

...sehe ich im Zwielicht Eustass’ Siluette, die sich sicher durch den mir unbekannten Raum bewegt, bis er stehen bleibt und sich mir nach dem vertrauten Geräusch eines aufflackernden Streichholzes offenbart, wo er mich hingeführt hat.

Mein Gegenüber steht an einem massiven Schreibtisch, über den er sich beugt, um die Öllampe auf einem hohen Regalbrett abzustellen. Auf der mit Tintenflecken bespickten Tischplatte liegen kreuz und quer allerhand Stifte, so etwas wie ein Logbuch und einige Skizzen, die ich von meinem Standort aus nur schemenhaft erkennen kann. In der Ecke steht ein Sessel, den man durch ein riesiges Durcheinander aus unzähligen Kleidungsstücken und verschiedenen Waffen kaum als solchen identifizieren kann und an der anderen Wand steht ein Bett, auf das mein Gastgeber nun seinen schweren Mantel wirft.
 

„Setz dich, Doktor“, grinst er mir entgegen und deutet mir hinüber zur Couch, die direkt unter einem Bullauge platziert ist. Vor ihr steht ein kleiner hölzener Tisch, auf den Eustass nun sein Glas abstellt.
 

„Von wegen ‚Behandlungszimmer’, verlässt es mürrisch meine Lippen und doch ziehe ich die Tür zu, deren Klinke ich die ganze Zeit über in der Hand behalten habe und bewege mich dann langsamen Schrittes auf den anderen Piraten zu. Jetzt wo er seinen Mantel ausgezogen hatte, wandert mein Blick wie durch magische Anziehungskraft auf seine großflächige Wunde, die sich einmal von seinem seitlichen Brustkorb bis knapp über seinen Beckenknochen erstreckt.
 

„Hm, Killer hat nicht untertrieben“, sage ich mehr zu mir selbst und verfolge interessiert dem Wundverlauf und beuge mich etwas vor, nachdem ich neben Eustass stehen geblieben bin.

Ich richte mich wieder auf, sehe direkt in hellbraune Augen, die mir wachsam entgegen blitzen. „Jetzt lass mich das behandeln.“
 

„Bist du immer so pflichtbewusst, Doktor? Dein ewiges Vernünftigsein ist echt unerträglich.“ Eustass verdreht offensiv die Augen, geht rüber zur Couch und lässt sich schwerfällig und laut seufzend auf diese fallen.

„Wann willst du mal zur Abwechslung Spaß haben?“
 

„Vielleicht sehen wir die Welt einfach aus zu unterschiedlichen Augen. Ich bin gerne Arzt. Die Medizin macht mir Spaß“, lautete meine schlichte Antwort. Dass ich mich überhaupt auf so eine Unterhaltung einlasse, hatte ich wohl dem Whisky zu verdanken.
 

Doch irgendwas änderte sich an Eustass’ Haltung. Normal wäre jetzt irgendein unqualifizierter Kommentar aus seiner Richtung oder ein unangemessener Spruch unter die Gürtellinie. Stattdessen verlässt aber ein so unerwartet entwaffnendes leises Lachen seine Lippen. „Du hast echt seltsame Hobbies, Trafalgar.“

Damit hatte er wahrscheinlich gar nicht mal so Unrecht.
 

Vorerst habe ich also tatsächlich aufgegeben und mich mit meinem halbvollen Glas zu ihm gesetzt. So oder so würde ihn seine Behandlung erwarten. Selbstredend ohne Betäubung, das machte das Alles ja erst spannend. Es reizte mich schon, ich gebe es ja zu. Doch man sollte es sich ja denken können. Der Name Chirurg des Todes ist bestimmt kein Ausdruck der Nächstenliebe. Vielmehr unterstreicht er meinen leichten Hang zum Sadismus.

„Du hast ja keine Ahnung wie seltsam, Eustass-ya“...
 

***
 

Ein lautes Geräusch an Deck reißt mich unvermittelt aus meiner Gedankenflut. Der unmittelbare Blick auf die Uhr verrät mir, wie spät es in der Zwischenzeit schon geworden ist. Ich nehme mir im Vorbeigehen einen Pullover, ziehe ihn mir beim Verlassen des Badezimmers über und befinde es für das beste, heute auch mal nach einem Schal zu greifen. Bloß der automatisierte Griff nach meinem Hut geht ins Leere. Fluchend greife ich nach meinem Nodachi , verlasse ich meine Kajüte und schlage den Weg nach Draußen ein.
 

Später würde ich noch genügend Zeit haben, mir über all die Ereignisse der letzten Nacht den Kopf zu zerbrechen.
 

Hätte mir Jemand gesagt, dass Eustass Kid und ich eines Tages gemeinschaftlich in seiner Kajüte abhängen würden und über Gott und die Welt redeten, hätte ich diesem Jemand Unzurechnungsfähigkeit diagnostiziert.

Zu meiner Schande ändert es aber nichts an den Tatsachen. Irgendwie hatte ich mich wohl gefühlt bei ihm.



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